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Joachim Müller-Jung und die „Verpöbelung des Diskurses“

Als Paradebeispiele für „Pseudoexperten, die pausenlos Unsinn verzapfen“ führt Müller-Jung ausgerechnet den pensionierten Mikrobiologen Prof. Sucharit Bhagdi und den jüdischen Chemie-Nobelpreisträger Michael Levitt an.

Prof. Bhagdi ist in Deutschland bekannt geworden durch das Büchlein „Corona Fehlalarm?“, das er zusammen mit seiner Ehefrau, der Biochemikerin Prof. Karina Reiss veröffentlicht hat. Dieses gemeinverständlich abgefasste Büchlein hält sich nun schon seit etlichen Wochen auf dem ersten Platz der Sachbuch-Bestseller-Liste des SPIEGEL. Doch geht Müller-Jung mit keinem Wort auf die dort mit eindrucksvollen Kurven belegten Argumente ein. Vielmehr entrüstet er sich darüber, dass Prof. Bhagdi kürzlich in einem inzwischen von YouTube gelöschten Video die inzwischen mancherorts eingeführte Maskenpflicht für Schulkinder als „Kindesmisshandlung“ brandmarkt und darauf hinweist, dass es in Deutschland seit Wochen keine neuen Fälle von Covid-19-Erkrankung mehr gibt. Doch Prof. Bhagdi belegte diese Aussage mit den laufenden Berichten über Lungen-Infektionen, die die die Sentinel-Arztpraxen an das regierungsamtliche Robert-Koch-Institut (RKI) senden. Darin finden sich keine Hinweise auf SARS-CoV-2 mehr, dafür aber immer mehr Hinweise auf Rhinoviren, die offenbar von der Maskenpflicht profitieren.

Wie unterscheidet Müller-Jung zwischen Experten und Pseudoexperten? Unter den letztgenannten versteht er „Verschwörungstheoretiker von höherer akademischer Warte“, die sich an der „Verpöbelung des Diskurses“ beteiligen, indem sie die Rechtfertigung der Aufhebung bürgerlicher Freiheitsrechte und die Infragestellung der Menschenwürde durch den „Lockdown“ in Zweifel ziehen. Dabei scheint es Müller-Jung durchaus bewusst zu sein, dass Naturwissenschaft und Medizin grundsätzlich nur mehr oder weniger provisorisches Vermutungswissen produzieren können. Er weigert sich aber, daraus den Schluss zu ziehen, dass es in einer Welt, in der (fast) alles Wissen provisorisch bleibt, idealerweise nur revidierbare Entscheidungen geben sollte. In einem freiheitlichen, lernfähigen Gemeinwesen sollte es also keine „Klimapolitik“ mit einem bis 2050 gesetzlich festgelegten Fahrplan geben können. Es sollte auch keinen „Lockdown“ mit unabsehbaren gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen geben können. Denn beide Entscheidungen stützen sich auf mehr als wackelige Hypothesen und Problem-Diagnosen.

Auch gute Wissenschaft wird ideologisch, wenn sie in die Hände von totalitär denkenden Bürokraten fällt. Es war die Idee Jean Monnets, eines der Väter der EU, die europäische Einigung und tendenziell den Weltstaat gänzlich auf die Wissenschaft zu gründen. Die politische Macht sollte immer in der Hand von „Wissenden“ liegen. Demokratische Wahlen waren nur als Dekor gedacht. Wie die EU-Bürokratie hängt offenbar auch unsere Bundesregierung der Illusion an, die Wissenschaft könne beim Menschen die zu schwachen oder fehlenden Instinkte ersetzen, die den Tieren eine optimale Anpassung an ihre Umwelt ermöglichen. Auf welch unsicheren Beinen diese Ideologie des Szientismus steht, hat der weltweit führende Epidemiologe, der Stanford-Professor John P.A. Ioannidis, schon im Jahre 2005 demonstriert, indem er nachwies, dass die meisten Ergebnisse biomedizinischer Forschung nicht reproduzierbar sind.

Was die Menschen über das Tierreich erhebt, ist nicht in erster Linie die Wissenschaft, sondern die Freiheit. Diese ist nach jüdisch-christlicher Auffassung ein Geschenk Gottes in Form der Zehn Gebote. In einem freiheitlichen Gemeinwesen sollte der freiwillige Tausch auf dem Markt (worin sich die Bedürfnisse und Wünsche von Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen widerspiegeln) und nicht irgendeine Wissenschaft (oder Pseudowissenschaft) die wichtigste Grundlage für individuelle und kollektive Entscheidungen sein. In den positiven und negativen Signalen, die der Markt liefert, manifestiert sich (neben irrationalen Impulsen) auch der gesunde Menschenverstand. Darunter kann man in erster Näherung die Entscheidungen verstehen, die die Menschen mithilfe ihres Stirnhirns zustande bringen. Dazu gehören nicht nur ethische Bewertungen, sondern auch Vergleiche zwischen Kosten und Nutzen und nicht zuletzt Abwägungen zwischen verschiedenen Übeln.

Aktuelle Corona-Test-Statisitk, Screenshot von CDIM Online hier

Dergleichen haben die deutschen Behörden nicht einmal ansatzweise durchgeführt, bevor sie am 23. März 2020 ohne Not den „Lockdown“ beschlossen und der Bundestag am 25. März eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellte. Das zeigt das im Mai 2020 an die Öffentlichkeit gelangte interne Papier eines Referenten des deutschen Bundesinnenministeriums. Der Referent warf den deutschen Behörden vor, nicht im Ansatz eine ganzheitliche Abwägung der Gefahren und Risiken vorgenommen, sondern die Anstrengungen auf eine einzige Aufgabe, die Bekämpfung des Coronavirus durch die Vermehrung von Intensiv-Betten in Krankenhäusern, konzentriert zu haben. Dabei seien die durch das einseitige Krisenmanagement verursachten Todesfälle (etwa von nicht behandelten Krebs- und Herz-Kreislauf-Patienten) schlicht verdrängt worden. Zweieinhalb Millionen Menschen seien nicht medizinisch versorgt worden. Es sei dadurch eine potentielle Lebenszeit im Umfang von mehreren Millionen Jahren geopfert worden. Bei Außenstehenden könne deshalb der Verdacht aufkommen, es gehe gar nicht um die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung, sondern hauptsächlich um die Akzeptanz der Regierung und der Regierungsparteien (so mein Resümee im „European Scientist“).

Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung können selbstverständlich zum Bestandteil des gesunden Menschenverstandes werden. Sie werden seit den alten Griechen aber auch missbraucht, um dem gemeinen Volk das Maul zu stopfen. So wies der oben zitierte BMI-Referent darauf hin, dass die Entscheidung für den „Lockdown“ auf der Basis „ungeeigneter Informationen“ getroffen wurde. Dazu gehört vor allem die vom RKI in den Vordergrund gerückte Reproduktionszahl R, die ein statistisches Artefakt darstellt, weil die genaue Zahl der Infizierten unbekannt ist und die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen in erster Linie eine Funktion der Zahl der durchgeführten PCR-Tests ist. Ausschlaggebend für die Gefahreneinschätzung könne nur die Mortalitätsrate sein, sagte der BMI-Referent. Diese hätte man durch die bei Meinungsumfragen und Wahlprognosen bewährte Stichproben-Technik leicht realistisch abschätzen können. Doch außer bei der umstrittenen „Heinsberg-Studie“ der Bonner Professoren Hendrik Streek und Gunther Hartmann im Bundesland Nordrhein-Westfalen, die im Hotspot Gangelt im Kreis Heinsberg eine Infektionssterblichkeit (IFR) von 0,37 Prozent ermittelte (das heißt in der Größenordnung einer mittelschweren Influenzawelle), wurde das gar nicht erst versucht.

Längst überschneidet sich die Quote der positiv Getesteten mit der erwarteten Quote falsch positiver Tests. Man kann also davon ausgehen, dass die Infektionszahlen, mit deren Hilfe regierungsfromme, weil um ihre Jobs zitternde Journalisten dem Publikum tagaus, tagein Angst vor einer „zweiten Corona-Welle“ einflößen, fast ausschließlich falsch positive Testergebnisse widerspiegeln. Die Covid-19-Epidemie ist bei uns seit gut einem Vierteljahr vorbei. Das auszusprechen, ist allerdings zum Tabu geworden, dessen Übertretung einem leicht die Karriere kosten kann. Auch Joachim Müller-Jung geht es offenbar darum, die äußerst kostspielige Fehlentscheidung der Bundesregierung zu vertuschen und mitzuhelfen, den Ausnahmezustand mindestens bis zur nächsten Bundestagswahl im September 2021 aufrecht zu erhalten.




Deutschlands Energiewende-Traum ist eine Utopie — FAZ Redakteur beschimpft kompetenten Leser

Einer muss den Anfang machen, einer ist aus dem Energiewende-Mainstream  jetzt ausgeschert und hat Klartext geredet, der Verleger Dirk Ippen: „Der deutsche Traum, unser Land zuverlässig mit ‚grüner’ Energie aus Sonnenschein und Wind zu versorgen, ist nur eine Utopie“, schrieb er jüngst in allen seinen Zeitungen unter der Überschrift „Deutschlands Energiewende fährt gegen die Wand“. Ippen äußerte sich in der Kommentar-Rubrik „Wie ich es sehe“. Ippen ist nicht irgendwer. Sein Verlagskonglomerat ist die fünftgrößte Zeitungsgruppe in der Bundesrepublik. Wenn ein bedeutender, einflussreicher Medienmann derart entschieden auftritt, ist das besondere Aufmerksamkeit wert und kann in allen jenen Medienredaktionen nicht unbeachtet bleiben, die faktenblind noch immer der Energiewende- und Klimaschutzpolitik wie gleichgeschaltet folgen. Die nämlich führt zur Havarie.

Bisher schon 550 Milliarden Euro unnötig ausgegeben

Ippen schreibt nicht „Weg mit dieser Politik“, er fasst nur zusammen, was an Tatsachen vorliegt und zu beklagen ist: „Obwohl schon heute große Teile der Küstenländer mit Windturbinen verschandelt sind und trotz aller Sonnenzellen auf den Dächern, decken Wind und Sonne nur 27 Prozent unseres Strombedarfes und nur 5 Prozent der gesamten benötigten Energie ab. Dafür wurden bereits 550 Milliarden Euro ausgegeben. Überhöhte Energiekosten treffen die Wirtschaft und private Haushalte – Landbesitzer und Turbinenbauer werden reicher. Das ist eine unsoziale Umverteilung von unten nach oben. Und schlimmer noch bedroht diese Art der Energieversorgung unser Stromnetz. Konventionelle Kraftwerke müssen ständig hoch- und runtergefahren werden, um die stark schwankende Stromlieferung auszugleichen. In windreichen Zeiten wird die Überproduktion an Nachbarländer abgegeben, die den Strom gar nicht wollen und für dieses ‚Dumping’ viel Geld verlangen. Die Windstromerzeuger aber bekommen trotzdem 90 Prozent der zu viel gelieferten Energie voll bezahlt. Die Kosten tragen die Stromkunden in Deutschland. Großverbraucher von Strom müssen schon heute in Zeiten geringer Stromproduktion ihre Betriebe vom Netz nehmen. Diese Kosten tragen auch die Stromverbraucher.“

Am Anfang hätte der Kohleausstieg stehen müssen, nicht die Abkehr von der Kernkraft

Dies stimmt ebenfalls: „Wind- und Sonnenstrom sind unzuverlässige Energien, und das mindert ihren Wert erheblich. Die notwendige Grundlast kann nur durch konventionelle Kraftwerke aufgebracht werden. Der Effekt einer Verringerung von Treibhausgasen wie CO2 ist nicht eingetreten, so dass Deutschland seine selbst gesteckten Klimaziele nicht erreichen wird. Dazu wäre es nötig, zur Energieversorgung einen Übergang auf Erdgas in Erwägung zu ziehen. Das ist mit horizontaler Bohrtechnik und hydraulischer Technik auch in Deutschland reichlich vorhanden. Dieses sogenannte Fracking ist aber hierzulande verpönt. Ebenso wie die Nutzung der Kernkraft es ist. Sie empfiehlt sich aber als die immissionsfreieste Energiequelle überhaupt. Im Bemühen um weniger Treibhausgas-Emissionen hätte man mit dem jetzt in Gang gesetzten Ausstieg aus der Kohle anfangen müssen, anstatt sich von der Kernkraft zu verabschieden, nur weil es in Japan ein Seebeben gab.“

Ohne Kohle kein Stahl, kein Zement, keine Windkrafträder

Zusätzlich macht Ippen auf eine Folge des Kohleausstiegs aufmerksam, die bisher kaum bis gar nicht wahrgenommen wird.  In der jetzt geplanten absoluten Form  sei der Kohleausstieg allerdings unrealistisch. Ohne Kohle könne man keinen Stahl erzeugen, auch keinen Zement und damit unter anderem auch keine Windkrafträder herstellen: „Die bestehen nämlich, abgesehen von den Rotorblättern aus Fiberglas, zumeist aus Stahl und Betonfundamenten. Windmühlen brauchen auch seltene Erdmetalle für die Magneten in den Turbinen. Deren Produktion in der Mongolei und anderswo erzeugt giftigsten Abfall in großen Mengen. Die Phrase ‚saubere Energie’ ist daher nur ein schlechter Witz.“

Albert Einstein wird symbolisch durch die verfehlte Klimapolitik zum zweiten Mal aus dem Land vertrieben

Ohnehin: Wer regt sich eigentlich noch darüber auf, dass Regierung und Parlament mit dem massiven staatlichen Eingriff in die Stromerzeugung Marktwirtschaft und Wettbewerbsfreiheit in diesem Wirtschaftsbereich den Laufpass gegeben haben. Salopp formuliert: Der Wettbewerb ist im Eimer. Schlimmer noch: Dies ist staatliche Planwirtschaft pur. Die Folgen der Staatsintervention laufen ab wie in ökonomischen Lehrbüchern abstrakt und abschreckend beschrieben besonders von Ludwig von Mises. Ippen immerhin greift es auf: „Deutschland verabschiedet sich mit dieser Energiewende zu alledem auch noch von der Wettbewerbswirtschaft auf dem gesamten Gebiet der Energieerzeugung. Die wird nun ersetzt durch ein System staatlicher Steuerung mit Subventionen und Vorschriften jeder Art. Ein solches System staatlich gelenkter Wirtschaft ohne einen wettbewerblichen Ansatz, wie ihn z. B. der Emissionshandel der EU bietet, ist immer und überall zum Scheitern verurteilt. Albert Einstein als Symbol von Vernunft und Wissenschaft wird durch unsere verfehlte Klimapolitik heute zum zweiten Mal aus diesem Land vertrieben.“ Veröffentlicht ist der Ippen-Kommentar zum Beispiel im Münchner MerkurNr. 34, 9./10. Februar 2019.

Eine Punktlandung

Eine kleine Korrektur erlaube ich mir, nämlich zum Stichwort Emissionshandel. Ja, ein solcher Handel mit freier Preisbildung am Markt ist zumindest ein wettbewerbliches Element. Aber erstens ist es innerhalb der großen staatlichen Intervention nur ein dürftiges Feigenblatt, und zweitens – das ist der entscheidende Punkt – beruht dieser Handel auf dem irrigen Glauben, man könne mit der zu begrenzenden Ausgabe von CO2-Emissionszertifikaten das Klima schützen. Dies jedoch nur nebenbei, denn sonst ist, was Ippen schreibt und wie er es tut, eine Punktlandung und  in dieser knappen Form auch schreiberisch bestes journalistisches Handwerk. Er liefert Tatsachenfeststellungen, die Schlussfolgerung daraus überlässt er dem Leser. Und wenn der nicht grün-ideologisch verblendet ist, müsste dessen Ergebnis lauten: Weg mit dieser Politik.

Was Ippen ehrt

Offensichtlich hat sich Ippen sehr kundig gemacht. Er ist auch kundig gemacht worden. Fachleute haben ihm  geschrieben, einige dieser Aufklärungsschreiben habe ich in meinem Archiv. Es ehrt ihn, dass er solche Informationen aufnimmt und sich dann nicht scheut, öffentlich seine Folgerungen daraus zu ziehen. Er habe großen Zuspruch gefunden, schrieb er mir auf meine Bitte hin, mir seinen Text elektronisch verfügbar zu machen, Zuschriften mit gegenteiligen Auffassungen seien nur wenige. So zum Beispiel Karl-Ludwig Judt aus Zorneding: „Es ist unbestritten, dass der Klimawandel menschengemacht ist und eine Energiewende neben Energiesparen und Energieeffizienz nur durch Nutzung aller erneuerbaren Energien einschließlich der Förderung der Speichertechnik möglich sein wird. Das EEG (Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien) war auf einem guten Weg und wird jetzt leider durch die Bundesregierung und unsere Staatsregierung (Stichwort 10-H-Rege-lung) ausgebremst.“

Leser haben sich überrascht die Augen gerieben

Jakob Geltinger ausMünchen dagegen beglückwünscht ihn: „Ich bin nicht immer mit Ihren Ansichten konform. Dieses Mal in allen Punkten. Ihr Artikel ist an Deutlichkeit und Sachlichkeit kaum zu übertreffen. Ich hoffe sehr, dass er nicht nur Furore macht, sondern Verantwortliche in Wirtschaft und Politik endlich zum verschärften Nachdenken und Handeln zwingt.“ Oder Dr. Karl Hermann Behrens aus Odelzhausen 4: „Nicht wenige Leser werden sich bei Lektüre der ausgezeichneten Kolumne überrascht die Augen gerieben haben. Ist sie doch eine schonungslose Abrechnung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und damit mit unserer Kanzlerin …“ Oder Peter Hütz ausKrailling: „Als pensionierter ehemaliger Vorstandsvorsitzender eines stark von Stromkosten abhängigen Industriebetriebes begrüße ich Ihren Artikel zur Energiewende in Deutschland, der endlich einmal zu diesem Thema Klartext spricht.“  Oder als letztes Beispiel Andrea v. Beaulieu Marconnayaus Petershausen: „Für diese schonungslose, aber ausgezeichnete Darstellung der ziel- und planlosen Energiepo-litik der deutschen Bundeskanzlerin mit all den schädlichen Auswirkungen auf das Wohler-gehen der deutschen Bürger werden gewiss sehr viele Leser dankbar sein. … Dennoch ist für mich – und vielleicht für viele Leser – unerklärlich, warum Sie dieses Thema in dieser deutlichen form erst jetzt aufgreifen. da schon derart unumkehrbare Fehler zementiert sind?“

Ein Vorbild für andere – aber für die FAZ noch nicht

Ich weiß nicht, wie Ippens Zeitungen bisher über Energiewende und Klimaschutz geschrieben haben und wie sie künftig schreiben werden. Ich nehme an, dass Verleger Ippen seinen Redaktionen nicht vorschreibt, was und wie sie sich zu diesen beiden Themen äußern sollen. Aber ein deutliches Zeichen hat er gesetzt, auch wenn es nur („Wie ich es sehe“) ein persönliches Zeichen ist, ein Vorbild für andere. Was ich jedoch weiß, ist, wie die FAZ mit den beiden Themen umgeht. Bisher berichtete und kommentierte sie stramm auf Mainstream-Kurs, in jüngster Zeit aber mit vorsichtiger Absetzbewegung – deutlich inzwischen Mitherausgeber Holger Steltzner, zuletzt am 15. Februar mit seinem sehr guten und lange fälligen Leitartikel im Wirtschaftsteil „Klimareligion mit Ablasshandel“ (Seite 15, hier). Aber dass der Mensch das Klima nicht schützen kann, schon gar nicht mit dem Vermeiden von anthropogenem CO2-Ausstoß, ist bei ihm noch tabu. Auch fehlt dem Leitartikel die sich aufdrängende Aufforderung: Weg mit der Energiewende.*)

Eine rüder Ton, wie er seitens der FAZ bisher nicht üblich war

Dominiert wird das Informieren über die Energiewende- und Klimaschutzpolitik in der FAZ bisher von den Redakteuren Andreas Mihm (Wirtschaft) und Joachim Müller-Jung (Ressortleiter „Natur und Wissenschaft“), beide einseitig informierend und resistent gegenüber Tatsachen, wenn man sie auf diese aufmerksam macht. Man darf gespannt sein, wann und wie diese beiden endlich die Kurve kriegen. Ohne innerredaktionelle Nachhilfe wird das aber wohl nicht gehen. Mihm zwar liefert inzwischen Beiträge zur Energiewende mit auch kritischen Tönen, die sich aber im Regelfall auf Fehlentwicklungen beschränken, sei es bei nicht beabsichtigten Folgen, sei es bei der Regulierung. Ein besonders hoffnungsloser Fall ist Müller-Jung, also ausgerechnet der Leiter des Wissenschaftsteils, der das „audiatur et altera pars“ nicht gelten lassen will. Jüngst hat er sich sogar im Ton vergriffen. Ein Fachmann hatte am 13. Februar Folgendes an ihn übermittelt: „Als Fakten darf ich Ihnen noch verraten dass der CO2-bedingte Anstieg nur etwa 1/4 des bisher beobachteten transienten Werts von rund 0,8 Grad seit vorindustrieller Zeit ist und dass Deutschland mit seinen CO2-Emissionen von ~1840 bis heute bei einem globalen Anteil von 2,3% rechnerisch nur 0,007 Grad (im Gleichgewicht) bewirkt hat: 0,6*ln(400/280)/ln(2)*0,023=0,007.“ Müller-Jung antwortete nicht gerade FAZ-like einen Tag später: „Wenn Sie Ihren inkompetenten, wichtigtuerischen Geifer bitte über andere ausschütten und mich künftig mit Ihren Mails verschonen, wäre ich Ihnen sehr verbunden! Diese Aufforderung gilt per sofort! Das gilt auch für Ihre Gesinnungsgenossen!“  Abgesehen vom rüden Ton ist die Antwort klar: Do n’t confuse me with facts. Oder information is ruination, sie zerstört bisher Vermitteltes.

„Wann wechseln Sie zur taz?“

Der Fachmann schrieb zurück: „Besten Dank für diese groteske Antwort, die zeigt, dass Sie als ‚Science Editor’ mit Klima-Wissenschaft nichts am Hut haben, sondern politisch-korrekte links-grüne Ideologie vertreten. Frage: Wann wechseln Sie zur taz oder vielleicht zum ZdF-Team von Prof. Lesch, damit endlich das Renommé der FAZ wieder für gebildete konservative Leser hergestellt wird?
Ich empfehle Ihnen das NZZ-Interview des Springer-CEOs, der mal Chefredakteur der WELT war:
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/springer-ceo-doepfner-viele-verhalten-sich-unjournalistisch-ld.1457143

Müller-Jung-Antwort für die FAZ keine Werbung

Auch der unermüdliche Hans Penner (Dipl.-Chem. Dr. rer. nat.) meldete sich gleich zu Wort und schrieb: „Sehr geehrter Herr Müller-Jung, der Stil Ihres Schreibens an Herrn Dietze (wahrscheinlich vom 14.02.2019) ist keine Werbung für die FAZ. Sie zeigen damit, daß die FAZ die katastrophale Energiepolitik der Bundeskanzlerin unterstützt. Kohlendioxid-Emissionen sind nicht klimaschädlich. Frau Dr. Merkel hatte auf einer Weltklimakonferenz gesagt: „Das CO2 ist so giftig es kann die ganze Menschheit ausrotten!“ (https://www.wahrheiten.org/blog/2016/07/07/das-baldige-ende-aller-buergerlichen-freiheiten-eu-ausschuss-beschliesst-netzsperren/). Diese absurde Behauptung unterstützt die FAZ! Die FAZ unterstützt es, daß den Bürgern 2 Billionen Euro geraubt werden zur Finanzierung der sinnlosen Energiewende. Außerdem ruiniert die Energiewende unsere einst sichere Stromversorgung. Herr Dietze hat die Klimasensitivität des Kohlendioxids zu 0,6°C berechnet (https://www.solidaritaet.com/fusion/2018/2/index.htm). Zahlreiche andere Berechnungen bestätigen diesen Wert. Sogar Prof. Rahmstorf vom PIK sagte, daß auf dem „direkten Strahlungseffekt des Kohlendioxids“ eine Klimasensitivität von „etwa 1°C“ beruht (https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/am-puls-der-klimakrise-vortrag-rahmstorf-zum-klima/). Angenommene positive Rückkopplungseffekte sind hypothetisch. Diese geringe Klimasensitivität hat keine katastrophalen Folgen.“

Mal sehen, wie es jetzt in Sachen Energiewende und Klimaschutz in der FAZ weiterläuft. Wirkliche Gegenstimmen zum Thema kamen bisher nur in der Leserbrief-Rubrik zum Ausdruck, nicht im redaktionellen Teil. Ich habe etliche davon gesammelt.

 

*)Immerhin aber hat Steltzner die im Anti-Mainstream für die Klimaschutzgläubigkeit schon lange kursierende Bezeichnung „Religion“ und „Ersatzreligion“ aufgegriffen, auch schon zuvor: „Kli­ma­schutz hat in gro­ßen Tei­len der Ge­sell­schaft den Rang ei­ner Er­satz­re­li­gi­on. Es wird ein ex­trem teu­rer Aus­stieg aus der Koh­le be­schlos­sen, ob­wohl nie­mand weiß, wie Koh­le- und Atom­strom rasch er­setzt wer­den kön­nen, die heu­te mehr als die Hälf­te der deut­schen Strom­er­zeu­gung aus­ma­chen. Wo­her der zu­sätz­li­che Strom für die sie­ben bis zehn Mil­lio­nen po­li­tisch ge­woll­ten Elek­tro­au­tos kom­men soll, wird nicht ein­mal ge­fragt. Aus fran­zö­si­schen Atom- oder pol­ni­schen Koh­le­kraft­wer­ken? Die Bun­des­re­gie­rung er­hebt das Kli­ma weit über an­de­re wich­ti­ge Po­li­tik­fel­der wie So­zia­les oder Wirt­schaft. Darf man hof­fen, dass die Uni­on doch noch zur Be­sin­nung kommt und im Sin­ne der Ge­mein­schaft die Ko­ali­ti­on plat­zen lässt, be­vor sich CDU/CSU vom SPD-ge­führ­ten Um­welt­mi­nis­te­ri­um das nächs­te Kli­ma­ret­tungs­plan­wirt­schafts­ge­s­e­tz dik­tie­ren las­sen (FAZ vom 1. Februar 2019, Seite 15, hier).

Der Beitrag erschien zuerst im Blog des Autors hier

 




Golfstrom mit Glatteis – oder, wie Müller Jung von der FAZ die Welt sieht.

Die Sonne kracht, die Biergärten sind rammelvoll, die Mädchen leicht bekleidet (außer in bereits Minirock-befreiten Zonen). Es besteht Grund zur Freude, die Erhitzung der Atmosphäre zeigt einmal mehr ihre schönsten Folgen. Selbst die Eisbären in den Zoos sind gut gelaunt, offenbar haben sie noch nicht mitgekriegt, dass sie demnächst aussterben sollen. Während die Süddeutsche Zeitung noch den ausgelutschten Drops von den verhungernden Bärchen serviert, ist der Tagesspiegel schon auf einem anderen Trip: Dem Eisbären stehen goldene Zeiten bevor!

Denn, so haben Ausflüge in die weite Welt der Klima-Hochrechungen ergeben, der Golfstrom verlangsamt sich, und Europa wird alsbald unter einer Eisdecke bibbern. Die FAZ meldet, der Klimawandel hinterließe „radikaler denn je seine Spur in den Datenreihen“. Der gleiche FAZ-Autor schrieb vor zehn Jahren zu zweifelhaften Studien auf diesem Gebiet „Wissenschaft funktioniert anders“.

Datenreihen sind bekanntlich geduldig, das Narrativ vom Ableben des Golfstroms ist prinzipiell seit Jahrzehnten genauso ausgelutscht wie das der Eisbären, die sterben, auch nur in den Datenreihen. Im richtigen Leben erfreuen sie sich bester Gesundheit und konnten sich sogar vermehren. Auch die Wahrscheinlichkeit für ein Versiegen des Golfstroms im 21. Jahrhundert liegt nahe bei null.

Der Golfstrom wird nämlich nicht nur von der sogenannten thermohalinen Zirkulation befördert, sondern auch vom Windsystem über dem Nordatlantik und von der Erdrotation in Schwung gehalten. Der Ozeanograf Carl Wunsch vom Massachusetts Institute of Technology sprach einmal die güldenen Worte: „Wer den Golfstrom wirklich zum Stillstand bringen will, muss entweder die Winde abschalten oder die Erde anhalten. Oder beides“.

Ohnmacht und Hybris – und nix dazwischen

Hat sich der FAZ-Autor in Sachen Golfstrom eines besseren belehren lassen? Oder ist er Teil einer zunehmenden Hysterisierung und Moralisierung von Wissenschaft, die er im oben bereits verlinkten Beitrag so beschreibt: „Tatsächlich motiviert die Klimaforschung derzeit mit ihren Datenanalysen so etwas wie eine ‚neue Radikalität‘ im ökologischen Denken. Ein Vokabular, das nicht nur auf Parteitagen auftaucht, sondern auch vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, auf einer UN-Pressekonferenz jüngst verwendet wurde: Die Schlagzeilen würden dominiert von Spannungen und Konflikten auf der Welt, sagte Guterres in New York, ‚die Wahrheit aber ist, dass der Klimawandel die größte systemische Bedrohung für die Menschheit ist‘“.

Also sprach der Klima-Papst: Ihr sollt keine andere Katastrophe neben mir haben! Was sind schon kleinliche Problemchen wie Völkermord, Armut oder Rückfall ganzer Weltregionen in religiöse Wahnvorstellungen gegen das große Klima-Apokalypsen-Narrativ internationaler Apparatschiks. Das schöne an diesem Katastrophen-Alarm ist doch, dass man damit jede Zwangsmaßnahme im Hier und Jetzt begründen kann, die Erfolgskontrolle aber erst in 100 Jahren möglich ist. Die größte systemische Bedrohung für die Menschheit ist deshalb eine Nomenklatura, die die Menschheit ganz direkt und ohne Umweg über die CO2-Emissionen ins Unglück stürzt. In Deutschland haben sie sich beispielsweise mit großem Erfolg daran gemacht, im Namen künftiger Heilserwartungen die wirtschaftliche Grundlage dieses Landes und seinen Wohlstand zu zerstören. Ich sage nur: Energiewende.

Die drohende Klimakatastrophe wird zu einem Überzeugungs- und Glaubensystem, das gesellschaftlichen Sinn stiften soll. Eine von Glaubwürdigkeitskrisen geschüttelte Politik hat die Weltrettung zur neuen Utopie erkoren. Sie können nicht einmal die Grenzen des Landes bewachen, glauben aber, die Temperaturentwicklung des Planeten per ordre de Mufti begrenzen respektive steuern zu können. Die Herrschaften schwanken zwischen Ohnmacht und Hybris – und leider ist nichts mehr dazwischen.

Wenn man die sich widersprechenden „Narrative“ vom Ende des Golfstroms und vom Ende der Eisbären zusammen nimmt, dann zeigt dies im Übrigen nicht nur Hysterisierung und Moralisierung der Klima-Debatte, sondern auch eine religiöse Immunisierung gegen Botschaften, die dem herrschenden Dogma zuwiderlaufen könnten. Denn: Egal ob es kälter oder wärmer wird oder ob alles so bleibt wie es ist (die unwahrscheinlichste Variante, weil das Klima sich im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder geändert hat), die Klima-Paniker werden in jedem Falle behaupten, sie hätten recht.

Wenn nicht nur eine Katastrophe, sondern auch ihr Ausbleiben als Folge des sündhaften menschlichen Treibens gedeutet werden, dann zeigt dies eine völlige Immunisierung gegen rationale Argumente. So entsteht eine sich selbst abdichtende Weltsicht, die sich schließlich zu einer prinzipiell nicht falsifizierbaren Annahme verhärtet. Die Logik erinnert ein wenig an den mittelalterlichen Gottesbeweis: Wenn eine gefesselte Hexe im Wasser unterging, war sie keine Zauberin, aber dennoch tot. Schwamm Sie obenauf, dann handelte es sich hingegen eindeutig um eine Hexe, woraufhin sie ebenfalls vom Leben in den Tod befördert wurde.

Zuerst erschienen auf ACHGUT hier