Geht beim “Milliarden-Überschuss beim Ökostrom” alles mit rechten Dingen zu?

von Rudolf Kipp
Wie in mehreren deutschen Medien vor kurzem berichtet wurde, ist zu erwarten, dass die EEG-Umlage im nächsten Jahr nicht nur nicht ansteigt, sondern zum ersten mal in der Geschichte dieser Sonderabgabe über eine Senkung nachgedacht wird. Grund dafür ist das am Ende des Monats August mit 1,5 Milliarden Euro prall gefüllte EEG-Konto. Wie das funktioniert, sei im Folgenden kurz erklärt.

Jeden Monat werden von den Netzbetreibern in Deutschland die Zahlen zur Einspeisevergütung veröffentlicht. Wichtig sind im Wesentlichen die Einnahmen (übers EEG) und die Ausgaben an die EE-Produzenten. Daraus ergibt sich dann die Monatsbilanz. In einem typischen Jahr ergibt sich daraus das Bild, dass im Winter mehr Geld in die EEG-Kasse eingezahlt wird, als an EE-Vergütung an die Produzenten ausgeschüttet werden muss. Hauptgründe dafür sind, dass die besonders teure Photovoltaik in dieser Zeit kaum produziert und dass wegen des höheren Stromverbrauchs im Winter über die Umlage mehr Geld eingenommen wird. In dieser Zeit ist das Saldo also Positiv, das EEG-Konto füllt sich.

Einnahmen und Ausgaben gehorchen Zyklen

Irgendwann im Frühjahr dann ändert sich das Bild. Meist ab April oder Mai wird wegen des dann anfallenden PV-Stroms und der entsprechend hohen Vergütung (zusammen mit den geringeren EEG-Einnahmen wegen des geringeren Stromverbrauchs) das Saldo negativ. Abhängig davon ob der Herbst besonders sonnig oder windig ausfällt, bleibt der Zustand so, bis das Saldo ab September oder Oktober wieder positiv wird. Wie sich das in den letzten Jahren abgespielt hat, zeigt die folgende Abbildung.


Man erkennt zum Beispiel, dass am Ende des Jahres 2011 das EEG-Konto ausgeglichen war. Entsprechend wurde von 2011 auf 2012 die EEG-Umlage kaum erhöht. Allerdings wurde Ende 2011 und im ganzen Jahr 2012 sehr viele Photovoltaik-Anlagen hinzugebaut. Dadurch stiegen die Ausgaben rapide an, so dass das EEG-Konto 2012 tief im Minus abschloss. Im Jahr 2013 wurde die EEG-Umlage bekanntlich auf 5,27 und 2014 schließlich auf 6,24 Cent angehoben.


Die Entwicklung der Ökostrom-Umlage von 2003 bis 2014.

Mehr Einnahmen, stagnierende Ausgaben

Wie man in der ersten Abbildung erkennt, führen die jüngste Anhebung und auch der Umstand dass 2014 bislang weder ein gutes Wind- noch ein gutes Sonnenstrom-Jahr war dazu, dass sich das EEG Konto bis zum Mai des Jahres  auf den bisherigen Höchststand von gut 1,6 Milliarden Euro Guthaben füllte. Man war also gut für die traditionell teuren Monate Juni bis September gerüstet, so das man damit rechnen konnte, dass der Anstieg der EEG-Umlage Ende des Jahres diesmal sehr klein ausfallen, oder gar entfallen würde. Also ähnlich wie von 2011 auf 2012.

Dass es jetzt sogar zu einer Senkung der EEG-Umlage kommen soll ist allerdings schon eine Überraschung. Ein Zusammenhang mit der Novelle EEG ist laut Spiegel noch nicht gegeben.

Mit der im August in Kraft getretenen Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die Förderkürzungen vorsieht, hat die Entwicklung noch nichts zu tun – deren Auswirkungen werden erst bei 2016 sichtbar werden.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vermutet, dass der schlechte Sommer mit wenig Sonnenstunden die Hauptursache ist:

Gabriel hilft, dass die Sonne wenig schien und die teuren Solaranlagen weniger Kosten verursacht haben als erwartet. Das dürfte auch das überraschend hohe Plus von 442 Millionen Euro im August auf dem Ausgleichskonto erklären.

Und der Tagesspiegel aus Berlin mutmaßt gar, dass hinter der jetzt angekündigten Senkung ein perfider Rechentrick der Regierung steckt. In den letzten Jahren sei in die EEG-Umlage eine Liquiditätreserve eingebaut worden, die so hoch angesetzt war, wodurch die EEG-Umlage in diesem Jahr zu hoch angesetzt wurde. Das hätte einerseits geholfen, den Handlungsdruck zur Durchführung einer Reform zu erhöhen, andererseits würde die dadurch jetzt erforderliche Rücknahme der (zu hohen) Umlage der EEG-Raform schnelle Erfolge liefern:

Die hohe Umlage hat Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) geholfen, die EEG-Reform durchzudrücken und lässt ihn jetzt irgendwie gut aussehen.

Die Erklärungen sind unzureichend

Beides ist irgendwie richtig, erklärt aber nicht warum die EEG Einnahmen im August in diesem Jahr höher ausgefallen sind, als die Ausgaben. Ein Plus im Saldo im August hat es bislang noch nicht gegeben. Mit über 400.000 Euro fiel es sogar fast so hoch aus, wie das im Januar diesen  Jahres.

Dabei war der August gar nicht so negativ für EE-Produzenten, wie man nach dem schlechten Wetter eigentlich hätte vermuten können. Zwar war die  Photovoltaik mit 14,0 % Auslastung um einiges unter dem Mittelwert der Jahre 2011 bis 2013 (16,1 %) Die Auslastung der Windkraft lag mit 12,6 % allerdings über dem Mittelwert der Jahre 2011 bis 2013 (11,6 %). Auch war das Jahr 2014 bis heute nicht so schlecht für die Produzenten von Wind- und Photovoltaikstrom, wie ein Blick auf die Tabelle links zeigt. Im letzten Jahr waren die Auslastung (Januar bis August) sogar deutlich schlechter, und nach dem Jahr wurde die Umlage deutlich erhöht.

Was tatsächlich zu dem Plus im Monatssaldo beim EEG-Konto geführt hat, zeigt ein Blick in die Abrechnung. Diese unterliegen der Veröffentlichungspflicht und können auf der von den deutschen Netzbetreibern eingerichteten SeiteNetztransparenz.de eingesehen werden. Und hier findet man auch, warum die Bilanz für den Monat August so positiv ausfällt.

Auf der Ausgabenseite der Bilanz machen den größten Teil die finanziellen Förderungen nach den Paragraphen 19, 52, 57 (1) und 100-102 aus. Das sind die klassischen Zahlungen der Einspeisevergütung an diejenigen EE-Produzenten, die Ihren Strom ins Netz einspeisen und die zur Zeit der Inbetriebnahme ihrer Anlage gültigen Vergütungssätze beziehen.

Marktprämie zweitgrößter Kostenblock

Der zweitgrößte Kostenpunkt (und in manchen Monaten sogar der größte) ist die Auszahlung der sogenannten Marktprämie (§ 33g des EEG von 2012). Diese wird an EE-Produzenten bezahlt, die ihren Strom selbst vermarkten, also an einen Stromanbieter oder Netzbetreiber verkaufen. Da der hierbei erzielte Preis naturgemäß deutlich niedriger ist als die garantierte EE-Vergütung, erhalten die Erzeuger die Differenz ausbezahlt. Im Juli dieses Jahres betrugen die Direktzahlungen für EE-Strom kanpp 1,7 Milliarden Euro, das waren knapp 69 Prozent der Gesamtausgaben in dem Monat. Die Prämienzahlungen machten mit 737 Millionen Euro knapp 30 Prozent aus.

Die Überraschung kommt, wenn man sich die Zahlen vom August anschaut. 1,43 Milliarden für Direktzahlungen, also wetterbedingt weniger als im Juli, aber überhaupt keine Zahlung für die Marktprämie. 


In der Zeile 1a steht seit diesem Monat nicht mehr, wie bisher“Prämienzahlungen nach § 33g, § 33i, § 35 (1a) EEG”, sondern schlicht “entfallen ab 1.8.2014″. Demnach kann die Aussage von Spiegel Online, mit der im August in Kraft getretenen Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes haben die guten Zahlen nichts zu tun, so ganz nicht stimmen.

Wer zahlt die Marktprämie ab dem 01.08.2014?

Fakt ist, dass die Marktprämie mit der EEG-Novelle nicht abgeschafft wurde. Die Paragraphen 34 bis 36 in neuen EEG regeln diese und klingen (zumindest für einen juristischen Laien wie mich) ganz ähnlich wie die bisherige Regelung. Nur, scheinen ab August die Kosten hierfür aus einem anderen Topf zu kommen.

Die hier zu klärende Frage ist also: Wird die Marktprämie auch weiterhin wie bislang ausbezahlt? Wenn das so ist, und wenn das nicht so wäre hätte man davon sicher von Seiten der EE-Lobby gehört, aus welchen Mitteln wird diese dann jetzt bestritten, wenn nicht mehr aus der EE-Umlage? So wie sich der Fall bisher darstellt, sieht die Geschichte nach dem Milliarden-Überschuss bei der Ökostrom-Zulage nach einer Mogelpackung aus.

Zuerst erschienen bei ScienceSceptical 

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3 Kommentare

  1. Werte Mitleser, mit dem EEG-Konto verhält es sich folgendermaßen:

    Ab 01.08.2014 wurde die AusglMechV, die die Wälzung der EEG-Kosten regelt, in der Form geändert, dass die Marktprämien an die EE-Betreiber nicht mehr als Abschlag im Leistungsmonat, also im lfd. Monat, vorgenommen werden, sondern als genauere Abrechnung im folgenden Monat.
    Es ergibt sich also lediglich eine Verschiebung um 1 Monat.
    Nach Informationen aus der Branche handelt es sich etwa um 740 Mio Euro, die im August in den EEG-Ausgaben fehlen.
    Diese werden dann im September im EEG-Konto erscheinen und zwar dann innerhalb der ersten Ausgabenposition, also bei den garantierten Vergütungen.
    Das klingt natürlich erst mal nicht weiter spektakulär, denn es handelt sich nur um eine Verschiebung um 1 Monat!
    Wenn man allerdings weiß, dass für die Berechnung der EEG-Umlage 2015 der Kontostand des EEG-Kontos am 30.09.2014 maßgeblich ist, kriegt das ganze natürlich eine politische Komponente. Wären nämlich im August und September jeweils etwa 500 bis 700 Mio Euro als Auszahlung auf dem EEG-Konto gebucht worden, wäre das Konto am 30.09. nur wenig im Plus. So ist es aber auf jeden Fall 740 Mio Euro mehr im Plus, da die August-Auszahlungen fehlen! Damit kann dann der „Dicke“ schön Politpropaganda machen und sagen: seht her, meine Reform des EEG zum 01.08. trägt Früchte! Das EEG-Konto ist im Plus und wir werden die EEG-Umlage 2015 senken.
    Dem „Dicken“ geht es natürlich dabei nicht darum, zu sagen, dass die sog. EE jetzt billiger geworden sind, sondern nur um den eigenen politischen Showeffekt!
    Aber die EE-Lobby spitzt schon die Stifte. Sie müssen sich nur noch entscheiden, in welche Richtung sie Propaganda betreiben wollen. Sie könnten entweder sagen, dass die Umlage sinkt, weil die EE jetzt billiger werden (was natürlich Quatsch ist), oder sie sagen, die Umlage wird aus politischen Gründen niedrig gehalten. Allerdings würden sie mit der zweiten Variante ja auch zugeben, dass die sog. EE immer noch nicht billiger geworden sind. Also wird noch auf die Industrieprivilegien draufgehauen werden und sie erfinden irgendwelche anderen Sachen, warum die EEG-Umlage immer noch so hoch ist. Sie werden die Senkung als „politisch motiviert“ bezeichnen (was richtig ist) und dann die absolute Höhe der Umlage der bösen konventionellen Energiebranche in die Schuhe schieben (was natürlich Unsinn ist).
    Es wird jedenfalls spannend! 🙂

    Tatsächlich kann es sein, dass die EEG-Umlage in 2015 aus verschiedenen Gründen etwas sinken könnte. Allerdings hat das weder mit dem Polittrick des „Dicken“ noch mit billigeren sog. EE zu tun.
    Es war schlicht und ergreifend ein Scheiß-PV-Sommer und der Zubau an PV-Anlagen hat sich mal wieder fast halbiert. Das war ja in der Prognose des letzten Jahres so nicht vorhersehbar. Deswegen war die Umlage letztes Jahr tendenziell etwas zu hoch (wegen der zu hohen Prognose, aber wer kann schon die Zukunft voraus sagen?), dazu kommt entlastend der Liquiditätspuffer, der wohl tlws. aufgelöst werden kann, dazu kommen weniger Zinsausgaben der ÜNB (durch den Liquiditätspuffer) und dazu kommen höhere Zinseinnahmen der ÜNB, die dem EEG-Konto gutgeschrieben werden. Das könnte alles in allem etwa 0,3 bis 0,5 ct Umlage ausmachen. Dem steht allerdings eine Zunahme der Windanlagen (Vorziehungseffekt wegen drohender Vergütungskürzung) sowie eine Ausweitung der Industrieprivilegien ggü.
    Und falls der gesamte deutsche Stromverbrauch in 2014 ggü 2013 auch weiter gefallen ist, so wie in den Vorjahren, wirkt sich das auch umlageerhöhend aus, da ja die EEG-Zahlungen auf weniger Letztverbrauchermengen verteilt werden können, was den Anteil des einzelnen erhöht!
    Also die ÜNBs wissen zur Zeit noch nicht, in welche Richtung die Umlage geht.
    Fakt ist, dass durch die Verschiebung der Auszahlung der Marktprämien um einem Monat der Saldo des EEG-Kontos etwa 740 Mio Euro zu hoch ist. Und das wird der „Dicke“ doch sicher politisch nutzen! Also eine geringe Senkung der Umlage aus politischen Gründen ist auch denkbar!

  2. Es ist doch beginnend in 2013 eine Liquiditätsreserve aufgebaut worden um den unterjährigen Kreditbedarf für die ÜNB zu mindern und Zinszahlungen zu Lasten des EEG-Konto zu vermeiden. Das würde ich weitgehend dafür verantwortlich machen, daß EEG-Kontostand aktuell positiv ist.

    Zur Entwicklung der EEG-Umlage
    tinyurl.com/osomnuj

    Zur Liquiditätsreserve findet man was auf Seite 10

  3. Im Science Skeptical Blog hat ein Leser auf folgenden Artikel aufmerksam gemacht:
    http://tinyurl.com/kq9v73a

    „Der Blick auf die Ausgabepositionen des EEG-Kontos zeigt, dass die bislang in Position 1a ausgewiesenen Prämienzahlungen ab dem 1. August wegfallen. Künftig werden die Prämien in Position 1 gemeinsam mit den fixen Vergütungszahlungen an Anlagenbetreiber, die den Strom nicht über das Marktprämienmodell vermarkten, aufgeführt. Wie ein Übertragungsnetzbetreiber auf EUWID-Anfrage erläuterte, ergibt sich hier im Zuge der Novelle des EEG und der entsprechend angepassten AusglMechV ein Einmaleffekt mit nachhaltiger Wirkung, da sich bei einem Übertragungsnetzbetreiber Auszahlungen in den Folgemonat verschieben. Daraus resultiert für den August ein außerordentlicher Entlastungseffekt.“

    Ich bin mal gespannt, wie die Korrektur in den nächsten Monaten ausfällt. Grob überschlagen sind die Ausgaben im August bislang 700 Mio. Euro zu niedrig.

    Man wundert sich immer wieder, dass unsere „Qualitätspresse“ sich solche Fragen nicht stellt. Das da etwas nicht richtig war, war offensichtlich.

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