Duplik auf die Kritik von Justus Lex an meinem Artikel zur Verfassungswidrigkeit der beiden Shutdownbeschlüsse

Pixabay Bilder zusammengesetzt

Von Peter Nahamowitz
1.  Lex akzeptiert meine Ausführungen in „naturwissenschaftlicher“, d.h. epidemiologischer Hinsicht. Das sind bereits 50 % meines Artikels.

Er ist auch einverstanden mit meiner Einschätzung der Verfassungswidrigkeit des Shutdownverlängerungsbeschlusses vom 15. 4. 2020. Das sind schon 75 % Übereinstimmung. Dissens besteht bezüglich der verfassungsrechtlichen Einordnung des ersten Shutdownbeschlusses vom 23. 3. 2020. Hier übersieht Lex die umfassende empirische Studie aus Frankreich mit dem schon alles sagenden Titel „SARS-CoV-2 : fear versus data“. Hätte er seine Energien nicht so stark auf die Feinheiten des Verfassungsprozessrechts konzentriert, sondern auf diese bahnbrechende Studie, welche SARS-CoV-2 in seiner Gefährlichkeit gleichsetzt  mit der alltäglicher  Coronaviren, hätte er im Quellenverzeichnis bemerkt, dass die Studie am 19. 3. 2020 erschienen ist, vier Tage vor dem Shutdownbeschluss. Es gehört zu den essentiellen Aufgaben eines auf Epidemien spezialisierten Instituts wie des Robert Koch Insituts ( RKI ), die einschlägige internationale Fachliteratur im Blick zu haben, gerade im Vorfeld eines für das Land so bedeutsamen Regierungsbeschlusses. Dann hätte es unverzüglich die Bundesregierung unterrichten müssen und diese hätte angemessen reagieren, d.h. auf den Shutdown verzichten müssen.

Ich muss aber einräumen, dass ich in meinem Text den zeitlichen Vorlauf des Erscheinens der Studie zum späteren Shutdownbeschluss nicht kommuniziert habe. Am Ende eines herausfordernden Schreibprozesses, in dem ich mich mit der fremdartigen epidemiologischen Materie vertraut machen musste,  war mir offensichtlich die Konzentration abhanden gekommen. Umso mehr wäre ich auf aufmerksame Leser angewiesen gewesen.

 

2.  Ich bin erstaunt über das Hohe Lied, das Lex auf das RKI anstimmt. Auf das Unterlassen zentraler epidemiologischer Unterscheidungen bezüglich des Krankheitszustands der Infizierten und der eigentlichen Todesursache , verabsäumt durch die Politik uind das RKI, habe ich gleich zu Beginn meines Artikels hingewiesen. Diese Unterlassungen hatten eine unnötige Beunruhigung und Angsterzeugung in der Bevölkerung zum Ergebnis. Das RKI hat bis in die unmittelbare Gegenwart den epidemiologischen hardliner gespielt.  Seitdem die Fallzahlen deutlich sinken, fängt der Präsident des RKI plötzlich an, von der „zweiten oder gar dritten Infektionswelle“ zu fabulieren. Dies ist reine Angstmache, seit hundet Jahren hat es in Deutschland keine Infektionswelle gegeben, welche nach dem Abklingen noch einmal angeschwollen wäre. Das ist genau die angsterzeugende Rolle, die das Umweltbundesamt, wie das RKI eine Bundesoberbehörde, in der Klimapolitik spielt. Diese auffällige Parallele hätte Lex eigenlich nicht entgehen dürfen.

 

3.  Stichwort: Risikoanalyse von 2013. Dazu stelle ich Lex nur eine Frage: Warum ist ihm die völlig überzogene Risikoanalyse der Bundesregierung von 2013 ( 26 Mio Kranke und 7,5 Mio. Tote in Folge einer Sars-Epidemie ) so bedeutsam, die Risikoanalyse des Weltklimarats IPCC bezüglich des Klimawandels ( Gefahr des Untergangs der ganzen Menschheit in wenigen Jahrzehnten ) aber, wie ich mal unterstelle, nicht ?

 

4.  Rechtfertigung der deutschen Coronapolitik durch Lex: Nahezu alle Länder der Welt haben ähnlich drakonische Maßnahmen ergriffen. Gegenfeststellung : 190 Länder haben das Pariser Klimaschutzabkommen unterschrieben. Frage: Wird es dadurch richtig?

 

5.  Die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers / Verordnungsgebers, die grundsätzlich besteht, ist umso geringer, je intensiver der Grundrechtseingriff ist. Der Grundrechtseingriff durch den Shutdown ist historisch beispiellos. Daher kommt der strengste richterliche Kontrollmaßstab, die Inhaltskontrolle, zum Zuge. Die Einschätzungsprärogative ist hier auf  Null reduziert. Da wird vom Gericht alles auf Punkt und Komma auf den Prüfstand gestellt. In unserem Fall würde das Gericht bei der Prüfung des  Shutdownbeschlusses vom 23. 3. 2020 nicht nur die  französischen Studie, sondern etwa auch etwa die Beispiele Südkorea und Schweden in Betracht ziehen, die – ohne Shutdown- erfolgreich mit dem Coronaproblem umgegangen sind. Das Gericht würde auch die erstaunliche Entwicklung des Reproduktionswerts R in seine Erwägung einbeziehen, auf die ich in meinem Artikel hingewiesen habe. R hatte sich in Deutschland von einer Messzahl weit über 3 in kurzer Zeit nach unten bewegt und war bereits einige Tage vor dem Shutdownbeschluss vom 23. 3. 2020 auf unter 1 gefallen –  ein Wert, den Merkel immer wieder als Ziel angegeben hatte. Bei all diesen entscheidungsrelevanten Faktoren könnte sich die Bundesregierung nicht darauf berufen, sie nicht gekannt oder anders gewichtet zu haben.

 

6.  Lex rekurriert bei der Verfassungsbeschwerde maßgeblich auf den Grundsatz der Subsidiarität. Dieser Grundsatz ist inder Tat zentral für die Verfassungsbeschwerde., es gibt aber in Form der sog. Vorabentscheidung gem § 90 Abs.2 S. 2 BVerfGG eine wichtige Ausnahme, die von Lex ignoriert wird. Das BVerfG kann, wenn eine Verfassungsbeschwerde von „allgemeiner Bedeutung “ ist, vor Erschöpfung des Rechtwegs entscheiden. Wann, wenn nicht im gegenwärtigen Fall einer historisch beispiellosen Grundrechsbeeinträchtigung einer ganzen Nation, liegt die „allgemeine Bedeutung“ vor.? Ich glaube, es gibt gute Gründe, diese Verfassungslage nicht von einem mit drei Verwaltungsrichtern besetzten OVG beurteilen zu lassen, sondern vom BVerfG.

 

7.  Das für Lex so zentrale Verfassungsprozessrecht spielt in der universitären Praxis überhaupt keine Rolle. Ich bin Prof. für Öffentliches Wirtschafts- und Finanzrecht, d.h. für materielles Recht, nicht für Prozessrecht, welcher Art auch immer. Zusätzlich bin ich einer  der ganz wenigen Juristen mit einer interdisziplinären Venia, welche auch noch die Politikwissenschaft einschließt. Mein Interessenspektrum ist weit, daher lese ich Eike ( u.a. ).

Mein Artikel war auch nicht für den “ nach Recht suchenden Bürger “ ( Zitat Lex ) gedacht, Rechtsberatung machen die Rechtsanwälte. Sondern als kritische interdisziplinäre Analyse der Coronahysterie einschließlich der verfassungsrechtlichen Einordnung der staatlichen Beschränkungsmaßnahmen. Dass Lex die Parallele zur Klimahysterie nicht erkennt, finde ich außerordentlich bedauerlich.

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24 Kommentare

  1. Der Autor schreibt:
    „[…] Schweden in Betracht ziehen, die – ohne Shutdown- erfolgreich mit dem Coronaproblem umgegangen sind.“

    Der Erfolg vo. Schweden sieht derart aus, dass die Corona-Mortalitätsrate (Corona-Tote pro Mio Einwohner) hinter B, E, I, F und UK es immerhin auf Platz 6 unter den Flächenstaaten geschafft hat – mit Tendenz nach oben.

    Erfolgreich mit dem Corona-Problem umgehen sieht für mich anders aus, aber ich bin ja auch kein Jurist.

  2. Wie man den Kommentaren anmerkt,haben zwei Juristen bekanntlich drei Meinungen. Die Methode der Juristen wird deshalb als Rabulistik bezeichnet. Wer dagegen wissenschaftlich mit Fakten angehen will, hat keine Chance.

    • Wie viele Meinungen haben denn zwei Naturwissenschaftler? Ich erinnere an den hier schon oft zitierten Satz des verstorbene Wissenschaftsautors Michael Crichton: »Wenn es Wissenschaft ist, gibt es keinen Konsens. Wenn es Konsens ist, ist es keine Wissenschaft.«

      Die Einigkeit in jeder Wissenschaft betrifft die Methoden. Das ist in Jura und allen anderen Geisteswissenschaftem ebenso wie in den Naturwissenschaften.

      • Die hermeneutischen Rechtswissenschaften, die sich mit der Auslegung von Gesetzen beschäftigen, erfassen Meinungen, subjektive Aussagen, die durch willkürliche Werturteile entschieden werden. Bei den empirischen Naturwissenschaften geht es um objektive Hypothesen, die der Falsifikation (Verwerfung), einer wertfreien Überprüfung standhalten müssen und nur solange gelten, bis sie nicht durch gegenteilige Erkenntnisse (Erfahrung, Beobachtung) widerlegt sind.

  3. Ein Elektronenmikroskop ist in der Lage, so kleine Dinge zu sehen, aber es kann nur tote, unbewegliche Dinge sehen, niemals lebende, sich bewegende Organismen! Außerdem kann es nur schwarz-weiße Bilder liefern, niemals in Farbe! Der letzte Nagel zum Sarg der Virus-Hypothese kam mit der Erfindung des Somatoskops. Dabei handelt es sich um ein neues Prinzip der Mikroskopie, mit dem lebende, sich bewegende Organismen in mehr als 20.000-facher Vergrößerung betrachtet werden können. Damit wurde es endlich möglich, den Lebenszyklus von „Viren“ zu untersuchen. In den mehr als 30 Jahren seit der Erfindung des Somatoskops ist noch nie ein „Virus“ gefunden worden! Was uns das Somatoskop gezeigt hat, ist, daß, wenn Zellen irreparabel geschädigt werden, Dein eigener Körper die Mikropartikel erzeugt, die fälschlicherweise als „Virus“ bezeichnet wurden. Diese haben die Aufgabe, die Zelle zu zerstückeln, bevor sie ihre „Krankheit“ auf die benachbarten Zellen übertragen kann. Darüber hinaus sammeln sie die Restproteine aus den gelösten Zellen – fälschlicherweise als „Antikörper“ bezeichnet – und transportieren sie zur Leber zur Wiederaufbereitung.

  4. Die Argumentationsweise des Autors hat mit Wissenschaftlichkeit nichts zu tun. Dazu ein paar Beispiele:
    Die Studie, die der Autor als „bahnbrechend“ bezeichnet, lässt sich mit einem Einzeiler wiederlegen.
    Behauptung der Studie: Der Anteil der Toten an den Infizierten ist bei Covid-19 mit 1,3% nicht signifikant anders als bei anderen Coronaviren mit 0,8%.
    Widerlegung: Berechnet man mit der Methode der Studie die derzeitige „Sterblichkeitsrate“, so erhält man als Ergebnis 7%
    q.e.d.
    Anmerkung: Diese Studie ist methodisch so schlecht, dass man sie schon bei ihrem Erscheinen als „bad science“ erkennen kann, wenn man denn fragt „Stimmt das denn?“.
    Während der Autor diese Studie als „bahnbrechend“ bezeichnet, ohne dies zu begründen, hält er die RKI-Studie für „völlig überzogen“ – natürlich wieder ohne jede Begründung. Das, was der Autor hier macht, nennt man „cherry picking“ und ist in der Wissenschaft als Wissenschaftsbetrug verpönt.
    In diesem Punkt 3 argumentiert der Autor gegen eine Aussage, die er Herrn Lex nur unterstellt, wie er selbst zugibt. Das ist dann eine klassische Strohmannargumentation, die in der Wissenschaft auch zu den Formen des Wissenschaftsbetrugs gezählt wird.
    Bei Punkt 4 vergleicht der Autor klassisch „Äpfel mit Birnen“ nämlich eine Gefahr, die ausschließlich für die Zukunft in Modellen vorkommt, wobei diese Modelle nicht in der Lage sind, wissenschaftliche Prognosen zu treffen, mit einer Gefahr, die real ist und schon zigtausende Tote gefordert hat. Der Einschätzung von Herrn Bojanowski, dass Leute die Corona mit Klima gleichsetzen, nur zeigen, dass sie von beidem keine Ahnung haben, ist hier zuzustimmen.
    usw.
    Die naturwissenschaftlichen Aussagen des Autors sind nicht zu 50% oder 75% richtig, wie er ganz oben andeutet, sondern zu 100% falsch! Da er seine rechtlichen Überlegungen auf diesen naturwissenschaftlichen Annahmen gründet, sind diese rechtlichen Überlegungen aus mathematischer Sicht (Logik) nichts wert.

  5. Zu aller erst mal, hat das RKI alles herunter gespielt und dann, Mitte März unheimlich überrascht getan, wie man in der PK sehen konnte als vor dem WE zum 16.3., die Schulschließungen etc beschlossen wurden, der RKI Präsident sprach von Entsetzen und Fassungslosigkeit über die Entwicklung. Bis dahin „hatte man alles im Griff“, „das wird uns kaum tangieren.“
    So sehen gröbste Fehleinschätzungen aus – vom RKI.

    Nebenbei bemerkt:

    Da geb es einen gewissen Neil Ferguson, der sein Amt abgegeben hat, weil er extrem gegen COVID-19 Lockdown-Regel verstoßen hat,
    ( https://wattsupwiththat.com/2020/05/06/another-scientist-who-doesnt-believe-in-a-word-he-says/ )
    und der wegen seiner angsteinflößenden Pandemie Modelle kein unbekannter ist, muß nun auch um die regelrechte Zerpflückung seine Modellrechnungen fürchten.
    ( https://lockdownsceptics.org/code-review-of-fergusons-model/ )


    The model. What it’s doing is best described as “SimCity without the graphics”. It attempts to simulate households, schools, offices, people and their movements, etc. I won’t go further into the underlying assumptions, since that’s well explored elsewhere.

    Non-deterministic outputs. Due to bugs, the code can produce very different results given identical inputs. They routinely act as if this is unimportant.

    [..]

    Conclusions.
    All papers based on this code should be retracted immediately. Imperial’s modelling efforts should be reset with a new team that isn’t under Professor Ferguson, and which has a commitment to replicable results with published code from day one.
    On a personal level, I’d go further and suggest that all academic epidemiology be defunded. This sort of work is best done by the insurance sector. Insurers employ modellers and data scientists, but also employ managers whose job is to decide whether a model is accurate enough for real world usage and professional software engineers to ensure model software is properly tested, understandable and so on. Academic efforts don’t have these people, and the results speak for themselves.

    Da werden sich Leute un das so berühmte Imperial College zu erklären haben !

    • Auf der Achse des Guten steht, er ist Richter an einem deutschen Gericht. Welche Gerichtsbarkeit, und wie hoch das Gericht, steht da nicht. Vermutlich der Grund für das Pseudonym.

  6. Die Corona Maßnahmen sind doch zum ganz überwiegenden Teil durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen auf Grundlage von § 32 Infektionsschutzgesetz umgesetzt worden. Ist Paragraph 32 Infektionsschutzgesetz überhaupt eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für den Shutdown der gesamten Bundesländer und vor allem hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Schutzbereichsverletzung von Grundrechten aller Bürger d.h. ganz überwiegend vor allem von Nichtstörern? Hat das nicht zur Rechtsfolge, dass sämtliche Coronaverordnungen nicht nur angreifbar sind, sondern von Anfang an nichtig?

  7. Wieviel Prozent der Punkte von Lex akzeptieren Sie denn?

    Daß man Erkenntnisse vom April nicht zur Beurteilung einer Entscheidung vom März heranziehen kann, gehört doch sicher dazu? Vielleicht bleibt am Ende nur noch 1 % Dissens?

    Mir ist nach Lektüre aller drei Beiträge (Nahamowitz – Lex – Nahamowitz) gerade folgende Frage klärungsbedürftig: Wenn das RKI Fehler macht und die Regierung sich auf diese ihre Behörde verläßt, ist die Entscheidung der Regierung dann verfassunsgwidrig? Oder ist sie vom Beurteilungsspielraum gedeckt?

    Ich würde mich sehr freuen, im Sinne einer fruchtbaren Diskussion, wenn sowohl Lex ls auch Nahamowitz ihre Antwort zu dieser Frage hier posten würden. Danke.

  8. Herr Professor, Sie schreiben: Das für Lex so zentrale Verfassungsprozessrecht spielt in der universitären Praxis überhaupt keine Rolle.

    Der Bürge rinteressiert sich aber nun mal nicht so für die universitäre Praxis, sondern für das was im Prozeß passiert. Daher ist mir Herr Lex als Richter lieber und vertrauenswürdiger als ein abgehobener Professor.

  9. „Dass Lex die Parallele zur Klimahysterie nicht erkennt, finde ich außerordentlich bedauerlich.“

    Herr Lex hat die beiden Geschehen verfassunsgrechtlich vergleichend analysiert und findet in der Tat substanzielle Unterschiede.

    Erst Corona, dann Klima?

    Die interssierten juristischen Laien sind außerordentlich interessiert an Ihrer Meinung zu diesem Text! (Bitte nehmen Sie sich genug Zeit zum Nachdenken über die einzelnen Punkte.)

  10. „Dass Lex die Parallele zur Klimahysterie nicht erkennt, finde ich außerordentlich bedauerlich.“
    Vielen Dank, dass Sie sich noch einmal die Mühe gemacht haben, sich mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen!
    Der Mensch ist ein Wesen und kein §.
    Lex will die menschlichen Fehlentscheidungen der Regierung legitimiert sehen. Vielleicht will er auch nur sein Wissen demonstrieren, was gelingen kann, wenn nicht alle Argumente betrachtet werden.
    Es geht um ein großes Verbrechen und es müssen, natürlich auch juristische, Auswege gesucht werden.
    Es geht nicht darum, was ein Verbrecher juristisch richtig gemacht hat!

    • Herr Bühner, bitte stellen Sie sich einmal den umgekehrten Ausgang vor: Ein schlimmes Killervirus befällt die Bevölkerung. Die Regierungen aller Länder schränken die Grundrechte ein und zögern die Ausbreitung so lange hinaus, bis sich die Menschheit gegen das Virus wehren kann.

      Würden Sie dann auch von einem Verbrechen sprechen, oder nicht viel mehr froh sein? (Ich hoffe Sie sind zu dieser Abstraktion in der Lage.)

      Außerdem, ein Verbrechen verlangt Vorsatz. Behaupten Sie allen Ernstes, unsere Regierung hätte vorsätzlich Millionen Menschen in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und auf ihre Steuereinnahmen verzichtet wegen Nichts und wieder Nichts?

    • Sehr geehrte Frau Dr. Susanne Groll, ich kann mir alles vorstellen.
      Ihre Andeutungen treffen nicht annähernd den Kern.
      Fachlich können Sie nicht auf der Höhe sein, das ist, nach allem was ich von Ihnen lesen musste, zumindest für mich offensichtlich.
      „Außerdem, ein Verbrechen verlangt Vorsatz. Behaupten Sie allen Ernstes, unsere Regierung hätte vorsätzlich Millionen Menschen in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und auf ihre Steuereinnahmen verzichtet wegen Nichts und wieder Nichts?“
      Die Regierung handelt selbstverständlich vorsätzlich, aber nicht für nichts und wieder nichts (Ich hoffe, Sie können mir folgen).

  11. Der § 90 BVerfGG ist recht interessant, wirft er doch ein ganz neues Licht auf die Causa Bahner. Wie Herr Lex uns in einem früheren Artikel mitteilte, weiß jeder Jurastudent, dass ein direktes Anrufen des BVerfG nicht möglich ist. Laut § 90 jedoch besteht diese Möglichkeit. Das entscheidende Wort im 2. Absatz dürfte „kann“ sein. Was in mir den Verdacht aufkommen lässt, dass das BVerfG kein Interesse daran hat, sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Coronamaßnahmen zu beschäftigen. Menschlich zwar verständlich, wer will schon den schwarzen Peter haben, falls die Sache schiefgeht? Trotzdem wäre nach meiner Ansicht eine Beurteilung durch das BVerfG dringend erforderlich. Denn dazu ist es ja wohl da.

    • Herr Lex weiß ganz bestimmt, dass das BVerfGG dem BVerfG erlaubt, unter bestimmmten Umständen Klagen direkt anzunehmen, ohne vorher das Oberverwaltungsgericht der Landes angerufen zu haben.

      Zwei Punkte sind hier wichtig, die für Lex und gegen Nahamowitz sprechen.

      1) § 90 BVerfGG ERLAUBT dem BVerfG, Klagen direkt anzunehmen. Das heißt, das BVerfG entscheidet, ob es das tut. Das heißt nicht, der Bürger hat ein Recht darauf. Ibsofern bin ich bei Lex, man kann dem Bürger das nicht guten Gewissens empfehlen.

      2) Der Fehler in dem ersten Beitrag von Nahamowitz besteht einfach darin, dass er das Problem der Subsidiarität gar nicht angesprochen hat. Nicht, welcher Lösung er es zugeführt hat. Insofern hat Lex recht, der erste Aufsatz von Nahamowitz war juristisch mangelhaft, weil er die Subsidiarität gar nicht problematisiert hat. Jeder Jurastudent hätte jedenfalls diese Note bekommen, ich war auch mal einer. Die Qualität einer juristischen Abhandlung besteht darin, dass man alle entscheidenen Probleme anspricht. Nicht, welche Lösung man dann wählt.

      • Geehrter Dr. Göring,

        ich habe nicht behauptet, dass das BVerfG gezwungen gewesen wäre, tätig zu werden. Ich habe lediglich festgestellt, dass Herr Lex die Subsidiarität im Falle der Vorgehensweise von Fr. Bahner als unbedingt erforderlich angesehen hat und deshalb die Eingabe von Fr. Bahner als Anfängerfehler dargestellt wurde. Wie sie selbst schreiben, hätte das BVerfG die Sache aber ohne weiteres zur Entscheidung annehmen können. Und meiner Meinung nach auch müssen, immerhin erleben wir gerade Eingriffe in die Grundrechte von erheblichem Ausmaß.

        • Herr Rohde, ich gebe Ihnen recht, wenn § 90 Abs. 2 Satz 2 („Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist …“) überhaupt jemals Anwendung finden sollte, dann jetzt. Eine allgemeinere Bedeutung als die jetzigen Grundrechtseinschränkungen sind kaum denkbar. Damit hört meine Zustimmung aber auch auf.

          Was viele Nichtjuristen offenbar nicht wissen, ist, dass die ständige Rechtsprechung der höchsten Gerichte als „Rechtsfortbildung“ bezeichnet wird, d.h. Gesetzeskraft entwickelt. Diese nicht zu berücksichtigen ist somit ein Kunstfehler. (Nein, das ist keine Rabulistik, sondern Teil der anerkannten Fachmethode und wird an Universitäten gelehrt.)

          Heißt: Wer beim BVerfG erfolgreich sein will, muss dessen Rechtsprechung kennen. Ich wüsste nicht, dass das BVerfG jemals eine direkte Verfassungsbeschwerde eines Bürgers nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG zugelassen hätte.

          Deshalb hat Herr Lex recht, wenn er schreibt, mit 99% Wahrscheinlichkeit würde man damit scheitern. Herr Nahamowitz weist hingegen auf eine nur theoretische Möglichkeit hin, die ohne jede praktische Bedeutung ist.

          Frau Bahner hat einen Anfängerfehler begangen, zumal sie offenbar früher schon erfolgreich war und sich auskannte. Sie hat sich nicht einmal auf § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG berufen, sondern, wie leider auch Herr Nahamowitz in seinem ersten Beitrag, das Subsidiaritätsprinzip gar nicht problematisiert. Ich bleibe dabei, mangelhaft. Nach dem Bewertungsschema für Hausarbeiten von Jurastudenten – findet man überall im Internet – vergibt man diese Note, wenn wesentliche Probleme des Falls nicht angesprochen werden.

  12. Zu 3.:
    Ich bin bereits an gleicher Stelle (4.5.2020) beim Kommentar von J. Lex auf die zitierte Risikoanalyse eingegangen. Dort ist die Letalität bewusst so hoch vorausgesetzt, um aufzuzeigen, welche schwerwiegenden Konsequenzen eine extreme Pandemie hat. Es ist deshalb m. E. nicht angemessen, die Analyse als „völlig überzogen“ implizit abzuwerten.
    Zitat aus der Risikoanalyse (Drucksache des Deutschen Bundestages 17/12051, S. 58): „Die Letalität ist mit 10% der Erkrankten hoch, jedoch in verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich stark ausgeprägt. Kinder und Jugendliche haben in der Regel leichtere Krankheitsverläufe mit Letalität von rund 1%, während die Letalität bei über 65-Jährigen bei 50% liegt.“

    • Herr Heino Müller,
      das Szenario der Risikoanalyse ist zum Glück nicht eingetreten.

      In zwei Punkten widerspreche ich Ihnen:
      1) Ein naiver und unabhängiger Beobachter musste am Anfang eines Geschehens, welches auch noch mit dem Anfangsszenario dieser Risikoanalyse übereinstimmt (Virus Modi SARS, übertragen auf einem Wildtiermarkt in Fernost) erst einmal ein solches Szenario zumindest FÜR MÖGLICH HALTEN. Wenn man dann keine Maßnahmen ergreift und das Szenario bewahrheitet sich, hat man grob fahrlässig Millionen von Menschen geopfert. J. Lex stellt nur fest, es sei legitim, dass eine Regierung diser Denkfigur folgt. Er behauptet NICHT, dass das Szenario wahr ist. Aber diese Differenzierung übersteigt offenbar den Horizont mancher Leser hier.

      2) Wie kommen Sie darauf, das Szenario sei eine BEUWUSSTE Irreführung seitens der Regierung gewesen? Glauben Sie wirklich, dass unsere Politiker, so schlecht und machtgierig sie auch sein mögen, von langer Hand geplant lauter Risikoanalysen produzieren, um diese Jahre später gegen ihr Volk anzuwenden? Das ist irre, Ihnen ist nicht mehr zu helfen.

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