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Weitere Nutzung für „Atommüll“

Zwischen dem Betreiber von zwei Candu 6 Reaktoren in Quinshan TQNPC (China National Nuclear Corporation subsidy Third Quinshan Nuclear Power Company) und der kanadischen SNC-Lavalin wurde ein Vertrag zur Lieferung von Brennelementen aus 37M NUE (Natural Uranium Equivalent) abgeschlossen. Dies ist das Ergebnis einer mehr als zehnjährigen gemeinsamen Forschung und Entwicklungsarbeit. Seit 2008 werden im Reaktor QP III immer wieder NUE-Brennelemente als Dauertest eingesetzt. Diese praktischen Versuche dienten der Anpassung einiger Sicherheitsparameter und der Durchführung des Genehmigungsverfahrens. Jetzt sind die Arbeiten abgeschlossen und der Betrieb mit recyceltem Uran kann beginnen.

Die Reaktoren

Bei den Candu Reaktoren in Quinshan handelt es sich um mit schwerem Wasser (D2O) gekühlte und moderierte Reaktoren. Dieser Reaktor hat im Gegensatz zu Leichtwasserreaktoren keinen Druckbehälter in dem sich die Brennelemente befinden, sondern viele Druckröhren in denen jeweils nur eine Reihe einzelner Brennelemente stecken. Die Druckröhren sind waagerecht und sitzen wiederum in einem mit Schwerwasser gefüllten drucklosen Tank. Vorteil dieser Konstruktion ist, daß man kein dickwandiges Druckgefäß benötigt, sondern lediglich druckfeste Röhren von etwa 10 cm Durchmesser. Druckbehälter können nur eine Handvoll Schmieden weltweit fertigen. Deshalb kann diesen Reaktortyp z. B. Indien selbst herstellen. Als Nachteil erkauft man sich dieses Prinzip mit einem Gewirr von Rohrleitungen: Jede Druckröhre muß mit Vorlauf- und Rücklaufleitung mit den Dampferzeugern verbunden werden. Insgesamt ist die Herstellung aufwendiger und damit teurer.

Durch den Einsatz von Schwerwasser als Kühlmedium und Moderator gehen wesentlich weniger Neutronen verloren als bei Leichtwasserreaktoren. Man kommt deshalb mit Natururan als Brennstoff aus. Eine Anreicherung ist nicht nötig. Darüberhinaus ist das Konzept so flexibel, daß auch andere Brennstoffe wie Thorium oder eben abgebrannte Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren eingesetzt werden können. (Siehe hierzu auch den Artikel Reaktortypen in Europa – Teil6, CANDU in diesem Blog.)

Die Wiederaufbereitung

Wenn Brennelemente „abgebrannt“ sind, müssen sie entnommen werden und durch frische Brennelemente ersetzt werden. Sie sind aber keinesfalls Abfall, sondern können und sollten recycelt werden. Auch in Deutschland war deshalb eine eigene Wiederaufbereitungsanlage nach dem PUREX-Verfahren vorgesehen. Übergangsweise hat man Brennelemente in Frankreich und GB aufbereiten lassen. Aus bekannten ideologischen Gründen ist man davon abgegangen. Der Kampf gegen das Atom ist der zentrale Gründungsmythos von Bündnis 90 / Die Grünen.

Die Kerntechnik war der erste Industriezweig der nicht einfach Abfall produzieren wollte, sondern vielmehr der Begründer des industriellen Recyclings. In einem „abgebrannten“ — oder besser abgenutzten und für seinen ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr geeigneten — Brennelement sind lediglich rund 5 % Spaltprodukte. Das ist die „Asche“ der nuklearen Energieherstellung. Aber über 93% des Urans und zusätzlich rund 1% Plutonium sind für die Energiegewinnung wiederverwendbar!

Bei dem PUREX-Verfahren werden die Brennstäbe aufgelöst und anschließend durch eine mehrstufige flüssig-flüssig Extraktion in möglichst reines Uran und Plutonium zerlegt. Alles andere ist bei diesem Verfahren Abfall, wird in Glas eingeschmolzen und ist zur Endlagerung vorgesehen. Das Plutonium wird seit Jahrzehnten — auch in Deutschland — zusammen mit abgereichertem Uran zu sogenannten Mischoxid-Brennelementen verarbeitet und erneut in Leichtwasserreaktoren zur Energiegewinnung eingesetzt. Das zurückgewonnene Uran wird bisher fast ausschließlich eingelagert. Man kann es als „Ersatz“ für Natururan in Anreicherungsanlagen einsetzen. Es muß dazu aber in Uranhexafluorid umgewandelt werden. Ein, bei den heutigen Preisen für Natururan nicht wirtschaftlicher Weg.

Der NUE-Weg

Das Uran für Leichtwasserreaktoren hat eine ursprüngliche Anreicherung von 3% bis 5% U235. Im Reaktor wird sowohl U235 als auch Pu239 gespalten. Das Plutonium bildet sich kontinuierlich aus dem U238 durch das (parasitäre) Einfangen von Neutronen. Ein Teil davon, wird sofort wieder im Reaktor gespalten. Deshalb kann nicht alles U235 aufgebraucht werden bevor die zulässige Betriebsdauer des Brennelements erreicht ist. Oft hat das recycelte Uran noch einen höheren Anteil davon als das Natururan (0,7% U235). Es kann daher noch in Schwerwasserreaktoren eingesetzt werden. Allerdings ist die Natur immer etwas komplizierter als die Theorie. Nicht jeder U235 Kern wird auch gespalten, wenn er von einem Neutron getroffen wird. Es bildet sich auch U236 und sogar Spuren von U234. Alle diese Isotope haben ihre charakteristischen neutronenphysikalischen Eigenschaften. Es wird deshalb durch Verschneiden mit abgereichertem Uran ein dem „Natururan entsprechendes Äquivalent“ (NUE) hergestellt. Dies ist aber eine reine Frage der Analyse (welche Isotopenzusammensetzung?), der Rechnung (neutronenphysikalische Bestimmung) und der Mischung. Ein vergleichbar geringer Aufwand, verglichen z. B. mit einer Anreicherung.

Man kann etwa mit dem recycelten Uran aus vier Leichtwasserreaktoren einen zusätzlichen Schwerwasserreaktor betreiben. Die zusätzliche Energie wird ohne zusätzlichen Verbrauch von Natururan erzeugt — Energie aus „Atommüll“. China betrachtet ihr kerntechnisches Programm offensichtlich von Anfang an als System. Im Zentrum stehen die Leichtwasserreaktoren und eine Wiederaufbereitung des „Atommülls“. Nach dem Vorbild von Frankreich wird dadurch der endgültig zu lagernde Abfall beträchtlich entschärft und verringert. Das anfallende Plutonium wird über Mischoxid wieder den Leichtwasserreaktoren zugeführt. Das zurückgewonnene Uran den Schwerwasserreaktoren. Mittelfristig soll eine weitere Nutzung über natriumgekühlte Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum erfolgen. Beachtenswert ist die Vorgehensweise: Zwar in voller Breite aller am Weltmarkt erhältlichen Reaktortypen, aber stets in kleinen Schritten in enger Kooperation mit internationalen Partnern. Ganz nebenbei ist dadurch eine der bedeutendsten kerntechnischen Industrien der Welt aufgebaut worden. Ein nicht zu unterschätzender und bewußt angestrebter Nebeneffekt. Kerntechnik ist eine Schlüsseltechnologie, die weit in die industrielle Welt ausstrahlt. So war es einst auch in Deutschland, aber hier wird dieser Vorteil zusehends aufgebraucht. Manch ein Grüner wird sich noch die Augen reiben, wie schnell der „Exportweltmeister“ zu einem mittelmäßigen Industriestandort verkommen sein wird.

Der Beitrag erschien zuerst bei NUKEKLAUS hier



Die spinnen, die Finnen – sie haben nämlich die Quadratur des deutschen Kreises gefunden

Eine ähnlich unlösbare Aufgabe scheint die Lagerung des Atommülls zu sein. In Deutschland jedenfalls wurde die Lagerung von Atommüll schlicht als unlösbare Aufgabe deklariert. Die Bürgerinitiative Lüchow Dannenberg konnte 2009 beweisen: „Der Atommüll muss für mehrere Million Jahre sicher von der Biosphäre, von Menschen, Tieren und Pflanzen abgeschirmt werden. Dies ist realistisch betrachtet eine unlösbare Aufgabe“.

Genau dieser pessimistischen Philosophie folgte jüngst die deutsche Gesetzgebung zur Endlagersuche. Seit 50 Jahren streiten sich die Deutschen um einen Standort für ein Endlager. Sie gaben schon ungefähr zwei Milliarden Euro dafür aus, keinen Standort zu finden. Nun haben sie ein Gesetz verabschiedet, welches garantiert, dass es auch ja für alle Zeiten so weitergeht: bis 2036 soll der unter Sicherheitsgesichtspunkten „bestmögliche“ Standort gefunden werden. Schon die Formulierung „bestmöglich“ garantiert, dass das nichts wird. Damit ist es auch irrelevant, das bis zum Jahre 2100 (sic) das Lager gebaut werden soll. Da werden an diesem Sankt Nimmerleinstag die Ururenkel der heutigen Politiker ihre Freude an dem Text haben. Und es wird gleichzeitig garantiert, das die Endlagersuche noch viele Milliarden kosten wird. Man hat ja immer jemanden, dem man die Rechnung anhängen kann: den Energieriesen, solange es die noch gibt, oder dem Steuerzahler. Nach 2100 soll gewährleistet werden, dass weitere 300 Jahre die eingelagerten Castoren rückholbar sein müssen. Das Ganze erinnert mich ein wenig an die Forderung, den weltweiten Temperaturanstieg bis zum Jahre 2100 auf zwei Grad zu begrenzen, besser noch auf 1,5 Grad.

Das deutsche Endlagergesetz stellt lediglich eins sicher: den Grünen kommt das wichtigste Anti-Atom-Argument nicht abhanden. Oder kurz gesagt: die Deutschen brauchen ein Endlager, aber sie wollen keines.

Und nun, unerwähnt von den deutschen Medien und unbemerkt von den deutschen Bürgerinitiativen, bauen die Finnen einfach ein Endlager für die hochradioaktiven Wertstoffe (hierzulande vulgo Atommüll genannt). Und das ohne die deutschen Vorreiter zu fragen. Dürfen Finnen das?

Jedenfalls erteilte die finnische Regierung 2015 eine Genehmigung zum Bau eines Endlagers für hochradioaktive Rückstände am Standort Olkiluoto, das ist dort, wo schon drei Kernkraftwerke stehen. Schon im Jahre 2001 wurde dieser Standort in Finnland beschlossen. Vorangegangen waren 40 Jahre umfassende multidisziplinäre Forschungen und Untersuchungen. Die mit dem Bau beauftragte Firma POSIVA begann unmittelbar nach der Genehmigung mit den Arbeiten und wird das weltweit erste Endlager für gebrauchte Kernbrennstäbe namens ONKALO im Jahre 2020 in Betrieb nehmen.

Die Anlage wird aus zwei Teilen bestehen: einer oberirdischen Anlage zur Endverpackung für die gebrauchten Brennelemente in die Endlagerbehälter- bei uns eher bekannt als „Castoren“. Diese Behälter werden in 400m tiefen Granitstollen zum endgültigen Verbleib eingebracht. Wie die Langzeitsicherheit eines solchen Endlagers funktionieren soll, zeigt anschaulich dieses Video. Den gegenwärtigen Stand der Arbeiten stellt dieses Video dar – unbedingt ansehen, da kommt sogar ein deutsches Spitzenprodukt vor, das demnächst auch verboten werden soll. (Wer’s rausfindet, darf einen Leserbrief schreiben).

Im Jahre 2020 ist es dann soweit: finnish mission impossible completed. Dann werden wohl die Finnen die Vorreiter sein. Es gibt – natürlich außerhalb Deutschlands – umfangreiches internationales Interesse an dem Projekt. Wir Deutschen hingegen haben ja noch Zeit bis 2100 eine bessere Lösung zu erfinden, die wir dann in alle Welt exportieren können.

Finnisch ist sicherlich eine schwierige Sprache. Aber Sie kennen mit Sicherheit das finnische Wort für „Besserwisser“. Das ist nämlich ganz einfach: „Besserwisser“.