Ein weiterer Blick auf den städtischen Wärmeinsel-Effekt

Städte: Immer wärmer als die Umgebung. Hier ein Blick auf Düsseldorf. Bild: Dietmar Meinert / pixelio.de

Andy May
Einführung des Übersetzers: Kowatsch &Kämpfe (2020)haben in mehreren Arbeiten immer wieder nachgewiesen, wie stark der städtische Wärmeinsel-Effekt (UHI) die Temperaturangaben nicht nur des DWD, sondern aller Wetterdienste weltweit erhöht hat. Dieser Effekt ist natürlich zu 100% vom Menschen verursacht, ist aber natürlich in keiner Weise repräsentativ, um etwa den Klimawandel zu verfolgen, auch wenn uns das Gegenteil weisgemacht wird. Dass Kowatsch & Kämpfe nicht allein dastehen, zeigt der folgende Beitrag von Andy May, der hier in deutscher Übersetzung folgt. (Ende Einführung)

Nicola Scafetta hat gerade eine neue Arbeit in Climate Dynamics veröffentlicht, in der ser den Nachweis des städtischen Wärmeinseleffekts (UHI) untersucht (Scafetta, 2021). Die Arbeit ist nicht kostenpflichtig und kann hier heruntergeladen werden. Zusammengefasst zeigt Scafetta, dass ein Teil der jüngsten Erwärmung, die in der globalen HadCRUT 4 Temperaturaufzeichnung gezeigt wird, auf den UHI-Effekt zurückzuführen sein könnte. Er verwendet eine Analyse der täglichen Maximal- (Tmax) und Minimaltemperaturen (Tmin), Klimamodellausgaben und einen Vergleich der Meeresoberflächentemperaturen (SST) mit den Landtemperaturen, um den möglichen Einfluss auf den HadCRUT 4 Datensatz abzuschätzen.

Die verschiedenen Aufzeichnungen der Festlands-Temperatur werden nicht speziell bzgl. des UHI-Effektes korrigiert, sondern die NOAA und das Hadley Climatic Research Centre verlassen sich auf Homogenitäts-Algorithmen, um Anomalien zu glätten. Die NOAA nennt ihren Homogenisierungsprozess „PHA“, und der Algorithmus des Hadley Centre ist ähnlich, siehe diesen Beitrag oder den Artikel von Menne und Williams aus dem Jahr 2009 (Menne & Williams, 2009a) für eine Diskussion der Temperaturhomogenisierung. Während diese Algorithmen die Temperatur in den Städten senken, erhöhen sie auch die Temperaturen in den ländlichen Gebieten in der Umgebung der Städte. Erschwerend kommt hinzu, dass die letzten 70 Jahre eine Periode schnellen Bevölkerungswachstums und zunehmender Urbanisierung waren. Die Weltbevölkerung ist von 2,5 Milliarden Menschen im Jahr 1950 auf 7,5 Milliarden im Jahr 2020 gewachsen. Der UHI in London wurde auf bis zu 2,8°C in den Sommern zwischen 1990 und 2006 geschätzt.

UHI bewirkt, dass Tmin und Tmax im Vergleich zur Umgebung höher liegen, wobei jedoch die Differenz bei Tmin größer ist*. Dies bedeutet, dass der Tagesgang der Temperatur mit der Zeit abnimmt. Scafetta verwendet die Hadley Climatic Research Unit Temperaturaufzeichnungen (HadCRUT) und die Daten des Coupled Model Intercomparison Project 5 (CMIP5), um dieses Problem zu untersuchen. Er vergleicht ein Ensemble-Mittel der CMIP5 Tmax und Tmin Daten mit den HadCRUT Daten und untersucht die Unterschiede zwischen ihnen.

[*Im Stadtgebiet von Berlin wurden nach heißen Sommertagen bei Windstille und wolkenlosem Himmel gleichzeitigeTemperaturunterschiede bis 10 K zwischen Innenstadt und den Waldgebieten am Stadtrand gemessen! Anm. d. Übers.]

Die CMIP5-Modelle wurden auf die globalen und regionalen HadCRUT-Anomalien abgestimmt, so dass lokale Anomalien, wie z.B. UHI, in den Karten der Unterschiede zwischen den beiden Datensätzen sichtbar sind. Die CMIP5-Modelle parametrisieren keine Städte, so dass Unterschiede über Städten und umliegenden Gebieten auf einen verbleibenden UHI-Einfluss im HadCRUT-Datensatz hinweisen könnten.

Abbildung 1. Dies sind die globalen Tmax (rot)- und Tmin (blau)-Anomalien aus HadCRUT (A) und CMIP5 (B). Die Unterschiede sind in C und D dargestellt. Quelle: (Scafetta, 2021).

Abbildung 1 vergleicht die globalen Tmin- (blau) und Tmax- (rot) Anomalie-Aufzeichnungen von HadCRUT4 mit den CMIP5-Ensemblemittelwerten, die Scafetta in seiner Studie verwendet hat. Die Aufzeichnungen sind Anomalien von 1945-1954. Vergleicht man die Dekaden 1945-1954 und 2005-2014, so ist die Tmin-Tmax (DTR)-Differenz unterschiedlich. Der DTR bei HadCRUT4 beträgt 0,25 und der CMIP5 DTR 0,1. In beiden Fällen war die Differenz bei Tmin größer als bei Tmax.

Abbildung 2 zeigt, wie die Tmin-Tmax-Anomalieunterschiede im HadCRUT4-Datensatz verteilt sind:

Abbildung 2. Globale Verteilung der HadCRUT Tmin-Tmax Anomalien (DTR). Orange, lila und rot bedeuten, dass Tmin stärker vom UHI beeinflusst wird als Tmax. Weiße Gebiete, einschließlich der Ozeane, haben keine Tmin- und Tmax-Daten. (Scafetta, 2021).

Wie man in Abbildung 2 sieht, zeigen die meisten Landgebiete einen positiven Wert, was bedeutet, dass Tmin stärker vom UHI beeinflusst wird als Tmax. Die in Abbildung 2 dargestellten HadCRUT-Daten zeigen, dass in großen Gebieten in Nordamerika und Asien Tmin viel schneller ansteigt als Tmax. Am deutlichsten ist dies im schnell urbanisierenden China und in den Wachstumsgebieten der USA und Kanadas.

In Abbildung 3 sehen wir, wie die Tmin-Tmax-Anomalien (DTR) des CMIP5-Ensembles verteilt sind. Die modellierten Tmin-Tmax-Anomalien sind viel gedämpfter und liegen näher an Null als die gemessenen und homogenisierten Werte.

Abbildung 3. Globale Verteilung der CMIP5 Tmin-Tmax-Anomalien (DTR). An den Polen, im hohen Norden und in Teilen Asiens und Zentralafrikas erwärmt sich Tmin etwas schneller als Tmax. Der größte Teil des Rests der Welt liegt nahe Null, einschließlich der Ozeane. (Scafetta, 2021).

Nur in der Nähe der Pole zeigen die Modelle einen größeren Anstieg von Tmin-Tmax, zusammen mit verstreuten Gebieten in Asien und Afrika. Grönland ist eine große Insel mit sehr geringer Bevölkerung, ~56.000 Menschen, und dort zeigt sich nur ein kleiner Unterschied zwischen den modellierten und den gemessenen Werten. Die tatsächlichen Werte variieren von -0,2 bis 0,2 und die modellierten Werte liegen zwischen 0 und 0,2.

Scafetta zeigt anhand zahlreicher Beispiele, „dass die Landklima-Aufzeichnungen von signifikanten, nicht klimatischen Verzerrungen betroffen sind.“ Tmin und Tmax gibt es nicht in den SST-Aufzeichnungen (Meeresoberflächentemperatur), aber wir können die SST-Aufzeichnungen mit den HadCRUT-Landaufzeichnungen über das CMIP5-Modellensemble vergleichen. Dabei stellte Scafetta fest, dass nach Berücksichtigung der thermodynamischen Unterschiede zwischen Land und Ozean die CMIP5-Simulationen mit den wärmeren Landaufzeichnungen übereinstimmen, aber die SST deutlich überbewerten. Eine Land-Simulation der Temperaturdifferenz zwischen dem Mittelwert von 1940 bis 1960 und dem Mittelwert von 2000-2020 zeigte eine Differenz zwischen Modell und HadCRUT von nur 0,06°C. Ein Vergleich zwischen CMIP5 (+0,69°C) und HadSST (+0,41°C) über den Ozeanen ergab eine Erwärmung von 0,28°C, was fünfmal höher ist.

Die Erwärmung der Landtemperatur nach HadCRUT beträgt etwa ein Grad von der Periode 1940-1960 bis zur Periode 2000-2020. Falls die CMIP5-Modelle und die HadSST-Aufzeichnungen genau sind, dann haben die Landaufzeichnungen eine Abweichung von +0,36°C. Dies ist ein Fehler von fast 60 %. Wir haben den großen Einfluss von Korrekturen auf die Temperaturaufzeichnungen schon früher diskutiert, siehe diesen Beitrag für mehr zu diesem Thema [in deutscher Übersetzung beim EIKE hier].

Diskussion

Scafettas Studie zeigt eine mögliche systemische Verzerrung in den HadCRUT-Aufzeichnungen. Der größte Teil der Verzerrung, wie in Abbildung 2 gezeigt, befindet sich in Gebieten mit schneller städtischer Entwicklung über den Untersuchungszeitraum von 1940 bis 2020. Es gibt weitere Anomalien, die bemerkenswerte in Bolivien könnte auf die schnelle Abholzung in diesem Gebiet zurückzuführen sein. Die Anomalien in den trockenen Teilen Nordafrikas könnten auf einen umgekehrten urbanen Effekt zurückzuführen sein, da in diesen Gebieten die Urbanisierung ein kühleres Gebiet im Vergleich zu den umliegenden ländlichen Gebieten schafft.

Alle in der Studie verwendeten Daten sind fehlerhaft. Endgültige Schlussfolgerungen können nicht gezogen werden. Aber es scheint, dass der Landteil des HadCRUT 4 Datensatzes wärmer ist als er sein sollte, relativ zur SST. Es ist auch wahrscheinlich, dass dieser warme Bias in die CMIP5-Modelle durchgesickert ist. Die jüngsten DTR-Werte (Tmax-Tmin) sind stärker gesunken, als die CMIP5-Modelle vorhergesagt haben. Dies könnte ein Problem mit den Modellen in städtischen Gebieten sein, oder es könnte an den Homogenisierungs-Algorithmen liegen, die vom Hadley Climatic Research Centre verwendet werden und welche die Erwärmung der städtischen Wärmeinsel über große Gebiete verschmieren. So oder so hat Scafetta gezeigt, dass diese Datensätze nicht konsistent sind und einer oder mehrere von ihnen eine erhebliche systemische Verzerrung enthalten können.

Ein letzter Punkt. Wenn die Daten um die oben beschriebene offensichtliche Verzerrung korrigiert und mit der unabhängigen globalen Mitteltemperatur der unteren Troposphäre (hier) von UAH (Spencer, et al., 2017) verglichen werden, sehen wir, dass der korrigierte HadCRUT-Datensatz näher an diesem liegt als das Original, das in Abbildung 4B schwarz dargestellt ist. Dieser Vergleich zeigt, dass die offensichtliche Verzerrung, die von Scafettas Studie entdeckt wurde, eine gewisse empirische Unterstützung hat.

Abbildung 4A vergleicht den originalen HadCRUT 4.6 Datensatz (schwarz) mit Scafettas korrigiertem Datensatz in rot. Der CMIP5-Modell-Ensemble-Mittelwert (gelb) ist zusammen mit 106 unabhängigen Modellläufen in grün dargestellt. Die Abbildungen 14A und 14B verwenden die gleichen Farben. Abbildung 14B fügt die globale UAH-Durchschnittstemperatur der unteren Troposphäre in blau hinzu. Alle Kurven sind Anomalien zum Zeitraum 1940-1960.

Relativ zu 1940 bis 1960 zeigt die ursprüngliche HadCRUT-Kurve 0,59°C Erwärmung und 0,48°C mit Scafettas Korrekturen. Die UAH-Aufzeichnung zeigt 0,44°C. Die CMIP5-Klimamodelle zeigen eine Erwärmung von 0,78°C.

Nach Scafettas Korrektur ist es möglich, dass nicht-klimatische Verzerrungen ein Fünftel der berichteten globalen Erwärmung der HadCRUT seit 1940-1960 beigetragen haben. Es ist auch möglich, dass die CMIP5-Klimamodelle die Erwärmung um ein Drittel überbewerten. Dies sind signifikante Probleme.

Abbildung 4. Grafik A zeigt die einzelnen Modellläufe in grün, den CMIP-5-Mittelwert in gelb, den unkorrigierten HadCRUT-Rekord in schwarz und den korrigierten HadCRUT-Rekord in rot. B zeigt den gleichen HadCRUT korrigierten Datensatz in rot, den UAH Datensatz der unteren Troposphäre in blau und den ursprünglichen HadCRUT Datensatz in schwarz. Die roten und schwarzen Linien in A & B sind die gleichen.

Literatur:

Menne, M., & Williams, C. (2009a). Homogenization of Temperature Series via Pairwise Comparisons. Journal of Climate, 22(7), 1700-1717. Retrieved from https://journals.ametsoc.org/jcli/article/22/7/1700/32422

Scafetta, N. (2021, January 17). Climate Dynamics. Retrieved from https://doi.org/10.1007/s00382-021-05626-x

Spencer, R., Christy, J., Braswell, W. (2017), UAH Version 6 global Satellite Temperature Products: Methodology and Results, Asia-Pac J Atmos Sci 53:121-130.

Link: https://wattsupwiththat.com/2021/01/22/a-new-look-at-the-urban-heat-island-effect/

Übersetzt von Chris Frey EIKE

 

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