Vor 30 Jahren: „Klimasprung“ in Mittel- und Westeuropa- ein kleiner, kurzatmiger Hüpfer

Stefan Kämpfe
Mit dem sehr milden Winter 1987/88 begann vor 30 Jahren der „Klimasprung“, eine plötzliche Erwärmung um 1990 herum. Anfangs wurden besonders die Winter sehr mild, gipfelnd im extrem milden, sturmgepeitschten Februar von 1990 (Orkane Vivian und Wiebke), was erstmals intensivere Diskussionen über einen „CO2- bedingten Klimawandel“ auslöste. Doch der „Klimasprung“ endete nicht als mächtiger Tiger, sondern als Bettvorleger. Zwar blieb das Temperaturniveau seitdem insgesamt etwas höher als in den Jahrzehnten vor 1990, unterbrochen nur von den markanten Kaltjahren 1996 und 2010, aber eine weitere, „katastrophale Erwärmung“ fand nicht statt. Lassen sich plausible Ursachen für den „Klimasprung“ und das insgesamt recht hohe Temperaturniveau der letzten 30 Jahre, in welches sich wohl auch 2017 einreihen wird, finden?

Deutschland: Unterschiedlicher Temperaturverlauf im Winter und Sommer

Betrachtet man das Temperaturverhalten, beginnend mit dem am Anfang des „Klimasprungs“ stehenden Mildwinter 1987/88 im Vergleich zum Sommer 1987 bis 2016 und für das Jahr insgesamt, so zeigt sich folgendes Bild:

Abbildung 1: Seit 30 Jahren (eine volle Klima- Normalperiode!) stagnieren die Temperaturen in Deutschland bei großer Streuung der Einzelwerte fast. Der Sommer (obere Gerade) erwärmte sich dabei etwas stärker als das Jahr (Mitte), während sich der Winter etwas abkühlte. Diese unterschiedliche, insgesamt aber sehr moderate Temperaturentwicklung lässt sich mit der seit 1987/88 massiv angestiegenen CO2- Konzentration nicht erklären. Um alle drei Messreihen anschaulicher in einer Grafik darstellen zu können, wurden die Winterwerte per Addition angehoben, die Sommerwerte durch Subtraktion abgesenkt. Die Schwankungen werden dadurch nicht beeinflusst.

Der „Klimasprung“ und dessen Ursachen

Nicht nur in Deutschland, auch in Zentralengland lässt sich der „Klimasprung“ erkennen. Die folgende Grafik liefert eine mögliche Ursache, die AMO, eine Wassertemperaturschwankung im zentralen Nordatlantik, gleich mit. Nach der letzten AMO- Kaltphase (Höhepunkt 1970er Jahre) setzte ab 1981 der Übergang zu einer neuen AMO- Warmphase ein:

Abbildung 2: Tendenziell ist es in AMO- Warmphasen (1930er bis 1950er Jahre und etwa ab 1990) in West- und Mitteleuropa etwas wärmer. Man erkennt den markanten Anstieg der Jahresmitteltemperaturen in Zentralengland ab 1988; der AMO- Anstieg begann nur wenige Jahre früher und verlief in den 1990er und den frühen 2000er Jahren sehr steil; doch neuerdings deutet sich wieder eine geringe Abkühlung an. Für diese und alle folgenden Grafiken mussten Indexwerte berechnet werden, um die wertemäßig sehr unterschiedlichen Messgrößen in einer Grafik darstellen zu können. Die Trends und Schwankungen blieben dabei aber erhalten.

Die AMO- Werte sind seit 1856 verfügbar; verlässliche Temperaturwerte für Deutschland aber erst seit 1881. Insgesamt ähneln sich die Temperaturverläufe der CET und der Deutschlands; wobei die Deutschlandwerte langfristig; vermutlich wärmeinselbedingt, stärker gestiegen sind. Um den unruhigen Verlauf etwas stärker zu glätten, wurde ein 15- jähriges Gleitmittel verwendet:

Abbildung 3: Das längere, endbetonte Gleitmittel verlegt den „Klimasprung“ etwas nach hinten und wirkt dämpfend. Man erkennt aber den markanten Temperatursprung um 1,7 °C vom Jahr 1987 (nur 7,4°C) auf 1988 (9,1°C) dicht links des rotvioletten Pfeils. Die Jahre 1989 und 1990 waren dann mit je 9,5°C sogar um 2,1°C wärmer als 1987; ein Wert, der übrigens auch 2016 wieder erreicht wurde.

Die AMO beeinflusst aber auch die Häufigkeitsverteilung bestimmter Großwetterlagen. Am stärksten erwärmend wirken in Deutschland die Südwestlagen (Großwettertyp SW, gebildet aus der Summe der Großwetterlagen SWA und SWZ):

Abbildung 4: Ab der Mitte der 20. Jahrhunderts, besonders aber nach 1990, traten Südwestlagen viel häufiger auf, als im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Sie lösten zwar nicht den „Klimasprung“ unmittelbar aus; ihre enorme Häufung nach 1990 bewirkte aber, dass das Temperaturniveau hoch blieb.

Eine weitere Erwärmungsursache – die längere Sonnenscheindauer

In West- und Mitteleuropa wurde es in den vergangenen Jahrzehnten deutlich sonniger (längere Sonnenscheindauer). Als Ursachen kommen Luftreinhaltemaßnahmen (weniger Aerosole, dadurch weniger Dunst, Nebel und tiefe Wolken), die Sonnenaktivität selbst (SVENSMARK- Effekt) und verschiedenste Wärmeinseleffekte, besonders eine verminderte Verdunstung mittels Melioration, Bodenversiegelung und geänderte Landnutzung, in Betracht. Leider gibt es für die Sonnenscheindauer keine so langfristigen Flächenmittel, wie für die Lufttemperaturen. Immerhin liegt sie aber für Großbritannien bis 1929 vor. Weil die Sonnenscheindauer besonders im Sommer stark erwärmend wirkt, wird im Folgenden nur der Sommer betrachtet. Wegen der einigermaßen langen Zeitreihe wurden die 31ig- jährigen, endbetonten Gleitmittel berechnet:

Abbildung 5: Nach 1990 war die sommerliche Sonnenscheindauer insgesamt höher und hielt die Sommertemperaturen, welche aber in Zentralengland seit Mitte der 2000er Jahre stagnieren, auf einem hohen Niveau.

Ein Deutschland- Mittel der Sonnenscheindauer liegt leider erst seit 1951 vor. Die folgenden 2 Grafiken zeigen den Verlauf der jährlichen und der sommerlichen Sonnenscheindauer, jeweils in Relation zu den Jahresmittel- und den Sommertemperaturen:

Abbildungen 6 a und 6b: Mit dem „Klimasprung“ stieg auch die Sonnenscheindauer, welche besonders zwischen den 1960er und den 1980er Jahren etwas geringer war, wieder an. Besonders im Sommer wirkt eine längere Sonnenscheindauer in Deutschland stark erwärmend; sie beeinflusste die Variabilität der Lufttemperaturen seit 1951 zu fast 60%.

Kurzfristigere Betrachtungen

Seit Mitte 1979 liegt für Deutschland die beim Deutschen Wetterdienst entwickelte „Objektive Wetterlagenklassifikation“ vor, welche im Folgenden in die Betrachtungen einbezogen werden soll. Im Jahresmittel (folgende Grafik) erkennt man eine vorübergehende Häufigkeitszunahme der am stärksten erwärmend wirkenden Wetterlagen von den späten 1980er bis zu den frühen 2000er Jahren:

Abbildung 7: Während die Häufigkeit der am stärksten erwärmend wirkenden Wetterlagen ab Mitte der 2000er Jahre wieder abnahm, blieb die Sonnenscheindauer hoch.

Bei den Wetterlagen lohnt ein genauerer Blick auf den Winter. In diesem bewirkt eine Häufung der Lagen mit Westanteil, besonders der mit WA- Anteil (antizyklonal in der Höhe der 500hPa- Fläche oder am Boden oder in beiden Niveaus), immer sehr milde Witterung:

Abbildung 8: Im Winter, in dem die Sonnenscheindauer wenig bedeutsam für die Lufttemperaturen ist, nahm ab 1987/88 die Häufigkeit der stark erwärmend wirkenden Lagen mit WA- Anteil stark zu, um mit Beginn der 2000er Jahre wieder etwas zu sinken. Dieses Verhalten erklärt auch, warum die Winter seit dem „Klimasprung“ (1987/88) wieder etwas kälter wurden.

Abschließend seien noch die Verhältnisse für den Sommer gezeigt:

Abbildung 9: Seit 1980 sind im Sommer fast 66% der Variabilität der Temperaturen in Deutschland auf die Sonnenscheindauer zurückzuführen. Der kleine Einbruch der Sommertemperaturen zwischen 1996 und 2001 ging mit einer deutlichen Abnahme der erwärmend wirkenden Wetterlagen und einer leichten Abnahme der Sonnenscheindauer einher.

Fazit: Dem „Klimasprung“ von 1988 bis 1990 folgte keine beschleunigte Erwärmung; die Temperaturen verharren seitdem in West- und Mitteleuropa auf einem hohen Niveau. Als Ursachen des „Klimasprungs“ und der danach konstant hohen Temperaturen kommen die gegenwärtige AMO- Warmphase, eine erhöhte Häufigkeit erwärmend wirkenden Großwetterlagen, speziell im Winter, und eine längere Sonnenscheindauer, speziell im Sommer, in Betracht. In den hier nicht gezeigten Übergangsjahreszeiten dominiert im Frühling, am markantesten im April, die längere Sonnenscheindauer, im Herbst eine beachtliche Häufigkeitszunahme von milden Süd- und Südwestlagen.

Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

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5 Kommentare

  1. ergänzend zu dem Beitrag, in den ich nicht alles „hineinpacken“ konnte, noch diese Fakten:

    1. In England (CET- Reihe) ereignete sich ein sehr markanter „Klimasprung“ (Erwärmung) ab 1710- dumm nur, dass es da noch keine „böse“ Industrie mit wesentlichen CO2- Emissionen gab.

    2. Im Sommerhalbjahr besteht in Potsdam eine sehr enge Korrelation zwischen Sonnenscheindauer und Lufttemperatur (1893 bis 2016), aus der sich einb Bestimmtheitsmaß von gut 56% errechnet, was bedeutet, dass 56% der Vriabilität der Lufttemperatur dort im Zeitraum April bis September von der Sonnenscheindauer bestimmt wird. Rechnet man andere Effekte (mehr Südwetterlagen, Wärmeinselbeeinflussung) dazu, so bleibt für das „böse“ CO2 praktisch nix mehr übrig.

    3. Auch in den östlichen USA gab es „Klimasprünge“. In Dale Enterprise/VA. wurde es um 1990 herum auch wärmer, aber dort wurde- anders als in Deutschland- das hohe Temperaturniveau nicht gehalten.

  2. Bezüglich des „Klimasprungs“ verweise ich mal (wieder) auf die Arbeit von Dr. Horst Borchert

    Im 2. Link wird gezeigt, das es 2 Sprünge gab, der 1. war früher.

    Anhängendes Vortragsmanuskript (PDF)  

     

     

    Der Anstieg war allerdings nicht kontinuierlich, wie häufig irreführend dargestellt wird, sondern verlief im wesentlichen in zwei zeitlich begrenzten Temperatursprüngen: Einmal etwa von 1920 bis 1935 (Climatejump 1) und dann etwa ab 1988 (Climatejump 2) bis 2007 (Borchert,H. 2004).

  3. Gedankenansatz zum Thema…Zunahme der Sonnenscheindauer….

    Weniger Verdunstung (Wolkenbildung) durch abnehmende Sonneneinstrahlungsitensität besodners der Sonnenstrahlung, die das Element Wasser zum Verdunsten bringt (anregt)….

     

  4. Ach, papperlapapp, lesen Sie denn wirklich nicht die deutschen Qualitätsmedien? Wenn es von dort kommt, muss es doch richtig sein (kein Zweifel!):

    https://tinyurl.com/me5r39v

    Der Artikel ist nicht einmal zum Kommentieren freigegeben, ergo: Das ist die ULTIMATIVE Wahrheit, die noch nicht einmal im Ansatz angezweifelt werden darf.

    => Herr Kämpfe, setzen, 6! Wie können Sie denn wagen, den „renommiertesten Klimaforschern“ zu widersprechen?

    Ach so in 100.000 Jahren: Das ist mir so was von egal!

    • https://tinyurl.com/me5r39v:Der Klimawandel, der unter anderem dem hohen Ausstoß von Kohlenstoffdioxid in die Erdatmosphäre geschuldet ist und die Erdtemperatur steigen lässt, könnte das bevorstehende Glazial um weitere 100.000 Jahre verzögern.“

      Zum tot lachen:

      -historisch gibt es keinen Zusammenhang zwischen CO2-Konzentration und Eiszeiten (Temperaturen)

      -der Autor bedauert offenbar, daß wegen dem phösen CO2 die nächste Eiszeit sich verschiebt/ausfällt (angeblich)

      Selbst wenn man den CO2-Müll glaubt, müßte man doch eigentlich froh sein, daß deshalb keine Eiszeit droht – oder???

      „Deshalb vermuten Klimaforscher, dass noch nicht verstandene Klimaprozesse die Milanković-Zyklen verstärken. Hier könnten zusätzlich Änderungen von Meeresströmungen sowie tektonische Prozesse eine Rolle spielen.“

      Plasma-Universe…

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