Kriging: Anstieg des Meeresspiegels

Meeresspiegel: Steigt er immer stärker oder nicht? Bild: Elke Barbara Bachler / pixelio.de

Gastbeitrag von AJ
[*Kriging beschreibt ein räumliches Interpolations-Verfahren in spärlich mit Messpunkten besetzten Gebieten. Mehr dazu hier.]
Einführung:
Dieser Beitrag beschreibt eine Rekonstruktion des Meeresspiegel-Anstiegs (SLR) abgeleitet aus Kriging-Daten von Tidenmessungen, korrigiert um vertikale Bewegungen von Landmassen. Kriging ist ein statistisches Interpolations-Verfahren, welches berücksichtigt, wie Beobachtungen mit der Entfernung voneinander variieren. Das Verfahren ist in der Bergbau-Industrie weit verbreitet, um die Mineral-Konzentrationen in Erzgesteinen abzuschätzen. Es wurde aber auch angewendet bei der Konstruktion globaler Temperatur-Rekonstruktionen wie etwa von „Berkeley Earth“ und „Cowtan and Way“.

Ergebnisse

Hier die Rekonstruktion von 1900 bis 2017:

Abbildung 1: Kriged Rekonstruktion des Meeresspiegels von 1900 bis 2017. Schwarz: Trend seit 1900, rot: Trend seit 1960

Der allgemeine lineare Trend beträgt 2,3 (2,2 bis 2,4) mm pro Jahr. Der Trend ab 1960 beträgt 2,5 (2,4 bis 2,6) mm pro Jahr. Der lineare Trend seit 1993 beträgt 2,5 (2,3 bis 2,7) mm pro Jahr. Das ist signifikant weniger als der Trend von 3,3 mm pro Jahr, geschätzt aus Altimeter-Daten von Satelliten. In keiner Regression findet sich eine signifikante Beschleunigung oder Verlangsamung.

Der SLR über das 20. Jahrhundert betrug etwa 23 cm. Die Prognose für das 21. Jahrhundert beläuft sich auf 22 cm und 26 cm, wenn man jeweils die fortlaufende quadratische Regression ab 1900 bzw. ab 1960 heranzieht.

Die rekonstruierten Werte können hier eingesehen werden.

Verfahren

Zunächst wurden die Tiden-Messdaten abgelesen aus dem Permanent Service for Mean Sea Level (PSMSL). Besonders der Annual Revised Local Reference (RLR)-Datensatz wurde herangezogen. Mit einem Qualitäts-Fähnchen versehene Stationen und solche, bei denen die Qualität fraglich erschien, wurden ausgesondert.

Die Tiden-Messpunkte wurden dann an die nächstgelegenen GPS-Stationen angepasst, die in der vertical land velocity-Tabelle von SONEL gelistet sind. Die kombinierten Daten wurden gefiltert, so dass nur Tiden-Messpunkte mit einem GPS-Punkt innerhalb eines Radius‘ von 80 km darum herum betrachtet wurden.

Die kombinierten Daten wurden auch gefiltert, um Stationen auszuschließen, an denen die Vertikalgeschwindigkeit außerhalb der Bandbreite der Standardabweichung derselben lagen (+/- 5 mm pro Jahr) oder falls die damit verbundene Unsicherheit größer als 0,5 mm pro Jahr war. Damit sollten Beobachtungen von einem möglicherweise instabilen Grund ausgeschlossen werden. Hier folgt eine Karte mit den verbleibenden Tiden-Messpunkten:

Abbildung 2: Betrachtete Tiden-Messpunkte

Aus der Karte wird die ungleichmäßige Verteilung ersichtlich. Diese Ungleichheit wird noch größer bei Berücksichtigung der zeitlichen Abdeckung. Beim Kriging wird den Stationen nicht das gleiche effektive Gewicht beigemessen. Stationen ohne große Überlappung sind signifikanter. Zum Beispiel wird isolierten Stationen im Südpazifik ein relativ hohes Gewicht beigemessen relativ zu den Leichtgewichten im dichten Netz von Messpunkten im Nordatlantik.

Der Unterschied zwischen aufeinander folgenden Jahren wurde dann für die verbleibenden Beobachtungen übernommen und an vertikale Landbewegungen angepasst. Dies wurde dann noch einmal gefiltert, um ausschließlich Werte zu bekommen, welche innerhalb von zwei Standardabweichungen des Mittels eines jeden Jahres lagen. Mittels dieser Daten wurde das folgende Variogramm erzeugt:

Abbildung 3: SLR-Variogramm. Schwarz: sphärischer Fit, rot: exponentieller Fit

Dieses Variogramm ist tatsächlich ein Mittel von vier Jahren mit Beobachtungen aus jüngerer Zeit (2013 bis 2016). Der sphärische Fit wurde nachfolgend angebracht, um die Rekonstruktion dem Kriging zu unterziehen. Dies zeigt, dass die Beobachtungen zwischen benachbarten Stationen hoch korreliert sind. Die Beobachtungen zeigen eine relative Prognose-Fähigkeit bis zu einer Breite von rund 2150 km. Die maximale Distanz für das Kriging wurde auf diese Bandbreite limitiert.

Ein Grund für die Wahl der „GPS innerhalb von 80 km“-Regel war, dass jenseits dieses Wertes leichter Messfehler erkannt werden konnten.

Ursprünglich sollte sich dieser Beitrag um ein Variogramm drehen, das aus Aviso-Satelliten-Altimeterdaten abgeleitet worden ist. Dieser Gedanke wurde aber verworfen, nachdem das folgende Variogramm erzeugt worden war, welches wiederum ein Mittel von vier Jahren aus jüngerer Zeit ist:

Abbildung 4: Pazifisches SLR-Variogramm nach Aviso. Schwarz: sphärischer Fit, rot: exponentieller Fit.

Der relativ hohe Nugget-Wert deutet auf einen großen Messfehler in den Beobachtungen. Vielleicht liegt das an der rauen Ozean-Oberfläche wegen des Wellengangs. Vielleicht gleicht die große Zahl der Beobachtungen dieses Beobachtungs-Rauschen aus? Anzumerken ist, dass ein exponentielles Fit für diesen Datensatz am Besten geeignet ist.

Die Aviso-Daten wurden herangezogen, um ein 5×5-Gradnetz von Ozean-Gitterpunkten zu berechnen. Dies war eine Version mit geringerer Auflösung des angebotenen 0,25 Grad-Netzes. Das Ergebnis sieht so aus:

Abbildung 5: 5×5 Ozean-Gitternetzpunkte

Dieses Netz sieht sehr geeignet aus für das Kriging-Verfahren. Es gibt eine Reihe von Anomalien (Kaspisches Meer, Nordpol), aber nichts, was die Ergebnisse materiell beeinflussen würde.

Dann wurde das Kriging-Verfahren durchgeführt mittels der gefilterten Beobachtungen, des sphärischen Fits und des Netzes. Zusätzlich zu der am Anfang dieses Beitrags gezeigten Rekonstruktion wurde hier auch die Anzahl der Beobachtungen für jedes Jahr und für den Prozentanteil der Ozeane in Übereinstimmung gebracht:

Abbildung 6: Anzahl der Beobachtungen pro Jahr
Abbildung 7: Prozentsatz der Ozeane für das Kriging-Verfahren

Anzumerken ist, dass die Anzahl der Beobachtungen einem glatteren Trend folgt als der Prozentsatz der kriged Ozeane. Dies ist ein Hinweis der Auswirkung von Stationen mit hoher Wichtung, wenn Beobachtungen verfügbar oder nicht verfügbar sind. Zusätzlich erklären die geringen Stichproben-Mengen zu Beginn des Zeitrahmens das damit verbundene Rauschen in der Rekonstruktion.

Schlussfolgerung

Dieser Beitrag stellt das Narrativ in Frage, dem zufolge sich der SLR beschleunigt. Er zeigt, dass es möglich ist, eine lineare Zeitreihe zu erzeugen mittels Anwendung eines geeigneten Verfahrens und vernünftiger Auswahl von Parametern. Dies kann auch erklären, warum viele Tidenmessungen keine Beschleunigung zeigen.

Natürlich wurde in dieser Analyse viel willkürlich ausgewählt, so dass der Bestätigungs-Bias ein Problem ist. Infolge der verschiedenen Filterungen wurde nur ein Viertel aller PSMSL-Beobachtungen betrachtet, meistens deswegen, weil keine geeignete Anpassung an eine GPS-Station gefunden werden konnte.

Ein Beispiel dafür, wie eine Auswahl die Ergebnisse beeinflussen kann, besteht darin, welcher Wert dem maximalen Entfernungs-Parameter für das Kriging-Verfahren zugeordnet wird. Diese Rekonstruktion verwendete die Bandbreite aus dem Variogramm-Fit (~2150 km), weil dies als die maximale prognostische Distanz angesehen wurde, welche eine Beobachtung relativ zu anderen Beobachtungen hat. Variiert man diesen Parameter, wird deutlich, wie sich dies auf den prognostizierten SLR des 21. Jahrhunderts auswirkt:

Abbildung 8: prognostizierter SLR im 21. Jahrhundert based on 1960 onward regressions given different values of maxdist parameter used in krige() function.

Dies zeigt, wie sensitiv die Prognose auf den Wert dieses Parameters reagiert, und es wirft die Frage auf, welcher Wert der geeignetste ist. In diesem Beitrag geht es aber nicht um diese Frage. Es wird einfach dargelegt, dass die Auswahl der Parameter signifikant die Ergebnisse beeinflussen kann. Dies ist möglicherweise ein Faktor in jedweden SLR-Rekonstruktionen aus Tidenmessungen.

The R source code and Intermediary files can be found here

References

  1. Permanent Service for Mean Sea Level (PSMSL), 2019, “Tide Gauge Data”, Retrieved 01 Apr 2019 from http://www.psmsl.org/data/obtaining/.
    Simon J. Holgate, Andrew Matthews, Philip L. Woodworth, Lesley J. Rickards, Mark E. Tamisiea, Elizabeth Bradshaw, Peter R. Foden, Kathleen M. Gordon, Svetlana Jevrejeva, and Jeff Pugh (2013) New Data Systems and Products at the Permanent Service for Mean Sea Level. Journal of Coastal Research: Volume 29, Issue 3: pp. 493 – 504. doi:10.2112/JCOASTRES-D-12-00175.1.
  2. SONEL: Santamaría-Gómez A., M. Gravelle, S. Dangendorf, M. Marcos, G. Spada, G. Wöppelmann (2017). Uncertainty of the 20th century sea-level rise due to vertical land motion errors. Earth and Planetary Science Letters, 473, 24-32.
  3. Aviso: The altimeter products were produced by Ssalto/Duacs and distributed by Aviso+, with support from Cnes (https://www.aviso.altimetry.fr).

Link: https://wattsupwiththat.com/2019/06/02/kriged-sea-level-rise/

Übersetzt von Chris Frey EIKE

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9 Kommentare

  1. Hallo Herr Ketterer

    Ganz einfach Mathe: die 213.000 km³ zugängiges Süßwasser entsprechen etwa 0,13 % des gesamten Wassers auf der Erde. Wie sie damit einen Meeresspiegelanstieg im Prozentbereich hinbekommen wollen (insbesondere da wir nur einen extrem geringen Teil davon zusätzlich ins Meer abgeben, bei kompletter Einleitung würden wir leider verdursten) bleibt ihr Geheimnis.

    Andreas Hoemann

  2. Ich bin immer wieder überrascht, mit wenig Physik bzw. Wissen die Menschen ausgestattet sind. Das darüber in der Presse nichts zu lesen ist bzw. in den Nachrichten nicht berichtet wird, liegt natürlich an der politischen Korrektheit. Haben die grünen Weltenretter schon mal darüber nachgedacht, dass bei jeder Verbrennung Wasser frei wird?
    Zum Beispiel werden bei der Verbrennung vom einem m³ Erdgas rd. 1,65 Liter Wasser erzeugt. Bei der Verbrennung von 1 Milliarde m³ Erdgas werden 1 Millionen m³ Wasser neu erzeugt. Nun addieren wir mal die Milliarden m³ Erdgas, die nur aus Russland für Deutschland geliefert werden (jeder kann die Mengen recherchieren) und auch alle Mengen weltweit, darüber hinaus den gesamten Verbrauch an Treibstoff (Benzin,Kerosin,Diesel,Wasserstoff) und noch weitere Brennstoffe wie Flüssiggas oder Kohle, dann kommen wir auf mehrere Milliarden m³ Wasser, die wir Jahr für Jahr aus der Erdkruste als Brennstoff entnehmen und zu Wasser umwandeln. Ein m³ Wasser lässt 333 m² Meeresoberfläche um 3mm steigen. Wer Lust hat, kann diese Rechnung mal durch führen.

  3. Da ich ja als Klimaleugner sowieso zu den komplett Dämlichen gehöre, die das, was Sache ist: Konsens 97 Grad, naee, %, – immerhinque … sagten wir damals in den 50zigern …, nicht verstehen, so bestätigt der obige aufklärerische Beitrag ganz offensichtlich diesen munteren Befund – gretamäßig und weitergehend als Holocaust-Legner. Dafür bedanke ich mich sehr.
    Was, bitte, wird durch diesen Artikel auch nur ansatzweise geklärt? Okay, okay, ich bin – s.o.- ganz offensichtlich zu blöd, um ein Loch in den Schnee zu p….

  4. Der Meeresspiegel steigt nicht wegen einer möglichen Erwärmung des Meerwasssers, sondern weil wir seit 200 Jahren gezielt die Landmasse trockenlegen und überbauen. Überschwemmungs- und Versickerungsflächen für Bäche und Flüsse gibts immr weniger. Ein intakter Boden läßt 50 Liter Wasser je Quadratmeter in einer Viertelstunde versickern und füllt damit die Tiefenwasserspeicher auf. Wir holen nur rauf und dann ab ins Meer. Würden wir die Zustände von 1900 wieder weltweit einführen mit ausgehnten Sumpfgebieten in allen Erdteilen und die Einwohner auf 1 Milliarde zurückführen, dann würde auch der Meeresspiegel wieder auf die Altstände zurückgehen. Die Landflächen werden trockener, weil immer mehr Wasser im Meer landet. Schaut mal auf eure Getränke, frisches Quellwasser aus Tiefenquellen.

    • Sehr gehrter Herr Kowatsch,

      auch die Entnahme aus Tiefenwasserreservoiren und aus Seen (Aralsee, Kaspisches Meer) für Beweässerung müssen in die Betrachtung einfließen.

      MfG
      Ketterer

    • Hallo Herr Kowatsch

      Da hat bei Ihnen leider die anthropogene Betrachtung zugeschlagen, bei dem wir aus unserem, zumeist eng begrenzten Umfeld, welches wir gut kennen und das uns in den Medien in Deutschland immer als die gesamte Welt verkauft wird (und wir in Deutschland retten durch unser Verhalten die ganze Welt), auf die gesamte Welt rückgeschlossen wird.
      Auf der Welt gibt es (nach Wikipedia, auch wenn dort viel Blödsinn steht, dürften diese Zahlen etwa stimmen) 1,6 Milliarden Kubikkilometern Wasser, davon sind 35 Millionen Kubikkilometer Süßwasser (2,5 %). Nur etwa 213 Tausend Kubikkilometer davon sind relativ leicht für den Menschen zugänglich, also können für die von Ihnen angesprochenen Dinge gebraucht (oder mißbraucht) werden.
      Allein die Größenordnungen zeigen, dass durch Trockenlegung usw. auf den Kontinenten keine wesentliche oder meßbare Erhöhung des Meeresspiegels erfolgen kann.

      Mit freundlichen Grüßen

      Andreas Hoemann

      • Herr Hoemann,
        Die Entnahme aus Aquiferen und Seen dürften im einstelligen
        Prozentbereich den Meeresspiegel-Anstieg erklären.
        MfG
        Ketterer

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