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Der ausgeblieben Weltuntergang – was ist eigentlich in Fukushima los?

Fast 100 Kernkraftwerke auf der ganzen Welt hatte ich schon gesehen. Ich war auch in Japan – allerdings war Fukushima noch nicht dabei. Meine Organisation hatte sich als zahnloser Tiger entpuppt und auf der ganzen Linie versagt. Ich wäre am liebsten vor Scham in den Boden versunken. Noch am gleichen Abend meldete ich mich freiwillig, um in Fukushima den Kollegen zu helfen. Ich war nicht der Einzige – hunderte Ingenieure der Nuklearindustrie taten das.

Die Erdachse wurde verschoben

Am 11. März 2011 um 14:46 Uhr Ortszeit traf Japan ein schweres Erdbeben. Die Pazifische Platte schob sich ruckartig fünf Meter auf die Nordamerikanische Platte. Die Erdkruste riss auf einer Länge von 400 Km bis in eine Tiefe von 60 km auf. Das Tohoku-Erdbeben vor der Küste von Fukushima wurde mit 9,1 auf der Richterskala bewertet. Die freigesetzte Energie des Bebens war äquivalent der Energie von 780 Millionen Hiroshima-Bomben. Das Erdbeben war so schwer, dass sich die Erdachse um 16 cm verschob – seither dreht sich die Erde etwas schneller, die Tageslänge verkürzte sich um 1,8 Mikrosekunden. 400.000 Gebäude stürzten ein. Alle Kernkraftwerke Japans schalteten sich bei dem Beben automatisch ab und gingen in den Notkühlbetrieb über. Das Stromnetz in großen Landesteilen wurde erheblich beschädigt.

Als Folge des Bebens verwüstete ein gigantischer Tsunami die Küstenregion von Fukushima. 22.000 Opfer waren zu beklagen. Das Kernkraftwerk Fukushima mit seinen sechs Reaktor-Blöcken wurde von einer Wasserwelle von 14 Metern Höhe getroffen und vier tiefer gelegenen Reaktorblöcke wurden überschwemmt und völlig verwüstet. Mit dem kleinen Finger ihrer linken Hand drückte die Flutwelle die eisernen Maschinenhaustore der Reaktorblöcke auf und verwandelte die Turbinen-Gebäude in U-Boote, in denen das Wasser fünf Meter hochstand. Dort befanden sich aber auch die Notstromdiese, deren Funktion für diese Anlagen jetzt überlebenswichtig war. Die umfangreichen Sicherheitseinrichtungen des Kraftwerkes mussten ohne Notstromversorgung versagen und die Reaktorkerne überhitzten sich bis zur Teilschmelze. Das nennt der Fachmann GAU – Größter Anzunehmender Unfall. Durch eine Hitze-Reaktion des Zirkoniums der Brennelemente mit dem Wasserdampf entstanden große Mengen an Wasserstoff, der in Verbindung mit Luftsauerstoff als Knallgas gerne explodiert.

Japans Sicherheitskultur versagte

Zweifelsfrei hatte hier die Unfallvorsorge des Energieversorgers TEPCO (Tokyo Electric Power Company) versagt. Die Welt verstand Japan stets als ein Hochtechnologie-Land und lernte nun: „Hochtechnologieland“ bedeutet nicht unbedingt „Hochsicherheitsland“. Es war Japans Sicherheitskultur,die versagt hatte.

Die Bilder der Wasserstoffexplosionen in Fukushimawurden weltweit als explodierende Reaktoren wahrgenommen. Als wäre eine solche Katastrophe nicht genug, wurde der GAU in Fukushima mittels dieser Bilder von den deutschen Medien im Einklang mit der Politik regelrecht orchestriert und in einen Super-GAU erhöht. Einen Supergau gibt es sprachlich gar nicht, da GAU schon „Größter Anzunehmender Unfall“ heißt. Eine ungeheuerliche Medienkampagne brach in Deutschland los und spülte ganz nebenbei in Baden-Württemberg einen grünen Ministerpräsidenten an die Macht. Der ARD-Korrespondent Robert Hetkämper relotierte damals darüber, dass in Fukushima Obdachlose und Jugendliche in einem Kamikaze-Einsatz verheiztwürden. Eine heute amtierende Bundestagspräsidentin widmete kurzerhand die Tsunamiopfer zu Strahlenopfernum. Nichts davon stimmte. Es gab keine Strahlenopfer in Fukushima. Die sieben Todesopfer im Werk fielen dem Erdbeben – ein Kranführer stürzte von seinem Kran ab – oder dem Tsunami zum Opfer – sie ertranken in den Fluten.

Die Angst der deutschen Politik vor dem Zeitgeist

Was ist aus den Weltuntergangs-Szenariengeworden, die von den Medien angeheizt, Panik über den Erdball verbreiteten? Nichts, rein gar nichts – außer, dass der Tsunami in Fukushima in Deutschland mehr Kernreaktoren zerstört hat, als im fernen Japan. Ließ doch die deutsche Kanzlerin auf der Tsunamiwelle reitend für ein paar Wählerstimmen einen ganzen Industriezweig gesetzwidrig enteignen, indem die gültigen Betriebsgenehmigungen deutscher Kernkraftwerke eingezogen wurden. Acht Blöcke wurden sofort abgeschaltet, die restlichen werden bis 2022 außer Betrieb genommen – aus Angst vor einem Tsunami in der deutschen Tiefebene?

Nein, aus Angst vor dem Zeitgeist. Genützt hat es der CDU nichts. Die Wahl in Baden-Württemberg hat sie damals trotzdem nicht gewonnen. Und den deutschen Steuerzahler hat die Kanzlerinnenpanik viele Milliarden gekostet, Milliarden, die anderswo dringend gebraucht wurden. Deutschland hat sich durch den Abschied von der Kernenergie meilenweit vom Erreichen seiner selbstgesetzten Klimaziele entfernt. Lernen aus Fehlern? Das muss in Deutschland nicht sein. Jetzt wird – genau mit der gleichen Panikmache – ein weiterer Ast abgesägt, auf dem der deutsche Wohlstand sitzt. Die Gretaisierung der deutschen Politikschreitet auch heute noch unaufhaltsam und majestätisch wie eine Tsunamiwelle voran. Und genau so verheerend wie ein Tsunami wird auch die Wirkung sein. Aber ach – das sagend fühle ich mich wie Kassandra– die der Legende nach begabt war, die Zukunft vorherzusagen und dazu verdammt war, dass ihr niemand Glauben schenkte.

Was wurde aus der Zone der Evakuierung?

Unmittelbar nach dem GAU wurde eine 20km-Zone um das havarierte Kraftwerk von der japanischen Regierung evakuiert. Ob dies notwendig und besser für die Betroffenen war, darüber lässt sich unter Strahlenschutzgesichtspunkten trefflich streiten. Ich glaube, es war eher kontraproduktiv. In den letzten Jahren wurde die Evakuierungszone aufwendig dekontaminiert, ein Vorgang, den man sich in Deutschland nicht vorstellen mag. 15,2 Millionen Kubikmeter „kontaminiertes Erdreich“ wurden in der Präfektur Fukushima abgetragen und in 150.000 speziellen Lagerstättenverstaut. Die Strahlenbelastung in Fukushima Stadt ging von 2,74 Mikrosievert nach dem Unfall auf heute normale Werte von 0,14 Mikrosievert zurück. Ich bin kein Strahlenschutzexperte. Deshalb ein paar etwas laienhafte Erklärungen dazu. (Zum einfacheren Vergleichen gebe ich die Werte in Mikrosievert pro Stunde (μSv/h) und gerundete Zahlen an. In einigen gesperrten Teilen der Evakuierungszone sind die Werte deutlich höher).

Die Luftstrahlung an der Messtation Odaka – 15 km vom Kernkraftwerk Fukushima Daiichi entfernt und typisch für die wieder zum Heimkehren freigegebenen Bereiche – beträgt 0,14 μSv/h. Das liegt leicht über dem normalen Strahlungsniveau von z.B. New York, ist aber etwas niedriger als in Rom und deutlich niedriger, als in einigen Gebirgsregionen Deutschlands. Eine der höchsten natürlichen Strahlenbelastungen weltweit findet sich im iranischen Ramsar mit Spitzenwerten der effektiven Dosis von 14μSv/h. Zum weiteren Verständnis: 5-10μSv werden für einmaliges Zahnröntgen appliziert und mehr als 50μSv für einen einfachen Flug von Tokio nach New York.  Noch ein Beispiel: 12.000 Computertomografien werden in Deutschland pro Jahr durchgeführt.  Bei einer Ganzkörper-CT werden zwischen 1000μSv und 10.000μSv verabreicht.

Mehr als die Hälfte der Evakuierungszone von 371 Quadratkilometer wurde inzwischen wieder für die Bevölkerung zum Wiederbezug freigegeben. Insgesamt kehrten etwa 50.000 Einwohner (2,6% der Bevölkerung der Präfektur) nicht in ihre angestammte Heimat zurück. Selbst in die Dörfer nahe des Kraftwerkes Fukushima kehrt das Leben langsam zurück. Es wird aber noch Jahre dauern, bis die Narben des Unglücks verheilt sind. Zum Beispiel sind in Odaka Town, etwa 15 km vom Kraftwerk entfernt, erst ein Drittel (2.832 von einst 8.313) der Einwohner zurückgekehrt. Oder in Nami-Town – das erst 2017 freigegeben wurde – sind von den einst 20.000 Einwohnern erst 500 zurück.

Viele der hastig Evakuierten haben in den letzten sieben Jahren eine neue Heimat gefunden und wollen gar nicht zurückkehren. Einige haben auch Angst vor Strahlung und bleiben lieber woanders. Es kommen aber auch Menschen von anderswo nach Fukushima, um sich mit den Unterstützungsprogrammen der Regierung hier eine Existenz aufzubauen. Die „Todeszone“ ist längst wieder zum Leben erwacht.

Das Soma NomaoiSamurai-Festival zog jedenfalls im Jahr 2018 über 40.000 Besucher nach Fukushima an. Und landwirtschaftliche Produkte, wie die berühmten Fukushima Pfirsiche, sind wieder gefragt. Doch das ist hierzulande keine Nachrichten wert, da schüttelt sich der deutsche Haltungsjournalistvor Abscheu.

Wie sieht es heute auf dem Kraftwerksgelände aus?

Eines Vorab: Das Kraftwerk Fukushima ist heute eine Touristen-Attraktion.  Tausende Nuklearexperten besuchen jährlich das Gelände. Welcher Nuklearexperte möchte sich nicht adeln, indem er sagt: „Ich war in Fukushima“. Es bestehen lange Wartelisten für den Fukushima-Entgruselungsbesuch. Aber es gibt auch genügend normale „23.000 Yen-Sensationstouristen“, die das Kraftwerksgelände wenigstens von Weitem sehen wollen. Ich kann mir schönere Orte für meinen Japanbesuchvorstellen.

Die Aufräumarbeiten haben von den hiesigen Medien völlig ignoriert gute Fortschritte gemacht. TEPCO veröffentlicht in regelmäßigen Abständen ein Vorher-Nachher-Videomit der gegenwärtigen Situation auf dem Gelände des havarierten Kraftwerkes – sehenswerte acht Minuten.

Mehr als 6.000 Menschen arbeiten an dem Rückbau des havarierten Kraftwerks und vollbringen Leistungen, die den hiesigen Medien höchstens negative Erwähnungwert sind. Was die linken Journalisten am meisten ärgern dürfte und nicht ins Weltbild passt: auf dem riesigen Gelände des havarierten Kraftwerks verkehrt ein fahrerloses vollelektrisches Bussystem. Gäbe es das woanders, wären die Jubelmeldungen endlos. Aber – das Kraftwerksgelände ist dekontaminiert und neue Sozialgebäude sowie eine komplett neue Infrastruktur für den Rückbau wurden errichtet.

Im Block 1 wird das zerstörte Gebäude repariert und der Kernbrennstoff aus den Abklingbecken entfernt. Auch das Gebäude des Blockes 2 wurde abgedichtet und die Entfernung des Brennstoffes aus den Becken wird vorbereitet. Am Block 3 wurde ein neues Dach installiert und der Abtransport des Brennstoffes aus den Becken wird vorbereitet. Block 4 ist vollkommen brennstofffrei. In den Reaktoren eins bis drei untersuchen Roboter den Zustand der teilweise geschmolzenen Reaktorkerne, um auch hier den Brennstoff zu entfernen. Dies wird aber noch ein paar Jahre dauern.

Um das Grundwasser am Eindringen und Ausfließen zu hindern, wurde um das gesamte Kraftwerk eine 1500 Meter lange und 30 Meter tiefe Eis-Mauerin den Boden gefroren. Sie funktioniert wie ein Kühlschrank. Durch tausende von in die Erde getriebene Rohre fließt Kühlflüssigkeit, die das Erdreich wie eine Mauer gefrieren lässt – eine technische Meisterleistung, von der Sie, lieber Leser wohl kaum je etwas gehört haben. Der verlinkte Artikel ist in Englisch, da ich keinen deutschsprachigen Beitrag finden konnte. Daher gilt hier ironisch der erste Haferburgsche Medien-Lehrsatz: „Die deutschen Medien informieren mich umfassend und wahrheitsgemäß – außer auf dem Gebiet, von dem ich etwas verstehe“.

Nach dem Unfall mussten die Aufräumarbeiter anfangs unter Vollschutzkleidung und Atemmasken arbeiten. Heute, dank Dekontamination, können sich die Arbeiter auf 96% des gesamten Geländes in normaler Kleidung ohne Masken bewegen. Mehrere neue Wasseraufbereitungsfabriken dekontaminieren das in den Tanklagern aufgefangene radioaktive Wasser. Diese Wässer werden noch in großen neuen Tanklagern zwischengelagert, in denen die provisorischen Tanks durch neue, geschweißte Tanks ersetzt wurden. Die Küstenmauer des Kraftwerkeswurde komplett neu wasserdicht erbaut. Große Lager für niedrigradioaktiven Bauschutt wurden eingerichtet.

Japan wird Vorreiter

Wer sehen will, was am 11. März 2011 wirklich in den Reaktoren von Fukushima passierte, sehe sich dieses Videoan. Roboter dringen in das Innerste der kaputten Reaktoren ein und zeigen die teilweise geschmolzenen Reaktor-Bauteile. So schlimm der Gau auch war – Japan erarbeitet sich gerade eine echte Vorreiterrolle im Bauen von Robotern, die schier Unmögliches vollbringen. Und man sieht den Ingenieuren den Stolz auf ihre Geräte an, auch wenn man kein Japanisch kann.

Bis 2011 erzeugte Japan ein Drittel seines Stroms aus Kernenergie. Da Japan kaum über eigene Energieressourcen verfügt, belastet der Import von Energieträgern die Japanische Industrie sehr hoch und gefährdet ihre Wettbewerbsfähigkeit. Anders als in Deutschland neigen die Japaner nicht zur Klima- und Atomhysterie. Deshalb wurde ein Atomausstieg nach Fukushima nicht in Betracht gezogen. Im Gegenteil, die Japaner lernen aus ihren Fehlern. Japan rüstet seine 37 Reaktoren sicherheitstechnisch nach und nimmt sie sukzessive wieder in Betrieb. Die ersten zwei Einheiten wurden bereits 2015 wieder angefahren. Sieben weitere Reaktoren laufen heute wieder. 17 weitere Reaktoren befinden sich gegenwärtig im Prozesse der Wiedererteilung der Betriebsgenehmigung.

Ich habe mir die neuen Sicherheitsmaßnahmen vor Ort in Kashiwazaki Kariwapersönlich angesehen, sie sind durchaus beeindruckend. Gigantische Flutwälle, zusätzliche flutsichere Notstromaggregate, unabhängige Notkühlaggregate, erdbebensichere Notfallgebäude, Vorräte für autarke Langzeitversorgung der Mannschaft, strukturunabhängige Notfallkommunikationsmittel…  Getan wird, was menschenmöglich ist, um ein zweites Fukushima zu verhindern. Getan wird alles, damit die Kernkraftwerke wieder angefahren werden können. Weil sie, so seltsam das klingt, von der Regierung für eine sichere Energieversorgung als notwendig erachtet und von der Bevölkerung akzeptiert werden.

Die deutsche Energiewende scheitert am Atomausstieg

Trotz der gigantischen Geldausgaben von über 500 Milliarden Euro wird Deutschland seine selbstgesteckten Ziele der CO2 Einsparung für das Jahr 2020 völlig verfehlen. Die Energiewende ist gescheitert. Die Hauptursache für dieses Totalversagen ist der überstürzte Atomausstieg. Kernkraftwerke sind nun mal die einzige CO2-freie wetterunabhängige Grundlastquelle. Gerichtet werden soll es jetzt mit einem genauso überstürzten Kohleausstieg. „Aussteigen ohne Einzusteigen“ ist das Motto, oder „Mehr vom Selben“. Wahnsinn ist, wenn man versucht, mit mehr von denselben Mitteln, die vorher schon nichts brachten, ein besseres Ergebnis zu erzielen.

Um das eigene Komplettversagen in der Energiepolitik zu vernebeln, verweist die Politik jetzt auf Zeiträume weit außerhalb ihrer Legislaturperioden-Kompetenz. So werden halt andere Politiker für das Nichterreichen der nächsten Ziele und die Damit verbundene Geldverschwendung verantwortlich sein. Beim Pro-Kopf Ausstoß von CO2rangiert Deutschland derzeit mit ca. 9 Tonnen pro Jahr auf Platz 24. Die Sieger der „Dekarbonisierung“ auf Platz 1 bis 5 heißen Kongo, Niger, Äthiopien, Südsudan und Eritrea mit je weniger als 0,5 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr.

Liebe deutsche Landsleute, sollten Gretasund der GrünenForderungen nach „der Änderung von Allem“ umgesetzt werden, dann wisst Ihr jetzt, wo es hingeht. Und vielleicht meinte ja Angela Merkel genau das, als sie davon sprach, dass die deutsche Politik „Fluchtursachen beseitigen“ muss. Nämlich dann, wenn Deutschland es schaffen würde, einen CO2-Ausstoß von kleiner als einer Tonne pro Kopf zu erreichen. Dann bestünden absolut keine Fluchtursachen nach Deutschlandmehr. Die Politik ist auf einem guten Weg dazu.

 

Manfred Haferburg ist Autor des Romans „Wohn-Haft“. Der Roman beschreibt auf spannende Weiseden aussichtslosen Kampf eines Einzelnen gegen ein übermächtiges System. Ein Kampf, der in den Schreckensgefängnissen des sozialistischen Lagers endet. Ein Kampf, in dem am Ende die Liebe siegt. Wolf Biermann schrieb dazu ein ergreifendes Vorwort. Der 524 Seiten Roman ist als Hardcover zum Verschenken für 32€, als E-Book für 23,99€ und als Taschenbuch für 20€ erhältlich. (Amazon 36 Kundenbewertung 4,5 von 5 Sternen)

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT




Super-GAU

Update: Anmerkungen zum "Atom-Expertentum" von Rolf Sträter (ganz nach unten scrollen)

 …Sind wir wirklich nicht mehr in der Lage, den Blick auf das Wesentliche zu richten? Sind wir nicht mehr in der Lage, in Ruhe zu überlegen und dann rationale Entscheidungen zu treffen? Der gestrige Tag hat eine offensichtliche Antwort beschert: Nein! 

Das Tempo, mit dem die deutsche Bundesregierung die Atom-Kehrtwende vollzogen hat, verdeutlicht, dass wir eine Gesellschaft der Getriebenen geworden sind. Getrieben von der Meinung der vielen. Getrieben von den Medien. Getrieben von Umfragewerten und anstehenden Wahlen. 

Angela Merkel hat sich gestern dort eingereiht. Wenn sich die Sicherheitslage bei den deutschen Atomkraftwerken innerhalb von 72 Stunden tatsächlich derart verändert haben sollte, wie es die Bundeskanzlerin und ihre Regierung gestern glauben machen wollten, dann gäbe es nur eine Schlussfolgerung: abschalten – und zwar sofort. Merkel hat sich zur Getriebenen machen lassen. Vor allem von der Personalie Stefan Mappus, der um seine Wiederwahl als Ministerpräsident in Baden-Württemberg fürchtet. 

Erreicht hat Merkel damit eins: Die Verunsicherung in der deutschen Bevölkerung ist noch größer geworden. Sind die deutschen Atomkraftwerke nun sicher oder nicht? Eine klare Antwort auf diese Frage gab es von der Kanzlerin gestern Abend nicht. Laut ARD-Deutschlandtrend glaubt inzwischen der Großteil der Deutschen, dass bei uns ein ähnliches Atom-Drama möglich sei wie in Japan. Ohne Erdbeben. Ohne Tsunami. 

Die meisten Deutschen haben in den vergangenen Tagen den Blick für das Wesentliche verloren. Den Blick auf die tapferen Menschen in Japan, die im Angesicht der atomaren Gefahr damit beginnen, ihre Existenzen wieder aufzubauen. 

Den Blick für die Trauernden, die Suchenden und die Gestorbenen. Statt über Atomkraftwerke in Deutschland zu zetern, sollten wir beten – dafür, dass den Japanern der Super-GAU erspart bleibt. 

Daniel Freimuth

Dieser Artikel erschien am 18.3.2011 im Hanauer Anzeiger. Wir halten ihn für sehr bemerkenswert, so dass wir ihn in voller Länge bringen. Mit Dank an Leser Dr. Stehlik EIKE.

Sie können ihn auch als pdf herunterladen.

Lesen Sie dazu auch den Beitrag von Ralf Sträter am 13.3.11 im Blog Ökowatch

 

In Japan hat die Erde gebebt, anschließend verwüstete eine riesige Welle die Pazifikküste des Landes. Viele Menschen starben, noch mehr Menschen verloren ihre Wohnungen. Mir tun die Menschen leid, die jetzt mit dem Wiederaufbau ihrer Existenz beschäftigt sind, die frieren und Hunger haben wegen der zusammengebrochenen Infrastruktur ihrer hochentwickelten Heimat. Jedoch gibt es – für die deutschen Medien – scheinbar Wichtigeres. Denn durch die Naturkatastrophe wurden zwei Kernkraftwerksblöcke beschädigt, japanische Fachleute sind aktuell dabei, Schlimmes zu verhindern. Augenscheinlich haben die deutschen Medien nichts besseres zu tun, als "Atom-Experten" zu befragen.

Was ist ein "Atom-Experte"? "Atom-Experten" arbeiten z.B. am Darmstädter "Öko-Institut", wahlweise auch bei Greenpeace, nicht unbedingt erforderlich scheint zu sein, sich mit Kraftwerken und deren Physik auseinandergesetzt zu haben. Als ich gestern den Fernseher anschaltete, strahlte mir auf N24 Atom-Experte Michael Sailer entgegen, Chemieingenieur vom Darmstädter Öko-Institut und Atom-Experte aus Leidenschaft. Im Interview ergab sich – aus dem Gedächtnis wiedergegeben – folgendes:

Journalist: Im Kraftwerkskontrollraum wurde eine um das eintausendfache erhöhte Strahlenbelastung festgestellt, ist es noch verantwortlich, da Leute zu lassen?

Experte: Es ist wohl der Zwang, um Schlimmeres zu verhindern, eintausendfach ist schon viel, aber nicht tödlich.

Ein wahrer "Atom-Experte" weiß selbstverständlich, daß eintausendfach viel ist, mehr zumindest als einhundertfach. Die Zahl in irgendwelche Relationen zu setzen, um dem Publikum, das eben nicht "Atom-Experte" ist, eine Einordnung zu ermöglichen, wurde versäumt, vermutlich weil man sich als "Atom-Experte" in dem ganzen Einheitenbrei nicht so auskennt und da viel wichtiger ist, daß eintausenfach ’schon ne Menge aber nicht tödlich‘ ist. Ich versuche das jetzt mal mit den Zahlen und versuche ohne "Atom-Experte" zu sein, die Zahlen in eine Relation zu bringen.

Im Normalbetrieb wird man im Kraftwerkskontrollraum etwa einer Strahlenbelastung von 0,23µSv/h ausgesetzt – außerhalb des Kontrollraums, wenn man in der kernkraftwerksfreien Landschaft spazieren geht, auch. Eintausendfach heißt für mich, daß die Strahlung im Kraftwerkskontrollraum 0,23mSv&h oder auf eine 8 Stunden Schicht bezogen 1,83 mSv beträgt. Dies alles sagt erstmal nicht so viel. Welcher Strahlenbelastung ist jemand ausgesetzt, bei dem ein Bänderriß vermutet wird und bei dem daher eine Computertomographie durchgeführt wird? Es sind etwa 20mSv. Die Kraftwerksmitarbeiter würden sich, wenn sie sich 88 Stunden oder 11 Schichten der ‚gefährlichen aber nicht tödlichen‘ Strahlendosis im Leitstand aussetzen, die gleiche Dosis abbekommen die eine ’nützliche heilsbringende‘ Computertomographie so hergibt.

Erstaunlicherweise sagt kein "Atom-Experte" Dinge, die irgendwas Konkretes hergeben können. Mich würde interessieren, wann der Spuk vorüber ist. Die Kraftwerke haben ja aktuell das nicht unerhebliche Problem, die Nachzerfallswärme abzuführen. Die Kraftwerke sind abgeschaltet, eine Kettenreaktion findet nicht mehr statt. Obwohl die "Atom-Experten" von ARD und ZDF durch Hervorkramen der alten Tschernobyl-Dokumentationen etwas anderes sugerieren wollen, ist im übrigen das ganze Szenario ein anderes, denn in Tschernobyl trat beim Abschalten ein schrecklicher Konstruktionsfehler zu Tage, der für kurze Zeit eine unkontrollierte Kettenreaktion zur Folge hatte. Mit der Nachzerfallswärme ist es etwas anderes. Sie ist erstmal viel weniger, aber noch besser, man kann sie, wenn man einige Daten des Kraftwerks kennt, recht einfach durch die von Way und Wigner aufgestellte Näherungsformel abschätzen. Auch die Wärmeleitfähigkeit des Containments kennt man, selbstverständlich ebenso den Schmelzpunkt der Brennstäbe und – wichtiger noch – den des Containments. "Atom-Experten" selbstverständlich rechnen nicht. In keiner Publikation konnte man etwas dazu lesen, wann es denn vorüber ist.

Statt dessen sieht man sinnlose Vergleiche und ebenso einen russischen Atom-Experten von Greenpeace Russland, der inhaltsschwanger berichtet "Ich fühle mich stark an Tschernobyl erinnert" und es hierdurch schafft, mit nur einem Satz dem Faß den Boden auszuschlagen. Ich nicht, ich bin häufig in der Ukraine und habe dort Freunde, allerdings in einer anderen Region, die Ukraine ist groß. Mir wurde von meinen Freunden glaubhaft versichert, daß es nicht direkt Sondersendungen gab. Die Sowjetunion begann drei Tage nach dem Unfall zu evakuieren – da ließ sich der Mist nicht mehr unter den Teppich fegen – in Japan begann man noch, ehe es überhaupt zur Freisetzung von strahlendem Material kam. Das fällt einem Greenpeace-"Atom-Experten" natürlich genausowenig auf wie die komplett unterschiedlichen Unfallhergänge und die gravierenden konstruktiven Unterschiede der Reaktoren.

Abschließend muß ich nochmals hervorheben, wie sehr ich die japanische Bevölkerung für das Unglück durch die Naturkatastrophe bedauere. "Atom-Experten" machen das nicht, die wittern das politische Geschäft ihres Lebens.

Übernommen von Ökowatch mit Dank an Rolf Sträter

Lesen Sie auch hier den klaren Artikel von Vera Lengsfeld auf ACHGUT

Hier wird beschrieben wie die Tagessschau vom 17.3.11 ihre Zuschauer in die Irre führt.

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