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Erkenntnisse zur Kosteneinsparung beim Neubau von KKW

So gab es immer Kriegsgewinnler in den eigenen Reihen, die jedes hingehaltene Stöckchen begeistert übersprungen haben um Forschungsgelder etc. abgreifen zu können. Allgemein herrschte die Meinung vor, man sei so überlegen konkurrenzfähig, daß man ein paar Kröten problemlos schlucken könnte. Stellvertretend hierfür mag der „Kernfänger“ stehen, ein Millionen teures Bauteil als Produkt eines Hirngespinstes der Filmindustrie in Hollywood. Nur kommt leider bei permanenten Zugeständnissen ein Milliönchen zum nächsten. Oder das gern gepflegte Unwesen des „nuclear grade“, wo sich durch ein paar Stempel und Formulare auf wundersame Weise der Preis eines Bauteils vervielfacht. Oder Genehmigungsverfahren, in denen „Spezialisten“ endlose Diskussionen über abseitige Detailprobleme führen – selbstverständlich in Stundenlohnarbeit zu Stundensätzen, die selbst Gewerkschaftsfunktionären die Schamröte ins Gesicht treiben würde. Ging alles so lange gut, bis man feststellen mußte, daß man den Ast auf dem man saß, selbst abgesägt hatte. Es ergeben sich nun zwei Möglichkeiten: Der deutsche Weg, in dem sich die Kombinatsleiter um den Preis hoch subventionierter Windmühlen und Sonnenkollektoren vollständig aus dem angestammten Geschäft zurückzogen oder eine Umkehr, wie sie in anderen Ländern eingeschlagen wird. Wie so oft kann man zwar im Irrsinn vorangehen, es gibt aber keine Garantie, daß einem andere folgen. Plötzlich machen neue Player – Korea, China, Rußland – die Milliardengeschäfte. Für manche Länder ein heilsamer Schock. Jedenfalls für die, in denen regierende Politiker nicht mit religiös anmutendem „Weltrettungswahn“ ihren erbärmlichen Bildungsstand glauben kaschieren zu können.

Der Weg in GB

In Großbritannien war man schon immer positiv gegenüber der Kernenergie eingestellt. Es gab nie eine so gewalttätige „Anti-Atomkraft-Bewegung“ wie in Deutschland und es gelang auch nie den Ökosozialismus in den Regierungen zu etablieren. Im Gegenteil, in GB ist das Rechnen noch erlaubt. Der Ausflug in die Windenergie ist gescheitert. Mögen die Schlangenölverkäufer der Windindustrie auch noch so phantastische Erzeugungskosten aus dem Hut zaubern. Es zählt nur der Strompreis an der Steckdose des Endverbrauchers, also einschließlich der Backup-Kraftwerke, der gesamten Netzkosten usw. Ferner hat man in GB schon länger die Bedeutung qualifizierter und gut bezahlter Industriearbeitsplätze erkannt. Die Finanzindustrie in London kann weder das ganze Land ernähren, noch bietet es für alle Menschen geeignete Arbeitsplätze. Insofern ist es logisch, daß man die vorhandenen Kernkraftwerke nicht nur ersetzen will, sondern sogar von einem Ausbau ausgeht. Die Befreiung von ökosozialistischen Träumereien in Brüssel durch den Brexit beschleunigt diesen Prozeß erheblich. Es sollte im Zusammenhang mit dem Brexit nie vergessen werden, daß das Theater um den Neubau des Kernkraftwerks Hinkley Point C (HPC) erheblich die Abneigung gegen den europäischen Zentralstaat verstärkt hat: Wenn ein kleiner ferner Alpenstamm meint, die Energiepolitik einer frei gewählten britischen Regierung über Prozesse bestimmen zu können, ist Schluß für jeden aufrechten Britannier. Schließlich hat sich diese stolze Nation nicht einmal durch einen gewissen Adolf Hitler – ein Vertreter einer wenig anderen Variante des Sozialismus – auf die Knie zwingen lassen.

Die Bedeutung des Finanzierungsmodells

In GB ist allen klar, daß der vereinbarte Preis für die elektrische Energie aus dem im Bau befindlichen Kernkraftwerk HPC den Gipfel einer verfehlten Entwicklung darstellt und dringend gesenkt werden muß. Bemerkenswert ist, daß eine Annalyse zu dem Ergebnis kommt, daß das Finanzierungsmodell der dickste Brocken beim Energiepreis ist. Für HPC ergibt sich ein Anteil von 2/3 an dem Strompreis. Von dem vereinbarten Strike Price von 92,50 GBP/MWh entfallen volle 62 GBP/MWh auf die Finanzierungskosten. Mit anderen Worten: Lediglich ein Zahlungsstrom von rund 30 GBP pro produzierter Megawattstunde elektrischer Energie (über die Betriebsdauer von 60 Jahren gerechnet) dient dazu, die gesamten Investitions- und Betriebskosten zu bezahlen. Der Löwenanteil von 62 GBP/MWh dient ausschließlich zur Finanzierung der in der Bauzeit anfallenden Kosten. Noch interessanter ist, wenn man die Investition mit den Konditionen von sonstigen Infrastrukturmaßnahmen in GB ansetzt: Dann wäre lediglich ein Zahlungsstrom von 26 GBP/MWh nötig. Volle 36 GBP/MWh entfallen also allein auf die Abdeckung des Risikos während der Bauzeit dieses Kernkraftwerks. So wurde im Bezugsjahr 2016 die „Verzinsung“ (weighted average cost of capital) nach Steuern mit 9,2% angesetzt. Eine seltsame Wette zwischen (dem nie gefragten) Stromkunden und dem Hersteller. Auf jeden Fall bieten sich hier reichhaltige Möglichkeiten für „Finanzinnovationen“ im Zeitalter der „Nullzinspolitik“ und stetig steigender Staatsverschuldungen.

Welch zerstörerische Wirkung Planwirtschaft in den Händen von Politikern mit Hang zur „Systemveränderung“ hat, zeigt sich am Vergleich der „Preise“ für Wind- und Sonnenenergie mit Kernenergie. Einerseits Anschlusszwang, Einspeisevorrang, Backup-Kraftwerke usw. die bewußt nicht in den Strompreis eingerechnet, sondern zusätzlich dem Endverbraucher über „Netzentgelte“ abgeknüpft werden und andererseits alle möglichen fiktiven Kosten, wie Entsorgungskosten etc. die durch den Strompreis unmittelbar abgedeckt werden müssen. Wenn dann besonders schlichte Gemüter einfach beide Zahlen vergleichen, ergeben sich volkswirtschaftlich tödliche Konsequenzen. Es zählt nämlich nur der Gesamtpreis auf der Rechnung des Endverbrauchers, deren Kostendifferenzen zu Konsumverzicht und Arbeitsplatzverlusten an anderer Stelle führen. Hier verschaffen sich gerade Staaten, die Stromversorgung als „öffentliches Gut“ (Zinssätze von Staatsanleihen) betrachten, zur Zeit große Vorteile.

Die Notwendigkeit der Serienfertigung

Die Erfahrung zeigt, daß eine Serienfertigung (möglichst) identischer Kraftwerke ein großes Einsparpotential birgt. Allerdings ist das insbesondere bei den unterschiedlichen Zulassungsbestimmungen der einzelnen Länder nicht ganz einfach. So ist der Reaktor Flamanville 3 vordergründig genau so ein EPR wie die Reaktoren in Hinkley Point. Praktisch haben sie aber etwa 30% mehr Kabel und Rohrleitungen. Gravierend ist auch das Backup eines analogen unabhängigen Abschaltsystems zusätzlich zu den beiden digitalen Kontrollsystemen. Solche Änderungen können schnell und kostenträchtig auf andere Systeme rückkoppeln. In diesem Sinne ist HPC eher schon wieder ein „First Of A Kind (FOAK)“. Die ersten gravierenden Einsparungen werden erst bei dem Nachfolgeprojekt in Sizewell eintreten. Es ist bereits in Vorbereitung. Dort soll (fast) eine Kopie von HPC entstehen. Wie schon bei einer Doppelblockanlage die Einsparungen durch Erfahrung zunehmen, zeigt sich bei HPC in der Anzahl der Arbeitsstunden für die Betonarbeiten: Bei Block 1 wurden noch 25 Stunden für die Einbringung einer to Betonstahl benötigt, bei Block 2 nur noch 16 Stunden. Je mehr (wieder) in der Kerntechnik erfahrene Fachkräfte vorhanden sind, je besser laufen die Baustellen. Man hat deshalb bereits großen Wert auf Ausbildungszentren gelegt, in denen z. B. Schweißer geschult werden bevor sie auf die Baustelle kommen.

Erst konstruieren, dann bauen

Bevor man mit dem Bau beginnt, muß ein Kraftwerk bis ins letzte Detail durchkonstruiert sein. Jede Änderung in der Bauphase führt nicht nur zu Verzögerungen, sondern wirkt sich auch meist auf schon installierte Bauteile aus. Es sind gravierende Änderungen nötig, die oft zu weiteren Änderungen führen. Eine Kostenexplosion ist unweigerlich die Folge. Man denke nur an die „ewige Baustelle“ des EPR in Olkiluoto. Dies hat nichts mit Kernkraftwerken an sich zu tun, sondern ist das Ergebnis von Missmanagement. Ebenso wichtig ist der Einsatz von qualifizierten und in der Kerntechnik erfahrenen Fachkräften und eine ständige Qualitätskontrolle. Geht man die Sache zu lax an, laufen die Kosten davon (Vogtle, Summers, Flamanville). Jede nicht fachgerechte Dokumentation oder gar Pfusch führt zu Neuanfertigungen und Terminüberschreitungen. Dies kann sogar renommierte Unternehmen wie Westinghouse oder Areva in den Ruin führen.

Management des Risikos

Je komplexer oder einzigartiger ein Projekt ist, desto risikoreicher. Es gibt auch bei sonstigen Großprojekten beträchtliche Kostensteigerungen (Berliner Flughafen, Elbphilharmonie etc.). Die Auswertung zahlreicher erfolgreicher und nicht so erfolgreicher Bauvorhaben hat zu 14 Punkten geführt, die ausschlaggebend erscheinen:

  1. Finanzierung. Steht die Finanzierung vor Baubeginn und ist robust gegen unerwartete Einflüsse von außen (Finanzmarkt) und durch das Projekt (z. B. Pleite eines Zulieferers)? Bei langen Bauzeiten muß sie ständig überprüft und gegebenenfalls angepaßt werden. Insbesondere bei innovativen Modellen muß Übereinkunft bei allen Kapitalgebern bestehen.
  2. Vorschriften. Sind alle Vorschriften bekannt und verstanden? In der Kerntechnik kann ein nicht vollständig oder falsch ausgefülltes Formular ein Bauteil in Schrott verwandeln. Zumindest sind zeitaufwendige und teure Nachprüfungen erforderlich.
  3. Unternehmensführung. Ist die Führungsstruktur definiert und dem Projekt angemessen? Bei einem Kernkraftwerk gibt es hunderte Lieferanten aus allen Kontinenten, Kulturen, Sprachen und mit unterschiedlichsten Unternehmensstrukturen. Die Verantwortungen müssen klar definiert und eindeutig abgegrenzt sein. Alle Beteiligten müssen stets die gleiche Sprache sprechen.
  4. Standortdaten. Sind alle Standortbedingungen bekannt, verstanden und vollständig und ausreichend berücksichtigt? (Negativbeispiel: Tsunamis in Fukushima)
  5. Verfahrenstechnik. Sind alle chemischen und physikalischen Prozesse verstanden und alle notwendigen Daten dokumentiert? Insbesondere bei Innovationen sind die Auswirkungen auf andere Teilverfahren genau zu beobachten und etwaige Rückkoppelungen zu prüfen.
  6. Konstruktion. Handelt es sich um ausgereifte Konstruktionen bei allen Baugruppen? (Negativbeispiel: Vibrationen in den ersten Hauptkühlmittelpumpen beim AP1000).
  7. Kostenvoranschläge. Sind die Kostenvoranschläge vor Vertragsabschluss auf ihren Realitätsgehalt überprüft? Nachträge, Substandards aus Not oder gar Firmenpleiten sind gleichermaßen schmerzhaft für ein Projekt. Jeder Zulieferer muß – wie vor allem auch der Generalübernehmer – in erhebliche finanzielle Vorleistungen gehen (Genehmigungen und Zulassungen) um überhaupt lieferfähig zu sein. In einem so engen und stark regulierten Markt kann daher schon eine Nichtberücksichtigung bei der Auftragserteilung zur existenziellen Bedrohung werden (siehe Horizon in GB).
  8. Vertragliche Schnittstellen. Sind Schnittstellen eindeutig definiert und von allen Beteiligten verstanden und akzeptiert? Sie müssen in allen Phasen des Projekts gemanagt werden.
  9. Projektleitung. Ist die Projektleitung ausreichend qualifiziert, fachlich und menschlich geeignet und durchsetzungsfähig? Ist die Organisationsstruktur robust genug für die Projektlaufzeit?
  10. Datenverwaltung. Für ein Kernkraftwerk sind tausende Dokumente und technische Zeichnungen notwendig. Sie müssen jederzeit auf der Baustelle griffbereit sein. Das ist heute nur noch papierlos möglich. Alle Daten und Datenformate müssen konsistent sein. Jegliche Änderung muß genau und nachvollziehbar dokumentiert werden. Grundvoraussetzung ist eine ausfallsichere Datenverarbeitungsanlage mit Internet-Verbindungen großer Bandbreite. Üblich ist heute das gesamte Kernkraftwerk als 4D-Modell. Damit lassen sich nicht nur alle Anlagenteile aus beliebiger Sicht betrachten (z. B. Kollisionskontrolle) sondern auch stets im aktuellen oder gewünschten Bauzustand.
  11. Baustelleneinrichtungen. Sind alle Hilfsmittel (z. B. Schwerlastkran) zeitgerecht vorhanden und für den Einsatz geeignet. Sind erforderliche Hallen und Werkstätten einsatzbereit. Ist Arbeitsschutz und Strahlenschutz stets gewährleistet?
  12. Zulieferketten. Sind die Verfahren zur Auftragserteilung, Lieferung (individuelle Verkehrswege zur Baustelle) und Qualitätskontrolle vorhanden? Sind die speziellen Vorschriften der Genehmigungsbehörden berücksichtigt und den potentiellen Lieferanten bekannt? Gibt es Anreize für besondere Qualität und Termintreue?
  13. Fachkräfte. Ist gewährleistet, daß jeweils zum erforderlichen Zeitpunkt ausreichend Fachkräfte mit gültiger Zulassung auf der Baustelle vorhanden sind? Diese Fachkräfte müssen nahtlos in den örtlichen Arbeitsschutz (Strahlenschutz etc.) und das Qualitätsmanagement integriert werden. Eventuell müssen rechtzeitig Schulungen oder Nachprüfungen organisiert werden.
  14. Betriebsvorbereitung. Ist der Übergang von Errichtung zu Betrieb organisiert? Ist z. B. die spätere Betriebsmannschaft frühzeitig genug auf der Baustelle integriert? Ist der Wissenstransfer vom Generalunternehmer zum Kunden (z. B. unterschiedliche Datenverarbeitungssysteme und Firmenkultur) zu jedem Zeitpunkt garantiert?

Die vorhergehende Aufzählung soll vor allem Laien ein Gefühl vermitteln, wie vielfältig der Bau von Kernkraftwerken ist. Ein paar Promille der Baukosten sind z. B. für einen Software-Entwickler ein ausgesprochener Großauftrag. So ist es nicht verwunderlich, daß die kerntechnische Industrie immer eine Triebfeder hoch industrialisierter Gesellschaften war und ist. Die „Abfallprodukte“ (z. B. Simulationsprogramme, probabilistische Methoden, Werkstoffwissenschaften, Arbeitsschutz etc.) sind stets schnell in andere Industrien nutzbringend eingeflossen. Man darf aber nie die alte Volksweisheit „wer die Musik bestellt, bestimmt die Kapelle“ außer acht lassen. Wenn man selbst keine Kernkraftwerke mehr baut und betreibt, ist man sehr schnell raus aus dem Spiel. Ganz analog, wie man es aus Luft- und Raumfahrt und der Rüstungsindustrie kennt. Andererseits ist „Atomausstieg“, „Kohleausstieg“ und „Benzin- und Dieselausstieg“ ein probates Mittel, um eine Industriegesellschaft wieder auf den Stand des Mittelalters zurückzuführen – mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen. Gesellschaftssysteme sind träge, deshalb sind die Konsequenzen nicht unmittelbar fühlbar. Wer glaubt, gegebenenfalls könnte man ja einfach das Rad zurückdrehen, ist naiv. Wenn Technik so einfach geht, wäre Afrika längst ein weiteres China.

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Laufzeitverlängerung

Lebensdauer vs. Betriebsdauer

Diese zwei Begriffe werden – bewußt oder unbewußt – oft gleichgesetzt. Die technische Lebensdauer eines Kraftwerks ist theoretisch unbegrenzt, da ständig gewartet wird und einzelne Komponenten bei Bedarf ausgetauscht werden können. Die Betriebsdauer ist (vornehmlich) eine betriebswirtschaftlich Größe: Irgendwann wird der laufende Aufwand für Reparaturen so groß, daß sich ein Weiterbetrieb nicht mehr lohnt. Bei der ersten und zweiten Generation von Reaktoren wurde die Betriebsdauer mit 30 bis 40 Jahren angegeben. Dies war quasi ein „Mindesthaltbarkeitsdatum“ des Herstellers, damit der Kunde überhaupt eine Wirtschaftlichkeitsrechnung ausführen konnte. Im Kraftwerksbau ermittelt man die Stromgestehungskosten (z. B. in €/MWh) als ≫Levelised Cost Of Elektricity (LCOE)≪. Darunter versteht man nicht nur die Investition, sondern alle im Betrachtungszeitraum anfallenden Kosten (Kapitaldienst, Personal, Brennstoff, Versicherungen, Wartung und Reparatur, Rücklagen für die Entsorgung etc.) geteilt durch die zu erwartende elektrische Energie. An dieser Stelle wird schon deutlich, warum Wind und Sonne nie mit Kernkraft (wirtschaftlich) wird konkurrieren können: Bei Kernkraftwerken der dritten Generation wird die „Mindesthaltbarkeit“ heute mit 60 Jahren angegeben. Bei Windmühlen und Photovoltaik mit 20 Jahren. Dies ist schon ein Faktor drei. Die Arbeitsausnutzung eines Kernkraftwerks liegt bei 90%. Demgegenüber beträgt die realisierte Arbeitsausnutzung von Wind und Sonne wetterbedingt etwa 15% (als tatsächlich gemessene und über einen längeren Zeitraum gemittelte Werte für die installierte Leistung in Wind- und Sonnenenergie in Deutschland). Überschlägig muß man also die spezifischen Investitionskosten von Wind und Sonne mit einem Faktor 18 multiplizieren um sie mit einer Investition in ein Kernkraftwerk vergleichbar zu machen. Ganz abgesehen davon, sind solche Vergleiche zwischen stets nach Bedarf lieferbarer elektrischer Energie und wetterbedingt zufälliger Erzeugung ohnehin ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Spätestens jetzt muß – zumindest jedem ideologisch nicht vorbelasteten Menschen – klar sein, warum sich (sogar ein so extrem teures) Kernkraftwerk wie Hinkley Point gegenüber „Windkraft aus der Nordsee“ rechnet und bereits folgerichtig die nächsten baugleichen Blöcke in Sizewell in Vorbereitung sind. Erklärt das vielleicht den neuen Hype auf „grünen“ Wasserstoff in einschlägigen Kreisen, so zu sagen als neuen Sattel für ein längst totes Pferd?

Das Potential für Laufzeitverlängerungen

Weltweit sind zur Zeit 363 Leichtwasser-, 48 Schwerwasser-, 14 AGR- (CO2 / Graphit), 13 RBMK- (Wasser / Graphit) und 2 schnelle Reaktoren in kommerziellem Betrieb. Zieht man die 27 graphitmoderierten Reaktoren ab, verbleiben somit trotzdem über 400 potentielle Reaktoren zur Laufzeitverlängerung. Hier wird auch die prinzipielle Grenze notwendiger Nachrüstungen deutlich: Die Konstruktion der AGR in GB erlaubt es nicht, die gealterten Moderatoren aus Graphit zu vertretbaren Kosten auszuwechseln. Bei den RBMK (Tschernobyl-Typ) kommen noch grundsätzliche Bedenken hinzu.

Ausschlaggebend für eine Laufzeitverlängerung ist aber immer der politische Wille. In vielen Ländern besteht eine negative Einstellung zu Kernenergie. Wo die „Atomkraftgegner“ noch nicht an der Macht sind, versucht man die Kosten durch Sonderbelastungen politisch hochzutreiben (z. B. Brennelementesteuer in Spanien oder Schweden) oder durch Dumping (Verkauf an der Börse weit unter den Produktionskosten) von Wind- und Sonnenstrom. Beliebt sind auch „neue Standards“ (z. B. Kühltürme) um Projekte unwirtschaftlich zu machen. In Ländern mit öko-sozialistischer Orientierung ist selbst das nicht mehr notwendig. Dort reicht der Wille einer Regierung (CDU/CSU mit FDP) par ordre du mufti den „Atomausstieg“ zu vollziehen. Kosten spielen dabei selbstredend keine Rolle, denn die müssen ja durch Dritte – uns, dem Verbraucher – getragen werden. Vorläufige Krönung dieser Untaten war die Sprengung von Philippsburg (Inbetriebnahme 1985) mit einem angeblichen Restwert von 3 Milliarden €. Aus pubertärer Zerstörungswut mußten unmittelbar Fakten geschaffen werden, da eine Laufzeitverlängerung mit geringen Kosten möglich gewesen wäre. Doch nicht genug, der Hässliche Deutsche greift schon wieder nach Frankreich: Um der eigenen verbohrten Klientel genüge zu tun, verleumdet man dummdreist französische Reaktoren als „Schrottreaktoren“. Was man wohl dem Genossen Macron für seine innenpolitische Unbill zahlen muß?

Der wirtschaftlich Aspekt

Die Schließung eines Kernkraftwerks führt zu erheblichen sozialen Schwierigkeiten vor Ort: Wegfallende Einnahmen für die Gemeinde, Wegfall gut bezahlter Arbeitsplätze, Verlust von Aufträgen für das lokale Gewerbe, verringerte Kaufkraft etc. Es ist kein Zufall, daß überall wo Kraftwerke stillgelegt werden sollen, Kundgebungen für deren Erhalt stattfinden.

Es gibt faktisch keine kostengünstigere Stromerzeugung als durch die Laufzeitverlängerung eines bestehenden Kernkraftwerks. Geht man von maximal 50% der ursprünglichen Baukosten für die erforderliche Modernisierung aus, kann damit keine andere Erzeugungsart konkurrieren. Natürlich bleiben die Vorteile der Kernenergie dabei in vollem Umfang erhalten:

  • geringster Materialverbrauch über den Lebenszyklus, nahezu ohne Freisetzung von Abgasen.
  • Einsparung von Boden (insbesondere gegenüber „Regenerativen“ mit geringer Energiedichte)
  • Verhinderung von Luftverschmutzung durch Stickoxide, Feinstaub etc.
  • Bereitstellung von Grundlast bzw. Lastfolge zum Ausgleich von Spitzen und Tälern.
  • Versorgungssicherheit bei extremen Wetter- oder schwierigen aussenpolitischen Lagen.
  • Bereitstellung großer Schwungmassen zur Stabilisierung der Netzfrequenz.
  • Große „Brennstofflagerung“ auf dem Kraftwerksgelände als Sicherheit vor Energiepreisschwankungen.
  • Gefragter Arbeitgeber mit gut bezahlten Jobs für hochqualifizierte Arbeitnehmer und Nachfrage für das lokale Gewerbe, überwiegend in ländlichen Gemeinden.
  • Gegebenenfalls Bereitstellung von Isotopen für Medizin, Forschung, Industrie und Landwirtschaft.

Darüberhinaus fallen keinerlei Kosten für Netzausbau, Bereitstellung von Bilanz- und Regelleistung, Backup-Kraftwerke zur Kompensation des Wetters oder gar Speicher an. Deutschland zeigt eindrucksvoll, daß durch den Ausstieg aus der Kernenergie – und neuerdings auch noch der Kohle – eine dauerhafte Abhängigkeit von (importiertem) Erdgas geschaffen wird. Ist das vielleicht das wirkliche Ziel? Schröder fing auch als rot/grüner Bundeskanzler an und endete als russischer Gasmann.

Die Vorraussetzungen

Eine Laufzeitverlängerung erfordert eine langjährige Planung in enger Abstimmung mit den Genehmigungsstellen und Zulieferern. Am Anfang steht die Erfassung des Istzustand durch den Betreiber. Je genauer die Dokumentation im laufenden Betrieb ist, um so besser: Protokolle der Wiederholungsprüfungen, Kontakte zu Ersatzteillieferanten, Dokumentationen über schon erfolgte Modernisierungen etc. Eine möglichst detaillierte Planung ist erforderlich, da es sich schnell um drei- bis vierstellige Millionenbeträge drehen kann. Heute erstellt man deshalb von Anbeginn an ein ≫Plant Life Management Program (PLiM)≪. So kann man z. B. Modernisierungsmaßnahmen, das Auswechseln von Großkomponenten usw. über einen längeren Betriebszeitraum bzw. unter Nutzung der notwendigen Wiederholungsprüfungen verteilen, damit die Ausfallzeiten des Kraftwerks minimiert werden.

Geradezu überlebenswichtig ist die enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den zuständigen Überwachungsstellen. Man kann nicht einfach einzelne Komponenten in einem Kernkraftwerk auswechseln. Jedes „Ersatzteil“ muß durch die Zulassungsbehörde geprüft und genehmigt sein. Eine funktionierende Zulieferkette ist deshalb zwingend erforderlich und in der Praxis oft ein großes Problem. Warnendes Beispiel ist z. B. das Kernkraftwerk San Onofre in Kalifornien, das durch die Auswechslung der Dampferzeuger zu einem Totalschaden kaputt modernisiert wurde. Problem war, daß der ursprüngliche Hersteller längst nicht mehr existierte und der neue Anbieter offensichtlich überfordert war. Hinzu kommt, jede Komponente ist ein Teil des „Systems Kernkraftwerk“ und seiner (ursprünglichen) Sicherheitsphilosophie. So gibt es Kernkraftwerke, die voll digital umgerüstet wurden, aber immer noch Telefone mit Wählscheiben haben. Die Genehmigungsbehörde hat die Telefone als Teil des Sicherheitssystems betrachtet und wegen einer Diversifizierung auf die gute, alte Analogtechnik auch weiterhin bestanden. Es kommt deshalb irgendwann zu (wirtschaftlichen) Problemen, wenn man eine Technik über rund hundert Jahre pflegen muß. Andererseits bieten heute auch neue Technologien wie der 3-D-Druck, neue Werkstoffe und Computersimulationen wertvolle Hilfe. Eine notwendige Generalüberholung von Baugruppen ist oft auch mit einer Leistungssteigerung verbunden. So wurde bei vielen Dampfturbinen durch den (notwendigen) Einsatz neuer Schaufeln die Leistung gesteigert. Selbst ein einstelliger Leistungszuwachs ergibt bei den vielen tausend Betriebsstunden eine hübsche Zusatzeinnahme. Bezeichnenderweise stieg die Gesamtleistung aller Kernkraftwerke in den USA an, obwohl gleichzeitig einige Kraftwerke stillgelegt worden sind.

Eine weitere Aufgabenstellung bei Laufzeitverlängerungen ist die Personalplanung. Kein Berufsleben kann länger als 60 Jahre dauern. Es muß also rechtzeitig Nachwuchs ausgebildet und eingestellt werden. Dies gilt auch für die gesamte Zulieferindustrie. Die Zulieferindustrie kann aber nicht beliebig lange Kapazitäten vorhalten. Das Fachpersonal braucht besondere Qualifikationen, Wiederholungstests und vor allen Dingen Übung durch beständige Praxis. Zu welchen Kosten und Schwierigkeiten mangelnde Übung führt, zeigen die Baustellen Vogtle in USA und Flamanville in Frankreich auf dramatische Weise. Die Aussage der „Atomkraftgegner“ von hohen Baukosten und langen Bauzeiten ist zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden. Laufzeitverlängerungen und Neubauten sind keine Gegensätze, sondern ergänzen sich vortrefflich.

Armes Deutschland

Die Eselei eines „Atomausstiegs“ bevor man eine vergleichbar effiziente und kostengünstige Technologie hat, dürfte in der Industriegeschichte ziemlich einmalig sein und bleiben. Hat man erst die Dampflokomotiven zerstört, bevor man brauchbare Diesel- und Elektroloks hatte? Zerstört man heute alle Computer, wegen der wagen Idee von Quantenrechnern? Genau das ist aber hier passiert: Man zerstört erst mal eine funktionierende Stromversorgung, weil ein paar bildungsresistente – gleichwohl äußerst geschickte und auf ihre eigenen Pfründe bedachte – Politiker etwas von einem Stromnetz aus 100% Windmühlen und Sonnenkollektoren zusammenfantasieren, bereitwillig unterstützt von unzähligen Schlangenölverkäufern aus der Wirtschaft. Namen, Aussagen und Taten sind bekannt – das Internet vergißt bekanntlich nicht. Es wird eine schöne Aufgabe für kommende Historikergenerationen sein, zu beurteilen, ob es sich einfach nur um abgrundtiefe Dämlichkeit oder eher wieder um die Banalität des Bösen gehandelt hat. Inzwischen ist die Verantwortung ja so breit gestreut und so eng auf Spezialgebiete verteilt, daß wieder alle sagen können, sie hätten von nichts gewußt und außerdem nur Anweisungen ausgeführt. Gute Nacht, deutsche Wissenschaftler und Ingenieure, wundert euch nicht, wenn unser Berufsstand auf ewig kompromittiert ist: Innerlich wart ihr ja alle dagegen, aber man konnte ja nichts machen, gelle. Ob diese Nummer zum 3. Mal durchgeht?

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Blackout in Deutschland (Teil 2) – der Tag als ich die Mauer beleuchtete

Dialysepatienten konnten nicht mehr versorgt werden, Frauen bekamen die Kinder zu Hause ohne ärztlichen Beistand. Tausende Menschen strandeten irgendwo und überlebten – wenn sie Glück hatten – unter jämmerlichen Bedingungen in Bahnhöfen und Turnhallen. Als die Ventilatoren ausfielen, erstickten hunderttausende Hühner in den Legebatterien, Kühe und Schweine krepierten zu tausenden in den Ställen. Die öffentliche Kommunikation brach zusammen. Die Schäden gingen in die Milliarden und es dauerte Jahre, bis sich die Wirtschaft von dem Schock erholt hatte. Die Ursachen waren simpel: ein Schneesturm, ein unausgewogener Energiemix und ein weitgehendes Versagen des staatlichen Katastrophenschutzes.

Was war passiert? Es gab kurz nach Weihnachten einen länger andauernden Schneesturm, verbunden mit einem Temperatursturz. Man könnte es auch ein sibirisches Tiefdruckgebiet nennen. Damals schob man allerdings die Wetterkapriolen noch nicht auf den Klimawandel. Durch die extremen Witterungsbedingungen fielen sämtliche Kohlekraftwerke in Mitteldeutschland aus, da ihnen die Kohle auf den Transportbändern und in den Waggons festfror. Gas- und Ölkraftwerke waren vorher auf Beschluss der Politik geschlossen worden, um die wertvollen Devisen zu sparen. Die DDR hatte keinen vernünftigen Energiemix, das Rückgrat der Stromproduktion war Braunkohle. Im Resultat gab es in der DDR nur noch ein einziges funktionierendes Kraftwerk, das den totalen Blackout verhinderte – das Kernkraftwerk Greifswald mit seinen drei Reaktor-Blöcken. Um Strom für die Hauptstadt zur Verfügung zu stellen, mussten allerdings großflächige Blackouts tagelang in Kauf genommen werden – ganze Landstriche waren tagelang ohne Strom.

In meinem Roman „Wohn-Haft“ beschreibe ich, wie ich damals den Blackout im AKW Greifswald erlebte. Hier ein Auszug:

„Wer geht schon gern zur Nachtschicht? Insbesondere, wenn es bald Silvester ist. In den Wohnungen der Neubaublocks hängen die Leute schon die Girlanden für die Feiern auf, der mühsam ergatterte und aufgesparte „Rotkäppchen“-Sekt wird kaltgestellt. Auch Bier steht kalt auf den Balkonen. Und es ist kalt. Es schneit und ein bissiger Nordost treibt die Flocken vor sich her. Daran ist man hier in Greifswald nicht gewöhnt, hier herrscht normalerweise eher mildes Wetter. Der Abend lässt sich düster an, ein eisiger Wind heult um die Hausecken der Plattenbauten und pfeift durch die undichten Fenster.

Auf zur Nachtschicht ins größte KKW der DDR!

Meine Schicht geht von sieben Uhr abends bis sieben Uhr früh. Als ich die Wohnung um fünf Uhr nachmittags verlasse, dunkelt es bereits. Ich küsse meine Frau flüchtig und trotte missmutig los. Sie wird zur Party mit den Eltern, dem Bruder und der Schwägerin gehen. Und sicher wird es später ein Umzug von Nachbar zu Nachbar, um sich gegenseitig Glück zu wünschen und ordentlich anzustoßen. Ich darf erst morgen früh einen heben. Auf zur Nachtschicht ins größte KKW der DDR!

Wenn ich so die Straße zum Südbahnhof entlang gehe, habe ich das untrügliche Gefühl, dass hinter den Gardinen die normalen Leute sich über mich lustig machen. Seht sie an, die Lubmin-Malocher! Gehen zur Nachtschicht am Silvester für sieben Mark! So blöd möchte ich auch mal sein. Ich empfinde die Ungerechtigkeit dieser selbstgebastelten Anschuldigung schmerzhaft. Schließlich sorgen ich und meine Kollegen durch den Verzicht dafür, dass die Anderen feiern können. Wenigstens ein bisschen Anerkennung dürfte schon sein. Aber es ist eben so, die Schichtarbeit hat einen schlechten Ruf.

Am Südbahnhof steht schon eine ganze Truppe von Leuten aus meiner Schicht im Schneesturm und friert. Es ist zugig hier und es gibt keine Möglichkeit, Schutz vor dem beißenden Schneewind zu finden. Es wird nicht viel gesprochen. Nur eine Gruppe Schlosser ist ziemlich laut, die werden doch nicht schon einen getrunken haben? Der Zug müsste langsam kommen. Es liegt allerhand Schnee auf den Schienen, und es wird ständig mehr. Die Leute meckern, einige drohen damit, nach Hause zugehen. Vier Mann gehen los. Wir fahren mit meinem Auto, sagt der Blockleiter Schäfig im Vorbeigehen zu mir. Ich nicke abwesend. Mir graut schon vor dem mitternächtlichen Festessen. Das wird – wie jedes Jahr wieder – ein herrlicher Grund sein, sich zu beschweren und ein bisschen Frust über den verpatzten Feiertag abzulassen. Zu fett, zu schwer, schmeckt nicht. Und natürlich werden sie zu mir kommen, dem Schichtchef. Als ob ich gekocht hätte! Und ich werde – wie immer – nichts machen können.

Und dann werden gegen drei noch ein paar angesoffene Gewerkschafts- und Parteibonzen ins Werk kommen, um der diensttuenden Schicht zum Jahreswechsel zu gratulieren. Ein Grund mehr zum Meckern für die Mannschaft. Der Parteisekretär schwankend auf der Leitwarte. Und draußen wird sein Fahrer warten, um ihn zum Besäufnis zurückzukarren. Ein einziges Ärgernis, diese Silvester-Nachtschicht.

„Die Flasche bleibt draußen“

Aber erst einmal muss der Zug kommen. Schon eine dreiviertel Stunde Verspätung. Nichts zu sehen, schon gar nicht durch den stärker werdenden Schneesturm. Endlich kommt der Zug, mühsam pflügt sich die Diesellok mit den Doppelstockwagen durch den Schnee auf den Schienen. Wenn das mal gut geht, denke ich und steige ein. Drinnen ist es angenehm warm. Die Leute setzen sich in Gruppen zusammen und schwatzen. Einige Fanatiker spielen Karten wie auf jeder Fahrt. Wider Erwarten kämpft sich der Zug bis Lubmin durch. Ich habe entdeckt, dass bei den Schlossern eine Schnapsflasche kreist. Das werde ich ihnen nicht durchgehen lassen.

Beim Aussteigen greife ich mir den Schlossermeister und sage zu ihm, Die Flasche bleibt draußen. Und deine Leute kettest du an der Werkstatt-Heizung fest, bis sie wieder nüchtern sind. Wehe, wenn sie was anfassen, außer einer Schneeschippe! Ich schicke euch alle nach Hause und dann machen sie euch die Hölle heiß. Ich schaue zu, wie sie die Schnapsflasche maulend im Auto eines Kollegen auf dem Parkplatz deponieren. Die Autos hier sind unter einem halben Meter Schnee verschwunden. Ich lasse die Taschen einiger einschlägig Verdächtiger durch die Posten am Werkseingang filzen. Das hat mir noch gefehlt, Besoffene im KKW auf Schicht. Dann gehe ich in mein Büro und übernehme den Dienst.

Gott sei Dank, stabiler Normalbetrieb. Die Leute werden auf Eisbildung im Kühlwasser-Einlaufkanal achten und die Außenanlagen ständig beräumen, so dass die Betriebsfeuerwehr im Einsatzfall freie Fahrt hat. Ich verabschiede mich von meinem Vorgänger, Schöne Silvesterfeier wünsche ich dir, Günter. Und feiere schön mit deiner hübschen Frau. Der Kollege nickt und gibt mir grinsend die Hand. Er weiß um die Freuden des Schichtchefs in solchen Nächten.

Die Schicht hat ihren normalen Lauf genommen. Ich habe auf dem Schichtrapport die Aufgaben verteilt. Meine 18 Ingenieure sind mit der strikten Weisung auseinander gegangen, in dieser Nacht das KKW schneesturmfest zu machen. Auf meinem Kontrollgang habe ich mich heute ausschließlich den Außenanlagen gewidmet. Der Schneesturm ist noch heftiger geworden, der Wind zerrt an meiner Wattejacke, es bilden sich Schneewehen. Der Außenanlagen-Schichtleiter hat zusätzliche Leute von den Schlossern abgezogen, um sie mit Traktoren und Schaufeln Schnee räumen zu lassen. Gut so, der Sturm wird ihnen die Wodkareste aus dem Schädel blasen, denke ich.

„Weiter traue ich mich nicht mit dem Moskwitsch“

Um elf Uhr nachts rufe ich den Schichtfahrer an. Heinz, fahr mal ein Stück in Richtung Greifswald und schau dir die Straße an. Sei aber vorsichtig, damit du nicht steckenbleibst. Funk mich an! In der Zwischenzeit meldet der Dispatcher Schwierigkeiten im Landesnetz. Die Lastverteilung hat eine Einsatzstufe ausgerufen. Die Frequenz ist schlecht, der Strombedarf ist in der Silvesternacht hoch, und das Großkraftwerk Boxberg ist vom Netz gegangen, weil ihnen die Kohle auf den Bändern festgefroren ist. Die Lage scheint sich zuzuspitzen. Der Fahrer meldet sich per Funk. Pass auf Manni, ich bin in Vierow. Der Wind pfeift hier mit zehn Nummern. Es schneit wie verrückt. Weiter traue ich mich nicht mit dem Moskwitsch. Ich drehe um, die Straße verweht mehr und mehr, in einer Stunde kommt hier keiner mehr durch. Natürlich kein Räumdienst in Sicht. Ich komme zurück.

Nach kurzem Überlegen rufe ich den Dispatcher an. Trommle die Schichtleitung nach dem Essen um zwei Uhr in meinem Büro zusammen. Wir machen einen außerordentlichen Rapport, die Situation sieht böse aus. Dann rufe ich beim Werkdirektor an, um ihm die Lage zu schildern. Der Direktor meldet sich, im Hintergrund Partylärm. Dr. Zischer klingt angesäuselt. Na klar, es ist Silvester. Ich habe Respekt vor Zischer, das ist nicht so ein hohler Parteibonze. Zischer kennt die Leute und verhält sich anständig seinen Mitarbeitern gegenüber, ohne jede Herablassung. Er hört sich die Lage an und meint, Keine Panik, übertreiben Sie nicht. Morgen früh schicke ich mit der Frühschicht Zusatzkräfte zum Schneeräumen raus. Und jetzt machen Sie weiter wie bisher, Ihre eingeleiteten Maßnahmen sind in Ordnung.

Es gibt den erwarteten Ärger mit dem Festessen. Diesmal haben die Leute sogar sehr gute Gründe zum Meckern. Das zähe Schweinesteak schwimmt in einem viertel Liter flüssigen Fettes mit ein paar glasigen Zwiebelflusen und ist zerbraten wie eine Schuhsohle. Dazu gibt’s fetttriefende Bratkartoffeln und sauren Weißkrautsalat aus dem Plastiksack. Hinterher ein Tüteneis, der Magen könnte sich einem umdrehen. Ich nehme frustriert meinen Teller und zwei kräftige wütende Schlosser und marschiere mit ihnen zur Struck-Küche, wo sie den Fraß zurechtrühren.

Die Struck-Küche ist ein großer Flachbau, in dem normalerweise dreitausend Menschen verköstigt werden. Eigentlich sollte sie am Silvester geschlossen sein und nur eine Minimannschaft für die Schicht kochen. Das Essen wird dann von hier mit Kübeln in die Schichtkantinen geliefert. Wider Erwarten ist der Struck aber von einer ganzen Meute Bauarbeiter besetzt. Sie sitzen an den Tischen und saufen. Offensichtlich sind sie aus ihren Unterkunftsbaracken im Leuna-Lager hierher geflüchtet, um ein bisschen Silvester feiern zu können.

Ein Kofferradio grölt Musik von den Puhdys

Jetzt sitzen sie hier herum, spielen Skat, ein Kofferradio grölt Musik von den Puhdys, und ein paar stark Alkoholisierte grölen mit. Hier aufzuräumen, ist hoffnungslos. Selbst mit der Mannschaft des Betriebsschutzes hätte man keine Chance gegen diese Übermacht. Also lasse ich sie sitzen. Es ist nicht mein Verantwortungsbereich, der Struck befindet sich außerhalb des Zaunes des technologischen Sicherungsbereiches. Ich weiß, dass die Bauarbeiter hier rumsitzen, weil sie bei dem Schneesturm nicht bis in die Kneipe nach Vierow durchkommen. Wo sollen sie auch hin. Trotzdem wäre es besser, sie in ihren Baracken im Leuna-Lager zu wissen.

Zwei dicke Köche sitzen im Personal-Aufenthaltsraum beim Bier und qualmen um die Wette. Ihre Teller mit den Essensresten stehen noch da. Sie haben sich zur Feier des Tages halbblutige Rumpsteaks mit Rosenkohl gegönnt. Kaum sehen sie mich, fängt der Dickere an zu zetern, Bringen Sie die Bauluden aus dem Struck heraus. Wir haben geschlossen! Die weigern sich, in ihre Unterkünfte zu gehen. Die haben Schnaps mitgebracht, das ist hier verboten. Er blickt erschrocken auf die Bierflaschen vor sich auf dem Tisch. Ich ignoriere das Gezeter und sage ganz freundlich, Ich bin der Schichtleiter der Nachtschicht. Habt ihr unser tolles Festessen gekocht? Der dicke Koch nickt misstrauisch.

Ich entferne das Pergamentpapier von meinem Teller und stelle ihn auf den Tisch. Das Essen auf dem Plastikteller, jetzt halb kalt, sieht zum Fürchten aus. Die beiden Hünen von Schlosser bauen sich drohend mit verschränkten Armen vor den Köchen auf. Ich schiebe den Teller zu dem Dicken. Essensage ich leise. Der Dicke weicht zurück und fuchtelt mit den Armen. Wir haben schon gegessen. Ich sehe ihn kühl an und wiederhole, Essen!, während die beiden Schlosser vorrücken. Der zweite Koch rückt mit seinem Stuhl von dem schmuddeligen Tisch mit den Bierflaschen ab. Der Dicke will ebenfalls zurückweichen, aber sein Stuhl kann nicht weg, weil einer der Schlosser seine riesige Hand auf die Lehne gedrückt hält. Der andere Schlosser nimmt das Besteck von einem der beiden Teller mit den Essensresten der Köche und drückt es dem Dicken in die Hand. Essen!, sagt nun er nachdrücklich. Der Dicke fängt an zu jammern. Das ist Körperverletzung …

Genau, sage ich, die Schlosser nicken begeistert. Und jetzt isst du den Teller schön leer. Du kannst ihn ja mit deinem Kumpel teilen. Und dann kannst du Anzeige gegen mich erstatten, wegen Körperverletzung. Ich fürchte nur, dass die Jungs vom Betriebsschutz heute auch die Ehre hatten, eure Kochkünste zu genießen. Also viel Spaß bei der Anzeige. Ich heiße Manni Gerstenschloss. Aufmunternd rüttelt die große Schlosserhand den Stuhl. Ächzend und schwitzend säbelt der Dicke am Steak herum, kostet und verzieht angewidert das Gesicht. Wieder wird der Stuhl aufmunternd gerüttelt. Der Dicke isst. Er kaut auf der Schuhsohle herum, schimpft und jammert.

Die beiden hünenhaften Schlosser erzielen ihre Wirkung durch bloße Anwesenheit. Meine beiden Mittäter und ich warten nicht, bis die ganze Portion heruntergewürgt wurde. Wir verlassen die Köche. Ich sage im Gehen zu dem einen Dicken, der gerade einen Erstickungsanfall hat und würgt, Pass auf, in 10 Minuten machen wir eine Lautsprecher-Durchsage, dass ein außerplanmäßiger Zug nach Vierow abfährt. Dann werden die Bauarbeiter zum Bahnhof rennen. Wenn sie raus sind, könnt ihr euren Laden dichtmachen. 

Der Schneesturm fegt mit 11 Windstärken über Norddeutschland

Auf dem ganzen Weg zurück lachen wir uns scheckig. Hast du gesehen, wie der Fettsack sich vor seinem eigenen Fraß geekelt hat? Die „Erziehungsmaßnahme“ spricht sich blitzschnell herum. Die C-Schicht lacht sich halbtot, heute gibt es keine Beschwerde mehr über das Festessen. Die Blockwarte 1 macht die Lautsprecherdurchsage mit der nicht existierenden Zugabfahrt. Die Bauarbeiter fallen drauf rein und rennen im Schweinsgalopp durch den Schneesturm zum Betriebsbahnhof, um in die geliebte Kneipe fahren zu können. Als sie merken, dass sie gefoppt wurden, trommeln sie vergeblich gegen die fest verschlossenen Eisentore des Struckbaus. Schließlich ziehen sie murrend in ihre Baracken ab.

Bei dem außerplanmäßigen Rapport um zwei geht die „tägliche Dressur der Raubtiere“, wie ich meine Schicht-Besprechungen nenne, ziemlich friedlich vonstatten. Die üblichen Meckereien entfallen, allen ist der Ernst der Lage bewusst. Inzwischen ist die Netzfrequenz bei 48,7 Hertz, man kann das sogar am Geräusch der laufenden Turbinen hören. Der Schneesturm fegt mit 11 Windstärken über Norddeutschland. Der Lastverteiler hat die ersten Flächenabschaltungen gemeldet. Die C-Schicht erzeugt jetzt die Hälfte der gesamten Elektroenergieproduktion der DDR.

Wir wissen mit verhaltenem Stolz, dass nur ein Kernkraftwerk völlig unabhängig von solchem Wetter Strom produzieren kann. Den Kohlebuden friert die Kohle ein und den Gaskraftwerken geht das Gas aus. Ganze Landstriche haben jetzt keinen Strom mehr. Die Leute sitzen noch gemütlich beim Kerzenschein. Aber die Gemütlichkeit hält nicht lange an. Die Heizungen in den Plattenbauten funktionieren nicht mehr, weil die Umwälzpumpen stehenbleiben. Es wird arschkalt in den Wohnungen. In den Hühner- Konzentrationslagern verrecken zigtausende Hühner, weil die Lüftungsanlagen ausgefallen sind. In den Krankenhäusern laufen die Notstromdiesel, wie lange werden die Dieselvorräte reichen?

Mütter können die Babynahrung nicht mehr erwärmen. Tiefkühltruhen tauen auf und die eingelagerten Lebensmittel gehen zum Teufel. Fernseher gehen nicht mehr. Und wer kein Kofferradio hat, bekommt keine Informationen mehr. Dann hört das Leitungswasser auf zu fließen. Die Toiletten können nicht mehr gespült werden. Die meisten Leute haben gar nicht geahnt, was alles ohne Strom nicht funktioniert.

Nach einigen Stunden leeren sich die Batterien des Telefonnetzes und es hört auf, zu funktionieren. In der Schichtbesprechung diskutieren wir den Fall, dass die Ablösung am Morgen nicht durchkommt, obwohl die meisten nicht daran glauben. Das gab es noch nie! Ich aber will kein Risiko eingehen. Wir müssen das Kraftwerk auch sicher fahren können, auch wenn tagelang keine Ablösung kommtSo ein Quatsch, sagt Hein Blökow, der Schichtleiter vom zweiten Kreislauf. Die Ingenieure nicken zustimmend, aber sie sind auch irgendwie besorgt. Ihre Familien sind in Greifswald von der Stromversorgung abhängig.

Am Abend bricht das Telefonnetz endgültig zusammen.

Ich lege fest, wie es von jetzt ab weitergeht. Wir halten unsere Routine aufrecht. Ich möchte, dass alles so normal wie möglich abläuft. Zu den normalen Zeiten werden wir alle acht Stunden unseren Schichtrapport durchführen. Reduziert in euren Bereichen die Mannschaft auf Mindestbesetzung. Jeder, der darüber hinaus vor Ort ist, soll sich eine Ecke zum Pennen suchen und versuchen, etwas Schlaf zu bekommen. Ich brauche auch in drei Tagen noch ein funktionsfähiges Kollektiv! Wir können es uns nicht leisten, dass uns jemand am Steuerpult einschläft. Die Leute sollen sich gegenseitig ablösen. Das mit dem Schlafen gilt besonders für das Blockwarten-Personal, aber auch für euch. Ich werde das persönlich kontrollieren. Die Leute sollen sich auch etwas hinlegen, wenn sie nicht schlafen können. Dann ruhen sie sich wenigstens ein bisschen aus. Und jetzt erwarte ich eure Vorschläge, wie wir hier in der Anlage mit dem Schneesturm umgehen…

Die Skeptiker sind kleinlauter geworden. Die C-Schicht ist schon mehr als 24 Stunden im Einsatz und keine Ablösung ist in Sicht. Wir haben drei Rapporte durchgeführt. Am Abend bricht das Telefonnetz endgültig zusammen. Es bleibt nur noch das rote Telefon zur Einsatzleitung in Greifswald. Ich bin ganz froh darüber, endlich unbehelligt von Anrufen aus SED-Kreisleitungen, von Bezirkssekretären, dem Ministerium und anderen Wichtigtuern meine Arbeit machen zu können. Die Lage im Land muss katastrophal sein. Großflächige Stromabschaltungen überall. Die Netz-Frequenz ist schlecht, Freileitungen fallen aus, weil sie das Eis nicht mehr tragen können.

Die Bonzen sind mir ganz schön auf die Nerven gegangen, ganz besonders die mit dem anmaßenden Ton. Als könnte ich den Strom in die Bezirkshauptstadt leiten. Mein Verantwortungsbereich endet am Leistungsschalter zur Freileitung. Wo der Lastverteiler in Schwerin seine Erzeugung hinleitet, kann ich nicht beeinflussen. Auch nicht, wenn mir ein Parteibonze sonst was androht. Ich weiß ja nicht, dass auf höchste Anordnung aller Strom nach Berlin geleitet werden muss. Der Schneesturm fängt an, Schwierigkeiten bei den Außenanlagen des Kraftwerks zu machen. Kanäle frieren zu, Rohrleitungen frieren ein. Auf dem Einlaufkanal treiben Eisschollen zu den Grobrechen. Die müssen unbedingt freigehalten werden. Mit Vehemenz muss ich dafür sorgen, dass die Straßen für die Feuerwehr geräumt werden. Alle Schlosser sind draußen im Einsatz. Aber sie müssen ständig kontrolliert werden, sonst hängen sie in der Kantine rum.

Die Kantine hat schon um Hilfe gerufen. Das Brot geht zu Ende. Ich diskutiere mit dem Leiter des Betriebsschutzes. Wir einigen uns, nach viel anfänglichem Zögern und Winden. Der Betriebsschutzmann ist verunsichert, weil er kein Telefon hat, um sich rückzuversichern. Aber ich bin bestimmend und so fügt er sich. Seine Leute sind auch hungrig und müde. Einige Posten sind schon unbesetzt. Sie schicken ein Team mit Rucksäcken los, das mit einem Betriebsschutzmann in die verschiedenen Verkaufsstellen der riesigen Baustelle einbricht, um Brot und andere Grundnahrungsmittel einzusammeln und der Kantine zur Verfügung zu stellen. Die Beute ist umfangreich und sehr ermutigend, es besteht keine Hungersnotgefahr. Brot mit Spiegeleiern wird in der Kantine zum Renner. Nudeln haben sie auch jede Menge und Tomatensoße aus der Dose. Endlich gibt es mal Essen nicht aus dem Kübel.

Die Männer sind vom Ehrgeiz gepackt

Block 2 musste die Leistung einsenken. Sie fahren nur noch die Hälfte, 200 Megawatt fehlen. Das ist so viel, wie ein paar große Städte verbrauchen würden. Eine Kühlwasserpumpe hat mit rotglühendem Lager des Elektromotors den Geist aufgegeben. Ich verfluche den Konstrukteur, der die Pumpen im Freien aufgestellt hat, voll dem Wind und dem Wetter ausgesetzt. Jetzt sind die Schlosser und Elektriker dabei, in eisigem Schneesturm den riesigen Motor abzumontieren. Ich packe selbst mit an. Ein anderes Team demontiert einen Motor im Block 4, der sowieso nicht gebraucht wird, um ihn an die Stelle des kaputten Motors im Block 2 einzubauen. Die Männer sind vom Ehrgeiz gepackt. Sie schaffen die Reparatur unter extrem schlechten Bedingungen, bei Dunkelheit und eisigem Schneesturm in der Hälfte der normalen Reparaturzeit. Der Hauptlastverteiler höchstselbst bedankt sich beim Dispatcher, als sie nach fünf Stunden die Leistung wieder hochfahren können. Selbst in Berlin sind einige Lichter ausgegangen. Ich ahne immer noch nicht, dass wir den Strom für die Berliner Mauer produzieren.

Ich passe auf, dass mich niemand beobachtet, ich aber alle im Auge habe. Ich bin überall. Ich versuche mitzuhelfen, gebe Ratschläge, meckere und fauche auch mal jemand an. Ich bin jetzt seit 36 Stunden auf den Beinen und spüre keine Müdigkeit. Ich reite hier voll auf Adrenalin, denke ich. Meine Strategie geht einigermaßen auf. Die Leute lösen sich gegenseitig ab, in jeder Ecke liegt irgendwer rum, der schläft oder döst. Die Jungs auf den Leitwarten sind einigermaßen fit und werden kannenweise mit Kaffee zugeschüttet. Die Anlage läuft mit voller Leistung gerade aus. Nur nichts anfassen!

Ich habe alle Routinetests ausgesetzt, alle nicht unmittelbar notwendigen Reparaturen gestoppt. Nach einem heftigen Streit mit dem Leiter der Inbetriebsetzung des Blockes 4 wurden auch die Inbetriebsetzungsarbeiten gestoppt und das Personal weitestgehend zur Verstärkung des Personals der Betriebsblöcke herangezogen. Der Block 4 würde eben in einigen Monaten ein paar Tage später ans Netz gehen. Aber der Inbetriebsetzungsleiter bleibt sauer, weil ich, ohne ihn zu fragen, den Kühlwasserpumpenmotor geklaut habe.

Als ich in die Kantine komme, sitzt dort der Blockleiter Wolfhard Schäfig mit ein paar Maschinisten beim Kaffee. Spiegeleier mit Brot und eine Kanne Kaffee, in der der Löffel steht, rufe ich der Kantinenmieze zu und setze mich. Wir schwatzen über die Energiesituation im Lande und sind stolz darauf, das einzige Kraftwerk zu sein, das mit voller Leistung am Netz ist. Ich erzähle ihnen, dass der Minister persönlich über das Telefon der Einsatzleitung angerufen hat und seinen Dank an die Genossinnen und Genossen Werktätigen im Volkseigenen Kombinat Bruno Leuschner ausgesprochen hat. Schäfig grinst. Dann betrifft dieser Dank ganze acht Leute von unserer Schicht. Die andern sind alle Nichtgenossinnen und Nichtgenossen. Aber mal was ganz anderes, Manni. Wir haben kein Geld mehr. Die Meisten nehmen nur kleine Beträge mit auf Schicht. Jetzt ist das bisschen Geld alle und wir müssen uns doch was zum Essen kaufen können. Die Kantine rückt ohne Geld nichts raus.

Auch gleich Zahnbürsten und Zahnpasta besorgen

Ich bin so in Fahrt, dass ich sofort eine Lösung weiß. Geht zum Dispatcher. Ich habe eine große Rolle Kinokarten. Weiß der Kuckuck, wofür die mal waren. Der Dispatcher wird meinen Stempel draufdrücken und dann ist die Karte in der Kantine zwei Mark wert. Jeder kriegt pro Schicht zwei Karten. Kaffee gibt’s ab sofort umsonst. Ich erkläre der Kantinenmieze die Regelung und gehe zum Dispatcher, um ihn einzuweisen. Blockleiter Schäfig isst mit Genuss meine Spiegeleier, die ich völlig vergessen habe. Dabei hat die Kantinenmieze die mit besonderer Hingabe gebraten. Ich sitze beim Dispatcher. Wir stempeln die rosa Abreißkarten und witzeln umher. Dies ist das Geld der autonomen Republik Lubmin, kichere ich, der Zweimarkschein. Der Dispatcher feixt, Übrigens, du sollst zur Kollegin Raum auf die Blockwarte 2 kommen. Es ist dringend, meint sie. Ich marschiere los. Was die wohl will?

Auf der Blockwarte 2 herrscht ruhiger Normalbetrieb. Der Blockleiter schlummert hinter der Tafel auf einer Sanitätsliege. Die Kollegin Angela Raum, lizenziere Reaktorfahrerin, vertritt ihn. Eine hochqualifizierte Frau, die in Moskau Kernphysik studiert hat. Hier hat sie die Reaktorfahrer-Lizenz erworben. Ich weiß nicht, was davon schwieriger war. Wenn sie nur nicht so unattraktiv wäre. Sie macht sich zurecht wie eine Siebzigjährige. Wenn sie lacht, hält sie sich die Hand vor den Mund und wird rot. Männer machen einen Riesenbogen um sie.

Der Leitstandsfahrer schreibt seine Runde und der Elektriker stuft den Generator, um die Blindleistung zu regeln. Es gibt erhebliche Schwankungen im Netz, wahrscheinlich klatschen irgendwo die Freileitungen durch den Sturm zusammen. Die Frequenz ist miserabel, aber dagegen können wir hier nichts tun. Nicht genug Leistung im Landesnetz. Nachdem die Kollegin Raum ihren Lagebericht beendet hat, zieht sie mich in eine Ecke der Leitwarte.

Mit hochrotem Kopf stammelt sie herum. Peinlich, delikat, Diskretion. Ich versuche, lässig zu grinsen. Na red‘ schon, ich behalte es für mich. Wir Frauen sind schon mehr als zwei Tage hier. Damit haben wir nicht gerechnet. Wir sind nicht richtig ausgestattet. Ach du Scheiße, wie konnte ich das vergessen. Die Hälfte der Mannschaft sind Frauen. Die brauchen bestimmte Sachen! Danke, Angela, bitte hilf mir damit. Stelle eine Bedarfsliste zusammen, vergiss aber keine Kollegin zu fragen. Wir schicken jemanden los, um die Sachen aus den Verkaufsstellen herbeizuschaffen. Die können auch gleich Zahnbürsten und Zahnpasta besorgen, ich hab einen furchtbaren Geschmack im Mund.

Angela Raum ist erleichtert, druckst aber immer noch. Da ist noch was. Wir brauchen etwas, das du nicht in den Verkaufsstellen findest. Ich habe meine Anti-Baby-Pillen nicht dabei. Die anderen wohl auch nicht. Ich bin perplex. Angela Raum nimmt die Pille? Wozu denn das? Wer in aller Welt sollte sich denn an ihr vergreifen? … Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Ich schäme mich meiner arroganten Gedanken, sie ist eine patente Person. Angela, setz es mit auf die Liste. Ich kümmere mich darum. Ich bin in einer Stunde wieder hier.

„Deine Augen sehen aus wie die Rücklichter vom Trabbi“

Ich habe mit der diensthabenden Krankenschwester im Verwaltungsgebäude gesprochen. Wow, die ist vielleicht hübsch. Schlank, schmales Gesicht, riesige braune Rehaugen und ein paar Sommersprossen. Dazu der schneeweiß gebügelte Kittel mit genau einem Knopf zu viel offen. Ich habe gar nicht gewusst, dass sie hier ist. Sie heißt Sabine und duzt mich vertrauensvoll. Sie kann die gewünschten Arzneimittel aus der Handapotheke der Ambulanz besorgen. Sie lädt mich sogar zum Kaffee ein und drückt mir zum Abschied eine kleine Flasche Augentropfen in die Hand. Schau mal in den Spiegel, deine Augen sehen aus wie die Rücklichter vom Trabbi. Dabei lächelt sie so charmant, dass ich im Schneetreiben auf dem Weg zurück ein Liedchen pfeife. Stimmt, ich habe gar nicht gemerkt, wie meine Augen brennen. Zufrieden sehe ich den Schlossermeister mit dem Traktor und der Schneefräse am Feuerwehrgebäude vorbeirattern. Die Fräse bläst eine Schneefahne gegen den Wind, der den Schnee sofort auf die Straße zurücktreibt. Der Sturm ist eher noch schlimmer geworden. 11 Windstärken, Gnade Gott denen, die jetzt auf See sind.

Meine Frau und meine kleine Tochter fallen mir ein. Ob sie zu Hause Strom haben? Wohl kaum. Sicher ist die Bude kalt. Aber sie können ja zu den Schwiegereltern gehen. Die wohnen nur ein paar hundert Meter entfernt. Die haben noch Ofenheizung. Der hässliche ungeliebte Kachelofen entpuppt sich nun als großer Vorteil. Was bin ich doch für ein lausiger Vater und noch lausigerer Ehemann! Das ist nicht gerade meine Stärke, denke ich seufzend, und dazu politisch noch ein oberlausiger Mitläufer. Warum mache ich diese Scheiße bloß?

Der dritte Tag ist angebrochen. Die C-Schicht ist irgendwie auf Rekordjagd, im Heldentaumel. Wer fährt die längste Schicht der Welt? Ich muss einige besonders schneidige Möchtegern-Helden ausbremsen. Jetzt dürfen erst recht keine Risiken eingegangen werden. Erfolg macht unvorsichtig. Trotz der Ablöseroutine ist die Mannschaft ausgelaugt und übermüdet. Nichts anfassen, lautet die Devise. Die Situation im Landesnetz ist immer noch katastrophal. Das Gerücht geht um, dass bei einer Sitzung des Zentralkomitees der Partei in Berlin das Licht ausgefallen sei.

Die Einsatzleitung in Greifswald meckert am roten Telefon über die Sturheit der DDR-Militärführung, die die Armee mit dem Argument in den Kasernen lässt, dass sie für den Ernstfall des Angriffs der BRD auf die DDR voll einsatzbereit sein müsse. Der Werkleiter soll geäußert haben, was nützt denen ihre Einsatzbereitschaft, wenn sie in ihren Kasernen eingeschneit sind. Aber aus Berlin kommt nichts. Der Generalsekretär ist auf Staatsbesuch in Afrika. Dort ist es heiß, kein Schneesturm in Sicht. Die Hiobsbotschaften aus dem Norden häufen sich. Im Westfernsehen zeigen sie erste Todesopfer.

Das DDR-Fernsehen schweigt sich aus und verbreitet weiterhin optimistische Erfolgsmeldungen. Endlich steigt der Verteidigungsminister Hoffmann in einen Zug und bricht in Richtung Bezirk Rostock auf. Als der Zug dann anhält, schaut der Genosse Minister aus dem Fenster rechts und links auf die senkrechten Wände von bis zu sechs Meter hohen Schneewehen, durch die die Soldaten extra für ihn und seinen Zug eine Gasse geschippt haben. Das zeigt Wirkung. Seither reagiert das Zentralkomitee auf die Hiobsbotschaften aus dem Norden nicht mehr mit Schuldzuweisungen, sondern mit purem Aktionismus.

Keine Antwort, nur Jaulen und Rauschen

Der Genosse Honecker kommt planmäßig aus Afrika zurück. Die Soldaten der Nationalen Volksarmee werden endlich eingesetzt. Auch Fahrzeuge, sogar Hubschrauber sollen zum Einsatz kommen. Ich spreche über das rote Telefon mit dem Leiter der Einsatzleitung. Es ist das einzige Telefon, das noch funktioniert. Es spricht der Parteisekretär, der Genosse Röders. Ich kann den strammen Bonzen nicht leiden, der hat immer nur den großen Rand und selten Ahnung. Jetzt verspricht er mir Himmel und Hölle, völlig unreale Dinge. In zwei Stunden soll ein Buskonvoi mit einer Ablöseschicht und jeder Menge Einsatzkräfte aus Greifswald in Richtung Lubmin aufbrechen. Vornweg zwei Schneepflüge, dann ein Einsatzfahrzeug mit Funk und jede Menge Personal. Die wollen die Inbetriebsetzung des Blockes 4 wieder aufnehmen.

Ich flehe ihn an, die Leute zu Hause zu lassen. Die Ablöseschicht gerne, aber hunderte von Menschen können hier weder untergebracht noch versorgt werden. Das lass mal unsere Sorge sein! faucht Röders mich an. Der Genosse Direktor Zischer führt den Konvoi persönlich an, er sitzt selbst im Einsatzfahrzeug. Ich versuche, das Einsatzfahrzeug über Funk zu erreichen. Ich muss den Genossen „höchstselbst“ Zischer warnen. Aus dem Lautsprecher tönt nur Jaulen und Heulen. Ich spreche ins Mikrofon, alle Regeln der Funkordnung außer Acht lassend. Hier spricht der Schichtleiter im KKW, Gerstenschloss. Herr Direktor Zischer, wenn Sie mich hören, bitte kehren Sie mit dem Konvoi um. Schicken Sie bitte nur Schichtpersonal hier heraus! Wir können andere Leute nicht gebrauchen. Wir können Sie auch nicht versorgen. Wir können Sie nicht unterbringen. Bitte drehen Sie mit dem Konvoi um! Aus dem Lautsprecher kommt keine Antwort, nur Jaulen und Rauschen.

Direktor Zischer hat mich nicht gehört. Trotzdem ist der Konvoi umgedreht. Die Schneepflüge sind selbst in den Schneemassen steckengeblieben. Nach langer Odyssee ist der Konvoi wieder in Schönwalde eingetroffen, und sie haben die Frauen nach Hause geschickt. Die Männer warten in der Schülergaststätte auf weitere Verwendung durch die Einsatzleitung. Inzwischen saufen sie große Mengen Bier. Unglücklicherweise ist trotz des Schneesturms ein Bus aus der entgegengesetzten Richtung, aus Wolgast, im Kraftwerk angekommen.

Die meisten Insassen sind Frauen aus der Verwaltung, auch einige Männer der Kaderabteilung und der Materialwirtschaft. Sie machen mir das Leben zur Hölle. Sie sind nicht bereit, beim Schneeräumen zu helfen, aber verlangen ständig irgendwelche Betreuungsleistungen. Die Frauen machen sich berechtigte Sorgen um ihre Familien, um ihre Kinder. Sie wollen nach einigen Stunden wieder nach Hause, aber der Busfahrer weigert sich klugerweise und fährt nicht zurück. Er hat Angst, mit einem Bus voller Leute einzuschneien. Ich rede den Leuten gut zu. Sie sollen in ihren warmen Büros bleiben und abwarten.

Endlich meldet sich die Einsatzleitung. Sie schicken Hubschrauber der NVA mit Ablösung für die Schicht. Auf dem Rückweg soll Personal ausgeflogen werden, ich soll eine Dringlichkeitsliste machen. Aber erst einmal brauchen wir einen Hubschrauber-Landeplatz. Die Einsatzleitung hat die erforderliche Größe durchgegeben. Ich messe mit großen Schritten auf dem Parkplatz ab. Alles zu klein. Entweder es stehen Autos umher, oder die Peitschenmaste der Beleuchtung stehen im Weg. Ich rufe über Funk den Schlossermeister mit seinem Trecker herbei. Bring ein langes Stahlseil mit! Mit dem Traktor legen wir mit Hilfe des Seils drei Lichtmasten flach. Jetzt ist der Platz groß genug. Der Wachführer des Betriebsschutzes kommt mit einer Leuchtpistole. Er soll „grün“ schießen, wenn der Hubschrauber kommt. Der Pilot weiß dann, wo er landen kann. Ich schüttele nur den Kopf. Jetzt wollen die Krieg spielen?

Jetzt sehen wir die große Mi 8 heranschweben

Der Schneesturm heult lauter als der anfliegende Hubschrauber. Durch das Schneetreiben ist er nicht zu sehen, wir hören ihn zuerst … Der Wachführer klappt den Lauf der Leuchtpistole herunter und schiebt eine große grüne Leuchtpatrone hinein. Dann hebt er die Pistole über den Kopf und drückt ab. Es klickt metallisch. Nichts passiert. Der Wachführer ist verdutzt, dann spannt er den Hahn erneut und drückt nochmal ab. Wieder nichts. Der Schlagbolzen ist in dem eisigen Sturm eingefroren. Jetzt sehen wir die große Mi 8 unter ungeheurem Rotorhämmern heranschweben. Sie wird vom Sturm geschüttelt und setzt zur Landung an, ohne auf die Leuchtkugel zu warten. Der Wachführer fuchtelt mit der Leuchtpistole umher und untersucht, warum das verdammte Ding nicht funktioniert. In diesem Moment löst sich der Schuss und die Leuchtkugel geht haarscharf am Cockpit vorbei. Ich denke, Jetzt hätte der Idiot doch beinahe den Hubschrauber abgeschossen! und drehe mich weg, damit der Wachführer mich nicht lachen sieht. Der starrt völlig entgeistert auf die Waffe, während der Hubschrauber mit fürchterlichem Turbinengeheul sanft aufsetzt.

Die Tür geht auf und das grinsende Gesicht von Günter erscheint. Lange nicht gesehen! Ich bringe dir ein paar Leute zur Ablösung mit. Kannst du uns brauchen? Ich habe die Worte mehr abgelesen als verstanden und nicke ihm fröhlich zu. Ungefähr 20 Leute der B-Schicht springen aus der Maschine. Der Betriebsschutz regelt das Einsteigen der Leute aus dem Tagesdienst nach der Dringlichkeitsliste. Ein Mitarbeiter der Verwaltung geht an der Schlange vorbei und steigt ein. Er steht nicht auf der Liste. Aber niemand, der seinen Gesichtsausdruck gesehen hat, wagt es, ihn aufzuhalten. Er schaut drein, als könnte er jemand erwürgen. Ist wohl in Panik.

Nach ein paar Stunden sind alle Kollegen der Ablöseschicht eingeflogen und die C-Schicht kann nach 78 Stunden Dienst nach Hause abfliegen. Mit der letzten Truppe fliege auch ich aus. Ich bin noch nie in einem Hubschrauber geflogen. Fühlt sich an wie ein Aufzug, denke ich, als unter mir das KKW immer kleiner wird. Jetzt spüre ich eine ungeheure bleierne Müdigkeit. Der Schneesturm schüttelt die Mi. Als ich zu Hause ankomme, ist die Wohnung eiskalt und leer. Frau und Tochter sind bei den Schwiegereltern im Warmen. Die Heizungen frieren ein, denke ich und lege mich ins Bett. Unter mehreren Zudecken schlafe ich fast 24 Stunden durch. Ich habe in der längsten Schicht meines Lebens kein Auge zugetan. Nach ein paar Tagen hat sich die Wettersituation entspannt. Das Landesnetz der DDR hat wieder Strom und es geht an die Beseitigung der Schäden. Wochenlang wird Schnee geschippt.

Letztendlich wird nichts bezahlt

Die Frage der Bezahlung der Überstunden der C-Schicht tritt auf. Das sind immerhin je 70 Stunden für 150 Leute, ein Batzen Geld. Abgeltung durch Freizeit ist durch die notorische Personalknappheit sowieso nicht möglich. Die Werkleitung eiert herum, Höhere Gewalt, Aufbau des Sozialismus, Geldgier …Letztendlich wird nichts bezahlt. Wieder einmal beweist sich die Unredlichkeit und Kleinlichkeit des Systems.

Schon im Februar rächt sich dieser Geiz. Wieder ist es die C-Schicht, die beim nächsten Schneesturm im Kraftwerk einschneit. Ich wage es, beim ersten Telefongespräch mit der Einsatzleitung den Werkleiter auf das Problem der Bezahlung hinzuweisen. Dafür werde ich angebrüllt und als Erpresser beschimpft, erhalte aber die Zusage, dass meinen Leuten diesmal die Überstunden bezahlt werden. Wieder ist es das Kernkraftwerk Greifswald, das den Totalzusammenbruch des DDR-Stromnetzes verhindert. Nach der Ablösung der C-Schicht ist die Einsatzleitung so von den Witterungsunbilden verunsichert, dass sie die C-Schicht nicht ausfliegen lassen. Wir werden unter erbärmlichen Bedingungen im Leuna-Lager kaserniert, um uns für die Rückablösung bereitzuhalten. Und wieder werden der Schichtmannschaft Teile unseres verdienten Lohns vorenthalten, indem die Zeit der Kasernierung nicht auf die Überstunden angerechnet wird.

Nach ein paar Monaten werden fünf Kollegen der C-Schicht als Aktivisten der Sozialistischen Arbeit ausgezeichnet. Neben einer Medaille erhalten sie wie zum Hohn 50 Mark in bar. Ich werde von der Werkleitung sogar als Verdienter Aktivist ausgezeichnet. Ich bekomme 600 Mark und eine Blechmedaille. Immerhin genug Geld, um eine ordentliche Party zu schmeißen. Die C-Schicht kauft ein paar Fässer Bier und brät zwei Schweine am Spieß. Ein Discjockey macht Musik, die Schichtmitarbeiter bringen ihre Familien mit – die Schweinefete ist geboren. Von jetzt ab wird die C-Schicht jedes Jahr einmal eine Schweinefete abhalten.

Die Schichtmitglieder rücken näher zusammen, die Leistungen des Kollektivs werden noch besser. Bald bildet sich die C-Schicht etwas darauf ein, die beste Schicht im Kraftwerk zu sein. Vielleicht stimmt es ja auch ein bisschen, jedenfalls gewinnen sie regelmäßig den Schichtwettbewerb, was ihnen den erbitterten Neid aller anderen Schichten einträgt. Es dauert nicht lange, bis auch andere Schichten es uns nachtun und auch Schweinefeten abhalten. Aber keine nachgemachte Schweinefete ist so zünftig wie die der C-Schicht.

Ich habe immer noch nicht geschnallt, dass ich der größte Idiot der DDR bin. Ich habe zweimal dafür gesorgt, dass die Berliner Mauer nicht im Dunkeln steht“.

Hier der Link zu einer Sendung des NDR zum Schneewinter 1978/1979 mit einem Interview des Autors dieses Beitrages, Manfred Haferburg. 

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem spannenden Roman Wohn-Haft“, der bei KUUUK nun endlich auch als Taschenbuch erschienen ist.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier




Stellvertretender Fraktionschef Ströbele, der Klimawandel, Erneuerbare, Asse und EIKE!

Mail von F.K. Ewert vom 31.12.10

Sehr geehrter Herr Ströbele,
es ist schon viele Wochen her, dass ich Ihnen schrieb und Sie geantwortet haben. Ich hatte mir vorgenommen, Ihre Antwort noch mal zu kommentieren, bin aber nicht gleich dazu gekom­men. Im alten Jahr will ich es doch noch erledigen, und damit ist die Sache dann für mich abgeschlossen, aber soviel Falsches wie in Ihrer Antwort stand, darf einfach nicht so stehen bleiben.

Dass meine Ihnen zugesandten Unterlagen nicht überzeugen – was ja wohl heißt, Sie nicht überzeugen – lässt drei Schlüsse zu: entweder Sie kennen die Details nicht oder Sie wollen sie nicht kennen oder Sie sind absolut sach-unkundig. Was nicht erstaunlich ist, denn der größte natürliche Feind der Politiker ist der Sachverstand. Das gilt zwar parteiübergreifend, ist aber bei den Grünen a) überproportional ausgebildet und wird b) zusätzlich um die Faktoren Fak­tenresistenz und Ausblendefähigkeit ergänzt. Beispiel 1: Wenn man Grünen an Langzeit-Temperaturganglinien demonstriert, dass die Temperaturen sich nicht verändert haben, also weder Erwärmung noch Abkühlung anzeigen, bewerten sie diese trotzdem als Beweis für die Erderwärmung oder nehmen sie nicht zur Kenntnis – wie Sie das ja auch getan haben. Bei­spiel 2: Die beschlossene Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke klagten Sie unisono und lautstark als regierungsamtlich verordnete Abzockerei der Betreiber an. Dass wir in erster Linie den Strom brauchen, fällt keinem ein. Und da können Sie ganz sicher sein: das wird noch viele Jahrzehnte so bleiben.

Die durchschnittliche Ausnutzung aller Windkrafträder liegt bei 19 %, die größte bisher er­reichte Ausnutung betrug  67,43% und die kleinste 0,92% – und dieser Minimalanteil ist maß­gebend, wenn man ein konventionelles Kraftwerk still legen will. Tatsache ist, dass trotz einer bisher installierten Leistung von 26195 MW noch kein einziges konventionell betriebenes Kraftwerk vom Netz genommen werden kann, und dass wird sich auch so schnell nicht än­dern. Die Kohle- oder ÖL- oder Gaskraftwerke bleiben weiter stand-by  im Betrieb, eine besonders unwirtschaftliche Art der Stromversorgung. Wegen unseres Alters werden wir es ja nicht mehr erleben:  Aber weder die  CDU-Kanzlerin und ihr Umweltminister noch irgend­eine Nachfolgeregierung werden es schaffen, aus diesen Quellen 80% unseres Stromes aus regenerierbaren Ressourcen zu decken, denn wir brauchen dazu Speichermöglichkeiten, die wir nicht haben, und die sich bis 2050 nicht beschaffen lassen. Gegenwärtig haben wir 10 Pumpspeicherkraftwerke, für den Bau des letzten war eine Planungszeit von 20 Jahren erfor­derlich, das Bauen selbst hat 11 Jahre gedauert und die Kosten betrugen 800 Mio €. Für die Speicherung des regenerativ gewonnenen Stromes benötigen wir sehr, sehr viele. Und das lässt sich auch nach 2050 schon aus geographischen Gründen nicht realisieren. In der benö­tigten Anzahl übrigens auch nicht in Norwegen und nicht in der Schweiz.

Sie schreiben: Alle Voraussagen über die Möglichkeiten der Energieversorgung aus regene­rativen Ressourcen haben sich als falsch und zu niedrig erwiesen. Logischerweise kann man das erst sagen, wenn der angestrebte Zustand erreicht wurde und funktioniert. Sie verwech­seln Ihre Erwartung mit der Wirklichkeit. Ihre Aussage ist ideologisch begründet und ent­spricht nicht Ihrem intellektuellen Niveau, denn Sie wissen ja sicher, dass es ungezählte Bei­spiele dafür gibt, was Versprechungen von Politikern, die es besser wussten als ihre Fach­leute,  angerichtet haben. Beispiele muss ich wohl nicht nennen, die Geschichte ist voll davon. Wilhelm Busch’s  "Aber wehe, wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe" wird den Grünen mit ihrer Energiepolitik auch nicht erspart bleiben. Hoffentlich müssen wir Bürger nicht allzu sehr darunter leiden. Zahlen müssen wir ja jetzt schon für diese Verteilung von unten nach oben. Sozialismus grüner Prägung – Karl Marx II, sozusagen. Vergeblich, leider nicht umsonst!

Die Kernkraftwerke werden noch lange am Netz bleiben, denn der unter Rot–Grün beschlos­sene Ausstieg war vom Denkansatz falsch, und irgendwann werden auch die Grünen einer weiteren Verlängerung der Laufzeiten zustimmen müssen. Wir sind ja beide nicht dumm ge­nug, um uns etwas in die Tasche zu lügen, ohne es selbst zu merken  – also sagen wir die Wahrheit: Weltweit werden immer mehr KKW gebaut werden, denn sie werden in den meis­ten wirtschaftlich wichtigen Ländern der Welt die Basis der zukünftigen Stromversorgung bilden. Thorium als Kernbrennstoff und die Technologie der Transmutation zur Senkung der Halbwertzeiten werden es möglich machen. Und die Grünen werden das mitmachen und nicht vor der UNO gegen KKW demonstrieren, sondern nur in Deutschland, damit die von Ihnen ins Leben gerufene AKW-Bewegung und die Proteste gegen die Endlagerung ihren Zweck erfüllen: Wählerstimmen zu gewinnen.

Apropos Asse: Falls Sie unten waren, hat man ja hinterher die Dosis der Strahlung gemessen, die Sie abbekommen haben. Bei meinem Besuch war sie gleich Null, und man versicherte uns glaubwürdig, dass sie übertage größer ist als untertage. Was für Geologen ohnehin klar ist. Was dort angerichtet wurde, ist keine Katastrophe, und hat nicht unendlich viele Menschen geschädigt, und wenn die ‚Reparatur’ Milliarden kostet, dann weil man aus Propagandagrün­den glaubt, ein Phantom bekämpfen zu müssen. Falscher und teurer, als es jetzt vorgesehen ist, kann man es nämlich nicht machen. Katastrophen habe ich im Zusammenhang mit Asse bisher nur erlebt, wenn sich Claudia Roth oder Sigmar Gabriel dazu in der Öffentlichkeit äu­ßern. Ja, die Asse hat ein Problem, aber ein ganz anderes als verkündet wird, und das könnte man mit einem sehr viel geringeren Aufwand beheben. Das erkennt allerdings nur, wer sach­kundig ist. Bei einem Professor für Geotechnik, dessen Spezialgebiet Felsdurchlässigkeit ist, dürfen Sie das voraussetzen.

Sie meinen, ich hätte es doch nicht nötig, "imperialistisches Getöse des letzten Kaisers und Anklänge an Nazigesänge (zu) bemühen". Das ist richtig,  aber es ist Ihretwegen erforderlich. Wahrscheinlich haben Sie nie darüber nachgedacht, warum die Deutschen dem Kaiser oder dem Gröfaz gefolgt sind. Nicht wegen deren Attraktivität, sondern wohl mehr wegen des deutschen Wesens. Bevor ich diesen Gedanken weiter verfolge, will ich zu Ihrem Verständnis meiner Befürchtungen mitteilen, dass ich, nach Abitur und Studium in der DDR, in meinem Berufsleben viele Jahre in vielen Ländern gelebt habe. Und das bringt es mit sich, viel  über das eigene Land und die Landsleute nachzudenken und sich immer wieder die Frage zu stel­len, warum wir so sind, wie wir sind. Warum wir so viel Elend über Millionen Menschen, über so viele andere Länder und über uns selbst gebracht haben? Warum 70% der Steuer-Lite­ratur der Welt in deutscher Sprache geschrieben wurden? Warum unser Schwarz besonders schwarz und unser Weiß besonders weiß ist? Warum die deutschen Wissenschaftler und In­genieure überproportional viel zur Entwicklung beigetragen haben, und warum Deutsche so bürokratisch, stumpfsinnig und gefühllos Völkermord betrieben haben? Warum Luther gegen Indoktrinierung aufgestanden ist und Marx gegen die Ausbeutung angeschrieben hat?  Warum die DDR-Grenzer so stur und so genau das Reisegepäck und die Autos inspizierten, und wa­rum wenige Dutzend angeblich intelligenter RAF-Idioten überzeugt waren, sie dürften mor­den, um den Faschismus zu bekämpfen, der in der BRD sonst nicht zu vermeiden wäre? Deutsch sein, heißt Charakter haben‘ und ‚Dinge um ihrer selbst willen zu tun‘, haben uns un­sere Philosophen ins Stammbuch geschrieben, statt pragmatisch zu handeln. Eine vernünftige Regierung hätte den zweiten Weltkrieg nie angefangen, eine halbwegs vernünftige hätte den Krieg nach Stalingrad beendet, aber wir haben wegen des einmal geschworenen Fahneneides so lange gekämpft und getötet und gelitten bis zum Tode, bis Hitler die Schüsse in seinem Bunker gehört hat. Warum und woher diese schreckliche Spannweite zwischen den Extre­men?. Woher die leichte Verführbarkeit, und warum dann die Aggressivität und Beharrlich­keit in der Verteidigung von Klimadogmen, die real durch nichts bewiesen wurden?

Auch die Grünen verkörpern diese Widersprüchlichkeit des deutschen Wesens, und wenn einer der Ihren fordert, die fossilen Industriestrukturen des vergangenen Jahrhunderts seien abzuschaffen, oder wenn die deutschen Grünen als Einzige wissen, dass Kernkraft verant­wortungslos ist, während sie mittlerweile schon in über 60 Ländern als zukunftsweisende Technolo­gie betrieben und weiter ausgebaut wird, dann ergibt sich die Schlussfolgerung für ei­nen Mann Ihres Intellekts und Ihrer Geradlinigkeit eigentlich von selbst.

Zum Schluss: die Zukunft wird den Erneuerbaren Energien gehören. Aber die bricht erst an, wenn alle anderen jetzt bekannten Möglichkeiten ausgeschöpft sind – und wer weiß, was uns bis dahin noch alles einfällt. Sie haben ja die USA und China erwähnt: einstweilen und für eine sehr lange Zeit nutzen die noch alle Technologien aus, denn sonst würden sie weder neue Kern- noch Kohlekraftwerke bauen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr F.K. Ewert Dipl. Geologe

Mail von Gründen MdB Christian Ströbele von Mitte November 2010

Sehr geehrter Herr Prof. Ewert.

Ach Herr Prof. ! Warum müssen Sie imperialistisches Getöse des letzten Kaisers und Anklänge an Nazigesänge bemühen ! Haben Sie das nötig ! Haben Sie keine sachlichen Argumente ?

Ihre Anhänge habe ich gelesen, aber Sie überzeugen nicht.

Alle Voraussagen über die Möglichkeiten der Energieversorgung aus regenerativen Ressourcen haben sich als falsch und zu niedrig erwiesen. Lesen mal nach, was nicht nur Politiker und hochdotierte Wissenschaftler dazu vor Beginn der rot/grünen Regierungszeit, also vor Einführung der Ökosteuer, erklärt haben.

Heute planen selbst die CDU-Kanzlerin und Ihr Umweltminister eine Energierversorgung aus diesen Quellen von 80 % bis 2050.

Weil die Prognosen durch die Praxis wiederlegt wurden. Die Grünen wurden als Spinnen und Fantasten verlacht, als sie Hundertausende von Arbeitsplätzen im Bereich der erneuerbaren Energien ankündigten. Heute sind sie Realität. Weil wir Recht hatten, deshalb vertrauen immer mehr Bürgerinnen und Bürger dieser Politik.

Richtig ist, daß viele andere Länder noch auf Kernenergie setzen. Aber immer mehr und die Fortschrittlichsten haben auch verstanden, daß die Zukunft den erneuerbaren Ernergien gehört. Deshalb leiten etwa die USA und China Milliarden an Finanzmittel in deren Entwicklung und Erforschung. China ist für Deutschland bereits eine ernste Konkurrenz in diesem Bereich. Wirtschaftsdelegation aus vielen Teilen der Welt bereisen Deutschland und staunen und kommen zu dem Schluß, "das können wir auch". Sogar eine hochrangige Delegation aus Kuba war hier und bat um Unterstützung. Präsident Chastro habe sich geirrt, als er auf den Bau von AKWs setzte.

Schön, daß Sie die Asse erwähnen. was dort angerichtet angerichtet wurde, ist eine Katastrophe, durch die unendlich viele Menschen gefährdet und geschädigt wurden. Die Reperatur des kleinen "Fehler" kostet die Steuerzahler Milliarden. Diese sind zu den Gesamtkosten dieser Endlagerung hinzuzurechnen. Mit dem vielen Geld hätten die alternativen Energien schon vor Jahrzehnten entscheidend vorangebracht werden können. Das große Lehrstück für die geplante endlagerung in Gorleben ist doch völlig schief gegangen.

Ich rate Ihnen nachzulesen, was vor und bei der Entscheidung über die Einlagerung der schwach radioaktiven Abfälle in der Asse von Politikern und Fachleuten zur Beruhigung der Bevölkerung öffentlich erklärt wurde. Alles war Lug und Trug. Heute will sich keiner mehr erinnern. Ich empfehle etwa die Äußerung des damaligen Minsters Dohnani.

Mit freundlichem Gruß

Ströbele

Vorausgegangene Mail von F.K. Ewert vom 11.11.10 

Betreff: AnneWill + Gorleben

Sehr geehrter Herr Ströbele,
ich bin immer wieder fassungslos, mit welcher Sicherheit Politiker sich zu Sachverhalten äußern, von denen sie erkennbar keine Ahnung haben. Das gilt wohl parteiübergreifend, nach der Verteilung der Berufe zu urteilen, gilt das für B90/Die Grünen aber wohl überdurchschnittlich. Wir leben in einer Welt, die naturwissenschaftlich und technisch bestimmt ist, und unsere Abgeordneten  und die meisten Medien verfügen dafür noch nicht einmal über Grundkenntnisse. Die beigefügten Unterlagen*) werden wahrscheinlich kaum etwas Abhilfe schaffen, aber man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben. Beim Thema Kernkraft ist eines besonders verblüffend: Mit Ausnahme von Deutschland wird sie in sehr vielen Ländern genutzt. Aus der Tatsache, dass B90/Die Grünen Kernkraft für unverantwortbar halten, folgt nicht nur, dass sie entweder von dem gesamten Komplex keine Ahnung haben, oder ihn gnadenlos für Wählerstimmen instrumentalisieren. Weiter folgt daraus, dass nur Sie und Ihre Gleichgesinnten wissen, was richtig ist, während die Politiker, Wissenschaftler und Ingenieure aller anderen Länder dumm sind und verantwortungslos handeln. Dass mal Grüne und Linke und der Alt-Sozialist Hans-Christian Ströbele sich Kaiser Wilhelm II zum Vorbild nehmen, hätte man auch nicht für möglich gehalten. Und Ihre Aussage, der zufolge angeblich andere Länder schon versuchen, es uns gleich zu tun, erinnert darüber hinaus an ein Lied, das ich als Kind hörte: "Denn heute hört uns Deutschland und morgen die ganze Welt!" In dem Sinne: Am deutschen grünen Wesen soll die Welt genesen!

Das wird sie aber nicht, denn die historische Erfahrung spricht für das Gegenteil. Eine bittere Hoffnung bleibt: Dass wir diesmal uns nur selbst schaden – und nicht auch noch andere, wie früher. Als 1934-Geborener werde ich das kaum noch erleben, aber manche heute noch jungen Gorleben-Demonstranten werden sich dann über sich selbst ärgern, warum sie sich in kompletter Unkenntnis aller Fakten derart haben indoktrinieren lassen. Aber "Die Unvernunft einer Sache ist kein Grund gegen ihr Dasein, viel mehr eine Bedingung desselben,"  wusste Nietzsche,
Mit bitteren Grüßen
Friedrich-Karl Ewert

 Der komplette Mailwechsel kann als pdf Anhang heruntergeladen werden.

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