Weitere Nutzung für „Atommüll“

"Atommüll" ist kein Müll, sondern ein Wertstoff. Bild angieconscious / pixelio.de

von Dr. Klaus Dieter Humpich
Während in Deutschland weiterhin abgebrannte Brennelemente als „Atommüll“ verteufelt werden, hat China bereits einen weiteren Weg für deren Nutzung eingeschlagen.

Zwischen dem Betreiber von zwei Candu 6 Reaktoren in Quinshan TQNPC (China National Nuclear Corporation subsidy Third Quinshan Nuclear Power Company) und der kanadischen SNC-Lavalin wurde ein Vertrag zur Lieferung von Brennelementen aus 37M NUE (Natural Uranium Equivalent) abgeschlossen. Dies ist das Ergebnis einer mehr als zehnjährigen gemeinsamen Forschung und Entwicklungsarbeit. Seit 2008 werden im Reaktor QP III immer wieder NUE-Brennelemente als Dauertest eingesetzt. Diese praktischen Versuche dienten der Anpassung einiger Sicherheitsparameter und der Durchführung des Genehmigungsverfahrens. Jetzt sind die Arbeiten abgeschlossen und der Betrieb mit recyceltem Uran kann beginnen.

Die Reaktoren

Bei den Candu Reaktoren in Quinshan handelt es sich um mit schwerem Wasser (D2O) gekühlte und moderierte Reaktoren. Dieser Reaktor hat im Gegensatz zu Leichtwasserreaktoren keinen Druckbehälter in dem sich die Brennelemente befinden, sondern viele Druckröhren in denen jeweils nur eine Reihe einzelner Brennelemente stecken. Die Druckröhren sind waagerecht und sitzen wiederum in einem mit Schwerwasser gefüllten drucklosen Tank. Vorteil dieser Konstruktion ist, daß man kein dickwandiges Druckgefäß benötigt, sondern lediglich druckfeste Röhren von etwa 10 cm Durchmesser. Druckbehälter können nur eine Handvoll Schmieden weltweit fertigen. Deshalb kann diesen Reaktortyp z. B. Indien selbst herstellen. Als Nachteil erkauft man sich dieses Prinzip mit einem Gewirr von Rohrleitungen: Jede Druckröhre muß mit Vorlauf- und Rücklaufleitung mit den Dampferzeugern verbunden werden. Insgesamt ist die Herstellung aufwendiger und damit teurer.

Durch den Einsatz von Schwerwasser als Kühlmedium und Moderator gehen wesentlich weniger Neutronen verloren als bei Leichtwasserreaktoren. Man kommt deshalb mit Natururan als Brennstoff aus. Eine Anreicherung ist nicht nötig. Darüberhinaus ist das Konzept so flexibel, daß auch andere Brennstoffe wie Thorium oder eben abgebrannte Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren eingesetzt werden können. (Siehe hierzu auch den Artikel Reaktortypen in Europa – Teil6, CANDU in diesem Blog.)

Die Wiederaufbereitung

Wenn Brennelemente „abgebrannt“ sind, müssen sie entnommen werden und durch frische Brennelemente ersetzt werden. Sie sind aber keinesfalls Abfall, sondern können und sollten recycelt werden. Auch in Deutschland war deshalb eine eigene Wiederaufbereitungsanlage nach dem PUREX-Verfahren vorgesehen. Übergangsweise hat man Brennelemente in Frankreich und GB aufbereiten lassen. Aus bekannten ideologischen Gründen ist man davon abgegangen. Der Kampf gegen das Atom ist der zentrale Gründungsmythos von Bündnis 90 / Die Grünen.

Die Kerntechnik war der erste Industriezweig der nicht einfach Abfall produzieren wollte, sondern vielmehr der Begründer des industriellen Recyclings. In einem „abgebrannten“ — oder besser abgenutzten und für seinen ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr geeigneten — Brennelement sind lediglich rund 5 % Spaltprodukte. Das ist die „Asche“ der nuklearen Energieherstellung. Aber über 93% des Urans und zusätzlich rund 1% Plutonium sind für die Energiegewinnung wiederverwendbar!

Bei dem PUREX-Verfahren werden die Brennstäbe aufgelöst und anschließend durch eine mehrstufige flüssig-flüssig Extraktion in möglichst reines Uran und Plutonium zerlegt. Alles andere ist bei diesem Verfahren Abfall, wird in Glas eingeschmolzen und ist zur Endlagerung vorgesehen. Das Plutonium wird seit Jahrzehnten — auch in Deutschland — zusammen mit abgereichertem Uran zu sogenannten Mischoxid-Brennelementen verarbeitet und erneut in Leichtwasserreaktoren zur Energiegewinnung eingesetzt. Das zurückgewonnene Uran wird bisher fast ausschließlich eingelagert. Man kann es als „Ersatz“ für Natururan in Anreicherungsanlagen einsetzen. Es muß dazu aber in Uranhexafluorid umgewandelt werden. Ein, bei den heutigen Preisen für Natururan nicht wirtschaftlicher Weg.

Der NUE-Weg

Das Uran für Leichtwasserreaktoren hat eine ursprüngliche Anreicherung von 3% bis 5% U235. Im Reaktor wird sowohl U235 als auch Pu239 gespalten. Das Plutonium bildet sich kontinuierlich aus dem U238 durch das (parasitäre) Einfangen von Neutronen. Ein Teil davon, wird sofort wieder im Reaktor gespalten. Deshalb kann nicht alles U235 aufgebraucht werden bevor die zulässige Betriebsdauer des Brennelements erreicht ist. Oft hat das recycelte Uran noch einen höheren Anteil davon als das Natururan (0,7% U235). Es kann daher noch in Schwerwasserreaktoren eingesetzt werden. Allerdings ist die Natur immer etwas komplizierter als die Theorie. Nicht jeder U235 Kern wird auch gespalten, wenn er von einem Neutron getroffen wird. Es bildet sich auch U236 und sogar Spuren von U234. Alle diese Isotope haben ihre charakteristischen neutronenphysikalischen Eigenschaften. Es wird deshalb durch Verschneiden mit abgereichertem Uran ein dem „Natururan entsprechendes Äquivalent“ (NUE) hergestellt. Dies ist aber eine reine Frage der Analyse (welche Isotopenzusammensetzung?), der Rechnung (neutronenphysikalische Bestimmung) und der Mischung. Ein vergleichbar geringer Aufwand, verglichen z. B. mit einer Anreicherung.

Man kann etwa mit dem recycelten Uran aus vier Leichtwasserreaktoren einen zusätzlichen Schwerwasserreaktor betreiben. Die zusätzliche Energie wird ohne zusätzlichen Verbrauch von Natururan erzeugt — Energie aus „Atommüll“. China betrachtet ihr kerntechnisches Programm offensichtlich von Anfang an als System. Im Zentrum stehen die Leichtwasserreaktoren und eine Wiederaufbereitung des „Atommülls“. Nach dem Vorbild von Frankreich wird dadurch der endgültig zu lagernde Abfall beträchtlich entschärft und verringert. Das anfallende Plutonium wird über Mischoxid wieder den Leichtwasserreaktoren zugeführt. Das zurückgewonnene Uran den Schwerwasserreaktoren. Mittelfristig soll eine weitere Nutzung über natriumgekühlte Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum erfolgen. Beachtenswert ist die Vorgehensweise: Zwar in voller Breite aller am Weltmarkt erhältlichen Reaktortypen, aber stets in kleinen Schritten in enger Kooperation mit internationalen Partnern. Ganz nebenbei ist dadurch eine der bedeutendsten kerntechnischen Industrien der Welt aufgebaut worden. Ein nicht zu unterschätzender und bewußt angestrebter Nebeneffekt. Kerntechnik ist eine Schlüsseltechnologie, die weit in die industrielle Welt ausstrahlt. So war es einst auch in Deutschland, aber hier wird dieser Vorteil zusehends aufgebraucht. Manch ein Grüner wird sich noch die Augen reiben, wie schnell der „Exportweltmeister“ zu einem mittelmäßigen Industriestandort verkommen sein wird.

Der Beitrag erschien zuerst bei NUKEKLAUS hier
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7 Kommentare

  1. Böttiger

    Ohne Kernenergie gibt es auch keinen Umweltschutz, denn Umweltzerstörung geschieht durch die Ansammlung problematischer Moleküle über eine verträgliche Dosis hinaus. Der Abbau (Recycling) solcher Moeküle mit molekularer Energie (Verbrennung) ist der Versuch den Teufel durch Beelzebub auszutreiben. Sinn macht die Zerlegung problematischer Moleküle in ihre brauchbaren Elemente nur mit der Milionenfach dichteren nuklearen Energie.

  2. Ohne Energie geht nix. Und Kernenergie ist die Technik der Zukunft, denn sie reicht sicherlich für eine Million Jahre. Wenn die Energien Öl, Kohle, Gas vielleicht nach 1000 Jahre zu Ende sein werden, gibt es noch für 999 000 Jahre Kernspaltungsenergien. Deutschland will das nicht, denn „Die Sonne schickt keine Rechnung“ (Franz Alt) und „Der Wind bläst kostenlos“ (Inge Niedek). Dann sind wir wieder im Mittelalter, so wollen es viele Deutsche und auch deren Obrigkeit. Aber welche Methode soll benutzt werden, um die Bevölkerung auf die dann nur noch etwa 5 Millionen ernährbaren Menschen zurück zu fahren???? Oder werden sich die überzähligen nicht mehr ernährbaren 75 Millionen Menschen aus Deutschland nach China oder Rußland als Sklaven verdingen um weiter leben zu dürfen???

  3. Manch ein Grüner wird sich noch die Augen reiben, … “
    Die Augen reiben werden sich nur die durch die genau darauf abzielenden Bildungs-‘Reformen‘ systematisch verdummten Wähler der Grünen.
    Ihre grün angestrichenen roten Vordenker dagegen werden sich die Hände reiben. Sie haben erreicht, was sie anstrebten, die schrittweise Befreiung der Mutter Natur von dem Schädling Mensch durch die Verkürzung der Lebensdauer, die mit Verknappung von Energie unvermeidlich verbunden ist – ganz im Einklang übrigens mit dem besonders von ihnen verbissen geführten Kampf dafür, das Absterben möglichst noch im Mutterleib zu erreichen.
    Rainer Facius

    • Ich musste jede Menge Steuerzeichen löschen: Das Problem verschwindet vielleicht, wenn Sie z. B Ihren Beitrag in Word schreiben, im PDF Format speichern und daraus in „Antworten“ bei EIKE kopieren. Oder über word als txt ausgeben. Mit Dank an U. Wolff für den Tip.

    • Sehr geehrter Herr Facius,

      die Grünen werden sich die Augen nicht reiben, da sie nur sehen, was sie sehen wollen, das ist weitgehend eine phantastische Welt. Grün ist eine Theologie, Glaubenssache, für die sind auch die Grundwasservorräte in D vom Absinken bedroht, obwohl sie zu den weltweit reichsten gehören, man vergleiche mit vielen Ländern in Trockengebieten, wo Grundwasser für Bewässerung abgepumpt wird usw. usf.

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