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Woher kommt der Strom? Es wird richtig teuer

Nach meiner Erfahrung kalkulieren die konventionellen Stromerzeuger (Abbildung)

ihre Stromerzeugung so, dass nicht so viel Strom über die Mittagsspitze produziert wird, dass er mit hohen Verlusten (negative Strompreise) verschenkt werden muss. Das allerdings hat zur Folge, dass am Morgen und am Nachmittag zu wenig Strom in Deutschland produziert wird. Da reicht auch der massive Einsatz der Pumpspeicherkraftwerke nicht aus. Es fehlt Strom (Abbildung 1), der letztendlich von unseren Nachbarn dem Industriestaat Deutschland zur Verfügung gestellt wird (Abbildung 2). Die Rechnung der konventionellen Stromproduzenten geht an einem Tag der Woche nicht auf. Da fallen dann doch negative Strompreise an. Bleibt die Frage, ob sich die an sich vernünftige und einleuchtende Kalkulation unter dem Strich rechnet. Schließlich muss der Importstrom auch bezahlt werden. Allerdings nicht von den Kraftwerksbetreibern. Es sind direkt die Stromkunden, denen der Import in Rechnung gestellt wird. Konventionelle Kraftwerke werden nur dann betrieben, wenn Gewinne in Aussicht stehen oder eine echte Notlage – es ist nicht genügend Strom im Markt – zu bewältigen. Dass die gesamte Gemengelage der Stromerzeugung und die damit verbundene Versorgungs(un)sicherheit höchst komplex ist, leuchtet ein, wenn man Abbildung 1 noch mal betrachtet. Die Windstromerzeugung ist sehr volatil. Sie reicht von annähernd 0 GW bis über 30 GW innerhalb von nicht mal 72 Stunden. Dazu zusätzlich zweimal die starke Sonnenstromerzeugung in einem eingeschränkten Zeitfenster.

Das Preis-Ergebnis sieht in der Übersicht so aus: Abbildung 3. Wenn man die realen Zahlen saldiert, kommt dieses Ergebnis heraus: Insgesamt wurden unter dem Strich 43,59 GWh exportiert und zusätzlich neun Millionen € mitgegeben. Der Preis pro MWh lag im Export, also der Betrag, den Deutschland erhielt bei 38,77 €. Für eine MWh, die Deutschland importierte, mussten 50,93 € bezahlt werden. Die Zahlen im Detail finden Sie unter Abbildung 4.

Abbildung 5 enthält die Charts mit den Im- und Exporten Strom der 13. Woche und seit Beginn des Jahres 2021. Grundlage sind die Werte der Energy-Charts. Ebenfalls mit den Werten der Energy-Charts wurde die Tabelle sowie der aus dieser Tabelle generierte Chart hergestellt (Abbildung 6).

Die nach Energieträgern aufgeschlüsselte Stromerzeugung der 13. Analysewoche liegt unter Abbildung 7. Klicken Sie dort auf den Ergebnislink. Schalten Sie z. B. den per Kernkraft erzeugten Strom ab. Sie sehen sofort, welche Stromlücken sich zu den bereits vorhandenen – geschlossen durch den rot gekennzeichneten Importstrom – auftun. Nun noch z. B. die Braunkohle wegklicken. Da bekommt man eine schöne Aussicht auf die kommende Stromversorgung. Oder glaubt irgendjemand, dass zusätzliche Wind- und Sonnenkraftwerke die entstehenden Lücken bis Ende 2022 und Zug-um-Zug bis Ende 2038, manche fabulieren gar bis Ende 2030, weil sonst die Welt unterginge, wirklich nachhaltig schließen könnten? Nein, es wird Strom aus Kernkraft und auch fossil hergestellter Strom importiert werden. Hinzu kommt konventioneller Strom (Gas) aus heimischer Produktion. Nochmal und immer wieder: Der Ausstieg aus der Kernenergie ist und bleibt im Sinn der Verminderung des CO2-Ausstoßes in Deutschland kontraproduktiv.

Jetzt kommt Peter Hager aus Lauf an der Pegnitz mit seiner Anfrage an die Bundesnetzagentur ins Spiel. Abbildung 8 enthält die leicht modifizierte Anfrage, die von jedem Leser dieser Kolumne kopiert und an den für sie zuständigen Bundestagsabgeordneten und/oder Landtagsabgeordneten gemailt werden sollte. Damit am Ende niemand der Verantwortlichen sagen kann, er hätte nichts gewusst.

Bedenken Sie bitte: Es geht nicht nur um Strom, ein warmes Zuhause und heiße Mahlzeiten. Es geht um die Art und Weise, wie wir in Zukunft leben wollen. In einer Strom-Mangelwirtschaft mit Stromzuteilung oder in einem freiheitlichen und sicheren Rechtsstaat, in der jeder Mensch seine Grundbedürfnisse individuell erfüllen kann. Eine dauerhaft-sichere und nachhaltige Energieversorgung auch mittels Strom gehört unbedingt dazu.

Tagesanalysen

Montag, 29.3.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 65,50 Prozent, davon Windstrom 38,64 Prozent, Solarstrom 15,33 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,53 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Zum Wochenbeginn tut sich am Nachmittag die bereits hinlänglich bekannte Stromlücke auf. Nachdem der Strom über Tag preiswert verkauft wurde, steigen die Preise zum späten Nachmittag. Stromimport ist nötig. Reicht am Vormittag der konventionelle Pumpspeicherstrom noch aus, um gute Preise zu erzielen; am frühen Abend ist es hoffnungslos. Zu groß ist die Stromlücke. Der Handelstag im Detail. Vor allem Frankreich macht feine Preisdifferenzgeschäfte.

Dienstag, 30.3.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 49,02 Prozentdavon Windstrom 15,59 Prozent, Solarstrom 20,17 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,26 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Viel Solarstrom. Aber die Windstromerzeugung sinkt komplett ab. Jetzt gibt es morgens und abends eine Stromlücke. Ach was, Lücke. Da klaffen fast schon Canyons. Gut, wir wollen nicht übertreiben. Doch nur um die Stromübererzeugung um die Mittagsspitze gering zu halten, ist es m. E. ökonomisch kaum zu verantworten, die Importmenge so zu steigern. Oder doch? Billig war es jedenfalls nicht. Selbstverständlich werden Pumpspeicher eingesetzt. Selbstverständlich geben unsere Nachbarn ihren Strom gerne an Deutschland ab. Noch brauchen sie ihn nicht selbst.

Mittwoch, 31.3.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 39,77 Prozentdavon Windstrom 4,06 Prozent, Solarstrom 21,40 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,31 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Fast kein Windstrom. Dafür gibt’s es viel Solarstrom. Und wieder Stromlücken, die hochpreisig geschlossen werden müssen. Natürlich bullern die Konventionellen. Doch es reicht nicht. Es soll nicht reichen. Sonst würde die Gasverstromung hochgefahren. Das aber wäre wohl teurer als der Stromimport. Ich weiß es nicht, ich kann es nicht beurteilen. Teuer, teuer aber ist es so oder so. Energiewende pur.  Der Handelstag.

Donnerstag, 1.4.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,26 Prozent, davon Windstrom 23,63 Prozent, Solarstrom 15,42 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,21 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung nimmt über Tag wieder zu. Die Solarstromerzeugung lässt etwas nach. Die Stromlücken werden kleiner. Bleiben aber dennoch teuer. Am Vorabend ist es fast schon tragisch, dass trotz erheblichem Pumpspeichereinsatz eine Mini-Lücke über bleibt, die fast 70€/MWh kostet. Der Handelstag.

Freitag, 2.4.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,65 Prozent, davon Windstrom 35,42 Prozent, Solarstrom 15,13 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,10 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Windstrom plus Solarstrom steigen über Mittag Richtung Bedarf. Prompt fällt der Strompreis in den negativen Bereich. Die konventionelle Stromerzeugung fährt komplett herunter. Nur die für die Netzstabilität notwendigen 20 GW, es ist zum Teil etwas mehr, zum Teil etwas weniger, werden produziert. Der Handelstag. Dänemark, Frankreich und Schweden machen gute Geschäfte.

Samstag, 3.4.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 64,43 Prozent, davon Windstrom 30,71 Prozent, Solarstrom 17,72 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,01 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken.

Wochenende: Wenig Bedarf. Geht heute die Kalkulation der Konventionellen auf? Sie denken jedenfalls nicht daran, die Produktion hochzufahren. Die entstehenden Lücken werden hochpreisig geschlossen. Der Exportstrom wird billig abgegeben. Diese Nachbarn profitieren.

Sonntag, 4.4.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,35 Prozent, davon Windstrom 28,93 Prozent, Solarstrom 19,77 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,65 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Noch weniger Bedarf. Deutschland steht praktisch still. Ab 8:00 Uhr zieht die Windstromerzeugung an. Zusammen mit dem Sonnenstrom kann ab 9:00 Uhr für den Rest des Tages Strom exportiert werden. Bis dahin kostet der Importstrom trotz der Nacht- und Morgenstunden – da ist Strom in aller Regel günstig – richtig Geld. Zum Vorabend wird massiv Pumpspeicherstrom produziert, damit zum Abend mal Kasse gemacht werden kann. Von Deutschland. Und es funktioniert. Da fällt kaum ins Gewicht, dass um 15:00 Uhr der Strom verschenkt wurde, oder?

Die 13. Analysewoche belegt, dass das Handling, das optimale Nachführen der konventionellen Stromerzeugung bezogen auf die Wind- und PV-Stromerzeugung faktisch unmöglich ist. Die möglichen Szenarien sind so vielfältig, dass sie kaum korrekt kalkuliert werden können. Solange unsere Nachbarn den fehlenden Strom nach Deutschland liefern können und wollen, ist es nur teuer. Wenn aber wesentliche konventionelle Stromerzeuger (Kernkraft, Kohle) vom Netz genommen werden, dann wird es schwierig.

Es wird oft übersehen, dennoch ist es äußerst wichtig:

In diesem Jahr fällt die Förderung der ersten Windkraft- und PV- Anlagen weg. Die 20 Jahre und mehr sind vorbei. Was nun mit den oft noch funktionstüchtigen Anlagen geschehen soll, dass analysiert ein Artikel der enexion group, den Sie unter Abbildung 9 aufrufen können. Das Problem: Das Entsorgen dieser Anlagen wäre nicht im Sinn der Energiewende, der Weiterbetrieb ist meist unwirtschaftlich, weil ohne Subventionen. Ein typisches Energiewendeproblem, oder?

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

 




Woher kommt der Strom? Nur das öffentliche Stromnetz

8. Woche 2020

„Die Erzeugung aus Kraftwerken von »Betrieben im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden«, d.h. die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch, ist bei dieser Darstellung nicht berücksichtigt.

So heißt es auf der entsprechenden Seite der Energy-Charts (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und Mehr). Die komplette Stromerzeugung Deutschlands im Jahr 2020 wird vom BDEW ausgeworfen (Abbildung 1). Mit 564 Terawattstunden (TWh) lag die Bruttostromerzeugung 76 TWh höher als die Nettostromerzeugung mit 488 TWh. Die Aufteilung des Strombedarfs auf die Sektoren Haushalte, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, Industrie und Verkehr veranschaulicht ein Chart des Umweltbundesamtes (Abbildung 2). Die Industrie bezieht einen Großteil des benötigten Stroms auch aus der öffentlichen Stromerzeugung. Nicht jeder Industriebetrieb hat eine eigene Stromerzeugung. Beispielhaft seien Aluhütten genannt, die auf Nachfrage gegen Vergütung ihren Strombedarf ´verschieben`. Dieses Demand Side Management (DSM) genannte Verfahren dient dazu, Stromnachfrage gezielt zu steuern und auch, um die Strom-Netzstabilität zu gewährleisten (Abbildung 3). Gern wird von Freunden der regenerativen Stromerzeugung DSM als wichtiger Baustein der Energiewende genannt. Ob allerdings das vorhandene Potential von 5 bis 15 GW tatsächlich genutzt werden kann, ist vor allem in größeren Zeiträumen schwacher regenerativer Stromerzeugung bei hohem Bedarf (Winter) fraglich. 

Womit wir bei den beiden ersten Monaten des Jahres 2021 und der insgesamt sehr schwachen regenerativen Stromerzeugung in diesem Zeitraum wären. Eine angenommene Verdoppelung der Wind- und Photovoltaikstromerzeugung hätte nur an neun von 59 Tagen ausgereicht. Im Tagesdurchschnitt (Abbildung 4). Eine Ausweitung der Analyse auf Stunden- oder gar Viertelstundenwerte (Spitzenanalyse) wäre sehr aufwendig und würde kaum zusätzliche Erkenntnisse bringen. Entscheidend ist doch, dass an 50 von 59 Tagen eine Verdoppelung der Wind- und Photovoltaikstromerzeugung nicht ausreichen würde. 32 nicht ausreichende Tage wären es bei einer angenommenen Verdreifachung (Abbildung 5). Zusätzlich benötigter Strom, um die Lücken auszugleichen, und der an den 27 Tagen überschüssige Strom hielten sich zwar die Waage. Doch leider stünden nach der Umwandlung Strom-Wasserstoff-Strom von den 15,5 TWh überschüssigem Strom lediglich etwa 4 TWh zur Verfügung. Die Umwandlungsverluste liegen bei 70 bis75 %. Knapp 15 TWh werden aber benötigt. 

Einen Blick auf schwache Windstromzeiten im Jahr 2021 bietet Abbildung 6. Acht Zeiträume reichte die Windstromerzeugung nicht aus, um 25% des Strombedarfs zu decken. Eingedenk der Tatsache, dass im Winter die Sonnenstromerzeugung kaum eine Rolle spielt und nur Biomasse und Wasserkraft als Teil der erneuerbaren Stromerzeugung zuverlässig Strom produzieren, ein Ergebnis, das zu denken geben müsste. Bei den Verantwortlichen für die Versorgungssicherheit. Eine Versorgungssicherheit, die durch viel zu ambitionierte Ziele und dementsprechenden Abschalt- und Ausstiegsszenarien immer geringer wird und mehr als gefährdet ist. Immerhin wurde ein erst kürzlich vom Netz genommenes Steinkohlekraftwerk – Energiewende hin /Energiewende her – wieder reaktiviert, damit die Lichter nicht ausgehen:

Die jüngste Abschaltung von elf Steinkohlekraftwerken erweist sich als verfrüht. Ein Großkraftwerk musste seit Jahresbeginn schon sechsmal wieder zurück ans Netz geholt werden. Für Betreiber Uniper wird Versorgungssicherheit zum Geschäftsmodell.

(Abbildung 7). Selbstverständlich wurde kräftig verdient. Nur bezahlen nicht die Energiewender, sondern die Stromverbraucher. 

Die achte Analysewoche zeichnete sich durch eine starke Sonnenstromerzeugung aus (Abbildung 8). Vorbote des Frühlings, der die Volatilität der regenerativen Stromerzeugung durch den „Sonnenbuckel“ auf eine neue Stufe hebt. Sonntag ´überholt` erstmals in diesem Jahr die ´Sonne den Wind`. Besonders kritisch ist der Zeitraum, wo die Photovoltaikanlagen kaum noch Strom produzieren, der Bedarf aber regelmäßig ansteigt. Am Vorabend. Da ist es für die Konventionellen schwer, die erneuerbare Stromerzeugung so nachzuverfolgen, dass keine Stromlücken entstehen. Abbildung 9 belegt die dynamische Nachführarbeit der konventionellen Stromproduzenten. Dennoch kommt es zu erheblichen Strom-Versorgungslücken (Abbildung 10). Der Stromhandel (Abbildung 11) ist entsprechend lebhaft. Unter Abbildung 12 finden Sie die Jahres- und Wochenübersicht Stromimport/Stromexport. 

Zum Schluss die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts, welche die Nettostromerzeugung wiedergeben plus den aus diesen Werten generierten Chart (Abbildung 13). 

Die Tagesanalysen

Montag, 22.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,68 Prozent, davon Windstrom 24,82 Prozent, Solarstrom 9,93 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,93 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Bereits heute wird das Vorabendproblem der konventionellen Stromerzeugung gut sichtbar. Mit der höheren Photovoltaikstromerzeugung und dem schnellen Rückgang zum Abend entsteht eine Versorgungslücke, die von den Konventionellen nicht geschlossen wird. Es lohnt nicht, ein oder mehrere Kraftwerke für drei bis fünf Stunden hochzufahren. In der Nacht sinkt der Bedarf wieder. Und über Tag – bei früherem Hochfahren – wäre zu viel Strom im Markt, der billig abgegeben werden müsste. Hohe Importstrompreise sind die Folge. Der Handels-Chart.

Dienstag, 23.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 49,30 Prozentdavon Windstrom 29,58 Prozent, Solarstrom 9,86 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,86 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute ergibt sich bereits zu Beginn der Sonnenstromerzeugung eine Strom-Versorgungslücke. An Vorabend ebenfalls. Obwohl massiv Pumpspeicherstrom ins Netz eingespeist wird, reicht es nicht. Am Morgen ist der Strompreis noch moderat. Zum Abend kostet es schon gutes (Stromkunden-) Geld, die Lücke zu schließen. Diese Nachbarn handeln.

Mittwoch, 24.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 55,07 Prozentdavon Windstrom 33,33 Prozent, Solarstrom 11,59 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,14 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Das gleiche Bild wie gestern. Am frühen Morgen ist die Nachfrage offensichtlich schwach. Der Preis für eine Megawattstunde Strom (MWh) fällt auf 15 €. Der Importstrom am Morgen ist günstig. Günstiger als der am Abend. Wieder reicht der Pumpspeicherstrom nicht aus, die Lücken zu schließen. Diese Nachbarn kaufen/verkaufen Strom.

Donnerstag, 25.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,70 Prozent, davon Windstrom 26,76 Prozent, Solarstrom 12,68 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,27 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute fällt die regenerative Stromerzeugung mittels Wind- und Solarkraft zum Abend massiv ab. Der Bedarf hingegen bleibt hoch. Die Konventionellen kommen nicht nach. Es entsteht eine gewaltige Lücke. Da kommt einem der Preis um die 60€/MWh schon moderat vor. Hat man in solchen Situationen auch schon über 100€/MWh gesehen. Die handelnden Länder.

Freitag, 26.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,61 Prozent, davon Windstrom 24,06 Prozent, Solarstrom 8,27 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,284 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am Freitag bleibt es bei sehr schwacher Windstromerzeugung. Bis auf einen kurzen Zeitraum über Mittag wird Deutschland zum Stromimporteur. Mit den entsprechenden Preisen zu den entsprechenden Zeiten. Als Deutsch etwas Strom exportiert, bekommt es zum Teil Tagestiefstpreise, die aber immerhin noch um die 40€/MWh liegen. Die konventionelle Stromerzeugung und die handelnden Länder.

Samstag, 27.2.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 40,17 Prozent, davon Windstrom 17,09 Prozent, Sonnenstrom 9,40 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,68 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken. & Sonntag, 28.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,27 Prozent, davon Windstrom 12,61 Prozent, Sonnenstrom 15,32 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,32 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wochenende: Der Bedarf sinkt. Das gleicht die schwache Stromerzeugung durch die regenerativen Energieträger aus. Im Prinzip wiederholt sich die lückenhafte Stromversorgung, die konventionelle Unterversorgung Deutschlands. Wie jeden Tag dieser Woche. Noch kann sich Deutschland auf seine Nachbarn verlassen. Die kaufen und liefern den Strom, wie es Deutschland passt. Das Regulativ sind die Preise. Was aber, wenn unsere Nachbarn ihren Strom selbst benötigen? Die Zeiten werden kommen. Dann werden wir merken, dass man mit Geld nicht kochen, heizen oder Licht machen kann. Da nutzen auch die weltweit höchsten Strompreise nicht, die der deutsche Stromverbraucher zahlt. Dazu braucht es Energie. Viel Energie in Form von Strom. 

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.




Woher kommt der Strom? Erschütterndes Ergebnis

 (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und mehr).

Der an diesen acht Tagen erzeugte überschüssige Strom hatte ein Volumen von 1,60 Terawattstunden (TWh). Die Menge des zusätzlich benötigten Stroms, der schlussendlich denn auch von den konventionellen Stromerzeugern hinzuerzeugt wurde, um die Stromversorgung Deutschlands aufrecht zu erhalten, lag bei 25,92 TWh.

Das mangelhafte Ergebnis der Wind- und Photovoltaikstromerzeugung ist umso aufrüttelnder, desto näher das Abschalten der letzten Kernkraftwerke rückt. Brokdorf, Grohnde und Grundremmingen werden in zehn Monaten vom Netz genommen. Damit fällt schlagartig eine installierte Leistung von 4,25 GW installierte Leistung weg. Eine Installierte Leistung, die sicher und nachhaltig gut 30 TWh Strom pro Jahr – auch wenn man Wartungsunterbrechungen berücksichtig – möglich macht. Etwa die gleiche Installierte Leistung fällt Ende 2022 weg. Dann gehen die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim vom Netz. Wieder fallen gut 30 TWh möglicher Strom weg (Abbildung 1). Abbildung 2 simuliert den Wegfall der Kernenergie für unsere 52 Analysetage. Der weiße Bereich zwischen der Bedarfslinie oben und der Stromerzeugung durch die farblich dargestellten diversen Energieträger, ist die Menge Strom, die fehlt und „irgendwoher“ kommen müsste. Wäre es Atomstrom aus Frankreich? Oder gar Kohlestrom aus Polen? Wahrscheinlich ist es ein Mix aus Gas- und Kohlestrom plus, wenn denn überhaupt bei unseren Nachbarn verfügbar. Importstrom, der – Ironie der Energiewende – zu einem erheblichen Teil aus bereits erwähntem Atomstrom aus Frankreich (Strommix-Anteil des Stroms erzeugt mittels Kernkraft = 70%) besteht. Wie es auch in dieser siebten Analysewoche der Fall war Abbildung 3. Zu einer Zeit, da die sechs Kernkraftblöcke in Deutschland noch Strom liefern. Es braucht kein Studium, um zu wissen, dass die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in Deutschland den CO2-Ausstoß steigen lassen wird. Windkraft- und Photovoltaikanlagen dienen faktisch und in erster Linie dazu, den Investoren eine in diesen zinsarmen Zeiten üppige Rendite zu verschaffen. Noch so ambitionierte Ausbaupläne nutzen nämlich nichts, wenn der Wind nur wenig weht und die Sonne kaum scheint. Sie werden weder Strom in der benötigten Durchschnittsmenge noch den Strombedarf zum jeweiligen Zeitpunkt, an dem die Energie benötigt wird, ausgleichen. Nachzulesen in einem detaillierten Artikel (Abbildung 4), der diesen Sachverhalt nachweist.

Die oben anschaulich dargestellte Tatsache der vollkommen unzureichenden regenerativen Stromerzeugung wird noch dadurch verschärft, dass das Wetter eine recht ordentliche Sonnenstromerzeugung zuließ (Abbildung 5). Doch erst am Wochenende mit dem dort üblichen geringen Strombedarf kam es zur tagesdurchschnittlichen Bedarfsdeckung mittels angenommener Verdoppelung. An einem normalen Werktag hätte es nicht gereicht. Wie der Bedarf zum Wochenende sinkt, ist am Herunterfahren der konventionellen Stromerzeugung gut erkennbar (Abbildung 6).

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart liegen unter Abbildung 7 ab.

Die Strompreisentwicklung, die Im-, Exportzahlen und das Verhältnis regenerativ-konventionell erzeugter Strom: Abbildung 8 .  Da die konventionelle Stromerzeugung der regenerativen gut folgen konnte, ergab sich rein wirtschaftlich gesehen eine fast auskömmliche Woche für Deutschland. Lediglich das Wochenende riss die Preise nach unten. Und natürlich musste zur Schließung kurzfristiger Strom-Versorgungslücken viel Geld gezahlt werden. Immerhin wurde diese Woche kein Strom verschenkt.

Die Tagesanalysen

Montag, 15.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,57 Prozent, davon Windstrom 33,71 Prozent, Solarstrom 2,29 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 8,57 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Montag verlief ruhig. Deutschland erzielte für seinen Exportstrom Preise zwischen gut 30 und fast 70€/MWh. Die Konventionellen führten gut nach. Man erkennt, wie sie die sinkende regenerative Erzeugung ausgleichen. Diese Nachbarn kaufen den Strom.

Dienstag, 16.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 37,97 Prozentdavon Windstrom 25,32 Prozent, Solarstrom 2,53 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,13 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute gelingt die Nachführung der konventionellen Stromerzeuger nicht den ganzen Tag. Oder ist es gewollt? Am Morgen fehlt etwas Strom, der günstig hinzugekauft wird. Dafür wertvolle Pumpspeicherressourcen einzusetzen, lohnt sich nicht. Für den Rest des Tages ist der so erzeugte Strom wesentlich wertvoller. Per Saldo exportiert Deutschland Strom. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Niederlande, Frankreich und Dänemark verhältnismäßig viel Strom liefern.

Mittwoch, 17.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,52 Prozentdavon Windstrom 37,58 Prozent, Solarstrom 4,24 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,70 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Mittwoch ist per Saldo wieder ein reiner Exporttag für Deutschland. Die Konventionellen produzieren den fehlenden regenerativen Strom passend plus etwas Mehr. Dieses Mehr wird Preisen zwischen 37 und 71€/MWh an diese Nachbarn verkauft. Wieder fällt auf, dass die Niederlande, Frankreich und Dänemark Strom nach Deutschland liefern.

Donnerstag, 18.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,13 Prozent, davon Windstrom 36,25 Prozent, Solarstrom 6,88 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,00 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute fehlt am Morgen wieder Strom, der gleichwohl günstig hinzugekauft wird. Für den Rest des Tages ist Deutschland per Saldo Stromexporteur, der immer noch ordentliche Preise erzielt. Erst zur Nacht fallen die Preise. Die Konventionellen führen gut nach. Wichtiges Instrument zum Austarieren der Strommenge sind Pumpspeicherkraftwerke. Das ist der Handelstag im Detail.

Freitag, 19.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,65 Prozent, davon Windstrom 33,12 Prozent, Solarstrom 7,79Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,74 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Freitag zeigt ein Bild, was in der Vergangenheit bereits recht häufig zu erkennen war. Zum Vorabend können die Konventionellen nach dem Wegfall von Solarstrom nicht schnell genug den fehlenden Strom hinzuerzeugen, so dass eine teure Stromlücke für Deutschland entsteht. Dass die Niederlande, Frankreich und Dänemark davon profitieren, wundert nicht. liefern die Nachbarn bereits die ganz Woche Strom nach Deutschland.

Samstag, 20.2.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 60,90 Prozent, davon Windstrom 37,59 Prozent, Sonnenstrom 12,03 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,28 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.Sonntag, 21.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,10 Prozent, davon Windstrom 30,89 Prozent, Sonnenstrom 13,82 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,38 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wochenende, wenig Bedarf, viel Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen: Die Strompreise fallen. Die konventionelle Stromerzeugung produziert auf Sparflamme. Viel weniger ist aus Netzstabilitätsgründen kaum möglich. Um den Bedarf am Vorabend des Sonntags zu decken, wird vor allem die Stromerzeugung aus Braunkohle und mittels Pumpspeichern hochgefahren. So können Höchstimportpreise verhindert werden. Um die 55€/MWh müssen dennoch hingelegt werden.

Peter Hager aus Lauf an der Pegnitz in Franken hat wichtige Informationen in Sachen neue PV-Dachanlagen zusammengetragen. Diese werden überwiegend mit einem Batteriespeicher ausgerüstet. Motivation ist, den Eigenverbrauchsanteil deutlich zu erhöhen. Damit der Hausbesitzer auch dann über Strom verfügt, wenn keine Sonne scheint. Die Einspeisevergütung (02/2021: 8,06 Ct/kWh) liegt mittlerweile deutlich unter dem Strombezugspreis der Energieversorgungsunternehmen. Da ist der Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms sinnvoll.

In modernen Batteriespeichern werden heute überwiegend Lithium-Akkus (Oberbegriff für verschiedene Lithium-Akkutypen) eingesetzt, die sich je nach Elektrodenmaterial unterscheiden:

  • Lithium-Kobaltoxid-Akku (LCO)
  • Lithium-Manganoxid-Akku (LMO)
  • Lithium-Nickel-Mangan-Kobaltoxid-Akku (NMC) – diese werden auch bei E-Autos eingesetzt (aufgrund der hohen Energiedichte auch bei E-Autos)
  • Lithium-Polymer-Akkus (LiPo), darunter Lithium-Eisenphosphat-Akku (ohne flüssige Elektrolyten)

Zu den Unterschieden zwischen den Speichertechnologien Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt und Lithium-Eisenphosphat gibt es ein gutes Video einer Firma, die Batteriespeicher herstellt (Abbildung 9).

Auch in der Industrieautomatisierung werden an Stelle von Blei-Akkus seit mehreren Jahren zunehmend Akkus mit Zellen aus Lithium-Eisenphosphat eingesetzt. Damit lassen sich Netzunterbrechungen bis in den Stundenbereich im 24-V-Steuerstromkreis überbrücken – unter anderem, um Produktionsprozesse in einen definierten Zustand zu bringen.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

 




Woher kommt der Strom? Durchschnittsrechnungen sind Schall und Rauch

 (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und Mehr)

Ist das nicht der Fall, fällt das Stromnetz ab. Um das böse Black-Wort nicht zu verwenden: Die Lichter gehen aus. Deshalb müssen in den ersten 4 Tagen der Woche die konventionellen Stromerzeuger wirklich Vollgas geben (Abbildung 1). Der Bedarf liegt teilweise bei 80 GW. Trotz einer konventionellen Produktion von über zum Teil über 60 GW muss an einigen Tagen Strom hinzugekauft werden (Abbildung 2). Meist am frühen Morgen zu dann moderaten Preisen. Den höchsten Preis erzielt allerdings Deutschland am 10.11.2020 um 17:00 Uhr. Fast 80€/MWh bekommt Deutschland per Saldo für 0,653 GW Exportstrom von diesen Nachbarn (Abbildung 3). Das ergibt immerhin eine Einnahme von gut 52.000 €. Leider ist das die Ausnahme. Ab Donnerstag steigt die Windkrafterzeugung wieder an, um zum Sonntag eine Dimension zu erreichen, die den Strompreis ins Bodenlose sinken lässt. Um 23:00 am Samstag werden bereits lediglich 21,56 €/MWh aufgerufen, der Tiefstpreis der 46. Woche. Dazu dann mehr in der nächsten Woche.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und vor allem der aus dieser Tabelle generierte Chart belegen sehr eindrücklich die geringe Wind- und- Sonnenstromerzeugung der 46. Woche (Abbildung 4). Montag, Dienstag und Mittwoch liegen Wind- und Sonnenstromerzeugung zusammen unter der Stromerzeugung mittels Biomasse und Wasserkraft. Das sind mit der am Sonntag ebenfalls schwachen Erzeugung insgesamt 102 Stunden, in denen Wind- und Sonnenstrom fast ausfällt. Bedenkt man, dass bis 2022 die Stromerzeugung per Kernkraft, bis 2030 die komplette Kohlestromerzeugung in Deutschland wegfallen soll und betrachtet Abbildung 1, dann weiß man, dass die Stromerzeugung Deutschland und die damit verbundene Versorgungssicherheit zukünftig auf kleinen, tönernen Füßchen stehen wird. Ich befürchte, dass den verantwortlichen Politikern dieser Sachverhalt gar nicht richtig bewusst ist. Fehlt es ihnen doch oft schon an den einfachsten Grundkenntnissen in Sachen Strom. Sonst wäre so ein Desaster der Ahnungslosigkeit, wie es Wirtschaftsminister Altmaier kürzlich im Bundestag offenbart hat, unmöglich (Abbildung 5).

Der Im-, Exportchart der 46. Woche (Abbildung 6) zeigt, dass vor allem Frankreich den Bedarf Deutschlands gedeckt hat, wenn die eigene Kraftwerksproduktion nicht ausreichte. Die Exporte sind um einiges höher als der Import und selbstverständlich sind auch die Einnahmen aus dem Export absolut gesehen höher. Heruntergerechnet auf €/MWh zeigt sich der ´wahre` Preis, den Deutschland für Exportstrom bekommt, für Importstrom zahlen muss. Sehen Sie sich bitte Abbildung 7 an.

Bei der geringen Wind-, Stromerzeugung der 46. Woche wundert es wenig, dass auch angenommene Verdoppelung des Wind-, Sonnenstroms bei weitem nicht ausgereicht hätte, den Strom-Bedarf Deutschland auch nur annähernd zu decken. Am Dienstag und Mittwoch wurden sogar jeweils über eine Terawattstunde (TWh) zusätzlicher Strom benötigt. Rufen Sie den Chart auf, den Sie unter Abbildung 8 herunterladen können.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 8.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 32,14 Prozent, davon Windstrom 9,82 Prozent, Sonnenstrom 8,04 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,29 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Preise, die Deutschland heute für den Export erzielt, für den Import zahlen muss, liegen um die 30€/MWh. Erst ab 14:00 Uhr steigen sie an. Ab 15:00 Uhr bis 21:00 Uhr werden 40€ und mehr pro MWh gezahlt, eingenommen. Gäbe es die konventionelle Stromerzeugung mittels Kohle und Kernkraft nicht, sähe es finster aus in Deutschland. 

Montag, 9.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 23,40 Prozent, davon Windstrom 7,09 Prozent, Sonnenstrom 4,26 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,06 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Wind-, Sonnenstromerzeugung sinkt nochmals ab. Die Exportpreise, die Deutschland erzielt sind erklecklich. Die zu zahlenden Importpreise sind moderat. Um 17:00 muss Deutschland für gleichwohl sehr wenig (179 MW) Importstrom über 72€/MWh  bezahlen. Die konventionelle Stromerzeugung bullert kräftig. 

Dienstag, 10.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 20,00 Prozentdavon Windstrom 5,52 Prozent, Sonnenstrom 2,76 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,72 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Es geht weiter Abwärts mit der regenerativen Stromerzeugung. Die Stromerzeugung Deutschlands ist auf Kante genäht. Die Preise sind in Ordnung. Konventioneller Strom wird dringend gebraucht … und produziert.

Mittwoch, 11.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 19,15 Prozentdavon Windstrom 4,96 Prozent, Sonnenstrom 2,13 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,06 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Es geht noch weniger. Bei einem Bedarf von 78,567 GW um 11:00 Uhr werden insgesamt 13,73 GW Strom regenerativ erzeugt. Die Lücke von 64,887 GW werden durch die eigene Stromversorgung nicht geschlossen. 3,761 GW müssen noch importiert werden. Zu genau 50,43 €/MWh. Natürlich wissen die konventionellen Stromerzeuger, dass am Donnerstag die Flaute zu Ende sein wird. Deshalb fahren sie ihre Kraftwerke nicht noch höher, als das ohnehin schon der Fall ist

Donnerstag, 12.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 36,67 Prozent, davon Windstrom 23,33 Prozent, Sonnenstrom 2,67 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,67 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung zieht wie erwartet an. Stromstrom fließt weiter nur in geringem Ausmaß. Entstehender Stromüberschuss wird auskömmlich veräußert. Fehlender Strom wird günstig – weil am frühen Morgen – eingekauft. Von diesen Nachbarn. Konventionelle Stromerzeugung bleibt selbstverständlich notwendig. Nur die 60 GW-Grenze wird nicht mehr überschritten. 

Freitag, 13.11.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 35,53 Prozent, davon Windstrom 20,29 Prozent, Sonnenstrom 4,61 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,53 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am Freitag, den 13.11.2020 dümpelt die Wind-, Sonnenstromerzeugung so vor sich hin. Konventioneller Strom wird sauber – in der Menge – hinzu erzeugt. Der Überschuss kann zu einem Großteil auskömmlich verkauft werden. Diese Nachbarn nehmen den Strom ab. 

Samstag, 17.11.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 45,24 Prozent, davon Windstrom 26,19 Prozent, Sonnenstrom 6,35 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,70 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken.

Am Samstagnachmittag deutetet sich ein strammer Windstromanstieg an. Ab 18:00 Uhr (44,56 €/MWh) fallen die Strompreise zügig auf ein Niveau, das um 23:00 Uhr bei um die 21,- €/MWh liegt. Ein Ende des Absturzes ist auf Grund der stürmischen Wetterlage nicht in Sicht. Die konventionellen Stromerzeuger fahren die Kraftwerke herunter, aber eine Mindestleistung von 20 GW – konventionell erzeugt – ist immer! erforderlich, um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. Große rotierende Massen sind dafür notwendig. Viele tausende und aber-tausende Mini-Stromerzeuger erzeugen sogenannten ´Flatterstrom`, da vor allem die „Natur“ keinerlei Kontinuität gewährleisten kann. Das können nur Kern-, Kohle- oder Gaskraftwerke. 

Womit der erste Teil der Frage eines Lesers dieser Kolumne beantwortet wäre. Der schreibt:

In Gesprächen mit Freunden und Bekannten ist es ziemlich schwierig die von Ihnen berichteten Fakten zu vermitteln. Solange der Strompreis in geringen Dosen erhöht wird und weiterhin Strom aus der Steckdose kommt, kümmern sich die Menschen vorrangig um eine Vielzahl anderer Probleme. Zu dem Thema Blackout und Stabilität der Netzfrequenz wurde behauptet, dass dafür mehrere Kraftwerke ständig am Laufen sind. Der Strom, der bei starker Wind- und Sonnenstromproduktion überschüssig ist, werde in die Erde abgeleitet. Meine Recherche im Internet ergab kein Ergebnis, das diese Aussage bestätigt oder widerlegt. Können Sie da helfen? 

Ja es müssen immer konventionelle Kraftwerke mit ihren gewaltigen Generatoren Strom erzeugen. Etwa 20 GW sind notwendig. Was jetzt im Winter knapp ein Viertel des Strombedarfs gesamt ausmacht. Mit den 20 GW immer notwendigen konventionellem Strom ergibt sich insbesondere im Sommer bei kräftiger Sonnenstromerzeugung das Problem, dass zur Mittagszeit, wenn der regenerativ erzeugte Strom an den 90% und mehr kratzt, ein Überschuss entsteht, der in aller Regel sehr günstig abgegeben, verschenkt oder sogar mit einen Bonusscheck versehen verschenkt werden muss. Das Problem verschärft sich, je mehr Solarkraftwerke gebaut werden. 

Überschüssiger Strom muss „verbraucht“, besser verkauft werden. Ableiten geht nicht. Es sei denn zu Stromverbrauchern. Das können Windradgeneratoren sein, das können alte Kraftwerks-Generatoren sein. Selbstverständlich erst dann, wenn alle vorhandenen Speicher aufgefüllt sind. Vor allem die heimischen, aber auch die in Österreich und der Schweiz. Eins muss allerdings bedacht werden: Alle Speicher zusammen reichen nicht aus, um die 4-Tagelücke Strom wie oben gesehen zu schließen. Deshalb sollten die Verantwortlichen sich ihre Abschaltfantasien noch mal genau überlegen. Der Kernkraftzug ist abgefahren. Aber bei der Kohle sollte zumindest solange gewartet werden, bis genügend Gaskraftwerke deren Stromerzeugung übernehmen können. Die allerdings müssen noch gebaut werden. Zumindest zu einem großen Teil.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Aber bitte immer höflich. Ist klar, nicht wahr?

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt fast fünf Jahre den Politikblog  www.mediagnose.de




Woher kommt der Strom? Der Herbst ist da!

(Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle Abbildungen & Mehr)  (Abbildung 1).

Daß mit 62,44€/MWh der höchste Strompreis der Woche zu einer dieser (Mini-) Lücken aufgerufen wird, sei nur am Rande erwähnt. Deutschland exportierte die gesamte Woche per Saldo Strom (Abbildung 2). Deutschland wird über den Winter seinen Strom weitgehend selbst herstellen und Überschüsse exportieren. Diese Überschüsse, es sind Strom-Mix-Überschüsse, werden, das ist das Fatale, umso höher ausfallen, desto näher die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger an den faktischen Bedarf heranreicht. Ein gutes Beispiel ist der Sonntag der 41. Woche. Insgesamt ist die Erzeugung mittels Wind- und Sonnenkraft plus Biomasse und Wasserkraft diese Woche stark (Abbildung 3). Bis auf den Sonntag schwankten die Preise zwischen 6 und 62 €, wobei ein durchgängiges Zeit-Preis-System aus dem Chart kaum erkennbar ist. Angebot und Nachfrage bestimmen die Exportpreise, die Deutschland erzielt. Abbildung 4 zeigt, welche Nachbarn Deutschlands den Strom abnehmen bzw. Strom liefern. Die konventionelle Stromerzeugung (Abbildung 5) muss trotz des starken Stromaufkommens mittels erneuerbarer Energieträger bis auf den Sonntag absolut hohe Strommengen hinzu erzeugen. Der Bedarf steigt mit dem herbstlichen Wetter, der immer früher einsetzenden Dunkelheit.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 4.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 70,40 Prozent, davon Windstrom 45,60 Prozent, Sonnenstrom 11,20 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,60 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am bedarfsarmen Sonntag fahren die konventionellen Stromerzeuger die Stromproduktion so es geht herunter. Aus Netzstabilisierungsgründen müssen etwa 20 GW immer sicher und kontinuierlich ins Stromnetz eingespeist werden. Das können nur die Konventionellen. Deshalb kommt es über Tag, zu einem erheblichen Stromüberschuss, der nicht nur verschenkt, sondern mit Bonusscheck abgegeben werden muss. Von 10:00 bis 15:00 Uhr. Am Stromexport Deutschlands verdienen diese Nachbarn richtig Geld!

Montag, 5.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,74 Prozent, davon Windstrom 34,93 Prozent, Sonnenstrom 6,16 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,64 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wenig Sonnenstrom, viel Windstrom, vor allem auch Offshore im Verhältnis zur installierten Leistung. Das ganz ziemlich ausgeglichen. Die Konventionellen können gut nachgeführt werden. Am frühen Morgen wird der Strom praktisch verschenkt, zum Vormittag und zum Vorabend werden recht ordentliche Preise erzielt. Zur Mittagsspitze fallen die Preise unter 40€/MWh. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der weitere Zubau von Solaranlagen, die Preise über die Mittagsspitze weiter sinken lassen wird. Die Im-, Exportpreise.

Dienstag, 6.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,49 Prozent, davon Windstrom 40,91 Prozent, Sonnenstrom 4,55 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,04 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Noch weniger Sonnenstrom und eine über Tag  und tendenziell fallende Windstromerzeugung. Der Stromüberschuss steigt, so dass das Preisniveau etwas niedriger als gestern ist. Die Konventionellen führen gut nach. Ohne deren Strom läge Deutschland im Dunkeln. Heute ist Österreich Stromhauptabnehmer.

Mittwoch, 7.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,34 Prozent, davon Windstrom 33,33 Prozent, Sonnenstrom 5,44 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,56 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute etwas mehr Sonnenstrom als gestern, der Windstrom fließt ziemlich kontinuierlich auf einem ein Drittel-Niveau. Am frühen Morgen entsteht eine Mini-Stromlücke, die günstig geschlossen werden kann. In der Spitze erzielt Deutschland einen Strompreis über 50€/MWh. Unten sind es um 15:00 Uhr 34,07 €/MWh. Die Konventionellen bullern kontinuierlich über Tag. Diese Nachbarn nehmen den überschüssigen Strom ab.

Donnerstag, 8.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 60,49 Prozent, davon Windstrom 44,44 Prozent, Sonnenstrom 5,56 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,49 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt Strom liegt heute über 60% – nur der letzte Sonntag war mit über 70% stärker – der Gesamtstromerzeugung Deutschlands, wobei der Schwerpunkt in der zweiten Tageshälfte liegt. Mit der Folge, dass in der sonst so gewinnträchtigen Vorabendzeit viel zu viel Strom im Markt ist.  Der Preis ist mit 32,27€/MWh entsprechend niedrig. Am Vormittag wurden in der Spitze noch über 50€/MWh erzielt. Die konventionelle Stromerzeugung wird zwar zurück gefahren. Doch der Windstromanstieg ist steiler.  Welche Länder importieren wann, wieviel, zu welchem Preis?

Freitag, 9.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 41,55 Prozent, davon Windstrom 23,24 Prozent, Sonnenstrom 6,34 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,97 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken

Eine Ministromlücke musste heute Morgen von 6:00 bis 8:00 Uhr recht teuer geschlossen werden. Um 17:00 und 18:00 Uhr kam es noch mal zu einer geringfügigen Stromunterdeckung. Ansonsten exportierte Deutschland per Saldo Strom. Allerdings recht wenig. Denn die Wind- und Sonnenstromerzeugung ging am Morgen rapide zurück, so dass die konventionellen Erzeuger ihre Kraftwerke zügig hochfahren mussten. Die Stromverteilung.

Samstag, 10.10.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 50,00 Prozent, davon Windstrom 31,54 Prozent, Sonnenstrom 6,15  Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,31 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Einstieg ins Wochenende. Über Tag zieht die Windstromerzeugung leicht an. Schwache Sonnenstromerzeugung kommt hinzu, so dass über die Mittagsspitze der Strom für unter 30€/MWh abgegeben werden muss. Dann, wenn auskömmliche Preise erzielt werden könnten, gibt es wenig Überschussstrom. Gut so! Gäbe es mehr, würde der Preis sinken. Die Konventionellen ziehen an. So verhindern sie eine Unterdeckung, die wahrscheinlich viel Geld kosten würde. Nochmal: Gut so! Deutschland exportiert per Saldo den ganzen Tag Strom. Es fällt gleichwohl auf, dass Dänemark den ganzen Tag Strom nach Deutschland liefert. Zu Börsen- oder zu Vertragsstrompreisen?

Wie wirkt es sich aus, wenn die Stromerzeugung doppelt so hoch wäre, wie aktuell bezogen auf den faktischen Strombedarf in Deutschland? Dies kalkuliere ich jede Woche in der Tabelle, die unter Abbildung 6 abgelegt ist, heruntergeladen und analysiert werden kann.

Leser Helmut Driesel machte sich Gedanken zu einer Verdoppelung der installierten Leistung ausschließlich der Windkraft:

Ich möchte mal noch eine Bemerkung zur “angenommenen Verdoppelung der Stromerzeugung durch Wind” machen. Die Einspeisung von Windenergie ins öffentliche Netz schaffte 2019 als Durchschnitt 20,4% (124TWh). Eine Verdopplung der installierten Leistung ließe also rund 41% erwarten. Wäre das eine Größe, wo unsereiner als verantwortlicher Entscheider an das Abschalten von konventionellen Kraftwerken denken würde? Da ich das für mich verneinen kann, nehmen wir einmal 50%, rund, nur als inneren Denkanstoß. Das würde die Errichtung und Inbetriebnahme von zusätzlichen rund 91 GW nominaler Leistung bedeuten! (Bis 2019 waren es 60,8 GW) Das kann jeder für sich in Standorte umrechnen, dabei bedenken, dass die besten Plätze natürlich schon belegt sind. Trotzdem, wer immer Optimist ist und positiv denkt, könnte noch zu der Überzeugung kommen, das sei zu schaffen. Aber das ist noch nicht alles! Genau wie bei den modellhaft in Serie gefertigten 1 GW-Speichern, deren Ökonomie ich vor einiger Zeit kritisch betrachtet hatte, so hat auch die Installation von so vielen Windrädern einen Haken. Bei einer Windstärke, die Nominalleistung bewirkt, das sind 10-16m/s, erzeugen die dann insgesamt installierten 152 GW in 24 Stunden über 3,6 TW Energie. Also ungefähr das Dreifache dessen, was Herr Stobbe hier als Tagesbedarf anzeigt. Das kann man derzeit und auch bis weit in die Zukunft hinein nicht speichern und auch nicht exportieren. Man muss also immer, wenn die Produktion zu groß ist, und das wird sehr häufig der Fall sein, abschalten. Nicht erst bei Sturm, dann sowieso, sondern immer, wenn genug Strom da ist. Und das bringt auch dieser Form der Energieerzeugung eine negative Ökonomie, die mit jedem neu installierten Windungetüm negativer wird. Man müsste sie auf ewig per Umlage quersubventionieren. Ja, und womit, wenn die konventionellen Kraftwerke abgeschaltet sind? Also, sehr geehrte Damen und Herren Politiker, ich an Ihrer Stelle würde den ganzen Tag mit einer Gänsehaut herumlaufen.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Aber bitte immer höflich. Ist klar, nicht wahr?

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de

 

 




Woher kommt der Strom?-Albtraum für die Freunde der Energiewende

Der Wind ließ deutschlandweit nach, auch auf See herrschte weitgehend Flaute. Mit der Folge, dass Deutschland bis zum Ende des Monats September eine nahezu geschlossene Lücke in der Stromversorgung hatte. (Abbildung, bitte unbedingt aufrufen. Es öffnen sich alle Abbildungen & mehr) Dementsprechend hoch waren die Preise, die für den Importstrom, der die Lücke schließen musste, aufgerufen wurde. In der Spitze wurde 128,31€/MWh (29.9.2020, 19:00 Uhr) verlangt … und bezahlt (Abbildung 1). Der Chart mit den detaillierten Im-, Exportpreisen und den handelnden Ländern (Abbildung 2) ermöglicht einen weiteren bemerkenswerten Blick auf die 40. Woche.

Am gewinnbringenden Stromhandel beteiligen sich nahezu alle Nachbarn Deutschlands. Das Preisniveau ist insgesamt hoch. Vor allem dann, wenn Deutschland importiert. Nur zum preisintensiven Vorabend kann Deutschland auskömmliche Preise erzielen – wenn denn Strom zur Verfügung steht, der exportiert werden kann. Das aber ist höchst selten der Fall, weil die konventionellen Stromerzeuger (Abbildung 3) wegen der Tagesspitze in aller Regel ihre Produktion drosseln und zum Vorabend die Stromproduktion nicht schnell genug hochfahren können. So entstehen meisten, aber durchaus nicht immer die Versorgungslücken zum Vorabend. Abbildung 3 belegt sehr schön, dass die Konventionellen zum Wochenbeginn alles in die Waagschale werfen, um die Lücken zu schließen. Gleichwohl gelingt es nicht. Zum Ende der Woche hingegen wird die Stromproduktion so weit wie möglich heruntergefahren. Ziel: Vermeiden einer teuren Überproduktion. Auch dieses Unterfangen scheitert. Die Exportpreise sinken Richtung Null. Kurz sogar darunter.

Ausnahme: Die Vorabende 1. bis 3. 10.2020. Diese Woche belegt wieder mal, dass die Energiewende nicht funktionieren wird. Zu unberechenbar sind Schwankungen, denen die Wind- und Sonnenstromerzeugung unterliegt. Auch der geplante weitere Ausbau der Wind- und Sonnenstromproduktion wird die Lage eher verschlechtern. Je weniger konventionelle Kraftwerke – denn der Ausbau geht ja mit einer „Abschaltorgie“ einher – kontinuierlich fließenden, sicheren Strom – in Deutschland produziert – liefern können, desto größer wird die Abhängigkeit von unseren Nachbarn. Die freuen sich aktuell über die sagenhaften Gewinnmöglichkeiten, die die deutsche Energiewende mit ihren regelmäßigen Preisdifferenzen ermöglicht. Wenn´ s aber mal eng wird mit der eigenen Stromversorgung unserer Nachbarn, wenn der erzeugte Strom in Extremsituationen selber benötigt wird, dann wird es auch eng mit der Stromversorgung in Deutschland. Bleibt nur zu hoffen, dass die deutschen Energieversorger, die Bundesnetzagentur irgendwann mal ihr Veto einlegen eingedenk dieser selbstzerstörerischen, unsäglich teuren Vorgehensweise genannt Energiewende. Sonst wird es nicht nur teuer, sonst wird es auch mal dunkel. 

Abbildung 4 bringt die Tabelle und den daraus generierten Chart mit den Werten der Energy-Charts. Die Im-, Exportwerte liegen wieder vor. Deshalb die entsprechenden Charts unter Abbildung 5. Sehr ernüchternd ist die angenommene Verdoppelung der Stromerzeugung durch Wind- und Sonnenkraftwerke (Abbildung 6). 

Die Tagesanalysen

Sonntag, 27.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 47,12 Prozent, davon Windstrom 21,15 Prozent, Sonnenstrom 10,58 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,38 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Vermutete man zum Ende der 39. Woche noch, dass nun die Herbstsaison mit windigem, wenn nicht stürmischen Wetter anbrechen würde, wurden wir über den Sonntag eines Besseren belehrt. Der Wind flaute ab. Die Windstromerzeugung brach ein und erholte sich erst 4 Tage später. Ab 5:00 Uhr wurde Strom zwecks Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit importiert. Auch wenn die Konventionellen ´bullerten`, es reichte nicht. So erhöhte sich der Strompreis nahezu kontinuierlich. Von um die 14€/MWh um 5:00 Uhr bis hin zu knapp 52€/MWh um 19:00 Uhr. Wer machte die besten Preisdifferenzgeschäfte?

Montag, 28.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 28,80 Prozent, davon Windstrom 6,40 Prozent, Sonnenstrom 10,40 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,00 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Albtraum geht weiter. Auf See herrscht Flaute. An Land auch. Die Sonne gibt auch nur recht wenig her. So reicht die konventionelle Stromerzeugung gerade so, um zur Mittagsspitze einen kleinen Überschuss zu erzeugen. Da liegt der Exportpreis denn auch unter 50€/MWh; sonst kostet der Importstrom für den Rest des Tages immer mehr als 50€/MWh, wenn man von der frühen Morgenzeit absieht. Da ist Strom im Verhältnis immer recht günstig. Welche Länder profitieren?

Dienstag, 29.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 25,95 Prozent, davon Windstrom 6,11 Prozent, Sonnenstrom 7,63 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,21 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Höhepunkt des Albtraums. Deutschland importiert den ganzen Dienstag. Kaum Wind, kaum Sonne. Die konventionellen Stromerzeuger  produzieren auf Teufel komm´ raus. Es reicht nicht eine Stunde. Die Importpreise sind entsprechend hoch. Bereits um 6:00 Uhr werden die 50€/MWh überschritten und bis um 22:00 Uhr nicht mehr unterschritten. Der Spitzenpreis des Tages: Wann, ja wann? Selbstverständlich um 19:00 Uhr: Schlappe 128,31 € werden aufgerufen. Deutschland, der deutsche Stromkunde, zahlt. Welche Länder kassieren?

Mittwoch, 30.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 29,41 Prozent, davon Windstrom 8,09Prozent, Sonnenstrom 9,56 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,76 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am heutigen Mittwoch wird die 70€/MWh-Marke zweimal gerissen. Um 8:00 Uhr und um … klar, um 19:00 Uhr. Zum Abend zieht die Windstromerzeugung an. Die landesweite Flaute geht zu Ende. Vorher allerdings kostet der Importstrom einen Haufen Geld. Dafür bringt der Export über die Mittagsspitze recht wenig ein. Zumindest im Verhältnis zu den Importkosten. Wer kauft günstig ein und verkauft teuer?

Donnerstag, 1.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,84 Prozent, davon Windstrom 23,29 Prozent, Sonnenstrom 8,90 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,64 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Albtraum ist zu Ende. Beginnt nun ein neuer? Dank massiver konventioneller Stromerzeugung und anhaltend befriedigender Wind- und Sonnenstromerzeugung benötigt Deutschland praktisch den kompletten Tag über netto keinen Strom. Die Preise, die Deutschland erzielt sind morgens und abends auskömmlich. Bemerkenswert: Schweden und Dänemark exportieren Strom nach Deutschland. 

Freitag, 2.10.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,08 Prozent, davon Windstrom 31,65 Prozent, Sonnenstrom 7,91 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,51 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken

In der Nacht zum Freitag und am Freitagmorgen gibt es nochmal eine Winddelle. Dann wird es stürmisch. Die Windstromerzeugung steigt massiv. Mit der Folge, dass ab 19:00 Uhr, als Deutschland noch mal knapp 45€/MWh mitnimmt, die Exportpreise ins Bodenlose fallen. Die konventionellen Stromerzeuger können ihre Stromerzeugung gar nicht so schnell herunterfahren, um ein Preisabsturz auch nur abzumildern. Wer kauft günstigen Strom?

Samstag, 3.10.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 66,93 Prozent, davon Windstrom 46,46 Prozent, Sonnenstrom 7,09  Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,39 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Viel Windstrom, wenig Sonnenstrom, wenig Bedarf: Einstieg ins Wochenende. Die Stromerzeugung Deutschlands reicht heute den ganzen Tag. Allerdings sind die Exportpreise insgesamt niedrig. Zwei Stunden sogar negativ. Nur am späten Nachmittag und zum Vorabend steigen sie an (16:00 bis 20:00 Uhr). Da hat Deutschland leider den geringsten Stromüberschuss des Tages.  Die konventionelle Stromerzeugung produziert auf niedrigem Niveau.  Unsere Nachbarn decken sich mit günstigem Strom ein. 

Ein Leser stellte diese Fragen:

Gibt es eine Art Bilanz, die jährlich neben der Gesamtmengen exportierten und importierten Stroms auch die dazugehörigen Zahlungsströme in Euro zeigt? Oder dazu alternativ: Wie hoch ist der Durchschnittserlös in Euro/MWh bei diesem Stromexport im Vergleich zu den durchschnittlichen Importkosten? Hintergrund ist, dass ich in einer Diskussion als Argument „pro Energiewende“ mir anhören musste, dass Deutschland im Jahr erheblich mehr Strommengen exportiert als importiert.

Meine Antwort:

Generell lässt sich sagen, dass der Strom, den Deutschland importiert in aller Regel teuer ist, als der Strom, den es exportiert. Gleichwohl exportiert Deutschland viel mehr Strom, als es importiert. Deshalb sind die Einnahmen absolut gesehen höher. Im Jahr 2019 gab es eine Unstimmigkeit, die hier

https://www.achgut.com/artikel/woher_kommt_der_strom_4_woche_

dokumentiert wurde. Das Jahr 2020 werde ich im Januar 2021 berechnen. Mal schauen, wie es da aussieht. Vielleicht bekommen die Niederlande auch fixe Preise für den Strom, den sie Deutschland liefern. … Lesen Sie weiter unter Abbildung 7

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Aber bitte immer höflich. Ist klar, nicht wahr?

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

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Woher kommt der Strom? – massiver Preisgegensatz

Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und mehr.

Abbildung 1

Fast alle Nachbarn Deutschlands profitierten von dieser starken Preisdifferenz (Abbildung 2). Zunächst nahmen sie Deutschland den Strom am Sonntag mit einem fetten Bonus ab. Am Mittwoch wurde Strom an Deutschland zu Höchstpreisen verkauft. Am frühen Abend, wenn per Sonnenkraft kaum noch Strom erzeugt wird, wenn die Windstromerzeugung gering ist und der Bedarf steigt, stagniert oder weniger sinkt und deshalb nicht genügend Strom von Deutschland erzeugt wurde. Dann muss zugekauft werden. Die konventionellen Stromerzeuger stecken in dem Dilemma, dass sie die Strom-Erzeugung aus Kohle und Gas für diesen kurzen Zeitabschnitt in aller Regel nicht rentabel hochfahren können. Pumpspeicherstrom aber reicht eben nicht aus. Und auch Öl und andere kurzfristig einsetzbare fossile Energieträger helfen nicht weiter (Abbildung 3). Deshalb die regelmäßigen Versorgungslücken am frühen Abend, die dann mit viel Geld geschlossen werden müssen.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Wochenchart (Abbildung 4) ergänzen die Analyse. Ebenso die Im-, Exportcharts für das aufgelaufene Jahr und die 38. Woche (Abbildung 5). Es fällt auf, dass Polen nur 0,05 TWh importiert hat. Sonst liegt der Wert um die 0,20 TWh. Wir werden das weiter beobachten, denn in Deutschland erzeugter Strom war bisher fester Bestandteil der polnischen Stromversorgung.

Unter der Annahme, dass Wind- und Sonnenkraftwerke dank Verdoppelung der installierten Leistung ihre Stromerzeugung verdoppeln, werden unter Abbildung 6 die Auswirkungen dargestellt. Der mittels erneuerbarer Energieträger insgesamt erzeugte Strom hätte auch in der 38. Woche nicht ausgereicht, um die Stromversorgung Deutschlands sicherzustellen. Geklappt hätte dies im Tagesdurchschnitt seit dem 8.7.2020 bis zum 19.9. 2020 nur an 6 Tagen. Was reichlich ernüchternd ist. Ernüchternd sein müsste. Für unsere Freunde der Energiewende. Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass weniger die Weltenrettung, denn die Verdienstmöglichkeiten bei der Installation von Wind- und Sonnenkraftwerken im Vordergrund stehen. Sind die nicht attraktiv genug, wird eben nicht gekauft, gebaut, installiert. Dann muss der Staat ran. Ob die im geplanten ´EEG neu` vorgesehenen Maßnahmen (Abbildung 6) ausreichen, sei dahingestellt. Es wird jedenfalls noch geraume Zeit dauern, bevor eine Verdoppelung der Strommenge dank Verdoppelung der installierten Leistung Windkraft- und Sonnenkraftanlagen möglich wird. Wenn es denn überhaupt dazu kommt.  Die Zahlen, die Vernunft, die Physik und mittlerweile auch viele Bürger lassen erhebliche Zweifel am Sinn der Energiewende aufkommen. Mit 2% CO2-Ausstoß hat Deutschland, mit 10% CO2-Ausstoß hat Europa nur einen geringen Anteil an der weltweiten, menschengemachten CO2-Erzeugung. Andere Länder werden, auch wenn Europa 2050 klimaneutral sein sollte, diese Ersparnis mehr als aufgeholt, wahrscheinlich mehrfach übertroffen haben. Ob sich da die investierten Billionenbeträge lohnen? Rentieren tun sie sich sicher nicht. Andere Länder der EU kommen denn auch auf richtig teuflische Ideen. Teuflisch jedenfalls für die deutschen Energiewender. Nach den Tagesanalysen dazu mehr.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 13.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 55,08 Prozent, davon Windstrom 23,73 Prozent, Sonnenstrom 18,64 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,71 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Richtig viel Geld musste Deutschland mitgeben, um am heutigen Sonntag den überschüssigen Strom an die Nachbarn zu verscherbeln. Wenig Bedarf, viel Windstrom, viel Sonnenstrom, viel zu viel Strom im Markt. Folge: siehe oben. Die konventionellen Stromerzeuger fuhren ihre Stromerzeugung soweit es ging herunter. Es half nichts.

Immerhin gelang das Hochfahren der konventionellen Stromerzeugung zum Abend hin. So konnte wenigstens das berüchtigte Vorabendstromloch vermieden werden. So verkaufte Deutschland den eigenen Strom in dieser Zeit für bis zu gut 50€/MWh.

Montag, 14.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 34,31 Prozent, davon Windstrom 6,57 Prozent, Sonnenstrom 16,79 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,95 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung sackt ab. Sofort ergeben sich vor 8:00 und nach 17:00 Uhr Versorgungslücken. Liegt der Importstrompreis morgens in der Spitze noch bei gut 60€/MWh, steigt er zum Abend auf gut das Doppelte (120,62€/MWh um 19:00 Uhr).  Wer macht gute Geschäfte? Vor allem die Schweiz, Österreich, Tschechin und Polen.

Dienstag, 15.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 32,14 Prozentdavon Windstrom 5,00 Prozent, Sonnenstrom 15,71 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,43 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute das gleiche Bild wie gestern. Lediglich das Preisniveau hat sich verschärft. Heute legt Deutschland um 19:00 Uhr die bereits oben erwähnten gut 189€/MWh hin. Macht in Summe 1.316 Millionen €. Allein um 19:00 Uhr. Der Im-, Export sah so aus. Sehr schön ist zu erkennen, wie geschickt vor allem die Schweiz die Preisdifferenzen, die über den Tag entstehen, nutzt, um richtig Geld zu verdienen.

Mittwoch, 16.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 38,62 Prozentdavon Windstrom 15,17 Prozent, Sonnenstrom 12,41 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,03 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am heutigen Mittwoch zieht die Windstromerzeugung ab 10:00 Uhr massiv an. So stark, dass die Vorabend-Versorgungslücke ausfällt. Deutschland kann den überschüssigen Strom hochpreisig veräußern. Über 66€/MWh erhält man um 19:00 Uhr. Am Morgen allerdings war die Windstromerzeugung noch sehr schwach. Deshalb musste Deutschland um 8:00 Uhr über 86€/MWh bezahlen. Die Im- und Exportstaaten.

Donnerstag, 17.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,90 Prozent, davon Windstrom 21,77 Prozent, Sonnenstrom 12,93 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,20 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Donnerstag wartet mit einem nahezu ausgeglichenem Strombedarf-Stromerzeugungs-Verhältnis auf. Nur geringe Versorgungslücken entstehen. Die allerdings kosten. Kosten mehr, als die Exporte über die Mittagsspitze einbringen. Der Wind lässt in der Zeit der Sonnenstromerzeugung nach. Je mehr, desto mehr Sonnenstrom erzeugt wird. Daher das ausgeglichene Erzeugungsbild. Der Im- und Export.

Freitag, 18.9.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,90 Prozent, davon Windstrom 21,77 Prozent, Sonnenstrom 16,43 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,71 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken

Der Freitag zeigt auch ein recht ausgeglichenes Stromerzeugungsbild. Wieder ist der Windstromrückgang über Tag die Ursache. Dennoch entstehen Versorgungslücken mit entsprechend hohen Importstrompreisen.

Samstag, 19.9.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 50,40 Prozent, davon Windstrom 20,80 Prozent, Sonnenstrom 17,60 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,00 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute gibt es keine Stromunterdeckung in Deutschland. Dementsprechend ist das Preisniveau. Ja, am Vorabend exportiert Deutschland Strom zu auskömmlichen Preisen. Der Einstieg ins Wochenende bringt wenig Bedarf verbunden mit einer außerhalb der Zeit der Sonnenstromerzeugung guten Windstromerzeugung. Ich nenne das eine Windstromwanne. Diese sorgt dafür, dass die Differenz zwischen Mittagsspitze und reiner Windstromerzeugung verhältnismäßig gering ausfällt. Was zu einem ausgeglicheneren Erzeugungsbild führt. Das wiederum macht es den konventionellen Stromproduzenten leichter, den Restbedarf hin zu erzeugen. Deutschland erwirtschaftet zum Teil auskömmliche Strompreise bezogen auf die konventionelle Stromerzeugungspreise. Dank Subventionierung liegen die Preise für Strom, der mittels Wind- und Sonne erzeugt wurde, höher.  Das Gerede von den ach so günstigen ´Erneuerbaren` ist propagandistischer Unfug (Abbildung 7). Und nicht nur die Subventionen schlagen zu Buche. Hinter jeder Solaranlage, hinter jedem Windkraftwerk muss noch ein konventioneller Stromerzeuger stehen, der einspringt, wenn die Sonne nicht (genügend) scheint und der Wind nicht (ausreichend) weht. Wie bisher immer in der Vergangenheit. Denn auch dann benötigt Deutschland Strom. Ist doch eine Binsenweisheit, oder?

Die Niederlande haben verstanden, dass das eben beschriebene so ist. Deshalb beziehen sie nach der Stilllegung des Gasfeldes Groningen die Errichtung mehrerer Kernkraftwerke in Betracht:

Den Haag (energate) – Die niederländische Regierung prüft den Bau neuer Atomkraftwerke. Nur wenige Tage, nachdem die Regierungspartei VVD von Ministerpräsident Mark Rutte einen entsprechenden Antrag ins Parlament eingebracht hat, präsentierte das Wirtschaftsministerium eine Studie zu den Vorteilen der Kernenergienutzung. Die Untersuchung der auf Nukleartechnologie spezialisierten Beratungsgesellschaft Enco sieht in der Atomkraft eine ernst zu nehmende Option neben Wind- und Solarenergie. Die Kosten seien nämlich vergleichbar, teilte das VVD-geführte Wirtschaftsministerium in Den Haag mit. […] Dass die Kernenergie nicht teurer ist als Wind und Sonne, sei die zentrale Erkenntnis der Studie, heißt es weiter. Das gelte zumindest, wenn alle anfallenden Kosten in die Betrachtung einbezogen werden. So würden in der Regel die zusätzlichen Kosten der erneuerbaren Energien wie Netzanschluss, Netzregelung und Netzausbau außen vor gelassen und über den Netzbetreiber auf die Verbraucher abgewälzt. Um CO2 einzusparen, sei die Laufzeitverlängerung für bestehende Atomkraftwerke die wirtschaftlichste Option. Für den Neubau von Atommeilern in den Niederlanden sei es mit Blick auf lange Bauzeiten wichtig, Anschluss an die bestehende Serienproduktion im Ausland zu finden, empfiehlt Enco. (Abbildung 8)

Da wäre selbstverständlich ein Schlag ins Kontor für Deutschland, welches in den nächsten gut zwei Jahren die letzten noch verbliebenen Kernkraftwerke vom Netz nehmen wird. Da siegt offensichtlich Vernunft vor Angst getriebener Ideologie kombiniert mit Milliardenvernichtung. Ganz im Ernst: Es würde mich als Aachener persönlich überhaupt nicht stören, wenn eins der neuen niederländischen Kernkraftwerke im Umfeld des Gewerbegebiets Avantis bei Aachen gebaut würde.

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Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.

Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de

 

 




Woher kommt der Strom? Exportpreis im Keller

Die 30. Woche : Abbildung, bitte unbedingt anklicken.

Exportpreis im Keller (Abbildung 1) (Abbildung 2).

Dementsprechend stellen die konventionellen Stromerzeuger den Strom her (Abbildung 3), der fehlt. Komplett? Nein, nur in der Mittagsspitze reicht der Strom, der in Deutschland erzeugt wird. Ansonsten wird Strom importiert. Aus dem benachbarten Ausland, das sich diesen Strom verhältnismäßig teuer bezahlen lässt. Der regelmäßige Leser dieser Kolumne weiß, was das bedeutet. Exportiert Deutschland Strom, fallen die Preise, importiert Deutschland Strom, steigt der Preis. Abbildung 4 belegt dieses Muster eindrucksvoll. Lediglich in den frühen Morgenstunden kann Deutschland zu geringen Preisen den Strom einführen, den es zur Deckung des Bedarfs benötigt.

In dieser Woche waren die Niederlande und Dänemark die Länder, welche Deutschland in erster Linie mit Strom belieferten (Abbildung 5). Über das Jahr gesehen, bleibt Frankreich Hauptstromlieferant Deutschlands (Abbildung 6). Ansonsten als Ergänzung wie immer die Werte der Energie-Charts in der Tabelle und dem daraus generierten Chart (Abbildung 7).

Vor gut einem Monat wurde das Kohleausstiegsgesetz beschlossen. Um den schwächelnden Windkraftausbau wenigstens auf See weiter voranzutreiben, wurden von der Bundesregierung die Ausbaupläne erweitert. Zu den bereits vorhandenen 7,5 GW (1.500 Windkraftanlagen) installierte Leistung Windkraft Offshore sollen bis 2030 12,5 GW hinzugebaut werden. Das wären 1.667 Anlagen à 7,5 MW. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass diese Windkraftanlagen (dann 3.167 Stück) auf See insgesamt etwa 10 TWh weniger erzeugen werden als die konventionellen Anlagen (Braunkohle & Kernenergie gesamt 11 GW), die bis 2022 abgeschaltet werden, wenn man die realen Strom-Erzeugungszahlen der Energie-Charts 2019 zugrunde legt. Was nicht weiter verwundert, wenn man sich die installierte Leistung der einzelnen Energieträger und deren faktische Stromerzeugung anschaut (Abbildung 8).

Die Tagesanalysen

Sonntag, 19.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 45,71 Prozent, davon Windstrom 6,67 Prozent, Sonnenstrom 23.81 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,24 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Sonntag war sehr windarm. Die Sonnenstromerzeugung war befriedigend. So war der Preis, welchen Deutschland beim Export über Tag erzielte, recht gering. Im Gegensatz zu dem Preis, den es gegen Abend bezahlen musste. Österreich machte feine Preisdifferenzgeschäfte.

Montag, 20.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 45,08 Prozent, davon Windstrom 12,30 Prozent, Sonnenstrom 19,67 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,11 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Montag, Werktag, höherer Strombedarf. Die Windstromerzeugung steigt an. Die konventionelle Stromerzeugung ebenfalls. Man will wohl nicht in eine Importhochpreisfalle hineinschlittern. Ganz lässt es ich nicht vermeiden. Am Abend, zur Nacht werden über 40 €/MWh aufgerufen. Viel Geld, wenn man es in Relation zum Exportpreis über Tag setzt. Neben Österreich spekuliert die Schweiz heute erfolgreich beim „Spiel“: Strom günstig einkaufen, Strom teuer verkaufen.

Dienstag, 21.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 46,09 Prozentdavon Windstrom 12,50 Prozent, Sonnenstrom 21,09 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,50 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Dienstag: Ein ähnliches Bild wie gestern. Über Tag reicht der in Deutschland produzierte Strom so gerade aus, um den Bedarf zu decken. Morgens und abends fehlt Strom und muss importiert werden. Von wem? Hier klicken.

Mittwoch, 22.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 41,27 Prozent, davon Windstrom 7,14 Prozent, Sonnenstrom 21,43 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,70 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Das stabile Wetter führt auch am Mittwoch zu dem fast gleichen Bild wie Montag und Dienstag. Hohe Importpreise – außer am frühen Morgen –, tiefe Exportpreise. Vielleicht ist Ihnen bereits aufgefallen, dass die Niederlande bereits die ganze Woche praktisch den ganzen Tag über Strom nach Deutschland exportieren. Da liegt wahrscheinlich eine vertragliche Regelung vor. Ob da tatsächlich die jeweiligen Börsenpreise bezahlt werden, wage ich zu bezweifeln. Mit Dänemark könnte es ähnlich aussehen.

Donnerstag, 23.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 41,27 Prozent, davon Windstrom 7,14 Prozent, Sonnenstrom 21,43 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,7 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Donnerstag ist von den Werten (Energy-Charts) her, aber auch als Bild ein Abbild des Mittwoch. So wird der Tages– und Wochenverlauf „verfestigt“. Die Im-, und Exportzahlen pro Land: Hier klicken.

Freitag, 24.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 48,06 Prozent, davon Windstrom 19,38 Prozent, Sonnenstrom 16,28 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,40 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung legt stark zu. „Zum Glück“ lässt die Sonnenstromerzeugung nach, so dass der Exportstrompreis mit 24 €/MWh noch im positiven Bereich liegt. Die Im- und Exportzahlen pro Land: Hier klicken

Samstag, 25.7.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 48,15 Prozent, davon Windstrom 13,89 Prozent, Sonnenstrom 19,44 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,81 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Einstieg in das Wochenende. Weniger Bedarf. Über Tag ist zu viel Strom im Markt. Die Preise fallen unter 20 €/MWh. Sie bleiben aber positiv. Da hat es schon schlimmere Tage gegeben.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

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Woher kommt der Strom? Schönes Frühlingswetter, zuviel Saft im Netz.

16. Woche

Exportkosten

Frankreich, Dänemark, die Schweiz sowie die Niederlande machten gute Geschäft. Nur der deutsche Stromkunde nicht. Der zahlt den höchsten Strompreis Europas. Die konventionellen Stromerzeuger ließen praktisch die letzten 5 Tage der 16. Woche die Stromunterdeckung bestehen, die sich durch schwache Windstromerzeugung ergab. Es wurde darauf spekuliert, dass der Strom günstiger eingekauft werden kann, als wenn man ihn selbst herstellt. Die Importpreise schwankten zwischen etwa 20 Euro und knapp 50 Euro/MWh. Die Exportpreise zwischen etwa 8 und -78 Euro/MWh.

Die Tabelle mit den aus den Energy-Charts entnommen Werten sowie der daraus generierte Chart zeigen die physikalischen Stromflüsse nach. Agora weist die kommerziellen Handelsflüsse auf. Daher kommt es zu den unterschiedlichen Werten bei den Import-/Exportzahlen.

Die Corona-Krise ließ den Strombedarf auch in der Woche nach Ostern sinken. Allerdings nicht in dem Ausmaß, wie man vermuten könnte. Der Strombedarf verlagert sich offensichtlich in die Haushalte.

Tagesanalysen

Sonntag, 12.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,70%, davon Windstrom 19,15%, Sonnenstrom 24,47%, Strom Biomasse/Wasserkraft 18,09%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Ostersonntag ist bedarfsarm. Die konventionelle Stromerzeugung wurde stark heruntergefahren. Zum Ende des Tages reicht auch eine verstärkte Pumpspeicherstromerzeugung nicht, um den Bedarf zu decken. Stromimporte werden nötig. Vor allem Frankreich profitiert.

Montag, 13.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 76,27%, davon Windstrom 46,61%, Sonnenstrom 15,25%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,41%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der immer wieder rekordverdächtige Ostermontag: Tatsächlich spielen Sonne und Wind mit. Die mittels erneuerbarer Energieträger erzeugte Strommenge erreicht fast 77%. Nicht ganz der Rekord (78,88). Aber immerhin. Der Wermutstropfen. Zum großen Teil (7:00 bis 19:00 Uhr) muss der Strom verschenkt werden. Zum größten Teil sogar mit Bonus (10:00 bis 18:00 Uhr).

Dienstag, 14.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,04%, davon Windstrom 31,58%, Sonnenstrom 18,42%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,04%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ich weiß nicht, ob auch das ein Rekord ist. Aber heute ab 12:00 Uhr beginnt eine sehr lange Stromunterdeckungsphase. Europa, übernehmen Sie. Decken Sie die Versorgungslücken des größten Industrielandes des Kontinents. Hört sich gut an, stimmt aber nicht ganz. Morgen, am 15.4.2020 gibt es einen Unterbruch von 10:00 bis 15:00 Uhr. Aber dann …

Mittwoch, 15.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,41%, davon Windstrom 27,97%, Sonnenstrom 22,03%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,41%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute Mittag – die Sonne scheint kräftig – wird tatsächlich noch mal etwas Strom exportiert, zum Teil praktisch verschenkt. Ansonsten wird Strom importiert. Heute ist auch Österreich dabei.

Donnerstag, 16.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,63%, davon Windstrom 15,74%, Sonnenstrom 24,07%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,81%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wenig Wind, viel Sonne, den ganzen Tag belässt es die deutsche Stromversorgungsindustrie bei einer kompletten Stromunterdeckung. Man will offensichtlich nicht. Zwar wird Pumpspeicherstrom erzeugt. Doch der langt bei weitem nicht aus. Der Im-/Exportchart zeigt,  dass heute mal Tschechien ein gutes Geschäft mit den Preisdifferenzen macht. Aber auch Österreich.

Freitag, den 17.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,96%, davon Windstrom 9,62%, Sonnenstrom 25,00%, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,35%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

War die Windstromerzeugung bereits gestern sehr schwach, so liegt sie heute nahezu komplett darnieder. Über den Tag: Still ruht die See. Tschechien und Österreich sind auf den Geschmack gekommen. Preisdifferenzen werden genutzt. Gewinn eingefahren. Die Niederlande und Dänemark liefern viel Strom. Selbstverständlich ist das alles geplant von der deutschen Stromwirtschaft. Vielleicht profitiert sie sogar das ein oder andere Mal mit den Spekulationen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass der deutsche Stromkunde …

Samstag, 18.4.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 60,78%, davon Windstrom 22,55% Sonnenstrom 21,57%, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,67%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die lange Phase der Stromunterdeckung endet am Mittag. Es droht gleichwohl Ungemach. Denn, statt dass die Windstromerzeugung relativ gemächlich zulegt, macht sie praktisch jeden Tag der nächsten Woche einen Sprung nach oben. Heute aber ist alles im relativ grünen Bereich. Deutschland importiert – bis auf die Mittagsspitze – Strom zu moderaten Preisen. Die konventionellen Stromerzeuger bewegten sich die gesamte Woche in einem relativ engen Fenster. Wenn man von der regelmäßigen Erzeugung von Pumpspeicherstrom absieht.

Aktuelles Lebensumfeld nicht weiter verschandeln lassen

Frau Hermine Mut fragte im Kommentarbereich des Artikels 14. Woche: Jeden Dienstag lesen wir aufs Neue, dass Strom von Frankreich, der Schweiz und Österreich nach Deutschland importiert werden musste – Pumpspeicherkraftwerke machen es möglich.  Frage hier: wäre es nicht möglich, auch in D eine größere Anzahl/Kapazität an diesen Pumpspeicherkraftwerken zu bauen – Gebirge vom Harz bis zum großen Arber und Berchtesgaden sind doch vorhanden?? Was steht dem entgegen? 

Die Pläne  von Trianel (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen). Jeweils ein Pumpspeicherkraftwerk in Nethe (NRW) und Schmalwasser (Thüringen) (Abbildung 1) und zuvor in der Eifel (Abbildung 2) wurden aufgegeben. Nicht zuletzt der Widerstand betroffener Bürger trug zu diesem Ergebnis bei. Die Menschen wollen nicht ob einer sehr ungewissen Klimazukunft in 30 bis 80 Jahren ihr aktuelles Lebensumfeld noch weiter verschandeln lassen (Abbildung 3). Allein die Windkraftanlagen in der Eifel lassen von der ursprünglich-natürlichen Landschaft kaum noch etwas übrig. Aber auch ein Pumpspeicherkraftwerk allein hat schon gigantische Ausmaße. Bilder des größten Pumpspeicherkraftwerks Goldisthal (Thüringen) in Deutschland belegen dies (Abbildung 4).

Deutschland importiert in der Tat aus Frankreich und der Schweiz Strom, wenn dieser benötigt wird. Doch nur ganz selten Strom aus Österreich. Dieses Land ist regelmäßig auf Strom aus Deutschland angewiesen. Es deckt damit vor allem den eigenen Bedarf. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Deutschland auch Strom aus Dänemark, den Niederlanden und Schweden importiert. Länder nördlich/westlich von Norddeutschland gelegen. Ein Beleg, dass auch -zigtausende installierte Windräder in Norddeutschland kaum Windstrom erzeugen, wenn kaum Wind weht. Und deshalb Strom aus Nordländern importiert werden muss. (Abbildung 5).

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

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Woher kommt der Strom? Hellflaute oder Dunkelwind

15. Woche

Die 13. Woche war so ein Zeitraum. Viel Sonne begleitet von einem kühlen Wind. In der Regel aber weht bei angenehmen Temperaturen und Sonnenschein ein laues Lüftchen. So, wie wir es lieben. Oder soll es wegen einer ertragreichen Windstromerzeugung immer stürmen? Mitnichten.

Ein weiteres Dilemma liegt in der Tatsache begründet, dass die Sonne nur über Tag scheint. Strom wird aber rund um die Uhr benötigt. Zwar sinkt der Bedarf in der Nacht. Doch er ist vorhanden. Viele Betriebe und Industrien arbeiten rund um die Uhr. Vor allem auch besonders stromintensive Industrien und Firmen. Wenn nun eine Schönwetterlage über Deutschland herrscht, bleibt der Wind auch des Nachts ruhig. Mit entsprechend geringer Windstromerzeugung.

Selbstverständlich stellen sich die Leser dieser Kolumne in Zeiten des Corona-Lockdowns die Frage, ob der Strombedarf wegen des Lockdowns gesunken ist. Wie diese Grafik zeigt, ist der Bedarf seit dem 23.3.2020 in der Tat gesunken. Allerdings nicht in dem Ausmaß, wie es der eine oder andere Leser erwartet hätte. Erst in der 3. Woche des Lockdowns sinkt der Strombedarf gut sichtbar. Die weitere Entwicklung des Strombedarfs wird selbstverständlich weiterverfolgt und per Chart dokumentiert.

Die Betrachtung der Tabelle, welche aus den Werten der Energy-Charts erstellt wird, belegt ein Absinken des Bedarfs. Selbstverständlich spielen die Osterfeiertage eine Rolle. Ein Blick auf die Osterwoche 2019 belegt, dass das 2020 nicht der entscheidende Faktor sein kann. Corona, der Lockdown spielt die entscheidende Rolle.

Der aus der Tabelle generierte Chart und vor allem der Im-/Exportchart des Agorameters belegen, dass Deutschland sich auch in der 15. Woche auf Stromimporte aus dem benachbarten Ausland verlässt. Vor allem Frankreich und die Schweiz liefern Strom. Strom – es ist natürlich nicht derselbe Strom –, den sie vorher günstig von Deutschland erworben haben. Oder vielleicht sogar geschenkt, mit Bonus. Wie diese Woche am 5.4.2020.

Im Wochenchart Im-/Export, der ebenfalls aus den Werten der Energy-Charts erstellt wurde, wird ersichtlich, dass auch Dänemark und Schweden Strom nach Deutschland liefern. Das belegt wieder mal eindrucksvoll, dass auch zigtausende Windkraftanlagen, aber auch irgendwelche Durchschnittsberechnungen in Bezug auf erneuerbare Energieträger nichts nützen, wenn kaum Wind weht und die Sonne nicht scheint. Denn der aus Skandinavien importierte Strom versorgt Norddeutschland, das Land der Windkraft. Zur Vervollständigung hier noch der Im-/Exportchart, der die Jahreswerte 2020 darstellt.

Tagesanalysen

Sonntag, 5.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 74,40%, davon Windstrom 40%, Sonnenstrom 21,60%, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,8%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der letzte Tag der Woche, an dem der Wind ordentlich – im Sinn der Windmüller – weht. Mit der Folge, dass über Mittag der viel zu viel im Markt vorhandene Strom verschenkt werden muss. Mit Bonus. Insgesamt werden den ganzen Tag nicht einmal 20 €/MWh erzielt.

Montag, 6.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 66,93%, davon Windstrom 33,07%, Sonnenstrom 20,47%, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,39%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute zeigt sich sehr schön, dass Deutschland immer dann, wenn es Strom importieren muss, um den Bedarf zu decken, entstehende Preisspitzen vergüten muss. Ist eine solche Spitze am Morgen mit 21,81 €/MWh noch recht gering, steigt der Preis um 20:00 Uhr auf 43,33 €/MWh, die Deutschland hinblättern muss. Vor allem die Schweiz macht kleine, aber feine Geschäfte. Mit Strom auch aus Kernkraftwerken.

Dienstag, 7.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,75%, davon Windstrom 14,91%, Sonnenstrom 21,93%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,91%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute reicht Deutschlands eigene Stromerzeugung zu keinem Zeitpunkt aus, um den Bedarf zu decken. Ob gewollt oder nicht. Irgendwann werden die Nachbarn der größten Volkswirtschaft in Europa etwas „husten“. Dann, wenn der erzeugte Strom selbst benötigt wird. Wie auch immer. Die Importpreise sind moderat. So geht die Rechnung rein rechnerisch auf. Dass die deutschen konventionellen Kraftwerksbetreiber praktisch nur den Brennstoff Kohle oder Erdöl (Kernkraft läuft in der Regel durch!) sparen, die laufenden Kosten aber weiter anfallen, das ist Fakt. Deshalb ist für zum Beispiel 30 €/MWh importierter Strom dennoch kostspielig. In der Gesamtrechnung.

Mittwoch, 8.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,44%, davon Windstrom 14,16%, Sonnenstrom 22,12%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,16%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zog die Windstromerzeugung etwas an. Am Mittwochmorgen dann der Rückgang nahe Null. Übrigens auch auf See. Bis 6:00 Uhr halten sich Im- und Export die Waage. Dann das gleiche Bild wie gestern: Deutschland importiert Strom. Vor allem aus Frankreich und der Schweiz. Diesmal macht Österreich ein gutes Geschäft. Billig einkaufen, teuer verkaufen. Geht doch.

Donnerstag, 9.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,00%, davon Windstrom 14,91%, Sonnenstrom 20,18%, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,91%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute gibt es nur über die Mittagsspitze genügend Strom aus deutscher Produktion. Die Windstromerzeugung verharrt auf niedrigem Niveau. Deutschland exportiert zu geringen Preisen und kauft teurer ein. Wie gehabt.

Freitag, 10.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,61%, davon Windstrom 10,31%, Sonnenstrom 25,77% Strom Biomasse/Wasserkraft 17,53%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Freitag: Der Einstieg in das Wochenende. Ein ähnliches Bild wie gestern. 

Samstag, 11.4.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 55,91%, davon Windstrom 9,68% Sonnenstrom 27,96%, Strom Biomasse/Wasserkraft 18,28%. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Auch am Wochenende zeigt sich das Wetter von seiner besten Seite. In der Nacht zum Sonntag zieht die Windstromerzeugung etwas an, um über Tag wieder abzuflauen. Die Sonne scheint kräftig. Der Preisverlauf ist wie jeden Tag. Die Windmüller hoffen auf „besseres“ Wetter = mehr Wind. In dem Zusammenhang noch ein Hinweis. Wenn Sie sich in der Tabelle die Summe Biomasse, Wasserkraft anschauen, stellen Sie fest, dass die erneuerbaren Energieträger immer 0,16 bis 0,17 TWh Strom pro Tag erzeugen. Das Maximum dürfte bei 0,2 TWh liegen. Dieser Teil der Stromerzeugung ist damit praktisch ausgereizt. Lediglich die höchst volatilen erneuerbaren Energieträger Wind- und Sonnenkraft sind „beliebig“ ausbaubar. Was immer auch eine große Abhängigkeit von Wind und Sonne bedeutet. Kurz gesagt: Eine verlässliche und kontinuierliche Stromversorgung ist faktisch unmöglich. Denn auch eine Verdoppelung von Wind- und Sonnenkraftanlagen würde das Dilemma dieser Woche nicht lösen. Zwar stünde tagsüber dank Sonnenstrom viel zu viel Strom zur Verfügung. Die Verdoppelung der installierten Leistung Windkraft hätte hingegen kaum Effekte. Weil dadurch zwar mehr Wind geerntet würde. Aber auch nur das Doppelte von wenig. Das bleibt halt wenig.

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Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

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Trotz Netz-Chaos laufend Rekordmeldungen – die Erneuerbaren-Gaukelei

Doch je mehr Strom mittels Wind- und Sonnenkraft erzeugt werden wird, desto kritischer wird es werden mit der Versorgungssicherheit. Denn die von mir so genannte Netzausregelungsreserve, die nicht nur aus der im Vorfeld kalkulierten und eingekauften Regelenergie besteht, sondern auch aus Kohlekraftwerken, die dann, wenn erneuerbar erzeugter Strom wegbricht, aus einem Bereitschaftsmodus Strom erzeugen, der, wenn er für die Versorgung  Deutschlands benötigt wird, in das Netz eingespeist, oder – bei Nichtbedarf in Deutschland – ins benachbarte Ausland verkauft wird. Dahinter verbirgt sich auch ein spekulatives Moment. Wichtig: Das Kraftwerks- und Netzmanagement ist insgesamt ein höchst komplex-komplizierter Vorgang, der hier von mir nur ansatzweise und vor allem in seinen Auswirkungen abgehandelt werden kann.

Jetzt, zum Herbst, zum Winter, ist der tägliche Strombedarf hoch. Es kommt immer wieder – Paradebeispiel 42. Woche – zu erheblichen Einbrüchen der Wind- und Sonnenstromerzeugung. Nun müssen die auf „Reserve“ laufenden thermischen Kraftwerke einspringen. Manchmal reicht aber auch das nicht aus. Dann wird Strom aus dem benachbarten Ausland importiert. Bei entsprechenden Kosten. Wie wir unten sehen werden. Am 14., 15. und 17. Oktober 2019.

Die Detailzahlen der 42. Woche in der Tabelle und der daraus generierte Chart. Wie immer mit den Werten des Fraunhofer ISE.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 13.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 59,68 Prozent

Der heutige Sonntag ist von einer durchgängig mehr als ausreichenden Stromübererzeugung gekennzeichnet. Mit der Folge, dass der Export-Strompreis bis auf zwei Ausnahmen (00:00 und 18:00 Uhr) die 30.000 Euro Marke pro GWh nicht erreichte. Weil nach Sonnenuntergang die über Tag angestiegene Windstromerzeugung die untergehende Sonne strommäßig ausgeglichen hat, fiel der Preis ab 19:00 Uhr noch mal stark. Um 23:00 Uhr wurden – wie bereits um 14:00 Uhr – lediglich unter 5.000 Euro pro GWh erzielt.

Montag, 14.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 43,71 Prozent

Zum Sonnenaufgang hin nahm die Windstromerzeugung stark ab. Es entstand von 6:00 bis 9:00 Uhr eine Versorgungslücke – Regelenergie hin, (auch spekulative) Kraftwerksreserve her – die durch Importstrom, vor allem aus Dänemark, aus Frankreich und der Schweiz, geschlossen werden musste. Die Länder lassen sich das gut bezahlen.

Dienstag, 15.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 34,93 Prozent

Zum Glück zog die Windstromerzeugung ab 18:00 Uhr wieder an. Sonst wäre es in der Nacht zum Mittwoch recht eng geworden. So tat sich nur zwischen 16:00 und 21:30 Uhr eine recht ordentliche Versorgungslücke auf. Etwa 20 GWh fehlender Strom musste zugekauft werden. Preis: Bis zu 67.000 € pro GWh um 19:00 Uhr für 4,569 GWh.

Mittwoch, 16.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 44,16 Prozent

Der „ruhigste“ Tag der Woche.  Es gibt sogar Zeiträume, in denen Strom zu auskömmlichen Preisen exportiert werden kann.

Donnerstag, 17.10.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 38,82 Prozent

Nach Sonnenuntergang tut sich eine Lücke bei der Bedarfsdeckung auf. Die Schweiz hilft aus. Sie verkauft Deutschland einen Teil der Strommenge zu Preisen von weit über 50.000 €, welchen sie genau diesem Deutschland in den Stunden zuvor um einiges günstiger abgenommen hat. So, wie die Schweiz es auch wieder ab 21:00 Uhr tut.

Freitag, 18.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 50,32 Prozent

Im Verlauf des Freitags – ab 8:00 Uhr – zieht die Windstromerzeugung an. Die Sonne scheint ziemlich schwach. Überschüssiger Strom muss dennoch zu recht günstigen Preisen abgegeben werden.

Samstag, 19.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 50,74 Prozent

Wochenende. Das bedeutet verhältnismäßig wenig Strombedarf in Deutschland. Nur am Sonntag ist er noch geringer. Im Herbst, im Winter aber immer über 1 TWh pro Tag. Auch am Wochenende. Die in Deutschland erzeugte Strommenge ist mehr als ausreichend. Es wird durchgängig Strom exportiert. Sogar an der kritischen Schnittstelle 17:00 Uhr. Etwas später, um 19:00 Uhr, werden sogar 47.900 Euro pro GWh erzielt. Für immerhin 4,519 GWh. Ansonsten liegt der Exportpreis nahezu durchgängig unter 40.000 Euro pro GWh.

Rekordmeldungen sind Gaukelei

Der BDEW meldet einen neuen Rekord in Sachen Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger, (Abbildung 1 bitte unbedingt anklicken. Sie öffnen gleichzeitig alle Abbildungen und Mehr.) In den ersten 3 Quartalen 2019 wurden 183 TWh Strom aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft gewonnen. Wenn man 3/4 des Primärenergiebedarfs Deutschlands, das sind 2.688 TWh zugrunde legt, machen die 183 TWh Strom aus Erneuerbaren insgesamt 6,39 Prozent aus. Das hört sich ganz anders als die jubilierend „Rekord“ genannten 42,9 Prozent an. Der Korrektheit ist es geschuldet, wenn erwähnt wird, dass neben der Stromerzeugung durch Erneuerbare weitere Teile des Primärenergiebedarfs erneuerbar erzeugt werden. Biomasse wird in erheblichem Umfang auch zwecks Energieerzeugung zum Heizen, zum Fahren usw. verwendet. Insgesamt betrug der Anteil der Erneuerbaren an der Primärenergie 2018 in Deutschland gut 14 Prozent. Wobei der Anteil von Wind- und Sonnenenergie lediglich 4,45 Prozent betrug (Abbildung 2). Auch wenn dieser Anteil im Jahr 2019 und später insgesamt auf über 5 Prozent, vielleicht sogar an die 6 Prozent steigen sollte, ist und bleibt das Ergebnis ernüchternd. Vor allem auch im Hinblick auf den finanziellen Aufwand, der dafür nötig war, ist und sein wird.

Energiewendefreunde in Politik und Medien gaukeln dem angesichts der höchst komplexen Materie praktisch ahnungslosen Bürger immer wieder vor, die Energiewende sei mit „Rekorden“ auf einem guten Weg. Eine Energiewende, die ja kein Selbstzweck ist, sondern anderen Ländern Vorbild sein soll, damit diese auch endlich in die Rettung der Welt einsteigen. Was die anderen Staaten ganz sicher nicht tun werden. Dafür sind die Kosten zu hoch, ist das Ergebnis der bisherigen Energiewende in Deutschland einfach viel zu schwach.

Weit weg von der ganz großen Bühne „Primärenergie Deutschland“ möchte ich auf ein aktuelles Detailproblem der Stromversorgung in Deutschland hinweisen. Die Netzentgelte müssen zum Teil dort gezahlt werden, wo sie anfallen. Bundesländer, zum Beispiel Brandenburg oder Schleswig-Holstein, mit vielen Windkraftanlagen werden benachteiligt. Die vielen Windkraftwerke müssen selbstverständlich an das allgemeine Stromnetz angeschlossen werden. Die entstehenden Kosten werden nicht auf die Netzentgelte deutschlandweit umgelegt, sondern auf das Netz des/der Netzbetreiber(s) des jeweiligen Bundeslandes, das Netz, welches die Gemeinde versorgt, das Netz, wo die Windkraftanlagen gebaut und angeschlossen wurden. Mit der Folge, dass die Stromkunden in diesem Bereich nicht nur die Windräder vor der Haustür haben, sondern oft auch noch die dadurch entstandenen Mehrkosten tragen müssen.

Den Anbieter gegebenfalls wechseln

Beispiel (Abbildung 3): Ein Haushalt in Neuruppin (Brandenburg) zahlt für 3.500 KWh Haushaltsstrom gemäß Vergleichsportal bei den Stadtwerken Neuruppin 1.149,48 Euro. Die 3.500 KWh Haushaltsstrom kosten bei den Münchener Stadtwerken 1.091,21 Euro. Das sind 9,5 Prozent weniger als in Neuruppin. Hinzu kommt, dass die Menschen in Neuruppin wesentlich weniger verdienen als in der bayerischen Landeshauptstadt. Das verschärft die Ungerechtigkeit noch mal. Selbstverständlich ist jedem – egal, ob in Neuruppin, München oder sonst wo – zu empfehlen, jedes (!) Jahr einen Stromvergleich zu fahren und den Anbieter gegebenfalls zu wechseln. Damit kann eine Menge Geld gespart werden.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Menschen in den Ländern mit vielen Solar- und Windkraftanlagen in Sachen Energiewende durch Lärm, Flächenversiegelung und den höheren Preis doppelt belastet werden. Sie haben nicht nur die Windkraftanlagen mit allen Nachteilen vor der Haustür, sie bezahlen auch noch mehr für ihren Strom. Immerhin wird dieses Problem aktuell angegangen. Bis 2023 sollen die Netzentgelte schrittweise bundesweit vereinheitlicht worden sein (Abbildung 4).

Vergangene Woche habe ich über das klimapolitisch vollkommen unsinnige Abschalten des KKW Philippsburg 2 berichtet. In diesem Zusammenhang habe ich auch die geringe Ausbeute von Strom aus Wind- und Sonnenkraftanlagen in Baden-Württemberg erwähnt. Da bin ich einer statistischen Ungenauigkeit aufgesessen. In der Übersicht „Kraftwerke der allgemeinen Versorgung“ (Abbildung 5) sind unter dem Punkt „Sonstige erneuerbare Energieträger“ nicht Wind- und Sonnenkraftwerke, sondern nicht näher bezeichnete Energieträger wie vielleicht die Geothermie gemeint. Um die Angelegenheit wieder ins richtige Licht zu rücken, habe ich mir die Zahlen für Baden-Württemberg 2017 (Abbildung 6) angeschaut. Da macht die Windstromerzeugung 3,3  Prozent der Gesamtstromerzeugung Baden-Württembergs aus. Der Sonnenstromerzeugungsanteil liegt immerhin bei 8,2 Prozent. Macht mit 11,5 Prozent  insgesamt nur einen Bruchteil, konkret nicht mal die Hälfte des durchschnittlichen Anteils der bundesdeutschen Wind- und Sonnenstromerzeugung (Abbildung 7) aus.

Die Sache mit der „Windhöffigkeit“

Der geringe Ausbau insbesondere der Windkraftwerke hat Gründe. Zum einem ist es ganz sicher landschaftspolitisch nicht gewollt, die wenigen nahezu hundertprozent-windhöffigen (Windhöffigkeit meint die Eignung des Windes an einem Ort, ein Windrad anzutreiben) Gebiete wie zum Beispiel die Höhen des Schwarzwaldes oder der Schwäbischen Alb zu verunstalten, und damit Einbrüche im Tourismus zu riskieren. Zum anderen ist die Windhöffigkeit in Baden-Württemberg im Verhältnis zu den norddeutschen Bundesländern Niedersachsen, Brandenburg usw. insgesamt recht gering (Abbildung 8).

Hinzu kommt eine physikalische Besonderheit. In der Vergangenheit wurden Windkraftanlagen da gebaut, wo die Windhöffigkeit für Deutschland verhältnismäßig groß ist. Wenn denn nun aber zusätzliche Anlagen erstellt werden müssen, um z.B. den Wegfall des Stroms aus Kernkraftwerken – das sind bis Ende 2022 immerhin 76 TWh – auszugleichen, muss naturgemäß auch auf Standorte zurückgegriffen werden, wo der Wind nicht (so) ergiebig weht. Man könnte denken, dass z.B. 10 oder 20 Prozent weniger Wind auch nur 10, 20 Prozent weniger Stromerzeugung zur Folge hätten. Dem ist nicht so.

Die Windstromerzeugung steigt und sinkt mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Was bedeutet, dass zum Beispiel 20 Prozent weniger Wind fast 50 Prozent weniger Strom erzeugen. Um den gleichen Stromertrag, wie am Referenzstandort (= 100 Prozent = beste Windhöffigkeit) zu erzielen, wäre dementsprechend eine Verdoppelung der installierten Leistung Windkraft notwendig. Wenn man die Windkarte Baden-Württembergs und die Brandenburgs (Abbildung 8) nebeneinander betrachtet, wird der Unterschied sichtbar. Um den gleichen Stromertrag zu erlangen, müsste – wenn man von den Höhen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb absieht – wesentlich mehr Windkraftleistung installiert werden, um den gleichen Ertrag wie in der Fläche Brandenburgs zu erzielen. Allein der Unterschied zwischen den hellgelben Bereichen = 3,4 m/s und den dunkelgelben Bereichen der Windkarte Brandenburg = 4 m/s beträgt 15 Prozent. Da braucht es dann bereits gut 60 Prozent mehr installierte Windkraftleistung, um mit 3,4 m/s die gleiche Strommenge zu generieren wie mit 4 m/s.

Die Windhöffigkeit spielt für die Stromausbeute und damit für die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage deshalb eine mehr als entscheidende Rolle. Deshalb werden in verhältnismäßig windschwachen Gebieten wie z.B. Baden-Württemberg und Bayern nur relativ wenige Windkraftwerke gebaut (werden). Im Zusammenhang mit der Windhöffigkeit möchte ich erwähnen, dass mich Gerald Pesch aus Raeren (Belgien) auf diesen wesentlichen Sachverhalt im Einzelnen aufmerksam gemacht hat. Von Gerald Pesch stammt auch das Berechnungsprogramm zur Windhöffigkeit und ihrer Auswirkung, welches Sie neben diversen Musterberechnungen unter Abbildung 8 ganz unten aufrufen können.

Im Übrigen bekomme ich viele, viele Zuschriften – sogar in Neuseeland wird die Kolumne gelesen – mit wertvollen Hinweisen und Fragen. Etliches fließt in meine Artikel ein. Vieles hilft, meine Kenntnisse zu erweitern. Vor allem aber beweist es, dass es noch eine große Anzahl Menschen gibt, die sich nicht ein X für ein U vormachen lassen. Vielen Dank dafür.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Es wurden die Zahlen 2017 – bisher 2015 – hinterlegt. Es gibt tatsächlich Länder mit wirklich wenig CO2-Ausstoß. Schauen Sie mal in den Tschad oder nach Mali. Das wären doch so richtige Paradiese für unsere FFF- und XR-Zeitgenossen. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Zuerst erschienen bei der Achse des Guten.