Schwimmendes AKW wurde angefahren

Von Petr Zikmund.

Auf dem schwimmenden Atomkraftwerk Akademik Lomonossow das sich im nächsten Jahr zur Küste der Tschuktschen-Halbinsel im Arktischer Ozean gebracht wird, wurde der erste Reaktor angefahren.

In mehreren Ländern Westeuropas, ganz vorne in Deutschland, gilt Kernkraft als ein Auslaufmodell, gleichzeitig wächst die internationale Anerkennung der Kernenergie als eines der Elemente in der Bekämpfung des Klimawandels. Im Oktober dieses Jahres veröffentlichten Fachexperten des UNO-Weltklimarates IPCC 89 energiepolitische Szenarien und kamen unter anderem zu dem Schluss, dass die weltweite nukleare Gesamtkapazität im Durchschnitt bis 2050 um das zweieinhalbfache steigen werde.

Dieses Wachstum wird vornehmlich durch große konventionelle Kernkraftwerke an Land mit mehreren tausend Megawatt Leistung geleistet. Doch auch ungewöhnlichere Designs werden zu mehr Atomstrom beitragen. Beispielsweise Energieanlagen an Bord eines Schiffs. Für Greenpeace ist das natürlich ein rotes Tuch: Man rüstet verbal auf und spricht von der „Nuklearen Titanic“

Auch die Bellona-Stiftung, eine Umweltorganisationmit Haupsitz in Oslo, betrachtet Kernenergie-Projekte argwöhnisch, besonders wenn es sich wie bei den schwimmenden Kraftwerken um Konzepte handelt, die neu sind und keine langjährigen empirischen Erfahrungswerte in Sachen Sicherheit und Machbarkeit vorweisen können. Andererseits verweigert sich Bellona einer Diskussion mit dem Betreiber Rosatom nicht von vorne herein.

Im Mai dieses Jahres, als der schwimmende Block von Sankt Petersburg nach Murmansk entlang der norwegischen Küste geschleppt wurde, erhielt Bellona zusammen mit norwegischen Journalisten die Einladung, diesen Prozess in der Nähe der Stadt Bergen live zu beobachten. Damals betonte Bellona-Generaldirektor Nils Bøhmer, der die Delegation leitete, dass seine Kollegen keine Bedenken bezüglich des Transports hätten, denn das Schiff wurde „kalt“ (das bedeutet ohne Brennstoff an Bord) befördert. Ursprünglich wurde die Brennstoffbeladung zwar noch vor dem Schleppen geplant, aber das norwegische Außenministerium vereinbarte mit Rosatom die Verlagerung dieser Phase nach Murmansk.

Ende September kam es zu einer Fortsetzung des Dialogs zwischen Bellona und Rosatom – die Ökologen besichtigten den Energieblock selbst in Murmansk, dem größten eisfreien Hafen nördlich des Polarkreises, wo das Schiff im Moment vertäut ist. Bøhmer zeigte sich mit dem Besuch zufrieden: Die russische Seite zeige Transparenz in der Umsetzung des Projekts, sagte er. Dabei fügte er hinzu, Bellona sei weiterhin über alle Angelegenheiten besorgt, die mit der Akademik Lomonossow und vor allem mit dem Betrieb ihrer Reaktoren verbunden sind. Inzwischen sind die beiden 35-Megawatt-Reaktoren mit Brennstoff beladen, und der erste Reaktor wurde sogar schon angefahren; in Kürze wird der Anlauf der zweiten Anlage erwartet.

Warum wurde Bellona eingeladen? Man kann nur raten. Einer der möglichen Gründe könnte ein unmittelbares Interesse der norwegischen Umweltschützer zumindest an der Sicherheit des Projekts sein: Schließlich liegt die Oblast Murmansk an der Grenze zwischen Norwegen und Russland.

Nach ihrer Inbetriebnahme wird die schwimmende Anlage nicht nur ein veraltetes AKW ersetzen, sondern auch ein Heizkraftwerk, das mit Kohle befeuert wird. Rosatom behauptet, jeder Tag des Betriebs der Akademik Lomonossow, direkt sowie indirekt, reduziere den Jahresverbrauch von bis zu 200.000 Tonnen Kohle und 120.000 Tonnen Heizöl – ein enormer Beitrag zum Klimaschutz.

Warum kann man denselben Effekt nicht  mit erneuerbaren Energien erzielen? Die Antwort: Es geht um den Hohen Norden, wo extrem niedrige Temperaturen die durchschnittliche jährliche Sonnenscheindauer sehr bescheiden ist.  Tschukotka ist überdies eine äußerst entlegene Region ist, wo der Aufbau einer Energie-Infrastruktur sehr viel schwieriger ist als etwa in Mitteleuropa. Solarpaneele und Windräder sind im arktischen Winter bei minus 50 Grad keine wirklich praktikable Lösung.

In dieser Hinsicht wird das Potenzial von schwimmenden Kernkraftwerken von Professor Thomas Walter Trommvom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) anerkannt: „Prinzipiell klingt das zunächst einmal sehr erfolgversprechend, weil ziemlich einfach zu bewerkstelligen”. Die Technologie habe zudem wesentliche Exportaussichten, glaubt der Experte – in der ersten Linie gelte dies für Schwellenländer.

Das stärkste Argument für die kleinen und transportablen AKW’s liege in der wenig ausgeprägten Stromverteilungsstruktur in einem Großteil dieser Länder, die große Anlagen im Gigawatt-Bereich praktisch ausschließt, sagt Tromm, der am KIT das Helmholtz-Programm Nukleare Entsorgung, Sicherheit und Strahlenforschung (NUSAFE) leitet. Der rasant steigenden Strombedarf im Zuge der industriellen Entwicklung in Schwellenländern ist ausschließlich durch Solar- und Windanlagen nicht wirtschaftlich und zuverlässig zu decken.

Der Autor Petr Zikmund ist Tscheche, lebt seit 2016 in Deutschland und arbeitet als freier Journalist mit den Schwerpunkten Energiepolitik, -wirtschaft und -versorgung. 

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

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6 Kommentare

  1. zu diesem Thema kam diese Woche bei nano/3sat eine Reportage.
    Möge sich ein jeder eine eigene Meinung bilden, doch hier wird alles schwarz geredet, ausser das Grüne. „Keine Kernkraft in eine abgelegene Region schicken“, meint ein russischer Kritiker (Mitglied bei Greenpeace) ernsthaft, „die Polarregion sei doch geeignet für die Windkraft“. kein Scherz!
    bitte selber anschauen.

    https://www.3sat.de/wissen/nano/schwimmendes-atomkraftwerk-nano-100.html

  2. Mich stören hier die verwendeten Bezeichnungen.

    Die Benennung „Kernkraftwerk ist in der Begriffsnorm DIN/IEC 393-18-44 festgelegt. Demnach geht es hier auch um Kernkraftwerke,

    http://www.buerger-fuer-technik.de/AltKernkraftwerk_DIN-Definition.pdf

    Warum verwendet der Autor Atomkraftwerk und AKW? Das diese Bezeichnung von einer bestimmte Klientel aus politischem Kalkül heraus, gerne sprachlich in die Nähe zu menschenverachtenden Atomwaffen gestellt wird ist klar. Dass auf diesen auf diesen Trick viele Bürger und auch der Autor unbewusst herein fallen und sich nichts Schlimmes dabei denken ist das andere. 

    Dass der Artikel im Original wiedergegeben wird, verstehe ich als Höflichkeit gegenüber dem Autor und in Konsistenz zum Erscheinen bei der Achse. 

    Einen entsprechenden Kommentar der EIKE-Redaktion hätte ich mir dazu jedoch gewünscht.

    Ein frohes und geruhsames Weihnachtsfest wünsche ich der Redaktion und allen Lesern.

  3. Stromerzeugung aus Wind und Sonnenstrahlung erfordert viel mehr Energieaufwand, als solche aus Kohle, Gas oder Atomkernen. Daran kann sich auch bei Vervollkommnung der Technologie nichts ändern.

  4. „Warum kann man denselben Effekt nicht  mit erneuerbaren Energien erzielen? Die Antwort: Es geht um den Hohen Norden, wo extrem niedrige Temperaturen die durchschnittliche jährliche Sonnenscheindauer sehr bescheiden ist.“

    Denselben Effekt kann man auch nicht auf der sonnen- und windreichen spanischen Insel El Hierro erzielen. Aber unsere Politiker wollen diese Tatsache einfach nicht wahrhaben.

  5. Welch ein xxxxxxxxxxxxxxxxxx von Journalist: „… reduziere den Jahresverbrauch von bis zu 200.000 Tonnen Kohle und 120.000 Tonnen Heizöl – ein enormer Beitrag zum Klimaschutz.“

    Und dann labert der Typ noch weiter:

    „Warum kann man denselben Effekt nicht  mit erneuerbaren Energien erzielen?“

    Erneuerbare Energie gibt es physikalisch nicht. Der Begriff wurde geschaffen um das dumme Volk zu betrügen. Wie blöd der Mann ist, kann man an dem Satz erkennen: „Solarpaneele und Windräder sind im arktischen Winter bei minus 50 Grad keine wirklich praktikable Lösung.“ Am Polarkreis scheint zur Sonnenwende keinesfalls die Sonne und die Plastikwindmühlenflügel dürften bei den Temperaturen ganz schnell zerbröseln. Und zur Sommersonnenwende steht die Sonne maximal 24 Stunden 23° überm Horizont. Heißt daß man die Solarpanels um 360° drehen können muß, wenn man Solarstrom haben möchte; wenn die Sonne scheint.

    Und dieser Typ schreibt dann noch weiter Unfug: „Der rasant steigenden Strombedarf im Zuge der industriellen Entwicklung in Schwellenländern ist ausschließlich durch Solar- und Windanlagen nicht wirtschaftlich und zuverlässig zu decken.“ Der ist mit diesen Unfugkonstruktionen überhaupt nirgendwo auf der Erde zu decken. Aber schlimmer ist es noch die UdSSR als Schwellenland darzustellen. Vor allen Dingen gewissermaßen auch noch Norwegen, Schweden, Alaska (US-Bundesstaat) und Kanada als Schwellenländer zu bezeichnen.

    Aber selbst wenn er die afrikanischen Länder meint, ist das Schwachsinn. Was sind schon 35 MW Nennleistung bei einem Bedarf in den 10000ern MW.

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