DeConto und Pollard – ein Antarktisches Science-(Fiction)-Theater?

Patrick J. Michaels und  Paul C. “Chip” Knappenberger, Center for the Study of Science, Cato Institute
Mancher wird sich vielleicht an die PR erinnern bzgl. einer jüngst veröffentlichten Studie, in der behauptet wird, dass sich der „Anstieg des Meeresspiegels durch Antarktische Eisschilde verdoppeln könnte“ (hier). Sie wurde in WUWT vorgestellt. Der Betrachtung setzte ich ein „Oh, Noes!“ voran, und zwar wegen der lächerlichen Behauptungen, die darin aufgrund von Modellergebnissen erhoben worden sind. Ich war nicht der Einzige, der diese Studie als voller Fehler steckend betrachtet hat. Es ist sogar noch schlimmer als wir ursprünglich dachten.

Es gibt einen Vorgang, den Klimawissenschaftler aller Couleur und Ausrichtung als die totale Katastrophe ansehen: ein plötzliches und dramatisches Abschmelzen von Inlandseis, was den Meeresspiegel in einem Jahrhundert um 3 Meter oder so steigen lassen würde.

Vor drei Jahren schien es so, als hätte man dieses Monster schlafen gelegt: nämlich als das Team um die dänische Wissenschaftlerin Dorthe Dahl-Jensen einen Eisbohrkern aus dem Grönlandeis bis hinunter zum Felsgrund zog, in dem zum ersten Mal zuverlässige Daten über die vermutlich wärmste Periode in geologischer Historie erfasst wurden. Die Periode ist bekannt als Eemian-Warmzeit. Sie fand heraus, dass sechstausend Jahre lang (in etwa von vor 122.000 bis vor 128.000 Jahren) die Sommertemperaturen in Nordwestgrönland, wo der Eisbohrkern gezogen worden war, um atemberaubende 11°F [ca. 6°C] höher lagen als im Mittel des 20. Jahrhunderts.

Bemerkenswerterweise schätze sie, dass Grönland nach sechs Jahrtausenden nur etwa 30% seiner Eismasse verloren hatte. Die Wärme, der die Eisbedeckung während dieser 6000 Jahre ausgesetzt war, war grob geschätzt zwanzig mal so hoch wie die Menschen durch Treibhausgase innerhalb von 500 Jahren erzeugen könnten. Darum wird die Grönland-Apokalypse schlicht nicht eintreten.

Dahl-Jensen betonte ein seltsames Mysterium, das durch ihre Arbeit aufgekommen war. Man weiß aus einer Reihe unabhängiger Quellen, dass der Meeresspiegel zur Eemian-Zeit um etwa 20 Fuß [ca. 6 m] höher lag als heute. Der Eisverlust, den es in Grönland ihrer Schätzung nach gegeben hatte, kann den Meeresspiegel nur um etwa ein Drittel dieser Höhe angehoben haben. Der Rest musste von der einzigen anderen potentiellen Quelle stammen, der Antarktis.

Das Narrativ eines alarmierenden Anstiegs der Ozeane seitdem war immer schwierig aufrecht zu erhalten gewesen. Es ist wirklich kalt dort, und das Abschmelzen sollte viel Zeit in Anspruch nehmen – tausende von Jahren – um merkliche Auswirkungen zu zeitigen.

Das hat sich gerade geändert. Oder zumindest hat es sich gerade geändert in einer komplexen und heiklen Simulation von Robert DeConto (University of Massachusetts) und Davil Pollard (Penn State). Diese Simulation schaffte es sogar auf die Titelseite der New York Times vom 31. März. Es scheint, dass sie die Zeit, in der die Antarktis zu über 10 Fuß [ca. 3 m] pro Jahrhundert steigendem Meeresspiegel beitragen könnte, aus etwa dem 50. Jahrhundert auf das 22. Jahrhundert (!) vorgezogen haben.

Bevor nun die Welt hierüber durchdreht, sollte man schauen, ob sich vielleicht einige Teufel in den Details der Studie verstecken. Tatsächlich gibt es einen ganzen Zwinger voller dicker Hunde in der konzentrierten, aber präzisen Prosa, die in Nature veröffentlicht wurde.

Für jede prophezeite Klimakatastrophe muss es irgendeine Art Klimamodell geben, dass zukünftige Temperaturen projiziert. Die Autoren führen zwei davon an (eines für den Ozean und das andere für das Festland). Ersteres ist ein allgemein herangezogenes general circulation model (GCM) vom National Center for Atmospheric Research in Boulder. Das zweite ist ein weniger gebräuchliches Modell in kleinerem Scale mit der Bezeichnung „Regional Climate Model” (RCM), das auf das Festland angewendet wurde. Diese wurden dann in Modelle der Eisdynamik eingefüttert einschließlich eines neuen Modells, dass die Regenmenge berücksichtigte (tatsächlich regnet es derzeit in der Antarktis nicht). Dann wurde es auf die gewaltigen Gletscher des Kontinents losgelassen, was gigantische Spalten in das Eis riss, wodurch wirkliche Riesen-Eisberge in den Ozean glitten. Das neue Eisdynamik-Modell reagiert extrem empfindlich auf die große Vielfalt von Möglichkeiten, steuernd einzugreifen – was man hier nur raten kann, weil die Physik, auf der das Modell beruht, nicht sehr weit entwickelt ist.

Und eine prophezeite Katastrophe ist nur so zuverlässig wie die Modelle, die sie simulieren.

Das Eisdynamik-Modell steckt noch in den Kinderschuhen, und die Klimamodelle zur Prophezeiung der Temperaturen rund um die Antarktis weisen diese als zu hoch aus. Viel zu hoch.

Andrew Monaghan von Ohio State schrieb in den Geophysical Research Letters: „Die jährlichen Temperaturtrends in der Antarktis in den GCMs sind etwa 2,5 bis 5 mal höher als beobachtet“. Er fügte die folgende Warnung hinzu: „Solange diese Dinge nicht geklärt sind, sollte man die IPCC-Projektionen für das 21. Jahrhundert der Temperatur in der Antarktis mit großer Vorsicht betrachten“. Es scheint, dass die Presse diese Aussage nicht mitbekommen hat.

Fast begraben am Ende des begleitenden Materials, dass an Nature übermittelt worden ist, kann man sehen, dass die Erwärmungs-Überproduktion der Klimamodelle auch die Studie von DeConto und Pollard infiziert. Den Autoren zufolge sollten sich große Gebiete des Kontinents (und nicht nur die wohlbekannte Erwärmung der winzigen Antarktischen Halbinsel) bis heute um etwa 7 bis 15°F [ca. 4 bis 8°C] erwärmt haben (Abbildung 1 links).

Das war nicht der Fall. Ryan O’Donnell und Anderen zufolge, die sich im Jahre 2010 im Journal of Climate geäußert hatten, sind die Temperaturen seit dem Vorliegen zuverlässiger Aufzeichnungen, die im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957 ihren Anfang genommen hatten, nur um etwa 5 bis 10% so stark gestiegen, wie es dem RCM zufolge an vielen Stellen eigentlich sein sollte (Abbildung 1 rechts).

Abbildung 1 (links): Gesamt-Temperaturänderung zwischen vorindustriellen Bedingungen und heute vom Klimamodell nach DeConto und Pollard; (rechts): beobachteter/gemessener Trend in °C pro Dekade von 1957 bis 2006 nach O’Donnell et al. (2011). Man multipliziere Letzteres mit 5, um eine Ahnung von der Gesamt-Temperaturänderung seit 1957 zu bekommen.

Eine gute Klimakatastrophe muss auch einige Pi-mal-Daumen-Schätzungen enthalten, um wie viel der Kohlendioxidgehalt in der Zukunft zunehmen muss. Die pikantesten davon in der neuen Studie nehmen atmosphärische Konzentrationen an, bei denen selbst die UN von substantiellen Ausreißern sprechen. Und die Studie lässt den Gehalt um das Achtfache über den Hintergrund des 19. Jahrhunderts zunehmen. Soweit wir wissen, hat bisher niemand jemals eine derartige Zunahme zur Grundlage zukünftiger Klima-Szenarien gemacht (gegenwärtig sind wir bei etwa vier Zehntel einer Verdoppelung angekommen).

Es gibt auch ein Szenario mit einer langsameren und realistischeren CO2-Zunahme, wodurch – man ahnt es schon – das Ende der Welt um viele Jahrhunderte nach hinten geschoben wird.

Wie auch immer, man drücke die „Enter“-Taste und werfe all diese Modelle in den Computer. Dann vergleiche man mit dem, was (unserer Ansicht nach) in der Eemian-Zeit passiert ist. Es ist für alle in Abbildung 3a der Studie ersichtlich (unsere Abbildung 2): Der gigantische Anstieg des Meeresspiegels hätte sich etwa 1000 Jahre vor der tatsächlichen Beobachtung ereignen müssen.

Da haben wir es. Roger Pielke Sr. twitterte als Erwiderung auf die Studie:

Bildinschrift: Beispiel einer Fehlfunktion in der Klimawissenschaft: man reiche eine HYPOTHESE als Beitrag ein → suche nach stützenden Artikeln und Begutachtungen → veröffentliche es in Nature → stelle es in der NYT groß heraus. [Ist das nicht genau das, was die „Süddeutsche Zeitung“ seit Jahr und Tag bei diesem Thema macht? Anm. d. Übers.]

Vielleicht ist es dies, was passiert, wenn man hypersensitive Modelle mit unrealistischen Daten füttert.

References:

DeConto, R.M., and D. Pollard. 2016. Contribution of Antarctica to past and future sea-level rise. Nature, 531, 591-597, doi:10.1038/nature17145. http://www.nature.com/nature/journal/v531/n7596/full/nature17145.html

Monaghan, A. J., D. H. Bromwich, and David P. Schneider, 2008. Twentieth century Antarctic air temperature and snowfall simulations by IPCC climate models. Geophysical Research Letters, 35, L07502, doi:10.1029/2007GL032630.

O’Donnell, R., N. Lewis, S. McIntyre, and J. Condon, 2011. Improved Methods for PCA-Based Reconstructions: Case Study Using the Steig et al. (2009) Antarctic Temperature Reconstruction. Journal of Climate, 24, 2099-2115.

Link: http://wattsupwiththat.com/2016/03/31/deconto-and-pollard-an-antarctic-science-fiction-disaster-2/

Übersetzt von Chris Frey EIKE

Anmerkung: Helmut Kuntz hat diesen Beitrag im Original bereits in seinem EIKE-Beitrag hier verlinkt.

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3 Kommentare

  1. What you show is in figure 1 is nonsensical. It shows the increase of temperature since pre-industrial times on average hottest month (january; not mentioned)in the model and compare this to available measurements over about 1/3rd of the period (1957-2006) for the average over the three summer months. As you do not mention this in your paper it is leading people astray. It is shamefull that you do so.

  2. Prozentangaben von Temperaturänderungen auf die Celsius-Skala zu beziehen, halte ich für irreführend, sogar unwissenschaftlich. Sie täuschen eine Dimension vor, die Laien erschrecken kann. Nimmt man nämlich die einzig richtige Skala, nämlich die nach Kelvin, erhält man Temperaturänderungen, die lediglich im Promillebereich liegen.

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