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„Cancel culture“ für Verbrennungsmotoren in ganz Europa?

Im politischen Bereich macht gerade das Wort der cancel culture die Runde; es geht darum, „Klimaleugnern“ und anderen „Rechten“ wie Dieter Nuhr oder Lisa Eckhart (EIKE sowieso) jede Möglichkeit zu nehmen, sich kritisch zu äußern.

Übertragen auf die Klimawandelpolitik bekommen wir Bürger in Europa offenbar auch eine Abschaffungskultur für preiswerte und massentaugliche Individual-Fahrzeuge, die durch teure und langstreckenuntaugliche Elitengefährte mit den umweltverschmutzenden Cobalt-Lithium-Akkumulatoren. Das Königreich Norwegen will schon in fünf Jahren Verbrenner verbieten; die Stadt Mailand 2027. Das 17. deutsche Bundesland, die Balearen-Inseln mit Mallorca, will 2025 alle Diesel-Aggregate verbannen (Gruß von der Taxifahrer-Vereinigung).

Im Autoland Deutschland ist das trotz der weltweit stärksten Greta-Bewegung noch nicht so schnell möglich. Aber die Fridays-for-no-future-Lobbygruppen arbeiten schon daran: Das Bündnis #aussteigen forderte anläßlich der weitgehend ins Wasser gefallenen Internationalen Auto-Ausstellung IAA 2019 in Frankfurt allen Ernstes den sofortigen Ausstieg aus dem Wärmekraft-Verkehr und bis 2035 die totale Klimaneutralität auf den Straßen.

Die schwarzrote Bundesregierung Merkel IV tut, was sie kann, um die Forderungen der Abschaffungs-Extremisten zu erfüllen. So ist im Corona-Konjunkturpaket vom Juni keine Förderung beim Kauf von Kolbenmotor-Autos enthalten. Stattdessen werden wohlhabende Käufer aus der klimarettenden Klasse beim Erwerb von Elektro-Zweit(?)-Autos großzügig unterstützt. Auch die regierungstreuen Medien wie Heise.de trommeln fleißig und ahnungslos für die Abschaffung der sauberen hochgezüchteten Verbrennungsmotoren, dem Spitzenprodukt made in Germany:

Die Mär vom sauberen Verbrenner glaubt niemand mehr.

Zumindest in der Blase der Redaktionsaktivisten. Und die Automobil-Lobbyisten scheinen mittlerweile völlig aufgegeben zu haben – sie haben es nicht geschafft, eine Kauf-Förderung für ihre echten Autos im Corona-Paket durchzusetzen und wurschteln sich mit ihren Spielzeugautos auf Elektrobasis nur durch, um den heftigen EU-Strafzahlungen zu entgehen.

Einige haben aber Rückgrat und sagen der Fachpresse,

„Auf vielen Märkten werden hocheffiziente Verbrenner noch lange einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ Bernhard Mattes VDA, zur autozeitung

Das Klima kann und wird man zwar nie schützen; aber für eine saubere Atemluft mit wenig Feinstaub ist ein deutscher Diesel das Beste, was man kaufen kann, wie unsere Nachbarn in den angrenzenden östlichen Ländern nur zu gut wissen.

Die deutschen Käufer, die nur ein Auto haben (wollen) und kein moralisches Statussymbol brauchen, wissen es auch und weigern sich, den „fahrenden Elektroschrott“ (Zitat EIKE-Leser) zu kaufen. Im März gab es nur rund 137.000 Stromer auf deutschen Straßen; gegenüber >>40 Millionen Wärmekraft-getriebenen. Die Zahl soll selbst bei „optimistischer“ Entwicklung für die Lithium-Wagen in zehn Jahren noch aktuell sein. Pointe: Im Januar 2020 gab es fast 48 Millionen PKW in Deutschland, mehr als je zuvor.

Deutsche Hersteller werden an der Elektrifizierung des Verkehrs auf unseren Straßen gar nichts groß beitragen können, da die ausländischen Hersteller mit ihren relativ billigen Lithium-Kleinwagen den Markt beherrschen; dann kommt noch der „coole“ Tesla im Luxus-Segment hinzu, der mit seiner Giga-Fabrik bei Berlin von der Regierung zusätzlich gepäppelt wird. Heißt, die vom Euro-medienpolitischen Komplex um Merkel und UvdL gewollte große Transformation des deutschen Straßenverkehrs geht gleich doppelt zu Lasten unserer wichtigsten Industrie, die unseren Wohlstand schafft: Erstens werden Weiterentwicklung und Bau von Wunderwerken des Otto- und Dieselmotorbaus unterbunden; zweitens werden ausländische Konkurrenten mit ihren schlechteren Produkten künstlich auf unseren Märkten installiert.

Trotz daß die Manager und Lobbyisten unserer deutschen Autoindustrie derart zahnlos geworden sind, werden sie von Haltungsjournalisten als mächtige und gewiefte Trickser dargestellt, die mit „fragwürdigen Zahlen“ arbeiteten,

wie wir das von der Kohle- und Tabakindustrie gewohnt sind. (Heise)

Das kennen wir doch von der Hatz auf Heartland oder uns. Ein geschickter Schachzug von Ökoaktivisten, die lebensnotwendige Energie- und Fahrzeugindustrie mit der entbehrlichen Luxusindustrie der Tabakhersteller, deren Produkte tatsächlich gefährlich sind, zu vergleichen.

Dabei weist zum Beispiel der Sprecher des Vereins der Deutschen Ingenieure VDI nur auf reale Probleme hin:

Bei unserem Strom-Mix in Deutschland heute und in den folgenden Jahren [werden] die Elektrofahrzeuge zumindest die nächsten zehn Jahre hinsichtlich ihrer CO2-Emissionen mehr Schaden anrichten als die Vebrennungsmotoren.

Wenn Kohlen-zwei-Sauerstoff Schaden denn anrichten würde; aber entscheidend ist ja, was die Aktivisten und Aktivistinnen glauben. So meint die DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert, daß

Elektroautos mit gezielten Kampagnen und PR schlecht geredet werden sollen – wie immer, wenn das fossile Kapital die Vergangenheit möglichst lange konservieren will.

Nein, Frau Prof.‘in, Harald Lesch und das ZDF arbeiten garantiert nicht für das „fossile Kapital“. Außerdem ist der Ausdruck „fossiles Kapital“ ein Echo von SED-Sprech, das wir im DIW nicht erwarten würden. Ähnlich äußert sich eine Sozialökonomin der Universität Hamburg, die erstaunlich offen davon spricht,

Verkehr generell zu reduzieren und das private Auto als hegemoniales Mobilitätsmedium [zu überwinden].

Klingt, als stünde hier jemand auf dem Gehaltszettel der chinesischen Regierung. Oder doch eher in Diensten der Grünen und anderer elitärer Kreise, die den plebejischen Massenverkehr durch einen patrizischen ersetzen wollen? Ein gleichlautendes Manifest für eine solche umfassende „Mobilitätswende“ will weg

… vom Auto und hin zu einer Mobilität, bei der der Mensch [sic! Wer ist das? Das „wir“ von Merkel?], Fußwege, das Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel im Zentrum stehen.

Oder, wie Charles Krüger es neulich so pittoresk und treffend ausdrückte,

IHR sollt weniger fliegen, nicht WIR.

Leider wird das Elektro-Auto heuer nicht nur mehr in Kreisen, dessen Mitglieder etwas mit „sozial“ im Namen studiert haben, propagiert, sondern sogar von früher eindeutig marktwirtschaftlich orientierten Autoren wie bei Capital:

„Keine E-Raketen mit utopischen Preisen prägen das Bild das Tabellen-Bild, sondern bodenständige, leistbare Vernunftmodelle.“ (Capital zu E-SUV und Standardmodellen)

Bodenständige und vernünftige Elektro-Autos? Kann die Capital-Autorin nicht rechnen, oder ist es ihr gleich? Gerade die kleineren E-Autos haben lächerliche Reichweiten von nur etwa 200 km, bevor sie stundenlang ans Netz müssen. Hinzu kommen die saftigen Preise, die nur bezahlt werden, wenn die Regierung Steuergeld von kleinen Arbeitnehmer zum klimarettenden E-Auto-Käufer umverteilt.

Wer sich unter den geneigten EIKE-Lesern jetzt noch nicht genug geärgert respektive amüsiert hat, wird sich über die Pläne freuen, eine „zweite Elektrifizierung“ ohne Sinn und Verstand durchzuführen. Damit sind die kommerziellen Verkehrsmittel gemeint, die Laster der Logistiker und die Taxis, und die Öffis mitsamt ihren Bussen und Diesel-Loks. Wir berichteten bereits über die zum Scheitern verurteilten Pilotprojekte mit Liefer-LKW auf der Autobahn mit Oberleitung oder den kaum sinnvollen E-Bussen in Berlin, die nur halbtags fahren und nach Mittag dann von Dieselmaschinen ersetzt werden. Manchmal hat man den Eindruck, die Aktivisten in den Redaktionen und den NGOs formulieren erst ihre (für sie einträglichen) Narrative und sammeln dann scheinrationale Argumente und Forderungen. Technisch-sachliche Gegenargumente, die so manche Forderung sofort einstürzen lassen, werden ignoriert oder gar nicht erst wahrgenommen. Es geht schließlich um die eigenen Pfründen, nach mir die Sintflut. Leider haben diese Stimmen die kulturelle und damit politische Hegemonie und damit praktisch die alleinige Entscheidungsgewalt.

Man kann nur hoffen, daß die wirtschaftliche und physikalische Realität auf dem E-Auto- und anderen Märkten beim Bürger möglichst schnell die Erkenntnis reifen läßt, daß Klimarettung nichts mit dem Klima zu tun hat, sondern nur eine Ressourcenstrategie von Elitären ist, die „die Arbeit die anderen tun lassen“ will (Schelsky).




20 Jahre EEG – Gaudi mit Claudi

Angesichts der Energiekosten im Land bei Kerzenschein und kalter Küche, aber natürlich mit zünftiger Torte. Und falls Sie sich fragen, wer wohl aus der Torte hüpft … für diese Rolle kommt natürlich nur Claudia Kemfert infrage, Konditorin und Kaltmamsell der Energiewende, die ohne das EEG so ganz ohne Aufgabe dastünde. Hoch lebe das EEG, dem Frau Kemfert ihren Job und ich meinen Galgenhumor verdanke. Wie üblich in Interviewform – für kritische Analysen muss man bei Kemfert immer Sekundärquellen bemühen – befragt Stefan Römermann für den Deutschlandfunk Kemfert nach den Anfängen des EEG.

„Warum war das Gesetz seinerzeit so umstritten?“

Ignorieren wir die Antwort, denn diese Gefälligkeitsfrage ist suggestiv und falsch formuliert. Umstritten war das Gesetz anfangs nämlich gerade nicht wegen der hohen Vergütungen, wie Kemfert behauptet, sondern höchstens deshalb, weil man sich fragte, wozu es überhaupt gut sei. Es gab im Jahr 2000 so wenige Solar- und Windfarmer, denen man feste Einspeisevergütungen garantierte … was sollte da schon schiefgehen! Also legte man im Jahr 2000 zwei Reiskörner aufs erste Feld des Schachbretts und sah mit wachsender Sorge Jahr für Jahr den Subventionsberg wachsen. Bei etwa einer halben Billion sind wir mittlerweile schon. Die Frage hätte also lauten müssen: War das Gesetz seinerzeit so umstritten wie heute?

Exportschlager EEG

Ich will hier aber gar nicht langweilen mit den immer und immer wieder gehörten Märchen vom sinkenden Preis der „Erneuerbaren“, wenn erst mal genug davon in der Landschaft rumstehen (die ersten werden längst wieder abgeräumt). Kemfert wird nicht müde, das zu behaupten, aber genau dafür wird sie ja schließlich bezahlt. Die Branche winselt den knapper werdenden Subventionen nach, und das ist leider schon die ganze Geschichte ihres Niedergangs. Gebt uns mehr Geld, damit wir euch billigen Strom geben können, so das Mantra. Man muss beim Einmaleins nicht mal bis zur Zweierreihe gekommen sein, um zu erkennen, dass dies ökonomischer Kokolores ist. Nein, mir geht es hier um eine andere Behauptung Kemferts, welche beim Verbraucher gleichfalls durch möglichst viele Wiederholungen in Wahrheit umgewandelt werden soll. Kemfert im DLF:

„Im Übrigen ist das deutsche EEG in über hundert Ländern der Welt kopiert worden. Es wurde fast überall angewendet, und das zeigt, dass es eine sehr erfolgreiche Förderung war. Heute ist man in einer Welt, wo die erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig sind, und das ist wirklich dank des EEG.“

Das deutsche EEG kopiert und fast überall angewendet. Diese Aussage ist in meinen Augen unmissverständlich und besagt, etwas poetischer, „am deutschen Energiewesen will die Welt genesen“. Schauen wir also mal genauer nach, wie sich das angeblich „copy & paste“ des EEG in mehr als der halben Welt (es gibt ja nur 194 Staaten) in der Realität darstellt.

Gesetze, nicht Länder

Fragen wir zunächst mal Google nach „Länder mit EEG“. Nicht Staaten, Länder. Denn Frau Kemfert benutzt dieses Wort ja auch. Die Seiten hinter der Mehrzahl der Treffer senden aus derselben politischen Bubble wie Kemfert, also klimaretter.info, windkraft-journal.de, erneuerbare-energien.de und andere Propagandaportale. Allerdings hätte ich doch gern sowas wie eine Liste dieser 100 Länder mitsamt einer nachvollziehbaren Erklärung oder Analyse, wie dort via „paste“ der deutsche Exportschlager EEG implementiert wurde. Stattdessen überall nur Jubelzahlen.

Je nachdem, wie weit man in der Zeit zurück geht, sind es 60, 70 oder eben auch 100 Länder, aber nirgends steht, was genau da passiert und wie diese Länder heißen. Ein Link zu klimaretter.info bringt uns schließlich dem Ziel näher. „Weltweit hundert Mal das EEG“ titelt man dort, Frau Kemfert muss scheinbar hier vorbeigeschaut haben. Im Text bei klimaretter.info heißt es weiter:

„Kein anderes deutsches Gesetz ist weltweit jemals so oft übernommen oder nachgeahmt worden, wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wie die Agentur Zukunft ermittelte, gab es Anfang 2013 weltweit schon insgesamt 99 Gesetze auf nationaler oder regionaler Ebene, die das deutsche EEG zum Vorbild genommen haben.“

Merken Sie auch, wie es bröckelt? Insgesamt 99, nicht 100. Gesetze, nicht Länder. Auf nationaler und regionaler Ebene – wie regional darf’s denn sein? Vorbild, nicht Kopie – was auch immer das am Ende genau bedeutet. Ermittelt wurde die Schwammzahl noch dazu von der „Agentur Zukunft“, einem nach eigenem Claim „Büro für Nachhaltigkeitsfragen“, das sich mit „Energie, Klimaproblematik, 2°-Grenze und kohlenstoffarmer Energiewirtschaft“ befasst. Hat da etwa jemand bei Dr. Marlboro gefragt, wie gesund Rauchen ist? Doch weiter im Text der Klimaretter:

„Diese Zahlen würde auch der international anerkannte Global Status Report Renewables 2013 bestätigen. Demnach haben 71 Länder und 28 Bundesstaaten oder Provinzen irgendeine Form von Einspeisungsvergütung.“

Von „Vorbild EEG“ kann keine Rede sein

71 plus 28 macht 99, daher also die „runden Hundert“ Länder aus Kemferts Geburtstagstorte. Es sind auch Bundesstaaten und Provinzen dabei, sofern sie nur „irgendeine” Form der Einspeisevergütung haben. Wäre Trump nicht solch ein störrischer Esel, man könnte die Erfolgszahl gleich um 50 erhöhen! Der Verdacht bestätigt sich, wenn man in den erwähnten und verlinkten Global Status Report schaut. Dort wird man auf Seite 14 fündig. In einer Tabelle für das Jahr 2012 unter „States/provinces/countries with feed-in policies“. Will heißen, dass es in 99 Ländern, Staaten oder Regionen politische Regeln für die Einspeisung erneuerbarer Energien in die jeweiligen Stromnetze gibt. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.

Weltweit gibt es – außer in Deutschland – keine staatlichen Fördermilliarden, elf (demnächst zwölf) Sonderposten und Haftungsumlagen auf den Stromrechnungen, keine Garantiezahlungen für Investoren in Erneuerbare Energien. Wenn jemand den Strom, den seine Solaranlage oder sein Windrad produziert, in ein Netz einspeisen will, muss es dafür selbstverständlich Regeln geben. Das ist nicht EEG, sondern logisch, wie Moritz Neumeier vielleicht sagen würde. Die Idee, die Stromversorgung durch Regulierung welcher Art auch immer halbwegs stabil zu halten, haben sich eben gerade nicht deutsche Energiewendethinktanks ausgedacht. Von „Vorbild EEG“ oder gar „Exportschlager“ kann somit keine Rede sein.

Täuschung oder Taschenspielertrick

Kemfert spricht also im Jahr 2020 von „hundert Ländern“ und benutzt somit stark aufgehübschte Zahlen, die wir schon seit 2012 kennen. Warum ging der EEG-Exporterfolg denn seitdem nicht weiter? Müssten heute, acht Jahre später, nicht mindestens 300 „Länder“ der deutschen Energiewende verfallen sein? Schwer vorstellbar, dass Kemfert keine neueren Zahlen hat. Oder lassen sich diese einfach nicht noch schöner darstellen?

In Wahrheit geht kein Land oder Staat und keine Provinz auf dieser Welt wie Deutschland am Rande einer Klippe spazieren, wenn es um die Energieversorgung geht. Sucht man bei Google nach „EEG Staaten“, kommt man sehr schnell zu einem Wikipedia-Artikel, der die Bemühungen einzelner Staaten beschreibt, die „Energiewende“ zu schaffen. In dem Artikel ist mehr Luft als in zehn bäckerfrischen Windbeuteln. Viel „streben an“, „wollen erreichen“ oder „bis zum Jahr 2050 werden“, aber außer einem ellenlangen Abschnitt über das EEG-Musterland Deutschland nichts Substanzielles, auf das man ein Solarpanel nageln könnte.

Nein, Frau Kemfert, die Kerzen auf der Geburtstagstorte „20 Jahre EEG“ müssen Sie allein auspusten. Ein Exportschlager war dieser Murks nie. Das EEG wurde vielmehr niemals irgendwo adaptiert oder gar kopiert.

Doch ich habe eine Idee, wie Sie die Situation noch retten können. Da der Strom in Deutschland mittlerweile weltweit der teuerste* ist und die halbe Welt unser EEG angeblich erfolgreich „kopiert“ hat, schlage ich einen zügigen Re-Import vor. Sie bestimmen, aus welchem Land. Denn überall in der erfolgreichen Energiewende-Welt laufen ja noch die Kernkraftwerke, die Gasturbinen und die Kohlemeiler, deren Output Ihren Aussagen zufolge nur bei uns die Netze „verstopft“. Wenn also das EEG überall erfolgreich ist und nur bei uns die Energiekosten so astronomisch hoch sind, warum sollten wir mit der Umsetzung der Energiewende nicht besser externe Fachkräfte beauftragen, statt uns auch nach so vielen Jahren immer noch Kemfert’sche Durchhalteparolen vom „morgen wird’s billiger“ anzuhören?

* Nicht ganz. Auf den Bermuda Islands ist Strom noch etwas teurer. Bermuda steht in der Liste der Pro-Kopf-Einkommen allerdings auf Rang drei (nach Monaco und Liechtenstein und vor der Schweiz), während das „reiche Deutschland” auf Rang 19 herumdümpelt.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.




Claudia Kemfert, Chefideologin der Energiewende – „MOLEKÜLSTAU IM NETZ“

Immer wenn unsere Tendenzmedien ein seriös erscheinendes Statement zur unaufhaltsam voranschreitenden erfolgreichen Energiewende brauchen, findet der Mikrofon haltende investigative Journalist Frau Professor Kemfert vom DIW. Hier kann er sicher sein vor Überraschungen, denn sie erzählt mediengerecht zuverlässig stets dasselbe mit der Kernbotschaft: Wir müssen aus der Kohle raus. Mit der Zuverlässigkeit der immer gleichen eingelegten CD und fast unabhängig davon, wie die Frage lautete. Variiert wird das Ganze dann bezüglich des aktuellen Themas, etwa Atomausstieg oder Nordstream 2.

Hilfreich ist dabei ihr mediales Geschick, ihr seriöses Auftreten wie auch die Erscheinung. Der Frau mit dem stets akkuraten Kragen würde man jede Fotovoltaikanlage abkaufen, sie wirkt ausgeglichen, unaufgeregt und voller Selbstgewissheit. Unvorstellbar, dass sie den Zweifel kennt, mit Sicherheit nicht den Selbstzweifel. Für Talkshows ist sie im Besitz einer Dauerkarte. Ein passendes Bild fürs Printmedium findet sich immer, ihre Homepage hält in den Kategorien „Porträts, Vorträge, Büro, Gespräch, Unterwegs“ insgesamt 100 Fotos bereit. Was soll`s, eitel ist jeder, der eine weniger, die andere mehr.

Einige ihrer Thesen sind so steil, dass man sie nicht ernst nehmen kann. In einem Beitrag in „Capital“ schreibt sie über Mythen der Energiewende. Strom werde billiger durch den weiteren Ausbau der Erneuerbaren, Atom- und Kohlestrom verstopfe die Netze und die Kosten der EEG-Umlage seien keine Subventionen, sondern Investitionen. Dumm nur, dass etliche dieser Investitionen schon gestrandet sind. Ein großer Teil der mit Hilfe des EEG erzielten Gewinne und Dividenden sind über den Atlantik oder anderweitig verschwunden. Glückskinder dank EEG wie Solarkönig Asbeck (ehemals Solarworld) oder Windfürst Wobben (Enercon) haben mit einem Teil dieser „Investitionen“ eigene Konten bedient, die nun einige Milliarden Euro schwer sind.

Frau Kemfert gehört zu den wohl am besten verdrahteten Personen im großen Netz der Energiewende-Klima-Wissenschafts-Politik-Bürokratie. Arbeitsergebnisse sind unter anderem Streitschriften wie „Kampf um Strom“ oder „Das fossile Imperium schlägt zurück“, so als sei der Umbau des Energiesystems ein Krieg. Solche Titel passen eher zu taz-Artikeln, Groschenromanen oder zur Inhaltsangabe von „Frontal 21“.

Die Kommentare bei Amazon zum letztgenannten Buch zeigen die Enttäuschung der Leser: „Endlose Wiederholungen, die Formulierung kommt gefühlt 200 mal daher“, schreibt ein Leser. „Ich hatte an keiner Stelle den Eindruck, ein von einer Wissenschaftlerin geschriebenes Buch zu lesen“, so ein anderer. Unterm Strich durchschnittlich drei schlappe Sterne. Ein Buch mit dem Fachtitel

„Makroökonomische Wirkungen umweltökonomischer Instrumente: Eine Untersuchung der Substitutionseffekte anhand ausgewählter volkswirtschaftlicher Modelle für Deutschland“

ist auch zu haben, neu für 72,95 Euro bei Amazon. Gebraucht schon ab 2,88. Sternebewertungen gibt es hier nicht, der Leserkreis hält sich offenbar in Grenzen (Amazon-Bestseller-Rang Nr. 3.045.343). Erstaunlich, dass sie dennoch als „bekannteste Wissenschaftlerin für Energie- und Klimaökonomie“ bezeichnet wird. „Bekannteste“ heißt nun nicht „Beste“, aber ihre optimale Selbstvermarktung und ihr Netzwerken zeigen Wirkung.

Kennzeichnend für ihre Beiträge, sowohl schriftlich als auch verbal, ist die fast gänzliche Abwesenheit von Zahlen. In schönster Prosa wärmt sie im Wesentlichen die bekannten Positionen auf. Schon wenn man die Formulierungen etwas lüftet und die passenden Zahlen hervorkramt, wird klar, dass hinter der Fassade wenig ist. Ihre These (im DLF-Interview vom 25.1.2018), die Schwankungen der Wind- und Solareinspeisung könnten durch Biomasse- und Wasserkraftanlagen kompensiert werden, steht zum Beispiel auf sehr schmaler Basis – im wahrsten Sinne des Wortes. Wie man mit etwa 10.000 Bio- und Wassermegawatt Schwankungen von über 50.000 Megawatt aus Wind und Sonne ausgleichen will, ist schleierhaft.Wenn sie schon Zahlen nennt, hat sie eben oft auch noch Pech. 2011 sagte sie für 2020 eine EEG-Umlage von 3,64 Cent pro Kilowattstunde voraus (1, Quellen am Textende), worüber wir uns heute bei aktuell 6,756 Cent pro Kilowattstunde natürlich freuen würden.

2012 verkündete sie in der „Sächsischen Zeitung“, dass die Kilowattstunde Strom 2030 insgesamt nur 1,1 Cent mehr als heute (2012) kosten werde (2). Das wären etwa 27 Cent. Warten wir mal ab. Wir werden das blonde Wunder dieser Voraussage hoffentlich noch erleben. Ebenso fragwürdig ihre Aussage, dass erhöhte Systemkosten nicht gravierend sein würden (3). In der „Märkischen Allgemeinen“ teilte sie 2012 mit, dass der technologische Fortschritt die erforderliche Netzstabilität gewährleistet und eine Speicherung ermöglichen werde (4). Die Netzstabilität ist tatsächlich durch erhebliche Fortschritte vor allem bei der Regelung konventioneller Kraftwerke gesichert, aber von Speichern ist weit und breit nichts zu sehen.

Für Detailprobleme ist sie nicht zu haben. „Der Anteil der Atomenergie kann und wird problemlos durch erneuerbare Energien ersetzt werden.“ (5) Offenbar ist das nicht so einfach, wie man gegenwärtig in Baden-Württemberg sieht, wo ein grüner Umweltminister besorgte Bürger damit beruhigt, dass die Versorgungssicherheit durch Importe gesichert werden kann. Für das Gesamtjahr 2019 hatte Frankreich mit Deutschland einen annähernd ausgeglichenen Stromaustauschsaldo. Was von dort kommt, ist zu 70 Prozent Atomstrom.

Zum kürzlich vereinbarten Kohleausstieg sagt sie im Interview ebenso auf die Frage, ob der Wegfall der Kohlekapazitäten durch den Ausbau der Erneuerbaren kurzfristig kompensiert werden könnte: „Ja, das kann er, aber nur, wenn der Ausbau (der Erneuerbaren) nicht weiter abgewürgt . . .“ und so weiter im interessenkompatiblen Sprech der grünen Subventionswirtschaft.

Auch ihre Prognose zur Entwicklung der Arbeitsplätze bei den „Erneuerbaren“ ging daneben. 2013 erwartete sie 100.000 neue Stellen, stattdessen sind es etwa 60.000 weniger geworden. Wenn es der Energiewende dient, ist sie auch politisch flexibel. Als 2012 nicht ins Amt gelangte Schattenministerin des virtuellen CDU-Ministerpräsidenten Röttgen in NRW wechselte sie 2013 zu Schäfer-Gümbels Hessen-SPD, um Energiewendebeauftragte zu werden. Auch darüber ging die Geschichte folgenlos hinweg.Noch 2013 beklagte sie, dass der Netzausbau verschleppt würde und erklärte physikalisch beeindruckend in der Zeit, Netzausbau sei notwendig, sonst gäbe es „Molekülstau im Netz“. Da fällt jedem Fachelektriker die Werkzeugtasche aus der Hand. So wie Netze nicht verstopfen können, fließen da auch keine Moleküle, aber es wirft ein Licht auf die fachliche Kompetenz der Beraterin, die als einzige Disziplin die Wirtschaftswissenschaften studierte, sich aber als Expertin für alles versteht. Im festen Glauben eigener Unfehlbarkeit urteilt sie auch über andere Fachgebiete und weiß zum Beispiel, dass sich der Klimawandel leicht berechnen lassen würde. „Wenn der CO2-Gehalt um 25 Prozent steigt, dann hat das eine Erwärmung von 2 Grad zur Folge“. Wozu brauchen wir dann Tausende von Klimawissenschaftlern?

Heute erklärt sie, man brauche den Netzausbau in dieser Form nicht, weil da auch Kohlestrom fließe. Ausgerechnet die Netzbetreiber würden um Rat gefragt. Ja, wer denn sonst? Sie würden mit jedem Netzmeter Geld verdienen – das ist schlimm. Sie spricht von Traumrenditen und erwähnt nicht, dass die Renditen der Netzbetreiber staatlich reguliert sind. Traumrenditen fährt man wohl eher auf dem Feld der Politikberatung ein. Sie stellt den Netzausbau in Frage mit Blick auf eine vorgebliche Dezentralisierung, die zwar Einspeisung, aber keine Versorgungssicherheit bringt. Gleichzeitig fordert sie Speicher und Elektromobilität und fokussiert die gesamte Energiewende auf den Strom. Allerdings bekommt sie beim Thema Netzausbau Gegenwind aus dem eigenen Lager. Sowohl Greenpeace als auch der windkraftbegeisterte niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) und der hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir (Grüne) sehen den Netzausbau als dringend an. Frau Kemfert indes teilt ihre Meinung mit den Windkraftbetreibern, die auch dann Geld verdienen, wenn der Strom nicht abtransportiert werden kann.

Kemfert spricht sich gegen den Emissionshandel aus und beklagt dessen Wirkungslosigkeit. Nachdem „Agora-Energiewende“, Partner im Geiste, nun die CO2-Reduzierung 2019 als direkte Folge des Emissionshandels sieht, platzt ihr Argument, die „Erneuerbaren“ seien die Ursache. So wenig wie 2019 wurde seit Jahren nicht mehr von diesen zugebaut.

Auch zum Kernkraft-Ausstieg zeigt sie sich flexibel. Nach Fukushima verkündete sie noch: „Wenn man nun überstürzt rasch und unüberlegt aus der Kernenergie aussteigt, droht die Gefahr, dass man jede Menge neue Kohlekraftwerke baut und damit die Klimaziele in Gefahr geraten“. Im „Kampf um Strom“ schreibt sie später: „Es gibt keinen Grund zur Panik wegen der abgeschalteten Meiler.“

Manches muss man auch nur überzeugend behaupten. So sagte sie dem WDR, die windkritischen Bürgerinitiativen würden teilweise von fossilen Industrien bezahlt, was nicht beweisbar sein dürfte. Dass Ökoenergiefirmen hingegen die Reisekosten für Demonstranten in den Hambacher Forst übernahmen, gilt als sicher.

Ihren Titel als Professorin erlangte sie ohne Habilitation über eine Juniorprofessur an der Berliner Humboldt-Uni. Dort schied sie „unter nicht ganz glücklichen Umständen“ aus, es habe in der Professorenschaft große Vorbehalte gegen sie gegeben, so die FAZ. In Akademikerkreisen ist es eher unüblich, Differenzen nach außen zu tragen. Wenn es doch jemand tut, wie der Oldenburger Professor Wolfgang Pfaffenberger, der obendrein ihr Doktorvater war, muss der Unmut groß sein. „Die Geschwindigkeit, in der sie Thesen zu wichtigen Themen geändert hat, hat mich schon verwundert“, sagte er über sein ehemaliges Ziehkind.

Es reicht jedenfalls, um Beratung zu machen „an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik“ bis hinauf zum ehemaligen Kommissionspräsidenten Barroso, wobei die Wissenschaft in den Hintergrund tritt gegenüber ihren Botschaften zu Klimaschutz und Erneuerbaren. Fachliche Neutralität kann von ihr nicht erwartet werden. Bei der Nachbesetzung im Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen kommt sie wohl nicht in Frage, weil bekanntermaßen zum linken Lager gehörend. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass ihre wissenschaftliche Arbeit politisch stark eingefärbt ist.

Erstaunlich zu registrieren ist, wie zeitpunktgerecht ihre Studien, meist gemeinsam mit dem DIW, veröffentlicht werden. Während der Arbeit der „Kommission für Strukturwandel, Wachstum und Beschäftigung“ (meist als „Kohlekommission“ bezeichnet), wurde deutlich, wie schwierig das Arbeitsfeld ist. Es schalteten sich einige Länderministerpräsidenten ein. Passgenau erschien die DIW-Studie „Erfolgreicher Klimaschutz durch zügigen Kohleausstieg in Deutschland und Nordrhein-Westfalen“. Als im Sommer 2019 einige hochrangige Manager den Finger hoben mit der Anregung, über den Atomausstieg neu nachzudenken, folgte umgehend im DIW-Wochenbericht 30 das Ergebnis einer entsprechenden Untersuchung: „Zu teuer und gefährlich: Atomkraft ist keine Option für eine klimafreundliche Energieversorgung“. Schon die Verwendung des Laien-Begriffs „Atomkraft“ macht hellhörig und provoziert die Frage, wie wissenschaftlich diese Analyse ist. Der Inhalt könnte auch in einer Kampfbroschüre von Greenpeace stehen. Atomkraft emittiere „lebensgefährliche radioaktive Strahlen“, steht geschrieben, so als hätte man das am Kraftwerkszaun nachgemessen. Das ist schlicht Unfug. Verschiedene weitere krude Annahmen und Thesen wurden danach von Fachleuten beantwortet.Kaum vorstellbar, dass rein zufällig just zu diesen Zeitpunkten das Licht der Erkenntnis die Flure im DIW erleuchtete. Es ist eher zu vermuten, dass neben den staatlichen Finanzspritzen auch die Ökoindustrie regelmäßig Aufträge für Gutachten ans DIW schickt. Denn die Ergebnisse und Empfehlungen entsprechen exakt den Forderungen dieses Komplexes der Subventionswirtschaft. Im Gleichschritt mit Wind- und Solarlobby kämpfen Kemfert und das DIW tapfer gegen Atom- und Kohlekraft wie auch gegen Erdgas und Nordstream 2. Die „Brückentechnologie Gaskraftwerke“ hatte Kemfert 2012 noch befürwortet6.

Eine maßgebliche Rolle spielt sie im Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU). Dieses alle vier Jahre vom Bundesumweltministerium berufene Gremium soll die Regierung beraten, wissenschaftlich und neutral. Mit der Berufung von Frau Kemfert sitzt seit 2016 eine politische Wissenschaftlerin im Rat, die Begründungen für die Regierungslinie liefern kann. Obwohl der Rat direkten Draht zur Regierung hat, initiierte er „offene Briefe“ mit Forderungen an diese. Dies ist kein adäquates Arbeitsmittel unter anerkannten Gremien.

Mit dem Sondergutachten zum „Öko-Veto“ gab der Rat die beratende Stimme auf und forderte die Mitwirkung nicht legitimierten Personals an der Gesetzgebung. Harmonisch und im politischen Gleichschritt schien es im Gremium allerdings nicht zuzugehen. Das abweichende Votum eines Mitglieds wird im Bericht verschämt hinten auf Seite 209 abgedruckt, es taucht in der Zusammenfassung nicht auf. Selbst ein Gericht (7) beschäftigt sich jetzt mit der Arbeit des SRU.

Bald werden die Mitglieder des neuen Rates berufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kemfert wieder dabei sein wird, ist hoch, ihr werden exzellente Beziehungen zum BMU auf verschiedenen Ebenen nachgesagt. Sie wird weiter die Klaviatur der Energiewende-Begleitwissenschaft spielen, mehr polit-medial denn wissenschaftlich.
Sie wird das Aushängeschild des Energiewende-Establishments bleiben und erwartungsgerecht und flexibel das Watt ihr Volt des Öko-Industrie-Komplexes bedienen. Trockene unpolitische Zahlenknechte waren gestern. Es geht um die Rettung der Welt und Geld. „Für die wirtschaftspolitische Beratung ist im Zweifel die Story wichtiger als die Genauigkeit“, heißt es beim DIW (8).

Man darf gespannt sein, was Frau Kemfert zum absehbaren Scheitern des Energiewende-Experiments sagen wird. Mit einiger Sicherheit wird das fossile Imperium schuld sein. Weitere Gründe wird sie flexibel finden.


1 Wochenbericht DIW 6/2011
2 Sächsische Zeitung 4.7.2012
3 Wochenbericht DIW 41/2019
4 MAZ v. 24.2.2012
5 Magazin der Hans-Böckler-Stiftung) 1+2/2012
6 Magazin der Hans-Böckler-Stiftung) 1+2/2012
7 Handelsblatt, 13.11.2019, „Streit im Umweltrat geht vor Gericht“
8 „Nur Pi mal Daumen“, Welt“ v. 19.12.2009, S.12

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier




Zu Prof. Dr. Claudia Kemfert: Die Energiewende zurechtfabuliert – (Offener Brief zur öffentlichen Windkraftdebatte:)

 Dabei ging es u.a. um den weiteren Ausbau der Windindustrie. Wer in die Sendungen reingehört und -gesehen hat, dem kommen allerdings berechtigte Zweifel, ob Expert(inn)en immer das halten, was sie versprechen. Denn irritiert muss man zur Kenntnis nehmen: physikalisch-technische Unbedarftheit, argumentativer Pfusch, unbelegte Verschwörungstheorien.

Unbelegte Verschwörungstheorien.

Im WDR5 Tagesgespräch behauptet Kemfert, die große Mehrheit der Bevölkerung habe kein Problem mit Windenergieanlagen. Und die wenigen kritischen Bürgerinitiativen würden teilweise von den fossilen Industrien bezahlt. Belege: Fehlanzeige! Damit werden nicht nur grundlegende wissenschaftliche Standards (belastbare Nachweise anstelle von bloßen Behauptungen) missachtet. Vielmehr werden zugleich auch die vielen Bürgerinitiativen verunglimpft, die sich ehrenamtlich für den Erhalt von Lebensqualität auch in Windindustriegebieten einsetzen.

Argumentativer Pfusch.

Expert(inn)en sind gehalten, wissenschaftliche Befunde sorgfältig zu recherchieren und gegeneinander abzuwägen, um diese dann in einem nachprüfbaren und überzeugenden argumentativen Zusammenhang der Öffentlichkeit vorzutragen. Und gerade bei der kontroversen Debatte um die Energiewende ist zu konstatieren, dass ein „alternativloses“ Argumentieren nicht angebracht ist. Kemfert ist ein abwägendes Argumentieren jedoch völlig fremd. Es gilt ausschließlich ihre eigene Meinung. Abweichende Positionen sind uninteressant, weil Kemfert selbst alles besser weiß. Angeblich!

Physikalisch-technische Unbedarftheit.

Das dürfte damit zusammenhängen, dass der physikalisch- technische Horizont von Kemfert ganz offensichtlich begrenzt ist und/oder allgemein Bekanntes von ihr nicht zur Kenntnis genommen wird, weil es zu den eigenen Vorstellungen nicht passen will. Die Beispiele ließen sich mehren:

Bei Anne Will macht sich Kemfert über die Begriffe „Geisterstrom“ und „Dunkelflaute“ lustig, von denen sie noch nie etwas gehört habe. Allerdings:

„Geisterstrom“ wird bereits seit 2015 in den Medien thematisiert. Es ist der Strom, der überwiegend durch Windkraft aufgrund mangelnder Nachfrage oder technischer Gegebenheiten nicht erzeugt werden kann, aber trotzdem per Gesetz den Betreibern mit 90 % vergütet wird.

Der Begriff „Dunkelflaute“ ist überall in den Medien präsent. Er bezeichnet die Stunden und Tage an denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Als vielbeschäftigte Politikberaterin und angebliche Energieexpertin sollte sie die Publikation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zur Dunkelflaute kennen.

Die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind kann einen Industriestaat ohne Speicher- technologien nicht versorgen. Dieses volatile Stromangebot wird durch die konventionellen Kraftwerke in Echtzeit ausgeglichen, wie jedermann auf der Homepage der Leipziger Strombörse (aufgrund gesetzlicher Veröffentlichungspflicht) nachsehen kann. Dies sichert die Versorgung Deutschlands. Kemfert aber spricht davon, dass Kohlestrom die Leitungen verstopfe. Das ist kein Expertenniveau, sondern Framing im übelsten Sinn.

Bürgerinnen und Bürger dürfen für ihre Gebühren von den öffentlichen Medien erwarten, dass sie Fakten und Informationen liefern, ergänzt durch argumentativ fundierte Kommentare. Das gilt auch für einen informativen Meinungsaustausch in Talkrunden. Gerne verzichten sie auf Expert(inn)en, die bloß ihren eigenen beschränkten und ideologisch eingefärbten Kenntnisstand als wissenschaftlich fundierte Ein- und Weitsicht verkaufen.

Prof. Dr. Jürgen Baur Dipl.-Ing. Udo Mügge

33100 Paderborn-Dahl

Der offene Brief erschien zuerst bei Vernunftkraft Odenwald hier

 




Das fossile Imperium schlägt zurück – oder: Wie eine Wissen­schaftlerin ihre Repu­tation vernichtet

Mit dem Professor Harald Lesch ist es passiert,
EIKE 01.01.2016: Harald Lesch trägt vor den GRÜNEN zum Klimawandel vor: Der Klimawandel ist kein Thema, das man ernsthaft bezweifeln kann,
und nun hat es die Professorin Claudia Kemfert erwischt.

Worum geht es?
Frau Kemfert veröffentlichte im April ihr neues Buch „DAS FOSSILE IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK“ (siehe Bild 1).
Darin fasst sie so ziemlich alles zusammen, was „man“ so von ihr kennt und versucht in einem Rundumschlag, die Welt aufzurütteln, den Klimawandel und die Energiewende vorbehaltlos und mit aller Macht „zum Ziel“ zu führen und dabei auf keinen Fall nachzulassen.
So etwas ist nicht verboten und kann jeder*in machen wie sie will. Allerdings ist mit diesem „Outing“ auch aller Welt kund getan, dass ihre Arbeiten zu diesen Themen nichts mehr mit seriöser Wissenschaft zu tun haben und als Treiber vorwiegend der Vermittlung einer persönlichen „Message“ dienen.

Der Blog „Vernunftkraft“ hat dazu eine Darstellung geschrieben und sich sogar in einem offenen Brief mit einer Beschwerde an ihren Chef, den Leiter des DIW Berlin, Prof. Fratzcher gewandt.

Vernunftkraft: [1] Kurzer Auszug aus dem Brief (auf der Homepage von „Vernunftkraft“ vollständig einsehbar)
Vernunftkraft: [1] SOFORT ABSCHALTEN!

Im April 2017 beglückte eine gewisse Claudia Kemfert die Welt mit einem neuen Buch. In martialischer Sprache phantasiert die Autorin darin von einem “Krieg gegen die „Energiewende”. Sich selbst schreibt die Dame in die Rolle einer „Jeanne d’Arc“, die der „schönen neuen Energiewelt” zum Sieg über böse alte Mächte verhelfen muss.

Im oben verlinkten ZEIT-Artikel (Zufügung: ZEIT ONLINE: Die fossile Industrie kämpft hart um ihre Pfründe) findet sich u.a. diese Aussage:
Der Mythos Grundlast! Kohlekraftwerke seien nötig, um die Versorgung sicherzustellen: Das wird gern behauptet, ist aber falsch. Wir brauchen Mindestkapazitäten gegen Blackouts genauso wenig wie Butterberge gegen den Hunger …

deren Unsinn ein Blick auf einen einzigen Leistungsgang von Wind- und Solarenergie offenbart:

Ganglinienbild

Dass die Leistung von Wind- und Solarenergie regelmäßig auf Werte bei null fällt, scheint sich nicht bis zur “Expertin” herumgesprochen zu haben. Oder sollte Frau Prof. Kemfert tatsächlich den Unterschied zwischen Leistung und Arbeit nicht verstanden haben? …

Leider hat der Blog „Vernunftkraft“ recht mit seiner Darstellung. Was diese Dame mit ihrem Buch bietet, ist ein Sammelsurium an Verschwörungstheorien und Wünschen – aber eben nicht mehr sachliche Beurteilung technischer System-Zusammenhänge wie man sie zur Konzipierung eines landesweiten Energie-Versorgungssystems erwarten darf.

Man soll über nichts rezensieren, was man nicht nachgeprüft hat, weshalb der Autor das Buch sogar kaufen wollte. Nachdem er die Einleitung in der Kindle-Vorschau las, hat er allerdings davon Abstand genommen – für diese Datei ist ihm das Geld zu schade. Zudem lassen sich die Hintergründe über die vielen Veröffentlichungen von C. Kemfert ebenfalls recht gut recherchieren.

Bild 3 Prof Claudia Kemfert vor der (demontierten) Schalttafel eines konventionellen Kraftwerks

 

Das fossile Imperium schlägt zurück – Die Einleitung im Buch

Kindleversion Buchvorschau (stark gekürzt): Das fossile Imperium schlägt zurück

[6] Fossile Energie-Kehrtwende Die Welt ist eine andere geworden. Kriege und Konflikte finden nicht mehr in weiter Ferne statt. Der Terror ist nach Europa vorgedrungen, nach Istanbul, Nizza, Paris, Brüssel und Berlin. Der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika benimmt sich wie die Axt im Walde: Donald Trump und seine Berater toben, wüten, beleidigen und sind selbst beleidigt. Es wird behauptet und getönt. Es wird geschimpft und gelogen.

Statt einer sachlichen politischen Debatte gibt es haufenweise Sprüche, Schlagworte und Parolen. Wissenschaftliche Wahrheiten werden geleugnet und durch absurde Thesen ersetzt. Zum Beispiel solche: Der Klimawandel sei bloß eine perfide PR-Erfindung habgieriger Chinesen, um die amerikanische Wirtschaft zu untergraben. Seit Trump im Amt ist, regiert die fossile Energieindustrie die USA: Ein Anwalt der Öl- und Kohleindustrie leitet die US-Umweltbehörde. Der Energieminister leugnet den Klimawandel. Der Außenminister leitete einst einen Ölkonzern. Und auch der Innenminister sympathisiert mit der Gas-, Kohle- und Ölindustrie. Folgerichtig gibt es seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 auf der Website des Weißen Hauses keinen einzigen Treffer mehr zum Suchbegriff »climate change«. …

… Selbst in Deutschland, dem Klimapionier, sind die fossilen Energien wieder auf dem Vormarsch. Ausgerechnet die Erfinder der Energiewende blockieren in Brüssel Emissionsgrenzwerte, novellieren das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz zu Tode und beenden mal eben die Bürgerenergiewende.

… Unternehmen sind verunsichert. Umweltschützer sind fassungslos. Wissenschaftler sind verzweifelt.
Sie alle stehen vor derselben Frage: Wie konnte das passieren? … Obwohl die Mehrheit der Bürger es anders will.
Obwohl auf weltweiten Klimakonferenzen ganz andere Ziele beschlossen werden. Wieso verabschieden Politiker Gesetze, die das gesamte Vorhaben der Energiewende konterkarieren? Verspielt Deutschland seine Energiezukunft? …

die Verbrennung verursacht einen irreversiblen Klimawandel. Man bestreitet Tatsachen: Erneuerbare Energien sind billiger als herkömmliche Energien. Man leugnet alle Erfolge: Die erneuerbaren Energien wachsen schneller als erwartet. Man weist offensichtliche Wahrheiten von sich: Erneuerbare Energien schaffen technologische Wettbewerbsvorteile und sorgen für Wertschöpfung und Arbeitsplätze …
… Energiewende: Opfer ihres eigenen Erfolgs Das Gift der demagogischen Populisten wirkt. Immer weniger geht es um Fakten und Argumente, immer öfter um Lärm und um Krawall. … Der »Welpenschutz« für die erneuerbaren Energien sei nunmehr beendet, erklärte Gabriel 2016 seinen rückwärtsgewandten Kurs.
Dabei geht es nicht um junge Hunde, sondern um die Basis unserer Volkswirtschaft. Es geht nicht um überflüssige Leckerlis, sondern um entscheidende Investitionen in die Wirtschaft von morgen. Was er mit der niedlichen Welpen-Metapher verschleiert, sind massive Umverteilungen von staatlichen Fördergeldern. Denn weniger Förderung für die Erneuerbaren und eine Verlangsamung des Kohleausstiegs bedeuten im Klartext: kein Geld für die Zukunft und noch mehr Geld für die Vergangenheit. Schon lange sind die erneuerbaren Energien keine »Welpen« mehr. Im Gegenteil: Sie sind schneller als erwartet groß geworden. Im alten Energie-Mix galten sie als zu vernachlässigender Bestandteil. Jetzt sind sie eine ernst zu nehmende Größe auf einem hart umkämpften Markt. Sehr viel früher als erwartet stehen sie auf Augenhöhe mit den konventionellen Energien. Eine echte Konkurrenz.
… Um im Gabriel-Bild zu bleiben:
Es bellt und tobt eine Horde in die Jahre gekommener Rottweiler, die ihre besten Tage hinter sich haben. Es passt ihnen überhaupt nicht, dass die jungen Hunde sich nicht mehr devot auf den Rücken werfen, sondern tatsächlich den Platz vor der Hütte und auf der Spielwiese beanspruchen. Wütend beißen die Alten die kräftigen Jungen weg. Es ist ein Kampf um gut gefüllte Fressnäpfe. Kläffend lenkt die Horde davon ab, dass nicht die zähnefletschenden alten, sondern die jungen Hunde die Zukunft sind. Die deutsche Energiewende ist zum Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Je kräftiger sie wird, umso stärker wird die Gegenwehr. Wir befinden uns in einem erbitterten Krieg um die Macht am Energiemarkt, nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt – mit dramatischen Folgen.

Es ist an der Zeit, einmal ganz genau hinzuschauen, was im Konflikt zwischen alter und neuer Energiewelt eigentlich vor sich geht: Mit welchen Ablenkungsmanövern drängen die fossilen Riesen die erneuerbaren Energien vom Markt? Welche wirtschaftlichen Interessen stehen hinter den energiepolitischen Verflechtungen? Und wie können Unternehmen, Politik und Verbraucher verhindern, dass die Energiewende sabotiert und ausgebremst wird?

Denn die Lage für den Planeten ist ernst, und zwar seit langem. Die CO2-Emissionen durch den Verbrauch fossiler Energien bleiben auf Rekordniveau. Die Treibhausgase, die jetzt in die Atmosphäre gelangen, verursachen einen irreversiblen Klimawandel … Auch die Folgen des Klimawandels, vor denen Klimaforscher in aller Welt schon so lange warnen, sind unübersehbar geworden: Überschwemmungen und Stürme, der steigende Meeresspiegel und untergegangene Inseln, sterbende Korallenriffe, giftige Algen.
Die gute Nachricht: Noch ist es nicht zu spät. Wir können die Kurve – im wahrsten Sinne des Wortes – noch kriegen und die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen. … wir werden uns immer wieder neuen, zum Teil überraschenden Entwicklungen stellen müssen.
Lange Zeit hielt niemand es für möglich, dass der Golfstrom eines Tages kollabieren könnte. Der Golfstrom als komplexe Natur-Fernwärmeheizung für Nordeuropa sorgt mit seinen Wärmeströmungen vom äquatorialen Atlantik über den Golf von Mexiko für ein mildes Klima in Nordeuropa. Der Weltklimarat IPCC hat unterschätzt, welche Gefahr durch den Klimawandel für die Winter in Nordeuropa ausgeht. Die Klimawissenschaftler hatten den Fokus bei ihren Messungen auf die Temperaturschwankungen im Golfstrom gelegt, nicht aber auf die eigentliche Säule für das stabile System: den Salzgehalt des Wassers. Neue Simulationen zeigen: Während die globalen Durchschnittstemperaturen immer höher klettern, würde es in Nordeuropa – in Norddeutschland und im Baltikum, in der Bretagne, Irland und Schottland, in Norwegen und Island – um bis zu sieben Grad kältere Winter geben. Zum Vergleich: In der letzten Eiszeit war es vier Grad kälter als jetzt. Verhindert werden könnte die Katastrophe, wenn die Ziele des Pariser Klimavertrags erreicht werden. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um den Klimawandel und seine verheerenden Folgen für die Umwelt aufzuhalten, darüber herrscht – eigentlich – Einigkeit. … Am 4. November 2016 hatte die Mehrheit der 55 Staaten, die für mehr als 55 Prozent aller globalen Emissionen verantwortlich sind, das Abkommen ratifiziert. Damit trat das weltweit erste verbindliche Klimaabkommen in Kraft. Die deutsche Bundesumweltministerin Barbara Hendricks nannte es »ein Grundgesetz für den internationalen Klimaschutz«. Wenige Tage später unterstrichen die versammelten Vereinten Nationen auf der COP22 in Marrakesch die Dringlichkeit der Klimaschutzmaßnahmen: »Unser Klima erwärmt sich mit alarmierender und präzedenzloser Geschwindigkeit, und wir haben die dringende Pflicht, darauf zu reagieren. […] Wir fordern höchstes politisches Engagement in der Bekämpfung des Klimawandels, einer Angelegenheit von dringender Priorität«, heißt es im Aktionsplan

Eine solche Einleitung muss man erst einmal „verdauen“. Sie erinnert nicht mehr an Wissenschaft, sondern an das, was hyperaktive Klimaaktivisten an ungeprüften und oft falsch interpretierten Statements bekanntermaßen liefern:
EIKE 27.09.2016: Der Krieg des Klimas gegen die Menschheit Über den weltweit bekanntesten Klimaaktivisten Bill McKibben

Jedenfalls ist damit klar, warum in ihrem Blog eine vorwiegend nach Ausbildung in Aktivismus ausgesuchte Mannschaft praktisch alles, was alarmistisch ist veröffentlichen darf (und soll).

Was sagt die Presse dazu

Die Frankfurter Rundschau brachte in ihrer Wochenendausgabe, 29./30.APRIL, 1. MAI 2017 einen langen Artikel (anbei stark gekürzte Auszüge):
FN:Es herrscht Krieg um Energie“ Die Berliner Forscherin Claudia Kemfert über die Macht des fossilen Imperiums, postfaktischen Irrsinn und die To-Do-Liste der Regierung

Claudia Kemfert ist streitbar. Die Berliner Energieforscherin sieht die Energiewende in Gefahr – und benutzt drastische Worte, um den Rollback zu beschreiben. Die alten Energien und Klimaskeptiker gingen nicht kampflos vom Platz, sondern nutzten Propaganda und „Fake News“, um die öffentliche Meinung umzupolen.

… Deshalb muss die Energiewende jetzt verteidigt werden. Nicht nur die Wissenschaft ist gefordert – auch Bürgerinnen und Bürger müssen sich jetzt für sie einsetzen. Alle gemeinsam. Im Netz und sichtbar demonstrierend auf der Straße. Auf den beeindruckenden „Women’s March“ und den „March for Science“ kürzlich folgt hoffentlich bald ein ebensolcher globaler „Climate March“.

Ganz sicher hat jeder von uns die Mythen und Behauptungen alle schon gehört, die mit bislang unbekannter Aggressivität verbreitet werden: Mit der Energiewende drohten Blackouts, wir bräuchten Kohlekraftwerke für die Grundlast, es bedürfe eines umfangreichen Netzausbaus, damit der Strom von der Nordsee nach Bayern gelangen könne, und so weiter. Alles falsch, aber alles in den Köpfen der Menschen

… Beide übersehen, dass ein Netzausbau in erster Linie dem Transport von Kohlestrom dient. Zwei von drei Stromtrassen werden dafür gebaut. Je mehr Stromtrassen, desto mehr Kohlestrom, das zeigen nicht nur unsere Modellrechnungen. Statt für Stromleitungen zu kämpfen, sollten beide für einen konsequenten Kohleausstieg eintreten.

Übrigens bin ich es, die beharrlich darauf hinweist, dass die Kosten der erneuerbaren Energien immer weiter sinken. Und es sind die Gegner der Energiewende, die das Lied vom teuren Ökostrom und gigantischen Kostenexplosionen durch die Energiewende in Endlosschleife singen. Mit diesen falschen Argumenten begründen sie ja die Forderung nach einem Tempolimit für die Energiewende. Warum sollte man den Ausbau günstiger und klimafreundlicher Energien sonst beschränken? Wir könnten bis 2050 den Anteil erneuerbarer Energien auf 80 Prozent ansteigen lassen, wie es Ziel der Energiewende ist. Dafür müssten wir aber den Ausbau beschleunigen und nicht bremsen.

Frau Kemfert interviewt sich selbst

Man würde annehmen, dieses Interview hätte die FN geführt, um ihren Lesern ihre investigative Sorgfalt bei einem so wichtigen Thema zu zeigen.

Am Schluss des Interviews steht jedoch „Interview: Joachim Wille“. Dieser Herr Wille ist der Leiter der Meinungsredaktion ihres Infoblogs klimaretter.info. C. Kemfert hat sich somit sozusagen „selbst“ interviewt, weshalb dieses auch leicht abgewandelt auf ihrem Blog hinterlegt ist [5].
Ein gutes Beispiel, dass der „March of Science“ Sinn gemacht hätte, wenn er solche Praktiken von Medien angeprangert hätte.

Zu den klimatechnischen Details

Buch: [6] … Die Treibhausgase, die jetzt in die Atmosphäre gelangen, verursachen einen irreversiblen Klimawandel … Auch die Folgen des Klimawandels, vor denen Klimaforscher in aller Welt schon so lange warnen, sind unübersehbar geworden: Überschwemmungen und Stürme, der steigende Meeresspiegel und untergegangene Inseln, sterbende Korallenriffe, giftige Algen.
braucht man nicht im Detail einzugehen, weil es auch auf EIKE bereits oft genug getan wurde. Zu jedem Einzelthema hat der Autor über Jahre mehrfach recherchiert und traut sich deshalb zu sagen:
-Es gibt bisher keine unübersehbar gewordenen Folgen des Klimawandels, sondern die Folgen des sich laufend ändernden Klimas, vor allem dessen natürlicher Zyklen,
-Überschwemmungen und Stürme haben nicht signifikant zugenommen (steht auch beim IPCC im AR5 Langbericht),
-der Meeresspiegel steigt nicht unnatürlich schnell (nach den Pegeldaten eher sogar langsam, der Mittelwert aller NOAA Pegelstationen liegt bei +1,17 mm / pa, und die Satellitendaten messen nicht die Küstenlinien),
-weltweit ist bisher keine durch den Klimawandel untergegangene Insel zu finden (selbst bei den im „Weltatlas des Klimawandels“ gelisteten, angeblich untergegangenen Inseln handelt es sich um Fake-Info, wie der Autor anhand einer Recherche zeigen konnte [7]). Zudem war der Meerespegel im Holozän um mindestens 2 … 5 m höher [11] [12]. Ein Zurück zu diesen „goldenen Klimazeiten“ würde einen starken Anstieg geradezu provozieren.
-auch die Korallenriffe sterben nicht (verstärkt) wegen eines Klimawandels. Sie sind wesentlich robuster gegen Temperaturbeeinflussung als immer publiziert (wie es auch ein Forschungsfilm vor Eritrea – wo sie längst „verbrennen“ müssten zeigt) und die üblichen „Zählungen“ durch Flugzeuge und Satelliten zeigen nicht das wirkliche Bild [8].

Eine solche rundum-Pauschallistung würde man eher von einem Anfänger nach der „Einarbeitung“ in das Klima anhand alarmistischer Lektüren erwarten, aber niemals von einer sogenannten „Wissenschaftlerin“. Man meint förmlich eine Hörigkeit gegenüber ihrem Blogmitarbeiter und ausgewiesenem Klimaalarmisten, Prof. Dr. H. Graßl herauszuhören.

Über die technischen Details zur Energie hat „Vernunftkraft“ schon geschrieben und der Autor [10] sowie viele anderen Fachleute auf EIKE auch. Zudem sei auf den Artikel (war zum Zeitpunkt der Editierung noch nicht veröffentlicht) verwiesen:
Rechnerisch lohnt sich die solare Eigenversorgung nicht – so lange unser Versorgungsnetz stabil ist. Doch das wird sich ja ändern“, in dem es über die innogy-Werbung zur Eigenversorgung geht.
Anhand eines aktuellen Beispiels ist darin beschrieben wie die Kostenwirklichkeit von EEG-Autarkie und lokaler Versorgung aussieht. Ansonsten nimmt er die Frau [9] und ihren Blog sowieso regelmäßig als leider ein Vorbild für (Des-)Information aufs Korn.

Ein wichtiges Fazit lässt sich daraus ableiten: Mit diesem „Outing“ zur klimahysterischen Einstellung unter der Prämisse, Deutschlands Energiesystem ausschließlich dem angeblichen Zwang zur CO2-Vermeidung unterzuordnen, notfalls dafür auch bedenkenlos zu „opfern“, kann man diese Dame nicht mehr ernst nehmen.
Passend dazu auch der Artikel auf Achgut.com: Energiepolitik: Scharlatane gefährden unseren Wohlstand

Was hält „die Intelligenz“ davon

Das Manager Magazin ist von dem Buch sichtlich angetan und hält die Beschreibung für eine sachliche Debatte. Es gibt eben wirklich zu allem diametrale Ansichten und vielleicht auch (wieder) fehlenden Mut von „Industrielenkern“, oder einfach Anbiederung, sich gegen eine politisch verordnete Strömung zu wehren:
manager magazin 24.04.2017: [4] … Anschaulich erklärt die Wissenschaftlerin die politischen und ökonomischen Zusammenhänge und erläutert die Entwicklungen der vergangenen Jahre. Damit versachlicht sie die aktuelle – immer wieder polemisch geführte – Debatte.
Ihr Buch ist ein Weckruf, sich nicht täuschen zu lassen und jetzt erst recht aktiv zu werden. Ihr Appell: „Erneuerbare Energien und Klimaschutz sorgen weltweit für Bildung, Wohlstand und Gerechtigkeit. Wir brauchen die Energiewende dringender denn je!“,
vielleicht tut man der Redaktion aber auch einfach nur unrecht und sie hat das Buch ebenfalls gar nicht selbst gelesen, sondern wie die FR eine Information übernommen?

So ganz weiß man das allerdings nicht, wie das folgende Beispiel einer Ergebenheitsbekundung namhafter Firmen zeigt. Geschichte wiederholt sich immer wieder und gerade „die Intelligenz“ achtet sorgfältig darauf, von der Meinung der politischen Führung nicht zu weit abzuweichen.

Bild 4 Ergebenheitsbekundung von Firmen zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft (Auszug)

So kann man sich immer neu umarmen und als „Retter“ vor einer fiktiven Gefahr aufspielen, unterstützt dank führender Personen in internationalen Vorzeigegremien wie dem UN-Generalsekretär Guterres, der gerade vor dem EU-Parlament den Klimawandel als größte Herausforderung der Gegenwart bezeichnete.

Wenn man keines der aktuell wirklichen Probleme der Welt zu lösen vermag, nur salbungsvoll beschreiben („Den Krieg in Syrien nannte er einen Unsinn, den wir stoppen müssen“), der Druck, Erfolge zu zeigen aber zu groß wird, ist es einfacher, sich sinngemäß „mit Weihwasser zu bespritzen“ und alternativ CO2 zu vermeiden. Den Erfolg kann man nicht messen und nicht sehen, bezahlen müssen sowieso andere, aber man tut etwas ganz „Wichtiges“, das im Jahr 2100 helfen soll.

Quellen

[1] Vernunftkraft: Sofort abschalten
[2] CHECK24: Experten im Interview Claudia Kemfert: Das fossile Imperium schlägt zurück

[4] manager magazin 24.04.2017: Buchauszug „Das fossile Imperium schlägt zurück“

[5] KLIMARETTER.INFO: Es herrscht Krieg um Energie

[6] C. Kemfert, Buch: Das fossile Imperium schlägt zurück

[7] EIKE 14.12.2015: Gehen die Südseeinseln wirklich wegen des Klimawandels unter, Teil 3 Die Marshall-Inselgruppe – (kein) Beispiel für einen Untergang
[8] EIKE 11.04.2017: Sind fallende Meerespegel eine wesentliche Ursache der Korallenbleiche im „Korallendreieck“ mit dem Great Barrier Reef?

[9] EIKE 05.06.2016: Eine Professorin klärt den VDI auf, wie das EEG „wirklich“ funktioniert

[10] EIKE 31.12.2016: Die Zahltage des EEG beginnen ihren vorhergesagten Lauf

[11] WUWT, May 16, 2017: Alarmists Gone Wild: “Alarmist CO2 Headlines Create Confusion”… Particularly When Accompanied by Sea Level Alarmism.

[12] EIKE: 10 neue Studien: Meeresspiegel lag vor 4000 bis 6000 Jahren 1 bis 6 Meter höher