Sich verschiebende Energietrends stumpfen Russlands Erdgas-Waffe ab

Steven Mufson
Während Russland hinsichtlich seines Stützpunktes der Schwarzmeerflotte auf der Krim seine Muskeln spielen lässt, verfügt Moskau noch über eine andere Waffe, die in der Vergangenheit schon gegen die Ukraine ausgespielt worden ist: die Versorgung mit Erdgas.

Bild rechts: Der russische Pipeline-Alptraum

Russland deckt über die Hälfte des Erdgasbedarfs der Ukraine, und seit 2006 hat Russland zweimal die Lieferungen gekürzt, und zwar wegen Streits über Politik, Preise und verspätete Zahlungen. Diese Lieferkürzungen bekamen auch viele Länder in Europa zu spüren, die von Pipelines abhängig sind, die durch die Ukraine laufen.

Aber Veränderungen des globalen Erdgashandels haben Moskaus Waffe abgestumpft, was den russischen Pipeline-Monopolisten Gazprom gezwungen hat, weltweit die Preise zu reduzieren und der Ukraine etwas mehr Spielraum für Verhandlungen einzuräumen.

Der Schiefergas-Boom in den USA hat Gas exportierende Länder gezwungen, sich nach anderen Abnehmern umzusehen. In Europa, wo man bereits Terminals zur Bearbeitung von Flüssiggas baut, wird man die eigene abnehmende Erzeugung durch Lieferungen aus Ländern wie Qatar aufstocken. Und im Jahre 2012 hat Statoil in Norwegen mehr Gas an andere europäische Nationen verkauft als Gazprom.

„Seit den russischen Lieferbeschränkungen der Jahre 2006 und 2009 hat sich das Rad total gedreht“, sagte Anders Aslund, ein Mitglied am Peterson Institute of International Economics, der Russland, die Ukraine und Kirgistan beraten hat. Aslund weiter: „Es gab einmal eine Zeit, in der die Ukraine und Deutschland den Kampf um die größten Gazprom-Lieferungen untereinander ausfochten. Heute steht Gazprom vor der Herausforderung, überhaupt auf dem ukrainischen Markt präsent zu bleiben“.

Im Dezember hatte Gazprom verlauten lassen, dass es der Ukraine preislich einen Rabatt einräumen würde mit einer Preissenkung von 11,5 Dollar pro 1000 Kubikfuß auf 8,10 Dollar. Aber das brachte die Ukraine nur auf eine Linie mit den Preisen die in anderen Teilen Europas bezahlt wurden. Gazprom sagte, es würde die Preise in jedem Quartal überprüfen, was bedeutet, dass Ende März eine Neufestsetzung erfolgen könnte.

Während veraltete Fabriken und Minen aus der Sowjet-Ära inzwischen effizienter geworden oder außer Betrieb gegangen sind, ist der heimische Gasverbrauch der Ukraine während der letzten fünf Jahre um fast 40 Prozent zurückgegangen. Der Sberbank Investment Research zufolge hat dies die Importe aus Russland halbiert.

Der heimische Verbrauch könnte noch weiter zurückgehen, falls die Ukraine die generösen Subventionen für Erdgas beschneidet, obwohl nur so wenige Haushalte ihre Rechnungen bezahlen, dass dies kaum ins Gewicht fallen könnte. „Die Leute werden vom Nichtbezahlen der niedrigeren Preise zum Nichtbezahlen der höheren Preise übergehen“, sagte Thane Gustafson, leitender Direktor von Russian Energy der Beratungsfirma IHS CERA.

Die Gas-Subventionen und Strafzahlungen liegen im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Probleme der Ukraine und der Spannungen mit Moskau. Selbst wenn die heimischen Verbraucher alles bezahlen würden, würde der staatliche Gaskonzern der Ukraine Naftogaz Geld durch diese Verkäufe verlieren. Dies trägt zu den Zahlungsschwierigkeiten an Gazprom bei. Gazprom hat am 3. Februar gesagt, dass Naftogaz ihr 3,3 Milliarden Dollar schuldet für Lieferungen während der vorangegangen 13 Monate. Die Verluste von Naftogaz werden weiter wachsen, da es das Gas in der heimischen, unter Druck stehenden Währung verkauft, während die Einkäufe in Dollar abgerechnet werden.

„Ein ineffizienter und undurchsichtiger Energiesektor belastet weiterhin schwer die öffentlichen Finanzen und die Wirtschaft“, sagte der International Monetary Fund unter Verweis auf die Energiesubventionen, die im Jahre 2012 7,5% des BIP der Ukraine ausmachten. „Die sehr niedrigen Tarife für heimisches Gas und Fernheizung decken nur einen Bruchteil der ökonomischen Kosten und befeuern eine der höchsten Gasverbrauchsraten in Europa“, sagte der IMF im Dezember.

Langfristig könnte die Ukraine die heimische Erzeugung aber stark ankurbeln. Ende des vorigen Jahres unterzeichnete das Land Schiefergas-Abkommen mit Chevron und Royal Dutch Shell. Jede dieser Firmen wird 350 Millionen Dollar investieren im Rahmen von 5-Jahres-Programmen sowie 10 Milliarden Dollar für die Entwicklung im westlichen Teil des Landes. Allerdings hat Chevron, dessen Block 1,6 Millionen Acres ausmacht [fast 6500 km²], verlauten lassen, dass die Bohrungen noch nicht begonnen haben. Die Firma muss immer noch mit seinem Vertragspartner, dem zumeist staatseigenen Unternehmen Nadra Oles’ka, einige Details klären, sagte der Sprecher von Chevron Kent Robertson.

Die jetzt abgesetzte Regierung hat auch mit einer von Exxon Mobil geleiteten Gruppe verhandelt, die im Schwarzen Meer nach Öl und Gas suchen will. Im Januar, als sich Protestierende auf dem zentralen Platz in Kiew drängten, ist der Vizepräsident von Exxon Mobil für Europa, Kevin Biddle, in die Stadt gereist, um Verhandlungen aufzunehmen.

Inzwischen hat der Aufruhr der letzten zwei Wochen die Gas-Strategie der Ukraine noch konfuser gemacht. „Es gibt derzeit keine Regierung und keine Agenturen, mit denen man verhandeln kann“, sagte Simon Pirani, leitendes Forschungsmitglied am Oxford Institute for Energy Studies. „Wie hoch dies jetzt auf der Prioritätenliste steht, kann man nur raten“.

„Wir haben weiter Hoffnung, dass Verhandlungen … zu geeigneter Zeit wieder aufgenommen werden können”, sagte der Sprecher von Exxon Mobil Patrick McGinn.

Selbst wenn die Geschäfte mit ausländischen Unternehmen Fortschritte machen, muss die Ukraine immer noch etwa die Hälfte seines Gasbedarfs importieren, was bedeutet, dass die Beziehungen zu Gazprom wichtig bleiben.

Während der vergangenen Jahre hat Russland seine Preise für Erdgas an die Rohölpreise angepasst, aber angesichts steigender Gasvorräte und steigender Rohölpreise haben die Verbraucher Widerstand geleistet. Im Jahre 2012 haben viele industrielle Verbraucher und Kraftwerke in Europa zu Kohle gewechselt, und Russland hat zugestimmt, neu zu verhandeln. Die Verbindung zwischen Gas- und Ölpreisen hat etwa die Hälfte der russischen Gasverkäufe gefährdet. Gazprom hat auch zugestimmt, Klauseln in den Verträgen zu eliminieren, denen zufolge Länder wie Deutschland russisches Gas nur mit der Zustimmung von Gazprom weiter verkaufen dürfen.

Als Folge musste die Ukraine mehr zahlen als die Kunden von Gazprom in Deutschland, und im vorigen Jahr importierte die Ukraine kleine Mengen Erdgas aus Deutschland und Ungarn durch Pipelines in der Slowakei und Polen, sagen Experten. Deutschland kauft sein Gas aus verschiedenen Ländern, aber umgeleitetes russisches Gas hat im Endeffekt anderes russisches Gas untergraben.

„Die Ukraine hat ihren Verbrauch russischen Gases reduziert, was sie weniger verwundbar macht. Auch die kälteste Zeit des Winters ist vorbei. Und es gibt noch eine gewisse Menge Gas in den Speichern“, sagte ein leitender Beamter der Obama-Administration. Allerdings wollte dieser wegen der Sensitivität anonym bleiben. „Die Ukraine befindet sich immer noch in einer prekären Lage“, fügte er hinzu, „obwohl die Lage sich sehr von der im Jahre 2009 unterscheidet“.

Link: http://www.washingtonpost.com/business/economy/shifting-energy-trends-blunt-russias-natural-gas-weapon/2014/02/28/7d090062-9ef7-11e3-a050-dc3322a94fa7_story.html

Übersetzt von Chris Frey EIKE

image_pdfimage_print

11 Kommentare

  1. @ besso keks #8
    ALLE in einen Sack (Oligarchen, Energiewendegläubige, Altparteien und Mafia) und mit dem Knübel drauf…man trifft NIE den Falschen..;)

  2. #1: Hofmann,M sagt:
    „Die Ukraine braucht, meiner Meinung nach, eine starke Regierungsbank, die die Oligarchen und Mafiaeinfluss unter Kontrolle bringt und ZUM WOHL des Ukrainischen Volk (Aufbau einer Infrastruktur und Steuer-Abgaben-Sozialsystem + die Einführung und Durchsetzung einer freien Marktwirtschaft) Politik bestreitet.“

    Sehr geehrter Herr Hofmann,

    darf ich mir das, indem ich „Oligarchen“ durch „Altparteien“ und „Mafia“ durch „Okofaschisten“ ersetze für Deutschland auch wünschen?

    MfG

  3. @M.Korn #3
    Die Ukrainer sind nicht dumm und haben gut Wissenschafler in ihren Reihen. Es ist jetzt an der „neuen Regierung“ in Kiew, dieses Potential „Wissenschaft,Wirtschaft,Technik“ zu unterstützen und zu fördern. Und es ist an der neuen Regierung den Machteinfluss der Oligarchen/Mafia zu beenden. Wie und ob es gelingt, weis ich genauso wenig wie Sie…aber um eine bessere Zukunft (freie Marktwirtschaft) in der Ukraine zu haben, müssen diese o.g. Faktoren erst mal umgesetzt werden.
    Auch Russland (Putin) hat bis jetzt verschlafen sein Volk mit in eine „neue freie Marktwirtschaft“ zu führen und mit einzubinden.
    Der Einfluss von staatlichen Syndikaten (Willkür) ist noch viel zu ausgeprägt in Russland und die freie Marktwirtschaft wird immer noch als etwas „Hinderliches“ angesehen.
    Egal wo auf der Welt…wenn wir eine bessere und gleichberechtigte Gesellschaft haben wollen, dann kommen wir um die MARKTWIRTSCHAFT mit fairen Wettbewerb von freien Angebot und freier Nachfrage nicht drum rum. Durch den freien Markt (Wettbewerb, Anbieter, Nachfrager) binde ich automatisch das Volk mit ein und überlasse damit nicht einigen wenigen Ideologie-Eliten den Fortschritt und die Innovation = Richtungsvorgabe für die Gesellschaft.

  4. @ Ulrich Walter #2
    Das man für solche „Alltags Feststellungen“ immer aufwendige Studien benötigt.
    Jeder Mensch der einen Schulabschluss hat und Vernünftig und Verständlich lesen und begreifen kann, dem ist doch schon IMMER klar gewesen, dass ein Preisauftrieb beim Strom immer zu Lasten der „sozial schwachen“ Geringverdiener geht.
    Und das EEG war von vornherein ein massiver Preisteil im Strompreis. Die Steigerung des Strompreis durch die EEG-Zwangsabgabe ist Jahr für Jahr auf der Stromrechnung nachzuvollziehen. Und der Anstieg der Belastung durch den MWST-Effekt gleich dazu.
    Energiewende/EEG = asozial und perfide.

  5. Die Ukraine hat interessante Kernkraftwerke: Ein relativ neues KKW „Zaporozhe“, das mit 6 Reaktoren mit je 1 GWe eines der größten der Welt sein dürfte. Dann natürlich Tschernobyl, das die Ukraine bis ins Jahr 2000 erfolgreich weiter nutzte, bis die grüne EU mit Euro-Steuergeldern und politischem Druck die Abschaltung erzwungen hatte.
    Die Ukraine könnte auch ein „Pionier“ sein, wenn es darum geht, angeblich „verstrahltes“ Gebiet wieder normal zu nutzen.

  6. Zu 1…
    mit der ukrainischen Kernkraft dürfte es nicht weit her sein. Es sind allesamt russische Reaktoren, für deren Wartung und Reparatur die Ukraine kaum die nötigen Ressourcen hat. Aich hier hängen sie am Tropf ihres Nachbarn.
    Und was die Gasunabhängigkeit betrifft: Hier denken sich die US Thinktanks die Lage zu schön. So, wie wir nicht ohne russisches Gas auskommen können… so geht es auch der Ukraine. Deren Konflikt mit den Russen erinner an das Sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen.

  7. EEG killt Arme

    Die Energiewende kommt die Armen teuer. Zwei Wirtschaftswissenschaftler des Westfälischen Energieinstituts haben festgestellt, dass die Kosten der Energiewende bis 2013 bei Strom zu einem Preisaufschlag von 47 Prozent geführt haben.

    Für einkommensschwache Haushalte kann die Belastung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) existentiell werden. Zwei Wirtschaftswissenschaftler des Westfälischen Energieinstituts haben festgestellt, dass die Kosten der Energiewende bis 2013 bei Strom zu einem Preisaufschlag von 47 Prozent geführt haben.

    Dadurch sei die Zahl der Menschen, die einen ungebührlich hohen Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Elektrizität aufwenden müssen, um 1,7 Millionen auf 5 Millionen gestiegen, heißt es in ihrem Gutachten, das der F.A.Z. exklusiv vorliegt. Weitere Netzinvestitionen sowie die Bereitstellung von Sicherheits- („Back-up“) und Speicherkapazitäten werden zu steigenden Netzentgelten und neuen Umlagen auf die Stromverbraucher führen. Klaus Engel, der Vorstandsvorsitzende des Spezialchemiekonzerns Evonik, will die Analyse als Moderator des Initiativkreises Ruhr dem Bundeswirtschafts- und energieminister Sigmar Gabriel am 8. März übergeben.

  8. Auch die Kernkraft (Das Wissen um die Kernkrafttechnik) ist für die Ukraine ein Trumpf um sich unabhängiger vom russischen Gas zu machen.
    Eigentlich ist die Ukraine ein Land, das ALLE Vorraussetzung mit sich bringt, um unabhängig von anderen Ländern ihr Energieversorgung selbst zu stemmen.
    Das größte Problem der Ukraine geht von ihrer Politik der Oligarchen (Mafia, Bestechung, Korruption) aus.
    Die Ukraine braucht, meiner Meinung nach, eine starke Regierungsbank, die die Oligarchen und Mafiaeinfluss unter Kontrolle bringt und ZUM WOHL des Ukrainischen Volk (Aufbau einer Infrastruktur und Steuer-Abgaben-Sozialsystem + die Einführung und Durchsetzung einer freien Marktwirtschaft) politik bestreitet.
    Ob Klitschko,Timoschenko und Co. die Richtigen dafür sind….hhmmmm….da müssen wir wohl abwarten, wie sich das so entwickelt….
    Entweder bestimmen sich die Ukrainer selbst oder sie werden weiterhin fremdbestimmt durch Russland, USA, EU, Oligarchen, Korruption, Mafia usw.
    Und meiner Meinung nach wäre ein Staatsbrankrott das Beste für das russische Volk. Somit kann von Null wieder angefangen werden und die alten Balastfessseln von weiterer Verschuldung und Abhängigkeit von Dritten würden wegfallen. Die Vertrauenswürdikeit der Gläubiger bzw. Investoren würde zwar im ersten Moment darunter leiden aber auf lange Sicht, würde die Ukraine ein weitgehendes unabhängiges Volk sein.

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:

  1. Bitte geben Sie Ihren Namen an (Benutzerprofil) - Kommentare "von anonym" werden gelöscht.
  2. Vermeiden Sie Allgemeinplätze, Beleidigungen oder Fäkal- Sprache, es sei denn, dass sie in einem notwendigen Zitat enthalten oder für die Anmerkung wichtig sind. Vermeiden Sie Schmähreden, andauernde Wiederholungen und jede Form von Mißachtung von Gegnern. Auch lange Präsentationen von Amateur-Theorien bitten wir zu vermeiden.
  3. Bleiben Sie beim Thema des zu kommentierenden Beitrags. Gehen Sie in Diskussionen mit Bloggern anderer Meinung auf deren Argumente ein und weichen Sie nicht durch Eröffnen laufend neuer Themen aus. Beschränken Sie sich auf eine zumutbare Anzahl von Kommentaren pro Zeit. Versuchte Majorisierung unseres Kommentarblogs, wie z.B. durch extrem häufiges Posten, permanente Wiederholungen etc. (Forentrolle) wird von uns mit Sperren beantwortet.
  4. Sie können anderer Meinung sein, aber vermeiden Sie persönliche Angriffe.
  5. Drohungen werden ernst genommen und ggf. an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben.
  6. Spam und Werbung sind im Kommentarbereich nicht erlaubt.

Diese Richtlinien sind sehr allgemein und können nicht jede mögliche Situation abdecken. Nehmen Sie deshalb bitte nicht an, dass das EIKE Management mit Ihnen übereinstimmt oder sonst Ihre Anmerkungen gutheißt. Wir behalten uns jederzeit das Recht vor, Anmerkungen zu filtern oder zu löschen oder zu bestreiten und dies ganz allein nach unserem Gutdünken. Wenn Sie finden, dass Ihre Anmerkung unpassend gefiltert wurde, schicken Sie uns bitte eine Mail über "Kontakt"

*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.