Kernenergie: 100 Gründe und 100 gute Antworten. Fortsetzung #25 bis #27

In der Welt von Ursula und Michael Sladek mit ihrem sagenhaften Subventionsgrab „Elektrizitätswerke Schönau” (EWS) passieren Erdbeben immer nur bei Kernkraftwerken, und dann auch gleich mit unerwarteter Stärke. Da nützt auch der praktische Beweis aus Japan nichts, dass sich beim historischen Erdbeben 2011 sämtliche betroffenen Kernkraftwerke automatisch abgeschaltet haben, man kann nie wissen, was „die Kräfte im Untergrund” so treiben. Keine Wahrscheinlichkeit ist klein genug, um nicht doch einzutreten. Und dann ist der Sladeksche Weltuntergang auch nicht mehr weit…

..Kernkraftwerke müssen 200 mal so stark wie Krankenhäuser gegen Erdbeben abgesichert sein, aber nur bei Kernkraftwerken gibt es in der Sladek-Welt Verletzte (#25). Außerdem sind Kernkraftwerke wahre Flugzeug-Magneten (#26). Der doppelt gepanzerte und von Betriebsgebäuden eingerahmte Europäische Druckwasserreaktor EPR wird von Flugzeugen natürlich locker durchschlagen (#27), und alles, was möglich ist, tritt in der Katastrophenwelt der Sladeks auch prompt ein. Dabei wird permanent der Reaktorkern mit der Außenhülle, und der Schadensfall mit einer internationalen Katastrophe verwechselt. Nur der kleinste Riss in der Außenhülle, und die Welt ist verloren. Wir trauern schon jetzt um die Sladeks.

Hundert gute Antworten #25 – #27, die bisherigen Antworten finden Sie in den EIKE-News (Energie) vom 29.3.2013, 3.4.2013, 7.4.2013, 10.4.2013, 16.4.2013, 19.4.2013.

#25: Erdbebengefahr

Behauptung: Atomkraftwerke sind nicht ausreichend gegen Erdbeben geschützt.

Die EWS behaupten

Fessenheim bei Freiburg, Philippsburg bei Karlsruhe und Biblis bei Darmstadt – alle drei Atomkraftwerke stehen im Oberrheingraben, der seismisch aktivsten Zone Deutschlands. Trotzdem sind sie wie alle Reaktoren in Deutschland;nur leicht gegen Erdbeben gesichert.

Das Atomkraftwerk Fessenheim etwa würde ein Beben, wie es 1356 die Stadt Basel zerstörte, nur überstehen, wenn das Epizentrum mindestens 30 Kilometer entfernt wäre. Ob sich die Kräfte im Untergrund daran wohl halten?

Das Atomkraftwerk Biblis ist nur gegen Erdbeschleunigungen von 1,5 m/s2 ausgelegt. Seismologen erwarten zwischen Mannheim und Darmstadt allerdings deutlich stärkere Stöße. Und im kalkigen Untergrund des AKW Neckarwestheim wäscht das Grundwasser Jahr für Jahr bis zu 1.000 Kubikmeter neue Hohlräume aus.

„Weiterführende Informationen” der EWS und „Quellen” der EWS

Richtig ist …

Auch ein Vielfaches der 1,5 m/s2 ist technisch kein Problem, wie japanische Reaktoren zeigen. Da derartige seismische Beschleunigungen an einem in Deutschland stehenden Kernkraftwerk statistisch aber nur alle 100.000 Jahre zu erwarten sind, ist eine höhere Auslegung nicht sinnvoll. Diesbezüglich hat sich sogar die EU-Kommission in ihrem letzten Stresstest geirrt, die offenkundig sämtliche Berichte deutscher Behörden und Betreiber zur Erdbebensicherheit nicht richtig gelesen hatte. Die seismischen Messinstrumente und Standsicherheiten gegen das oben genannte Bemessungserdbeben sind natürlich vorhanden sowie vorgeschrieben. Zum Vergleich, Notfalleinrichtungen wie Krankenhäuser sind auf seismische Aktivitäten ausgelegt, wie sie alle 500 Jahre auftreten. In diesen Einrichtungen sind dann Opfer garantiert, nicht aber bei Kernkraftwerken.

Außerdem gibt es eine große Sicherheitsmarge, so dass deutsche KKWs vermutlich auch die doppelte Erschütterung schadlos überstehen. Und auch hier gilt natürlich: Ein Schadensfall bedeutet noch lange keine Kernschmelze, und eine Kernschmelze noch lange keine nennenswerten Kontaminationen bei der Bevölkerung.

Quellen von KRITIKALITÄT


#26: Flugzeugabsturz

Behauptung: Atomkraftwerke sind nicht gegen Flugzeugabstürze geschützt.

Die EWS behaupten

Kein Atomkraftwerk in Deutschland würde den Absturz eines vollgetankten Passagierflugzeuges überstehen. Das hat die Gesellschaft für Reaktorsicherheit in einem – ursprünglich geheimen – Gutachten für das Bundesumweltministerium erläutert.

Sieben Reaktoren haben sogar nur so dünne Betonwände, dass bereits der Absturz eines Militärjets oder ein Angriff mit panzerbrechenden Waffen eine Katastrophe auslösen kann.

„Weiterführende Informationen” der EWS und „Quellen” der EWS

Richtig ist …

Statistisch gesehen muss ein deutsches Kernkraftwerk alle 1,6 Millionen Jahre mit einem Treffer durch ein Verkehsflugzeug rechnen. Selbst für die sieben älteren Reaktortypen, die nicht explizit gegen Flugzeugabstürze gesichert sind, führt dies nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 15% zum Durchschlagen der äußeren Hüllen. Die neueren Reaktoren haben deutlich dickere Außenwände, der EPR, den Deutschland maßgeblich mitentwickelt hat, aber nun nicht mehr haben will, sogar eine Doppelwand.

Und selbst wenn das Flugzeug ein Loch reisst und es innen zu Bränden und Kühlmittelverlust käme – eine Kernschmelze zu bewerkstelligen ist extrem schwierig, da die Sicherheitsvorrichtungen überall verteilt sind. Die mehrere Meter dicke innere Barriere (biologischer Schild und Reaktordruckbehälter) schirmt den schmelzenden Kern ab, über einen separaten Kamin kann gefiltert entlastet werden – die Folgen für die Bevölkerung wären dieselben wie 1979 in Harrisburg, nämlich außer einer kurzen (unnötigen) Evakuierung, keine. Panzerbrechende Geschosse scheitern zwangsläufig an den viel zu dicken inneren Barrieren.

Flugzeuganschläge auf Kernkraftwerke haben nicht mal versuchsweise stattgefunden. So makaber es klingt – Terroristen können offensichtlich rechnen.

Quellen von KRITIKALITÄT


#27: Einstürzende Neubauten

Behauptung: Selbst neue Reaktortypen sind nicht sicher.

Die EWS behaupten

Auch bei dem angeblich so hochmodernen Europäischen Druckwasserreaktor (EPR), an dem der französische Atomkonzern AREVA derzeit in Finnland und Frankreich baut, sind schwere Unfälle bis hin zur Kernschmelze möglich. Große Mengen radioaktiver Stoffe könnten in die Umgebung gelangen. Die Leittechnik, die den Reaktor steuern und im Notfall sicher herunter fahren soll, halten die finnische, die britische und die französische Atomaufsicht gar für so riskant, dass sie dagegen mit einer gemeinsamen Erklärung protestierten.

Noch nicht einmal gegen einen simplen Flugzeugabsturz ist der angeblich supersichere neue Reaktor geschützt. Anstatt dessen Bau zu stoppen, stempelte die französische Regierung die brisante Expertise lieber zur militärischen Verschlusssache.

„Weiterführende Informationen” der EWS und „Quellen” der EWS

Richtig ist …

Es handelt sich mitnichten um eine Protestnote. Die drei Aufsichtsbehörden haben lediglich ihren Job getan und Verbesserungen vorgeschlagen, die von AREVA sofort umgesetzt wurden. In der gleichen Note werden die gute Zusammenarbeit und die hohen Sicherheitsstandards gelobt.

Allgemeinplätze wie „schwere Unfälle sind möglich” sind bedeutungslos, wenn keine Wahrscheinlichkeiten dafür angegeben werden. Die sind nämlich extrem gering, wie umfangreiche Studien zeigen. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadensfalls, der noch lange nicht zu einer Kernschmelze führt, ist beim EPR 1:1.000.000 pro Jahr. Sogar ein komplett geschmolzener Reaktorkern, wie es ihn in der ganzen Geschichte noch nie gegeben hat, kann hier noch kontrolliert gespeichert und gekühlt werden.

Gerade gegen Attacken von außen wie Flugzeugabstürze ist der EPR durch die gesamte Bauweise (meterdicke doppelwandige Stahlbetonsicherung) und die kompakte Anordnung der umliegenden Gebäude extrem gut gesichert, das kann sogar ein Laie erkennen. Nur noch die allergrößten Jumbojets könnten bei einem gezielten Anflug mit hoher Geschwindigkeit rein hypothetisch die Kuppel beschädigen, kaum aber das Innenleben, und schon gar nicht den Reaktorkern. Dass der EPR „nicht einmal gegen einen simplen Flugzeugabsturz” geschützt sei, ist eine freie Erfindung. Oder eine freche Lüge.

Quellen von KRITIKALITÄT


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4 Kommentare

  1. Ergänzung zu Herr/Frau Allendinger, damit es auch Laien nachvollziehen können.

    Militärflugzeuge sind schnelle Geschosse mit sehr wenig Ausdehnung wie Pfeile, Verkehrsflugzeuge weich und ausgedehnt, wenn man bei dem Pfeilvergleich bleiben will, eher wie ein Frisbee.

    Wer jetzt die Frage beantwortet ob er lieber von einem Frisbee oder einem Pfeil am Kopf getroffen werden will, weiß was für ein Kernkraftwerk das Schlimmere Szenario ist.

  2. Unsere verwirrten Freunde aus der Ecke der Kernkraftgegner machen aktuell wieder von sich reden:

    „Seit den frühen Morgenstunden ist die Zufahrt des Atomkraftwerk Neckarwestheim blockiert.“

    Quelle: http://tinyurl.com/bt6cgt8
    (der Link verweist direkt auf eine Antikernkraftseite die ansonsten aber nicht Lesenswert scheint, die Meldung geht aber auch bereits durch die Presse!)

  3. In Bezug auf #26: Flugzeugabstuerze.
    Dies ist tatsaechlich eine ausgemachte Verdummung.

    Verkehrsflugzeuge sind im Grunde genommen ziemlich duenne und „weiche“ Rohre aus Alu-Blech. Der Rumpf und die Tragflaechen haben deshalb absolut keine Chance gegen die dicken Betonwaende einer Reaktorkuppel.

    Man sieht ja auch bei Flugzeugabstuerzen auf dem flachen Land nie einen tiefen Krater, obwohl der Aufschlag auf weichen Erdboden erfolgte, nicht auf massiven Stahl-Beton.

    Die Einzigen Teile eines Flugzeugs, die eine hoehere Durchschlagskraft haben, sind die Wellen der Triebwerke. Diese sind aber an den Tragflaechen verteilt (ausser bei Militaerflugzeugen).

    Und was ein Militaerflugzeug an einer Reaktor-Betonwand beim Aufprall ausrichten kann, sieht man in dem Video im Kommentar #1.

    Dieser Test in dem Video wurde uebrigends schon vor vielen Jahren durchgefuehrt (vor 9/11) und wurde speziell durchgefuehrt, die Auswirkungen eines „worst-case“ Flugzeugabsturzes auf eine Reaktorwand zu testen (800 km/h Aufprall).

    Die verwendete F4 hat sehr schwere Triebwerkswellen und beide Triebwerke sind nahe dem Aufprallzentrum konzentriert. Damit ist der „worst-case“ erreicht.

    Die Betonwand im Video hatte ca. 5cm tiefe Krater an den Stellen wo die Triebwerkswellen einschlugen.

    Ein Verkehrsflugzeug kann uebrigends in Bodennaehe selbst bei voller Triebwerksleistung keine 800 km/h erreichen (nur in ~10km Hoehe, da da die Luft duenn genug ist).

    Ein mir bekannter Bauingenieur, der sich mit Reaktorbauten auskennt, hat mir gesagt, dass die einzige Auswirkung innerhalb des Reaktorgebaeudes eine kurzzeitige Ueberschreitung der zugelassenen Laermgrenze am Arbeitsplatz waere (Wahrscheinlich Grund 101 🙂 )

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