Energie: Wie kommt LNG* in die Ukraine?

James Stafford
[*LNG = Liquefied Natural Gas = verflüssigtes Erdgas]
Über all dem Gerede über Erdgasexporte der USA, um der russischen Aggression in der Ukraine zu begegnen, hat bisher niemand die Frage gestellt, wie dieses verflüssigte Erdgas in die Ukraine (oder nach Europa allgemein) überhaupt kommen soll. Die Antwort lautet: Türkei, falls diese willens ist mitzuspielen.

Das Potential für LNG-Exporte  nach Europa ohne ein Abkommen zwischen der Türkei und der Ukraine bzgl. des Transports von LNG durch den Bosporus ist gleich Null. Dies wiederum macht die Region um das Schwarze Meer zum nächsten wesentlichen geopolitischen Pokerspiel.

Mit der Eskalation der Krise auf der Krim wird das Schwarze Meer zu einem äußerst wichtigen Faktor, wobei die Türkei hier den Zugang kontrolliert. Die Türkei hat es einem Kriegsschiff der US-Navy erlaubt, den Bosporus zu durchfahren, und US-NATO-Manöver haben in dem Gebiet begonnen, und zwar nahe den Grenzen zur Krim.

In einem vor kurzem veröffentlichten Bericht vom besten Öl- und Energie-Insider bei oilpreis.com heißt es: „Für die Ukraine ist LNG der Schlüssel zur Energie-Unabhängigkeit. Für die Türkei ist LNG der Schlüssel auf dem Weg, zum wichtigsten Energiezentrum zwischen dem Nahen Osten und Europa zu werden. Zusammen mit der trans-anatolischen Pipeline (TANAP), durch die Gas aus Aserbeidschan durch die Türkei in die europäischen Märkte strömt, würde die Kontrolle des Bereiches LNG durch das Schwarze Meer der Türkei ein größeres Gewicht verleihen als jedem anderen Mitspieler in Europa. Sowohl für die Ukraine als auch für die Türkei würde dies einen besseren Zugang zu den ökonomischen Vorteilen der Europäischen Union bedeuten sowie Kontrolle über den LNG-Markt in Europa, und es würde ihnen ein politisches Gewicht im Kontinent verleihen, das an die beiden Weltstrategen herankommt“.

Und es geht nicht nur um Erdgas aus den USA; Qatar hat starke Lobbyarbeit betrieben für seine Schwarzmeer-Partnerschaft sowohl in Kiew als auch in Ankara; und es beobachtet den vergrößerten europäischen Markt sehr genau.

Im vergangenen Jahrzehnt haben sich die globalen LNG-Vorräte verdoppelt und die Rückverwandlung in Gas sowie die Kapazität zum Transport mit Schiffen verdreifacht. Die Ausnahme ist Europa, wo die Ukraine und die Türkei jeder für sich positioniert ist, um Vorteile aus dieser LNG-Lücke zu ziehen, bevor die Nachfrage steigt und die Gelegenheit für strategische Positionierungen abnimmt.

Die Türkei kontrolliert den Bosporus und die Dardanellen, welche das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbinden, und der Schiffsverkehr hier ist für Ankara ein Eckpfeiler.

Das derzeit größte Problem besteht darin, dass die Türkei nicht davon überzeugt ist, dass die Verschiffung von LNG durch den Bosporus sicher ist. Aber LPG (verflüssigtes Petroleum-Gas) und Kriegsschiffe durchfahren diese Meerenge, und beide sind wohl viel gefährlicher als LNG. LPG ist eine Mischung aus Propan und Butan, verflüssigt bei 15°C. LNG ist hinsichtlich der Umwelt sicherer, weil das Gas leichter als Luft ist und bei einer Freisetzung rasch verfliegt. Propan ist schwerer als Luft und folglich auch schwerer als Erdgas.

Die Aufgabe ist also jetzt, die Türkei davon zu überzeugen, dass LNG sicher genug ist, um es den Bosporus passieren zu lassen, und dass dies geopolitisch unabdingbar ist, um Russland entgegenzutreten.

Der ehemalige Premierminister der Ukraine Yuri Boyko hat an diesem Problem gearbeitet, bevor in seinem Land die Krise ausgebrochen war. Hier gibt es ein Exklusiv-Interview mit Mr. Boyko von vor ein paar Tagen.

James Stafford ist der geachtete Betreiber von Oilprice.com. Der Originalartikel steht hier.

Link: http://www.realclearenergy.org/articles/2014/03/15/this_week_in_energy_how_would_lng_get_to_ukraine_107604.html

Übersetzt von Chris Frey EIKE

image_pdfimage_print

3 Kommentare

  1. Politikfrei geht dieses Thema nicht.
    Die Zukunft Europas liegt im Osten.
    Man muß Rußland nicht entgegentreten sondern Handel und Kooperation weiterentwickeln. Unabhängigkeit sollte dabei vor allem für Exportland nicht in Frage kommen.
    Betreffs Krim: Die Wiedervereinigung sollte man nicht als Aggression bezeichnen, sondern als die unblutige Lösung eines über 20 Jahre schwelenden Konfliktherdes.

  2. Der Artikel ist weitgehend sinnfrei. Die Ukraine hat schlicht kein Geld für den russischen Gasimport. LNG ist auch nicht günstiger, kaum verfügbar und zusätzlich fehlt jede Infrastruktur. Eine gute Analyse zur Abhängigkeit vom russischen Gas findet sich im SPON.
    http://tinyurl.com/nl3peoe

    Ein Vergleich der Gaspreise auf den verschiedenen Märkten zeigt folgenes Bild:
    http://tinyurl.com/luaa9zq

    Umgerechnet von den $/mmBTU sind das aktuell in Eurocent rund
    USA : 1,1 ct/kWh
    Deutschland(Europa) 2,6 ct/kWh
    Japan (LNG): 4 ct/kWh

    Damit wird klar, wo der größte Markt für LNG ist.

    Interessanter wäre mal eine Analyse zu den Schiefergasressourcen in der Ukraine und den Aktivitäten von Chevron & Co.. Im Schwarzen Meer solle es auch noch größere Gasvorkommen geben, allerdings eher bei der Krim.

  3. Angeblich haben Chevron und Shell Aufsuchungslizenzen für größere Schiefergasvorkommen in der Ukraine schon vor den Maidan-Ereignissen erhalten.

    Einerseits wäre dies für die Ukraine die Möglichkeit sich aus der Abhängigkeit von russischem Erdgas wenigstens teilweise zu befreien. Weiterer Vorteil: Die EU braucht der Ukraine bei der Bezahlung ihrer Gasrechnung weniger unter die Arme zu greifen.

    Andererseits wird die beabsichtigte Gewinnung von Schiefergas in der Ukraine sicher kritisch durch Quatar, die Türkei, Rußland und andere Konzerne beäugt werden.

    Mal sehen wann in der Ukraine die ersten Fracktivisten mit Transparenten herumlaufen. Dann gilt die Preisfrage: Wer unterstützt sie bzw. wer ist der Nutznießer des Protestes?

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:

  1. Bitte geben Sie Ihren Namen an (Benutzerprofil) - Kommentare "von anonym" werden gelöscht.
  2. Vermeiden Sie Allgemeinplätze, Beleidigungen oder Fäkal- Sprache, es sei denn, dass sie in einem notwendigen Zitat enthalten oder für die Anmerkung wichtig sind. Vermeiden Sie Schmähreden, andauernde Wiederholungen und jede Form von Mißachtung von Gegnern. Auch lange Präsentationen von Amateur-Theorien bitten wir zu vermeiden.
  3. Bleiben Sie beim Thema des zu kommentierenden Beitrags. Gehen Sie in Diskussionen mit Bloggern anderer Meinung auf deren Argumente ein und weichen Sie nicht durch Eröffnen laufend neuer Themen aus. Beschränken Sie sich auf eine zumutbare Anzahl von Kommentaren pro Zeit. Versuchte Majorisierung unseres Kommentarblogs, wie z.B. durch extrem häufiges Posten, permanente Wiederholungen etc. (Forentrolle) wird von uns mit Sperren beantwortet.
  4. Sie können anderer Meinung sein, aber vermeiden Sie persönliche Angriffe.
  5. Drohungen werden ernst genommen und ggf. an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben.
  6. Spam und Werbung sind im Kommentarbereich nicht erlaubt.

Diese Richtlinien sind sehr allgemein und können nicht jede mögliche Situation abdecken. Nehmen Sie deshalb bitte nicht an, dass das EIKE Management mit Ihnen übereinstimmt oder sonst Ihre Anmerkungen gutheißt. Wir behalten uns jederzeit das Recht vor, Anmerkungen zu filtern oder zu löschen oder zu bestreiten und dies ganz allein nach unserem Gutdünken. Wenn Sie finden, dass Ihre Anmerkung unpassend gefiltert wurde, schicken Sie uns bitte eine Mail über "Kontakt"

*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.