Der Nahe Osten setzt verstärkt auf Öl und Gas, während die UN vor einem „Klima-Notstand“ warnen

Naher Osten: Garant der Energieversorgung via fossiler Treibstoffe. Hier die Skyline von Dubai. Bild: Tobias Mädel / pixelio.de

Tilak Doshi
Auf dem virtuellen „Climate Ambition Summit“, der gemeinsam von der UN und Großbritannien ausgerichtet wurde und an dem am 12. Dezember über 70 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt teilnahmen, sprach Generalsekretär António Guterres eine deutliche Warnung aus: Die Welt stehe vor einer Katastrophe, da sie auf dem besten Weg sei, sich bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als 3 Grad Celsius zu erwärmen, „wenn nicht alle Länder den Klimanotstand ausrufen“. Er drückte auf dem Gipfel seine Enttäuschung darüber aus, dass die G-20-Länder „in ihren Konjunktur- und Rettungspaketen 50 % mehr für Sektoren ausgeben, die mit der Produktion und dem Verbrauch fossiler Brennstoffe verbunden sind, als für kohlenstoffarme Energien…Das ist inakzeptabel“.

Der Generalsekretär fragte ernsthaft: „Kann irgendjemand noch leugnen, dass wir uns in einer dramatischen Notlage befinden?“ Die Frage verdeutlicht den tiefen Graben zwischen den politischen Positionen der wichtigsten westlichen Regierungen einerseits sowie den Öl- und Gasproduzenten im Nahen Osten andererseits. Für die Kohlenwasserstoffproduzenten im Nahen Osten, die von dem „doppelten Schlag“ des stark gesunkenen Öl- und Gaspreises – der Hauptstütze der Staatseinnahmen – und den Auswirkungen der Covid-19-Sperren auf die inländische Wirtschaftstätigkeit betroffen sind, ist die Strategie für das nationale Überleben klar und könnte nicht gegensätzlicher sein als die des UN-Generalsekretärs: das Tempo der Monetarisierung der Öl- und Gasreserven, mit denen ihre Länder gesegnet sind, stark erhöhen.

Naher Osten wird mehr Öl und Gas liefern

Innerhalb von zwei Wochen nach dem UN-Gipfel gab der saudi-arabische Energieminister am 27. Dezember die Entdeckung von vier neuen Öl- und Gasfeldern bekannt, darunter auch unkonventionelle Ressourcen. Die Entdeckungen werden den Plänen des Landes Auftrieb geben, seine maximale nachhaltige Rohölproduktionskapazität von derzeit 12 Mio. b/d [Barrel pro Tag] auf 13 Mio. b/d zu erhöhen sowie seine Gasressourcen zu erschließen, um mehr Öl für den Export freizusetzen, anstatt es für die Stromerzeugung zu verbrennen.

Der geschäftsführende Direktor Sultan Al Jaber von der ADNOC, einer der führenden nationalen Ölgesellschaften in der Golfregion, sagte, dass das Unternehmen aus Abu Dhabi „nichts unversucht lässt, um den Wert unserer reichhaltigen Kohlenwasserstoffressourcen freizusetzen“. Ende 2019 genehmigte die Regierung von Abu Dhabi einen Investitionsplan in Höhe von 122 Milliarden US-Dollar für die nächsten fünf Jahre, um die Öl- und Gasförderkapazitäten zu erhöhen. Mit massiven neu entdeckten Reserven und dem Startschuss für die Vergabe großer Lizenzen für die Öl- und Gas-Ausbeutung freut sich das Land darauf, seine Ölförderkapazität von derzeit 4 Mio. Barrel/Tag auf 5 Mio. Barrel/Tag zu steigern.

Während der Westen versucht, auf sie zu verzichten

Im Gegensatz dazu war der Klimagipfel eine Gelegenheit für Premierminister Boris Johnson, seine Führungsrolle in der Klimapolitik zu demonstrieren – als Aufwärmübung für die Weltklimakonferenz im nächsten Jahr, die in Glasgow stattfindet und von Großbritannien ausgerichtet wird. Großbritannien fordert ein radikales Ende der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und hat bereits ein Verbot von neuen Diesel- und Benzinautos bis 2035 sowie eine Senkung der Kohlenstoffemissionen um satte 68% unter die Werte von 1990 bis 2030 angekündigt. Auf dem Klimagipfel versprach Premierminister Johnson, die Finanzierung von Öl- und Gasprojekten in Übersee „so bald wie möglich“ zu beenden. Er wiederholte auch seine Forderung, dass Großbritannien „das Saudi-Arabien der Windenergieerzeugung“ werden solle, um den „Fuß auf das Gaspedal zu setzen, und zwar auf Kohlenstoff-freundliche Weise“.

Die Politiker einer Reihe westlicher Länder, die ehrgeizige Null-Emissions-Reduktionsziele bis 2050 angekündigt hatten, haben sich darauf konzentriert, die Krise der Coronavirus-Pandemie in eine „Chance“ für eine „grüne industrielle Revolution“ (Boris Johnson) und den „Great Reset“ der globalen Wirtschaft (Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums) zu verwandeln. Und uns wird versprochen, dass eine bevor stehende Biden-Präsidentschaft vom ersten Tag ihres Amtsantritts an das Versprechen „Netto-Null bis 2050“ unterschreiben wird.

Während die politischen Eliten im Westen vor den „drohenden“ katastrophalen Folgen einer ausbleibenden Emissionsreduzierung warnen, sehen sich die übrigen Länder der Welt mit der Notwendigkeit konfrontiert, harte Entscheidungen zur Wiederherstellung von Wachstum und Beschäftigung für ihre von Rezessionen betroffenen Bürger inmitten einer globalen Pandemie zu treffen. Kohlenwasserstoffe machen fast 85 % des weltweiten Energieverbrauchs aus, während erneuerbare Energietechnologien wie Wind, Sonne, moderne Biokraftstoffe und Batterien kaum 5 % liefern können. Können diese erneuerbaren Energietechnologien die Welt in absehbarer Zeit mit der benötigten Energie versorgen?

Dabei werden diese Öl- und Gasvorkommen dringend gebraucht

Trotz des beispiellosen Einbruchs der Nachfrage durch die Coronavirus-Pandemie seit März und trotz des endlosen Stroms von Meldungen über das robuste Wachstum erneuerbarer Energien steht die Welt vor einer langfristigen Versorgungslücke bei Öl und Gas. Laut der Energieberatungsfirma Wood Mackenzie ist nur etwa die Hälfte des bis 2040 benötigten Angebots aus produzierenden Feldern verfügbar, „der Rest erfordert neue Kapitalinvestitionen“.

Angesichts des jüngsten Einbruchs der Investitionen in die Öl- und Gasförderung wies das International Energy Forum IEF in einem aktuellen Bericht darauf hin, dass wir vor einem Versorgungsschock „historischen Ausmaßes“ stehen, wenn die Investitionen in die Öl- und Gasexploration und -produktion in den nächsten drei Jahren nicht jährlich um 25 % steigen. Dem Generalsekretär des IEF zufolge „führt die Kürzung von Investitionen in neue Förderanlagen zu einem geringeren Gesamtangebot… es wird nicht lange dauern, bis dieses geringere Angebot mit einer wiederauflebenden Nachfrage kollidiert. Das Ergebnis werden höhere und volatilere Ölpreise und Gegenwind für die Erholung der Weltwirtschaft nach der Pandemie sein.“

Der Zugang zu in großem Umfang verfügbaren fossilen Brennstoffen ist der einzige bekannte Weg zur wirtschaftlichen Entwicklung. Seit der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert hat sich kein Land der Erde ohne die Nutzung von leicht zugänglichen Kohlenwasserstoffen entwickelt. Großbritannien kann durchaus das „Saudi-Arabien der Windenergie“ werden (auch wenn es viele Zweifler gibt), aber was die Entwicklungsländer brauchen, die mehr als drei Viertel der Weltbevölkerung ausmachen ist, dass Saudi-Arabien zusammen mit anderen Öl- und Gasproduzenten bereit und in der Lage ist, fossile Brennstoffe so zu liefern, wie sie für das menschliche Gedeihen benötigt werden.

Link: https://wattsupwiththat.com/2020/12/30/the-middle-east-doubles-down-on-oil-and-gas-as-the-un-warns-of-climate-emergency/

Übersetzt von Chris Frey EIKE

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7 Kommentare

  1. Die IEA geht von einem Rekordrückgang beim Primärenergieverbrauch von ca. -6% im Jahr 2020 aus.Kohle verliert ca. -8% Gas verliert ca. -5% Öl verliert ca. -9%  Kernenergie verliert ca. -3%  Die Gewinner 2020 sind die „erneuerbaren“ mit +1%  https://www.eid-aktuell.de/fileadmin/_processed_/1/2/csm_Corona_PEV_global_Schiffer_f0c5e998a4.jpg 

    • Hallo und Frohes Neues Jahr an die Schreibstube!

      Was sie als „Gewinn“ der Erneuerbaren darstellen wollen, wird in Wirklichkeit ein Verlust an Mobilität durch Corona sein und ist wohl dem Rückgang der Wirtschaft zuzuordnen, die mit Flatterenergie aber nicht viel anfangen kann.

      Was sie „feiern“ ist ein Rückgang des Primärenergieverbrauchs. Ihre Unkenntnis darüber, was der Primärenergieverbrauch überhaupt ist, haben sie in der Schreibstube in unzähligen Beiträgen gut zur Schau gestellt. 

      Und auch in diesem Jahr, hat sich das nicht geändert.

      Aber wo sie wirklich punkten ist, das sie eine Grafik bringen, die keinen Sachstand darstellt, sondern eine Erwartung.

      Müssen wir also noch warten! Arbeit für die Schreibstube, diese Zahlen zu bestätigen.

      Eine sinnvolle Interpretation von Ihnen erwarte ich persönlich allerdings nicht.

  2. Windmühlen-Boris kommt mir inzwischen vor wie die britische Kopie von Angela und Sprechblasen-Ursula in einer Person – fehlt nur noch die Geschlechtsumwandlung. Und: Der Generalsekretär fragte ernsthaft: „Kann irgendjemand noch leugnen, dass wir uns in einer dramatischen Notlage befinden?“ Wüsste man nicht, dass „gesellschaftliche Transformation“ und „Klima-Weltrettung“ für einen Sozialisten ein und dasselbe sind, man käme aus dem Staunen nicht mehr heraus… 

  3. Klimanotstand – grüne industrielle Revolution – Great Reset – Saudi-Arabien der Windenergie – sind die gleichen hohlen Phrasen wie – das Netz ist der Speicher – Kobold – Kugeln Eis – Digitalisierung – künstliche Intelligenz -, sie beschreiben allerdings recht treffend, wo der Horizont der meisten Politiker endet. Wundern muss das nicht, was man für diesen Beruf hauptsächlich lernt, ist sprachlicher Umgang zur Wählergewinnung, Schwerpunkt liegt in der Irrtumserregung.*****  Man sollte einem Politiker nur einmal die Frage stellen, was er unter Digitalisierung versteht. Er wird das schnell als Zukunftstechnologie bezeichnen, also digitales Fahren, digitales Wohnen, am Besten gleich digitales Verblöden. Selbst in der Staubsaugerwerbung hat man inzwischen eingesehen, dass es einen digitalen Motor nicht gibt und die Werbung aus dem lächerlichen Bereich herausgezogen. Vielleicht gelingt es Politikern wie Lauterbach zum Wohle der Menschheit einmal Corona oder CO2 zu digitalisieren, damit man es für deren Weltbild bitweise aus der Atmosphäre entfernen kann. *****  Was ist für Politiker denn so schwer zu begreifen, dass es eine grüne industrielle Revolution nicht geben kann, allein, weil Industrie immer mit der Anwendung technologischer Erkenntnisse niemals grün sein kann. Industrie ist nun einmal an die Verwertung dessen gebunden, was man der Erde neben den Pflanzen entlocken und umformen kann. Auch mit viel Phantasie kann man sich weder Transistoren, noch Akkumulatoren für die vielen erträumten E-Fahrzeuge aus Holz vorstellen. Nicht mal die unzähligen Windmühlen sind aus grünem Holz gebaut und treiben Holz-Generatoren mit Holz-Umrichtern an und sind an ein Netz mit stromleitenden Holz-Seilen gekoppelt. Und auch ein Herr Schellnhuber hat trotz hohler Reklamesprüche nicht sein Haus gegen ein Holzhaus ausgewechselt, um dann in der Garage sein Holz-Auto zu parken und in der Küche seine Speisen aus dem Holz-Kühlschrank auf dem Holz-Induktionsherd zuzubereiten. *****  Man braucht das nicht weiter über Holz-Schienenfahrzeuge, Holz-Flugzeuge oder Holz-Fahrräder auszuführen, um zu erkennen, dass eine sog. grüne industrielle Revolution vom Ansatz her der allergrößte gedankliche Schwachsinn ist, der nur durch Bildungs- und Intelligenzmangel (hier sollte für viele Talk-Show affine Politiker dringend der Notstand ausgerufen werden) entstehen kann. Es ist leider so, dass sich die kunstvoll gebildeten Vokabeln und Phrasen bei deren Formulierung nicht wehren können, auch wenn sie über die Nutzung digitaler und damit nicht grüner Technologien mit großer Wucht verbreitet werden. Diese sind im wahrsten Sinne des Wortes nur hölzern.

  4. Einem Bericht der Berliner Morgenpost nach berichtete die IEA (Internationale Energieagentur) erst 2017:Die Rohölvorkommen sind gigantisch. Aktuell lagern unter der Erdoberfläche etwa 2,6 Billionen Barrel Öl. Diese Menge reicht, um den Ölbedarf der Welt bis zum Jahr 2050 zweimal zu stillen, wie der Ölkonzern BP in seinem „Energy Outlook“ berechnet hat. Allerdings ist auch dies nur eine Momentaufnahme. Möglicherweise schlummern unter der Erdkruste noch viel mehr unentdeckte Vorkommen, die gefördert werden könnten. So stiegen die Schätzungen der Reserven deutlich, als die Förderung von Öl in Schiefergestein durch sogenanntes Fracking möglich wurde. Dem technischen Fortschritt ist es zu verdanken, dass immer mehr Ölreserven erschlossen werden können. „Das Öl geht uns nicht aus. Die Förderung ist nur eine Frage des Preises“, sagt der Energieexperte des Energieinformationsdienstes (EID)

  5. Was will Großbritannien denn als Saudi–Arabien der Windenergie wie Saudi–Arabien verkaufen? Strom aus Wind in Batterien? Oder noch besser Wasserstoff aus Windstrom?Armer Boris Johnson, – hat er wohl die falschen Berater an seiner Seite.

  6. Am 1.9.2020 berichtete Washington Post: „Biden würde kein neues Fracking in Bundesländern zulassen. Er würde zulassen, dass bestehendes Fracking auf Bundeseigentum und bestehendes und neues Fracking auf privatem Land fortgesetzt werden kann. Und das bedeutet, dass der Großteil des Fracking ungestört weitergehen würde, da das meiste sowieso auf privatem Land stattfindet. Die Amerikaner beziehen mehr Kohle und Öl als Erdgas aus öffentlichen Grundstücken.“Bleibt abzuwarten, ob Biden das korrigiert. 

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