Warum weicht ein führender Schweizer Klimaforscher der Diskussion aus ?

AWI+GFZ: Erst die Temperatur, dann CO2

Von Roger Köppel (Red. WELTWOCHE Zürich)*
Es war ein hochinteressanter Abend im Zeichen des kollektiven Untergangs. Vor einer Leinwand stand Prof. Dr. Thomas Stocker, Umweltphysiker, früherer Vizepräsident im Weltklimarat (IPCC), einer der bekanntesten Warner vor der Klimakatastrophe.

Vor allem zwei Befunde rüttelten auf.

Erstens:  Stocker zeigte anhand von Eisbohrkernen, dass in der weltweiten Klimageschichte der Anstieg des Treibhausgases CO2, Kohlendioxid, immer einer Temperaturerwärmung vorausgegangen sei. Das CO2 und nur das CO2, Achtung Mensch, hat laut Stocker den Klimawandel der letzten 160 Jahre angetrieben.

Zweitens:  Stocker zeigte Weltkarten, auf denen viele dunkelrote Zonen erkennbar waren. Titel: «Business-as-usual 2090–2100». Wenn sich also nichts tut in Bezug aufs CO2, würde in diesen Gebieten die Zahl der tödlichen Hitzetage auf bis zu 350 pro Jahr ansteigen. Die Erde als Glutofen, in dem der Mensch aufgrund seiner Klimasünden verglüht. Es müsse, so Stockers Fazit, jetzt unbedingt gehandelt werden.

Stocker ist ein hervorragender Dozent und ein überzeugender Performer. Seinem Vortragsstil liegt das unangreifbare Selbstbewusstsein eines Wissenschaftlers zugrunde, der sich auf den Konferenzen der internationalen Klimarettung tänzerisch sicher bewegt, ein Rudolf Nurejew der Apokalypse.

In der Diskussion sprach ich Stocker auf ein persönliches Erlebnis Ende der siebziger Jahre an, als ich im Radio davon hörte, dass amerikanische Klimaforscher vor einer neuen Eiszeit warnten. Die Prognose schockierte mich derart, dass ich aufgrund der angegebenen Wachstumsgeschwindigkeit der Gletscher meine Mutter fragte, wie lange es denn gehen würde, bis die ersten Eisriesen vor unserem Hauseingang an der Alten Landstrasse in Kloten ankämen.

Meine Mutter, eine gute Rechnerin, nahm mich in den Arm und sagte nach einer kurzen Weile, ich müsse mir keine Sorgen machen, das dauere mindestens dreissig Jahre. Von Stocker wollte ich also erfahren, wie er diese unzweifelhaft total falschen Prognosen seiner Klimakollegen in den siebziger Jahren aus heutiger Sicht bewerte.

Stocker schmunzelte souverän. Gerade ich als Journalist müsse doch wissen, erklärte der Professor, dass nicht alles, was die Medien berichten, notwendigerweise der Wahrheit entsprechen müsse. Heiterkeit im Saal.

Ein paar Tage später rief ich Stocker an, ich würde ihn gerne für ein Porträt treffen, in dem er seine Sicht der Dinge darlegen könne. Ich würde ihm zwar kritische Fragen stellen, aber er habe freie Bahn, vor allem seine Sichtweise auszubreiten. Er war einverstanden. Wir verständigten uns auf einen Termin nach seiner Rückkehr aus dem Ausland.

In der Zwischenzeit liess mich das Thema nicht mehr los. Ich stürzte mich in die Literatur, las alte Weltwoche-Ausgaben, hörte mir Vorträge anderer, kritischer Klimawissenschaftler an, die es, traute ich Stockers Ausführungen, der für sich sozusagen den Konsens in Anspruch nahm, ja eigentlich gar nicht geben könne.

Durch Zufall, mein früherer Kollege Markus Schär wies mich darauf hin, stiess ich dann auf einen langen Artikel in der New York Times vom 18. Juli 1976. Er behandelt ausführlich ein damals offensichtlich aufsehenerregendes Buch. Autor des besprochenen Buches ist der «junge Klimatologe» Stephen H. Schneider. Titel: «The Genesis Strategy. Climate and Global Survival (1976)».

Auf einmal sass ich wieder vor meinem Radioapparat der Kindheit. Klimatologe Schneider, schreibt die Times, warne in seinem Buch eindringlich vor einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit. Die US-Regierung wird aufgefordert, Getreidevorräte anzulegen. Missernten und Versorgungsnot seien nicht mehr abzuwenden. Der Grund, laut Schneider, sei eine massive Abkühlung des Weltklimas, zu beobachten seit 1940, doch bis auf weitere dreissig Jahre laufend schlimmer werdend.

Schneider sprach nicht von einer neuen Eiszeit. Dieser Begriff verwendet das auf der gleichen Times-Seite rezensierte Werk «The Cooling», doch mit seiner Kältethese, so die Times, gebe Schneider nicht eine persönliche Einzelmeinung wieder. Im Gegenteil. Dass es in den nächsten dreissig Jahren dramatisch kälter werde, sei der «Konsens der klimatologischen Gemeinschaft».

Interessant. Also doch mehr als eine blosse Medienente.

Kann es sein, dass dem berühmten Schweizer Klimaforscher Stocker diese Nachricht entgangen ist? Schwer vorstellbar. Aber wieso gab er dann nicht zu, dass seine Kollegen noch vor vierzig Jahren das Gegenteil von dem erzählten, was heute als unumstössliche Wahrheit gilt. Und Schneider war nicht irgendwer. Laut Wikipedia gehörte er bis zu seinem Tod 2010 zu den «einflussreichsten Klimawissenschaftlern seiner Zeit».

Gerne hätte ich Stocker auf diesen Schneider und die Eiszeit der siebziger Jahre bei unserem Treffen angesprochen. In der Zwischenzeit fiel mir zudem ein wissenschaftlicher Bericht in die Hände, der Stockers These von den Eisbohrkernen in Frage stellt, ja regelrecht zerzaust. Die Autoren A. Rörsch und P. A. Ziegler schreiben, «dass die eiszeitlichen CO2-Konzentrationserhöhungen den entsprechenden Temperatur-Erhöhungen» nicht vorausgehen, sondern «hintennachhinken». Zuerst sei die Wärmephase gekommen und erst nachher die CO2-Erhöhung. Stocker hatte bei seinem Vortrag das exakte Gegenteil als wahr verkauft.

Nun, zum Treffen kam es nie. Stocker sagte kurzfristig ab. Aufgrund eines Artikels in der Weltwoche und eines Interviews, das ich einer Zeitung zum Thema Klimawandel gegeben habe, sehe er «keinen Sinn mehr» an einem «weiteren vertiefenden Gespräch».

Warum eigentlich nicht? Er hätte mich von meinen Irrtümern befreien können. Und ich hätte gerne über die Eisbohrkerne und die neue Eiszeit gesprochen. So bleibe ich auf meinen Fragen und auf meinem Misstrauen sitzen.

Vielleicht hat Stocker ja mit allem recht, was er sagt. Mit seiner Gesprächsverweigerung aber verstärkt er den Verdacht, dass führende Klimaforscher nicht mehr Wissenschaft und Aufklärung, sondern Politik betreiben.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich : Stocker – Warum weicht ein führender Schweizer Klimaforscher der Diskussion aus ?  | Die Weltwoche, Nr.14 (2019)| 4. April 2019 ; http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Roger Köppel für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages.

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17 Kommentare

  1. ******************
    „Warum eigentlich nicht? Er hätte mich von meinen Irrtümern befreien können.“
    ******************

    Wirklich? Es gibt auch Fälle, wo Leute so ideologisch verbohrt sind, dass sie rationalen Argumenten und Fakten nicht mehr zugänglich sind.

    Zu Schneider:
    Es ist ja schön, dass der Autor recherchiert hat. Enttäuschend fand ich, dass er die Rechercheergebnisse hier sehr oberflächlich wiedergibt.

    Warum kam Schneider in besagtem Paper zu einer Abkühlung? Hat er die CO2-Wirkung damals geringer eingeschätzt als später? Oder einen anderen Effekt falsch eingeschätzt? Oder waren Annahmen darüber, was die Menschheit in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in die Luft bläst, unzutreffend?

    Das sind für das Verständnis wichtige Fragen. Ich wundere mich, dass der Autor darüber nichts schreibt, das erwartet man doch eigentlich von journalistischer Arbeit. Es sei denn, es geht nicht um reinen Journalismus, und an diesr Stelle lande ich wieder beim Eingangssatz.

  2. Der Klimakämpfer mit unserer Klimadonna, der Herr Obama lehnte es ja auch von vornherein ausdrücklich ab, mit Ungläubigen zu sprechen.

    • Ja als Friedensnobelpreisträger (mit den meisten Drohneneinsätzen) kann er sich das auch erlauben.
      Wer nicht mit „Ungläubigen“ spricht, debattiert dem sind meistens die Argumente ausgegangen. Die Angst dass dieser Schwindel dann auffällt ist riesig.

    • Die ganz simple einfache Wahrheit ist doch die….

      Dr Thomas Stocker hätte sich im Falle der Weltwoche mit Roger Köppel anlegen müssen, und dem ist Stocker nicht gewachsen.
      Ich lese die Welt-Woche seit langen Jahren … und vor Köppel schon, kenne sie gut.
      Köppel ist ein brillanter Kopf. Wer vor ihm verliert, dessen Ruf ist ramponiert, darum wollte Stocker nicht. Sein Prestige konnte er nicht aufs Spiel setzen.

      Vor 15-25 Jahren wurde der SVP Chef Christoph Blocher oft in die SF-DRS Sendung „Arena“ geladen, damals war die Talkshow noch sehr gut.
      Blocher war immer äussert gut informiert, hatte die Statistiken intus und die Argumente parat.

      Die Linksparteien haben immer wieder Leute gesucht die sie gegen ihn ins Rennen schicken konnten, allesamt wurden sie Faktisch und Rhetorisch geschlagen und verschwanden dann auch meist bald im „Nirwana“.

      Niederlagen in prominenten Medien beenden oft eine Karriere.
      Wer dort verliert ist angeschlagen, Stocker weiss das sehr genau.

      Darum hat er gekniffen.

  3. Wenn man die heutigen (alarmistischen) Klimamodelle mal um 30, 60, 90, 120 Jahre zurück verschiebt und mit den dann jeweils aktuellen Daten füttert, kommt dann das heraus an „zukünftigen“ Temperaturveränderung, was tatsächlich stattgefunden hat?

    Weiß das jemand?

    • Das wäre einmal ein schönes Experiment was aber meiner Meinung nach auch nicht das Ergebnis brächte was die „Klimatologen“ gerne haben möchten um den Menschen gemachten Klimawandel nachweisen zu können.
      Wenn wir das Argument nehmen, was gerne zum CO2 Thema benutzt wird, CO2 hält die Wärmeabstrahlung der Erde zurück deshalb kommt es zur Erderwärmung. Das Ganze widerspricht sich in sich selber, Co2 ist doch kein Spiegel der auf die Erde gerichtet ist, ergo müsste es dann auch die Sonneneinstrahlung auf der anderen Seite zurück halten und es müsste ein Patt entstehen mit der Wahrscheinlichkeit hin das sich die Erde langsam abkühlen müsste, da die Sonnenstrahlung höher in der Temperatur ist als die Erdabstrahlung.

      • Das energetische Maximum der Sonnenstrahlen liegt im Bereich des sichtbaren Lichtes. Dieses wird durch CO2 nicht reflektiert. Das Licht fällt auf den Erdboden und dieser sendet einen Teil der Energie als Wärmestrahlen zurück. Ein sehr geringer Teil dieser wird über Resonanz vom CO2 Molekül zurückgestrahlt. Dieser Teil ist sehr gering, weil das CO2 Molekül ein kugelförmiger Strahler ist und so nur ein Teil zur Erde gestrahlt wird. Außerdem tritt das Molekül nur mit einem schmalen Teil des Infrarotspektrums in Resonanz.

    • J. Schad schrieb am 10. April 2019 um 23:21

      Wenn man die heutigen (alarmistischen) Klimamodelle mal um 30, 60, 90, 120 Jahre zurück verschiebt und mit den dann jeweils aktuellen Daten füttert, kommt dann das heraus an „zukünftigen“ Temperaturveränderung, was tatsächlich stattgefunden hat?

      Weiß das jemand?

      Wenn Sie sich dazu informieren wollen, wären die Google Stichworte „climate model hindcast“
      und evtl „climate model attribution and detection“.

  4. Die These, erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre führe zu globalem Temperaturanstieg, stammt meines Wissens ursprünglich vom schwedischen Chemiker Arrhenius und aus dem Jahre 1896. Schon wenig später wurde sie durch Angström (1901) und Schäfer (1903) widerlegt, denn es stellte sich heraus, dass in der Erdgeschichte die angeblich ursächlichen Zeiten aktiven Vulkanismus, die zur Erhöhung der CO2-Konzentration geführt hatten, nicht jeweils vor den Warmzeiten lagen, sondern teils gleichzeitig, teils deutlich danach. Ein kausaler Zusammenhang beider Phänomene scheint also nicht zu bestehen. Die heute so vehement forcierte These vom bösen CO2 als Klimakiller war also längst widerlegt, bevor sie uns Heutigen präsentiert wurde. Warum wohl? Laut „Handelsblstt“ werden pro Jahr CO2-Emissionszertifikate im Werte von 144 Mio Dollar an Börsen gehandelt. An der Angst lässt sich halt immer noch gut verdienen.
    Günter Zogbaum

  5. Roger Köppel wurde schon häufig zu Talkshows im Deutschen Fernsehen eingeladen, meines Wissens aber noch nie zum Thema Klimawandel. Warum eigentlich nicht?

    • Weil Menschen mit Ergebnisoffener Meinung selten bis nie in den öffentlichen Qualitätsmedien eingeladen werden.

      Genauso wie im öffentlich-rechtlicher Rundfunk immer an der Stelle im Bundestag ausgeblendet bzw. Moderatoren eingeblendet werden, wenn Abgeordnete der AfD-Fraktion sprechen.

      Mit einem Kreuz im Wahlzettel kann man das ändern. Wie in den USA…

      • „Genauso wie im öffentlich-rechtlicher Rundfunk immer an der Stelle im Bundestag ausgeblendet bzw. Moderatoren eingeblendet werden, wenn Abgeordnete der AfD-Fraktion sprechen.

        Mit einem Kreuz im Wahlzettel kann man das ändern. Wie in den USA…“

        Jep!

        AfD wählen und das Lügengesindel in die Wüste schicken!

    • Weil er einer der wenigen schweizer Politiker ist, der wirklich etwas in der Birne hat. Er kann noch logisch denken, was im Allgemeinen vielen, vielen, wirklich vielen Bürgern auch hier in der Schweiz abgeht. Deshalb habe ich ihn vor 4 Jahren den Nationalratswahlen auch mit meiner Stimme unterstützt.
      Leider gibt es viel zu wenige Politiker, die ohne einen Lobbyist oder Berater noch irgendwas zusammen bringen. Wenn es nur noch eine Weltsicht gibt, dann leben wir im Faschismus! Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.

  6. Eisbohrkerne geben doch über den Zeitraum von 160 Jahren hinaus Auskunft bis zu Epochen, da der Mensch entweder noch überhaupt nicht existierte oder nur sehr begrenzt, jedenfalls ohne industrielle Sünden, sein Unwesen treiben konnte?

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