Peter Altmaier versucht, über die Runden zu kommen

Angela Merkels treuester Kämpe, der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier, hat den Orwellschen Neusprech unserer politischen Klasse offenbar schon so weit verinnerlicht, dass ihm gar nicht mehr auffällt, wie sehr er sich verrät. So hat er seinem 10-Punkte-Vorhaben-Katalog für die knappe Zeitspanne bis zur nächsten Bundestagswahl den Titel „Mit neuer Energie“ verpasst. Wer auch nur oberflächlich über den Stand der „Energiewende“ informiert ist, übersetzt diesen Titel spontan in „Mit letzter Kraft“ oder „Mit hängender Zunge“. Denn seiner Chefin Angela Merkel läuft seit der von ihr nach dem Reaktorunglück von Fukushima eilends verfügten Stilllegung der Hälfte der deutschen Kernkraftwerke und deren Ersatz durch so genannte erneuerbare Energien die Zeit davon. Der Umbau unseres historisch gewachsenen Systems der Energieversorgung im Hauruck-Verfahren erweist sich schlicht als unmöglich. Das wussten Energie-Fachleute von Anfang an. Nicht von ungefähr lässt sich die Bundesregierung der Schweiz, die aus Fukushima ähnliche Schlüsse gezogen hat wie die deutsche Bundesregierung erheblich mehr Zeit. Kein einziger Kernreaktor ist in der Schweiz bislang stillgelegt worden.

Dass Altmaier gerade am Tag vor der Verkündigung seiner 10 Punkte der Inbetriebnahme des größten und modernsten Braunkohle-Kraftwerks der Welt bei Grevenbroich-Neurath beiwohnte, spricht Bände! In der Tat hat die „Energiewende“ bislang genau das Gegenteil der erklärten Ziele bewirkt, nämlich eine Zunahme statt einer Drosselung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid, das im Verdacht steht, die globale Erderwärmung zu beschleunigen. Infolge des überstürzten „Atom-Ausstiegs“ ist die „schmutzige“ Braunkohle bei uns wieder zum wichtigsten Primärenergieträger geworden. Die Deutschen können froh sein, dass der Energiekonzern RWE, der das neue Kraftwerk betreibt, weiterhin auf die Braunkohle setzt. Denn die von der politischen Klasse über den grünen Klee gelobten „Zukunftsenergien“ Wind, Sonne und Biomasse haben uns bislang nur Ungemach bereitet.

Das beginnt mit der durch die 20-jährige Stromabnahmepreisgarantie des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) ins Rollen gebrachte unkontrollierbare Kostenlawine. Die wiederholte Ankündigung von Senkungen beziehungsweise einer Deckelung der Einspeisevergütung hat zu einem Torschluss-Wettlauf beim Zubau von Photovoltaik-Kapazitäten geführt. Im kommenden Jahr soll die EEG-Umlage, die mittelständische Betriebe und Endkunden mit ihrer monatlichen Stromrechnung begleichen müssen, schon fünf Eurocent je Kilowattstunde betragen. Fachleute schätzen aber, dass aus den fünf Eurocent leicht auch sechs oder sieben werden können, weil die Zubau-Zahlen für das Jahr 2011 noch immer nicht veröffentlicht wurden. Die nationale Anti-EEG-Bewegung (NAEB e.V.) schätzt, dass allein der äußerst unzuverlässige Photovoltaik-Strom im Jahre 2011 durch die Stromkunden mit fast acht Milliarden Euro subventioniert wurde. Hinzu kamen schätzungsweise  4,3 Milliarden Euro für Wind- und  4,5 Milliarden Euro für Biogas-Strom. In diesem Jahr werden die gesamten EEG-Subventionen vermutlich über 20 Milliarden Euro liegen. Dazu kommen bald noch die unübersehbaren Haftungsrisiken der Netzanbindung der Offshore-Windparks, die nach einer politischen Übereinkunft mit den dort engagierten Firmen ebenfalls den Stromkunden aufgebrummt werden sollen.

Altmaier sieht richtig, dass diese Entwicklung sozialen Sprengstoff birgt. Wie das EEG um eine „soziale Komponente“ ergänzt werden könnte, deutet Altmaier aber nicht einmal an. Er bietet den „Einkommensschwachen“ lediglich eine kostenlose Energiesparberatung an. Damit überschreitet er die Grenze zum offenen Zynismus und bekräftigt gleichzeitig das mittlerweile in allen etablierten Parteien vorherrschende maternalistische Politikverständnis. Altmaier kündigt für Ende September einen „Verfahrensvorschlag zu einer grundlegenden Überarbeitung des EEG“ an. In Wirklichkeit lassen die bisherigen Erfahrungen nur einen Schluss zu: Das EEG muss weg. Die Produktion von subventioniertem Strom muss völlig eingestellt werden, damit der Strompreis wieder sinkt. Doch davor drückt sich Altmaier, weil er offenbar die EEG-Profiteure (schlaue Bauern, Zahnärzte, Oberstudienräte und sonstige gut verdienende Beamte und Freiberufler) vor der Bundestagswahl nicht verprellen will.

Altmaier sucht den „Konsens“ über den Zubau von Windkraft- und Biomasse-Kapazitäten und die dafür nötigen neuen Stromtrassen, deutet aber nicht einmal an, wie die Verspargelung, Vermaisung und Verkabelung der ganzen Republik mit den Anforderungen des Naturschutzes vereinbart werden könnte. Private Betriebe sollen „Energiemanagement-Systeme“ einführen und mithilfe von „Energie-Scouts“ für einen effizienteren Einsatz der immer teurer werdenden Energie sorgen. Um 30 Prozent könne dadurch der Strombedarf gesenkt werden. Ob das deutsche Firmen-Standorte in den Stand versetzen könnte, mit US-Standorten zu konkurrieren, die Strom und Gas für einen Bruchteil der in Deutschland verlangten Preise anbieten, fragt Altmaier nicht. Kurz: es geht Altmaier wohl hauptsächlich darum, die fundamentalen Widersprüche der „Energiewende“ bis zum Wahltermin zu verkitten. Aber schon eine Kältewelle im kommenden Winter könnte ihm einen Strich durch die Rechnung machen.

Edgar Gärtner EIKE zuerst erschienen auf Junge Freiheit

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5 Kommentare

  1. Gertrud Höhler nannte Altmeier einen Amateur-
    U. von der Leyen meint dagegen, Altmeier hat sich excellent in „sein“ neues Thema eingearbeitet 😉

    Deutschland, ein Wintermärchen.
    Vor 20 Jahren ging ein Staat zu Ende, weil die Dummen oben angekommen waren…
    Bitte nicht schon wieder, so ein Mist….

    Frau Höhler sieht eine schleichende Entdemokratisierung, ist sie genauso schleichend wie die schleichende Deindustrialisierung?

  2. @ #3
    „Der Mann weiß nicht wovon er redet, aber das tut er als Logorhoekranker umso heftiger“

    Der Mann weiß ganz genau wovon er redet.

    Er ist mit Sicherheit kein Kranker.

    „Mit Logorrhoe oder Logorhoe (gr. logos Wort; rheos Fließen) – auch Redesucht Redefluss oder Polyphrasie genannt – wird ein kaum unterbrechbares und oft überschnelles Sprechen bezeichnet. Oft findet sich dabei ein Verlust gedanklicher Zusammenhänge der durch Ideenflucht zustande kommt.

    Eine Logorrhoe ist tritt manchmal bei leichteren Formen der Alkoholisierung (Schwips) und als pathognomonischer Zustand bei manischen paranoiden und schizophrenen Krankheitbildern sowie ängstlich-erregten Psychosen auf.“

    Quelle: http://tinyurl.com/9haqgrx

    Altmaier ist ein kühl berechnender Jurist mit dem Fehler, daß er von Physik und Ökonomie nichts weiß, denn sonst würde er z.B. den Spruch:

    Wir sind auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, einer „Green Economy“. 2011 wurden erstmals weltweit mehr Wind- und Solarparks, Wasserkraftwerke und Biogasanlagen errichtet als Kohlekraftwerke.“

    Dümmer geht es nimmer, es sei denn, man weiß, daß der Herr Minister eben nur Jurist ist und andere Dinge nicht beurteilen kann.

  3. @ #2 M.L.

    Als Ökonomen mit zwei Prädikatsexamen dreht sich mir angesichts der Äußerung des Ministers Altmeier der Magen um:

    „Ohne Zweifel stehen wir bei dieser Entwicklung erst am Anfang. Noch immer werden viel zu viele für das Klima schädliche Treibhausgase emittiert, noch sind die Schäden an der Umwelt gravierend, ja verheerend. Noch gibt es zu viele Entscheider, die in Nachhaltigkeit und Umweltschutz einen Gegensatz zu Wachstum und wirtschaftlicher Entwicklung sehen. Aber wir sind überzeugt, dass gerade die Erfahrung der schärfsten Wirtschafts- und Finanzkrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs weltweit immer stärker die Augen dafür öffnet, dass eine nicht nachhaltige Wirtschaftsweise keine Zukunft mehr hat.“

    Und Altmaier gibt sein Glaubensbekenntnis hinsichtlich dessen, was er anstrebt, kund:

    „Nur mit einer Wirtschaftsweise, bei der Klimaschutz und Wachstum zwei Seiten einer Medaille sind, werden wir eine stabile und zugleich gerechte und humanitäre Weltordnung schaffen können.

    Ich bin davon überzeugt, dass der Kern dieser Transformation die Umstellung unserer Energieversorgung und -nutzung ist, denn diese Frage war und ist die Kernfrage wirtschaftlicher Entwicklung. Die erneuerbaren Energien sind der Schlüssel für die Energieversorgung von morgen. Zugleich sind sie ein Motor für wirtschaftliche Entwicklung und neue Arbeitsplätze – über 3,5 Millionen Menschen arbeiten weltweit bereits in dieser Branche.“

    Marx wollte das auch ….

  4. Was heißt denn Energieeinsparung bei einem Haushalt, der von vornherein schon nur Energie verbraucht, wenn dieser nötig ist?!
    Das heißt nichts anderes, dass dieser Haushalt dann nicht mehr jeden Tag den Fernseher,PC,Herd usw. einschalten darf sondern nur noch jeden zweiten oder dritten Tag. Und wenn das in diese Richtung weiter geht, dann sind wir alle so langsam aber sicher in der „Dritten Welt“ bzw. im kommunalen Armutsstaat angelangt.

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