Vernunftkraft: Stellungnahme zum Weißbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“

Das Bundesministerium für Wirtschaft erlaubte Verbänden und anderen Organisationen Stellungnahmen zum geplanten Weiß-(wasch?) Buch der Regierung zur Energiewende abzugeben. EIKE hatte dies bereits in einem ersten Schritt noch Grünbuch genannt (hier) getan. Auch die Antiwind Bundesverband Vernunftkraft hatte dies bereits zuvor getan. Schob die neue Stellungnahme aber noch nach. Um zu verhindern , dass das ganze Verfahren einer Mogelpackung – man tut so als ob- gleichkommt, denn eine wirklichen Einflussnahme gewünscht und ermöglicht wird, machen wir diese Stellungnahme öffentlich.

Dr.-Ing. Detlef AhlbornVor dem Scheuerchen 17 – 37242 Großalmerode

Dr. rer. nat. Friedrich Buer – Georg-Vogel-Str. 6 ­- 91413 Neustadt a.d. Aisch

Dipl.-Phys. Friedrich Keller –  Ligueiler Straß3 23 – 36214 Nentershausen

Prof. em. Dr. h.c. mult. Günter Specht – Rechts- und Wirtschaftswissenschaften – TU Darmstadt

Prof. em. Dr. rer. pol. Stefan Tangermann – ehem. Direktor für Handel und Landwirtschaft bei der OECD                                                                               An das

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Scharnhorststraße 34-37

10115 Berlin

per E-mail an: weissbuch-strommarkt@bmwi.bund.de

Stellungnahme zum Weißbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“

19. August 2015

I.             Vorbemerkungen

„Die Energiewende ist das unseriöseste Regierungsprojekt aller  Zeiten“

    

     Michael Naumann (Staatsminister a.D.) 

Diese im Jahr 2011 geäußerte Einschätzung eines einst hochrangigen SPD-Politikers hat an Aktualität nichts eingebüßt und wird durch das vorliegende „Weißbuch“ bestätigt. Die Publikation und ihre öffentlichkeitsorientierte Begleitung durch Presseerklärungen und Reden, in denen ein „historischer Pakt für neuen Wohlstand“ beschworen wird, lassen Seriosität vermissen.

Die Begriffe „Markt“ und „Wettbewerb“ tauchen im Weißbuch zwar vielfach auf und auch an einem Lippenbekenntnis zum europäischen Binnenmarkt wird nicht gespart; gleichzeitig jedoch werden ökologisch und ökonomisch schädliche Privilegien für Windkraft-, Solar- und Biomasseanlagen als sakrosankt erklärt, wird eine selektive Technologieförderung nach politischem Gusto vorgenommen, werden Ausbaupfade auf Jahrzehnte festgelegt und wird die technische Entwicklung massiv gelenkt.

Der Duktus dieser Publikation stellt eine „Anmaßung von Wissen“ (Friedrich August v. Hayek) dar. Ausgerechnet jenen Nobelpreisträger, der die Unterlegenheit zentraler Planung theoretisch aufzeigte, für ebendiese Politik zu vereinnahmen, wie durch Staatssekretär Baake geschehen[1], ist verwegen.

Ansonsten ist festzustellen, dass das Weißbuch konkrete Angaben weitgehend vermeidet. Bezüglich der sicheren, bezahlbaren und umweltfreundlichen Versorgung mit elektrischer Energie werden Hoffnungen artikuliert, denen die physikalisch-technisch-ökonomische Fundierung fehlt. Das sprichwörtliche Pferd wird von hinten aufgezäumt, wenn man über „Marktdesign“ philosophiert, bevor fundamentale Fragen geklärt sind. 

Die als „Säulen der Energiewende“ politisch zu „Siegern“ erkorenen Technologien Windkraft und Photovoltaik tragen zusammen rund zwei Prozent zur Deckung unseres Energiebedarfs bei. Will man auch nur ein Viertel des aktuellen Strombedarfs aus Windkraft decken, so muss man dazu über ganz Deutschland hinweg alle 8 km einen „Windpark“ à 10 Anlagen errichten.[2] Selbst mit diesem massiven Ausbau, der Mensch und Natur keine Rückzugsräume mehr ließe, wären allerdings nur rund 5 Prozent der Energieversorgung gewährleistet. Schließlich macht der Strom nur rund 20 Prozent des Energiebedarfs aus – ein Viertel eines Fünftels ist ein Zwanzigstel.

In Abbildung 1 siehe pdf Anhang ist die installierte Kapazität, d.h. die kumulierte Nennleistung aller deutschen Windkraftanlagen, als hellblaue Hintergrundfläche dargestellt.

Abbildung 1: Installierte Kapazität vs. tatsächliche Einspeisung deutscher Windkraftanlagen.

Wie unschwer zu erkennen ist, wurde diese kontinuierlich ausgebaut – es wurden immer mehr Anlagen aufgestellt. Darin besteht der bisherige „Erfolg“ der „Energiewende“.

Die Vordergrundfläche gibt die tatsächlichen Einspeisungen wieder. Wie ebenfalls unschwer zu erkennen, ist die Windkraft extrem volatil. An einigen Viertelstunden des Jahres liefern alle rund 25.000 Anlagen viel, an anderen zusammen fast nichts. Nicht im Ansatz ist eine Sockelbildung – also eine Art verlässliche Mindestgröße im Sinne einer Grundlastabdeckung – erkennbar. Dass der Grundsatz "viel hilft viel" auch künftig nicht gelten kann, ist mathematisch bewiesen. 

Diese Zusammenhänge und die Kennzahlen zur Windkraft in Deutschland haben wir Ihnen bereits anlässlich des Grünbuchs ausführlich präsentiert.

Aufgrund der Charakteristika der Wind- und Sonnenstromproduktion ist klar, dass geplante neue Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland die meiste Zeit völlig überdimensioniert sind, oft jedoch nicht in der Lage sind, den anfallenden Strom abzutransportieren. Die Stromautobahnen werden meistens entweder wegen Überfüllung geschlossen oder völlig ohne Wind- und Sonnenstrom betrieben.

Auf die unausweichlichen Fragen

woher kommt der Strom, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint?

und

wo ist der ökologische und wo der ökonomische Vorteil einer zusätzlichen Erzeugungs- und Verteilungsstruktur, wenn das Zusätzliche das Bestehende nicht ersetzen kann?“ 

bietet das Weißbuch keine plausiblen Antworten.

Vielmehr wird in nicht durch Zahlen und Berechnungen fundierten Statements die Illusion der Lösbarkeit aller Probleme genährt. So sind die „vielen Optionen zur Flexibilisierung des Strommarktes“ (Kasten S.13) allesamt nur auf geduldigem Papier, jedoch nicht mit spitzem Bleistift überzeugend darstellbar:[3] 

Der Verweis auf „flexible konventionelle Kraftwerke und Abregelungen“ ist der plausibelste aller Vorschläge, impliziert jedoch, dass wir weiterhin und in steigendem Maße „Energiemüll“ produzieren, die Notwendigkeit doppelter Infrastrukturen akzeptieren und damit steigende Stromkosten als Normalität betrachten. Wie das mit einer international wettbewerbsfähigen Industrie und sozialer Gerechtigkeit (Strompreise treffen ärmere Haushalte überproportional) einhergehen soll, ist nicht ersichtlich.

Der Hinweis auf „flexible Nachfrage“ (2. Bulletpoint) impliziert in letzter Konsequenz eine Rationierung von Strom. Unternehmen, die selbst im Wettbewerb stehen und Strom andernorts zu wettbewerblichen Konditionen (günstiger und bedarfsgerecht) beziehen, werden sich auf so etwas nicht einlassen.

Die Ausführungen zu „Speichern“ sind verzerrend: Pumpspeicher sind im Umfang des erforderlichen Speicherbedarfs unvorstellbar. Die einzige realistische Speicher-möglichkeit ist das Power-to-Gas-Verfahren – dessen ökologische und ökonomische Implikationen[4] sind jedoch grotesk. Andere Möglichkeiten sind nicht in Sicht.

Die Aussagen zu „leistungsfähigen Netzen“ verkennen physikalische und statistische Gesetzmäßigkeiten. Mehr dazu unten.

Anstatt diese Tatsachen zu diskutieren, werden Scheindebatten zu nebensächlichen Themen geführt. Daher sei auf der prozeduralen Ebene eine weitere Vorbemerkung erlaubt:

Der Umgang mit unserer Stellungnahme zum Grünbuch erscheint uns fragwürdig. Unsere grundsätzlichen Kritikpunkte, die sich auf anerkannte wissenschaftliche Gremien stützen, wurden nicht ansatzweise zur Kenntnis genommen. Insgesamt erscheint die Auswertung der Konsultation intransparent. Kritische Einlassungen wurden offenbar generell ausgeblendet. So wurde beispielsweise die Frage, inwieweit die EEG-Subventionen den technischen Fortschritt beeinflussen, im Sinne einer „Meinungsumfrage“ behandelt (S.29), ohne die Ergebnisse der Bundestags-Expertenkommission Forschung und Innovation[5] (EFI) überhaupt zu erwähnen.

In der Hoffnung, dass die Kommentare zum Weißbuch intensiver gelesen werden, möchten wir Sie im Folgenden auf einige gravierende Falschdarstellungen und Fehleinschätzungen aufmerksam machen:

II.          Detailkritik

Kritikpunkt 1:

„Stromnetze ermöglichen den überregionalen Ausgleich der Schwankungen von Nachfrage, Wind und Sonne. Darüber hinaus können bei gekoppelten Märkten auch die unterschiedlich verfügbaren Technologien effizienter genutzt werden (zum Beispiel Wind und Sonne in Deutschland, Wasserkraftspeicher in den Alpen und in Skandinavien). Insgesamt sind wesentlich weniger Reservekraftwerke oder netzstützende Systemdienstleistungen nötig; die Gesamtkosten werden gesenkt.“

Weißbuch, S. 14

Die hier aufgestellte Behauptung, es seien „wesentlich weniger Reservekraftwerke“ erforderlich, ist erwiesenermaßen unhaltbar. In ganz Europa gibt es Großwetterlagen, bei denen zwischen Ural und Portugal sowie zwischen Sizilien und dem Nordkap kein Wind weht. Dies war beispielsweise am 21.11.2011 abends um 18:00 der Fall:

    Abb. 2 siehe pdf Anhang: Windgeschwindigkeiten in Europa am 21. November 2011

Zu diesem Zeitpunkt konnte europaweit praktisch keine Leistung aus Solar- und insbesondere aus Windkraftwerken zur Verfügung gestellt werden. Selbst wenn an diesem Tag ein ausgebautes europäisches Stromnetz bereits vorhanden gewesen wäre, wäre eine Reservekapazität von 100% erforderlich, um die Stromversorgung zu diesem Zeitpunkt zu gewährleisten.

Kritikpunkt 2:

Versorgungssicherheit muss europäisch gedacht werden. Deutschland liegt geographisch in der Mitte Europas. Bereits heute ist der deutsche Strommarkt eng mit den Strommärkten seiner Nachbarländer verbunden (siehe Abbildung 7). Die derzeit nutzbaren Transportkapazitäten liegen bei ungefähr 20 GW und ermöglichen den grenzüberschreitenden Stromhandel (r2b 2014). Durch großräumige Ausgleichseffekte, insbesondere bei den Höchstlasten und der Einspeisung aus erneuerbaren Energien, kann im europäischen Binnenmarkt Versorgungssicherheit kostengünstiger erreicht werden. Die gemeinsame Höchstlast ist geringer als die Summe der nationalen Höchstlasten. Es müssen daher weniger Kapazitäten (konventionelle und erneuerbare Kraftwerke, Lastmanagement und Speicher) vorgehalten werden.

Weißbuch, S. 34

Die unterstellten „großräumigen Ausgleichseffekte bei der Einspeisung aus erneuerbaren Energien“ sind nicht zu erwarten. Wie in Abbildung 2 erkennbar, gibt es Wetterlagen in Europa, bei denen mangels Wind kein Ausgleich stattfinden kann. Allein daraus folgt, dass immer 100% Reservekapazitäten vorzuhalten sind. Inzwischen liegen aus zahlreichen europäischen Ländern die tatsächlichen Windkraft-Einspeisungen vor und sind im Internet veröffentlicht.

Aus den publizierten zeitlichen Verläufen der Windeinspeisung in (D, S, PL, SF, F, ES, DK, CZ und A), die in Abbildung 3 dargestellt sind, ist augenfällig, von welcher Qualität die beschriebenen Ausgleichseffekte in Europa sind. Leistungsspitzen treten in verschiedenen Ländern meist zeitgleich auf, was zur Folge hat, dass sich diese addieren. Ebenso offensichtlich ist, dass niedrige Leistungen gleichfalls häufig vorkommen.

Beim derzeitigen Ausbau der Windkraft in den genannten Ländern gibt es einen solchen Ausgleich eben gerade nicht!

Abb. 3 siehe pdf Anhang: Verlauf der Windkraft-Einspeisung in den betrachteten 9 Ländern

Ursache: Wir haben in aller Regel einheitliche westeuropäische Großwetter-lagen.

In diesem Zusammenhang verweisen wir auf eine Untersuchung, die im Internet unter http://euanmearns.com/wind-blowing-nowhere/ veröffentlicht ist. Dort wird nachgewiesen, dass ein Ausgleich in den genannten Ländern auch dann nicht möglich ist, wenn in allen Ländern die gleichen Produktionskapazitäten vorgehalten werden.

Zur Illustration wurden für Abbildung 4 die öffentlich zugänglichen Windkraft-Einspeisedaten der genannten neun Länder so umgerechnet, als hätten alle Länder die gleiche maximale Einspeiseleistung (die jeweiligen Nennleistungen sind dann Land für Land ungefähr gleich):

Abb. 4 siehe pdf Anhang: Summenhäufigkeit der Windleistung in den betrachteten 9 Ländern[6]

Die Höchstleistung jedes Landes hat den Wert 1. Der Maximalwert für alle Länder liegt daher bei 9. Durch diese Normierung wird die statistische Dominanz von Ländern wie Spanien und Deutschland mit ihren hohen installierten Nennleistungen eliminiert. Die Auswertung der so normierten eingespeisten Windleistungen zeigt, dass die Leistung für 40% der Betriebs-dauer zwischen 0 und 2 liegen (d.h. zwischen 0% und 22% der normierten Maximalleistung).  

Man erkennt diesen Zusammenhang wesentlich deutlicher, wenn man zur Auswertung die Histogramme der Leistung betrachtet:

Abb. 5 siehe pdf Anhang: Histogramm der normierten Leistung in den betrachteten 9 Ländern

Diese Auswertung zeigt, dass auch im europäischen Verbund niedrige Leistungen häufig und hohe Leistungen selten sind. Insbesondere liegt das Häufigkeitsmaximum bei einer normierten Leistung von 2, was 22% der normierten Maximalleistung entspricht.

Der Auftraggeber des Weißbuchs ist aufgefordert, seine Untersuchungen bezüglich der „elektrischen Nachbarn“ Deutschlands nach einschlägigen Regeln der Statistik erstellen zu lassen.

Kritikpunkt 3

Die Analysen zeigen: Im für Deutschland relevanten, auch seine „elektrischen Nachbarn“ einbeziehenden Marktgebiet ist die zeitgleiche residuale Höchstlast um mindestens 10 GW in 2015 und mindestens 20 GW in 2025 niedriger als die Summe der jeweiligen nationalen residualen Höchstlasten in demselben Gebiet. Diese länderübergreifenden Ausgleichseffekte sind im Umfang der verfügbaren grenzüberschreitenden Transportkapazitäten am Strommarkt nutzbar.

Weißbuch, S. 34

Die vorzuhaltenden Ersatzkapazitäten betragen 100%, da es in ganz Europa erwiesenermaßen windstille Dunkelheit gibt. Wie Abb. 3 zeigt, treten Leistungsspitzen in den europäischen Ländern gleichzeitig auf: Überproduktion in Frankreich und Deutschland erfolgt parallel. Aus diesem Grund ist die getroffene Aussage über die „elektrischen Nachbarn“ unhaltbar.

Wir wiederholen die Forderung, entsprechende statistische Untersuchungen von unabhängigen Institutionen durchführen zu lassen.

Kritikpunkt 4

Durch Lastmanagement können Unternehmen ihre Energie- und Produktionskosten senken. Unternehmen können ihre Produktion soweit technisch und betrieblich sinnvoll auf Zeiten mit geringen Strompreisen verlagern.

Weißbuch, S. 46

Die meisten  Unternehmen werden eine solche Störung ihrer Produktions-abläufe nicht akzeptieren. Stromangebots- statt Kundenorientierung ist in wettbewerbsintensiven Marktwirtschaften kaum vorstellbar. Schon heute verschieben namhafte deutsche Unternehmen ihre Investitionen zeitlich oder räumlich. Derlei Konzepte sind ein Beitrag zur De-Industrialisierung unseres Landes; schließlich finden Investoren andernorts bessere Bedingungen vor.

Kritikpunkt 5

Im Strommarkt 2.0 wird es durch den Abbau von Überkapazitäten und den Ausbau von erneuerbaren Energien zu volatileren Preisen kommen (siehe S. 38). Bei hohen Preisen kann es für Unternehmen wirtschaftlich interessant sein, ihren Stromverbrauch zu reduzieren, sodass der vorher gekaufte Strom gewinnbringend am Stromgroßhandelsmarkt verkauft werden kann (Lastreduktion). Entsprechend ihrer betriebswirtschaftlichen Entscheidung können die Unternehmen diesen Stromverbrauch zu einem späteren Zeitpunkt, das heißt bei niedrigeren Strompreisen, nachholen (Lastverschiebung) oder auf die Produktion verzichten (Lastverzicht). Bei niedrigen oder negativen Preisen können Unternehmen von der Situation am Strommarkt profitieren und ihre Produktion ausweiten (Lasterhöhung). Mittel- bis langfristig können flexible Unternehmen ihre Produktionsprozesse optimieren, um ihre Energiekosten strukturell zu senken, und so ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

Weißbuch, S. 46

Diese Aussage ist vor dem Hintergrund eines internationalen Wettbewerbs unhaltbar; schließlich stehen gerade energieintensive Unternehmen (z.B. Chemie, Stahlherstellung) im Wettbewerb mit Unternehmen, die zu jedem Zeitpunkt über preiswerte elektrische Energie verfügen können.

Kritikpunkt 6

Mit dem europäischen Stromhandel können die großräumigen Ausgleichseffekte und Effizienzgewinne bei der Last, der Einspeisung erneuerbarer Energien und beim Einsatz konventioneller Kraftwerke genutzt werden (siehe Kapitel 3.2). Dadurch müssen national weniger Kapazitäten vorgehalten werden. Versorgungssicherheit kann kostengünstiger gewährleistet werden.

Weißbuch, S. 54

Die falsche Behauptung großräumiger Ausgleichseffekte wird durch Wiederholung nicht richtiger.

Kritikpunkt 7

Die zunehmende Nutzung von Strom im Wärme- und Verkehrssektor sowie in der Industrie ist ein wichtiger Baustein der Energiewende (siehe Kapitel 6, Handlungsfeld 4). Entgelte und Abgaben sollen eine effiziente Kopplung der Sektoren ermöglichen.

Weißbuch, S. 70

Die Nutzung von Strom im Wärmesektor ist eine Entwertung hochwertiger elektrischer Energie, die hier nicht genutzt, sondern entsorgt wird. Indem elektrische Energie als Wärme entsorgt wird, müssen zusätzliche Ersatzkapazitäten für die Elektrizitätsversorgung geschaffen werden.

 

Kritikpunkt 8

Bei der Ausschreibung für Wind an Land zum Beispiel ist es wichtig, einerseits über hohe Flächenverfügbarkeit und -entwicklung Wettbewerb zu erreichen und andererseits durch hohe Investitionssicherheit die Kapitalkosten gering zu halten.

Weißbuch, S. 88

Hier wird die Wahrung der Profitinteressen einer bestimmten Branche, namentlich der Windkraftindustrie, zum expliziten Ziel des Regierungshandelns erhoben:

Welche andere Branche bekommt attestiert, dass es „wichtig“ ist, ihr alle erdenklichen Hürden aus dem Weg zu räumen?

Für wen ist es „wichtig“, dass – ungeachtet aller ökologischen Restriktionen –  immer mehr Flächen einer vollkommen sinnlosen Industrialisierung geopfert werden? Für wen ist es „wichtig“, dass bestehende Privilegien unangetastet und Kapitalkosten niedrig bleiben?

Der Bundesverband Windenergie hätte diesen Anspruch nicht besser formulieren können. Dass das vermeintlich Wichtige im Sinne einer ökologisch vorteilhaften und preisgünstigen Energieversorgung nicht nur unwichtig, sondern in hohem Maße schädlich ist, ist offenkundig und kann in wenigen anschaulichen Bildern nachvollzogen werden.

III.       Fazit

In der Betrachtung der Versorgungssicherheit im europäischen Verbund weist das Weißbuch erhebliche inhaltliche und fachliche Mängel auf. Nach unserer Einschätzung wurden die getroffenen Aussagen nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Statistik gewonnen und belegt.

Insbesondere widersprechen die getroffenen Aussagen zum Ausgleich in den europäischen Netzen bekannten Einspeisedaten aus den westeuropäischen Ländern. Die Aussagen zu den erforderlichen Reservekapazitäten sind angesichts erwiesener flächendeckender Windstille in ganz Europa unhaltbar.

Unter den Auswirkungen der auf falschen Prämissen und nicht hinterfragten  ideologischen Aussagen beruhenden Politik des Windkraftausbaus leiden die Menschen und die Natur bereits jetzt in nicht hinnehmbarem Maße. Die im „Weißbuch“ skizzierten Maßnahmen (insbesondere Kritikpunkt 8) werden die Situation verschlimmern.

Im Namen von mittlerweile 513 Bürgerinitiativen, die den lokalen Effekten dieser Fehlentwicklung entgegenwirken und den Interessen von Mensch und Natur Gehör verschaffen, fordern wir die Unterzeichner dazu auf, die Aussagen des Weißbuchs in einer Anhörung zur Diskussion zu stellen.

Wir lehnen es ab, einer überholten Maxime

„Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner begrenzten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“

       Gustav von Rochow (preußischer Innen- und Staatsminister)

zu folgen.


[1] vgl. Rede des Herrn Baake beim Pressegespräch am 3.7.2015.

[2] Dies folgt aus dieser simplen Dreisatzrechnung, wobei ein perfekt gesponnenes Stromnetz und die flächendeckende Anwendung des „power-to-gas“-Verfahrens bereits unterstellt wird.

[3] Unter anderem hat der Präsident des Ifo-Instituts die vorgeschlagenen Lösungen ausgiebig diskutiert und als offenkundig unplausibel und ins Nichts  führend entlarvt.

[4] Siehe dazu http://www.vernunftkraft.de/power-to-gas/

[5] Siehe Gutachten vom 26. Februar 2014.

[6] Zwischen den Abszissenwerten 7 und 9 ist die Summenhäufigkeit praktisch gleich 100%. 

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4 Kommentare

  1. Realsatire gefällig ?

    (FAZ
    Neue Kommission Die Drei vom Atom-Ausstieg

    Haben die großen Energiekonzerne auch genug Geld zur Seite gelegt, um den Atomausstieg bezahlen zu können? Zweifel daran gibt es. Eine neue Expertenrunde soll helfen – mit altgedienten Politikern an der Spitze.

    Die Kommission der Bundesregierung, die sich darum kümmern soll, dass genug Geld für den Atom-Ausstieg da ist, soll von drei Leuten geführt werden: Vorsitzende werden der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne), Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der frühere Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU), teilte das Wirtschaftsministerium an diesem Mittwoch in Berlin mit.

    Mich dünkt es ist etwas faul im Staate.

  2. #2: Wolfgang Rasim sagt:

    „Wie in # 1 richtig bemerkt, kann nur ein „Black out“ während einer langen Frostperiode (hoffentlich nicht, das kostet Menschenopfer) oder/und ein Strompreis über 50 ct/kWh den deutschen Michel von seinen Träumen befreien.“

    Hallo Herr Rasim,

    den deutschen Michel befreit nur eine Kraft von außen.
    Solange die schwarzrotgrüne Ökofaschistengehirnwäsche durch die Medien anhält, schluckt er alles. Siehe die Benzinpreise…
    Glauben Sie mir:
    die Leute zahlen glücklich 50 Cent/KWh,
    solange man Ihnen erklärt daß das so sein muß.

    Selber „denken“ – Fehlanzeige!

    MfG

  3. Dieses Weißbuch ist bestes Beispiel einer Leichenkosmetik, eigentlich schade um die Zeit des Lesens. Allein die propagierte Flexibilisierung des Strombezugs entspricht den sog. Spitzenzeiten in der ehem. DDR, ich durfte bis in die 1980er Jahre eine 29 kW- Umwälzpumpe einer Versuchsanlage in Dresden vormittags nur nach Absprache einschalten, also zurück in die Steinzeit!
    Ähnliche, von B90/Grünen in Auftrag gegebene Machwerke (Szenarien) zu „100 % Erneuerbare“ für Deutschland (Agentur für EE e. V. 2015) bzw. nur für das Land Brandenburg (Reiner Lemoine Institut 2012) erfüllen nicht einmal das Niveau eines studentischen Beleges, auch hier ist es schade um die Zeit.

    Wie in # 1 richtig bemerkt, kann nur ein „Black out“ während einer langen Frostperiode (hoffentlich nicht, das kostet Menschenopfer) oder/und ein Strompreis über 50 ct/kWh den deutschen Michel von seinen Träumen befreien.

    Hoffentlich kommt Dr. Ahlborn in der Sendung des MDR am Montag 19.10. 22.05 Uhr „Fakt ist“ gebührend zur Sprache, dort geht es um Windräder im Wald.

  4. Jeder der auch nur ein wenig Ahnung hat was Isobaren sind, weiß was diese Wetterlage für ALLE WKA in Mitteleuropa bedeutet:
    http://bit.ly/1NOHiXg
    Totalausfall! Es ist schon fast kriminell wenn die Politik diese Fakten ignoriert und eine „Energiewende“ voran treibt die ersichtlich nur ein Ergebnis kennt: Black out! Deutschland wird von Öko-Ideologen regiert, Zeit für eine andere Politik….

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