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Wasserstoff und Kernenergie

 Heute werden über 95% aus fossilen Energieträgern – hauptsächlich aus Erdgas durch Dampfreformierung – und knapp 5% über Elektrolyse als Nebenprodukt z. B. bei der Chlor-Elektrolyse gewonnen. Nachdem sich nun auch bei „Energiewendern“ die Erkenntnis rumspricht, daß man für die Stromproduktion durch Windmühlen Wind benötigt und bei der Photovoltaik zumindest Tageslicht, kommt man auf die Schnapsidee Wasserstoff als Energieträger im großen Maßstab einzusetzen. Die neuen Zauberwörter der Schlangenölverkäufer sind „Wasserstoffwirtschaft“ und „Sektorenkopplung“: Man will nicht nur elektrische Energie während der Dunkelflauten aus Wasserstoff herstellen, sondern ihn auch als Kraftstoff, zur Gebäudeheizung und für alle möglichen industriellen Anwendungen einsetzen. Auf solch eine Kopfgeburt kann nur einer kommen, für den Thermodynamik lediglich ein Wort mir 13 Buchstaben ist.

Hans im Glück

Wasserstoff kommt in der Natur praktisch nur in chemischen Verbindungen (Wasser H2 O, Erdgas CH4 usw.) vor. Diese müssen erstmal geknackt werden um Wasserstoff zu gewinnen. Dazu ist viel Energie nötig. Will man Wasser mittels Elektrolyse zerlegen, benötigt man etwa 4,4 kWh pro Normkubikmeter Wasserstoffgas. Verbrennt man diesen einen Normkubikmeter wieder, kann man nur 3,0 kWh (unterer Heizwert) zurückgewinnen. Geschieht dies in einem modernen Kombikraftwerk (Wirkungsgrad 60%) werden daraus nur 1,8 kWh elektrische Energie zurückgewonnen. Wohlgemerkt, hier wurde noch kein einziger Kubikmeter transportiert oder gespeichert. Beides ist – ob verdichtet oder verflüssigt – nur mit beträchtlichem Energieaufwand möglich. Wie man es auch dreht und wendet, in der Praxis bekommt man nur rund 1/3 zurück – oder anders ausgedrückt haben sich die Stromkosten (ohne jede Investition für die Elektrolyse) schon allein wegen der Umwandlungsverluste verdreifacht.

Man hat uns ja inzwischen beigebracht, daß der Wind – wie schon vorher die Sonne – keine Rechnung schickt. Gleichwohl sind gewaltige Investitionen in die Errichtung von Windparks notwendig. Hinzu kommen noch Betriebs- und Wartungskosten, die ebenfalls nicht gering sind, wie man heute gelernt hat. Alle Kosten müssen jedenfalls durch die Stromerlöse und Subventionen wieder eingebracht werden. Unter Grundlast in einem Netz versteht man die kleinste Leistung die immer anliegt – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Will man die Grundlast durch Windmühlen abdecken, braucht man dafür etwa die 8–9 fache installierte Leistung. Der Grund ist trivial: Wenn kein Wind weht, wird auch kein Strom produziert, egal wie viele Windmühlen man gebaut hat! Will man in schwachen Zeiten zu füttern, muß man die erforderliche Menge elektrischer Energie vorher produziert haben. In 2019 betrug die Arbeitsausnutzung der Windmühlen in Deutschland 28% (installierte Leistung 53,912 GW, Stromproduktion 131,8 TWh). Leider muß man die hierfür produzierte Energie speichern und bekommt über den Weg Wasserstoff nur etwa 1/3 zurück (siehe oben). Hinzu kommen selbstverständlich noch die Investitionen für die Elektrolyse, die Speicher und das Backup-Kraftwerk. Man könnte es auch anders formulieren: Wer den Menschen vorgaukelt, es wäre eine (wirtschaftliche) Stromversorgung nur mit Wind und Sonne möglich, der lügt. Es ist deshalb kein Zufall, daß alle einschlägigen „Energiewender*Innen“ immer von Zwangsabschaltungen – sprachlich getarnt als „Smart-Meter“ – und Konsum- und Wohlstandsverzicht – sprachlich getarnt als „Energieeffizienz“ – schwadronieren.

Transport und Speicherung

Wasserstoff ist ein Gas mit extrem geringer Dichte: Ein ganzer Kubikmeter wiegt noch nicht einmal 90 Gramm. Es muß deshalb verdichtet oder verflüssigt werden um es überhaupt transportieren und lagern zu können. Wenn man es auf 700 bar verdichtet (Industriestandard für PKW) hat es gerade mal einen Energiegehalt von 1,32 kWh/Liter. Selbst wenn man es durch Abkühlung auf -253°C verflüssigt, beträgt sein Energiegehalt gerade mal 2,34 kWh/Liter. Zum Vergleich: Benzin hat einen Energiegehalt von rund 8,7 kWh/Liter.

Selbst für den Transport in Rohrleitungen oder der Speicherung in Kavernen muß es verdichtet werden. Jede Verdichtung erfordert eine Menge elektrische Energie und ist immer mit erheblichen Verlusten verbunden. Wenn es in Pipelines strömt, entstehen ebenfalls Verluste durch Reibung. Man bevorzugt deshalb für sehr lange Strecken eine Verflüssigung und Tankschiffe. Allerdings werden für die Verflüssigung von Wasserstoff allein rund 35% seiner Energie benötigt. Spätestens hier sollte der geneigte Leser verstehen, warum wir uns in einer Welt von Mineralölen und Erdgas bewegen. Oder anders ausgedrückt, welche brutalen Konsequenzen drohen, wenn wir alle Fahrzeuge auf Wasserstoff umstellen wollen. Das Gerede von „Sektorkopplung“ (Strom aus Wind und Sonne wird benutzt um Kraftstoffe und andere Energieträger herzustellen) ist nur ein weiteres Neusprechwort für „Mobilitätsverzicht“. Ganz davon zu schweigen, daß Deutschland viel zu klein ist, um es mit der erforderlichen Anzahl von Windmühlen zupflastern zu können. Bahnt sich hier schon wieder das „Volk ohne Raum“ an?

Wasserstoff durch Kernenergie

Hat man erst einmal die Konsequenzen des „Grünen Wasserstoffs“ verstanden, ist die Produktion durch vorhandene Druckwasserreaktoren nicht mehr so abwegig. Immer unter der Voraussetzung, man lehnt die Produktion aus fossilen Energieträgern ab. Das erste Argument liefert die Arbeitsausnutzung (Kernkraftwerk 90%, Windmühlen in Deutschland 28%) oder mit anderen Worten, wie viel Wasserstoff man mit einer gegebenen Anlage produzieren kann. Das zweite Argument sind die Energiekosten. Wärmeenergie ist immer billiger als elektrische Energie. Dies ist der Grund, warum heute rund 95% des Wasserstoffs aus Erdgas hergestellt werden. Aber auch bei der Elektrolyse kann man durch erhöhte Temperaturen elektrische Energie einsparen. Bei einem Kraftwerk ist die Auskopplung von Wärme kein Problem. Der Anbau an konventionelle Kernkraftwerke ist hier nur der erste Schritt. Kommen (später) Reaktoren mit höheren Betriebstemperaturen zum Einsatz, wird der Vorteil noch gravierender. In fernerer Zukunft könnten Hochtemperaturreaktoren sogar den Weg über chemische Verfahren (z. B. Jod-Schwefelsäure) gehen.

Das U.S. Department of Energy (DOE) fördert eine Dampf-Elektrolyse-Anlage an einem Kernkraftwerk (wahrscheinlich Prairie Island Nuclear Generating Station von Xcel Energy) in USA mit $13,8 Millionen. Xcel Energy verfügt über einen hohen Anteil von Windenergie mit dem entsprechend stark schwankenden Angebot. Eine Fragestellung soll deshalb sein, ob man Energie aus dem Reaktor auskoppeln kann, ohne diesen bei Windspitzen abregeln zu müssen. Dies wäre damit die erste unmittelbare Kopplung von Wind- und Kernenergie bei einem Versorger. Böse Zungen könnten auch sagen: Eine den Markt verzerrende Subvention der Windenergie soll durch Subventionen bei einem vorhandenen Kernkraftwerk geheilt werden.

Ein zweites Förderprogramm des DOE über $12,5 Millionen unterstützt die Kooperation von FuelCell Energy of Danbury mit dem Idaho National Laboratory. Ziel ist die Entwicklung von Festkörper-Elektrolyse-Zellen mit hohem Wirkungsgrad und geringen Kosten als 200 bis 500 MW Module zur Nachrüstung bei Kernkraftwerken. Es soll der Wechsel zwischen Wasserstoffherstellung und Stromproduktion demonstriert werden, um Kernkraftwerken ein zweites wirtschaftliches Standbein zu erschließen.

Ausblick

Im Jahr 2019 wurden weltweit 69 Millionen to Wasserstoff in Raffinerien und Düngemittelfabriken verbraucht. Der Markt ist also vorhanden. Allerdings wird nur sehr wenig Wasserstoff über größere Entfernungen transportiert. Wegen der bekannten Transportschwierigkeiten wird er unmittelbar in der Nähe der Verbraucher erzeugt. Es gibt allerdings bedeutende regionale Pipeline-Systeme z. B. in den USA an der Golfküste, die verschiedene Chemiezentren untereinander verbinden. In dieser Region ist ein bedeutender Ausbau für „Blauen Wasserstoff“ geplant. Dabei wird der aus den reichlich vorhandenen Erdgasvorkommen über Dampfreformierung gewonnen. Das dabei anfallende CO2 ist beileibe kein Abfall, sondern kann an die Ölproduzenten in dieser Region verkauft werden. Ein doppeltes Geschäft wird möglich: Einsparung von CO2 – Abgaben und zusätzliche Ölförderung aus bereits erschöpften Quellen. Damit ist auch klar, warum die Erdgasindustrie immer ein Förderer der „Alternativ-Energien“ war und ist. Man weiß sehr genau über die Dunkel-Flauten bescheid. Erdgas ist der Energieträger, der mit den geringsten Investitionen Backup-Kraftwerke erlaubt – jede Windmühle und jeder Sonnenkollektor bedeutet also zusätzlichen Absatz. Es gibt momentan auch kein Henne-Ei-Problem: Man kann den Absatz an Wasserstoff schnell durch Beimischung zum Erdgas steigern. Es laufen bereits Verhandlungen über neue Spezifikationen. Es scheint möglich, bis zu 20% Wasserstoff ohne große Modifikationen an den Pipelines und Verbrauchern unter mischen zu können. Auch hier wird klar, wer größtes Interesse an der Einführung von CO2 – Abgaben hat.

Der Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors hier



Schätze heben mit Wasserstoff

In Reinform ist er in Verbindung mit der Luft hochexplosiv. Um diese Reinform herzustellen, um zum Beispiel den Wasserstoff aus Wasser zu lösen, sind sehr energieintensive Prozesse notwendig, die am Ende der Transformation Strom – Wasserstoff – Strom einen Energieverlust von etwa 75% aufweisen. Kurz:  Ich stecke 100% Strom hinein und bekomme 25% Strom heraus. Detailliert nachzulesen in oben verlinktem Aufsatz. Diese Transformation macht nur dann im Rahmen einer Energiewende Sinn, wenn Unmengen überschüssiger – grüner = CO2-freier – Strom zur Verfügung stünden. Das ist, auch wenn Herr Aiwanger etwas anderes behauptet, nicht der Fall. Mit den etwa  6,5 TWh mittels erneuerbarer Energieträger möglichen, dann abgeregeltem Strom (2019), ließe sich bei einem Gesamtbedarf von aktuell um die 600 TWh pro Jahr kaum eine  bundesdeutsche Wasserstoffwirtschaft aufbauen.  Also geht man hin und nimmt zum Beispiel den Strom eines Laufwasserkraftwerks. Dieser wird zur Wasserstoffherstellung verwendet. Schwupp – di – wupp, fertig ist der grüne Wasserstoff. Nein, ist er nicht. Denn der Strom des Wasserkraftwerks fehlt im allgemeinen Stromnetz und muss konventionell ersetzt werden. Das nennt man rechte Tasche, linke Tasche und gilt überall. Der angeblich grüne Wasserstoff ist immer Strom-Mix-Wasserstoff. Die 25% Strom, die am Ende übrigbleiben, sind Strom-Mix-Strom. Wie jeder Strom, der hergestellt wird. Der Strom-Mix in Deutschland liegt aktuell bei gut 53% erneuerbarer, 47% konventioneller Stromerzeugung. Was man dem Strom gleichwohl nicht ´ansieht`. Physikalisch ist Strom eben Strom. Ganz gleich, wie er erzeugt wird. Erst wenn Strom komplett = 100% mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt worden wäre, erst dann wäre der über Bedarf erzeugte Strom grün. Jeder, der einen einigermaßen realistischen Blick für die Dinge hat, weiß, dass die andauernde 100 % Bedarfsdeckung mittels erneuerbarer Energieträger erzeugtem Strom nicht möglich sind. Das liegt allein schon in der Volatilität der Stromerzeugung und an den gewaltigen zukünftigen, zusätzlichen Strommengen, die im Rahmen der Sektorkopplung bereitgestellt werden müssen. Als Bundesregierung anzunehmen, dass im Jahr 2030 lediglich die gleichen Strommengen benötigt würden wie heute, ist Volksverdummung oder Naivität. Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus beidem.

Zurück zum Wasserstoff. Da gibt es das sogenannte LOHC-Verfahren. Der Wasserstoff wird auf eine Trägerflüssigkeit gebracht und kann dann mit Tanklastern, Schiffen usw. problemlos transportiert werden. So gebunden verliert Wasserstoff seine Flüchtigkeit und Explosionskraft. Zurückverwandelt wird der Wasserstoff, wenn er gebraucht wird. Zum Beispiel, um in einer Brennstoffzelle zurück zu Strom gewandelt zu werden, der dann einen Elektromotor antreibt.  Neben dem bereits von Helmut Kuntz in seinem Artikel erwähnten Forschungs- und Technologiezentrum Westküste und anderen ist das Helmholtz-Institut in Erlangen, Ableger des Forschungszentrum Jülich, in Sachen Wasserstoff aktiv. Warum? Weil es sich immer wieder lohnt, Forschungsmittel abzugreifen. Forschungsmittel, die praktisch und faktisch eingedenk der unrentablen Herstellung von Wasserstoff herausgeworfenes Geld sind. Folgerichtig beantwortetet das Helmholtz-Institut in Erlangen trotz mehrmaliger Nachfrage eine Anfrage meinerseits, nach der Energie, die zur Realisierung des LOHC-Verfahrens eingesetzt werden muss, nicht. Das Aufsetzen und wieder herauslösen des bereits mit enormen Energieaufwand (s.o.) hergestellten Wasserstoffs verschlechtert die Energiebilanz ganz sicher nochmal. Als ich mich dann an den Leiter des Projektes wende, beantwortet  Prof. Wasserscheid, meine Frage, wieviel Energie es koste, den LOHC-Zwischenschritt durchzuführen, mit der Übersendung von 5 Fachaufsätzen, in ´denen alles drinstünde`. Ein m. E. vergiftetes Schreiben, mit dem sich der Herr Professor geschickt um die direkte und konkrete Beantwortung meiner Fragen drückt, wieviel Energie die Hydrierung/Dehydrierung per LOHC von Wasserstoff koste, und ob stark schwankender Strom zur Wasserstoffherstellung geeignet sei. Denn am Ende, so meine Vermutung, bliebe von der Menge des ursprünglich mühsam erzeugten Stromes (Anmerkung – eine Windkraftanlage, ein Windpark erzeugt im Schnitt etwa 22% onshore/37% offshore, gesamt also 25% Strom der insgesamt pro Jahr möglichen Strommenge, die durch die Nennleistung erzielbar wäre) und zur Wasserstoffherstellung eingesetzten Stroms wahrscheinlich nur sehr wenig (10%?), vielleicht sogar fast gar nichts übrig.

Das würde dann jedes noch so kluge Verfahren ad absurdum führen. Klug ist ´Wasserstoff-Forschung` – wie so viele ´Forschung` im Bereich Energiewende – nur in Sachen Gold- und Schatzsuche. Gold und Schätze liegen heutzutage in Form von Subventionen und Fördergeldern praktisch auf der Straße. Der Forscher muss sie nur heben. Ein Antrag mit der Darstellung der für die politischen Entscheider notwendigen Hoffnungspotentiale („Wir retten die Energiewende!“), und die Gelder fließen. Denn technisch lässt sich fast alles machen. Das LOHC-Verfahren ist schon recht lange bekannt. Prof. Wasserscheid und seine Mitstreiter verstehen es allerdings ausgezeichnet, LOHC in den Kontext Energiewende einzubauen. Damit wird er vermutlich sehr reicher Mann. Was ihm gegönnt sei. Aber: Er wird ein reicher Mann zu einem erheblichen Teil auf Kosten der Steuerzahler mit einem im Prinzip alten Hut, der niemals in großem Maßstab realisiert werden wird. Der Nutzen von Wasserstoff mit oder ohne LOHC ist durch den unter dem Strich insgesamt viel zu hohen Energiebedarf, vor allem aber wegen der nicht vorhandenen mittels erneuerbarer Energieträger erzeugten überschüssigen Energie, mehr als fragwürdig. Die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur, und die am Ende dann doch zugrunde liegende fossile Basis der Trägersubstanz, der mögliche Ausstoß von Stickoxiden und anderen Schadstoffen bei der Verbrennung von Wasserstoff zum Beispiel direkt in einem Wasserstoffverbrennungsmotor plus weiterer Nachteile, verschärfen diese Fragwürdigkeit und lassen das Verfahren am Ende als Bestandteil einer überaus teuren, sehr aufwendigen und energieverschlingenden Luftnummer erscheinen. Von „Rettung der Energiewende“ kann überhaupt keine Rede sein.

Aachen, 13.10.2020




Wasserstoff – Deutschlands neuer Rollstuhl

Auf der Sonne ist Wasserstoff die Quelle ewiger Weißglut. Dort entstehen durch Kernfusion das Gas Helium und jede Menge Energie. Diesen Prozess konnten wir auf Erden zwar in Form der Wasserstoffbombe kopieren, eine sinnvolle Nutzung aber wollte bislang nicht gelingen. Man arbeitet seit Jahrzehnten daran, leider ohne Erfolg.

Die aktuelle Diskussion dreht sich um das Verbrennen von Wasserstoff, das heißt die chemische Reaktion mit Sauerstoff. Dabei wird im Vergleich zur Fusion nur ein Millionstel der Energie frei, gewissermaßen nur 1 Cent für 10.000 Euro.

Wasserstoff war im 19. und 20. Jahrhundert ein wichtiger Brennstoff. In den Gaskesseln der Städte wurden riesige Mengen gespeichert und durch Rohrleitungen verteilt. Dieses „Stadtgas“ enthielt neben Wasserstoff auch Methan und geringe Mengen an giftigem Kohlenmonoxid. Durch Elektrifizierung hat es an Bedeutung verloren.

Ein schlechtes Geschäft

Wenn Wasserstoff derzeit – als reines Gas, nicht als Stadtgas – eine Renaissance erlebt, so liegt es an seiner sauberen Verbrennung, bei der weder CO2 noch Umweltgifte entstehen, sondern nur Wasser. Der wesentliche Aspekt aber ist die Stromerzeugung in Brennstoffzellen, bei der wiederum die Reaktion mit Sauerstoff genutzt wird. Dieses Verfahren ist keineswegs neu. Es wurde vor 200 Jahren erfunden und 100 Jahre später in eine technisch anwendbare Form weiterentwickelt.

Woher aber wollen wir den Wasserstoff nehmen, um unsere Brennstoffzellen zu betreiben?

Weil er sich so gerne mit Sauerstoff verbindet und letzterer üppig vorhanden ist, finden wir auf Erden keinen Wasserstoff. In großen Mengen aber gibt es das Verbrennungsprodukt, genannt Wasser. Daraus kann man Wasserstoff zurück gewinnen, indem man die Energie reinsteckt, die bei seiner Verbrennung frei geworden war; tatsächlich muss man deutlich mehr reinstecken. Das passiert etwa in der Elektrolyse. Man schickt Strom durchs Wasser und bekommt wieder die Ausgangsprodukte Wasserstoff und Sauerstoff zurück.

Den Strom für die Elektrolyse würde man – so die Idee für den dritten Akt der Energiewende – von Wind- und Solarkraftwerken beziehen, wenn die gerade mehr leisten, als verbraucht wird. Mit diesem Überschuss stellen wir dann Wasserstoff her und lagern ihn für die mageren Zeiten.

So wie ein Bankkonto keine Geldquelle ist, so ist also Wasserstoff keine Energiequelle, sondern ein Energiespeicher – und noch dazu ein ziemlich schlechter. Sowohl Elektrolyse als auch Brennstoffzelle haben niedrige Wirkungsgrade, die sich dann multiplizieren. Wenn bei der Elektrolyse nur die Hälfte der Energie zur Erzeugung von Wasserstoff umgesetzt wird und bei dessen Rückverwandlung in der Brennstoffzelle nur die Hälfte der Energie in Strom, dann bekommen wir bestenfalls ein Viertel des Stroms zurück, den wir investiert haben. Ein schlechtes Geschäft.

Wasserstoff ließe sich auch aus fossilen Rohstoffen gewinnen, etwa beim „Verkoken“ von Steinkohle, aber wir wollen ja „Grünen Wasserstoff“.

Die Ära des „Grünen Wasserstoffs“ 

Wie also sähe ein Deutschland aus, das durch grünen Wasserstoff in Gang gehalten wird?

Der heutige Bedarf an Elektrizität wird zu rund 50 Prozent durch Wind, Solar, Bio und Wasserkraft gedeckt. Durch Elektrifizierung des Verkehrs – etwa durch Einsatz von Brennstoffzellen – würde zusätzlicher Bedarf an Elektrizität für die Erzeugung des dort nötigen Wasserstoffs entstehen.

Wollte man auf Stromimporte verzichten, Kohle und Atom total vom Netz nehmen, den Verkehr elektrifizieren und die Dunkelflauten durch Strom aus Wasserstoff überbrücken, der durch Elektrolyse zuvor gewonnen wurde, dann müsste man die Zahl der heute installierten Windturbinen nicht nur vergrößern, sondern vervielfachen. Statt heute 35.000 bräuchten wir nicht etwa 50.000, sondern vielleicht 150.000.

Es ist zu bedenken, dass auf dem Weg Windkraft > Elektrolyse > Wasserstoff > Speicherung und Verteilung > Brennstoffzelle > Elektrizität rund 80 Prozent der Energie verlorengehen. Für jede Kilowattstunde, die bei Flaute aus der Steckdose kommen soll, mussten irgendwo und irgendwann fünf Kilowattstunden ins System eingespeist worden sein.

Wäre eine solche Form der Energieversorgung möglich? Eventuell, aber nur zu einem mörderischen ökonomischen und ökologischen Preis. Würde man den Wasserstoff allerdings durch Atomkraft herstellen, dann wäre das ein ganz neues Spiel. Statt 150.000 Windmühlen bräuchte man 150 Reaktoren und könnte sich außerdem (vermutlich) den Umweg über die Elektrolyse sparen. Dann wäre eine völlig karbonfreie Energiewirtschaft denkbar.

Die Umwelt-Bilanz

Generell wird eine extrem unökonomische Lösung – wie sie die Wasserstofftechnologie darstellt – immer auch unökologisch sein (das soll keineswegs heißen, dass ökonomische Lösungen immer ökologisch sind).

Eine Abwägung der Vorteile einer hundertprozentigen grünen Energieversorgung gegen den Schaden an Landschaft, Flora und Fauna, der durch sie verursacht wird, ist eine sehr subjektive Angelegenheit. Die Bevölkerung hat die entsprechenden Einbußen an Lebensqualität bisher jedenfalls mit unglaublicher Geduld hingenommen.

Die notwendige Steigerung der Dichte von Windturbinen wird nun allerdings noch direkter in das Wohlbefinden des Einzelnen eingreifen; jetzt geht es an die Schmerzgrenze. Bald wird es kaum noch ein Haus ohne Blick auf Drehflügel geben, kaum noch Lebensraum ohne Schattenwurf und Infraschall.

Der Bürger, dessen Wohl der Regierung so am Herzen liegt, dass man ihn noch vor dem letzten Mikrogramm Feinstaub beschützt, diesem Bürger wird nun zugemutet, sein Daseins in der unerträglichen Nachbarschaft dieser dreiarmigen Monster zu fristen. Man wird ihn für den gesundheitlichen Schaden finanziell entschädigen. So kann er früher in Rente gehen und sich einen längeren Urlaub auf Mallorca leisten.

Diese Horrorvision erinnert an Szenen aus dem Buch „The Road to Wigan Pier“ von George Orwell, wo die trostlosen Lebensbedingungen der Bergarbeiter und ihrer Familien in Lancashire und Yorkshire im industriellen Norden Englands vor dem zweiten Weltkrieg geschildert werden. So wird nun in Deutschland ein neues Proletariat geschaffen werden, das seine Gesundheit für ein höheres Ziel zu opfern hat.

Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung

Eine Strategie ist die Vorgehensweise, um ein wichtiges Ziel zu erreichen. Die Bundesregierung hat nach meiner Ansicht bei Definition und Verfolgung ihrer bisherigen Ziele die Nebenwirkungen auf Wirtschaft, Umwelt und Lebensqualität der Bevölkerung kaum beachtet.

Sie agiert, als gäbe es ein viel wichtigeres Ziel, als „dem Wohle des deutschen Volkes zu dienen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden“. Es ist zu befürchten, dass beim Thema Wasserstoff das Motto nicht anders sein wird, als bisher: Wir schaffen das, „whatever it takes“, ohne Rücksicht auf Verluste.

Während in Bereichen wie Gentechnik oder Kernkraft die Bedenken maßlos aufgeblasen werden, so heißt es jetzt, es sei nicht die Zeit für Bedenkenträgerei. Das hört sich sehr willkürlich an. Es fehlt offensichtlich an professionellem Risikomanagement. Man sollte das Pro und Contra dieser gigantischen Vorhaben systematisch ermitteln und der Bevölkerung ein objektives Bild davon geben.

Der Athlet im Rollstuhl

Die Energieversorgung in Deutschland war in der Vergangenheit eine unauffällige Selbstverständlichkeit. Durch die Energiewende aber sind Kosten und Abhängigkeit von Nachbarländern gestiegen und die Versorgungssicherheit gesunken. Zeitweise müssen Industrien, die eine hohe Belastung darstellen, vom Netz genommen und dafür großzügig kompensiert werden. Das mag für die Betroffenen angenehm sein, ist aber kein nachhaltiges Modell für eine Volkswirtschaft.

Mit Wasserstoff würde die Stromversorgung zur Hauptbeschäftigung der Industrie werden. Sie muss aber wieder ihre Rolle als zuverlässiger Diener der produzierenden Wirtschaft einnehmen, wenn das Land konkurrenzfähig bleiben soll.

Deutschlands Energieversorgung war einmal ein gesunder Athlet mit zwei starken Beinen: Atomkraft und Kohle. Man amputierte das eine Bein und gab ihm zwei Krücken: Wind und Solar. Jetzt, wo man ihm auch das andere Bein abnehmen wird, helfen keine Krücken mehr; der Athlet braucht einen Rollstuhl. Das ist der Wasserstoff.

Casablanca ist die Zukunft

Da gibt es noch den Plan und eine Vereinbarung mit Marokko bezüglich der Gewinnung von Wasserstoff in der Wüste. Durch Photovoltaik oder andere solare Verfahren sollen Elektrizität und daraus Wasserstoff gewonnen werden. Der wird dann nach Deutschland transportiert und wieder in Strom verwandelt, um hier Industrie und Haushalte zu versorgen.

Es wäre interessant, abzuschätzen, wie viele Kilowattstunden aus einer deutschen Steckdose letztlich noch kämen, wenn in Marokko für 1.000 kWh Wasserstoff erzeugt wurde. Der Transport von Wasserstoff über tausende von Kilometern ist sehr verlustreich und nicht ungefährlich – im Gegensatz etwa zu Erdgas.

Aber irgendetwas wird in der Richtung sicher realisiert werden, auch wenn es nur das Ausgeben von Steuergeldern ist.

Das Vorhaben erinnert an den Vorschlag des deutschen Architekten Hermann Sörgel, der in den 1920er Jahren die Straße von Gibraltar durch einen Staudamm verschließen wollte, um dort Strom für Deutschland zu erzeugen. Vielleicht war dessen Idee sogar noch vergleichsweise vernünftig.

Weitere Artikel zu dem Thema auf dem Blog des Autors www.think-again.org und im Buch „Grün und Dumm“. 




Kann Wasserstoff das Energieproblem lösen?

Wie ist der Einsatz des Wasserstoffs anstelle bisheriger fossiler Energiequellen zu bewerten? Sind die wissenschaftlichen, technischen und strukturellen Voraussetzungen dafür gegeben? Wie steht es um die ökonomischen Gegebenheiten? Die Meinungen dazu gehen weit auseinander.

 

Politische Pläne

Auf Einladung der Bundesminister für Wirtschaft, Verkehr und Entwicklung wurde auf einem Kongress Ende 2019 die zukünftige Rolle von Wasserstoff in der Energiewende und für den Klimaschutz auf breiter Basis diskutiert [0]. Bundeswirtschaftsminister, Peter Altmaier, sieht „in den gasförmigen Energieträgern, vor allem in Wasserstoff einen Schlüsselrohstoff für eine langfristig erfolgreiche Energiewende“.

Die Bundesrepublik Deutschland, Nordrhein-Westfalen und die Niederlande haben am 29.1.2020 eine Machbarkeitsstudie über die Schaffung einer transnationalen Wertschöpfungskette für „grünen“ Wasserstoff von der Nordsee bis hin zu industriellen Clustern im Grenzgebiet der Niederlande und Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben[1]. „Grüner“ Wasserstoff ist Wasserstoff, der mittels regenerativer Energie gewonnen wurde.

„Ziel des Projekts ist es, die Durchführbarkeit von transnationalen Business Cases mit grünem Wasserstoff im Gebiet der Niederlande und Nordrhein-Westfalen zu untersuchen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Erschließung des Potenzials für eine Verringerung der Treibhausgasemissionen und der Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien im Industriesektor durch die Produktion, den Transport und den industriellen Einsatz von grünem Wasserstoff.“ Aus Sicht der Bundesregierung sei „nur CO2-freier, also grüner Wasserstoff auf Dauer nachhaltig“.

Überdies will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die „Wasserstoff-Technik für den Einsatz in vielen Sektoren fördern und dafür 1,4 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung bis 2026 im Rahmen des Nationalen Innovationsprogrammes Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) vergeben.“

Angaben zum Wasserstoff (H)

Wasserstoff ist auf der Erde hauptsächlich in Form chemischer Verbindungen (Wasser, Säuren, Kohlenwasserstoffen und anderen organischen Verbindungen) in nahezu unbegrenzten Mengen vorhanden. In Reinform tritt Wasserstoff auf der Erde nur in molekularer Form als H2 auf. Das farb- und geruchslose Gas hat ein spezifisches Gewicht von 0,0899 g/l. Wasserstoff ist nicht toxisch und verursacht bei Verbrennung keine Umweltschäden, ist insofern umweltneutral. Seine Energiedichte ist vergleichsweise gering: Wasserstoff hat bei 26 0C und 1 bar einen Energiegehalt von 3 kWh/m3, im Vergleich dazu Benzin 9,2 x 103 kWh/m3.

Die Wasserstoff-Herstellung ist zwar aufwendig, somit kostenintensiv aber technisch gut erprobt. Die am weitesten entwickelten Verfahren sind das Reformierungsverfahren [2] und die Wasser-Elektrolyse. Zu beachten: Zur Herstellung von einem Kilogramm Wasserstoff durch Elektrolyse werden 9 kg Wasser sowie (einschließlich Verflüssigung, Transport, Lagerung und Verteilung) etwa 100 kWh Strom benötigt [7].

Eine wesentliche Eigenschaft des Wasserstoffs ist aufgrund seiner geringen atomaren Größe seine Diffusion durch Festkörper, mit anderen Worten, Wasserstoff lässt sich nur unter ständigem Verlust einsperren. Der physikalische Vorgang der Diffusion wird in [6] erläutert.

Wasserstoff hat ohne Frage bereits einen breiten Anwendungsbereich. Er dient als bedeutender Ausgangsstoff zur Herstellung von Ammoniak (Haber-Bosch-Verfahren), von Salzsäure, Methanol, Anilin, um nur einige Beispiele zu nennen. Wasserstoff wird als Schweißgas eingesetzt und in der Metallurgie benötigt man ihn als Reduktionsmittel zur Gewinnung von Metallen. Infolge seiner hohen Wärmekapazität wird er auch als Kühlmittel verwendet.

Wasserstoff ist in begrenztem Maße bei Antriebsmotoren und bei Brennstoffzellen im Einsatz. Beide Anwendungsgebiete befinden sich mehr oder weniger noch in der Erprobungsphase.

Was sagen die Wasserstoff-Befürworter?

Eine faszinierende Idee: Beim Einsatz von Wasserstoff zum Beispiel in Antriebsmotoren entsteht aus Wasserstoff und Luft ohne Ausstoß von Treibhausgasen nur sauberer Wasserdampf. Eine brillante ökologische Bilanz.

Der Bundesrat [3] sieht in einem „umfassenden Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft auf der Basis erneuerbarer Energien den grünen Wasserstoff als Wegbereiter für die Umsetzung der Klimaziele. Aus erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff bietet die Möglichkeit, die Defossilierung (Anm.: Vermeidung von Kohle, Öl, Erdgas) umzusetzen, die einer direkten Elektrifizierung aus technischen oder ökonomischen Gründen nur schwer zugänglich sind. „Grüner“ Wasserstoff kann dafür direkt oder weiterverarbeitet in Form von synthetischem Gas (zum Beispiel Methan) oder synthetischem flüssigen Kraftstoff (zum Beispiel Methanol) genutzt werden. Als Bindeglied zwischen Strom- und Gassektor bietet „grüner“ Wasserstoff zudem die Möglichkeit, künftig zwei Wege zum Transport von erneuerbaren Energien zu nutzen. Auf diese Weise kann das erhebliche volkswirtschaftliche Kapital der Gastransport- und Gasspeicherinfrastruktur effizient in den Wandel der Energieerzeugung eingebunden werden.“

Auf Anfrage erläuterte die Bundesregierung: „Die Auswertung bisheriger Förderprojekte zum Wasserstoff-Verbrennungsmotor zeigt, dass dieser mit den konventionellen Antrieben konkurrenzfähig sein kann. Hinsichtlich der Energieeffizienz und einer potenziellen Effizienzsteigerung zeigte der Wasserstoff-Verbrennungsmotor im Vergleich zur Brennstoffzellen- Technologie schlechtere Eigenschaften. Deshalb liegt der Fokus des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bei der Förderung im Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) auf Brennstoffzellenanwendungen mit dem Ziel, hier Kostenreduktionen und Leistungsverbesserungen zu erzielen“ [4].

In einer ausführlichen Studie informiert Shell in Zusammenarbeit mit dem Wuppertaler Institut über den Stand der Wasserstoff-Gewinnung und über Anwendungstechnologien sowie über das Potenzial und Perspektiven des Wasserstoffs als Energieträger [5]. Neben stofflichen und nicht-automobilen Anwendungen stehen der Einsatz von Wasserstoff im Straßenverkehr und hier speziell in Brennstoffzellen im Fokus. Ein klares Bekenntnis zum Wasserstoff im Sinne der Lösung des Energieproblems wird vermieden, vielmehr wird gesagt, dass „Wasserstoff als Energieträger und Brennstoffzelle als Energiewandler einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und damit zur Erreichung des globalen 2 0C-Klimaziel leisten können.“ Trotz „signifikanter“ Fortschritte in der Anwendungstechnologie seien für einen „breiten kommerziellen Einsatz im globalen Energiesystem“ allerdings weitere Förderung seitens des Staates notwendig.

Kostenberechnungen der Wasserstofferzeugung werden nicht angestellt. Hierzu wird auf spezielle Publikationen verwiesen (Abb. 1). In der Abbildung wird zwischen zentraler und dezentraler Erzeugung und drei Erzeugungsarten unterschieden.  Die geringeren Kosten der

Abb. 1: Erzeugungskosten von Wasserstoff [5]

Wasserstoff-Erzeugung fallen bei der zentralen Erdgasreformierung an (Mittelwert hier 1,4 €/kg). Deutlich höher liegen mit 6 bis 8 €/kg die Kosten bei elektrolytischer Erzeugung.

Was sagen die Wasserstoff-Skeptiker?

Die relativ günstige Gewinnung von Wasserstoff aus Erdgas (siehe obige Abbildung) ist kein nachhaltiger Weg, denn nach Versiegen der Erdgasquellen wird Wasserstoff nur noch durch die kostenintensive elektrolytische Spaltung von Wasser zu erzeugen sein. Dafür wird Gleichstrom benötigt und zwar weitaus mehr, als selbst mit fortschrittlichster Technik jemals aus dem erzeugten Brenngas zurückgewonnen werden kann. Bei der Elektrolyse wird elektrische Energie in chemische Energie umgewandelt. Wasserstoff ist also keine Energiequelle, sondern lediglich ein Sekundärenergieträger, vergleichbar mit dem Wasser in einer Zentralheizung [7].

Jede Stufe der Energiekette, von der Erzeugung des Wasserstoffs bis zu seiner Nutzung, ist mit Energieverlusten und Energieaufwand verbunden, argumentiert Bossel [7], der den Wasserstoff-Einsatz in seiner Substitutionsfunktion sehr kritisch unter die Lupe nimmt.  Bei Wasserstoff seien die Energieverluste jedoch so groß, dass dem Wasserstoffverbraucher hinter einer effizienten Brennstoffzelle nur noch ein Viertel der elektrischen Primärenergie zur Verfügung steht. Nur ein Viertel des erneuerbaren Stroms wird genutzt, während drei Viertel ungenutzt verloren gehen. Diese Verluste sind physikalisch bedingt und können auch durch zusätzliche Forschungen nicht wesentlich verringert werden (vergleiche Abb. 2).

Abb. 2: Die Wirkungsgradverluste bei der Wasserstoffwirtschaft (Bossel et.al., 2003) [7]

Zum Vergleich: Zwischen Ölquelle und Tankstelle werden 8 bis 12 % der flüssigen Energie für Förderung, Raffinierung und Transport benötigt. Allein die Kompression des Wasserstoffs auf 200 bar verschlingt etwa 9 % des Energieinhaltes.

Da lediglich 50 % des für die Elektrolyse benötigten Strom beim Verbraucher als nutzbarer Wasserstoff ankommt, dürfte die im Wasserstoffgas enthaltene Energie mindestens doppelt so teuer sein wie der Strom aus der Steckdose.

Im gegenwärtigen Wettbewerb mit Erdgas und Benzin kann Wasserstoff nicht mithalten. Bei 200 bar beträgt der Energieinhalt in einem Liter Wasserstoff 0,722 kWh, in gleicher Menge Erdgas 2,22 kWh und einem Liter Benzin 9,39 kWh.

„Die Tankreichweite in einem Brennstoffzellen-Auto spricht gegen Wasserstoff als Energieträger“, schreibt Peters [8]. So könne beispielsweise der Wasserstoff-Toyot Mirai mit einem Tankvolumen von riesigen 240 Litern bei 700 bar gerade mal 5 kg Wasserstoff speichern. Dieser Energiegehalt entspricht etwa 20 Liter Dieselkraftstoff, was für etwa 300 km Reichweite ausreicht.

„Grüner“ Wasserstoff soll, so ist zu hören, mit „überschüssigem“ Strom aus Solar- und Windenergieanlagen erzeugt werden. Da es ein Zuviel an Wind- und Solarstrom nur an wenigen Stunden verteilt über das Jahr gibt, müssten die Elektrolyseanlagen für den Betrieb an diesen wenigen Stunden ausgelegt sein. Mit Sicherheit wäre deren Betrieb nicht wirtschaftlich. Oder, und das wäre geradezu grotesk, müssten, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen, eigens dafür Ökoanlagen bereitgestellt werden, wobei deren preiswerter Strom für die Erzeugung teuren Wasserstoffs verwendet wird.

Sicherheit

Eine charakteristische Eigenschaft des Wasserstoffs ist seine hervorragende Brennbarkeit und zusammen mit Sauerstoff die Bildung des explosiven Knallgases. Die maximale Flammengeschwindigkeit von Wasserstoff ist zirka acht Mal größer als die der kohlenwasserstoff-basierten Gase. Dies erklärt die Tendenz zu hohen Brenngeschwindigkeiten und auch die möglichen Umschläge in Detonationen. Aufgrund dieser Eigenschaften erfordert der Umgang mit Wasserstoff größte Sorgfalt.

Fazit

Die künftige Bedeutung des Wasserstoffs im Zuge der Energiewende wird von Bossel [7] nachvollziehbar beschrieben.„Der Übergang von der heutigen, vom Erdöl dominierten Energiewirtschaft zu einer nachhaltigen, von regenerativ erzeugtem Strom geprägten, basiert also nicht auf einer einfachen Substitution fossiler Energieträger durch synthetischen Wasserstoff. Komplexe Veränderungen müssen in allen Bereichen der Energietechnik bedacht werden: Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Nutzung sind in jedem Fall zu berücksichtigen. Die Energiewirtschaft wird quasi auf den Kopf gestellt. Während chemische Energieträger heute die Ausgangsbasis bilden, wird es in Zukunft Strom aus erneuerbaren Quellen sein. Heute ist Elektrizität die sekundäre Energieform, morgen ist es der künstliche erzeugte Energieträger Wasserstoff. Während heute Erdgas und Erdöl preisbestimmend sind, wird es in Zukunft Strom aus regenerativen Quellen sein. Strom wird zur Leitwährung im Energiemarkt. Der aus Strom gewonnene Wasserstoff wird deshalb immer teurer sein als die regenerativ erzeugte Elektrizität. Daran lässt sich nicht rütteln, weder mit politischen Entscheidungen noch mit aufwändigen Entwicklungsprogrammen.“

Die Nachvollziehbarkeit dieses Weges gilt unter der Voraussetzung eines dauerhaften Verzichts auf die Nutzung der Kernenergie. Der zurzeit in der Entwicklung befindliche „Small Modular Reactor“ (SMR) stößt weltweit auf großes Interesse. Dieser Reaktortyp von vergleichsweise kleiner Leistung und mit inhärenter Sicherheitstechnik könnte als Strom- und Wärmelieferant vollkommen neue Anwendungsgebiete aufzeigen, dem sich auch Deutschland zur Sicherung seiner wirtschaftlichen und industriellen Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht entziehen kann.

Abschließend nur ein dem Artikel von Bossel [7] entnommenes Beispiel dafür, was uns erwartet, wenn Wasserstoff durch Elektrolyse erzeugt wird:

„Am Frankfurter Flughafen werden täglich 50 Jumbo-Jets mit je 130 Tonnen (160 m3) Flugbenzin befüllt. Die gleiche Energiemenge steckt in 50 Tonnen (715 m3) flüssigem Wasserstoff. Zur Betankung aller Jumbos mit Wasserstoff müssten täglich 2.500 Tonnen Flüssigwasserstoff bereitgestellt werden, für dessen Herstellung man 22.500 m3 sauberes Wasser und die elektrische Leistung von acht Kraftwerken von je 1 GW benötigt (zum Vergleich: Das AKW Biblis hat eine Leistung von 1,3 GW). Für die Versorgung aller Flugzeuge des Flughafens mit Wasserstoff müsste man den Wasserverbrauch der Stadt Frankfurt und die Energie von mindestens 25 Großkraftwerken einsetzen.“

 

[0] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/kurzpapier-wasserstoff.pdf?__blob=publicationFile&v=4

 

[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/20200129-auftakt-des-hy3-projekts.html

 

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffherstellung#Dampfreformierung

 

[3] Bundesrat Drucksache 450/19 (Beschluss), 08.11.2019

 

[4] Deutscher Bundestag Drucksache 19/12582, 22.08.2019

 

[5] shell-wasserstoff-studie-2017, „Energie der Zukunft?“, Nachhaltige Mobilität durch Brennstoffzelle und H2

 

[6] https://mediatum.ub.tum.de/doc/958296/958296.pdf

 

[7] http://leibniz-institut.de/archiv/bossel_16_12_10.pdf

 

[8] https://peterscoll.de/?page_id=54, Björn Peters, Die Energiefrage #68, 15.11.2019

 

 

26.2.2020

 

 

 

 




Nach medialem Lithium-Fiasko: Regierung will jetzt „klimaneutralen“ Wasserstoff

Nachdem selbst Klimaprofessor Harald Lesch im ZDF über den unsozialen und öko-katastrophalen Abbau von Lithium aufgeklärt hat, gilt die Akkumulator-Mobilität in seinen Kreisen als verbrannt. Sogar kleine Leschs im Jenaer Klimapavillon schworen dem Glauben ans Goldene Kalb Lithium-Batterie schon ab. Altmaier schließt sich den Quantitätsmedien, wie es sich für einen Minister eines Merkel-Kabinetts gehört, natürlich an. Früher sprach er von „Nische“, mittlerweile sieht er die H2-Technologie als zentralen Baustein zur Klimarettung an.

Als Alternative promoviert der Klimaprof nun via Terra X die Wasserstofftechnologie als neuen Heilsbringer. Es gab hier auf der EIKE-Seite ja bereits heiße Diskussionen im Kommentarbereich zum Thema. Einige Fachkundige finden die H2-Brennzelle gut, andere wie ich zweifeln daran. Kürzlich sprach ich mit einem Nachbarn darüber, einem Maschinenbauingenieur, der darauf hinwies, daß die Betankung mit Wasserstoff ähnlich schnell ginge wie beim Methan-Tank. Aber wie will man den Wasserstoff zur Tankstelle bringen, und welcher Aufwand müßte getrieben werden? Das extrem energiereiche Knallgas ist viel explosiver als Methan und erfordert eine regelrechte „Panzerung“ der Tanksäule. Bei Esso bei mir um die Ecke kann man schon aus Platzgründen sicher keine zusätzliche H2-Technik einbauen. Und es gibt ja schon mehrere Starkstrom-Säulen im Umfeld von EIKE. Energiewende-Chaos, geboren aus der Tageslaune einer Kanzlerin, wie Dushan Wegner es so schön formuliert…..

Was will der in der Wirtschaft nicht gerade als kompetent bekannte Minister Altmaier nun mit seiner Wasserstoff-Inititiative?

Grüner Wasserstoff solle „inländisch in industriellem Maßstab baldmöglichst produziert werden“, heißt es in einem Papier mit 33 Seiten aus dem Wirtschaftsministerium. Zweck: Nutzung im Verkehr, in der Industrie, in Gebäuden und zur Stromerzeugung. In Gebäuden??? Mir schwant Übles…. Möchten Sie über einer Wasserstoffleitung wohnen?

Altmaiers H2-Papier wurde übrigens, man ahnt es schon, wohl von den Profiteuren der Energiewendeindustrie, bzw. deren Lobbyisten, mitformuliert; außerdem wird es von den Grünen, der FDP, und teils von der SPD unterstützt. Wir erinnern uns an die Windkraftindustrie, die Altmaier schon die Pistole auf die Brust setzte.

Was will das Wirtschaftsministerium technisch erreichen? Aus Strom (von Windkraftanlagen etc.) soll mittels Elektrolyse Wasser chemisch gespalten werden:

2 H2O → 2 H2 + O2. Das gewonnene Wasserstoffgas soll in Brennzellen und in der Chemieindustrie eingesetzt werden, oder soll zu Methangas oder „E-Fuels“ verarbeitet werden. Werbeslogan „POWER TO X“. Aha, man will den Wasserstoff als Energiespeicher nutzen, weil selbst Altmaier & Co. gemerkt haben, daß man mit dem Zappelstrom der Windräder und Solarpaneele nichts anfangen kann. Sollen dann die Elektrolysewerke nur arbeiten, wenn gerade einmal genügend Strom geliefert wird? Richten die Mitarbeiter der Werke ihre Arbeitszeit dann nach der Wettervorhersage aus? Werden sie müssen. Bei Dunkelflaute ist Kurzarbeit angesagt. Und die Wetterfrösche können halbwegs sichere Prognosen nur für maximal zehn Tage leisten, wenn überhaupt.

Man sieht: Altmaier und die Energiewende-Industrie umschiffen wieder einmal umständlich die zentrale (und seit 100 Jahren altbekannte) Erkenntnis, daß wir Menschen im Gegensatz zur Natur mit unserer Metall-Halbleiter-Kunstoff-Technologie Energie NICHT effizient speichern können. Ohne organische Moleküle wie Triazyl-Glyzerin (Fett) oder Zellulose geht es nun einmal nicht. Punkt. Verdammte Thermodynamik, verdammte universale Naturgesetze! Da die Wärmelehre oder die Kirchhoffschen Regeln („das Netz ist der Speicher“) in der Bevölkerung aber, auch bedingt durch den gezielten Bildungsabbau, kaum bekannt sind, lassen sich die Leser und Zuschauer von Relotius online und Klimaschau mal wieder zu 97%, oder gar zu 99,64% täuschen.

Dabei geben die Medien sogar zu, daß der Wirkungsgrad der Wasserstofftechnologie lausig ist. Die Energieverluste der Elektrolyse und E-Fuel-Herstellung sind heftig und nicht im Ansatz mit der Raffinierung und Verbrennung fossiler Energieträger zu vergleichen. Auf jeden Fall werden die Profiteure einmal wieder kräftig Kasse machen, bis die nächste „Wundertechnologie“ gefunden wird.

Was macht die in Deutschland ansässige Industrie, deren Ingenieure und Physiker die Thermodynamik in- und auswendig kennen? Wehrt sie sich? Nein, sie machen wie die Automobilindustrie den Kotau vor den Ahnungslosen. Siemens, General Electric Power und MAN kündigten an, sie wollten ihre Gasturbinen fit machen für „erneuerbare Gase aus klimaneutralen Quellen“. Siemens ist zudem Marktführer in der Elektrolysebranche. Will da jemand Subventionen abgreifen und verlegt dann diskret seine Produktion ins ideologie-sichere Ausland? Die Autokonzerne bauen ja schon Großfabriken in Russland.




Windräder: Energiewende-Profiteure üben Druck auf Klimapolitiker aus

Wir berichteten in den vergangenen Monaten mehrfach darüber, wie die realitätsfremden Klimaretter in Deutschland wertschöpfende Betriebe, zum Beispiel die Automobilindustrie, zu zerstören versuchen, während nutzlose oder gar schädliche Produzenten, die am freien Markt niemals überleben könnten, mit öffentlichen Mitteln künstlich aufgepumpt werden.

Ein Hauptakteur dieser wirtschafts-schädlichen Unternehmen ist die Windkraftindustrie, die zunehmend an der geographisch-physikalischen und an der rechtsstaatlichen Wirklichkeit Deutschlands scheitert – wir berichteten. 2019 ist ein Katastrophenjahr für die Subventions-Branche, weil die quasi sozialistische Windkraftindustrie nicht mehr genügend freie Flächen für den Bau ihrer Vogelschredder findet und zudem noch von Anwohnern und Naturschützern in Grund und Boden geklagt wird.

Deswegen haben die Lobbyisten Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) „aktiviert“, der nun mit Hilfe einer Bundesratsinitiative die Deckelung der errichtbaren Windkraftanlagen beseitigen will. Der Grund für die Begrenzung ist der Mangel an genügend großer Kapazität der Hochspannungsleitungen in den Süden. Die Lobby will zudem erreichen, daß mehr Flächen als Windrad-Anbaugebiet freigegeben werden. Vielleicht auch noch eine kleine Gesetzesänderung, damit die widerspenstigen Anwohner und Vogelschützer nicht mehr klagen können?

Der Präsident des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers, nach einem Termin bei Peter Altmaier im Wortlaut:

„Die Branche ist auf dem Treffen in Berlin höflich geblieben, aber sie erwartet jetzt einen klaren Plan, wie der Markt von Mitte 2020 an – schneller wird es wohl nicht gehen – wieder wachsen kann.“

Es ist nicht zu fassen: Der Sprecher einer Industrie, die nichts Nützliches produziert und über Jahrzehnte vom Fiskus gepäppelt wurde, wagt sich, auch noch frech zu werden und von der Politik mehr oder minder offen zu verlangen, den Rechtsstaat weiter abzubauen und die Wohngebiete der Bürger zum Abschuß freizugeben. Wären da nicht ein paar Gesetze gegen Lobbyismus, statt gegen Bürger und Natur, sinnvoller?

Als Argument nennt Albers die angeblich 36.000 seit 2015 angeblich verloren gegangenen Arbeitsplätze in der Windradindustrie. Ob es stimmt oder nicht – Arbeitsplätze, die vom Steuerzahler mit weiß Gott wie viel Geld subventioniert werden müssen, braucht Deutschland nicht. Die künstlich am Leben gehaltenen Jobs in der Steinkohleindustrie waren schon teuer, aber ein Witz gegen die Kosten der Windkraftanlagen. Und die Steinkohle konnte man wenigstens noch gewinnbringend verbrennen.

Ein weiteres Argument für die Verspargelung unserer Landschaft ist die angeblich leistungsfähige Elektrolyse zur Gewinnung von Wasserstoff. Je nach Quelle variiert die Angabe zum Wirkungsgrad von H2-Brennzellen zwischen 10 und >20 %. Klassische Wärmekraftmaschinen wie Dieselmotoren kommen auf über 40%, was auch nicht gerade umwerfend ist. Und da sollen wir noch weniger akzeptieren – für was? Den Profit der Windkraftmilliardäre?

Zum Glück orientieren die Hersteller sich schon im Ausland und wollen abwandern. Man fragt sich nur, in welchem Land man ähnlich verrückt ist wie in Deutschland und sich den Horizont mit den Kruzifixen der Church of Global Warming vollstellen will. Wahrscheinlich Schweden.