Woher kommt der Strom? Die Konventionellen müssen übernehmen

Nachdem Tierrechtler gegen die Stromerzeugung mittels unseres Teddyhamsters Crecita protestierten, haben wir wieder auf Netzversorgung im Büro umgestellt. Daher nur ein Symbolbild: Ein Hamster-Kraftwerk. Deutschlands Zukunft? Th. Reinhardt / pixelio.de, Hamster im Rad

von Rüdiger Stobbe

Eine Woche, die wieder mal eindrucksvoll belegt, weshalb etliche Zeitgenossen meinen, von Flatterstrom reden zu müssen, wenn sie von der Windstromerzeugung meinen. Der gesetzte Wissenschaftston sagt, die Windstromerzeugung sei „volatil“. Wie auch immer, es geht auf und ab, irgendeine Form der Kontinuität in Sachen Windstromerzeugung ist nicht auszumachen.

49. Woche

(Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle Abbildungen und Mehr, sowie der Energierechner),

Außer eben, dass er keinesfalls kontinuierlich erzeugt wird. Da Sonnenstromerzeugung in dieser Woche zwar stattfindet, bezogen auf den Bedarf und die installierte Leistung Solar kaum nennenswert ist, müssen die konventionellen Stromerzeuger (Abbildung 1) wieder in weiten Teilen dieser Woche die Stromversorgung Deutschland zum größten Teil übernehmen. Man frage sich, woher der Strom kommen soll, wenn der graue, der braune und der schwarze Balken nicht mehr da sind. Eingedenk der Volatilität der regenerativen Energieträger Wind- und Sonnenkraft gelingt den Konventionellen in dieser Woche die Bedarfsdeckung jedenfalls gut. Wenn allerdings für kurze Zeit nicht genügend Strom in Deutschland erzeugt wird und eine kleine Stromlücke entsteht, so dass der Bedarf nicht gedeckt werden kann, dann kostet der Importstrom (Abbildung 2) auch schon mal 110€/MWh (Höchstpreis der Woche). Wobei der Strommarkt dank der konventionellen Erzeugung diese Woche insgesamt recht ordentliche Preise, die fast immer über 30€/MWh liegen, abwirft. Meist werden sogar Exportstrompreise über 40€, manchmal sogar bis zu annähernd 80€/MWh erzielt. Wer Strom wann importiert, exportiert und welche Preise gezahlt werden, zeigt Abbildung 3. Abbildung 3, die besonders anschaulich zeigt, wie eine bezogen auf die Woche kleine Stromlücke ins „Preiskontor“ Deutschlands schlägt. Da freuen sich Frankreich und die Schweiz, die Niederlande und Dänemark. Sogar Polen liefert Strom nach Deutschland. Strom, für den das Kohleland noch weniger als die Hälfte einige Stunden zuvor an Deutschland gezahlt hat. Als es Strom aus Deutschland importierte. Sie erkennen das an den schwarzen Bereichen in den IMEX-Balken.

Die Charts mit den Im- und Exportzahlen für das aufgelaufene Jahr 2020 sowie den Zahlen der 48. Woche sind unter Abbildung 4 aufgeführt. Der Wochenchart zeigt, dass Deutschland eine Menge Strom aus Frankreich.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart (Abbildung 5) belegen nochmal eindrucksvoll, wie die Stromversorgung Deutschlands aussähe, wenn es die konventionelle Stromerzeugung (Kernkraft, Braun- und Steinkohle sowie Gas) nicht gäbe.

Da würde auch eine angenommene Verdoppelung der Wind- und Sonnenstromerzeugung nicht viel weiterhelfen. Abbildung 6 zeigt das für die 48. Woche. Dort können Sie auch die Exceltabelle mit dem kompletten Chart herunterladen.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 29.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 23,08 Prozent, davon Windstrom 8,46 Prozent, Sonnenstrom 3,85 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,77 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Den konventionellen Stromerzeugern fiel es heute nicht schwer, ihren Anteil zu Sicherstellung der Bedarfsdeckung Deutschlands zum regenerativ erzeugten Strom hinzu zu produzieren. War der Bedarf doch gering. Genau wie die erneuerbare Stromerzeugung gering war. Die Preise reichten von 36 bis knapp 60€/MWh. Diese Nachbarn importierten aus, exportierten nach Deutschland.

Montag, 30.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 28,83 Prozent, davon Windstrom 17,18 Prozent, Sonnenstrom 3,07 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 8,59 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am ersten Werktag der Woche zog über die Windstromerzeugung an. Die konventionelle Stromerzeugung folgte dem Anstieg durch Herunterfahren der Produktion kaum. Die Erzeugung wurde praktisch gehalten. Der überschüssige Strom konnte zu zum Teil mehr als auskömmlichen Preisen verkauft werden. An diese Nachbarländer.

Dienstag, 1.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 22,93 Prozentdavon Windstrom 12,10 Prozent, Sonnenstrom 0,64 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,19 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken

In der Nacht von Montag auf Dienstag kam es schon zum Rückgang der Windstromerzeugung. Am Dienstag ging es weiter Richtung Null Windstromerzeugung. Die Strompreise waren wieder auskömmlich. Auch die Importpreise bewegten sich für Deutschland heute nicht in exorbitante Höhen. Kaum erneuerbar erzeugter Strom, viel konventionell erzeugter Strom, das wirkt auf die Preise. Das bringt Geld. Wenn denn richtig gesteuert wird. Das gelingt den Konventionellen heute nur teilweise. So wird mühsam generierter Ertrag wieder weggeschenkt.

Mittwoch, 2.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 18,24 Prozentdavon Windstrom 6,29 Prozent, Sonnenstrom 1,26 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,69 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ein Tag des Grauens für die Freunde der Energiewende. Das Wetter will einfach nicht verstehen, dass es im Herbst stürmisch sein soll. Dass die Sonne fast gar nicht scheint, ist hingegen nichts Besonderes. Besonders auffällig sind die beiden Stromlücken, die teuer geschlossen werden müssen. Die konventionellen Kraftwerke bullern auf Hochtouren. Die Pumpspeicher liefern Strom, was das Zeug hält: Es reicht nicht. Also kostet es. Hier noch mal gefragt: Woher soll der Strom kommen, wenn die konventionelle Stromversorgung, nicht mehr da ist?  Der Vollständigkeit halber: Diese Nachbarn machten gute Geschäfte. Österreich gehörte diesmal nicht dazu. Dafür aber Polen. Gratulation. Polnischen Kohlestrom für über 100€/MWh nach Deutschland zu liefern, das ist schon ein Coup. Prosit!

Donnerstag, 3.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 37,79 Prozent, davon Windstrom 27,91 Prozent, Sonnenstrom 0,58 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,30 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die regenerative Stromerzeugung zieht an. Es entstehen gleichmäßige Stromüberschüsse, da die Konventionellen exakt nachführen. Leider ist in der Vorabendzeit zu viel Strom im Markt, so dass diesmal um diese Zeit nicht der erwartete richtig gute Schnitt gemacht werden kann. Der fand bereits am Vormittag statt, als um 9:00 Uhr 66€/MWh erzielt wurden. Dänemark, Schweden und die Niederlande exportierten nach Deutschland. Ab 7:00 Uhr praktisch nur noch Dänemark und Schweden. Die übrigen Nachbarn kauften Deutschland Strom ab.

Freitag, 4.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,70 Prozent, davon Windstrom 34,30 Prozent, Sonnenstrom 1,16 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,30 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute lässt die regenerative Stromerzeugung über Tag wieder kontinuierlich nach. Die Konventionellen führen vorbildlich nach. Eine feine Leistung der Techniker und Ingenieure. Diesmal klappt auch der „Gute Schnitt“. Zum Vorabend wird ein auskömmlicher Preis erzielt. An diesem Chart erkennt man gut, dass der Preis umso mehr steigt, desto weniger die regenerative Stromerzeugung Strom liefert. Ein Sachverhalt, der immer wieder ins Auge fällt. Diese Nachbarn nehmen Deutschland den Strom ab.

Samstag, 5.12.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 29,05 Prozent, davon Windstrom 16,22 Prozent, Sonnenstrom 2,03 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,81 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken.

Auch zum Einstieg ins Wochenende wird die regenerative Stromerzeugung so konventionell „aufgefüllt“, dass der Bedarf passgerecht gedeckt werden konnte. Bis 8:00 Uhr liegt der Strompreis um die 35€/MWh. Ab 9:00 Uhr wird er auskömmlich. Diese Nachbarn zahlen.

Eine ´nette` Anekdote schrieb Leser Wagner:

Mein Erlebnis: auf einer Ausflugsfahrt vor der Nordseeküste zu den Seehundbänken erzählt der Kapitän, dass viele Windräder noch nicht angeschlossen sind und keinen Strom liefern. Um das Einrosten(?) Zu verhindern, werden Sie regelmäßig mit Diesel „angeworfen“.

Leser Horst Hauptmann meint:

Windenergieanlagen (WEA) haben Asynchrongeneratoren, die im Weichstart mit Thyristoren zugeschaltet und in der Nähe der Netzfrequenz (Drehzahl) mit einem Generatorschalter fest auf das Netz synchronisiert (zugeschaltet) werden. Je größer die Drehzahldifferenz zwischen Netz und WEA, desto größer der Synchronisierungs-Stromstoß. Mit anderen Worten: Photovoltaikanlagen (PV) und WEA können betrieben werden, weil das Netz mittels konventioneller Kraftwerke stabil gehalten und geregelt wird. Ohne Netz keine Wind- oder Solarstrom. Wenn nach einem Blackout die Netze wieder angefahren werden müssen und keine konventionellen Kraftwerke zur Verfügung stehen, kann man den Netzaufbau vergessen* oder er dauert ewig, weil die Netze vom Ausland her aufgebaut werden müssten (sofern dort noch konventionelle Kraftwerke vorhanden und am Netz sind). Wie man die Leistungsbilanz von WEA und PV im Inselbetrieb stabil halten will, die Frequenz regeln, die immer ziemlich genau 50 Hz (Abbildung 7) betragen muss, ist mir ein Rätsel.  […] 

*Deshalb haben große konventionelle Kraftwerke gewaltige Batteriespeicher „nebenan“. Die dienen der Glättung der Netzfrequenz mittels Regelenergie und der Herstellung der Schwarzstartfähigkeit des Großkraftwerks.

Im Zusammenhang mit der in den vergangenen Wochen angesprochenen Elektromobilität, möchte ich noch auf Abbildung 8 verweisen, unter der Sie die aktuellen Zulassungszahlen E- und Hybridautos finden, die Leser Peter Hager zusammengetragen hat.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Aber bitte immer höflich. Ist klar, nicht wahr?

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt fast fünf Jahre den Politikblog  www.mediagnose.de

 

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6 Kommentare

  1. Schaut man sich im Agorameter die Stromerzeugung aus Wind und Sonne von Anfang November bis Mitte Dezember anNov. 2020: https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation/01.11.2020/30.11.2020/Dez. 2020: https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation/01.12.2020/16.12.2020/dann fehlen häufig mehr als 2/3 des aktuellen Strombedarfs.Von wegen „Wind und Sonne ergänzen sich“.Es zeigt vielmehr deutlich: Die Energiewende mit 100% „Erneuerbaren Energien“ ist gescheitert!Aber vielleicht arbeiten die „Energiewender“ schon an einem „Gute Wind- und Sonnegesetz“ bei dem die Sonne auch Nachts scheint und der Wind konstant mit Windstärke 6 weht.

    • Was mich erstaunt ist die Tatsache dass der Beweis für das Scheitern der „Energiewende“ für alle offen auf dem Tisch liegt – siehe Ihren Link, den ich auch immer wieder bemühe – aber niemand nimmt es zur Kenntnis. Die links/grün geimpfte Gesellschaft agiert nach der Devise “ es kann nicht sein, was nicht sein darf“. Die Öko-Meinungsdiktatur arbeitet effizienter als ihre Vorgänger in dem sie die Wahrheit nicht verbietet, denn Verbote machen neugierig, sondern sie einfach als „fake news“ diskreditiert. Das Stimmvieh, mit eigenständigem Denken eh überfordert, folgt dann der Leitkuh, egal wohin auch immer. Die Menschen in Richtung zu verführen ist viel effektiver als der Versuch sie dahin zu zwingen denn der Verführte hat ja den Eindruck selbstständig das Richtige zu tun. So arbeiten auch Sekten, da hat sich die Politik und der Meinungsjournalismus einiges abgeguckt.

      • Leider wird in den Medien diese Problematik so gut wie nicht thematisiert und somit einer breiten Öffentlichkeit „vorenthalten“.

        Beispiel:

        Seit 2018 ist Bayern auf Stromimporte aus anderen Bundesländern und Nachbarländern angewiesen (2018: 9,6 TWh) und diese werden nach dem Atomausstieg bis Ende 2022 noch zunehmen.

        Zur bayerischen Stromversorgungssituation in 2035 hat das Öko-Institut ein  Gutachten mit fünf Szenarien erstellt (beauftragt durch die Grüne Landtagsfraktion). Selbst bei einem starken Ausbau mit 6 GW WKA und 20 GW PVA (2018: 3,3 GW WKA und 12,5 GW PVA) beträgt in 2035 der Importbedarf 28 TWh (Stromunterdeckung: rund 6.500 h/Jahr) und die CO2-Emissionen liegen bei 5,8 t/Jahr (2018: < 5 t).

        Aus diesem Dilemma – die CO2-arme Kernenergie kann nur zum Teil durch CO2-arme Wind- und Sonnenenergie ersetzt werden – kommen unsere „Energiewender“ und „Klimaschützer“ halt nicht heraus.

        Und das hat der BR darüber berichtet:

        https://www.br.de/nachrichten/bayern/neue-studie-bayern-muss-kuenftig-viel-strom-importieren,SHpqJny

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