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Wenn schon pleite, dann aber richtig ! Ein Nachruf auf die „Smart region Pellworm“

Ach, Du liebe Smart Region, wie warst Du uns, den Fans der Energiewende, doch lieb und teuer, vor allem jedoch teuer, sodass wir nun Abschied nehmen müssen, denn Dein Ziehvater, das HanseWerk, Tochter von EON, sieht keine Chance mehr, Dein Leben durch weitere Alimentation noch zu erhalten. Einziger Trost, wenn Du nun bald auf dem Müllhaufen der gescheiterten Projekte und Planungen der Energiewende entsorgt wirst, da bist Du nicht alleine, da liegt schon jede Menge anderes, und es kommt bald noch mehr dazu.

Dabei hatte es doch so vielversprechend angefangen, 2013, auch der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig, war gekommen, um im feierlichen Rahmen der Prominenz Deinen Start mit den Worten zu begrüßen: „Hier wird dezentrale Stromgewinnung mit innovativer Speichertechnik und gutem Netz-Management verknüpft“. Dass es mit dem Verknüpfen dann doch nicht so einfach war, auch wenn man reichlich Geld reinknüpft, zeigte auch der Ergebnis-Bericht, der im letzten Herbst erschienen ist, äußerte man sich trotz der sichtbar gewordenen Schwächen noch optimistisch, es heißt: „dass ein wirtschaftlicher Batteriebetrieb zukünftig zu erwarten ist.“ , und man hatte „Geschäftsmodelle“ entwickelt, bei denen allerdings schon erste Zweifel laut wurden: „„Die monetäre Analyse der Geschäftsmodelle zeigt, dass derzeit keines der entwickelten Modelle die Investitionskosten der Großspeicher deckt.“.

Mit dieser Einschätzung im Bewusstsein, dass das System zwar kränkelt aber doch noch gerettet werden wird, habe ich dann im Oktober letzten Jahres einen smarten Besuch auf der Insel gemacht. In dem zugehörigen Sonnen-Pavillon konnte ich ein echtes Stück Öko-Käsekuchen genießen (mit EE-Strom gebacken), serviert von der freundlichen Bedienung, denn in dieser Jahreszeit war die Saison gelaufen, und den dann selten gewordenen Gästen begegnete man überall auf der Insel sehr entgegenkommend. So konnte ich dann auch von den beiden Speichern, ein Li-Ionen-Speicher und ein Redox-Flow-Speicher, noch ein Foto machen, zur Erinnerung also, und seltsam, wie eine Vorahnung, vor den eindrucksvoll großen Containern stehend ging mir damals schon die Musik von Beethoven durch den Kopf, Fidelio, Arie des Kerkermeisters Rocco, „Wenn sich nichts mit nichts verbindet, ist und bleibt die Summe klein“.

Nun, ganz nichts, was man da verbunden hatte, war es nicht, denn man hatte ja immerhin einen Selbstversorgungsgrad von über 97 % erreicht, und man schrieb: „und es hätte eine etwa doppelt so große Dimensionierung (der Speicher) erfordert, um auch die letzten 2,5 % der auf der Insel benötigten Energie während wind- und sonnenarmen Zeiten aus gespeicherter Energie zu decken.“ , aber auch das heißt ja konkret, dass man das ursprüngliche Ziel, wie es wörtlich so definiert war Das Hauptziel von „SmartRegion Pellworm“ ist die Demonstration einer stabilen, kosteneffizienten und marktorientierten Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien“ eben nicht erreicht hat. Jeder Wert unter 100 % (mit einem gewissen Sicherheitszuschlag) bedeutet ja, da die Lücken der Versorgung nicht planbar sind, dass jederzeit auf dem Festland ein konventionelles System im Leerlauf mit voller Bereitschaft vorhanden sein muss, um im Sekundentakt einspringen zu können und um den Insel-Blackout zu vermeiden. Damit ist dann diese Anlage für das vorgegebene Ziel, den Klimaschutz, weiterhin vollkommen wertlos.

Im Ansatz des Projektes hieß es noch: „Die 37 km2 große Insel mit 1.177 Einwohnern ist landwirtschaftlich geprägt und zählt zu den sonnen- und windreichsten Regionen Deutschlands. Die Insel ist somit der ideale Ort für das Forschungsprojekt: Hier wird 3-mal so viel Energie erzeugt wie die Einwohner verbrauchen – aber nur dann, wenn der Wind weht und die Sonne scheint.“ Hier liegt also eine „best-case“-Situation vor, und wenn es selbst unter diesen Umständen nicht gelingt, den allerersten Schritt zur Energiewende, die Stromwende, wirklich zu meistern, dann sollte allerdings, was die Energiewende betrifft, insgesamt Ernüchterung eingetreten sein. Die Angabe, dass man „eine etwa doppelt so große Dimensionierung“ gebraucht hätte, ist reichlich verwaschen, könnte auch das drei- bis fünffache sein, warum hat man nicht einmal das versucht, um wenigstens an dieser hervorgehobenen Stelle endgültige Klarheit über die tatsächlichen Kosten zu erreichen ? Also, außer Spesen nichts gewesen.

 

Einige Merkwürdigkeiten kommen noch hinzu. Da hat man einen ziemlichen Aufwand an Installation von Mess- und Rechensystemen getrieben, um auch die Speichereinheiten der auf der Insel bei einigen Bewohnern vorhandenen privaten PV-Anlagen mit einzubinden, das hätte man sich sparen können, denn da hat man dann tatsächlich „mit nichts“ verbunden, denn diese Speicher, die nur zu Werbezwecken den Leuten angedreht werden, sind viel zu mickrig, um irgend etwas tatsächlich zu bewirken. Dann hat man auch noch Elektro-Speicherheizungen in das Speichersystem mit eingebunden und unterschlägt dabei elegant, dass damit elektrische Energie nicht gespeichert wird sondern nur Wärme, diese gerade mal für einige Stunden, auch noch zweifelhaft, dass man so Edel-Energie aus Öko-Strom, die ja als etwas besonders Wertvolles angesehen wird, einfach nur verheizt. Da die PV-Anlagen Energie nur im Sommer liefern während das Energieangebot im Winter deutlich knapper ist, bedeutet das, dass man vor allem im Sommer die Heizungen versorgt hat. Das wäre allenfalls ein Werbe-Slogan für den Tourismus, „wir bieten heiße Sommer-Nächte auf der Insel“, das könnte glatt missverstanden werden. Die Leute, die ich (zufälligerweise) auf der Insel angetroffen hatte, sagten mir aber, wir heizen „ganz normal“ (also mit Öl), und den Winter verbringen wir auf dem Festland.

Dann hatte man auch bei den Insel-Bewohnern jede Menge Smart-Meter installiert, die Erfahrung hat aber gezeigt, das verwendet praktisch niemand, niemand schaut erst auf die Windprognosen um seinen täglichen Lebensablauf zu gestalten, die Leute sind es gewohnt, dann Strom einzuschalten, wenn sie ihn brauchen, und das hat dann auch keiner geändert.

Im Bericht ist auch davon die Rede, dass man versucht hat, Wetter-Prognosen in die Steuerung des Systems mit einzubinden, aber das hatte dann nur eine sehr geringe Zuverlässigkeit, auch verständlich, denn eine örtliche und sehr begrenzte Wolke kann die Erzeugung der PV-Anlagen spürbar beeinflussen, so kleinflächig sind auch heute Wettervorhersagen nicht möglich. Da gilt dann der Satz von Karl Valentin, „Prognosen sind gut, vorausgesetzt, sie befassen sich nicht mit Zukünftigem“.

Nun also steigt das HanseWerk endgültig aus dem Projekt aus, denn allein die Unterhaltung der Speichereinheiten bewirkt erhebliche Kosten, die sonst niemand tragen will. Das ist auch eine Folge des EEG, denn wenn elektrische Energie, die gerade nicht gebraucht wird, trotzdem zu garantierten Preisen abgesetzt werden kann, notfalls im Ausland mit zusätzlichen Kosten, dann besteht keinerlei Anreiz, in Speichereinheiten, die eigentlich nötig sind, um aus EE-Strom noch etwas Brauchbares zu machen, zu investieren. Der genaue Ablauf in der Schluss-Phase ist noch nicht entschieden, der Bürgermeister der Insel hat angeboten, die Speicher für einen symbolischen Preis von 1 € zu übernehmen. Ob er sich dabei nicht eher noch selbst übernimmt, ist auch unklar, denn die Kosten für die Unterhaltung bleiben, und selbst wenn man am Ende wenigstens die Container für Legebatterieen verwenden will, bleiben ja immerhin noch die Kosten für die Entsorgung der Batterie-Zellen, auch nicht ganz billig, da dort jede Menge chemische Substanzen enthalten sind.




Vom Winde verweht – die Pellworm-Pleite, lebendige Eindrücke aus einer „Smart region“

Für diesen Versuch bietet die sonnen- und windreiche Insel Pellworm ideale Voraussetzungen, von daher eigentlich eine ganz sinnvolle Idee. Wenn überhaupt irgendwo ein erster Schritt in Richtung Energiewende gelingen könnte, dann hier. Im Herbst 2013 wurde das Projekt „Smart region Pellworm“ mit feierlichen Reden der politischen Prominenz gestartet, und man hat nun so locker 7 Millionen Fördergelder untergebracht. Jetzt ist ein erster Bericht über die Ergebnisse dieses Experiments erschienen, und das ist Anlass genug, sich näher mit dem Projekt zu befassen und sich auch durch einen smarten Besuch auf der Insel persönliche Eindrücke zu verschaffen.

„Wasserstandsmeldung“ der aktuellen Einspeisung. Bild P. Würdig

Schon wenn man seinen Wagen auf die Fähre bugsiert wird klar, mit Energiewende hat das hier erst mal nichts zu tun, denn neben einem stehen jede Menge dicke LKW und auch landwirtschaftliche Fahrzeuge, alle gut ausgestattet mit Diesel.- oder Benzinmotor, und auch später auf der Insel begegnet einem nicht ein einziges E-Auto. Jetzt, Ende Oktober, ist da die Saison gelaufen und die Fähre verkehrt nur noch seltener, und ich konnte dann nur noch das letzte Schiff erwischen, das am späten Nachmittag auf der Insel ankam. Die Anlagen selbst, die die „Smart-Region“ ausmachen, liegen in der Mitte der Insel, schnurstracks dahin gefahren machte ich mir schon Sorgen, denn das Sonnen-Cafe schließt um 17 Uhr, und ich war nun doch verspätet. Aber, siehe da, von der Wirtin wurde ich trotzdem freundlich empfangen mit dem Hinweis, sie müsse ja doch noch aufräumen, und so konnte ich im Haus auch noch Fotos von der Ausstellung machen, und es war sogar auch noch Zeit für ein Stück energie-gewendeten Käsekuchen (mit Öko-Strom gebacken). Überhaupt, überall, wo ich auf dieser nun schon etwas verschlafenen Insel auf Menschen stieß, waren die sehr freundlich und hilfsbereit, und die Unterkunft, die ich dann nach Befragen fand, war auch noch recht preiswert.

Am Haus also ist eine Infotafel angebracht, auf der man den augenblicklichen tatsächlichen Zustand der Energie-Gewinnung sehen kann, (der wird übrigens auch im Netz aktuell mitgeteilt) und am Ende des Besuches im Sonnen-Cafe war nun die Dämmerung voll hereingebrochen. Neben den PV-Feldern steht auch noch ein Windrad, und das machte das, was Windräder häufig machen, es stand nur so dumm herum und bewegte sich nicht, und in der Folge zeigte die Info-Tafel dann einen Wert von ganzen 1 (ein) Kilowatt, damit kann man natürlich nicht die ganze Insel versorgen. Das Haus war hell erleuchtet, die Küche noch in Betrieb, und auf meine Frage antwortete die Wirtin, dass man jetzt den Strom über Bio-Gas bezieht (falls das stimmen sollte).

Im Bericht wird auch erwähnt, dass die Bevölkerung dort dem Projekt mit Sympathie gegenüber steht, die Leute allerdings, die ich sprechen konnte, kannten das Projekt aber gar nicht, und mancher äußerte sich auch so, man würde ja ohnehin doch nur belogen. Im Bericht ist auch die Rede davon, dass man Elektrospeicherheizungen versorgt, um den manchmal auch im Überfluss vorhandenen Öko-Strom irgendwie unterzubringen, die Häuser, die ich besuchte, heizten aber auf Befragen „ganz normal“, also mit Öl.

Im Bericht, der jetzt erschienen ist, heißt es:

Die Energiewende ist die Motivation und definiert gewissermaßen das Ziel der Smart Region Pellworm. Die Projektpartner wollen neue Wege für eine stabile, kosteneffiziente und marktorientierte Elektrizitätsversorgung auf Basis erneuerbarer Energie aufzeigen. 

Weiter:

Die 37 km2 große Insel mit 1.177 Einwohnern ist landwirtschaftlich geprägt und zählt zu den sonnen- und windreichsten Regionen Deutschlands. Die Insel ist somit der ideale Ort für das Forschungsprojekt: Hier wird 3-mal so viel Energie erzeugt wie die Einwohner verbrauchen – aber nur dann, wenn der Wind weht und die Sonne scheint.

Man hat nun ein intelligent gesteuertes Netz aufgebaut, zwei große, neu aufgebaute Speichereinheiten, eine auf Lithium-Ionen-Basis, die andere eine „Redox-Flow-Batterie“, und das wurde kombiniert mit den dazu im Vergleich mickrigen Speichereinheiten der privaten PV-Anlagen. Und was ist dabei herausgekommen ?

Um es kurz zu sagen, das Experiment ist gescheitert, erst mal. Das Ziel, mit diesem beträchtlichen Aufwand wenigstens die „Stromwende“ zu erreichen, also die Insel immerhin für die elektrische Versorgung autark zu machen, ist glatt verfehlt. Eine Versorgung ist nur zu 97 % gelungen, im ersten Moment könnte man denken, das wäre ja fast geschafft, aber das ist falsch. Mit der Autarkie ist es so wie mit der Schwangerschaft, man ist es entweder ganz oder gar nicht. Tatsächlich ist es eben so, dass zu unregelmäßigen Zeiten plötzlich kein Strom mehr vorhanden ist, die Insel muss vom Festland aus versorgt werden um den Insel-Blackout zu vermeiden, und dort muss ein konventionelles System stets mit voller Leistung in Bereitschaft gehalten werden, um im Sekundentakt einspringen zu können. Daraus folgt dann auch, dass das Ganze für den Klimaschutz, der doch sonst so wichtig sein soll, vollkommen wertlos ist, da hätte man erst etwas erreicht, wenn die Versorgung zu 100% sichergestellt gewesen wäre, dann hätte man wenigstens für den Bereich dieser Insel die sonst so übel beleumundeten Kohle- bzw. Kernkraftwerke wirklich abschalten können und damit einen ersten Schritt zum Klimaschutz erreicht. Wenn man aber auch unter diesen extrem günstigen Voraussetzungen die „Stromwende“ schon nicht geschafft hat, dann steht die Energiewende in unerreichbarer Ferne.

Im Bericht gibt es weitere interessante Feststellungen. So wird gesagt, dass man die Autarkie wohl erreicht hätte, wenn die Speichereinheiten „mindestens doppelt so groß“ gewesen wären. Ob das reicht, ist auch nicht ganz sicher, und versucht hat man das wohl nicht, weil das den finanziellen Rahmen total gesprengt hätte. Die wenigen Zahlen, die zu den Kosten genannt sind, sind aufschlussreich, einschließlich ausreichender Speicherung (also doppelte Speicher) kommt man auf Kosten von 70 Cent pro kWh (ab Werk, plus Kosten für Netz und Steuern), zum Vergleich dazu, ein Kernkraftwerk liefert die kWh für 3,5 Cent. Es werden im Bericht auch verschiedene „Marktmodelle“ vorgestellt, aber das ist alles zweifelhaft und mehr Phantasie, denn im Bereich der Stromversorgung gibt es gar keinen Markt sondern nur staatlich verordnete Planwirtschaft, und das Produkt muss am Ende der Verbraucher bezahlen, und die an sich notwendige Speicherung führt dazu, dass dann der Strompreis auf etwa das zwanzigfache des heutigen steigt, beim Verbraucher läge dann die kWh bei etwa 1 bis 2 Euro, das durchzusetzen ist unrealistisch.

An manchen Stellen kommen im Bericht auch Bruchstücke der Wahrheit zu Tage, so heißt es, dass eben die politischen Rahmenbedingungen fehlen um brauchbaren Ökostrom anzubieten, das kann man nicht laut genug sagen ! Auch für die Kleinspeicher in den Haushalten hat man ein Ergebnis erreicht, hier heißt es,

Der Autarkiegrad der Haushalte konnte durchschnittlich von ca. 30 % auf ca. 50 % gesteigert werden. Dabei wurde der Eigenverbrauch durchschnittlich von ca. 35 % auf 65 % erhöht.“

Das ist als Ergebnis aber auch kläglich, denn auch die Haushalte können sich immer noch nicht selbst versorgen. Hinzu kommen eben die Bedingungen des EEG, denn wenn man den Strom, den man nicht selbst gebrauchen kann oder will, so bequem zu einem hohen Preis wo anders los werden kann, wo man den auch nicht gebrauchen kann, dann lohnt es sich wirklich nicht, in Speicher zu investieren.

Die erheblichen Kosten dieses Experiments haben sich wenigstens insofern gelohnt, als man jetzt klar sehen kann, in welche Kostenregionen man hineinläuft, wenn man die notwendigen Speichereinheiten aufbaut, um auch nur den ersten Schritt zur Energiewende, die Stromwende, zu schaffen. Wenn das schon in einem kleinen, bevorzugten Bereich nicht gelingt, wie soll das dann im übrigen Land noch gehen ? Eine Antwort darauf ist, ehrlich gesagt, nicht zu erkennen.   Die einzig logische Schlussfolgerung ist nun, dass man nicht nur das Experiment „Smart region“ beenden sollte sondern besser gleich auch das ganze Experiment mit der gesamten Energiewende überhaupt.