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Der Energy Charter Treaty (ECT) von 1994 stört die „Energiewende“.

Die meisten Europäer haben wohl von der 1991 nach dem Ende des Kalten Krieges mühsam ausgehandelten, 1994 in Lissabon unterzeichneten und im April 1998 in Kraft getretenen Internationalen Energie Charta noch nie gehört. Auch viele Politiker scheinen sich nicht der Energiecharta erinnert zu haben, als sie das Pariser Klima-Abkommen und den „Green Deal“ der EU beschlossen. Nun werden sie gewahr, dass sie sich damit das Risiko Milliarden schwerer Schadensersatz-Forderungen eingehandelt haben.

Der Energiecharta-Vertrag (ECT) wurde nach dem Ende des Kalten Krieges ausgehandelt mit dem vordringlichen Ziel, die Energiewirtschaft der Ex-Sowjetrepubliken und der osteuropäischen Staaten in die europäischen und globalen Märkte zu ermöglichen. Um Investoren in Länder mit unsicherer Rechtslage zu locken, gewährt der Vertrag Auslandsinvestitionen einen besonderen Schutz, zumal sich Investitionen in Großkraftwerke meist erst nach etlichen Jahren rechnen. Bis 20 Jahre nach seinem eventuellen Austritt aus dem Vertrag kann ein Staat von privaten Energieproduzenten mithilfe nicht öffentlich tagender Schiedsgerichte noch zu hohen Schadensersatzzahlungen verpflichtet werden (Art. 47). Im gleichen Sinn sollen die Meistbegünstigungsklausel und ein Diskriminierungsverbot entsprechend den Regeln der Welthandelsorganisation WTO wirken. Dabei soll allerdings die nationale Souveränität über die Energieversorgungs-Infrastruktur nicht angetastet werden (Art. 18 ECT). Die Partnerstaaten sind nicht verpflichtet, Dritten Zugang zu ihrer Infrastruktur zu gewähren. Es gibt auch keine Verpflichtung, Energie-Unternehmen im Staatsbesitz zu privatisieren oder zur Zerschlagung vertikal integrierter Energie-Konzerne. Schließlich soll der Vertrag auch die Transparenz und Effizienz von Energiemärkten fördern. Diese werden im Protokoll zur Energieeffizienz und damit zusammenhängenden Umweltaspekten (PEEREA) festgehalten. Dieses trat im April 1998 zusammen mit dem ECT in Kraft.

Neben Ländern wie Australien und Island, die sich wegen ihrer Insellage kaum Vorteile vom ECT versprachen, haben auch Norwegen, Weißrussland und Russland dem Vertrag nur zögernd zugestimmt. Russland machte die Ratifizierung von einem Energie-Transit-Protokoll abhängig, das im Rahmen des Beitrittsprozesses Russlands zur WTO und auch bilateral zwischen der Europäischen Union und Russland ausgehandelt werden sollte. Inzwischen haben 51 Länder sowie die EU und EURATOM den Vertrag unterzeichnet. Australien, Island, Norwegen, Weißrussland und Russland haben den Vertrag noch nicht ratifiziert, wenden ihn aber provisorisch an, soweit er ihren nationalen Gesetzen und Regelungen nicht widerspricht. Italien hat im Frühjahr 2015 sein Ausscheiden aus dem ECT bekannt gegeben, um seinen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 370.000 Euro einzusparen. Es unterliegt aber nach Artikel 47 des ECT noch bis 2036 den Entscheidungen der ECT-Schiedsgerichte.

Das hat offenbar die Verfechter der Ideologie-getriebenen „Energiewende“ alarmiert. Im Vergangenen Jahr riefen Autoren des 6. Sachstandsberichts des IPCC und linke Ökonomen die EU in einem offenen Brief zum Ausstieg aus dem ECT samt dessen „Sunset Clause“ (Art. 47) auf, die es Investoren erlaubt, Regierungen bis 20 Jahre nach deren Austritt aus dem ECT zu verklagen . In dessen Begründung heißt es: „Energieunternehmen nutzen den ECT, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu verlangsamen. Zum Beispiel verklagt der britische Ölkonzern Rockhopper Italien wegen des Verbots der Ölförderung in den Küstengewässern des Landes und fordert das Siebenfache der Summe, die das Unternehmen ursprünglich investiert hat. Der britische Energiekonzern Ascent Resources verklagt Slowenien, weil es von dem Unternehmen eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt, bevor es mit der Erdgasexploration durch Fracking beginnt. In den Niederlanden hat der Betreiber eines Kohlekraftwerks ein Schiedsgerichtsverfahren gegen das Kohleausstiegsgesetz der niederländischen Regierung eingeleitet, in dem er laut Medienberichten 1 Milliarde Euro Entschädigung fordert. Die bloße Androhung solcher Klagen kann schon ausreichen, um Regierungen von einer Gesetzgebung im öffentlichen Interesse abzubringen. Daher sehen die Unterzeichner*innen dieses Briefes den Energiecharta-Vertrag als ein großes Hindernis für die Umsetzung des Pariser Abkommens und des europäischen Green Deals.“ (zit. nach Attac Austria)

In diesem Jahr hat nun Nico Schmidt von dem von der Soros-Initiative und anderen verdächtigen Stiftungen gesponserten aktivistischen Recherche-Netzwerk „Investigate Europe“ in „Buzzfeed News“ die Alarmglocke betätigt und fand dabei in anderen Blättern des Ippen-Digital-Netzwerks ein breites Echo. Schmidt und seine Kollegen fürchten, Konzerne könnten bereits durch die Androhung von Milliarden teuren Schiedssprüchen („regulatory chill“) das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klima-Abkommens und den „Green Deal“ der EU zu Fall bringen. So habe zum Beispiel der französische Staat unter dem früheren Umweltminister Nicolas Hulot im Jahre 2017 auf das angekündigten Total-Verbot der Förderung fossiler Energie-Rohstoffe verzichtet, um ein teures Schieds-Verfahren nach dem ECT zu vermeiden. Insgesamt gebe es in der EU Energie-Infrastrukturen (Kohle- und Gaskraftwerke, Flüssiggas-Terminals, Ölfelder und Pipelines) im Wert von insgesamt etwa 350 Milliarden Euro, die Gegenstand von ECT-Schiedsverfahren werden könnten. Es gebe bereits Beispiele, in denen es Konzernen gelungen ist, wegen entgangener Gewinnchancen ein Vielfaches des aktuellen Buchwertes ihrer Investitionen zu erstreiten.

Dadurch wird die auf reinem Wunschdenken fußende deutsche „Energiewende“ noch teurer als ohnehin schon bekannt. Der wegen des in Deutschland beschlossenen Kohleausstiegs bis 2038 zwischen dem Bund und den Konzernen RWE und Leag kürzlich unterzeichnete Kohleausstiegsvertrag enthält deshalb vorsorglich diesen Paragrafen: „Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die Gesellschaften auf Forderungen und Ansprüche aus dem Energiecharta-Vertrag verzichten.“ Wieviel Geld die Bundesregierung diesen Konzernen für den Forderungsverzicht angeboten hat, wurde nicht offiziell bekanntgegeben. Es muss sich aber um Milliardensummen handeln. Im Fall der Leag, die wegen ihrer ausländischen Kapitalbasis nach dem ECT klagen könnte, ist von 1,735 Milliarden Euro die Rede. Der schwedische Staatskonzern Vattenfall prozessiert schon seit 2012 wegen des 2011 beschlossenen Atomausstiegs gegen den deutschen Staat. Dabei geht es um mehr als 6 Milliarden Euro. Ein Urteil wird in diesem Frühjahr erwartet.

Der deutsche RWE-Konzern klagt zurzeit vor einem Schiedsgericht gegen die Niederlande auf eine Entschädigung von 1,4 Milliarden Euro, weil er in seinem Kraftwerk Eemshaven ab 2030 keine Kohle mehr verfeuern darf. Gegen Italien klagt der britische Ölkonzern Rockhopper vor einem Washingtoner Schiedsgericht auf eine Entschädigung von mehr als 200 Millionen Euro, weil er das von ihm mit Investitionen von etwa 23 Millionen Euro teilweise schon erschlossene Ölfeld „Ombrina Mare“ in der Adria nicht ausbeuten darf.

Deshalb mehren sich vor allem in südlichen EU-Mitgliedsstaaten nun Stimmen, die einen „koordinierten Austritt“ der EU aus dem ECT fordern. Damit würde zumindest Konzern-Klagen innerhalb der EU die Rechtsgrundlage entzogen. Doch Nico Schmidt hält selbst ein entsprechendes Abkommen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten für „höchst unwahrscheinlich“. Das Brüsseler ECT-Sekretariat bemüht sich unterdessen – vermutlich nicht ohne Erfolg – darum, den Energie-Pakt auf Afrika auszudehnen. Das brächte den Afrikanern die Chance, endlich zu einer verlässlichen Energieversorgung zu gelangen. „Pacta sunt servanda“ (Verträge müssen eingehalten werden) heißt einer der bewährten Grundsätze des alten römischen Rechts. Ohne Rechtssicherheit würde die Energiewirtschaft den Herausforderungen des Klimawandels (gleich in welche Richtung) kaum begegnen können. Anfang März tagt die nächste Verhandlungsrunde der Modernisierungsgruppe des ECT.

Aktivistische Netzwerke wie „Investigate Europe“ leben von der Denunziation der Geschäftsinteressen großer Konzerne. Doch auch ihr Insistieren auf dem angeblich wissenschaftlich abgeleiteten 1,5-Grad-Ziel der Klimapolitik ist nichts anderes als ein Geschäftsmodell – im Dienste von Investoren in Wind- und Solarkraftwerke sowie für den nimmersatten Staat. Im Unterschied zu Konzernen, die in Kohle- und Gaskraftwerke investieren, können diese aber keine zuverlässige Energieversorgung garantieren. In besserwisserischer Manier setzten die Klima-Aktivisten auf „Alternativen“, die sich am Ende meist als umweltbelastender erweisen als die von ihnen verschmähten „fossilen“ Energiequellen.




ECT-Vertrag: Abwehrkampf der Automobilindustrie gegen die EU hinter den Kulissen

Nur wenigen Bürgern ist heuer bekannt, daß Brüssel sogenannte Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß der Autos europäischer Hersteller festgelegt hat, deren Überschreitung mit Milliardenstrafen geahndet wird. Deutlich bekannter ist die erzwungene Abschaltung sicherer und für alle wirtschaftlicher Kernkraftwerke in nächster Zeit; und die Abschaffung aller Kohlekraftwerke bis 2038.

Ihrer gezielten Ruinierung haben die Energielieferer zum Glück ein juristisches Mittel entgegenzusetzen, das als Energy-Charta treaty ECT bekannt ist. Firmen und Konzerne können unter Ausschluß der Öffentlichkeit vor Schiedsgerichten klagen, wenn Politiker ihr Geschäft schädigen wollen. Meist ist das Gericht der Weltbank in Washington Ort der Verhandlung. Die Verfahren sind nicht uneffektiv: Bislang wurden viele der 51 ECT-Mitgliedsländer zu mindestens 46 Milliarden Euro Schadensersatz verurteilt; es könnten auch wesentlich mehr sein, da nicht alle Ergebnisse publiziert werden.

Für die Bürger und Steuerzahler sind die ECT-Verfahren nicht unbedingt von Vorteil, da zum Beispiel Vattenfall aus Schweden auf Schadensersatz für die erzwungene Stillegung seiner beiden Kernmeiler in Brunsbüttel und Krümmel klagt – etwa 4,5 Milliarden Euro kommen da auf den Fiskus zu.

Die ECT-Klagen können den Steuerzahler also noch teurer kommen als der „Klimaschutz“ an sich. Es gibt aber auch positive Beispiele: 2008 wollten Politiker aus Hamburg das Kohlekraftwerk Moorburg wegen „Umwelt“ etc. stoppen. Aber Hamburg konnte die Milliarden ECT-Strafen beim schlechtesten Willen nicht bezahlen; das KKW läuft.

Da die Alt-EU-Politiker ihre Felle davonschwimmen sehen, wollen sie nun die ECT-Schiedsgerichte entmachten, um ihre totalitäre und ruinöse Klimapolitik durchzuboxen. Der letzebuërgische Energieminister dazu:

Dieser Vertrag ist frontal gegen Klimaschutz, und deshalb muß er auch sehr tief reformiert werden.

Daher laufen derzeit Verhandlungen zur Reform des ECT. Der Klimaschutz soll nun rechtlich verankert werden, um die Schiedsgerichte komplett zu entmachten. Den Energieversorgern könnte damit fast jede Möglichkeit der juristischen Abwehr der Enteignung unter dem Etikett „Klima“ genommen. Was das für deutsche Kunden und Wähler bedeutete, ist klar: Die Profiteure von Solarkraft, Windkraft und CO2-Zertifikaten könnten immer effizienter Steuergelder in ihre Kassen umleiten.

Zum Glück sind gerade die osteuropäischen Staaten, gegen die sich der Vertrag ursprünglich richtete, widerspenstig. Auch das geistig nicht-verwestlichte Japan macht beim Abbau der internationalen Rechtssicherheit nicht mit; daher wird sich mutmaßlich nicht viel ändern.

Der Chef des ECT-Büros in Brüssel, ein Slowake (!), sagt dementsprechend:

Ich glaube keineswegs, dass der Energiecharta-Vertrag die Energiewende blockiert. Der ECT bietet Investoren und Regierungen den Raum den sie brauchen, um sich zu verständigen. Und wenn eine Regierung einem Investor seine Rechte nimmt, ohne ihn zu entschädigen, wäre das korrekt?

Nein. Zumindest nicht sachlich korrekt, sondern nur politisch.

Deutschland könnte aus dem ECT austreten, was das Kabinett Merkel IV bislang aber (noch) ablehnt. Eine grüne NGO-Sprecherin meint daher,

„Zu sagen, wir beschäftigen uns noch nicht einmal mit der Option eines Ausstiegs aus diesem Vertrag, ist auch nicht so anders, als den Klimawandel zu leugnen. Das sagt ja im Prinzip, es gibt kein Problem, wir können so weitermachen wie bisher.“

Man sieht, der „Klimawandelleugner“ wird mittlerweile zu einer ähnlichen Keule wie der Begriff „Nazi“ oder „Rechtspopulist“. Noch ein paar Jahre, und die globalen NGOs und Medien werden damit jedes Interesse privilegierter Transferleistungs-Empfänger durchboxen können.

Nebenbei: Die oben erwähnte NGO*, die Corporate Europe Observatory, wird zu 90% von „Zuschüssen“ finanziert, unter anderem von György Sorosens Open Society Foundations, einer Gruppe Pro-Massenmigrations-und Desindustrialisierungs-NGOs.

* NGO = engl. Nichtregierungsorganisation, meist von Regierungen via Steuergeld finanziert