Experten: Bundesregierung irrt bei der Energiewende

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von Holger Douglas
Eine Expertenkommission attestiert der Bundesregierung, dass sie die Stromnachfrage falsch einschätzt. Da diese steigen werde und die Erneuerbaren nicht ausreichen, müsse Deutschland künftig Strom importieren. Doch woher nehmen und nicht stehlen?

Alles im grünen Bereich mit der Energiewende – betont regelmäßig das Bundeswirtschaftsministerium. Altmaier lässt regelmäßig einen »Monitoring-Bericht« zur Energiewende herausgeben. Der wiederum wird von einer vierköpfigen Energiewendeberater-Expertenkommission kommentiert. Die soll unabhängig sein, ist sie natürlich nicht. Vorsitzender der Expertenkommission ist der Wirtschaftswissenschaftler Andreas Löschel von der Universität Münster, begleitet von Veronika Grimm von der Universität Erlangen-Nürnberg, Barbara Lenz vom Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden Württemberg. Ein Fachmann, der etwas von der Energieversorgung eines Industrielandes versteht, ist nicht dabei.

Deren Aufgabe: Deutlich zu machen, dass Deutschland in Sachen CO2-Reduzierung noch weit hinterherhinke. »Auf wissenschaftlicher Grundlage nimmt die Expertenkommission zu den Monitoring- und Fortschrittsberichten der Bundesregierung Stellung« heißt es. Das soll nach planvollem Vorgehen klingen, nicht nach Chaos, Scheitern und zusammenbrechender Stromversorgung, gar Blackout. So klingeln immer häufiger Worte wie »überprüft«, »verlässlich« und »planmäßig« durch den Bericht und seinen Kommentar.

Altmaier geht davon aus, dass sich der Stromverbrauch in den kommenden Jahren bis etwa 2030 nicht erhöhen werde. Die »Energiewende« werde klappen. Altmaier sieht einen »Erfolgskurs«: »Wir sind auf gutem Weg!«

Kann nicht sein, schreibt jetzt jene Expertenkommission und benutzt rote, gelbe und grüne Ampeln – wie bei der »Lebensmittelampel« (darfst Du, darfst Du nicht). »Deutschland« werde nicht die »Klimaziele« erreichen. Es gebe immer noch viel zu wenige Windräder und Photovoltaikanlagen.

Corona habe zwar bei den »Klimazielen« geholfen: »Die unvorhersehbaren, abrupten Veränderungen auf den Energiemärkten durch die Corona-Pandemie zusammen mit dem Anstieg der CO2-Preise seit Ende 2018 werden zahlenmäßig zwar wahrscheinlich zum Erreichen des Klimaziels 2020 führen, ohne dass damit aber die Energiewendeziele in allen Sektoren erfüllt werden.« Vor allem der Verkehrssektor aber lasse zu wünschen übrig. Sprich: Die Menschen fahren noch zu viel Auto und wenig Fahrrad.

Screenprint Quelle: Stellungnahme zum achten Monitoring-Bericht der Bundesregierung für die Berichtsjahre 2018 und 2019 (Seite 7)

Jetzt ließen die Experten in ihrem neuesten Bericht dazu einen kleinen Knaller los: Der Stromverbrauch Deutschlands steige. Das Ausland müsse helfen. »Die Expertenkommission teilt an diesem Punkt – unabhängig vom Klimaschutzziel – nicht die Auffassung der Bundesregierung, dass die Stromnachfrage konstant gehalten werden kann, weil Effizienzfortschritte durch erwartbare starke Wachstumstrends in den Bereichen Elektromobilität, Sektorenkopplung im Wärmemarkt, Industrie und durch den Markthochlauf im Bereich des grünen Wasserstoffs voraussichtlich überkompensiert werden. In der Summe ist eher davon auszugehen, dass der Strombedarf um etwa 10 Prozent ansteigen wird.«

Demnach habe sich die Bundesregierung bei ihrer Prognose für die künftige Stromentwicklung gewaltig verschätzt.

Jetzt sei zwar der Energieverbrauch auf den niedrigsten Stand seit fast 50 Jahren gefallen, so freut sich noch Altmaier. Die Kommission dahingegen glaubt, der Verbrauch an Elektrizität werde steigen, weil die Deutschen begeistert auf das Elektroauto umsteigen werden, mehr und mehr elektrisch betriebene Wärmepumpen die Häuser heizen und schließlich Deutschland auf die neue Wasserstoffwirtschaft umsteigen werde. Das alles koste Strom.

Ausgerechnet jener »Green Deal« werde »auch eine deutliche Steigerung der Stromnachfrage bedingen«, schreiben die Experten. »Allein durch das Erfordernis der klimaneutralen Produktion wird die direkte Nachfrage nach erneuerbarem Strombezug stark steigen. Dies gilt auch für die Substitution fossiler Brennstoffe durch Stromanwendungen wie elektrische Prozesswärmebereitstellung oder Wärmepumpen und ebenso für die im Green Deal formulierten Strategien für die Klimaneutralität der Grundstoffindustrie und den avisierten Einsatz von grünem Wasserstoff als Ausgangsprodukt für die Chemieindustrie, Raffinerien und eine neue Art der Stahlproduktion.«

Mehr Strom könne, so die Experten weiter, auf keinen Fall aus Kohle oder Kernkraftwerken kommen. Das würde den »Klimazielen« Deutschlands widersprechen.

Ein stärkerer Ausbau der erneuerbaren Energien wäre zielführend, erklären die Experten der Kommission. Sie glauben aber nicht, dass dies gelinge. Denn mehr Flächen werden nicht mehr für den Bau von Windanlagen freigegeben, die zudem immer weniger akzeptiert werden. Die Experten wörtlich: »Deshalb wäre hier über die Etablierung länderübergreifender Vorhaben auf europäischer Ebene nachzudenken.« Und weiter: »In der Elektrizitätswirtschaft müsste der Ersatz der entsprechenden Strommengen durch den Kohleausstieg über die Nutzung von Erdgas, einen stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien sowie ggf. über Stromimporte erfolgen.«

Im Klartext: Energie kommt aus dem Ausland. Windräder könne man im Ausland dorthin pflanzen, wo sich die Bevölkerung wenig dagegen wehrt. Außerdem könne sich dann zum Beispiel Griechenland oder Spanien die CO2-Zertifikate für den Strom aus Anlagen der Windindustrie im Herzen Griechenlands oder Spaniens positiv anrechnen lassen.

Für die Experten gilt es dann nur noch, die »Finanzierungs- und Fördermechanismen und insbesondere die Anrechenbarkeit der im Ausland getätigten Investitionen in erneuerbare Energieanlagen auf die nationale Zielsetzung einzelner Mitgliedstaaten« zu klären.

Die gigantischen Anlagen der Windindustrie sollen also die Landschaften in den Nachbarländern zerstören, damit das grüne Herz des deutschen Umweltökonomen rein bleibt.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

Anmerkung der Redaktion

Die Stromproduktion im nahen Ausland, also die Länder die für einen Import in Frage kommen, ist längst am Anschlag. Grund ist einmal mehr der kalte Winter, aber auch die Notwendigkeit – besonders in Frankreich – seine Kernkraftwerke zu warten. Das zeigt einmal mehr, dass Deutschlands Versorger nicht davon ausgehen können,

„dass wir schon irgendwie aus dem Ausland versorgt werden, sollte es bei uns nicht ausreichend Strom geben“

so der Geschäftsführer des Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft, VIK Christian Seyfert.

Dies bestätigen auch Meldungen aus dem Ausland, z.B Wie aus Portugal gemeldet wird, will das Land bis November 2021 sein letztes Kohlekraftwerk stilllegen. Und der französische Netzbetreiber RTE warnt, dass Frankreich im Januar, Februar sowie Anfang März vor einem Stromengpass stehen werden, wenn die Temperaturen um 2 bis 7 Grad unter die Norm fallen.

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8 Kommentare

  1. Die Idee des Stromimports hat nur einen wesentlichen Haken: unsere Nachbarländer sind auch alle „Klimaretter“, d.h. sie werden auch unter Strommangel leiden.

  2. Ein Nachbarland wie z. B. Polen könnte durch Atomausbau Deutschland energetisch abhängig machen und damit eine ähnliche Rolle bekommen, wie Rußland sie jetzt schon hat. Ein energetisch abhängiges Deutschland mit allen damit verbundenen Nachteilen ist also offenbar das Ziel der aktuellen Bundesregierung …

  3. Erschreckend ist für mich Tabelle Z.2 Zusammenfassende Gesamteinschätzung der Expertenkommission zum Stand der Energiewende zur Zielerreichung 2020:„Reduktion der Treibhausgasemissionen (Leitindikator bzw. Oberziel)“, Zielerfüllung nicht sichergestellt“Abschaltung von Kernkraftwerken gemäß Ausstiegspfad (Leitindikator bzw. Oberziel)“, Zielerfüllung wahrscheinlich

  4. Zu beachten bleibt aber, dass Deutschland zukünftig keine Industrienation mehr sein soll bzw. sein wird. Unsere Regierung und ihre noch rot-grüneren Helfershelfer tun hierfür schon seit geraumer Zeit fast alles. Siehe z. B. Energie- und Automobilindustrie. Und ohne Industrie und den damit zusammenhängenden Wohlstand sinkt auch der Strombedarf. Damit schließt sich der Kreis an dieser Stelle und alles passt zusammen. 

    • So ist es! Genau dorthin führt uns die komplett irre Klima- und Energiewendepolitik. Nur, der Artikel hat schon recht: Nachdem letztlich jeder zukünftige Energiebedarf von den „Erneuerbaren“ kommen soll und das heißt aus „regenerativem“ Strom, müsste der Stromverbrauch gigantisch steigen, selbst wenn das Land, was ja tatsächlich der Fall ist,  an die Wand gefahren wird. Und Altmaier als Wirtschaftsminister? Als „Dickdarmverlängerung“ von Angela hat er sich komplett dem Dekarbonisierungs-Irrsinn verschrieben – sonst wäre er nicht dort, wo er heute ist. Merz hatte neulich den Finger in die Wunde gelegt und pro forma das Wirtschaftsministerium für sich reklamiert. Die Reaktion der Klimakatastrophen-besessenen Murksel war bezeichnend…

    • Falls unsere Politiker noch einmal in einer schwachen Stunde ihren Denkapparat benutzen, sollten sie sich schon einmal eine private Finanzplanung zurecht legen. Die üppigen Pensionen stehen nämlich nur auf dem Papier, die Steuern werden so gewaltig einbrechen, dass selbst die Wegnahme des dann noch erzielbaren gesamten Brutto-Einkommens der Staatsbürger für das Durchfüttern des Staatsapparates (heute bereits mehr als 50%) nicht ausreichen werden. Aber, wir können ja dann ganz sicher das Erfolgsmodell Deutschland an den Rest der Welt verkaufen oder China lizenzieren. Tolle Aussichten! Die Welt wartet schon auf unsere genialen Trittins, Baerbocks, Merkels, Schellnhubers und vor allen Dingen Rahmstorfs. Der letztere kann sogar eine Hütte auf dem Berg vermessen, weil das identisch sein soll mit „Temperatur-Annomalien Messen„!

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