Kafkas Schloss: Warum Deutschland Strafzahlungen an die EU wegen zu hoher CO2-Emissionen leisten muss

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Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke
Kafkas Schloss schildert den vergeblichen Kampf des Landvermessers K. um Anerkennung seiner beruflichen und privaten Existenz durch ein geheimnisvolles Schloss und dessen Vertreter. Was hat K. mit den deutschen CO2-Strafzahlungen zu tun?

Bekanntlich muss Deutschland Strafzahlungen an die EU leisten, weil es die von der EU gesetzlich festgelegten Mengen seiner CO2-Emissionen nicht einhält. Selber schuld könnte man sagen, warum schaltet es denn seine Kernkraftwerke ab, die zu den sichersten weltweit gehören bzw. jetzt leider gehörten. Sogar die übervorsichtigen Schweden sind nicht so bekloppt, die planen sogar neue. Außerdem haben sich die deutschen Hoffnungen auf die Segnungen von Wind- und Sonnenstrom verflüchtigt, nur die Politik hängt noch dran. Nur etwa 3% der deutschen Primärenergie von einer Windindustrie, die unsere letzten Wälder zerstört und bemitleidenswerte Windrad-Anrainer mit Infraschall krank macht, vom Wertverlust ihrer Häuser ganz zu schweigen. Ach ja, Photovoltaik macht nur 1% und Energiemais auch nur 1% aus.

Also voll ein Schuss in den Ofen, oder „vergurkt“ und „vergeigt“, wie es so schön Haferburg in seinen lesenswerten Artikeln über die Energiewende in ACHGUT formuliert (hier, hier, hier). Der Autor würde gerne widersprechen, aber Haferburg hat aufs Jota recht. Schaut man sich nun einmal das Energie-Tortendiagramm von Polen an, dann wird es einem angenehm warm. Die machen hier alles richtig, weil fast ausschließlich mit Kohle: Heizung, Industrieenergie und Strom. Kernkraftwerke sind angedacht bzw. in Planung. Windräder gibt’s bei denen so gut wie nicht. Zumindest in dieser Beziehung ist also Polen ein glückliches Land, denn mit ihrer Energieversorgung haben sie garantiert kein Problem.

Doch plötzlich fielen mir die deutschen Strafzahlungen ein. Wie ist das eigentlich mit Polen? Die müssten doch auch blechen und nicht zu knapp bei so viel Kohleverbrennung, die schließlich als Hauptursache des atmosphärischen CO2-Anstiegs gilt? Um nicht missverstanden zu werden: ich liebe dieses Land, und dies nicht nur wegen familiärer polnischer Wurzeln. Wer einmal in der unvergleichlich schönen Mariacka Kirche in Krakau war und die dort tiefgläubig knieenden Betenden sah, darunter auffallend viele junge Frauen, wird es vielleicht nachvollziehen können. Das Werk des genialen Stanislaw Lem (1921-2006) hat mich bis heute nicht losgelassen. In gegenwärtigen Zeiten zu empfehlen sind seine Sterntagebücher, Gesellschafts- und Diktaturkritik pur, unglaublich lustig/verrückt versteckt in Science Fiction. Ist fast ein Wunder, dass die sowjetischen Besatzer die wahren Inhalte nicht geschnallt hatten. FFF und XR passen haarklein in die Sterntagebücher. Da stehen aber noch ganz andere Sachen drin, die uns erwarten.  Warum Lem den hoch verdienten Literatur-Nobelpreis nicht bekam, darf als Skandal gelten.

Aber zurück zum Thema:  das Letzte, was ich Polen wünsche, sind dummdreiste EU-CO2-Strafzahlungen für seine super-vernünftige Energiepolitik.

Aber dennoch, das Rätsel ließ mir keine Ruhe. Warum müssen die polnischen Freunde nicht zahlen? Meine Internet-Suche brachte lange Zeit nichts Gescheites hervor, immer nur das deutsche Problem der Strafzahlungen deutscher Autohersteller wegen Verstößen gegen die EU-Ökodesignrichtlinien. Und dann endlich doch, ein Artikel in der WELT tauchte auf und klärte das Rätsel (hier). Es ist ganz einfach, denn die WELT schrieb „Die Europäische Kommission legte nach langen Beratungen eine Liste darüber vor, welches Land wie stark die Emissionen zu reduzieren hat, wobei aber nicht alle Staaten gleichermaßen in die Pflicht genommen werden. Wohlhabende Nationen müssen größere Lasten tragen als ärmere Staaten. „Die nationalen Emissionsreduktionsziele basieren auf den Grundsätzen der Fairness, der Solidarität, der Kostenwirksamkeit und der Umweltintegrität“, so gemäß EU-Kommission.

Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden. Allerdings stinkt hier der Fisch, wie immer, vom Kopf her. Die EU-Kommission ist gar nicht demokratisch legitimiert! Nur sie hat aber das alleinige Vorschlagsrecht für Gesetze inne. Sie wird nicht gewählt, sondern sie wird eingesetzt. Hmmm…. nach welchen Regeln und von wem, darf man da fragen. Hat irgendein Parlament explizit entsprechende Regeln verabschiedet? Offenbar nicht. Alle Entscheidungen der EU-Kommission werden in Arbeitsgruppen beschlossen, auf die nicht einmal das EU-Parlament zugreifen kann. Wie schreibt hierzu so schön die WELT „nach langen Beratungen„. Wieder hmmm …. Jeder darf sich nun ausmalen, was unter langen Beratungen zu verstehen ist. Diese ausgeklüngelte, undurchsichtige EU-Kommission ist, bei Mondlicht besehen, das „Das Schloss“ in Kafka’s Roman . Mit einem ordentlich gewählten und durchsichtigen demokratischen Gremium hat sie jedenfalls nichts zu tun. Gönnen wir den Polen dennoch die Zahlungsersparnis!

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13 Kommentare

  1. „Die nationalen Emissionsreduktionsziele basieren auf den Grundsätzen der Fairness, der Solidarität, der Kostenwirksamkeit und der Umweltintegrität“, so gemäß EU-Kommission.“
    und
    „Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden.“
    Doch, dagegen ist prinzipiell etwas einzuwenden, z.B. dass mit der Durchsetzung dieser Reduktionsziele die betreffenden Volkswirtschaften massiv geschädigt werden. Man schlägt in der EU also grundsätzlich die Hand, die einen füttert!
    Die Folgen sind in den „Geberländern“ der EU derzeit schön zu betrachten. In Deutschland werden die wichtigsten Industrien gerade kaputtgespielt (Energieversorger / Automobilindustrie / Metallurgie / Chemie / Maschinenbau …) und Großbritannien will gerade hinschmeißen.
    Man könnte auch einwenden, dass gerade die „Umweltintegretät“ durch die Reduktionsziele massiv beeinträchtigt ist (s. „Vogelschredder“).
    Ist es dann Fairness, wenn die starken Volkswirtschaften mit Absicht und aller Gewalt auf das Niveau der schwachen Volkswirtschaften gebracht werden?

    Dieser Satz der EUä-Kommission erinnert mich and die gleichen tollen Prinzipien des „Realen Sozialismus“. Sie werden auch genau so toll funktionieren!

  2. Nur die EU-Kommission kann Vorschläge für EU-Rechtsetzung machen. Beschlossen werden die Gesetzesvorschläge dann vom Europäischen Parlament und vom Rat (der Minister).

    Ob die Rechtsakte dann einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden, ist in den Verträgen festgelegt. Die meisten Rechtsakte werden mit qualifizierter Mehrheit beschlossen. Für die qualifizierte Mehrheit ist seit 1. November 2014 grundsätzlich eine sogenannte doppelte Mehrheit, nämlich 65 Prozent der Bevölkerung der EU und 55 Prozent der Mitgliedstaaten, vorgesehen.

    Rechtsakte werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht: https://eur-lex.europa.eu/oj/direct-access.html?locale=de

    Unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1573460336905&uri=CELEX:32018R1999
    kann dort eine auf 73 Präambeln beruhende Verordnung des EP dazu studiert werden. Wegen der Langatmigkeit hab ich mir die vollständige Lektüre erspart.

    Eine wichtige Erkenntnis ist allerdings, dieser EU-Mechanismus läuft und den kann niemand so leicht umdirigieren oder gar stoppen …

    • „Deutschlands wirtschaftliche Leistungsfähigkeit muss reduziert werden, damit eine deutsche Dominanz in der EU verhindert wird.“

      Ich glaube, daß der Steuerzahler „blos“ abgekocht wird. Diejenigen, die das Sagen haben wollen ja weiterhin in D gut Kohle machen.

      • „Diejenigen, die das Sagen haben wollen ja weiterhin in D gut Kohle machen.“

        Die machen ihre Kohle überall. Dazu wird ein Staat Dtschl. nicht gebraucht. Zwischen 70-80% der dt. Großindustrie ist sowieso schon in ausländ. Hand.

  3. Eine ganz einfache politische Ursache also mit einer ebenso einfachen Lösung, die uns jedes Kind spontan nennen würde – wie in Andersens Märchen.

  4. Richtig, die EU-Kommission ist nicht dazu legitimiert, Gesetze zu machen. Das obliegt alleine dem europäischen Rat und dem Parlament.

    Allerdings ist die EU-Kommission sehr wohl befugt, Vorschläge zu machen. Und im Link zum Artikel in der Welt wird die EU-Kommission ja auch derart zitiert, dass es sich bei dem Verteilungsplan um einen Vorschlag handelt.

    Die vorgeschlagene Lastenverteilung folgt einer Linie, wie sie schon vor Ewigkeiten von den europäischen Staatschefs festgelegt wurde: Starke leisten mehr, Schwache weniger.

    • Nun müssen wir nur noch den Blickwinkel festlegen aus dem wir die Starken und die Schwachen sehen.
      Nehmen wir den BNE zur Hilfe dann ist Deutschland stark.
      Nehmen wir die in den Ländern lebenden Menschen, ist Deutschland eines der ärmsten Länder, der Deutsche hat den wenigsten Median-Besitz in Europa.
      Wenn andere Länder ihre Steuern und Abgabenlast niedrig halten hat der dort Lebende ein gutes Leben und kann Vermögen aufbauen. Diese Länder haben dadurch einen kleineren BNE und müssen weniger Einzahlen oder sind Empfängerländer in der EU.
      Da die Wirtschaft (Konzerne) so gut wie keine Steuern zahlen bleiben die Zahlungen an der EU am „kleinem Mann“ hängen, je besser es der Wirtschaft geht umso mehr muss der kleine Mann zahlen da der BNE steigt. Logik der EU. Ich weiß nicht ob das wirklich die Vorsehung der EU war als sie gegründet wurde. Wenn dem so sein sollte regieren die eigenen Politiker gegen das deutsche Volk.
      Siehe dabei Frankreich, trotz kränkelnde Wirtschaft das Renteneintrittsalter von 65 Jahren wieder auf 60 Jahre gesenkt, schmälert natürlich den BNE (Staatseinkommen)durch Staatsausgaben.

      • „Da die Wirtschaft (Konzerne) so gut wie keine Steuern zahlen“
        Hmm. 2015 29,9 Mrd. € Körperschaftssteuer (inkl. Solidaritätszuschlag), 48,3 Mrd. € Einkommenssteuer der Gewerbebetriebe, 45,7 Mrd. € Gewerbesteuer.
        Ca. 124 Mrd. €. Ziemlich viel für „so gut wie nichts“ … (2015 betrugen die gesamten Steuereinnahmen knapp 673,3 Mrd. €)
        Und hier haben wir die Einkommenssteuer der Anteilseigner von Kapitalgesellschaften auf ausgeschüttete Gewinne, die Versicherungssteuer, die Grund- und Grunderwerbssteuer, die Strom- und Energiesteuer noch gar nicht in Ansatz gebracht …

        „Nehmen wir die in den Ländern lebenden Menschen, ist Deutschland eines der ärmsten Länder, der Deutsche hat den wenigsten Median-Besitz in Europa.“
        Na ja, wenn die Arbeitnehmer_*Innen knapp 20% (z.Zt. 18,6%, wir waren aber auch schon bei 20,3%) in die Rentenversicherung einzahlt, kann das kein zählbares Vermögen bilden … Einfach mal mit dem Eckrentner gerechnet, 45 Jahre der jetzige Beitragssatz auf’s jetzige Durchschnittseinkommen, knapp 317.000 €.
        Wenn ein hoher Teil des BIP in die sozialstaatliche Absicherung fließt, verfügen mehr Haushalte nur über geringe Vermögen.
        Ansonsten halt die deutsche Wohneigentumsquote von 44%, während es im Eurozonen-Durchschnitt 61% sind.

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