Deutsche Energiewende: Planwirtschaft ohne Plan

von Edgar Gärtner
Bei der deutschen Energiewende scheint alles nach Plan zu laufen. Jährlich vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vorgelegte Monitoring-Berichte informieren auf der Basis des im Jahre 2017 novellierten Energiestatistikgesetzes über die Umsetzung der Zielarchitektur der Bundesregierung (hier).

Alle drei Jahre veröffentlicht die Bundesregierung anstelle des jährlichen Monitoring-Berichts einen ausführlicheren Fortschrittsbericht. Der zweite (auf der Basis des Berichtsjahres 2017) wurde im Juni 2019 veröffentlicht. Darin erscheint der Integrierte Nationale Energie- und Klimaplan (NECP) als Teil eines europaweit koordinierten Projekts. Alles auf dem besten Weg also?

Zu den Zielen des im vergangenen Jahr von der Bundesregierung beschlossenen „Klimapakets“ zählt auch die „Reduktion des Bruttostromverbrauchs“ um zunächst 10 Prozent. Dabei rechnen die Betreiber örtlicher Stromverteilernetze schon jetzt damit, dass der Strombedarf für das Laden der Li-Ion-Batterien der e-Autos schon bald zu einer Überlastung der Ortsnetze im ländlichen Raum führen wird, so dass der Ladestrom schon ab 2021 rationiert werden muss. Die Regierungskampagnen für das Stromsparen und für den Ersatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch Elektro-Fahrzeuge passen offenbar schlecht zusammen.

Im Unterschied zum letzten Monitoring-Bericht beschäftigen sich der auf Daten von 2017 beruhende 2. Fortschrittsbericht und das im Herbst 2019 verabschiedete Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung auch mit dem Planungszeiträumen bis 2030 und 2050. Daraus geht unter anderem hervor, dass Deutschland, das zurzeit im Jahresmittel mehr Strom exportiert als importiert, zum reinem Stromimportland werden soll. Zu diesem Zweck soll die Kapazität der der Kupplungen mit ausländischen Stromnetzen auf insgesamt 38 Gigawatt erhöht werden. Das ist mehr als die Hälfte der derzeit im Durchschnitt benötigten Gesamtleistung. Die Bundesregierung vertraut offenbar darauf, jederzeit genügend Elektrizität importieren zu können. Da zumindest die westlichen Nachbarn Niederlande und Frankreich ähnliche Ziele verfolgen wie die Berliner Regierung, bleibt es aber fraglich, wieweit diese Hoffnung begründet ist. Aktuell folgt zum Beispiel der Ende 2019 erfolgten Stilllegung des Kernreaktors Philippsburg 2 bei Karlsruhe die Stilllegung des französischen Kernkraftwerks Fessenheim im Elsass, die schon am 22. Februar 2020 mit der Abschaltung des ersten Reaktors beginnt. Dadurch die ohnehin schon angespannte Stromversorgungslage in Südwestdeutschland kritisch zu werden. Im Endeffekt wird der Strom im europäischen Verbundnetz immer weitere Strecken zurücklegen müssen, was die Übertragungsverluste erhöht und grünen Lippenbekenntnissen zur Dezentralisierung Hohn spricht.

Um den von der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung zur Reduktion der Kohleverstromung (Kohlekommission) erzielten Kompromiss zum Kohle-Ausstieg umzusetzen und dennoch die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, favorisiert die Bundesregierung offenbar den Bau zahlreicher Gaskraftwerke mittlerer Leistung. Da Erdgas der teuerste Energieträger ist, sind dadurch weitere Steigerungen der Verbraucherpreise programmiert. Schon jetzt zahlen die deutschen Privathaushalte die höchsten Strompreise in Europa. Aber schon fordern deutsche Grüne, nach dem Kohle-Ausstieg auch noch die Verstromung von Erdgas zu beenden…

Das deutet an, dass die deutsche Energiepolitik vielleicht gar nicht so planmäßig konzipiert ist, sondern vielmehr von ideologischen Vorurteilen und wahltaktischen Überlegungen bestimmt wird. Diese werden von der Politik nachträglich für planmäßig erklärt. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel die von einem Tsunami ausgelöste Reaktor-Katastrophe von Fukushima zum Anlass nahm, den mit der Energiewirtschaft geschlossenen Kompromiss über eine beschränkte Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke aufzukündigen und die gestaffelte Abschaltung aller Kernkraftwerke bis 2022 zu verfügen, war die Abschaltung von Kohle-Kraftwerken noch kein Thema, weil so gut wie allen Beteiligten klar war, dass Deutschland sich nicht gleichzeitig von der Kernkraft und der Kohle verabschieden kann. Es ging vordergründig lediglich darum, angesichts nahender Regionalwahlen den Grünen Wind aus den Segeln zu nehmen. Dann bauten grüne NGOs mithilfe ihnen gewogener Massenmedien Druck auf, um unter Berufung auf das Pariser Klima-Abkommen von 2015 die Kohle als Standbein der deutschen Energiewirtschaft in Frage zu stellen. Das ist ihnen gelungen. Gerade hat die Bundesregierung das Kohleausstiegsgesetz verabschiedet. Sollten nach den Kohlekraftwerken auch noch die Gaskraftwerke abgeschaltet werden, dann hätte Angela Merkel mit dem von ihr verfügten unbedachten Atomausstieg den Abschied von allen zuverlässigen Energiequellen eingeleitet.

 

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11 Kommentare

  1. Natürlich gibt es einen Plan: Die totale Zerstörung der Industriegesellschaft.Frau Merkel hat das mit großer Transformation umschrieben.Sie hat aber ehrlicherweise festgestellt,daß kein Stein auf dem anderen bleiben wird.Scheint aber nur wenige zu beunruhigen.

  2. Ich habe vor kurzem in ORF 2 anlässlich einer Talkrunde , die sich Im Zentrum nennt( es waren österreichische Politiker bei der Moderatorin Fr. Reierer) von der Klubobfrau(= Fraktionsvorsitzende) der österreichischen Grünen folgende Äußerungen gehört: O- Ton Frau Maurer: „ Wir müssen schnell handeln, wir haben nur noch 10 Jahre Zeit . Australien brennt!“. Ich habe die Österreicher für intelligenter gehalten. Aber man kann sich irren!

  3. Die Frage nach guten oder schlechten Plänen erinnert mich Diskussionen innerhalb der SED vor 40 Jahren. Inzwischen denke ich, daß die Staatseingriffe in die Wirtschaft selber die Wurzel allen Übels sind, Subventionen, Steuern pipapo. Ein freier Wettbewerb der Firmen um die Ansprüche der Kunden würde vermutlich zu einem differenzierten und preiswerten Mix führen, bei Wärme- oder Stromerzeugern, Fahrzeugantrieben was weiß ich. Kurz: Das alles sollen die Kunden befehlen und kein Sesselpupser.

  4. „Mit E-Motoren in die Sackgasse“,
    so lautet die Überschrift eines Artikels im aktuellen Manager Magazin. Vor allem steht VW im Focus, weil sich das Unternehmen voll der E-Mobilität verschrieben hat – und deren Zukunft ist nicht so sicher. Hier ist entschieden worden über Erfolg oder Niedergang.
    Der Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff ist der Industrie zufolge noch nicht ausgereift. Der Wirkungsgrad ist zu gering, die Erzeugung kostet zu viel Strom.
    Doch dass sich die Weichenstellung zugunsten des Batterieantriebs als langfristig richtig und nachhaltig erweist, ist keineswegs sicher. Sie könnte auch das Überleben der deutschen Automobilindustrie gefährden. Volkswagen will in den kommenden Jahren 44 Mrd. investieren und reiner E-Auto Anbieter werden.
    Das E-Auto erhält aber noch keine Akzeptanz. Die Kapazität von 300.000 Förderanträgen wurde nur von 164.000 wahrgenommen.
    Daimlerkunden müssen auf den neuen Mercedes EQC neun bis zwölf Monate warten. Das liegt aber nicht an der hohen Nachfrage sondern weil die Autos nicht fertig werden. Daimler fehlen die Batterien !! Intern wurde der Elektronotstand ausgerufen.

    Bisher ist auch die Entsorgung der Batterien weltweit ein ungelöstes Problem.
    Interessant wird es wenn die Energiewirtschaft die Strombereitstellung rationieren muss, weil sie mit der Verlegung neuer leistungsfähiger Leitungen für die Ladepunkte nicht nachkommt. Und zwar nicht nur für Deutschland. Ab 2021 wird damit gerechnet. So soll verhindert werden, daß in Spitzenzeiten es zur Überlastung der Verteilernetze kommt. Gleiches droht auch wenn alle am Abend zu Hause aufladen wollen.

    https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/elektroauto-mit-vollgas-in-die-sackgasse-a-1304419.html

    • Das „manager-magazin.de“ gehört dem Spiegel-Verlag, der Lügenzentrale schlechthin.

      Der Spiegel ist die Bild-Zeitung für Möchtegern-Intellektuelle.

      Erstaunlich, dass die so etwas schreiben dürfen. Werden da womöglich Köpfe rollen müssen?

  5. Die Realität sieht so aus, daß der Kohleaustieg mit Sicherheit ohnehin kommen wird. Es gibt keine weiteren Planungen und bergrechtlichen Vorgänge in der Braunkohle. Die heimische Steinkohle ist schon tot. Da importieren wir.
    Tja, dann verbrennen wir eben Gas…
    Und wenn wir das auch verbieten, dann lutschen wir am Daumen.
    Das richtig ekelige an der Sache ist, daß Flächenabschaltungen immer auf dem flachen Lamd beginnen und die verrückten Ökospinner, in den Städten, als Allerletzte dran sind, um die Früchte ihrer Arbeit zu ernten.

  6. Denn sie wissen nicht, was sie tun.

    Ideologie und das Hoffen, dass das Ausland immer Strom liefern kann und will, ersetzen Verantwortung und Vernunft.
    So schaut also die Energiepolitik der Altparteien aus!

    Und wer von den Altparteien und „Qualitätsmedien“ übernimmt dann die Verantwortung, wenn es im Fall eines länger andauernden Blackouts Todesopfer zu beklagen gibt?

    Halt, stopp! Ideologie ersetzt ja Verantwortung! Passt schon.

    • Wann haben „Qualitätsmedien“ oder gar Politiker jemals die Verantwortung für ihre Fehlleistungen übernommen? Irgendein Schuldiger findet sich immer! Wahrscheinlich haben die Stromversorger und Netzbetreiber die genialen grünen Pläne nicht rasch genug umgesetzt. Oder die WKA-Protestler sind schuld. Oder zukünftig auch das Ausland, das hinterhältigerweise zuerst an die Stromversorgung der eigenen Bürger denkt…

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