Ruhmloser Abgesang auf den Steinkohlebergbau

Lore oder Grabstein? Bild sabine koriath /pixelio.de

von Dr. Wolfgang Thüne
In der „kohlepolitischen Verständigung“ von 2007 wurde anhand der desolaten Lage der Eisen- und Stahlindustrie beschlossen, nach dem Jahr 2018 keine heimische Steinkohle mehr zu fördern. Dies fand damals den Beifall derer, die das „postindustrielle“ Zeitalter herbeisehnten. „Zuverlässig im Wandel“, so ist der Titel des Jahresberichts 2016 des Gesamtverbandes Steinkohle. Nun jubeln die, deren Schlagwort „Dekarbonisierung“ lautet. Zur „Gestaltung eines würdigen Abschieds“ haben die RAG-Aktiengesellschaft und RAG-Stiftung das Projekt „Glückauf Zukunft“ gestartet, um das Ruhrgebiet zur „Klimaschutz-Modellregion“ zu machen.

Gedacht ist an Projekte für „erneuerbare Energien“, an „Windkraftanlagen auf Halden“, „Solarparks auf Brachflächen“, die Wärmegewinnung aus Grubenwasser. Doch dies ist ein Wunschtraum, der gnadenlos an den natürlichen Randbedingungen scheitern wird. Musste der Bergbau sterben, damit die Illusion von „Klimaschutz“ leben kann? Die RAG begnügt sich mit dem Satz: „Ob dies aber auf lange Sicht klug ist, bleibt fraglich“.

Erdgeschichte, das Karbonzeitalter und die Kreidezeit

Die Steinkohle ist das „Kapital“, dass die Natur in ihrem ewigen Wandel im Ruhrgebiet deponiert hat. Zusätzlich konnte an tektonischen Störungen Magma aufsteigen, wodurch Eisenerzlagerstätten entstanden. Im „Karbonzeitalter“ vor 360 bis 300 Millionen Jahren wurden im Wechsel von Sumpflandschaften und Überflutungen des Meeres zahlreiche Schichten abgelagert. Unter Druck entstanden durch Inkohlung die Kohleflöze. Sieben Meter dicke Torfschichten wurden zu 0,60 Meter dicken Steinkohlenflözen verdichtet. In der Kreidezeit von 135 bis 65 Millionen Jahren überdeckte ein tropischer Ozean das Ruhrgebiet und überdeckte alles mit einer mächtigen Mergelschicht. Durch Absenkung neigten sich die Flöze um 6 Grad nach Norden hin. Auch die Wechsel von Eis- und Warmzeiten formten an der Topographie mit wobei die Ruhr das Schmelzwasser nach Westen abführte. Die Steinkohle entdeckte man im Mittelalter. Man dachte, es wären „brennende Steine“. Oblag das „freie Kohlegraben“ zunächst den Bauern, so wurde dies unter Karl dem Großen zu untersagen versucht. Die Kohle wurde als „Bodenschatz“ und „Naturalabgabe“ unter das Eigentum der Herrschenden gestellt.

Anfänge des Bergbaus und Frühphase der Industrialisierung

Die Vorphase der Industrialisierung ging von der Jülich-Clevischen Bergordnung vom 24. April 1542 aus. Am 13. Juli 1753 erhielt der Kölner Erzbischof die Erlaubnis, am Sterkrader Bach einen Hochofen mit Hammerwerk zu errichten. Damit beginnt die Geschichte der Eisen- und Stahlindustrie im Ruhrgebiet. Den staatlichen Dirigismus im Steinkohlenbergbau führte Friedrich II. am 29. April 1766 ein. 1784 wurde Karl Freiherr von und zum Stein Direktor des Bergamtes Wetter an der Ruhr. 1787 wurde ein Schiebeweg mit eisernen Schienen gebaut, wodurch die erste „Eisenbahnstrecke“ in Deutschland entstand, indem die Pferde durch Dampfzüge ausgetauscht wurden. 1802 wurde die erste Dampfmaschine importiert. Die Dynamik war ungeheuer. 1825 begann man mit dem Bau einer Eisenbahnlinie von Köln nach Minden und 1847 fuhr der erste Dampfzug durch das Ruhrgebiet. 1811 errichtete Friedrich Krupp in Essen eine „Krupp Gussstahlfabrik“. Ab 1819 werden Dampfmaschinen gebaut und die Stahlherstellung beginnt 1826. 1850 entsteht der erste Malakoff-Turm und 1854 wird der erste Kokshochofen errichtet. Die 1. Phase der Industrialisierung dauert von 1835 bis 1873. Die Ruhr war die Transportader. Der Kohleumschlag betrug 1830 etwa 275 000 Tonnen, 1849 circa 514 000 Tonnen und 1860 rund 868 000 Tonnen, um dann rapide abzufallen auf nur 10 000 Tonnen 1884 und 3 000 Tonnen 1889. Die Eisenbahn war bequemer!

Beschäftigungswunder und demographischer Wandel

Die Bevölkerung stieg in dieser Zeit gewaltig. Zahlreiche Dörfer erhielten Stadtrecht: Mülheim am 4. 9. 1846, Dortmund am 10. 4. 1874, Oberhausen am 10. 9. 1874. Um 1900 gab es 170 Zechen mit 228 000 Beschäftigten. Sie förderten 60,1 Millionen (Mio) Tonnen Steinkohle. Mit dem Ruhrstatut vom 28. 4. 1948 wurde die Kohle- und Stahlproduktion der Internationalen Ruhrbehörde unterstellt, bevor am 23. 7. 1952 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl begründet wurde. 1950 arbeiteten in 143 Zechen 433 359 Beschäftigte und förderten 103 Mio Tonnen Steinkohle. Das Maximum wurde 1956 erreicht mit 494 000 „Kumpeln“ und 124,6 Mio Tonnen Steinkohle. Ab 1958 begann das „Zechensterben“ durch den Import billiger Kohle aus den USA wie die Überschwemmung durch billiges Heizöl. Am 31. Oktober 1964 wurden 31 Großzechen mit 64 000 Kumpeln und einer Jahresförderung von 26,5 Mio Tonnen zur Stilllegung angemeldet. Auf der Zeche Monopol wurde 1977 eine Teufe von 1415 Meter erreicht. Von 1974 bis 1977 ging die Rohstahlerzeugung von 32,2 auf 21,5 Mio Tonnen zurück. 200 000 Arbeitsplätze gingen verloren. 1990 gab es noch 19 Zechen mit 101 000 Arbeitern und einer Förderung von 54 Mio Tonnen Steinkohle. 2004 gab es noch 4 Bergwerke und Ende 2018 wird das letzte geschlossen. Das „Ruhrgebiet“ wird es in seiner klassischen Prägung nicht mehr geben, ohne dass auf Steinkohle verzichtet werden kann. 2005 wurden 42 % heimisch erzeugt, 2010 noch 23 % 2015 noch 11 % und ab 2019 werden es 0 % sein. Dafür steigt der Import von 58 über 77, dann 89 auf 100 %. Die Gesamtmenge an Steinkohle wird ziemlich konstant etwas unter 60 Mio t SKE liegen! Die Importkohle wird also die wichtige „Brückenfunktion der Ausgleichs- und Reservekapazität für den fluktuierenden Wind- und Solarstrom ausüben“. Glaubt die Politik, dieser Etikettenschwindel würde nicht auffallen?

Von der postindustriellen über die dekarbonisierte in eine postfaktische Ära?

Wie also wird die Zukunft aussehen? Um diese zu „meistern“ hat man 2010 das Projekt „Innovation City Ruhr“ ins Leben gerufen. Es wird wie folgt beschrieben: „Das Ziel dieses ehrgeizigen Projekts lautet, am Beispiel einer typischen Ruhrgebietskommune einen klimagerechten Stadtumbau mit Halbierung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 bei gleichzeitiger Sicherung des Industriestandorts und spürbarer Verbesserung der Lebensqualität zu demonstrieren.“ Modellkommune ist die Stadt Bottrop. Bottrop soll ein Musterbeispiel sein für eine „Energiewende von unten“. Um die CO2-Emissionen um 38 Prozent zu senken, hat man rund 290 Mio € investiert. Doch dies ist nur eine fiese Milchmädchenrechnung, indem man nur die Emissionen durch die „heimische Kohle“ reduziert, aber die Emissionen durch die importierte Kohle „untern Teppich“ kehrt. Wenn man dann noch die Gewinnung von Erdöl und Erdgas einstellt, ist Deutschland rechnerisch Null-Emittent an CO2 und damit „Vorreiter“ in Sachen „Klimaschutz“. Man mag sich nach außen brüsten, das „Pariser Abkommen“ zur Einhaltung des Zwei-Grad-Zieles erfüllt zu haben, aber auf wen macht dieser Selbstbetrug Eindruck? Auf das Wetter mit absoluter Sicherheit nicht und damit auch nicht auf dessen „Abfallprodukt“, das Klima. Mag auch der „Leitzielcharakter der Klimaziele“ zwecks Erreichung der globalen „Klimaneutralität“ in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts rechnerisch auf dem Papier erfüllt werden, die Wetterrealitäten werden sich davon nicht beeindrucken und beeinflussen lassen.

Mag auch das „Ruhrgebiet“ als „Industrieregion“ ob der weltweit freien Märkte mit ihren ökonomischen Regeln auch nicht zu retten gewesen sein, doch zur „Stabilisierung“ einer nicht existenten „Globaltemperatur“ als „Leitziel“ eines nicht existenten „Globalklimas“ die gesamte „Industrie“ dekarbonisieren zu wollen, ist an Wahnsinn nicht zu überbieten. Ohne Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff ist organisches Leben nicht möglich. Dies gilt primär für die grünen Pflanzen als „Primärproduzenten“, die Nahrung für Tier und Mensch als Konsumenten produzieren.

Die Erde war nie ein Wetterparadies und wird auch nie eines sein! Ein „Klimaparadies“ mit der postfaktischen Wunschvorstellung von „globaler Klimagerechtigkeit“ ist ein unrealistischer Traum von Ideologen, die in ihrer theoretischen Modellbesessenheit die Realität völlig aus dem Blick verloren haben.

 

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5 Kommentare

  1. Der eigentliche Betrug besteht doch darin, die heimische Förderung nicht deshalb zu beenden, weil man etwa keine Steinkohle mehr braucht. Er besteht in der erzwungenen vollständigen Abhängigkeit von Importen, auf deren Preise und Verfügbarkeit man künftig keinen Einfluss mehr hat!

     

    Müssen diese Importe dann auch noch mit dem schwindsüchtigen Euro bezahlt weden, dessen Fortbestehen als aufoktroyierte Einheitswährung ohnehin zweifelhaft ist, wird deutlich, dass die De-Industrialisierung eines ganzen Industriezweiges in unserer Heimat einem Plan folgt: Das System heisst EU und folgt dem Ziel eines Zentralstaates, der die  politische und wirtschaftliche Nivellierung seiner Mitgliedsländer voraussetzt.

     

    Einen BREXIT wird es für uns nicht geben, weil sonst diese gesamte Fehlkonstruktion unmittelbar zusammenbrechen würde. Also beschneidet man uns jede Autarkie-Möglichkeit. Das liegt auf einer Ebene mit der als „Energiewende“ getarnten Demontage unserer sicheren Stromversorgung mit KKW und deren ‚Ersatz‘ durch Windmühlen und Photoelemente mit dem Wissen (!), dass dieses Vorhaben wegen fehlender, effizienter Großspeicher für Elektroenergie scheitern muss. Mit dem Nebeneffekt, dass die zur Netzstabilisierung nötigen, fossil betriebenen Reservekraftwerke bei dieser Betriebsart auch noch ruiniert werden.

  2. Mit der politischen Vernichtung der Kohle und der der Industrie durch eine CO2 freie Grün-Sozialistische Merkel Medien Ideologie wird das Ruhrgebiet in Zukunft eine ganz große indenditätsbefreite und gesetzlose Zone im Herzen von NRW.

    Das Herz, der Wirtschaftskern, der Stolz und der damit verbundene Wohlstand war für das Ruhrgebiet und im ganzen für NRW immer die Kohle, Stahl und Grundstoffindustrie bzw. Industrie im Ganzen. In einer CO2 freien Welt gibt es das nicht mehr. Da herrschen Mangel und Armut. Und wenn diese CO2 freie Welt dann auch noch mit Millionen von illegalen kulturfremden Menschen geflutet wird, dann wird aus dem Ruhrgebiet und NRW in den nächsten Jahren eine Grün-Sozialistische Erneuerbare Energiewelt von Mord, Vergewaltigung, Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Gesetzlosigkeit und No-Go Regionen.

    Wie will man einen Afrikaner, einer Arabern für Energietechnik begeistern….das wird nicht funktionieren…die verdienen ihr Geld leichter mit illegalen Glücksspielen, Prosition und anderen gesetzlosen – illegalen Machenschaften und wenn es einfach nur Sozialleistungsbetrug ist. Zur Not können diese illegalen Einwanderer dann immer noch weiter, in ein anders Land ziehen oder eben wieder zurück in die Heimat. Für das Ruhrgebiet bleibt dann nur noch der Schutt und die Asche und eine zerstörte Kultur-Landschaft-Heimat übrig.

     

    • Politische Vernichtung der Kohle?!?

      Der Markt war es.

      Wissen Sie mit wieviel jede Tonne subventioniert wurde, die in Walsum aus der Erde geholt wurde? Über die Bergschäden im Saarland klagen heute auch Menschen, die in zwei Generationen Bergbau in der Familie haben. Ich nehme an, Sie sind noch nie eingefahren. Die Bergleute die ich kenne, die reden auch mal Stuss. Aber soviel Stuss wei Sie im letzten Absatz fabriziert haben, dazu müsste man 20 Bergleute zusammenholen.

      Ich weiß nun nicht ob der Admin Ihren letzten Absatz übersehen hat, mir wird schon übel wenn ich nur nochmal darüberlese. Da kommt doch wirklich das Gefühl des Fremdschämens bei mir auf.

      • @F.Ketterer

        Der Bergbau ist nicht nur Bergbau sondern ist technische Entwicklung ist mit Forschung und Entwicklung stark verknüpft. Erst wird der Bergbau, die Kraftwerke, die Kernenergie, die Gentechnik usw. als „Böse“ über die Politik-Medien abgeschafft damit als Folge dessen die gesamte Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in Deutschland am Boden liegt.

        Wen man im eigenen Land keinen Bergbau, keine Kraftwerke, keine Automobilbauer, keiner Kernenergie, keine Chemie, keine Industrie usw. mehr betreibt/anwendet, dann braucht man auch keine Forschung und Entwicklung mehr. Dann heißt es einfach nur noch Mangel und Armut statt Fortschritt, Weiterentwicklung und Wohlstand!

         

    • Der Ausstieg aus der deutschen Steinkohleproduktion war eine lange beschlossene Sache, um die riesigen Subventionen einzusparen, die wegen der mangelnden Konkurrenzfähigkeit erforderlich waren. Sie hatte nichts mit dem Ausstieg aus der Nutzung von  Kohle zu tun. So trugen die ersten Aufkleber „Atomkraft nein danke“ noch den Zusatz „Kohle statt Kernkraft“ und sie waren mit einem Häufchen Kohle und nicht der Sonne geschmückt. Als schon etwas in die Jahre gekommener Zeitgenosse erinnere mich auch daran, dass in den 60er-Jahren die NPD die einzige Partei war, die dafür plädierte, den teuren deutschen Kohlebergbau zu erhalten. Also Kohleausstieg und Ausstieg aus der deutschen Steinkohlenproduktion sind zwei Paar Stiefel.

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