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Anatomie eines Blackouts

Der freundliche Nachbar

Ist es Ihnen schon passiert, dass Sie morgens ins Büro wollen und das Auto springt nicht an? Sie klingeln den freundlichen Nachbarn aus dem Bett, der stellt seinen Wagen mit laufendem Motor neben Ihren und mit Hilfe von „Jumper Cables“ verbinden Sie die Batterien.  Die gefährlich aussehende Krokodilklemme des  roten Kabels  klemmen Sie an den Pluspol ihrer Batterie, das rote Krokodil am anderen Ende geht an den Pluspol des Nachbarn. Mit Minus und Schwarz machen Sie das genauso. Sie können die Farben auch vertauschen, solange Sie darauf achten, dass Plus mit Plus und Minus mit Minus verbunden werden.

Falls Sie das aber nicht tun, dann haben Sie einen Kurzschluß, d.h. der Strom läuft nicht, wie vorgesehen, durch den Anlasser Ihres Autos, sondern nur durch die beiden Batterien, die jetzt „in Serie“ geschaltet sind. Das hat zwei Dinge zur Folge: Ihr Auto springt nicht an und das Kabel brennt blitzartig durch.

Die großen und die kleinen Netze

Nehmen wir an, Sie machen alles richtig, dann haben Sie bei der Gelegenheit, ohne es vielleicht zu wissen, ein elektrisches Netz aufgebaut. Die kleinen Kraftwerke sind des Nachbarn Lichtmaschine und Batterie, Verbraucher sind der Anlasser und die müde Batterie Ihres Autos.

Sie kennen natürlich noch ein größeres elektrisches Netz, nämlich das, welches den Strom in unsere Steckdosen liefert. Auch hier gibt es Verbraucher und Kraftwerke, die in das Netz einspeisen. Und auch die müssen darauf achten, dass sie Plus mit Plus und Minus mit Minus verbinden.

Während beim Auto das eine Kabel immer plus und das andere immer minus ist, kann man das beim Strom aus der Steckdose nicht sagen. Da ist mal die eine Leitung plus und mal die andere. Und das wechselt fünfzig mal in der Sekunde – es ist Wechselstrom.

Was soll das? Wer kann sich so etwas Abwegiges einfallen lassen? Es war der Amerikaner George Westinghouse, der erkannte, dass diese Form der Elektrizität sich leicht zwischen hohen und niedrigen Spannungen „transformieren“ lässt, und dass dies beim Transport über große Entfernung hilfreich ist.

Das macht jedoch die gleichzeitige Einspeisung aus mehreren Stromquellen kompliziert. Wie soll man all die Kohle-, Atom- und Windkraftwerke, die gemeinsam unser Netz versorgen, dazu bringen,  genau im richtigen Moment Plus oder Minus zu liefern? Und was passiert, wenn das nicht klappt?

Rudern geht nur im Gleichtakt

Stellen Sie sich ein Ruderboot vor, einen „Achter“. Da müssen alle genau im Takt rudern. Sie müssen sich präzise an die „Schlagzahl“ halten, sagen wir 40 pro Minute. Und nicht nur das, sie müssen die Riemen gleichzeitig ins Wasser tauchen, auf den Bruchteil einer Sekunde genau; sie müssen absolut „synchron“ arbeiten.

Ein Ruderer, der aus dem Takt fällt, wäre nicht nur nutzlos, er würde die ganze Crew durcheinander bringen, denn seine Riemen würden mit denen des Vorder- und Hintermanns kollidieren. Durch diesen Dominoeffekt würden alle Mann aus dem Takt fallen und das Schiff wäre ein verlorenes Stück Holz auf dem Wasser. Man muss also die Frequenz genau einhalten und auch die „Phase“.  Die Stellung der Riemen muss in jedem Moment bei den acht Mann identisch sein.

Jeder Mann muss das totale „Commitment“ für die Synchronisation mit an Bord bringen. Einer sagt vielleicht „heute fühl ich mich nicht so wohl, aber ich werde mein Bestes geben; vielleicht sind es dann statt 40 pro Minute nur 39, aber jeder Beitrag zählt schließlich“. So ein Kerl darf nicht an Bord. Und käme er an Bord, dann würde er beim ersten Fehlschlag ins Wasser geworfen, denn die übrigen Sieben kämen ohne ihn besser zurecht.

Wenn das Netz Fieber hat

Beim Stromnetz ist es nicht andern: Jedes Kraftwerk muss seinen Wechselstrom ganz präzise hinsichtlich Phase und „Schlagzahl“ einspeisen; und letztere ist nicht 40 pro Minute, sondern 50 pro Sekunde. Minimale und kurzzeitige Abweichungen davon kann es geben, aber im europäischen Netz gelingt es, die Frequenz in einer Bandbreite von 49,98 bis 50,03 Hz zu halten. Größere Abweichungen von 50 Hertz wären wie Fieber. Sie wären ein Indikator für den kritischen Gesundheitszustand des Netzes.

Einspeisung mit fehlerhafter Synchronisation würde zu einem monumentalen Kurzschluss führen. Es wäre wie das Vertauschen von plus und minus bei der Starthilfe für unser Auto, nur um einiges dramatischer. Nun kann es vorkommen, dass das eine oder andere Kraftwerk sich heute nicht so wohl fühlt und nicht mehr mit der Phase den Netzes mithalten kann. So ein Kandidat muss augenblicklich von Bord. Beim ersten Anzeichen wird er automatisch vom Netz getrennt.

Besondern anfällige Kandidaten sind natürlich Windkraftwerke. Da folgt die produzierte Leistung den Launen des Windes; sie wird nicht, wie bei herkömmlichen Kraftwerken, vom Betreiber geregelt. Wenn da die Synchronisation verloren geht, dann brennt nicht nur ein Kabel durch, dann kann die ganze Maschinerie blitzartig in Rauch und Flammen aufgehen, so wie hier.

Elektrisches Domino

Wenn einer der Stromlieferanten, sei es Wind oder konventionell, vom Netz geht dann müssen die verbleibenden Kraftwerke von nun an etwas mehr leisten. Da könnte es vorkommen, dass weitere Kandidaten schwächeln und die Synchronisation verlieren. Auch die gehen jetzt vom Netz. Man kann sich leicht vorstellen, dass in dieser Kaskade von Abschaltungen irgendwann nichts mehr geht. Dann haben wir den elektrischen Dominoeffekt, dann haben wir Blackout.

Der Betreiber eines Netzwerks weiß das natürlich auch und versucht dem vorzubauen. Wenn der Ausfall eines Kraftwerks zu erwarten ist – etwa wegen Wartung oder Mangel an Kohle – dann kann man Teile der Verbraucher zeitweise abschalten: erst das eine Stadtviertel, dann das nächste, reihum. In dieser Hinsicht habe ich vorerst noch mehr Erfahrung als Sie, denn seit Jahren kommt es immer wieder vor, dass hier in Südafrika der Strom für zwei Stunden auf Ansage abgeschaltet wird.

In Deutschland gibt es das auch, allerdings schaltet man industrielle Großverbraucher ab und nicht ganze Wohngebiete. Es soll ja nicht jeder mitbekommen, welche Segnungen uns die Energiewende beschert. Hier die Aufzeichnung einer interessanten kleinen Anfrage im Bundestag zu dem Thema.

Und apropos – das „Smart Grid“, mit dem man uns jetzt schon gesprächsweise vertraut macht, ist nicht anderes als kompliziertes Load Shedding.

Winter in Texas

Vom 10. bis 17. Februar wurde Texas von winterlichen Stürmen und tiefsten Temperaturen heimgesucht- am Flughafen Dallas Fort Worth wurden -19°C gemessen. Das Unwetter ließ die Stromversorgung im Staat zusammenbrechen; zeitweise waren ein Drittel der Haushalte – ca. 4,5 Millionen – ohne Elektrizität.

Es war aber anscheinend kein unkontrollierter, totaler Blackout, sondern es waren eine Serie von großflächigen, „rollierenden“ Lastabwürfen, deren Effekt für den Verbraucher einem Blackout sehr nahe kam. Im Netz und in den Kraftwerken allerdings wurde wesentlich weniger Schaden angerichtet als bei einem unkontrollierten Zusammenbruch entstanden wäre.

Niemand bestritt, dass das Wetter die Ursache für diesen katastrophalen Stromausfall war, der schätzungsweise 40 Menschenleben gekostet hat. Was aber war genau passiert? Welche technischen Elemente hatten versagt? Da gingen die Meinungen auseinander.

Wir sind heute ja gewohnt, dass jegliches natürliche Unheil umgehend von der Politik für die jeweils eigene Agenda instrumentalisiert wird. Das war hier nicht anders.

Texanischer Elektro-Poker

Die Grünen gaben die Schuld am Blackout den konventionellen Kraftwerken, deren Gas- und Ölleitungen samt Pumpen angeblich eingefroren waren. Ihre Gegner wiederum sahen die Ursache in den vereisten Windmühlen. Und die Klimajünger erklärten sofort, die Kältewelle sei eine Folge der Erderwärmung gewesen.

An dieser Stelle möchte ich ausnahmsweise die Windmühlen in Schutz nehmen. Der Vorwurf, sie hätten wegen Vereisung versagt und damit den Blackout verursacht ist irrelevant. Windmühlen brauchen kein arktisches  Unwetter um zu versagen, da genügt schon die alltägliche Windstille. Und das texanische Netz ist sicher so ausgelegt, dass es auf die 23% Windenergie notfalls verzichten kann.

Offensichtlich waren auch die konventionellen Elemente der Stromversorgung nicht für diese sibirische Kälte ausgelegt. Sollte sich also das Land bis hinunter zu den erwähnten -19°C winterfest machen? Und warum nicht -25°C? Oder sollte man vielleicht akzeptieren, dass man nicht alles unter Kontrolle hat auf dieser Erde?

Heute, 14 Tage nach dem Kälteeinbruch, hat es in Houston frühmorgens schon wieder angenehme 20°C. Es gibt also Hoffnung.

Kommen wir zurück zur Frage, ob so etwas auch in Deutschland passieren könnte. Meine Einschätzung: auf jeden Fall, und zwar auch ohne Schneesturm. Die Energiewende arbeitet zielstrebig darauf hin. Verbraucher werden bereits vorsichtig darauf hingewiesen – “genudgt” – sich für diesen Fall mit Kerzen und Gaskochern auszurüsten.

Und auch hier wird es dann Fragen nach dem “warum” geben. Und wenn Sie dann antworten, dass läge daran, dass so gigantische und zuverlässige Kraftwerke wie Krümmel oder Phillipsburg oder Brunsbüttel oder Moorburg abgeschaltet wurden, oder daß Schnee auf den Solardächern lag, oder dass der Wind nicht geblasen hat, dann wird man Sie in die rechte Ecke stellen.

Sie dürfen hier nur eine Antwort geben: “Das CO2 ist schuld”. Und weil das aus den Kraftwerken kommt, deswegen müssen jetzt noch die restlichen Kraftwerke vom Netz gehen, damit es keinen Blackout mehr gibt. Verstanden? So geht die neue Logik.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

 




BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 7

Empfehlung: Die Nutzung eines benzingetriebenen Notstomaggregats sollte nur in Erwägung gezogen werden, wenn damit Verbraucher mit einer geringen Gesamtleistung versorgt werden sollen.

Empfehlung: Um eine längerfristige Stromversorgung – auch mit etwas höheren Leistungen – bei einem Blackout sicherzustellen, ist die Anschaffung eines Diesel-Modells die beste Wahl. Herausgehobene Qualität findet man beim Marktführer PRAMAC.

6.10.4 Kraftstoffe von der Tankstelle sind nicht lagerfähig!

In einem thüringischen Dorf wurde 1985 beim Abriss einer alten Scheune unter Gerümpel ein Fass mit Dieselkraftstoff gefunden, welches noch vor 1945 betankt worden sein musste. Die LPG-Bauern hatten keine Hemmungen, den mindestens 40 Jahre alten Diesel in den Tank eines Traktors vom Typ Belarus zu schütten, der damit klaglos fuhr. Würde man sich heute mit einem 5 Jahre alten Dieselkraftstoff etwas Vergleichbares erlauben, müsste man damit rechnen, dass der Traktor stehen bliebe, weil Zersetzungsprodukte des modernen Kraftstoffs die Düsen in seinem Motor verstopften. Seit dem 1. Januar 2015 gilt die in §37a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geregelte sogenannte Treibhausgas-Minderungspflicht. Die vom Gesetzgeber für 2015 festgesetzte Treibhausgas-Minderungsquote (THG-Quote) von zunächst 3,5 % wurde ab dem Jahr 2017 auf 4 % und Anfang 2020 auf 6 % erhöht. Dem Dieselkraftstoff wird deshalb der zumeist aus Raps hergestellte Biodiesel in steigender Konzentration beigemischt. Benzin erhält einen Zusatz aus Bioethanol, welches hauptsächlich aus den Nahrungsmittelpflanzen Mais, Weizen und Zuckerrüben produziert wird. Damit sind Benzin und Diesel – vor allem unter Sauerstoffeinfluss – nicht mehr dauerhaft stabil und beginnen nach wenigen Monaten zu zerfallen. Viele Hersteller garantieren lediglich eine Haltbarkeit von 60 Tagen. Danach beginnt der Kraftstoff sich zu entmischen.

Die Konsequenzen für die Notstromversorgung sind durchaus dramatisch. Eine Untersuchung des Instituts für Wärme und Oeltechnik belegte bereits 2016, dass die zuverlässige Einsatzbereitschaft von mehr als 80 % der untersuchten Netzersatzanlagen aufgrund der Qualitätsminderungen des Kraftstoffs nicht sicher gegeben war. Als Konsequenz aus solchen Untersuchungen wird die Verwendung von schwefelarmem Heizöl anstelle von Dieselkraftstoff empfohlen. Ein Heizöl mit den entsprechenden Qualitätsparametern ist aber in den geringen, für die Bevorratung eines privaten Notstromaggregats erforderlichen Mengen gar nicht erhältlich. Was kann man tun?

Empfehlung: Legen Sie sich – wenn irgend möglich – einen Vorrat von 200 Litern eines extrem lange lagerfähigen Sonderkraftstoffs zu, wie er im Mineralölwerk Georg Oest in Freudenstadt hergestellt und in luftdicht verschlossenen Spezialkanistern angeliefert wird.

6.11 Nutzung der Fotovoltaikanlage beim Blackout?

Derzeit gibt es in Deutschland mehr als 1,7 Millionen Photovoltaik-Anlagen.

1. Frage: Kann man sie bei einem Blackout noch nutzen?

Die Antwort ist: „Nein“, denn sie schalten sich sofort ab, wenn es keine Netzspannung gibt, an der sich ihre Wechselrichter bezüglich Frequenz und Phasenlage ausrichten können.

Nun sind einige davon bereits mit Batteriespeichern ausgerüstet, die auch dann noch Strom liefern, wenn keine Sonne mehr scheint.

2. Frage: Liefern diese Speicher auch bei einem Blackout noch Strom?

Auch hier ist die Antwort „Nein“, denn auch diese Speicher funktionieren nur mit Netzstrom. Das führt zur

3. Frage: Gibt es dennoch eine Möglichkeit, aus der PV-Anlage bei Stromausfall Elektroenergie zu beziehen?

Diese Frage kann grundsätzlich mit „Ja“ beantwortet werden – Voraussetzung ist die vorherige Umrüstung zu einer Inselanlage für eine Netzspannung von 220 Volt oder für Drehstrom. Bei einem Stromausfall lässt sich dann die PV-Anlage auf Inselbetrieb umschalten oder schaltet sogar automatisch um. Spezialisierte Firmen, wie die RCT Power GmbH in Konstanz erbringen die dafür notwendige Komplettleistung.

Empfehlung: Überlegen Sie gemeinsam mit dem Elektroplaner sorgfältig, ob der von Ihrer PV-Anlage erzeugte Strom und die Kapazität des Batteriespeichers ausreichen, um eine sinnvolle Nutzung als Inselanlage zu garantieren.

Grundsätzlich wäre auch der Parallelbetrieb einer PV-Anlage mit einem Notstromaggregat möglich. Technische Voraussetzung ist dabei eine gute Frequenzkonstanz des Aggregats. Jedoch ist eine solche Kombination nicht erlaubt, weil man mit ihr den Strom des Notstromaggregats in das Netz einspeisen könnte.

6.12 Woran man sonst noch denken sollte

– an einen Vorrat Ihrer ständig benötigten Medikamente für mindestens zwei Wochen,

– an eine gut ausgestattete Hausapotheke, über deren empfehlenswerten Inhalt alle Krankenkassen im Internet Auskunft geben. Bei der Planung ist jedoch zu bedenken, dass die Apotheke in einem Zeitraum mit stark eingeschränkter Hygiene hilfreich sein soll.

Empfehlung: Zur Vorbeugung von Wundinfektionen sollte die Hausapotheke reichlich antiseptische Wundsalben (wie Jodsalbe) enthalten.

– an ein batteriebetriebenes Radio,

– an genügend Zündmittel für Kerzen, Petroleumlampen, Propangaskocher,

– an Toilettenpapier, Feuchttücher (als Duschersatz), Küchenrollen (für die Reinigung benutzten Geschirrrs),

– an antibakterielles Handreinigungsgel

– an Tampons, Babywindeln

– an den Bedarf Ihrer Haustiere für mindestens zwei Wochen,

– an einen gefüllten Reservekanister für Ihr Auto.

7. Der Blackout ist eingetreten – oder ist es doch nur eine lokale Störung beim örtlichen Stromversorger?

An irgendeinem späten Abend erlöschen in Ihrer Wohnung plötzlich alle Lampen; Fernseher und Radio verstummen. Wenn nur Sie von der Störung betroffen sind, könnte es am Hausanschluss liegen. Sie treten ans Fenster und stellen fest, dass nirgendwo mehr Licht zu sehen ist. Nun haben Sie die prinzipielle Möglichkeit, über Störungsauskunft.de in Erfahrung zu bringen, ob es sich nur um eine lokale Störung bei Ihrem Stromversorger handelt. Das Portal lässt sich zwar über Google Internet Explorer nicht anwählen und verlangt Microsoft Edge oder Mozilla Firefox als Browser, doch erfährt man dabei wenigstens, ob das Internet noch funktioniert. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen Sie von einem großflächigen Stromausfall ausgehen. Auch der Ausfall von Mobilfunk oder Festnetz kann als ein sicheres Indiz für einen Blackout gelten. Wenn Sie sich rechtzeitig ein batteriebetriebenes Radio zugelegt haben, können Sie jetzt darauf einen Sender suchen, der vermutlich sehr bald sein Programm unterbrechen wird, um über den eingetretenen Blackout zu berichten.

Und wenn sie inzwischen mittels Notstromaggregat Ihren Fernseher in Betrieb nehmen konnten: zappen Sie kurz die Senderfolge durch! Wenn Sie nur noch wenige (notstromversorgte) Sender empfangen, ist auch dies ein untrügliches Zeichen für den Blackout.

7.1 Sofortmaßnahmen .….

Was jetzt unverzüglich zu tun ist, hängt von Ihrer persönlichen Situation ab.

Wenn Sie nicht von einer weiteren Versorgung mit Trinkwasser ausgehen können (s. Punkt 6.1) …..

Empfehlung: Füllen Sie sofort alle verfügbaren Gefäße und die Badewanne mit Leitungswasser.

Wenn Sie nicht über ein Notstromaggregat verfügen …..

Empfehlung: Decken Sie Tiefkühltruhe, Tiefkühlschrank und Kühlschrank mit Bettdecken zu, um deren Erwärmung so lange wie möglich hinauszuzögern.

Wenn Sie über ein Notstromaggregat verfügen …..

Empfehlung: – Schalten Sie (sicherheitshalber) sämtliche elektrischen Verbraucher aus.

– Nehmen Sie das Aggregat in Betrieb.

– Schalten Sie die Geräte ein, die jetzt unbedingt laufen sollen.

7.2 ….. und Empfehlungen für längere Dauer des Stromausfalls

Bei längerer Dauer des Stromausfalls ist unausweichlich an die Prognose des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu denken: „…ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern“. Anders ausgedrückt: Der öffentlichen Ordnung und Sicherheit droht der vollständige Zerfall. Wie schnell sich ein solcher Zerfall vollziehen kann, zeigt das Beispiel des Stromausfalls in New York vom 21. Juli 1977. Er wurde durch zwei Blitzeinschläge verursacht und dauerte nur 25 Stunden. Dennoch war seine Bilanz verheerend /29/:

– 9 Millionen Menschen saßen im Dunkeln.

– 1.616 Geschäfte wurden geplündert.

– 1037 Brände wurden gelegt.

– Es gab Schießereien; 463 Polizisten, 80 Feuerwehrleute und 204 Zivilisten wurden verletzt,

zwei Menschen starben.

Die Plünderer rückten mit Schubkarren, Einkaufswagen und Kleinlastern an und griffen sich alles, was nicht niet- und nagelfest war: Fernseher, Kühlschränke, Öfen, Lebensmittel, Windeln, Schmuck, Alkohol, Möbel, Medikamente. Der Gesamtschaden des Blackouts wurde später auf mehr als eine Milliarde Dollar beziffert.

Nun lassen sich New Yorker Verhältnisse nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen, doch auch hier ist mit einem Aufflammen der Kriminalität zu rechnen, bei dem man nicht mit Hilfe der Polizei rechnen kann. Wenn nach einigen Tagen die Lebensmittelvorräte bei vielen Menschen aufgebraucht sind, werden marodierende Gruppen auf der Suche nach etwas Essbarem auch in Häuser einbrechen.

Empfehlung: Verlassen Sie Ihr Haus / Ihre Wohnung nur, wenn es unumgänglich ist.

Empfehlung: Versuchen Sie, mit Nachbarn gegenseitige Hilfe und Unterstützung zu vereinbaren.

Empfehlung: Verstecken Sie möglichst den größten Teil Ihrer Vorräte. Ein kleiner Teil könnte als „Opfer“ dienen, um aggressive Eindringlinge wieder loszuwerden.

7.3 Horrorvorstellung: im Fahrstuhl ohne Strom

Sind Sie vielleicht schon einmal in einem Fahrstuhl stecken geblieben? Dann wissen Sie, wie die Befreiung aus dieser Situation abläuft: Drücken des Notknopfes, über den eine rund um die Uhr besetzte Notrufzentrale erreichbar ist. Diese ist als Personenbefreiungsdienst gesetzlich verpflichtet, spätestens 30 Minuten nach dem Notruf zwecks Befreiung vor Ort zu sein. Dort kann sie dann entweder durch eine elektrische Rückholsteuerung den Fahstuhl holen oder ihn „händisch“ in die nächstniedrigerere Etage ablassen und die Fahrstuhltür öffnen. Das funktioniert bei jeglichem Defekt des Fahrstuhls.

Doch bei einem Blackout ist alles anders, weil der Notruf außer Funktion ist. Vom Personenbefreiungsdienst ist jetzt ein außergewöhnliches Maß an Verantwortungsbewusstsein gefordert: bei allen Fahrstuhlanlagen, für die er verantwortlich ist – und das sind in der Regel sehr viele – selbsttätig zu prüfen, ob Personen darin eingeschlossen sind. Weil ihm die Position des Fahrstuhls unten nicht mehr elektrisch angezeigt wird, muss er die Treppen hochsteigen, um Eingeschlossene zu finden; wenn es keine gibt, hat er sich bis in die oberste Etage zu quälen – auch bei Zwölfgeschossern. Weil wegen der Seltenheit von technischen Fahrstuhldefekten die Personenbefreiungsdienste personell nur sehr sparsam besetzt sind, dürfte das Vorhaben mehrere Tage in Anspruch nehmen.

Für die Eingeschlossenen im Fahrstuhl wird das Ganze rasch zur physischen und psychischen Folter. Nach dem Erlöschen der Innenbeleuchtung sind sie ohne Kontakt mit der Außenwelt in völliger Dunkelheit, in einer Ungewißheit, die sich nach ein paar Stunden des Stehens in der Enge mit knapp werdendem Sauerstoff zur Panik steigern kann. Irgendwann verrichtet der Erste seine Notdurft auf den Boden, ungeachtet der Tatsache, dass dort schon Leidensgenossen sitzen, die nicht mehr stehen können – Aggressivität brandet in dem winzigen Räumchen auf. Empfehlungen zum Verhalten in einer solchen Ausnahmesituation können wohl kaum gegeben werden.

Aber wäre Vorbeugung möglich? Durchaus! Für den Fall eines langandauernden Stromausfalls müsste prophylaktisch zusätzliches Personal (z. B. in der Nähe wohnhafte Rentner) rekrutiert und eingewiesen werden, die dann im Ernstfall selbständig an vorbestimmten Fahrstühlen tätig werden.

Doch der Autor ist sich sicher, dass eine solche Initiative der vorbeugenden Gefahrenabwehr keine Chance hat, tatsächlich umgesetzt zu werden. Ihr steht eine übermächtige Truthahnillusion entgegen.

8. Schlusswort

Heute, am trüben, windstillen Morgen des 27.11.2020 lieferten die fast 30.000 Windräder und mehr als 1,7 Millionen Fotovoltaikanlagen in Deutschland Strom mit einer Leistung von 774 Megawatt. Das war lediglich ein Prozent des Bedarfs von 72,6 Gigawatt /35/. Heute konnten Kohle- und Kernkraftwerke das gigantische Defizit noch ausgleichen, doch in nur 400 Tagen wird auch das letzte der verbliebenen Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C abgeschaltet. Das Ausland kann Situationen wie die heutige nicht abfangen. Und unter dem politischen Druck, Abschaltungen von Verbrauchern möglichst zu vermeiden, werden die Netzbetreiber das Stromnetz zunehmend am Rande seiner Leistungsfähigkeit fahren. Das macht einen großflächigen langandauernden Stromausfall – auch Blackout genannt – immer wahrscheinlicher.

Nach einem einwöchigen Blackout wäre Deutschland zweifellos ein anderes Land. In diesem Land würde dann sofort die Suche nach jenen beginnen, denen man die Schuld zuweisen kann für zehntausende Tote, für den Ruin ganzer Wirtschaftszweige und eine Schadenshöhe, die sich nach Billionen Euro bemisst. Man wird sie sehr schnell ausmachen: „Gegner der Energiewende, welche in unverantwortlicher Weise den Ausbau der erneuerbaren Energien behindert haben“. Zu den Wortführern einer solchen Argumentation gehörte wohl auch die staatsnahe „Denkfabrik“ Agora Energiewende, von der sich die Bundesregierung beraten lässt. Dabei hat diese „Denkfabrik“ jüngst ein Konzept zur Erreichung der verschärften CO2 – Ziele für 2030 vorgelegt, das man als einen weiteren Nagel am Sarg der Versorgungssicherheit mit Elektroenergie bezeichnen kann. Der wirklich fachkundige Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel berichtete in einem WELT-Artikel /35/ am 14.11.2020 über die Forderung von Agora, weitere fünf Millionen Wärmepumpen in Deutschland zu installieren.

Wärmepumpen brauchen Strom – im Winter besonders viel, weil ihr Wirkungsgrad dann sehr schlecht ist. Und eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln für ganz Westeuropa zeigt, dass Millionen von Wärmepumpen an kalten Wintertagen das Stromnetz leersaugen, so dass in den Ländern Westeuropas ein Defizit von bis zu 70 Gigawatt auftreten könnte.

Fällt Meinungsführern der Energiewende wie Agora noch rechtzeitig jemand in den Arm? Anderenfalls müssen wir wohl alle gemeinsam die von ihren Ideen verschuldeten Folgen eines langandauernden großflächigen Stromausfalls tragen.

Teil 1 steht hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier, Teil 6 hier

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Hinweis: Das PDF mit dem vollständigen Inhalt ist beigefügt. Es kann aber auch beim Kaleidoscriptum-Verlag berstellt werden (www.kaleidoscriptum-verlag.de)

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BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 6

Doch im 19. Jahrhundert trat ein überlegener Beleuchtungskörper seinen Siegeszug in Europa und Amerika an: heller und kostengünstiger als die Kerze, einfach in der Handhabung sowie bei richtiger Einstellung praktisch rußfrei – die Petroleumlampe. Nachdem eine ganze Reihe von Innovationen in ihre Komponenten Brenner, Glaszylinder und Docht geflossen waren und man die Teile aufeinander abgestimmt hatte, erhellten diese Lampen millionenfach die Haushalte in Deutschland. In ihrer manchmal sehr aufwändigen handwerklichen Ausführung wurden sie zu einem Teil der bürgerlichen Wohnkultur. All diese Eigenschaften sprechen dafür, sie als Notbeleuchtung beim Stromausfall in Betracht zu ziehen – vorher können sie als Dekoration in der Wohnung dienen. Man muss solche Lampen nicht beim Antikhandel erwerben, sondern kann sie auch nagelneu kaufen.

Empfehlung: Kaufen Sie sich ein paar neue, schöne Petroleumlampen mitsamt eines Vorrats an Lampenöl.

Die einzelnen Typen unterscheiden sich durch die Art des Brenners und des Zylinders. Bei den Brennern gibt es drei Bauformen für unterschiedliche Helligkeiten: Flachbrenner, Runddochtbrenner (Kosmosbrenner) und Flammscheibenbrenner (Idealbrenner, Matadorbrenner). Der Runddochtbrenner ist deutlich heller als der Flachbrenner und verbraucht weniger Petroleum als der noch hellere Flammscheibenbrenner.

Bild 13: Von links nach rechts steigt die Helligkeit der Brenner: Flachbrenner, Runddochtbrenner und Flammscheibenbrenner. Der Flammscheibenbrenner hat allerdings einen vergleichsweise hohen Verbrauch.

Zu jedem Brenner gehört der passende Zylinder, bei denen man Wiener Zylinder (für Flachbrenner), Kosmos Zylinder (für Runddochtbrenner) und Matador Zylinder (für Flammscheibenbrenner) unterscheidet. Die Wahl eines falschen Zylinders kann zur Zerstörung desselben führen.

Bild 14: Formen der unterschiedlichen Zylinder

Es sei noch erwähnt, dass die unterschiedliche Größe der Brenner und Zylinder, wie auch die der Dochte, in der Maßeinheit der „Pariser Linie“ angegeben wird.

Bild 15: Diese Lampe mit 14-linigem Runddocht-Brenner strahlt mit der Helligkeit von 11 Haushaltskerzen (ca. 10 Lumen). Eine Tankfüllung reicht für 75 Stunden, Quelle: Heinze Metallwarenmanufaktur

Empfehlung: Damit eine Petroleumlampe rußfrei brennt, sollte man nach dem Anzünden fünf Minuten warten, ehe man den Docht auf maximale Lichtstärke einstellt.

6.8 Geld

Bei einem Blackout fallen alle elektronischen Zahlungssysteme aus. Zahlungen mit EC- oder Kreditkarte sind nicht mehr möglich. Den Menschen wird plötzlich bewusst, dass sie nur noch für Bargeld etwas bekommen und versuchen, an den Geldautomaten welches zu ziehen. Doch diese Automaten funktionieren nicht. Ob Bankschalter völlig ohne Strom eine Bargeldauszahlung vornehmen können, ist zu bezweifeln. Und selbst wenn Bankfilialen noch für ein paar Stunden notstromversorgt sein sollten, werden sie dem Ansturm nicht gewachsen sein und die Höhe der Auszahlungen begrenzen. In dieser Situation kann das Anwachsen einer kollektiven Angst der Kunden zu einem Bankenrun führen, der dann das Schließen der letzten arbeitsfähigen Filialen zur Folge hat.

Empfehlung: Halten Sie ständig zu Hause eine Summe Bargeld in kleinen Scheinen vor. Die Höhe dieser Summe hängt natürlich von Ihren finanziellen Möglichkeiten ab.

6.9 Wird die Heizung bei einem Blackout noch warm?

Raumheizungen mit Öfen, welche mit Holz oder Briketts beschickt werden, sind gefeit gegen einen Stromausfall, doch besitzen sie inzwischen Seltenheitswert. Einer BDEW-Studie zum Heizungsmarkt /34/ lassen sich die Angaben für eine Abschätzung jenes Teils der Wohnungen entnehmen, in denen es bei einem Blackout in Deutschland unabänderlich kalt wird (s. Bild 16).

Bild 16: Verteilung der Energieträger auf die Heizungen in Deutschland (nach /5/)

Es steht fest, dass bei einem Stromausfall die drei leitungsgebundenen Heizsysteme mit Strom, Fernwärme und Erdgas ausfallen. Erdgas wird nicht mehr zu den Verbrauchern transportiert, weil die Verdichterstationen in den Leitungen für ihren Betrieb auf elektrischen Strom angewiesen sind. Damit werden bereits rund 67% aller Heizungen kalt.

Die Besitzer von Ölheizungen haben sich ja prinzipiell bevorratet und sind damit erst einmal auf einen Zufluss ihres Energieträgers nicht angewiesen. Ähnlich sieht es bei den „Sonstigen“ aus. Und doch fallen auch bei ihnen die Heizungen aus. Grund dafür ist die Tatsache, dass es sich bei ihnen praktisch immer um Zentralheizungen mit einer elektrischen Steuerung und elektrischen Umwälzpumpen handelt. Aber im Gegensatz zu den ersten 67% aller Heizungsbesitzer können die Besitzer von Heizungen mit Vorratshaltung Vorsorge gegen eine kalte Wohnung treffen – durch Anschaffung eines Notstromaggregats.

6.10 Notstromversorgung

Der Gedanke liegt nahe: Wenn kein Strom mehr von außen kommt, erzeugt man halt selber welchen; Notstromaggregate gibt es ja in jedem Baumarkt. Doch vor dem Kauf eines solchen Gerätes sind einige Überlegungen anzustellen – die Gefahr, ein ungeeignetes Gerät zu erwerben ist sonst beträchtlich. Die nachstehenden Ausführungen sollen helfen, einen Fehlkauf zu vermeiden.

6.10.1 Welche Leistung wird benötigt?

Zunächst sollte man sich eine Übersicht darüber verschaffen, welche elektrische Leistung die in der Wohnung / im Haus vorhandenen Geräte aufnehmen. Dazu gibt die folgende Tabelle eine Hilfestellung:

Für einen langandauernden Stromausfall sollte man keine Notstromversorgung der „Stromfresser“ Kochfeld, Backherd, Wasserkocher, Geschirrspüler, Waschmaschine und Wäschetrockner vorsehen. Der Kraftstoffverbrauch eines Notstromaggregats wäre für ihre Nutzung zu hoch, und es gibt Alternativen (s. Punkt 6.5).

Empfehlung: Überlegen Sie sich, welche Geräte im Falle eines Blackout für Sie unverzichtbar sind, und wie viele davon höchstens gleichzeitig in Betrieb wären.

Beispiel: Es soll sich bei dem mit Notstrom zu versorgenden Objekt um ein relativ neues Einfamilienhaus mit voll biologischer Kläranlage und Ölheizung handeln. Die Heizanlage arbeitet mit zwei Strängen. Die Küche ist u. a. mit Kühlschrank und separatem Gefrierschrank ausgestattet.

Annahmen:

Der Eintritt des Blackouts erfolgt in der kalten Jahreszeit; damit die Ölheizung weiter arbeitet, müssen die Heizungssteuerung und die Umwälzpumpen in den beiden Heizungssträngen mit Strom versorgt werden.

– Propangas und Kocher sind vorhanden.

– Während des Blackout wird verzichtet auf die Nutzung von: Backherd, Mikrowelle, Kaffeemaschine, Wasserkocher, Mikrowelle, Fön, Geschirrspüler, Wäschetrockner, Fernseher (kein Bild), Laptop bzw. PC(kein Internet) und Musikanlage.

Unverzichtbare Geräte:

Über welche Leistung muss ein zu diesem Bedarf passendes Notstromaggregat verfügen? Vom Hersteller wird stets die sogenannte Scheinleistung S als Nennleistung angegeben, die größer ist als die benötigte Wirkleistung P (in unserem Beispiel 1,76 Kilowatt) und mit ihr über den Faktor 0,8 zusammenhängt:

P = 0,8 S.

Außerdem empfiehlt es sich, zur Bewältigung sogenannter Anlaufströme noch 20% Leistungsreserve zuzugeben. Das Aggregat für unser Beispielobjekt müsste dann eine Nennleistung von S = 1,76 Kilowatt 1,25 ∙ 1.2 = 2,64 Kilowatt aufweisen. Doch es gibt noch weitere Dinge zu beachten, auf die im folgenden Punkt eingegangen wird.

6.10.2 Lichtstrom oder Drehstrom?

Moderne Häuser und auch Wohnungen sind grundsätzlich mit Dreiphasenstrom (Drehstrom) versorgt. Das bedeutet: Es werden drei spannungsführende Leiter (Phasen genannt) in den Haus- (Wohnungs-) anschluss geführt, deren Wechselspannungen zeitlich gegeneinander versetzt (phasenverschoben) sind, wie Bild 23 zeigt.

Bild 23: zeitlicher Verlauf der Spannungen in den drei Phasen

Zwischen jeder Phase und dem Nullleiter (Erde) liegt eine Wechselspannung von 220 Volt an; zwischen den Phasen beträgt (wegen der Phasenverschiebung) die Spannung 380 Volt. Die Installation der festverdrahteten Verbraucher und Steckdosen versucht man stets einigermaßen gleichmäßig auf die drei Phasen zu verteilen. Wenn man bei einem Stromausfall die freie Wahl haben möchte, welche Verbraucher vom Notstromaggregat gespeist werden, wird ein Drehstromaggregat benötigt. Ein Drehstromaggregat ist auch erforderlich, wenn nur ein einziger (beim Stromausfall unverzichtbarer) Verbraucher von drei Phasen gespeist wird, wie das häufig bei Pumpen der Fall ist. Die Einspeisung in die drei Phasen von Haus oder Wohnung erfordert eine spezielle Installation.

Empfehlung: Lassen Sie von Ihrem Hauselektriker hinter der Hauseingangs- (Wohnungseingangs-) sicherung einen mit der Hand zu bedienenden Drehstromschalter mit den drei Stellungen „Netz“, „leer“ und „Notstromaggregat“ anbringen.

Empfehlung: Bei Stromausfall schalten Sie dann zunächst alle verzichtbaren Verbraucher aus. Danach starten Sie das Aggregat. Anschließend schalten Sie den Schalter von der Stellung „Netz“ über „leer“ in die Position „Notstromaggregat“.

Eine Automatik für die Einschaltung des Aggregats muss bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden.

Nach der vorstehenden Erläuterung der Grundbegriffe des Drehstroms müssen wir noch einmal zu unserem Beispiel zurückkehren, bei dem wir eine Wirkleistung des Notstromaggregats von 1,76 Kilowatt als ausreichend festgestellt hatten. Wenn es sich bei der Kläranlagenpumpe mit einer Leistung von 1,25 Kilowatt nicht um eine Drehstrompumpe, sondern um eine einphasige (Lichtstrom-) Pumpe handelt, ist eine höhere Leistung des Aggregats erforderlich. In jeder Phase des von uns berechneten Aggregats steht nur ein Drittel der Gesamtleistung, also nur 0,59 Kilowatt zur Verfügung, was für den Betrieb der Pumpe nicht ausreicht. In Anbetracht solcher, den Nichtfachmann vermutlich überfordernden Fakten ergeht die

Empfehlung: Lassen Sie sich bei der Auswahl eines Notstromaggregats von der Elektrofachfirma Ihres Vertrauens beraten.

Doch eine Grundsatzentscheidung lässt sich auch ohne Konsultation eines Elektrikers treffen. Wenn Sie während eines Stromausfalls nur wenige Elektrogeräte nutzen wollen, die sämtlich einphasig (mit normaler Netzschnur) zu betreiben sind und von denen keines fest verdrahtet ist, können Sie auch ohne weiteren Aufwand ein Kabel mit mehreren Abgängen von einem einphasigen Notstromaggregat mit ausreichender Leistung zu diesen Verbrauchern führen.

Empfehlung: Wenn elektronische Geräte betrieben werden sollen, bevorzugen Sie ein Gerät mit AVR-Regelung. Dabei wird die Spannung des Generators unabhängig von der Belastung weitgehend konstant gehalten.

Empfehlung: Wenn Sie ein Aggregat mit Batteriestarter erworben haben, sollten Sie ein passendes Ladegerät für die Erhaltungsladung der Batterie installieren, damit das Gerät stets betriebsbereit ist.

Es versteht sich von selbst, dass die Abgase eines Notstromaggregats so ins Freie abzuleiten sind, dass sie weder eine Gefährdung für Menschen, noch eine Brandgefahr darstellen. Ein Beispiel zeigt Bild 24:

Bild 24: Durchleitung der Abgase eines Dieselaggregats durch eine Laubenwand mittels flexiblem Edelstahl-Abgasschlauch

Von vielen Herstellern der Notstromaggregate wird ein halbjährlicher Probebetrieb unter Last empfohlen. Weil Notsituationen generell geübt werden sollten, legt dies eine weitere Empfehlung nahe.

Empfehlung: Opfern Sie wenigstens einmal einen Tag für eine komplette Notfallübung. Sie ist zwar unbequem, aber lehrreich. Beginnen Sie die Übung am besten an einem Samstagabend und beenden Sie diese am Nachmittag des folgenden Tages.

<Folge 7 kommt demnächst> Teil 1 steht hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier

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BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 5

Bild 9: Anzahl ungeplanter Unterbrechungen in den Stromnetzen europäischer Länder Quelle: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe /2/

Die Frage führt uns zum Begriff des „Schwarzen Schwans“, der in der Natur extrem selten ist, aber immerhin vorkommt. Seit dem 2007 erschienenen Buch von Nassim Nicholas Taleb „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“ /27/ hat sich dieser Begriff als Bezeichnung für Ereignisse eingebürgert, die wegen ihrer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit üblicherweise gar nicht in Betracht gezogen werden. Das Erscheinen eines Schwarzen Schwanes widerlegt alle Prognosen und trifft uns üblicherweise völlig unvorbereitet, weil wir immer wieder der „Truthahn-Illusion“ erliegen.

Bild 10: 1001 Tage im Leben eines amerikanischen Truthahns bis zum Thanksgiving-Day. Quelle: Nasim Taleb, The Black Swan

Mit jedem Tag, den der Truthahn gefüttert und umsorgt wird, steigt seine Gewissheit, dass dies auch so bleibt. Für ihn ist ausgerechnet am Tag vor der Schlachtung die Wahrscheinlichkeit weiteren Wohlergehens am größten. Wir erliegen der gleichen Illusion häufig bei der Beurteilung sehr komplexer Systeme; ein Beispiel ist das weltweite Finanzsystem. In diesem System ereignete sich 2008 nach vielen Jahren ungebrochener Prosperität gänzlich unvermutet eine Krise, die es fast völlig zum Absturz gebracht hätte.

Komplexe Systeme weisen besondere Eigenschaften auf, welche ihre Steuerung erschweren und ein komplettes Systemversagen möglich machen /28/. Es sind dies:

– lange Ursache-Wirkungsketten,

Rückkopplungen, die zu schwer durchschaubarer Eigendynamik führen können,

zeitverzögerte Wirkung von Eingriffen,

– kleine Ursachen, die große Wirkungen entfalten (Schmetterlingseffekt),

mögliche Irreversibilität von Eingriffen.

Daraus resultieren mögliche Konsequenzen:

einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge sind nicht mehr gegeben; es entsteht die Gefahr einer Übersteuerung,

– es entstehen indirekte, kaum abschätzbare Wirkungen, die durch etablierte Risikobewertungsmethoden nicht erfasst werden,

– es kommt zu Domino- und Kaskadeneffekten, deren negative Folgen mit dem Umfang der Vernetzung zunehmen,

Die Steuerbarkeit des Systems wird signifikant erschwert und geht im Extremfall völlig verloren.

Ein Beispiel zur Auswirkung der vorbeschriebenen Phänomene auf das Stromnetz ist der unter Punkt 4.4 beschriebene europaweite Blackout vom 4.November 2004, der erst Jahre später durch das Braess-Paradoxon erklärt werden konnte. Gerade im Fall unseres Stromnetzes sollten wir die Existenz Schwarzer Schwäne für möglich halten und nicht der Truthahn-Illusion unterliegen.

6. Vorsorge vor einem Blackout

Das schon auf Seite 2 dieser Broschüre zitierte Fazit aus der 2013 herausgegebenen Schrift des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: „Kapazitäten der Bevölkerung bei einem Stromausfall, Empirische Untersuchung für das Bezugsgebiet Deutschland“ lautet:

Entweder lebt die Bevölkerung bewusst mit dem Restrisiko einer eingeschränkten bzw. fehlenden Versorgung im Falle eines lang anhaltenden flächendeckenden Stromausfalles, oder aber sie ergreift selbst Maßnahmen, um ein solches Risiko abzuwenden.“

Die Wahl des Begriffs „Restrisiko“ stellt dabei eine schwer erträgliche Bagatellisierung dar, die in krassem Widerspruch zu der vom Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in /1/ für einen großflächigen lang dauernden Stromausfall gegebenen Aussage steht: „… ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern.“ Und die Aufforderung an die Bevölkerung, selbst Maßnahmen zur Abwendung des Risikos zu ergreifen, klingt in Anbetracht der völlig unzureichenden Mittel, welche dem einzelnen Bürger zur Verfügung stehen, geradezu zynisch. Dennoch liegt es im ureigenen Interesse eines Jeden, sämtliche Möglichkeiten einer Vorsorge auszuschöpfen – auch wenn diese vielleicht für sich genommen marginal erscheinen.

6.1 Trinkwasser

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Trinkwasser liegt in Deutschland bei etwa 125 Litern pro Tag. Es wird zum Trinken, Kochen, Abwaschen des Geschirrs, Duschen, Baden, Zähneputzen, Wäschewaschen und die Spülung der Toilette benötigt. Für den Transport des Trinkwassers im Leitungssystem werden zumeist elektrische Pumpen eingesetzt, die bei einem Blackout natürlich ausfallen. Für eine Notstromversorgung gibt es bei den Wasserversorgern keine einheitliche Regelung – bei Vorhandensein könnte sie die Versorgung mit Trinkwasser für einen Zeitraum sichern, der sich nach Stunden bemisst. Druckerhöhungsanlagen für Hochhäuser fallen sofort aus und sind auch nicht notstromgepuffert. In der Broschüre „Stromausfall – Vorsorge und Selbsthilfe“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe findet man die weise Empfehlung, sich „ausreichende Vorräte an Trinkwasser anzulegen.“ Was ausreichend ist, darf sich der Leser selbst überlegen – wir wollen ihm dabei helfen.

Zunächst sollte er der Frage nachgehen, ob bei ihm überhaupt ein Stromausfall den Ausfall der Trinkwasserversorgung zur Folge hat. Wenn Wasserversorgungsnetze durch natürliches Gefälle betrieben werden, kann das Wasser in den Leitungen grundsätzlich weiter fließen. So zum Beispiel auch in der Stadt Erfurt, die nur 30 Prozent ihres Trinkwassers aus Tiefbrunnen gewinnt und den Hauptteil über die Thüringer Fernwasserversorgung aus der Ohra-Talsperre erhält. Die ebenfalls in Thüringen gelegene Stadt Gera wird dagegen aus Hochbehältern versorgt, welche mittels Pumpen nachzufüllen sind. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Art und Weise der Versorgung mit Trinkwasser von Ort zu Ort sehr unterschiedlich ist. Das führt zu der

Empfehlung: Fragen Sie schon jetzt bei Ihrem Wasserversorger an, für welchen Zeitraum er bei einem längeren Stromausfall die Versorgung mit Trinkwasser garantieren kann. Sollte er nicht gewillt sein zu antworten, beauftragen sie einen gewählten Stadtverordneten oder Landtagsabgeordneten mit dieser wichtigen Fragestellung.

Wenn die Trinkwasserversorgung vom Stromausfall gar nicht betroffen ist, kann die Empfehlung des Bundesamtes zur Bevorratung getrost ignoriert werden; anderenfalls sollte man für einen Zeitraum von zehn Tagen Vorsorge treffen. Dabei kann sich wohl kaum jemand einen Notvorrat in Höhe des zehnfachen statistischen Pro-Kopf-Verbrauchs anlegen, was für einen Drei-Personen-Haushalt 3.750 Liter wären. Wirklich überlebensnotwendig ist nur der Trinkwasserbedarf von durchschnittlich 2,5 Litern täglich, der auch durch Flaschengetränke gedeckt werden kann. Wasser zum Kochen ist nur einzuplanen, wenn stromloses Kochen – z. B. mittels eines Propangaskochers – möglich ist. Dann sollte man für das Kochen und die Reinigung des Geschirrs pro Person und Tag zwei Liter ansetzen.

Empfehlung: Auch wenn die Trinkwasserversorgung weiterläuft, sollten Sie dieses Wasser nicht unabgekocht genießen. Vielfach gehört zur Wasseraufbereitung auch eine Desinfektion mit UV-Licht, die bei Stromausfall nicht mehr funktioniert.

Empfehlung: Sie können das Wasser für die Geschirrreinigung sparen, wenn Sie sich mit Einweggeschirr bevorraten.

Zähneputzen dürfte mit einem halben Liter und eine notdürftige tägliche Körperreinigung mit einem Liter möglich sein.

Empfehlung: Mit einem Vorrat an Einweghandschuhen und Hygienetüchern kann Wasser für die Reinigung der Hände gespart werden.

Mit dem Verzicht auf das Waschen von Wäsche ergibt sich für volle 10 Tage und einen Drei-Personen-Haushalt ein notwendiger Wasservorrat von 170 Litern. Wenn wenigstens für die ersten 48 Stunden vom Wasserversorger noch Trinkwasser garantiert werden kann, vermindert sich diese Menge auf 136 Liter.

Haben Sie ein Haustier?

Empfehlung: Wenn Sie ein Haustier besitzen, vergessen Sie bei der Planung des Wasser-Notvorrats dessen Bedarf nicht.

Unbeachtet blieb bislang die Toilettenspülung – dazu mehr unter Punkt 6.2. Aber auch die ständige Bevorratung von 170 oder 136 Liter Trinkwasser (und deren regelmäßige Erneuerung) in einer kleinen Wohnung ist eine Zumutung. Kann man, um ihr aus dem Wege zu gehen, an eine Nutzung eines der Trinkwasser-Notbrunnen Deutschlands im Falle eines Blackout denken?

6.1.1 Trinkwasser-Notbrunnen

Es gibt in Deutschland etwa 4.800 leitungsunabhängige Trinkwasser-Notbrunnen, die sich fast ausschließlich in Ballungsgebieten befinden /31/. In /31/ lesen wir auch: „Eine Aufbereitung des Brunnenwassers im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Im Bedarfsfall erfolgt lediglich eine Desinfektion mit Chlortabletten, welche für alle Brunnen vorgehalten werden.“ und „Die Nutzung im Katastrophenfall ist vom Amtsarzt freizugeben“. Viele dieser Brunnen dürften im Ernstfall über keine ausreichende Schüttung verfügen, wie der Kommentar zu Bild 11 zeigt. Außerdem müsste man für eine Nutzung des Brunnens dessen Lage kennen, um mittels Schubkarre, Handwagen oder auch Fahrrad von ihm Wasser zu holen – eine Versorgung in der Fläche durch Behörden ist undenkbar. Kann man die Lage des nächsten Notbrunnens rechtzeitig in Erfahrung bringen? Unter /32/ ist nachzulesen, wie im März 2020 eine entsprechende Anfrage an die Wasserbehörde Stuttgart ausging: Die Auskunft wurde mit der Begründung verweigert, dass die Information für Sabotage oder einen terroristischen Angriff auf die Trinkwassernotbrunnen genutzt werden könnte.

Bild 11: Brunnen mit Schwengelpume, wie er u. a. in Magdeburg und Berlin als Notbrunnen deklariert ist. Mit einer Förderleistung von ca. 1.200 Liter pro Stunde könnte er innerhalb von 12 Stunden den Minimalbedarf von 900 Menschen decken. Sein Versorgungsgebiet dürfte wohl die zehnfache Einwohnerzahl enthalten. Quelle: /31/

Empfehlung: Ziehen Sie die Nutzung eines Trinkwasser-Notbrunnens gar nicht erst in Betracht.

6.2 Die Toilette……

Die Patentanmeldung für ein Wasserklosett durch den englischen Erfinder Alexander Cumings im Jahre 1775 war eine Revolution der Toilettenhygiene, der wir übrigens einen großen Teil unserer gestiegenen Lebenserwartung verdanken. Auch wenn moderne Toiletten nicht mehr 10 bis 16 Liter Wasser für einen einzigen Spülvorgang verschwenden, wie die Spülkästen früherer Jahrzehnte, sind es immer noch 6 bis 8 Liter für das große Geschäft und 3 bis 5 Liter mit der Spartaste für das kleine. Für den unter 6.1 bereits erwähnten Drei-Personen-Haushalt lässt sich ein täglicher Spülbedarf von mindestens 57 Litern abschätzen, was eine Bevorratung mit 570 Litern Brauchwasser nahelegt, die unter normalen Wohnverhältnissen illusorisch ist. Was kann man tun? Der größte Teil des Trinkwassers lässt sich nach seiner Verwendung auffangen und zur Spülung der Toilette einsetzen. Das könnten bis zu 140 Liter sein.

Empfehlung: Halten Sie Eimer für das Auffangen von benutztem Trinkwasser bereit.

Für die Deckung des Defizits könnten Sie während des Blackout Brauchwasser heranschaffen, wenn fußläufig welches erreichbar ist.

Empfehlung: Prüfen Sie schon jetzt, ob sich in der Nähe Ihrer Wohnung ein Bach oder stehende Gewässer befinden, aus denen Wasser geschöpft werden kann.

Wenn diese Suche ergebnislos verläuft, gibt es noch eine weitere Möglichkeit der Gewinnung von Brauchwasser. In die Fallrohre der Dachentwässerung lassen sich verschließbare Regenwasserklappen einsetzen, wie sie Bild 12 zeigt.

Bild 12: Regenwasserklappe aus Zink. Preis ca. 15 €

Empfehlung: Prüfen Sie bereits jetzt die Möglichkeiten, eine solche Regenwasserklappe in ein stark mit Niederschlagswasser beaufschlagtes Fallrohr einbauen zu lassen.

Damit können – wenn es regnet – in Abhängigkeit von der Dachfläche nennenswerte Mengen an Brauchwasser aufgefangen werden. Bei Mietverhältnissen sollte die Genehmigung des Hauseigentümers eingeholt werden. Und was kann man noch tun, wenn alle diese Behelfe unmöglich sind? Der Verzicht auf Spülung nach dem kleinen Geschäft hilft ein wenig; auf die ultima ratio wird im nächsten Punkt eingegangen.

6.3 …und das Abwasserproblem

Von einem Blackout ist die Abwasserversorgung in zweifacher Weise betroffen: Zum einen fallen Schmutzwasserpumpen und Hebeanlagen, die zur Überwindung von Höhenunterschieden eingesetzt werden, sofort aus. Zum anderen fließt nach einiger Zeit das mit Exkrementen beladene Abwasser auf den Gefällestrecken nicht mehr, weil zu wenig Spülwasser in das Kanalsystem eingebracht wird. Das führt relativ rasch zu Staus in den Kanälen und in der Folge zum Schließen von Rückschlagventilen in den Abwasserleitungen der Häuser. Dann kann nichts mehr aus den Häusern abgeführt werden. Bei weiterer Nutzung der Toiletten tritt Schmutzwasser zuerst in den Kellern aus und schließlich laufen die Toiletten in den Geschossen über – Wohnungen werden unbewohnbar.

Empfehlung: Stellen Sie beim ersten Anzeichen einer Verstopfung in den Abwasserleitungen jegliche Nutzung der Toiletten sofort ein.

Dies ist der Zeitpunkt, zu dem Menschen beginnen, ihre Notdurft irgendwo im Außenbereich zu verrichten – Not kennt kein Gebot. Doch wenn man sich an einer solchen Verschmutzung des Außenbereichs nicht beteiligen will, gibt es die oben erwähnte ultima ratio:

Empfehlung: Legen Sie sich einen ausreichenden Vorrat an stabilen Müllbeuteln sowie geruchsdicht schließende Verschlussklemmen an. Nach dem Ende des Blackout dürfte es Möglichkeiten einer Entsorgung dieser Nottoiletten geben.

Es sei noch erwähnt, dass die Kläranlagen, die zu den größten kommunalen Energieverbrauchern zählen, vom Stromausfall in besonderer Weise betroffen sind. Ihr Abwasser fließt dann ungeklärt in die Vorfluter und verunreinigt Kanäle und Flüsse – mit entsprechenden Folgen für Fauna und Flora.

6.4 Lebensmittel …..

Wenn nach einem Blackout Strom und Trinkwasser wieder zur Verfügung stehen, kann noch nicht mit einer funktionierenden Lebensmittelversorgung gerechnet werden. Supermärkte sind leer – durch freiwillige Abgabe der Waren oder durch Plünderung; Kühllager müssen von den darin verdorbenen Lebensmitteln befreit werden; in Geflügelfarmen und Mastbetrieben stapeln sich die Tierkadaver; vom Milchkuhbestand hat nur ein verschwindend kleiner Teil überlebt. Deshalb sollten Lebensmittel für einen größeren Zeitraum bevorratet werden als für das Wasser – mindestens zwei Wochen. Die Frage, aus welchen Lebensmitteln sich der Vorrat zusammensetzen sollte, wird im Internet vielfältig und ausführlich beantwortet. Diesen Kalkulationen (die alle ein wenig reichlich erscheinen) soll hier keine weitere gegenübergestellt werden. Stattdessen folgen Empfehlungen für Maßnahmen, die dem Autor nützlich erscheinen.

Empfehlung: Ein Teil der eingelagerten Lebensmittel sollte aus Dauerkonserven mit einer Haltbarkeit von mindestens 10 Jahren bestehen. Diese, bei Spezialanbietern (wie Feddeck Dauerwaren GmbH, Hildesheim) erhältlichen Konserven müssen nicht in vergleichsweise kurzen Zeiträumen umgewälzt werden.

Empfehlung: Lagern Sie nach Möglichkeit Lebensmittel ein, die in Ihren üblichen Speieseplan passen. Das macht das Umwälzen nach Ablauf der Haltbarkeitsdauer angenehmer.

Tierische Schädlinge sind für Lebensmittel mit Langzeitlagerung eine oft unterschätzte Gefahr. Mehlmilben und Brotkäfer als die bekanntesten unter ihnen können eine breite Palette von stärkehaltigen Produkten in kurzer Zeit unbrauchbar machen.

Empfehlung: Verstauen Sie sämtliche in Tüten oder Schachteln (gleich aus welchem Material) verpackten Lebensmittel unmittelbar nach dem Kauf in luftdicht verschließbaren Plastikboxen.

6.5 …. und wie man sie zubereitet

Sogar, wenn man bereit ist, während eines Blackout ausschließlich „aus der Büchse“ zu leben, braucht man zu deren Erwärmung einen Kocher. Campingausrüster bieten Kocher an, die entweder mit Gas oder mit Benzin bzw. Spiritus betrieben werden können. Doch ihre Handhabung ist nicht sehr komfortabel, und zur Versorgung einer ganzen Familie sind sie wenig geeignet.

Empfehlung: Zur vorsorglichen Absicherung des Kochens empfiehlt sich die Anschaffung einer 11Liter – Propangasflasche mit zugehörigem Druckminderer und eines zweiflammigen Gaskochers.

Die Flaschenfüllung dürfte bei sparsamem Verbrauch für einen Zeitraum von zehn Tagen reichen. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, bei der Speisenzubereitung Gas zu sparen.

Empfehlung: Das Einweichen trockener Hülsenfrüchte vor dem Kochen senkt den Energiebedarf erheblich. Kartoffeln, Reis oder Gemüse kann man in Wasser nur aufkochen und den heißen Topf in eine dicke Decke wickeln, in der sie dann fertiggaren – eine in früheren Zeiten weit verbreitete Methode.

Das bereits unter Punkt 1 erwähnte „Notfallkochbuch“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dessen Rezepte nicht nur ohne Strom, sondern sogar ohne Leitungswasser auskommen sollen, lässt noch auf sich warten; der Einsendeschluss für Rezeptvorschläge aus der Bevölkerung wurde vom 31. Mai 2020 auf den 31. August verschoben. Doch in diesem Jahr erschien ein Kochbuch für Notfall und Krise /33/, welches allerdings nicht den Anspruch erhebt, bei seinen Rezepten ohne Wasser auszukommen. Dafür bietet es einen sehr detaillierten Vorrats- und Speiseplan für 28 Tage sowie allerlei kleine Tipps.

6.6 Kann man auf die Zivile Notfallreserve setzen?

Bei Wikipedia lesen wir: „Die Zivile Notfallreserve der Bundesrepublik Deutschland dient der Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln im Krisenfall. Dieser Notvorrat soll eine tägliche Mahlzeit während kurzfristiger Engpässe von bis zu mehreren Wochen Dauer ermöglichen.“ Ein wahrlich hoher Anspruch! Die Zivile Notfallreserve ist ein Erbe des Kalten Krieges und lagert an ca. 150 geheimen Standorten, die sich vorrangig an den Rändern von Ballungsgebieten befinden, Lang- und Rundkornreis sowie Erbsen und Linsen ein. Außerdem sollen Kondensmilch und Vollmilchpulver bei den Herstellern bereitstehen. Daneben gibt es zur Versorgung mit Mehl und Brot noch die Bundesreserve Getreide, die aus Weizen, Roggen und Hafer besteht. Beide Reserven umfassen zusammen etwa 800.000 Tonnen Lebensmittel (ca. 9,7 kg/Bundesbürger).

Es ist geplant, im Krisenfall die Vorräte nicht zu verteilen, sondern in öffentlichen Küchen für die Bevölkerung aus dem Lang- und Rundkornreis sowie Erbsen und Linsen Mahlzeiten zuzubereiten. Bei einem Blackout ist dieser Plan illusorisch. Und auch eine alternative Verteilung der Nahrungsmittel in der Fläche kann nicht stattfinden.

Empfehlung: Ziehen Sie die Nutzung der Zivilen Notfallreserve im Falle eine Blackout gar nicht erst in Betracht.

<Folge 6 kommt demnächst> Teil 1 steht hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier

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BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 4

Bild 9: Diese Grafik zeigt den realen Fall einer zehntägigen Dunkelflaute in Mitteleuropa (Quelle: Infografik Die Welt)

Daher müssten im Gleichtakt mit der Abschaltung konventioneller Kraftwerke zügig regelbare „Schattenkraftwerke“ erstellt werden, für die als Energieträger das teure, und angeblich „klimafreundliche“ Erdgas im Gespräch ist. Doch wie ist es um die Klimafreundlichkeit des Erdgases überhaupt bestellt? Bei seiner Verstromung emittiert es im Vergleich zu Steinkohle nur rund die Hälfte von dessen CO2. Mit dieser Feststellung begnügt sich die offizielle Meinung und verschließt dabei geflissentlich die Augen vor einer anderen Tatsache, die Erdgas zum größeren Klimaschädling macht als die Kohle. Es ist dies der sogenannte „Schlupf“ von Methangas, der bei seiner Förderung freigesetzt wird und etwa 5 bis 11 Prozent der Fördermenge beträgt /16/. Aber werden dessen ungeachtet wenigstens genug Gaskraftwerke gebaut, um den Kahlschlag bei Kernkraft und Kohle auszugleichen? Diese Frage kann nur mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am 01.04.2019 auf der Hannover-Messe kritisierte, waren zu diesem Zeitpunkt nur vier Gaskraftwerke mit insgesamt 572 Megawatt (das sind nur 0,572 Gigawatt!) Leistung im Bau; acht befanden sich im Genehmigungsverfahren und für drei weitere lag eine Genehmigung vor. Ursächlich für diese Misere ist die fehlende Neigung von Investoren, ihr Geld in Gaskraftwerke zu stecken, die nur dann angefahren werden dürfen, wenn Wind und Sonne Pause machen. Bei einer solchen Fahrweise steht fest, dass die Betriebskosten exorbitant hoch sein werden; doch ihre genaue Höhe lässt sich nicht kalkulieren. Der vermutlich beschrittene Ausweg wird darin bestehen, die gesamten Kosten dieser katastrophalen Unrentabilität auf die Stromkunden abzuwälzen /17/.

Die Abschaltung thermischer Kraftwerke hat in Deutschland höchste politische Priorität. Und sie erfolgt offenbar nach dem Prinzip „Augen zu und durch!“. Ein beeindruckendes Beispiel dafür ist der Umgang mit der am 31.12.2019 erfolgten Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg in Baden-Württemberg. Wie FOCUS online berichtete, war bereits vorher klar, dass dem Ländle danach 14 Prozent der benötigten Elektroenergie fehlen würden /18/. Man beauftragte eine Studie: „Versorgungssicherheit in Süddeutschland bis 2025 – sichere Nachfragedeckung auch in Extremsituationen?“. Sie kam erwartungsgemäß zu dem Schluss, dass „Deutschland in deutlichem Umfang auf Importe aus Nachbarländern angewiesen sein werde“. Doch: „Ob die Nachbarländer die von Deutschland benötigten Erzeugungsleistungen zur Verfügung stellen können und werden, wurde in der Untersuchung nicht überprüft“ zitiert der SWR aus der Studie. Insgesamt beurteile die Studie die Versorgungssituation optimistischer als Vorgängerstudien. Vor allem aus einem Grund: Insbesondere in Frankreich und in Polen würden Kern- und Kohlekraftwerke länger laufen als geplant.“

Das bedeutet: Die Politik in Baden-Württemberg hat so lange Studien anfertigen lassen, bis – unter Weglassung entscheidender Fakten – das gewünschte Ergebnis herauskam! Tatsächlich wurde in Frankreich, dessen Stromerzeugung im Winter immer wieder unzureichend ist, das Atomkraftwerk Fessenheim am 29. Juni 2020 abgeschaltet, weitere 14 Reaktoren (von insgesamt 58) sollen bis 2035 folgen. Polen wird von der EU massiv zur Einhaltung von „Klimazielen“ gedrängt, und die Niederlande legen wegen Klagen von Umweltschützern vorzeitig Kohlekraftwerke still.

Am 15.01.2020 erschien in der WELT ein Artikel unter dem Titel: „Die Stromlücke kommt später – dafür aber schlimmer“, in dem die Entwicklung der Stromproduktion in Deutschland aus der Perspektive der Netzbetreiber analysiert wird /19/. Die wesentlichen Aussagen von Amprion, TenneT, 50Hertz und TransnetBw in dieser Veröffentlichung lauten:

Die vorhandenen Leistungsreseven an einem Stichtag jeweils im Januar sinken ständig. 2017 betrugen sie noch 42,2 Gigawatt, 2019 waren es noch 3,5 Gigawatt, was etwa der Leistung von drei Großkraftwerken entspricht.

Unter möglichen ungünstigen Bedingungen (die glücklicherweise nicht eingetreten sind) hätte Deutschland seinen Strombedarf zu Zeiten einer angenommenen Spitzenlast am 20. Januar 2020 bereits nicht mehr aus eigener Kraft decken können und wäre auf den Import von 0,5 Gigawatt aus dem Ausland angewiesen gewesen.

Unter Annahme der gleichen Bedingungen ergibt sich für 2021 ein gesteigertes Defizit von 5,5 Gigawatt.

Am deutlichsten wird die Gefahr eines Blackouts in einem WELT-Artikel vom 09.03.2020 benannt, der auch den Titel trägt: „Die Gefahr eines Blackouts ist da/20/. In einem Interview mit der Zeitung warnt der Vorstandschef des Energiekonzerns Uniper, Andreas Schierenbeck vor einer erheblichen „Stromlücke“ von bis zu sieben Gigawatt in Deutschland und steigenden Blackout-Gefahren, auf die er derzeit keine energiepolitische Antwort sehe. Hier zwei Zitate aus dem lesenswerten Interview:

Wenn der Anteil von Solar und Wind aber deutlich über 40, 50 oder 60 Prozent steigt, wird es ohne eine solide Rückendeckung durch fossile Reservekraftwerke nicht mehr gehen. Das hat man kürzlich in Großbritannien gesehen. Der große Blackout im August vergangenen Jahres geschah an einem Tag, an dem fast 65 Prozent Windenergie im System waren.“

Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten drei Jahren eine Lücke von mehr als sieben Gigawatt an sicherer Erzeugungskapazität in Deutschland haben können, um die Spitzenlast zu decken. Es wird also die Kapazität von mindestens sieben Großkraftwerken fehlen. Ich halte das für bedenklich.“

4.7.1 … und ihre wahrscheinlichen Folgen

Womit müssen wir als Verbraucher von Elektroenergie in Deutschland angesichts der vorstehend beschriebenen defizitären Entwicklungen rechnen? Natürlich mit weiter steigenden Strompreisen. Doch als weitere Folge werden Häufigkeit und Dauer der Zeitintervalle zunehmen, in denen Elektroenergie nicht mehr dem Bedarf entsprechend bereitgestellt werden kann. Damit werden Zwangsabschaltungen (die aktuell euphemistisch mit dem Wort „Spitzenglättung“ umschrieben werden) unumgänglich. Industrielle Großverbraucher trifft dieses Los schon seit einiger Zeit. Im Jahr 2018 musste die deutsche Aluminiumindustrie 78 Abschaltungen erdulden. Mit dem wachsenden Defizit der deutschen Stromproduktion wird auch die Häufigkeit solcher kontrollierten Lastabwürfe anwachsen. Zweifellos wird man so lange wie möglich versuchen, sie auf die Industrie zu beschränken. Doch in Verbindung mit den welthöchsten Strompreisen und mit einer CO2-Steuer, die in Deutschland bis 2030 auf 180 Euro pro Tonne ansteigt, bedeutet dies eine sehr ernsthafte Gefährdung von Arbeitsplätzen. Deshalb werden die Netzbetreiber immer wieder unter dem politischen Druck stehen, das Netz an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu fahren, um eigentlich gebotene kontrollierte Abschaltungen zu vermeiden. Dass eine derartige Fahrweise das Risiko eines Blackouts signifikant erhöht, bedarf keiner näheren Erläuterung.

Nach der aktuellen Vorstellung der Bundesregierung sollen bis 2030 auf deutschen Straßen zehn Millionen Elektro-Pkw und 500.000 Elektro-Nutzfahrzeuge unterwegs sein, die dann Strom aus 300.000 Ladepunkten ziehen /21/. Es lässt sich abschätzen, dass für diese Fahrzeuge jährlich zusätzliche Elektroenergie von rund 40 Milliarden Kilowattstunden zu erzeugen und im Netz bis zu den Ladestationen fortzuleiten ist. Das entspricht dem Energieverbrauch von fast 20 Millionen Zwei-Personenhaushalten – keine Kleinigkeit. Sollte sich dieser Traum der Regierung erfüllen, geriete er zum Albtraum für das Netz.

Die Batterieautos in gigantischer Zahl sollen übrigens nicht nur der Fortbewegung von Menschen und dem Transport von Gütern dienen; nebenbei sind sie auch für eine Stabilisierung des Stromnetzes vorgesehen: „Werden Elektroautos gerade nicht genutzt und sind an das Stromnetz angeschlossen, können ihre Batterien zukünftig als Puffer dienen und damit die Stabilität des Stromnetzes unterstützen/22/. Wann schließt wohl der Besitzer eines Batterieautos sein Fahrzeug an das Stromnetz an? Die richtige Antwort auf diese Frage lautet: Wenn es geladen werden muss. Damit wird das Auto aber über den Ladestecker zur „flexibel zuschaltbaren Last“, der ein Bilanzkreisverantwortlicher des Stromnetzes nach eigener Entscheidung die noch vorhandene Ladung auch wieder entziehen kann. Dass der Besitzer einer solchen Form der Fremdnutzung seines Fahrzeugs freiwillig zustimmt, ist schwer vorstellbar. Zudem muss er ja auch noch eine signifikante Verringerung der Lebensdauer der Batterie hinnehmen, die nur eine begrenzte Zahl von Ladezyklen verträgt. Doch diese Vorstellung von der Zukunft unserer Mobilität soll eine tragende Säule der Energiewende werden. An ihrer Abwegigkeit kann allerdings auch die hochtrabende Bezeichnung „Sektorenkopplung“ nichts ändern.

4.8 Abnahme der Schwarzstartfähigkeit

Unter Schwarzstartfähigkeit versteht man die Fähigkeit eines Erzeugers von Elektroenergie, unabhängig vom Stromnetz aus dem abgeschalteten Zustand hochzufahren. Die Schwarzstartfähigkeit von Stromerzeugern im Netz beeinflusst nicht die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Blackouts; stattdessen ist sie von entscheidender Bedeutung für seine Dauer. Schwarzstartfähig sind:

Pumpspeicherkraftwerke

– Laufwasserkraftwerke

– Gaskraftwerke, die dabei allerdings einen Batteriespeicher oder ein großes Notstromaggregat benötigen.

Kern- und Kohlekraftwerke können noch einige Stunden nach dem Netzausfall die für ihren Betrieb erforderliche Eigenenergie produzieren; danach brauchen sie zum Wiederanfahren Fremdleistung. Die schwarzstartfähigen Energieerzeuger sind die Lebensversicherung des Stromnetzes; ohne sie könnte seine Funktion nach einem Blackout nicht wieder aufgebaut werden. Für einen solchen Wiederaufbau gibt es Pläne. Zunächst werden praktisch alle Trennschalter im Netz auf „Aus“ gestellt. Dann sollen in einem ersten Schritt die autarken Schwarzstarter durch sogenannte Impulsproduktion thermische Großkraftwerke hochfahren, damit diese ihre normale Stromproduktion wieder aufnehmen. Mit ihnen erfolgt der schrittweise Aufbau von Teilnetzen, welche dann nach einer Synchronisierung miteinander verbunden werden können. Wie kompliziert der gesamte Prozess bis zur völligen Wiederherstellung des Netzes ist, können Interessierte in dem Artikel von F. Prillwitz und M. Krüger Netzwiederaufbau nach Großstörungen“ /23/ nachlesen.

Doch was ist, wenn die Forderungen von Fridays For Future erfüllt werden und es keine thermischen Großkraftwerke mehr gibt? Windräder und Solaranlagen sind nicht schwarzstartfähig. Dann sind die bisherigen Pläne Makulatur, und es ist fraglich, ob das Netz – selbst mit gigantischem Zeitaufwand – im Falle eines Blackouts überhaupt wieder aufgebaut werden kann. Gelegentlich werden von den Verfechtern der Energiewende Batteriespeicher als möglicher Ausweg aus der Misere genannt /24/, doch der damit verbundene Aufwand dürfte kaum zu bewältigen sein.

4.9 Mangelnde Sachkunde der Politik

Vor etwas mehr als einem Jahrhundert gab es in Deutschland schon einmal eine Energiewende; auch sie war mit einem Strukturwandel der Wirtschaft verbunden. Im Deutschen Kaiserreich existierten 1895 nach regierungsamtlicher Zählung 18.362 betriebene Windmühlen; 1907 war ihre Zahl bereits auf 8.170 gesunken. Ursächlich für dieses Windmühlensterben war das Aufkommen des Elektromotors, für den Strom zur Verfügung stand, der aus Kohle gewonnen wurde. Mit dieser neuen Technik galt für einen Kontrakt über das Mahlen von Getreide auf einmal nicht mehr der Vorbehalt: „Wenn der Wind weht“. Außerdem stand nun ein Vielfaches der früheren Antriebsleistung von bestenfalls 10 Kilowatt zur Verfügung. Und man benötigte für den Mahlprozess keine windgünstigen Standorte mehr auf Hügeln mit schlechter Zuwegung; große Mühlen in verkehrsgünstiger Lage übernahmen diese Aufgabe zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten. Das Brot beim Bäcker wurde billiger.

Diese schon fast vergessene Energiewende erfolgte nicht auf kaiserliche Anordnung. Als alleinige Triebkraft reichte die erhebliche Steigerung der Effizienz einer Wertschöpfungskette aus. Man hatte sie erreicht, indem man sich von einem stochastisch schwankenden Energieträger mit geringer Energiedichte verabschiedete und stattdessen auf eine stets verfügbare Energiequelle mit unvergleichlich höherer Energiedichte setzte. Die Folge dieser dezentral von vielen Menschen getroffenen Entscheidung war ein Wohlstandswachstum der gesamten Gesellschaft, von dem wir heute noch zehren.

Die heutige Energiewende ist die Umkehrung des damaligen Prozesses: Wir verabschieden uns von gesicherten Energieträgern mit hoher Energiedichte und setzen wieder auf schwankende Energien, die über riesige Flächen eingesammelt werden müssen. Als Triebkraft wirkt dabei nicht die Steigerung von Effizienz und Wohlstand, sondern ausschließlich die Politik. Nur aufgrund der zu bezweifelnden Behauptung, damit könne das Klima gerettet werden, hat sie ein „Große Transformation/25/ genanntes Gesellschaftsexperiment mit dramatischen Auswirkungen auf fast alle Bereiche von Wirtschaft und Technik angeordnet. So ist beispielsweise das Ende des Verbrennungsmotors kein normaler „Strukturwandel“ – es wurde durch die willkürliche Vorschrift angeordnet, dass er nur noch 59,4 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen darf (ab 2030), was schlicht unmöglich ist. Besonders betroffen ist allerdings unser Stromnetz wegen der Gefahr eines Blackouts. Weil bei der Großen Transformation spontan wirkende Triebkräfte durch politische Entscheidungen ersetzt werden, ist leicht einzusehen, dass der Qualifikation politischer Entscheidungsträger eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Vor allem sollte sie bei Politiker*innen der Partei DIE GRÜNEN zweifelsfrei vorhanden sein, denn sie treiben die vorbeschriebene Entwicklung direkt und indirekt maßgeblich voran. Mit Widerspruch seitens der Industrie müssen sie übrigens kaum noch rechnen, denn deren Repräsentanten haben sich dem politisch-medialen Druck bereits gebeugt. So ließ Uniper-Vorstandschef Schierenbeck in dem unter Punkt 4.7 erwähnten Interview /20/ den bemerkenswerten Satz fallen: „Es geht vor allem um Haltung.“

Wie sieht es nun mit Sachkenntnis gerade bei grünen Spitzenpolitiker*innen aus?

Die Parteivorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, gab im Januar 2018 dem Deutschlandfunk ein bemerkenswertes Interview, in dem sie behauptete, dass Netz wäre ein Energiespeicher.

Es ist dem Autor nicht bekannt, dass sich Frau Baerbock inzwischen von diesr und von ähnlichen Aussagen, zu deren Diskussion sie „keine wirkliche Lust hat, mir gerade mit den politischen Akteuren, die das besser wissen, zu sagen, das kann nicht funktionieren.“ distanziert hätte.

Aber Frau Baerbock steht mit ihren Wissenslücken und realitätsfernen Vorstellungen nicht allein. Cem Özdemir verwechselte in seinem „Gigabyte“-Interview zur Stromproduktion aus dem Jahre 2011 nicht nur die Maßeinheiten Gigawatt für Leistung und Gigabyte für Datenmenge; er postulierte auch einen völlig falschen Zahlenwert von 140 „Gigabyte“, die in Deutschland an Leistung erzeugt werden könnten. Und bei der „Kugel Eis“, die der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin als monatliche Kosten der Energiewende für Haushalte prophezeite, hatte er sich ungefähr um den Faktor 100 geirrt.

Doch naturwissenschaftlich-technische Unwissenheit und haarsträubende Fehlprognosen sind keine exklusive Domäne der Grünen. Nachdem das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, im Jahr 2020 auf deutschen Straßen eine Million Batterieautos rollen zu lassen, mit einer derzeitigen Stückzahl von 83.000 verfehlt wurde, will Verkehrsminister Scheuer (CSU) ihre Zahl bis 2030 auf 10 Millionen zzgl. einer halben Million batteriegetriebener Nutzfahrzeuge steigern (s. auch Punkt 4.7.1). Allein die Schaffung der dafür erforderlichen Ladestruktur ist eine Generationenaufgabe. Wer soll solche Phantastereien noch ernst nehmen?

Doch welcher Grad von Unwissenheit bei Politiker*innen, die in Regierungsverantwortung stehen oder eine solche anstreben, ist noch tolerabel? In Anbetracht des menschlichen Leids und der gigantischen materiellen Verluste, die ein langdauernder und großflächiger Stromausfall mit sich bringen würde, müssen der Toleranz Grenzen gesetzt werden. Und so ist es wohl weniger riskant, ahnungslosen Politiker*innen ein Verteidigungsministerium anzuvertrauen als die Verantwortung über unser Stromnetz. Zumindest, solange Deutschland nicht auf die Idee kommt, Krieg zu führen.

<Folge 5 kommt demnächst> Teil 1 steht hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier

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Hinweis: Das PDF mit dem vollständigen Inhalt ist beigefügt. Es kann aber auch beim Kaleidoscriptum-Verlag berstellt werden (www.kaleidoscriptum-verlag.de)

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BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 3

Bild 6: Typisches Schadensbild an den vom Eis überlasteten Hochspannungsmasten im Münsterland 2005 (Quelle. WDR)

Den „größten Stromausfall der deutschen Nachkriegsgeschichte“ hat jedoch die Schneekatastrophe zum Jahreswechsel 1978/79 verursacht – wenn die DDR dabei mit betrachtet wird. Dort waren die Folgen geradezu dramatisch, und so nahm die Katastrophe ihren Lauf:

Das Szenario: In der Nacht vom 28. zum 29. Dezember stürzt im Norden der DDR die Temperatur von zehn Grad über Null auf minus zwanzig Grad. Die nördlichen Bezirke versinken bei gefrierendem Regen binnen weniger Stunden unter einem dicken Eispanzer, dann setzt dort ein dreitägiger Schneesturm ein. Während Erich Honecker zu einem Freundschaftsbesuch nach Afrika aufbricht und seine Minister sich schon zur Silvesterfeier verabschieden, dringt die Kaltfront nach Süden vor und legt dabei den Arbeiter- und Bauernstaat lahm. Bei der Bahn frieren die Weichen ein, Züge mit festgefrorener Braunkohle können nicht mehr entladen werden, und bei minus zwanzig Grad müssen die Braunkohlentagebaue ihre Förderung einstellen. Weil die Energieversorgung auf ständigen Nachschub angewiesen ist, gerät das Stromnetz der DDR immer mehr aus dem Takt. In den Energiekombinaten Thüringens wird schließlich die „Geheime Verschlusssache“ geöffnet; sie enthält den Befehl zur Abschaltung aller Verbraucher – der Süden der DDR versinkt ausgerechnet in der Silvesternacht in völliger Dunkelheit. Die komplette Stromversorgung kann dort erst nach Tagen wiederhergestellt werden.

Dass der „Jahrhundertwinter“ 1978/79 die DDR viel schwerer traf als die damalige Bundesrepublik, war vor allem ihrer fast vollständigen Abhängigkeit von der Braunkohle als Energieträger geschuldet. Zudem gab es keine Vorsorge für den Eintritt eines solchen Ereignisses. Andererseits wurden dessen Folgen sowohl durch eine gewisse, dem Sozialismus systemimmanente Bevorratungsmentalität der Bevölkerung gemildert, als auch durch die im Vergleich zu heute noch sehr geringe Abhängigkeit vom elektrischen Strom.

Der weltweit größte durch ein Extremwetterereignis verursachte Blackout ereignete sich im Januar 1998 in der kanadischen Provinz Quebec. Warme Luftmassen hatten tagelang über kalten Schichten gelegen, bis es am 7. Januar plötzlich zu Niederschlägen kam, die noch gefroren, bevor sie den Boden erreichten. Das ganze Land wurde durch eine Eisschicht praktisch versiegelt. Bäume waren auf einmal von einer mehr als vier Zentimeter starken Glasur bedeckt und knickten wie Streichhölzer. Und die Masten der Hochspannungsleitungen taten es ihnen nach.

Die kleine Auswahl wetterbedingter Gefahrensituationen für das Stromnetz soll durch ein Ereignis abgeschlossen werden, bei dem am 28. März 2012 in Ostdeutschland ein Blackout für das Verbundnetz gerade noch verhindert werden konnte. An diesem Tag herrschte ein außergewöhnlich hohes Angebot an regenerativem Strom, vor allem aus Windenergieanlagen. Die Netzbetreiber waren durch das seit 1991 geltende Stromeinspeisungsgesetz (2000 abgelöst durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz) zu seiner Abnahme verpflichtet. Nur die zu gewährleistende Netzstabilität setzte dieser Verpflichtung Grenzen. Am Abend des 28. März fiel die 380 kV-Hochspannungsleitung von Wolmirstedt nach Helmstedt aus; damit standen nur noch zwei Leitungen für den Leistungsausgleich zwischen alten und neuen Bundesländern zur Verfügung. Die im Osten erzeugte Leistung mit einem großen Anteil von Windstrom aus dem Norden konnte nicht mehr ausreichend abgeführt werden, als Folge erhöhte sich die Netzfrequenz. Die daraufhin vorgenommene massive Reduzierung von konventioneller und schließlich auch regenerativer Stromerzeugung von mehreren Tausend Megawatt vermochte diese bedrohliche Entwicklung nicht zu beenden; die Frequenz stieg immer weiter an. Gegen 20.00 Uhr stand das Netz kurz vor der bei 51,5 Hz zu erwartenden Notabschaltung. Rettung brachte schließlich die Schaltung der Pumpspeicherwerke Goldisthal (Thüringen) und Markersbach (Sachsen) auf die Funktion „Pumpen“. Binnen weniger Minuten stieg ihre Leistungsentnahme aus dem Netz auf 2.400 Megawatt – der Blackout mit hoch wahrscheinlich länderübergreifenden Auswirkungen konnte gerade noch vermieden werden.

Heute scheint diese überaus wichtige Fähigkeit der Pumpspeicherwerke zur Netzstabilisierung im Bewusstsein der Politik nicht mehr existent zu sein /30/.

4.4 Menschliches Versagen

Im Stromnetz laufen bestimmte Stabilisierungsmaßnahmen automatisch ab; andere erfordern planvolles menschliches Agieren unter Beachtung von sehr komplexen Bedingungen. Das beginnt mit der auch als „Dispatch“ bezeichneten, unter Punkt 2 beschriebenen Einsatzplanung der Kraftwerke auch für den Folgetag auf der Basis von Prognosen für die benötigte Leistung sowie die Erzeugung von regenerativem Strom. „Redispatch“ sind dann tagesaktuelle Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken zur Vermeidung von Überlastungen. Wenn z. B. die Überlastung einer Leitung befürchtet wird, müssen vor dem Engpass befindliche Kraftwerke heruntergefahren werden, während die Leistung der dahinter befindlichen gesteigert wird. Sowohl Dispatch als auch Redispatch erfordert sorgfältige Abstimmungen zwischen mehreren Partnern.

Dass diese anspruchsvolle Tätigkeit nicht immer gut geht, zeigen mehrere Beispiele. So fiel In der Nacht des 28. September 2003 in ganz Italien um 3.27 Uhr der Strom aus, je nach Landesteil für bis zu 18 Stunden. Die Ursache dafür lag nicht in Italien, sondern in der Schweiz. Dort war eine Stromleitung durch eine menschliche Fehlentscheidung überbeansprucht worden und versagte – mit der Folge, dass 57 Millionen Menschen stundenlang ohne elektrische Energieversorgung waren.

Ein besonders markantes und auch lehrreiches Beispiel ist mit dem Kreuzfahrtschiff „Norwegian Pearl“ verbunden, das am 4. November 2006 auf der Ems die Meyer-Werft in Papenburg verließ. Dabei musste aus Sicherheitsgründen die den Fluss querende 380 kV-Hochspannungsleitung abgeschaltet werden, wie es schon etwa 20 Mal zu gleichen Anlässen geschehen war. Doch diesmal saßen nach der Abschaltung plötzlich zehn Millionen Menschen in Westeuropa ohne Strom da. Teile von Deutschland, Belgien, Frankreich, Österreich, Italien und Spanien waren betroffen. In kaskadenartiger Weise pflanzte sich die Störung fort; das Europäische Verbundnetz zerfiel in Teilnetze, welche glücklicherweise relativ rasch stabilisiert und dann wieder miteinander synchronisiert werden konnten, so dass dieser Blackout nur rund zwei Stunden dauerte. Sein Ablauf bestätigte die allgemeine Einschätzung des BBK (in /13/ auf S. 84): „Im Stromnetz entwickeln sich großflächige Ausfälle durchaus kaskadenartig: Ausgehend von der ursprünglich lokalen Störung können Blackouts entstehen, die sich über die Regelzonen in der Fläche fortsetzen. Demgegenüber ist aber auch ein flächendeckender Ausfall denkbar, der durch mehrere Einzelausfälle bedingt ist.“

Die Schuld an dem ziemlich kostenträchtigen, von der 380 kV-Leitung über die Ems ausgehenden Störfall wies der Netzbetreiberverband UCTE nach einer Untersuchung dem Energiekonzern Eon zu, welcher die Abschaltung vorgenommen hatte. Der konnte sich das Ganze nicht erklären und wollte sogar „höhere Gewalt“ nicht ausschließen. Aber der Schuldvorwurf mit seinen juristischen Folgen blieb an dem Konzern haften. Doch sechs Jahre später legte das Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen eine verblüffende Erklärung vor, die auf umfangreichen Computersimulationen beruhte: Ursächlich für den Blackout vom November 2006 sei das sogenannte Braess-Paradoxon /8/ gewesen. Dieses erst 1968 von dem deutschen Mathematiker Dietrich Braess eigentlich für das Verkehrswesen postulierte Paradoxon besagt, dass in der Verkehrsführung eine zusätzliche Straße unter Umständen eine Verschlechterung des Verkehrsflusses bewirkt. Es lässt sich auch auf Stromflüsse in elektrischen Leitungen anwenden: Die Installation einer neuen Leitung kann zu vorher nicht vorhandenen Engpässen im System führen. Für den zuständigen Eon-Dispatcher war es am 4. November 2006 natürlich nicht möglich, eine umfangreiche Computersimulation der Netzführung vorzunehmen.

Die Erklärung des Max-Planck-Instituts führt schlaglichtartig vor Augen, welchen Grad der Komplexität unser Stromnetz erreicht hat und mit welchem Risiko deshalb menschliche Eingriffe verbunden sein können (s. dazu auch Punkt 6).

In Anbetracht der möglichen Folgen eines Blackouts sollte die Zahl der menschlichen Eingriffe also möglichst verringert werden, doch ist das Gegenteil der Fall, wie Bild 7 zeigt. Damit steigt unbestreitbar die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen durch menschliches Fehlverhalten verursachten Blackout. Und noch etwas ist bei der Retrospektive auf das nunmehr fast 14 Jahre zurückliegende Ereignis festzustellen: Heute wären seine Auswirkungen schwerer und die Zeit bis zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Netzes länger. Denn inzwischen ist unsere Abhängigkeit von elektrischem Strom noch vollkommener, das Netz komplexer und die Schwarzstartfähigkeit der Energieerzeuger geringer geworden (s. dazu Punkt 7).

Bild 7: Entwicklung der Zahl von Redispatch-Maßnahmen im Schweizer Stromnetz, das ein Teil des Europäischen Verbundnetzes ist (Quelle: Swissgrid)

4.5. Cyberangriffe

In seinem Buch „Blackout. Morgen ist es zu spät“ lässt der Autor Marc Elsberg das Europäische Verbundnetz durch einen Hackerangriff zusammenbrechen. Wie realistisch ist ein solches Szenario? Einen Hinweis liefert ein Geschehnis, das sich kurz vor Weihnachten 2015 in der westukrainischen Provinz Iwano-Frankiwsk abspielte. 30 Kraftwerke fallen plötzlich aus, worauf eine Viertelmillion Haushalte keinen Strom mehr haben. Wohnungen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen bleiben tagelang ohne Elektrizität. Was sich erst später herausstellte: Es handelte sich bei dem Vorfall um den weltweit ersten großen Stromausfall, der von Hackern verursacht wurde. Nach Aussagen des US-Heimatschutzministeriums hatten von Russland aus agierende Hacker Spear Phishing E-Mails eingesetzt, um sich über einen Schadcode Zugangsberechtigungen zu den Steuerungseinheiten zu beschaffen. Das Programm war in einem manipulierten Word-Dokument enthalten, das als E-Mail des ukrainischen Parlaments getarnt war /9/. Nach der Implementierung des Schadcodes besaßen sie die völlige Verfügungsgewalt über die Energieversorgung.

Es ist denkbar, dass diese Aktion nur ein Scharmützel aus dem schon längst begonnenen kalten digitalen Krieg zwischen Russland und den USA war, bei dem man der anderen Seite zeigen wollte, wozu man ohne weiteres in der Lage ist. Offenbar versuchen beide Großmächte schon seit einiger Zeit, in den IT-Systemen der Kritischen Versorgungsstrukturen des potentiellen Gegners „logische Bomben“ zu platzieren – inaktive Schadprogramme, die im Fall einer „Zündung“ das öffentliche Leben vollständig lahmlegen /10/. Besonders verheerend ist dabei ihre Fähigkeit, alle Daten und Programme des angegriffenen Systems zu löschen, was einen Neustart unmöglich macht.

Aber auch unterhalb der Ebene globaler Auseinandersetzungen tobt bereits ein Partisanenkrieg der Hacker mit unterschiedlichen Motivationen. Wir zitieren dazu aus einer Wirtschaftsdokumentation von 3sat vom 21.06.2019 /11/:

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt immer wieder vor Cyberangriffen auf Energieversorger. „Jeden Tag gibt es tausendfache Anklopfversuche aus dem Internet“, bestätigt auch Florian Haacke, Leiter der Konzernsicherheit bei Deutschlands größtem Stromnetzbetreiber Innogy. In der Essener Konzernzentrale wehren rund 130 Spezialisten solche Attacken ab. Mit ernsten Bedrohungen haben sie es bis zu 40 Mal im Jahr zu tun.
Haacke mahnt zur Wachsamkeit: „Letztendlich zeigen die Vorfälle in der Ukraine, dass es Angreifer oder Angreifergruppen gibt, die über die logistischen und methodischen Fähigkeiten solcher Angriffe verfügen und diese auch tatsächlich in der Praxis umsetzen. Das war tatsächlich eine neue Dimension für den Energiesektor. Und wir sollten auch in Deutschland nicht annehmen, dass es unmöglich ist –
auch unsere Stromnetze sind nicht unverwundbar. Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben.“

Wie sind nun die Perspektiven in dem digitalen Krieg um die Herrschaft im Stromnetz? Die Antwort kann nur lauten: rosig – und zwar für die Angreifer. Denn unserem Netz stehen fundamentale Veränderungen bevor, die seine Verwundbarkeit dramatisch erhöhen werden.

Im Rahmen der Energiewende ist die Umrüstung von einigen Millionen Haushalten auf „Smart Meter“ (intelligente Stromzähler) und deren Integration in „Smart Grids“ (intelligente Netze) vorgesehen. Der Grund dafür ist eine fundamentale Änderung der Versorgungsphilosophie: Wurde bislang die Erzeugung von Elektroenergie an den jeweiligen Bedarf angepasst, hat sich in Zukunft der Verbrauch an die stark schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne zu adaptieren. Das soll mittels smarter Bauteile wie „Smart Plugs“ (intelligente Steckdosen) oder smarter Lüsterklemmen geschehen. Damit diese kleinen Intelligenzbestien ihre Befehle von zentralen Steuereinheiten erhalten können, bekommt das vorhandene Leitungsnetz eine ganz neue Aufgabe: Es dient nicht mehr nur der Energieversorgung, sondern auch der Übertragung von Informationen – es ist zum Datennetz geworden. Und damit lastet auf ihm plötzlich die ganze Problempalette der Cyber-Sicherheit.

Für technisch versierte Hacker (und das sind leider die meisten), die das Stromnetz mit dem Ziel der Herbeiführung eines Blackout angreifen wollen, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Jede dieser smarten Steckdosen oder Lüsterklemmen ist für sie ein potentielles Einfallstor in das Datennetz der Energieversorgung, das ihnen sogar physisch zur Verfügung steht. Natürlich gibt es auf der anderen Seite ernsthafte Bemühungen um Cybersicherheit. Doch bei der Vielzahl der erfolgreichen Angriffe auf Firmen, Kommunen und Behörden gewinnt man den Eindruck, die Angreifer seien den Verteidigern stets einen Schritt voraus. Jüngste beeindruckende Beispiele sind die Hackerangriffe auf das Berliner Kammergericht, welches daraufhin monatelang nicht arbeitsfähig war, /12/ sowie auf die Funke-Mediengruppe.

4.6 Zunahme stochastischer Energien im Netz

Stochastische Größen zeichnen sich durch einen irregulären zeitlichen Verlauf mit großen und raschen Fluktuationen aus. Wind ist eine rein stochastische Energiequelle; der Solarenergie ist ein (weitgehend) deterministischer Anteil der Sonneneinstrahlung auf die Erdatmosphäre überlagert. Die Bruttostromerzeugung in Deutschland wurde 2019 zu 25,2 Prozent aus Windkraft zu 9,5 Prozent aus Photovoltaik gespeist.

Das Erneuerbare-Energien- Gesetz gewährt diesen fluktuierenden Energien Vorrang bei der Einspeisung in das Stromnetz. Doch diese Energien beteiligen sich nicht an der Regelung von Spannung und Frequenz im Netz. Damit ändert sich dessen Steuerung dramatisch. Wurde früher die Energieerzeugung alleine nach dem Bedarf geregelt, muss sie sich jetzt nach dem schwankenden Aufkommen von Wind und Sonne richten und im Extremfall sogar den Stromverbrauch anpassen, indem Verbraucher „abgeworfen“ werden.

Die Lösung der immer größer werdenden Regelaufgabe wird immer weniger Kraftwerken auferlegt.

Folgerichtig können die Autoren der vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe am 11.09.2019 herausgegebenen Publikation Stromausfall – Grundlagen und Methoden zur Reduzierung des Ausfallrisikos der Stromversorgung /13/ die Freude über die Zunahme von Wind- und Sonnenstrom im Netz nicht so recht teilen. In offenbarer Sorge um dessen Systemstabilität schreiben sie auf Seite 113/114:

Die Betreiber von Übertragungsnetzen, die durch § 13 EnWG verpflichtet sind, in der Bundesrepublik einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten, können die ‚Stellschrauben‘ Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Versorgungswiederaufbau und Betriebsführung nicht mehr so nutzen, wie das vor der Energiewende der Fall war. (Hervorhebungen durch den Autor)

Wie schon in Punkt 2 erwähnt, wurde das Stromnetz für Energieflüsse von den höheren zu den niedrigeren Spannungsebenen konzipiert. Doch mit der bevorrechtigten Einspeisung von Strom aus Wind, Biogas und Sonne auf unteren Spannungsebenen fließt ein erheblicher Teil des Stromes im Netz „rückwärts“. Das hat Konsequenzen, die nur dem fachkundigen Kraftwerkstechniker vollständig bekannt sind; in der Publikation /13/ des BBK heißt es dazu auf Seite 102:

Die vermehrte Einspeisung in das Niederspannungsnetz über Wechselrichter erschwert die Bereitstellung von Blindleistung als Systemdienstleistung zur Spannungshaltung. Eine erschwerte Spannungshaltung erhöht aber das Risiko von Versorgungsproblemen und stellt deshalb eine Verwundbarkeit für die Netzsteuerung dar.“

Und noch eine Textstelle aus /13/ auf Seite 102 ist beachtenswert:

Durch die Zunahme von fluktuierenden Erzeugern wird das Engpassmanagement erschwert, da sie einerseits Netzengpässe verursachen, andererseits aber nicht zum Engpassmanagement beitragen können.“

Dass die stochastischen Erzeuger im Gegensatz zu den regelbaren Generatoren grundsätzlich nicht zum Engpassmanagement beitragen können, kann am Beispiel der unter Punkt 2 erwähnten Momentanreserve erläutert werden Die Momentanreserve ist als kinetische Energie in gewaltigen Schwungmassen der Generatoren gespeichert und wird bei Abbremsung des Generators infolge erhöhter Verbraucherlast automatisch im Millisekundenbereich freigesetzt; Photovoltaikanlagen leisten so etwas natürlich nicht. Wie sieht es aber mit der kinetischen Energie der Windräder aus? Die Wechselrichter, mit denen die Windgeneratoren an das Netz angeschlossen sind, eignen sich für eine derartige Regelaufgabe nicht. Dies ließe sich prinzipiell mittels einer geeigneten Leistungselektronik ändern. Ob sich das lohnt, zeigt eine einfache physikalische Betrachtung, die ein Verhältnis der kinetischen Energien von konvetionellem Generator und Windrad von

WGenerator : Wrotor = 90.000 : 1

ergibt. Eine Wiedereinspeisung der vergleichsweise verschwindend geringen Rotationsenergie des Windrotors in das Stromnetz lohnt sich also nicht.

Ohne eine Lösung des Problems der fehlenden Momentanreserve kann aber ein (fast) ausschließlich aus fluktuierenden Energien gespeistes Netz nicht betrieben werden.

Nicht zu unterschätzen ist auch das Gefahrenpotential, das durch den Bedeutungswandel des Wetterberichtes für die Netzsteuerung entstanden ist. Mit dem Wetter ändert sich auch die bevorrechtigte Einspeisung des „grünen“ Stroms – und dies manchmal recht plötzlich entgegen der Voraussage. Windräder beginnen mit der Stromproduktion bei Windgeschwindigkeiten von etwa 10 km/h, bei einem Zehn-Sekunden-Mittel von 70 km/h schalten die ersten Anlagen aus Sicherheitsgründen ab; die letzten gehen bei 108 km/h vom Netz. Wenn ein vorhergesagter starker Wind der Stärke 7 sich auf einmal nicht mehr an die Prognose hält und Sturmstärke entwickelt, entstehen jähe Verminderungen der Einspeisung, weil die sich abschaltenden Windräder ja unmittelbar vor der Abschaltung ihre Maximalleistung entwickelt haben. Dies macht sofortige Redispatchmaßnahmen in einzelnen Bilanzkreisen oder gar Regelzonen erforderlich, wie sie früher nicht nötig waren.

Der Strom aus Sonne und Wind wird in das Netz über Wechselrichter eingespeist. Diese benötigen als „Vorgabe“ für den Betrieb eine externe Wechselspannung von 50 Hz. Ohne eine solche Vorgabe, die derzeit im wesentlichen von den regelbaren konventionellen Großkraftwerken kommt, „wüssten“ sie gar nicht, was für einen Strom sie erzeugen sollen. Der NAEB e. V. Stromverbraucherschutz /14/ vertritt die These, dass für einen stabilen Netzbetrieb mindestens 40% regelbare Energie auf der Erzeugerseite zur Verfügung stehen muss. Es ist zu beachten, dass die weiter oben genannten 37,4 Prozent nur einen Mittelwert darstellen; in Spitzen kamen Wind und Sonne auf mehr als 50 Prozent. Nach der These von NAEB und den obigen Zitaten aus der Veröffentlichung /13/ des BBK dürfte mit Rücksicht auf die unbedingt zu bewahrende Netzstabilität eine weitere Steigerung des Anteils stochastischer Energien im Netz kaum noch zugelassen werden. Doch das Gegenteil ist der Fall! Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist eine Erhöhung des Anteils der „Erneuerbaren“ an der Bruttostromerzeugung auf 65 Prozent bis 2030 festgeschrieben. Und für den Ausstieg aus gesicherter Erzeugung gibt es auch schon einen Fahrplan, den Bild 8 zeigt.

Bild 8: Geplante Abschaltung der mit Kernenergie, Braunkohle und Steinkohle betriebenen Kraftwerke (Quelle: MIBRAG vom 30.08.2019)

Nach der Abschaltung von 52 Gigawatt nicht fluktuierender Energie stünden dann im Jahr 2038 als gesicherte Energielieferanten noch Wasserkraft, Biomasse und Erdgas zur Verfügung, die heute etwa 23 Prozent des Bedarfs abdecken können. Um die fehlende Leistung nur theoretisch auszugleichen, müsste die Energieerzeugung aus Wind und Sonne mehr als verdreifacht werden.

<Folge 4 kommt demnächst> Teil 1 steht hier, Teil 2 hier

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Hinweis: Das PDF mit dem vollständigen Inhalt ist beigefügt. Es kann aber auch beim Kaleidoscriptum-Verlag berstellt werden (www.kaleidoscriptum-verlag.de)




BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 2

Welche Auswirkungen hat die Unterbrechung der Elektroenergieversorgung mit dem Ausfall Kritischer Infrastrukturen auf unser Leben? Wer sich bei dieser Frage die Zeit für eine überaus eindrückliche belletristische Antwort nehmen möchte, sollte den Bestseller „Blackout. Morgen ist es zu spät.“ des österreichischen Schriftstellers Marc Elsberg lesen. Hier kann nur eine Auswahl der wichtigsten Phänomene wiedergegeben werden.

Sofort:

● Es erlöschen alle Verkehrsampeln und Leiteinrichtungen mit der Folge von massenhaften Verkehrsunfällen;

● Tausende Menschen stecken in Fahrstühlen fest;

● Fernzüge stoppen auf freier Strecke und in Tunnels,

● ebenso wie U-Bahnen und Straßenbahnen;

● elektrische Beleuchtung erlischt – Straßen und Gebäude sind nachts stockdunkel;

● Fernseher und Radios verstummen.

Zur Funktion der Kommunikationsnetze sagt die Broschüre „Stromausfall“ /2/ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe:

Im Fall eines Stromausfalls wird mit einigen Stunden Verzögerung das

Telefon-Festnetz nicht mehr zur Verfügung stehen. Mit dem technischen Umstieg der Telefonnetzbetreiber auf eine Voice over IP-Übertragung bis zum Wohnungsanschluss wird in den nächsten Jahren auch diese Frist nach und nach entfallen.

Die Mobilfunknetze sind zum Teil nicht notstromversorgt.“

Insgesamt dürfte die Situation der Kommunikationsnetze, deren funktionierende Reste nach dem Stromausfall übrigens hoffnungslos überlastet sind, hier zutreffend beschrieben sein.

● Mit dem Ausfall der Telekommunikation bricht auch das Internet zusammen – die Batteriereserve eines Laptop ist damit nutzlos.

● Weder mit dem Elektroherd noch mit der Mikrowelle lassen sich Speisen erwärmen;

● die Umwälzpumpen der Heizungen haben ihren Dienst eingestellt – in den Wohnungen wird es kalt;

● Tankstellen können keinen Kraftstoff mehr abgeben und ● ein Aufladen des Elektroautos ist unmöglich;

● in den Supermärkten und vielen anderen Geschäften muss der Verkauf eingestellt werden, weil Scanner und Registrierkassen außer Funktion sind;

● an Geldautomaten kann man kein Geld bekommen;

● in den industrialisierten Landwirtschaftsbetrieben fällt die automatisierte Versorgung der Tiere mit Futter, Wasser und Frischluft genauso wie die Melkautomaten aus und lässt sich nicht durch Handarbeit ersetzen;

● man kann wegen des Ausfalls der Telekommunikation keine Rettungsdienste anrufen.

Nach zwei bis drei Tagen:

● ÖPNV und Individualverkehr sind zum Erliegen gekommen;

● in vielen Orten kommt kein Trinkwasser aus der Leitung und

● die Toilettenspülung geht nicht, wie auch der Geschirrspüler;

● Krankenhäuser können wegen des Ausfalls der Trinkwasserversorgung ihren Betrieb nicht aufrecht erhalten und dies auch, weil ihnen der Kraftstoff für die Notstromaggregate ausgegangen ist, künstlich beatmete Patienten sterben;

● eine Aufbewahrung der Verstorbenen in Kühlräumen ist ausgeschlossen.

● Die 4.800 Trinkwassernotbrunnen in Deutschland sind mit der Versorgung von im Durchschnitt jeweils mehr als 10.000 Menschen hoffnungslos überfordert, außerdem müssten sich die Bürger das Wasser mit Schubkarre oder Handwagen holen und schließlich werden ihre Standorte ja geheim gehalten (s. Punkt 6.1),.

● Fast alle Banken haben geschlossen – in den wenigen geöffneten wird der überstarke Andrang durch bewaffnete Kräfte in Schach gehalten;

● in Kühlschränken herrscht bereits Zimmertemperatur,

● Gefriergut in den privaten Tiefkühltruhen beginnt ebenso wie in den großen Kühllagern zu verderben;

● die Entsorgung von Abwasser und Fäkalien funktioniert vielerorts nicht mehr – die Menschen verrichten ihre Notdurft bereits im öffentlichen Raum.

● Supermärkte mussten ihre gesamten Vorräte an gewaltbereite Kunden abgeben, Nachschub kommt praktisch nicht;

● die an 150 geheimgehaltenen Standorten gelagerten Bestände der „Zivilen Notfallreserve“ werden freigegeben, können aber nicht verteilt werde ,

● zudem wären die meisten Empfänger außerstande, den zu der Reserve gehörenden Reis, sowie die Erbsen und Linsen zu kochen.

● Fast alle Arztpraxen und Apotheken sind ohne Strom nicht arbeitsfähig und haben geschlossen;

● das gleiche trifft für Dialysezentren zu – ein Todesurteil für ihre Patienten;

● in den großen Ställen der industrialisierten Landwirtschaft stirbt das Nutzvieh, hunderttausende von Tierkadavern können nicht entsorgt werden;

● Justizvollzugsanstalten ohne ausreichende Notstromkapazität müssen Häftlinge freilassen, die nun marodierend durch das Land ziehen;

● Anordnungen der Behörden durch Lautsprecherwagen der Polizei erreichen nur Teile der Bevölkerung,

● noch nicht einmal die Zahl der infolge des Blackout schon ums Leben gekommenen Menschen lässt sich erfassen, sie dürfte bereits in die Tausende gehen;

● der vom Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung befürchtete Kollaps der gesamten Gesellschaft ist nicht mehr aufzuhalten.

Wann endet dann endlich dieser extreme Ausnahmezustand der Zivilisation? Das hängt sehr stark von der Ursache des Blackouts und von der Anzahl der betroffenen Versorgungsgebiete im Verbundnetz sowie von der Schwarzstartfähigkeit (s. auch Punkt 4.8) der darin befindlichen Energieerzeuger ab. Bei einem europaweiten Ausfall der Stromversorgung könnte deren Wiederherstellung nach Expertenmeinung durchaus sieben bis zehn Tage in Anspruch nehmen /3/. Bereits nach einem solchen Zeitraum ohne elektrischen Strom wäre Deutschland zweifellos ein anderes Land. Doch es ist auch ein Blackout möglich, der den praktisch völligen Verlust unserer Zivilisation und den Untergang des größten Teils der Menschheit bewirken kann. Seine Ursache: ein Sonnensturm – mehr dazu unter 4.1.

4. Gefahren für die Stabilität unseres Stromnetzes

Die Systemstabilität unseres Stromnetzes ist durch eine ganze Palette von Phänomenen bedroht, von denen die wichtigsten nachstehend aufgeführt sind. Auf die Eintrittswahrscheinlichkeit der Ereignisse von 1, 2 und 3 hat der Mensch keinen Einfluss; die übrigen sechs möglichen Ursachen eines Ausfalls unserer Stromversorgung sind durch menschliches Handeln beeinflussbar. Im Folgenden sollen die wichtigsten Phänomene und ihre mögliche Auswirkungen erläutert werden.

Natürlich können noch weitere Ursachen mit geringerer Eintrittswahrscheinlichkeit plötzlich eine Rolle spielen. In einer Veröffentlichung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) „Stromausfall – Grundlagen und Methoden zur Reduzierung des Ausfallrisikos der Stromversorgung“ von 1919 /12/ (nicht identisch mit der Broschüre /2/) heißt es auf S. 55: „Eine Pandemie zum Beispiel, die als Gefahr für die Stromversorgung genannt wird, wirkt nicht direkt auf eine in den Stromfluss eingebundene technische/physikalische Struktur ein. Gleichwohl kann eine Pandemie in einer Gefahrenkette, die zu einem Stromausfall führt, eine bedeutende Rolle spielen“ (Hervorhebung durch den Autor). Jetzt, im November des Jahres 2020, ist während der Auseinandersetzung mit Corona der Gedanke nicht mehr fernliegend, dass eine Pandemie auch noch Auswirkungen auf die Stromversorgung entfalten könnte – beispielsweise beim krankheitsbedingten Ausfall wichtiger Spezialisten im System der Kraftwerksregelung.

4.1 Sonnenstürme (Carrington-Ereignis)

Kurz vor der Morgendämmerung des 2. September 1859 waren auf der Nordhalbkugel bis in in die Tropen plötzlich Polarlichter von einer Helligkeit zu sehen, bei der man Zeitung lesen konnte. Außerdem gab es weltweit schwere Störungen in den damals neuen und recht einfachen Telegrafensystemen: Telegrafisten bekamen heftige Stromschläge, und durch Funkenentladungen geriet sogar Telegrafenpapier in Brand. Ursache dieses nach dem englischen Astronomen Richard Carrington benannten Ereignisses war ein durch koronalen Massenausstoß ausgelöster geomagnetischer Sonnensturm von außergewöhnlicher Stärke. Seine mit etwa 1.000 km/s auf die Erde zujagenden elektrischen Ladungen hatten deren schützendes Magnetfeld „zerdrückt“ und waren auf die Erdoberfläche aufgetroffen, wo der Ladungsstrom in den Telegrafenleitungen hohe Spannungen induzierte.

Es war in diesem September des Jahres 1859 ein großes Glück für die Menschheit, noch nicht über ein Netz zur Versorgung mit Elektroenergie zu verfügen. Was wäre geschehen, wenn es die heutige elektrische und elektronische Infrastruktur damals schon gegeben hätte? Zuerst wären sämtliche Satelliten durch den solaren Ladungsstrom zerstört worden, Sekundenbruchteile später folgte ein weltumspannender Blackout mit umfassenden Zerstörungen von Netzen und Elektronik. Besonders folgenschwer: der Verlust tausender Transformatoren an Schlüsselpositionen durch im Hochspannungsnetz induzierte, überstarke Ströme; ihr Neubau hätte mehrere Jahre gedauert.

Am 21. Oktober 2020 strahlte der Fernsehsender ntv eine WELT- Doku mit dem Titel aus: „Countdown zum Weltuntergang – der Sonnensturm“ (im Netz abrufbar), in welcher die Folgen eines Sonnensturms von der Stärke des Carrington-Ereignisses auf unsere heutige Welt dargestellt werden. Die Beschreibung geht zeitlich über den relativ bald erfolgenden Eintritt des Kollapses der Gesellschaft hinaus. Es werden z. B. auch die Folgen der unabwendbaren Explosion sämtlicher Kernreaktoren geschildert, nachdem deren Kraftstoff-Notvorräte und Batterien für Kühlung erschöpft sind. Eine erschreckende Aussage der Dokumentation lautet: Ein Jahr nach dem Ereignis sind 90 Prozent der Weltbevölkerung umgekommen. Aber wie groß ist die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine solche Apokalypse? Das Forschungsunternehmen Predictive Science im kalifornischen San Diego schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde in den nächsten zehn Jahren von einem Sturm dieser Kategorie heimgesucht wird, auf stattliche zehn Prozent /4/. Dies legt die Frage nahe, was die Sonne der Erde in dem Zeitraum zwischen 1859 und heute angetan hat. Sonnenstürme sind Teilchenstrahlen von begrenztem Durchmesser. Am 23. Juli 2012 verfehlte der heftigste bekannte Sonnensturm seit dem Carrington-Ereignis, „Impactor“ genannt, die Erde auf ihrer Umlaufbahn nur um eine Woche. Schwächere Stürme trafen dagegen schon mehrfach. So fiel deswegen am 13.03.1989 in der kanadischen Provinz Quebec die Stromversorgung von sechs Millionen Menschen für Stunden aus. Ein anderes Ereignis setzte am 23. Mai 1967 die Radaranlagen des US-Atomraketen-Frühwarnsystems außer Funktion. Die US-Militärs vermuteten einen gezielten Störangriff der Sowjetunion und lösten daraufhin beinahe den Dritten Weltkrieg aus.

4.1.1 Ist ein Schutz vor extremen Sonnenstürmen möglich?

Zunächst: Ein Sonnensturm schädigt den menschlichen Organismus nicht ernsthaft. Seine ionisierende Strahlung ist nur von begrenzter Dauer. Der Strom geladener Teilchen induziert zwar auch im Körper elektrische Spannungen; wegen der vergleichsweise geringen räumlichen Ausdehnung dieses Körpers können aber keine gefährlichen Stromflüsse entstehen.

Dagegen beschäftigen sich seit einigen Jahren weltweit die Militärs mit der Frage des Schutzes elektrischer Anlagen vor induzierten Strömen – wenn auch aus einem anderen Grund. Es gibt eine moderne Waffe, deren Wirkung der von Sonnenstürmen gleicht: die EMP-Bombe /37/. In großer Höhe gezündet, erzeugt sie einen ElektroMagnetischen Puls, der großflächig elektrische Systeme und Bauteile zerstören kann und damit ebenfalls einen Blackout hervorriefe. Die Angst vor einem solchen – vielleicht ohne jede Vorwarnung eintretenden – Angriff hat Militärs dazu bewogen, besonders wichtige Anlagen durch „Härtung“ zu schützen. Wesentliche Komponente dieser „Härtung“ ist eine massive, elektrisch leitende Abschirmung; sie wirkt als Faradayscher Käfig.

Im Vergleich zur EMP-Bombe gibt es für den Sonnensturm eine etwas längere Vorwarnzeit. Die Entstehung des Sonnensturms kann von spezialisierten Observatorien sofort beobachtet werden. Bis der koronare Auswurf dann die Erde erreicht, vergehen ungefähr 17 Stunden. Während dieser Frist könnte man Maßnahmen treffen, welche die Auswirkungen auf das Stromnetz ein wenig verringern. Dazu wäre es komplett abzuschalten und sämtliche vorhandenen Trennstellen (Trennschalter) wären zu öffnen. Aber auch trotz solcher (bislang nicht in Betracht gezogenen) Aktionen ist mit einem Ausfall der Versorgung mit Elektroenergie für einen unabsehbaren Zeitraum zu rechnen. Um dies und die damit verbundene Menschheitskatastrophe sicher zu verhindern, wäre eine vollständige „Härtung“ des Netzes und seiner Anlagen erforderlich. Die weltweiten Kosten dafür könnten Billionenhöhe erreichen. Wären sie gerechtfertigt?

Derartige Summen werden derzeit für Strategien zu einer fragwürdigen Verhinderung des Klimawandels verplant /5/; der Zeithorizont beträgt dabei 100 Jahre. Wenn die Prognosen von /4/ zumindest ungefähr zutreffen, liegt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Erde in den nächsten hundert Jahren von einem verheerenden Sonnensturm heimgesucht wird, dessen Folgen die Menschheit auf einen Bruchteil dezimieren, bei mehr als 50 Prozent. Das Risiko eines solchen Ereignisses dürfte die Risiken des Klimawandels um Größenordnungen übersteigen. Die Abschätzung von Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sonnensturms von der Stärke des Carrington-Ereignisses legt den Schluss nahe, dass ein solches Ereignis sogar das größte Risiko aller denkbaren Menschheitsbedrohungen in den nächsten hundert Jahren beinhaltet. Wird die Menschheit sich gegen diese Gefahr „härten“? Erhebliche Zweifel sind angebracht; mehr dazu im Kapitel „Schwarze Schwäne und die Truthahnillusion“.Kann der einzelne Bürger irgend etwas gegen die Einwirkung eines starken Sonnensturmes tun?

Empfehlung: Wenn Radio, Fernsehen oder das Internet vor einem solchen Ereignis warnen, sollte man seine Wohnung oder sein Haus vom Stromnetz trennen, indem man die Eingangssicherungen deaktiviert. Außerdem ist es ratsam, sämtliche Unterverteilungen abzustellen und alle Netzstecker zu ziehen. Auch eine eventuell vorhandene PV-Anlage wäre abzuschalten und eine Sat-Anlage außer Betrieb zu nehmen. Damit kann die Tauglichkeit der Elektrogeräte für später oder für einen eventuellen Notstrombetrieb bewahrt werden. Diese Maßnahme dürfte für mehrere Stunden, vielleicht auch für mehr als einen Tag erforderlich sein.

4.2 Umpolung des Magnetfeldes der Erde

Die Erde besitzt ein durch Strömungen in ihrem Inneren erzeugtes magnetisches Feld. Seine Pole – dies sind die Punkte, in denen die magnetischen Feldlinien genau senkrecht in die Erdoberfläche einmünden – befinden sich in der Nähe der geografischen Pole. Für den nördlichen Magnetpol wird die Bezeichnung „magnetischer Nordpol“ benutzt, obwohl er physikalisch betrachtet ein Südpol ist. Und dieses Feld schützt die Erde weitgehend vor dem Sonnenwind, einem von der Sonne ständig in alle Richtungen des Raumes emittierten Strom geladener Teilchen (hauptsächlich Protonen und Elektronen) in einer Weise, die Bild 4 prinzipiell zeigt. Unter der Einwirkung des Sonnenwindes erhält das Erdmagnetfeld lediglich eine Asymmetrie; dagegen deformieren die unter Punkt 4 behandelten, durch gerichtete Korona-Auswürfe verursachten Sonnenstürme dieses Feld bis zur Unkenntlichkeit.

Bild 4: Ablenkung des Sonnenwindes durch das Magnetfeld der Erde.

Die Magnetpole der Erde sind nicht besonders standorttreu; vor allem der Nordpol wandert – und zwar mit derzeit wachsender Geschwindigkeit. Betrug die Wanderungsgeschwindigkeit zu Beginn des letzten Jahrhunderts noch rund 15 Kilometer pro Jahr, driftet der Pol heute mit mehr als 50 Kilometern jährlich in Richtung Nord-Nord-West auf Sibirien zu /6/. Bild 8 zeigt die letzten 120 Jahre seiner Route. Außerdem ist die Stärke des Magnetfeldes in den letzten 150 Jahren um etwa 10 Prozent gesunken.

Bild 5: Wanderung des magnetischen Nordpols seit 1900 (Quelle: Nature, World Data Center for Geomagnetism)

Verschiedene Autoren sehen in der beschleunigten Polwanderung und dem Abfall der magnetischen Feldstärke Anzeichen für eine bevorstehende Umkehr des Erdmagnetfeldes, wie sie in den letzten 20 Millionen Jahren sich etwa alle 200.000 bis 300.000 Jahre ereignete. Der magnetische Nordpol wird dabei zum Südpol und umgekehrt. Weil die letzte Polumkehr sich bereits vor 780.000 Jahren ereignete, ist ein solcher Polsprung mehr als überfällig. Denkbar ist aber auch, dass keine Polumkehr stattfindet und der Pol nur eine „Exkursion“ unternimmt, wie sie vor etwas mehr als 41.000 Jahren stattfand und etwa 1.000 Jahre dauerte. Während der Zeit der Polumkehr (oder der Exkursion) reduziert sich die Feldstärke um mindestens 90 Prozent; die Erde ist dann praktisch ohne ihr schützendes Magnetfeld dem Sonnenwind „nackt“ ausgesetzt. Das Stromnetz wäre in diesem Fall nicht nur bei „Sturmstärken“ des Stromes geladener Teilchen gefährdet, sondern bereits bei geringeren Intensitäten des Sonnenwindes – und zwar über die gesamte Zeit der Ereignisse. Wie lang ist diese? In der Literatur findet man Angaben, die von 140 bis zu 4.000 Jahren reichen. Das Stromnetz für einen so großen Zeitraum unverwundbar zu machen, dürfte einen Aufwand in Billionenhöhe erfordern (s. Punkt 4.1.1). Doch diese Herausforderung kommt unabweisbar auf die Menschheit zu. Sie hätte wohl noch genügend Zeit, sich darauf vorzubereiten.

<Folge 3 kommt demnächst>. Teil 1 steht hier.

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Hinweis: Das PDF mit dem vollständigen Inhalt ist beigefügt. Es kann aber auch beim Kaleidoscriptum-Verlag berstellt werden (www.kaleidoscriptum-verlag.de)

blackout




BLACKOUT – kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr – Folge 1

1. Das Anliegen dieser Broschüre

Im Jahre 2008 wurde das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) beauftragt, die Folgen eines großflächigen und langandauernden Stromausfalls systematisch zu analysieren. Zwei Jahre später lag sein Bericht vor, dessen Fazit in der Drucksache 17/5672 des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung /1/ folgendermaßen lautet:

Aufgrund der nahezu vollständigen Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten würden sich die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer Schadenslage von besonderer Qualität summieren. Betroffen wären alle Kritischen Infrastrukturen, und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials ist ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden.“

Was bedeutet aber Risiko überhaupt? Seine gängige mathematische Definition ist das Produkt:

Risiko = Schadenshöhe x Eintrittswahrscheinlichkeit

Die Schadenshöhe eines Ereignisses bemisst sich üblicherweise in der Zähleinheit unseres Geldes (Euro), und Wahrscheinlichkeiten sind immer dimensionslose Zahlen. Die Produktgröße Risiko lässt sich dann also insgesamt in Euro ausdrücken. Der materielle Schaden eines langandauernden großflächigen Stromausfalls (Blackout) kann durchaus in die Billionen gehen, doch weil ein solches Ereignis zwangsläufig auch mit dem Verlust von Menschenleben verbunden ist, wird die Bestimmung der Schadenshöhe problematisch: Welchen Wert hat das einzelne Menschenleben? Die Antworten auf diese Frage fallen recht unterschiedlich aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt eine Summe von 8,5 Millonen Euro, das General-Direktorat der Europäischen Kommission setzt 1 Million Euro an, und für den Weltklimarat IPCC ist ein Menschenleben mit 850.000 Euro vergleichsweise preiswert. Man sollte wohl dem Begriff der Schadenshöhe eine nicht quantifizierbare ethische Komponente zuordnen, die dann wenigstens für einen Vergleich unterschiedlicher Katastrophenszenarien hilfreich wäre.

Bei der Betrachtung der Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Blackout ist zu bedenken, dass einzelne unterschiedliche Ursachen einen langandauernden und großflächigen Stromausfall zur Folge haben (s. Punkt 4). Diese Ursachen treten auch mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten ein. Die resultierende Eintrittswahrscheinlichkeit dafür, dass ein Blackout überhaupt eintritt, kann dann mit dem Additionssatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung berechnet werden. Sie ist zwar grundsätzlich kleiner als die einfache Summe der Einzelwahrscheinlichkeiten, jedoch deutlich größer als jede einzelne Wahrscheinlichkeit.

Es ist unbestreitbar, dass in den zehn Jahren vom Bericht des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung /1/ bis heute unsere Abhängigkeit von elektrischem Strom durch zunehmende Elektrifizierung und Digitalisierung noch einmal erheblich zunahm. Damit hat sich die zu erwartende Schadenshöhe signifikant vergrößert. Aber auch bestimmte Gefahren für die Stabilität des Stromnetzes, wie Cyberkriminalität, defizitäre Stromversorgung, Anteil stochastischer Energien im Netz, oder der Einfluss inkompetenter Politiker werden im Laufe der Zeit größer, womit die resultierende Eintrittswahrscheinlichkeit zunimmt. Mit dem gleichzeitigen Wachstum der beiden Faktoren Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit wächst das Risiko eines Blackout entsprechend stark.

Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, dieser Entwicklung – die einen katastrophalen Ausgang nehmen kann – zu wehren. Doch deren bisherige Leistungen auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr sind alles andere als ermutigend, wie der Umgang mit dem Virus Covid 2 beweist. Deshalb ist die Frage angebracht, wie viel Vertrauen eine regierungsamtlich vorbeugende Gefahrenabwehr gegen den Blackout verdient. Immerhin hat sich die Regierung in jüngster Zeit zu ein paar Maßnahmen des vorbeugenden Zivilschutzes entschlossen. Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges forderte sie 2016 die Bevölkerung auf, einen Vorrat von Lebensmitteln für 10 Tage und Trinkwasser für fünf Tage vorzuhalten. Leider wurde dieses Regierungshandeln durch Negativberichterstattung in den Leitmedien über sogenannte „Prepper“ konterkariert, die (wie auch bei WIKIPEDIA) in Zusammenhang mit „Reichsbürgern, rechten Gruppierungen und Veschwörungstheoretikern“ gebracht werden.

Beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist als wesentlichste Information der Bevölkerung eine Broschüre unter dem Titel „Stromausfall – Vorsorge und Selbsthilfe/2/ erhältlich. Ihr in großen Lettern gedruckter Text enhält bemerkenswerte Empfehlungen von hohem Grad der Allgemeingültigkeit, wie:

Das Licht von Kerzen, Taschen- oder Campinglampen (mit den erforderlichen Batterien und Gaskartuschen) ist nicht nur romantisch, sondern kann in Ernstfall dafür sorgen, dass Sie sich zu Hause, auch nach Einbruch der Dunkelheit noch sicher orientieren können.“

Bild 1: An inhaltlicher Dürftigkeit nicht mehr zu übertreffen – die Informationsbroschüre des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Bei der Verlegung der Verlängerungskabel (eines Stromerzeugers) ist daran zu denken, dass Sie für die Kabel eine Gebäudeöffnung benötigen. Für die Kabelführung offen gehaltene Türen und Fenster begünstigen jedoch das Auskühlen der Wohnung und Erschweren den Einbruchschutz.“

Und höchst vorsorglich wird auch vor einer Lärmbelästigung der Nachbarn im Katastrophenfall gewarnt:

Gerade in dicht besiedelten Gebieten oder in Mehrfamilienhäusern können sich Nachbarn durch die Geräuschemissionen belästigt fühlen. Bei der Auswahl eines Stromerzeugers sollte deshalb ein leises Model (Schreibweise wie im Original) gewählt werden.“

Auf weitere inhaltliche Defizite dieser Veröffentlichung wird später noch eingegangen. Die von der Universität der Bundeswehr kreierte Gestaltung des Werkes bietet übrigens acht Abbildungen von sehr fragwürdigem Informationsgehalt: die nächtliche Ansicht eines Einfamilienhauses mit beleuchteten Fenstern, einen Feuerlöscher, eine Kurbeltaschenlampe, eine überschwemmte Fassade, zwei Hochspannungsmasten und zwei unterschiedliche Darstellungen eines Schukosteckers.

Dem Bundesamt scheinen die Schwächen seiner Bürgerinformationsschrift bewusst zu sein, denn nach SPIEGEL Panorama vom 14.02.2020 plant es als Ergänzung ein „Notfallkochbuch“ mit „nahrhaften Mahlzeiten“ für den Krisenfall, also etwa bei einem längeren Stromausfall. Elektrische Küchengeräte sollen für die Zubereitung ebenso wenig benötigt werden wie Leitungswasser.

Noch ist dieses Kochbuch nicht erhältlich, doch in einer späteren Auflage unserer Broschüre wollen wir gern daraus zitieren.

2. Was sollte man zum besseren Verständnis der Broschüre über unser Stromnetz wissen?

Unser Stromnetz ist eine der bedeutendsten ingenieurtechnischen Leistungen überhaupt. Das deutsche Netz ist in vier Regelzonen mit den Betreibern Amprion, 50Hertz, TenneT und Transnet BW unterteilt (Bild 2) und stellt einen Teil des Europäischen Verbundnetzes dar. Dieses versorgt Millionen von Verbrauchern in den 26 teilnehmenden Ländern mit sinusförmigem Wechselstrom, der seine Flussrichtung in jeder Sekunde hundert Mal ändert und damit eine Frequenz von 50 Hertz (50Hz) aufweist (Bilds 3)

Bild 2: Die vier Regelzonen des deutschen Stromnetzes

Bild 3: Der zeitliche Verlauf des Netzwechselstromes; eine Periode dauert 1/50 Sekunde

Die Richtungswechsel finden an allen Stellen des Verbundnetzes vollkommen gleichzeitig statt. Wenn ein zusätzlicher Energieerzeuger in das System einspeisen soll, reicht es nicht aus, dass seine Frequenz 50Hz beträgt – er muss auch „phasengleich“ mit dem Netz sein, d. h. die Richtungswechsel seines Stromes müssen vollkommen netzsynchron erfolgen. Anderenfalls könnte beim Einschalten die Leistung des Netzes ihn zerstören.

Außerdem werden alle Verbraucher und Erzeuger von Elektroenergie in einer ganz erstaunlichen Weise aufeinander abgestimmt: In jedem Moment wird im Verbundnetz genauso viel Elektroenergie erzeugt, wie alle Verbraucher gerade benötigen. Als Führungsgröße dieses hochkomplizierten Regelvorgangs dient dabei die Frequenz des Wechselstroms, die mit einer Genauigkeit von 0,4% konstant zu halten ist. Wird mehr Leistung als nötig in das Netz eingespeist, schwingt der Wechselstrom „schneller“ – seine Frequenz erhöht sich; bei Untereinspeisung verlangsamt sich die Frequenz. Wählt man diese Internetadresse, so kann man den Zusammenhang zwischen Frequenz und Einspeisung von Regelleistung in das Netz eindrücklich in Echtzeit beobachten; eine Momentaufnahme zeigt Bild 2. Angezeigt wird darin mit der roten Linie im Sekundentakt die notwendige Regelleistung zur Rückführung der Frequenz auf den Normalwert.

Bild 4: Dieses Bild wurde mit Screenshot vom Bildschirm aufgenommen. Zum aktuellen Zeitpunkt (ganz rechts) liefern die Stromerzeuger im Netz zu wenig Leistung. Um die Normfrequenz von 50 Hz wieder zu erreichen, müssen 269 Megawatt zusätzlich eingespeist werden.

Die vier Regelzonen Deutschlands sind wiederum in 100 bis 200 Bilanzkreise mit den darin befindlichen Verbrauchern eingeteilt. Für jeden Bilanzkreis erstellt ein Bilanzkreisverantwortlicher in 15 Minuten-Intervallen eine Abschätzung des kommenden Verbrauchs anhand der Lastentwicklung. Aus den gewonnenen Daten werden

viertelstündliche Kraftwerksfahrpläne erstellt. Kommt es zu einer Abweichung des tatsächlichen Verbrauchs vom geplanten Verbrauch, greifen die Übertragungsnetzbetreiber auf die in Bild 4 dargestellte Regelleistung zurück.

Sozusagen an vorderster Front der Regelung wirkt innerhalb von Millisekunden die sogenannte Momentanreserve. Sie ist ausschließlich als kinetische Rotationsenergie in großen Schwungmassen in den Generatoren der Kraftwerke gespeichert (s. Bild 3 und Punkt 4.6) und wandelt sich automatisch bei deren Abbremsung infolge größerer Verbraucherlasten in zusätzliche elektrische Energie um.

Bild 5: Die gewaltigen, mit 3.000 Umdrehungen pro Minute rotierenden Schwungmassen der Generatoren können innerhalb von Millisekunden einen Teil ihrer Rotationsenergie als elektrische Energie in das Netz einspeisen.

Bei Leistungsüberschuss im Netz wird die Momentanreserve wieder aufgefüllt. Zeigt bei einer Unterversorgung die Freisetzung der Momentanreserve nicht genug Wirkung, stellen ausgewählte, dafür präqualifizierte Kraftwerke innerhalb der ersten 30 Sekunden die Primärreserve zur Verfügung, wofür im gesamten Verbundnetz eine Leistung von 3.000 Megawatt vorgehalten wird. Ist auch damit das Defizit nicht zu beherrschen, stehen als weitere Verteidigungslinien die Sekundärreserve (für 5 Minuten) und für die folgenden 55 Minuten die Minutenreserve zur Verfügung.

Sinkt die Frequenz weiter, drohen ab 49,8 Hz Lastabwürfe, d. h. die Abschaltung industrieller oder auch privater Verbraucher (Brownout). Ein Beispiel zeigt Bild 4. Schließlich trennen sich bei 47,5 Hz die Kraftwerke zu ihrem eigenen Schutz automatisch vom Netz, welches dann flächendeckend stromlos ist – der Blackout ist da.

Bild 6: Am 10. Januar 2019 kam es im europäischen Verbundnetz aus Ursachen, die immer noch nicht vollständig geklärt sind, zu einem plötzlichen Abfall der Frequenz. Daraufhin wurden in Frankreich industrielle Verbraucher mit einer Leistung von 1,5 Gigawatt „abgeworfen“. Wäre dies nicht erfolgreich gewesen, hätte es eine weitere Kaskade von Abwürfen gegeben. (Quelle: www.netzfrequenzmessung.de)

Wenn dagegen bei Überversorgung der „Strom zu schnell schwingt“, kommt zunächst negative Regelenergie der Kraftwerke zum Einsatz. Bei 50,5 Hz müssen Erzeuger heruntergefahren oder abgeschaltet werden; als dies am 28. März 2012 in Deutschland nur unvollständig gelang, stand das Verbundnetz vor dem Blackout (Näheres s. Punkt 4.3).

Wichtig für das Verständnis des Stromnetzes ist auch die Tatsache, dass es darin vier verschiedene Spannungsebenen gibt:

Die Existenz der höheren Spannungsebenen ist dadurch begründet, dass sich elektrische Leistungen bei höherer Spannung verlustärmer durch die Leitungen transportieren lassen. Leistung P ist das Produkt aus Strom I und Spannung U. Weil die Übertragungsverluste in den (sich durch ihren Ohmschen Widerstand erwärmenden) Leitungen mit dem Quadrat der Stromstärke anwachsen, wird die Spannung möglichst hoch gewählt und damit der Strom entsprechend niedrig eingestellt.

Es sei noch erwähnt, dass die Leitungen dem fließenden Wechselstrom auch kapazitive und induktive Widerstände entgegensetzen, was eine Phasenverschiebung der Verläufe von Strom und Spannung zur Folge hat. Diesem unerwünschten Effekt wird mit der Zuführung von sogenannter Blindleistung begegnet.

Die Fortleitung von hoch gespannter Elektroenergie geschieht zumeist in Freileitungen mit mindestens drei Leiterseilen für dreiphasigen Wechselstrom. Erdkabel für Höchstspannungen befinden sich in Planung. Sie sind vermutlich um den Faktor 3 teurer als Freileitungen und müssen außerdem aus physikalischen Gründen mit Gleichstrom betrieben werden, was zusätzliche Kosten für Gleich- und Wechselrichter bedingt.

Konzipiert wurde das Stromnetz für Energieflüsse von den höheren zu den niedrigeren Spannungsebenen. Doch mit dem Aufkommen der Energien aus Wind, Biogas und Sonne wird sogar bevorrechtigt auf unteren Spannungsebenen eingespeist; was zur Folge hat, dass der Strom im Netz teilweise „rückwärts“ fließt – mit Konsequenzen, auf die noch eingegangen wird.

<Folge 2 kommt demnächst>

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Hinweis: Das PDF mit dem vollständigen Inhalt ist beigefügt. Es kann aber auch beim Kaleidoscriptum-Verlag berstellt werden (www.kaleidoscriptum-verlag.de)

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FREQUENZEINBRUCH AM 8. JANUAR

Vor einigen Tagen wären im nördlichen Teil Europas beinahe die Lichter ausgegangen. Die Ursache scheint nun gefunden. Sie war klein, aber die Wirkung groß. Entsprechende Meldungen dürften sich demnächst mehren.

TE berichtete als eines der ersten deutschen Medien überhaupt vom Frequenzeinbruch im nördlichen Teil des europäischen Stromnetzes am 8. Januar 2021. Nun gibt es ein erstes Untersuchungsergebnis: Relativ kleine Ursache – große Wirkung.

Der europäische Koordinator des Stromnetzbetriebes, ENTSO-E, veröffentlichte ein erstes Untersuchungsergebnis. Demnach hatte eine Störung an einer 400-Kilovolt-Sammelschienen-Kupplung im Umspannwerk Ernestinovo im Norden Kroatiens das Ereignis verursacht. Dadurch wurden die Stromflüsse über dieses Umspannwerk gestoppt und der Strom über benachbarte Leitungen geführt. Dort kam es dann zu Überlastungen. Die Leitung zwischen den serbischen Städten Subotica und Novi Sad fiel durch eine Überstromauslösung aus, es folgten im Dominoeffekt weitere 13 Leitungen. Die für solche Fälle vorgesehenen Regelungen der ENTSO-E funktionierten wie vorgesehen, so dass keine wirklich gravierenden oder dauerhaften Folgen auftraten.

Die größte mediale Beunruhigung trat im nahen Österreich auf. Der Netzbetreiber Austrian Power Grid (APG) forderte umgehend mehr Flexibilitätsoptionen sowie zusätzliche Netz- und Speicher-Optionen, auch „um die Volatilitäten der Erneuerbaren“ auszugleichen. Diese waren zwar am Ereignis unbeteiligt, deren weiterer Ausbau verschärft jedoch die Schwankungen im Netz.
Der österreichische Krisenexperte Herbert Saurugg rechnet mit einem Blackout innerhalb der nächsten fünf Jahre. Unterdessen soll Polen Deutschland aufgefordert haben, seine Kernkraftwerke (KKW) wieder in Betrieb zu nehmen.

Die Liste der am Ereignistag außer Betrieb befindlichen Kraftwerke ist lang: Beide Blöcke in Fessenheim fehlen (maßgeblich dem deutschen Druck geschuldet), das Kraftwerk Hamburg-Moorburg erkaltet seit dem 18. Dezember, im sächsischen Braunkohlekraftwerk Boxberg wie auch im tschechischen KKW Dukovany waren Blöcke in Reparatur, die KKW Philippsburg und Mühleberg in der Schweiz sind schon seit Ende vorigen Jahres dauerhaft außer Betrieb. Das Steinkohlekraftwerk in Heyden, „Gewinner“ der Ausschreibung zur Stilllegung und am Strommarkt nicht mehr zugelassen, war schon vor dem Ereignis auf Weisung des Netzbetreibers wieder in Betrieb gegangen. In Frankreich standen mehrere Kernkraftwerke in pandemiebedingt länger währenden Revisionen.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Nach deutschen Atom- und Kohleausstiegsgesetzen werden in diesem Jahr noch 4 Gigawatt (GW) KKW- und über 3 GW Kohlekraftwerksleistung dauerhaft vom Netz gehen.

Das Echo in Deutschland zum Ereignis am 8. Januar war sehr gedämpft. In einer Fragestunde im Deutschen Bundestag am 14. Januar äußerte sich Staatssekretärin Winkelmann-Becker dahingehend, dass langfristig Energieimporte nötig seien, also Wasserstoff aus Afrika und Chile, ein smart-Grid sei nötig und wir müssten uns „etwas einfallen lassen“. Beim Thema Wasserstoff müsse man forschen und vorankommen. Wer sich ihre Ausführungen im Original anhören möchte, kann das hier (vor allem von Minute 6:10 bis 10:30) tun.

Aber mit Sprüchen allein läßt sich kein Strom erzeugen.


Quellen:

https://www.entsoe.eu/news/2021/01/26/system-separation-in-the-continental-europe-synchronous-area-on-8-january-2021-2nd-update/

https://futurezone.at/digital-life/kettenreaktion-war-ursache-fuer-beinahe-blackout-in-europa/401169037

https://www.news.at/a/krise-herbert-saurugg-blackout-11551032

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier




Nach europäischem Fast-Blackout im Januar: „Die Stromversorgung ist massiv gefährdet“

Mehrere Medien berichteten über den Fast-GAU der europäischen Stromversorgung am 8. Januar 2021. Telepolis/heise.de nahm das Ereignis zum Anlaß für ein bemerkenswertes Interview, publiziert am 21. Januar. 

von Marcus Klöckner

Wie sicher ist eigentlich die Stromversorgung in Deutschland und Europa? Immer wieder sind Meldungen zu vernehmen, wonach es zu einem großflächigen und auch länger andauerndem Stromausfall kommen könne. Erst vor kurzem wurde laut Medienberichten ein größerer Stromausfall in Europa gerade noch verhindert (Europa ist am Blackout vorbeigeschrammt).

Telepolis nahm die Meldungen zum Anlass, ein Interview mit Henrik Paulitz zu führen. Der Leiter der Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie- und Friedensforschung, der sich seit Jahrzehnten mit der Energiepolitik befasst, legt im Interview dar, was die Hintergründe der Warnungen vor einem „Blackout“ sind. Einen Zusammenbruch der Stromversorgung hält Paulitz für alles andere als realitätsfern – die Folgen wären weitreichend, warnt Paulitz.

„Die seit Jahrzehnten versprochenen Langzeitstromspeicher gibt es nicht“

Marcus Klöckner: Herr Paulitz, Deutschland ist ein hochentwickeltes Land. Die ausreichende Versorgung mit Strom ist elementar. Aber seit geraumer Zeit mehren sich Meldungen, wonach es in Deutschland zu einem weitflächigen, länger anhaltenden Zusammenbruch des Stromnetzes kommen könnte. Was ist an diesen Meldungen dran? Worum genau geht es?
Henrik Paulitz: Wenn die aktuellen energiepolitischen Beschlusslagen zum Abschmelzen von Kraftwerkskapazitäten umgesetzt werden, wird es in Deutschland schon in Kürze keine zuverlässige Stromversorgung mehr geben. Die Bevölkerung ist sich weithin völlig im Unklaren darüber, dass nicht nur „ungeplante Blackouts“ drohen, bei denen es laut eines Berichts von 2011 des „Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag“ zu zahllosen Todesopfern kommen kann.
Etwa wenn Menschen in Bahnen und Fahrstühlen dehydrieren, es zu einer deutlich erhöhten Zahl von schweren Verkehrsunfällen kommt, die Wasserinfrastruktur nicht mehr funktioniert, das Risiko von Bränden in Wohn- und Gewerbegebäuden steigt, die Kühlung von lebenswichtigen Medikamenten und Lebensmitteln nicht mehr funktionieren, die Versorgung in Krankenhäusern und Pflegeheimen zusammenbricht, Gewaltkriminalität zunimmt und so weiter und so fort.
Strukturell sehr viel zerstörerischer dürften „geplante Brownouts“ wirken, wenn also die Netzbetreiber Industriebetrieben und Privathaushalten regelmäßig den Strom abschalten müssen, weil die Solar- und Windenergieanlagen nachts und bei Windflaute nur wenig Strom erzeugen. Einen Gesetzentwurf für eine solche Strom-Mangelverwaltung hat das Bundeswirtschaftsministerium unlängst vorgelegt, dann aber wieder zurückgezogen, um ihn zu überarbeiten.
Marcus Klöckner: Sie sagen, dass Kraftwerkskapazitäten abgeschmolzen werden. Aber es sollte doch dann einen Ausgleich geben, so dass die Stromversorgung nicht in Gefahr ist.
Henrik Paulitz: Ja, das sollte man meinen. Der Atomausstieg allein wäre nicht das Problem gewesen. Dieser war immer abgesichert, weil bei Bedarf stets Kohle-, Wasser-, Öl-, Biomasse- und Gaskraftwerke die Stromversorgung sichergestellt haben.
Inzwischen befinden wir uns in akuter Gefahr: Die seit Jahrzehnten versprochenen Langzeitstromspeicher gibt es nicht, unter anderem wegen den großen Wirkungsgradverlusten, also aus technisch-ökonomischen Gründen. Kurzzeitspeicher wie Batterien sind unterm Strich zur Lösung des Problems nicht geeignet. Sonne und Wind benötigen daher einen absolut zuverlässigen konventionellen Backup-Kraftwerkspark. Der aber geht uns nun mit dem Atom- und Kohleausstieg in den nächsten Monaten und Jahren verloren.
Marcus Klöckner: Um welche Größenordnungen geht es eigentlich?
Henrik Paulitz: Deutschland braucht heute mehr als 80 Gigawatt absolut zuverlässige Stromerzeugungsinstallation. Wind und Sonne liefern aber häufig weniger als 10 Gigawatt, gelegentlich sogar nur rund 1 Gigawatt.
Marcus Klöckner: Selbst bei einer angenommenen Verdreifachung der Wind- und Solarkapazitäten bliebe das Problem bestehen.
Henrik Paulitz: Einem Bedarf von 80 Gigawatt stünden auch dann zeitweise weniger als 5 Gigawatt gesicherte Wind- und Solarleistung gegenüber. Und es kommt sogar noch schlimmer.
Marcus Klöckner: Wegen der Elektroautos?
Henrik Paulitz: Ja, denn Millionen Elektroautos sollen weiteren Strom beziehen. Hinzu kommen Ölheizungen, die durch Elektrowärmepumpen ersetzt werden sollen. Dadurch könnte der Leistungsbedarf in den kommenden zehn Jahren auf 120 Gigawatt ansteigen. Zusammen mit Wasser- und Biomassekraftwerken kämen die erneuerbaren Energien insgesamt aber nur auf eine Größenordnung von 17 Gigawatt gesicherte Leistung.
Marcus Klöckner:Das hört sich aber nach einer extremen Unterversorgung an.
Henrik Paulitz: Absolut. Die Stromversorgung ist massiv gefährdet.
Marcus Klöckner: Wären Gaskraftwerke eine Lösung?
Henrik Paulitz: Das war die Empfehlung der Kohlekommission! Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur bräuchte man allerdings bei einem Atom- und Kohleausstieg bis 2030 rund 75 Gigawatt Gaskraftwerkskapazität, weit mehr als 100 Gaskraftwerksblöcke.
Marcus Klöckner: Es werden doch aber kaum Gaskraftwerke gebaut?
Henrik Paulitz: Richtig. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Durch die EU-Umweltgesetzgebung geraten die bestehenden Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von rund 30 Gigawatt unter Druck, so dass ihnen die Stilllegung droht.
Marcus Klöckner: Wenn es jetzt noch nicht genügend Gaskraftwerke gibt, dürfte es aufgrund der langen Genehmigungszeiten auch nicht so schnell gehen, neue zu bauen.

Henrik Paulitz: Es sind sowohl die Planungs-, Genehmigungs- als auch die Bauzeiten, die Zeit benötigen. Wir reden von vier bis sieben Jahren. Der kritische Jahreswechsel ist aber 2022/2023. Dieser Zug ist also längst abgefahren. Kurzfristig bieten auch Gaskraftwerke keine Lösung.

„Stromlücken“

Marcus Klöckner: Nochmal: Wie real ist es, dass es zu einem Zusammenbruch des Stromnetzes kommen kann?
Henrik Paulitz: Zahlreiche mit der Thematik befasste Institutionen und Fachleute, beispielsweise auch die der Leopoldina, weisen unmissverständlich darauf hin, dass Deutschland wegen der nicht verfügbaren Langzeitspeicher auch weiterhin ein absolut zuverlässiges, konventionelles Backup-Kraftwerkssystem wie im heutigen Umfang benötigt. Selbst der Bundesverband der Solarwirtschaft teilte unlängst mit, dass schon in den kommenden rund zwei Jahren eine Stromlücke von bis zu 30 Gigawatt Leistung droht, was rein rechnerisch der Leistung von mehr als 20 großen Atomkraftwerken oder rund 40 Kohlekraftwerksblöcken entspricht.
2022 gäbe es bereits eine „aufreißende Stromlücke“. Schon 2023 werde der europäische Stromverbund die Stromlücke nicht mehr schließen können. Die Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken werde dann unausweichlich, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverbands Solarwirtschaft. Wir werden es also vermutlich schon innerhalb der nächsten drei Jahre deutlich zu spüren bekommen, wie sich eine „StromMangelWirtschaft“ anfühlt, in der nicht mehr genügend Strom erzeugt bzw. importiert werden kann.
Marcus Klöckner: Gab es denn schon mal einen Fall, bei dem es eng wurde?
Henrik Paulitz: Ja. Obwohl wir unlängst noch einen theoretisch „absolut“ zuverlässigen Backup-Kraftwerkspark hatten, wurde es wiederholt schon ziemlich eng. Im Januar 2017 fehlte es sowohl in Frankreich als auch in Süddeutschland an Stromerzeugungskapazitäten, nachdem mehrere Kraftwerksblöcke nicht zur Verfügung standen und die Windenergieanlagen nur wenig Strom erzeugten. Es musste auf Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen zurückgegriffen werden.

Dennoch kam es am 18. Januar 2017 in Deutschland zum stundenlangen Verlust der geforderten Netzsicherheit. Der französische Übertragungsnetzbetreiber musste mit mehreren Sondermaßnahmen reagieren, u.a. wurde die Bevölkerung zum Stromsparen aufgerufen.

„Nicht nur ein deutsches Problem“

Marcus Klöckner: Was war im Juni 2019?
Henrik Paulitz: Da gab es drei sehr kritische Tage, das waren der 6., der 12. und der 25. Juni 2019. Das Problem waren extrem wechselhafte Wetterlagen mit Windverhältnissen, die nur schwer prognostizierbar waren. Es kam zu Winden, die plötzlich abflauten. Deshalb standen weniger Stromerzeugungskapazitäten zur Verfügung, als gebraucht wurden.
Am letzten Tag kamen erschwerend möglicherweise noch Spekulationen hinzu. Um das Stromnetz zu stabilisieren, mussten alle Register gezogen werden. Am Ende konnten nur noch gewaltige Stromimporte die Situation retten, sonst wäre es möglicherweise zum Zusammenbruch des europäischen Stromnetzes gekommen.
Marcus Klöckner: Es geht hier also nicht nur um ein deutsches Problem?
Henrik Paulitz: Nein. Am 9. August 2019 waren weite Teile Großbritanniens von einem Stromausfall betroffen. Deutsche Nachrichtenmagazin-Leser erfuhren nur etwas von zwei fehlerhaften Stromgeneratoren. Bei Bloomberg News war zu erfahren, dass eine Gasturbine gleichzeitig mit einem großen Offshore-Windenergiepark ausgefallen war.
Marcus Klöckner: Wie sieht es denn mit der Bundesnetzagentur aus? Was sagt sie?
Henrik Paulitz: Offiziell dementiert das zuständige Bundeswirtschaftsministerium, dass es ein ganz massives und stetig wachsendes Problem mit der Versorgungssicherheit gibt. Gleichzeitig aber muss die dem Wirtschaftsministerium unterstehende Bundesnetzagentur heute schon regelmäßig geplante Kraftwerks-Stilllegungen untersagen, weil auf die Kraftwerke nicht verzichtet werden kann.
Da man nach den nun sehr unmittelbar bevorstehenden Stilllegungen nicht mehr genügend Strom auf zuverlässige Weise erzeugen kann, sollen die Stromkunden auf Strom verzichten: Das Bundeswirtschaftsministerium hatte unlängst den Entwurf für ein „Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz“ vorgelegt, welches kurz auch als „Schlechtes-Strom-Gesetz“ bezeichnet werden könnte, mit dem die Grundarchitektur für eine „StromMangelWirtschaft“ mit ständigen Stromabschaltungen gelegt werden sollte.
Nach Protesten musste das Gesetz vorläufig zurückgezogen werden: Es war öffentlich kaum zu vermitteln, dass die Bürger Elektroautos kaufen sollen, denen dann aber per Gesetz jederzeit der Strom abgeschaltet werden kann.
Wir dürfen auf den neuen Regelungsvorschlag gespannt sein, mit dem der Strom künftig rationiert werden soll. Es könnte auf so genannte marktbasierte Lösungen hinauslaufen, wonach sich dann nur noch Reiche den Strom fürs Elektroautos leisten können. Vermutlich verschiebt man das Problem jetzt bis nach der Bundestagswahl, um keine Wähler zu verschrecken. Es zeichnet sich jetzt schon ab: In der künftigen „StromMangelWirtschaft“ wird es ein Hauen und Stechen um jede Kilowattstunde geben.
Marcus Klöckner: Das heißt: Wir müssen uns in Zukunft demnach auf regelmäßige Stromunterbrechungen einstellen? Eigentlich ein Kennzeichen von Entwicklungsländern.
Henrik Paulitz: Ja, und das soll nun, wie gerade dargelegt, in Deutschland ganz offiziell eingeführt werden.
Marcus Klöckner: Was wäre denn nun, wenn es zu einer Unterdeckung der gesicherten Stromleistung kommt? Was bedeutet das für die Bürger?
Henrik Paulitz: Die Folgen für die Bürger wären desaströs. Großflächige und lang andauernde Stromausfälle kämen einer nicht beherrschbaren nationalen Katastrophe gleich, wie einer Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag zu entnehmen ist.
Eine „StromMangelWirtschaft“ mit ständigen Stromunterbrechungen für Privathaushalte, Gewerbe und Industrie, mit einer Wirtschaft im dauerhaften Stop-and-Go-Modus, also im regelmäßigen Teil-Lockdown, würde den wirtschaftlichen Niedergang und die schon längst eingesetzte schleichende Deindustrialisierung Deutschlands beschleunigen. Welcher Industriebetrieb würde noch in Deutschland investieren?
Das hätte möglicherweise sehr weitreichende Folgen für Wohlstand und Arbeitsplätze, für die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme und für die Möglichkeit, die Milliardenschulden, die jetzt aufgetürmt werden, zurückzuzahlen.

„Die Energiepolitik bedarf dringend der Korrektur“

Marcus Klöckner: Wie könnten sich Mobilität und Wärmemarkt entwickeln?
Henrik Paulitz: Wenn in den Städten Kohle-Heizkraftwerke stillgelegt werden oder – wegen politischer Widerstände – eine Umstellung der Anlagen auf Erdgas misslingen würde, dann wären Millionen Haushalte ohne Fernwärme, sie wären ohne Raumwärme und Warmwasserversorgung. Wenn Öl- und Gasheizungen verboten werden würden, wie es zum Teil schon beschlossen und zum Teil gefordert wird, dann wären die Bürger gezwungen, auf Elektroheizungen und Elektrowärmepumpen umzusteigen, ohne dass der dafür benötigte Strom zuverlässig bereitgestellt werden kann.
Die Bürger wären vielfach ohne Heizung und Warmwasserversorgung. Wenn wie gefordert Verbrennungsmotoren verboten werden würden und für die propagierten Elektroautos nicht genügend zuverlässiger Strom bereitgestellt werden kann, was der Fall ist, dann steht das teure und hoch-subventionierte Elektroauto die meiste Zeit fahruntüchtig herum und wartet vornehmlich darauf, dass wieder etwas Strom fließt, der dann unter Umständen sehr teuer bezahlt werden muss.
Anders formuliert: Ein motorisierter Individualverkehr wäre dann nur noch in geringfügigem Umfang realisierbar. Er wäre wohl nur noch für Reiche erschwinglich. Wenn dann in der Konsequenz auch noch Bahnen und Busse völlig überfüllt und unzuverlässig wären, weil sie zum Teil von der Stromversorgung abhängig sind, hätte auch das massive Folgen für diese Volkswirtschaft und die von ihr lebende Bevölkerung.
Marcus Klöckner: Sie zeichnen ein düsteres Bild!
Henrik Paulitz: Ja, leider. Ich beschreibe aber eigentlich nur die aktuelle Politik, die uns im Fernsehen mehr und mehr auch von Philosophen angepriesen wird, die uns auf eine solche Mangelwirtschaft einschwören wollen. Dabei habe ich bei diesen Sendungen den Eindruck, dass nicht wirklich zum Mitdenken und zum eigenständigen Reflektieren angeregt werden soll. Vielmehr bekommen wir Ideologie- und Polit-Häppchen serviert, die vielleicht gut klingen, aber wir wissen meist gar nicht, was das in der Wirklichkeit bedeuten würde.
Marcus Klöckner: Können Sie das vielleicht mal konkret machen?
Henrik Paulitz: Es ist aktuell sehr beliebt, über SUVs zu lästern, Plastik und die Industrie zu verteufeln, und leichtfüßig dem Verzicht das Wort zu reden. Wie aber fühlt es sich wohl an, wenn wir kein funktionierendes Verkehrssystem, ständige Stromausfälle und immer weniger Industrie und Arbeitsplätze haben und wenn wir im Winter in der eiskalten Wohnung sitzen?
Marcus Klöckner: Sie befürchten weitreichende volkswirtschaftliche Schäden?
Henrik Paulitz: Insgesamt zeigt sich, dass viele der längst eingeleiteten Maßnahmen dieses Land massiv verändern und den Wohlstand wohl substanziell verringern würden. Und zwar schon morgen. Letztlich steht das ökonomische Überleben Deutschlands und Europas auf dem Spiel.
Nach Einschätzung des Verbands der Familienunternehmer ist die Versorgungssicherheit, also die zuverlässige Versorgung mit Strom und anderer Energie, vermutlich der letzte große Vorteil des europäischen und deutschen Wirtschaftsstandortes gegenüber den globalen Wettbewerbern.
Das bedeutet: Wenn in Deutschland und Teilen Europas in den kommenden Jahren die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist, dann wird das massive wirtschaftliche Folgen für Deutschland und für Europa haben.
Marcus Klöckner: Sie haben es schon angesprochen. Die Folgen für unser gesellschaftliches Gefüge wären weitreichend.
Henrik Paulitz: Mit der Mobilität, der Raumwärmeversorgung und vielen Stromanwendungen stünde auf sehr umfassende Weise die Befriedigung von Grundbedürfnissen in Frage. Eine solche Ökonomie des Verzichts wäre auf demokratische Weise auf Dauer nicht durchsetzbar, weil die Menschen das nicht wollen, sobald sie spüren, was das in der Realität bedeutet.
Das heißt: Es müsste zu repressiven, totalitären staatlichen Strukturen kommen, die mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar sind. Die Deutsche Bank Research spricht bereits von Öko-Diktatur. Nicht zuletzt wäre auch die innere und äußere Sicherheit massiv gefährdet. Eine solche Entwicklung kann sich eigentlich niemand wünschen.
Marcus Klöckner: Wie erklären Sie sich, dass wir in dieser Situation sind? Was genau hat die Politik falsch gemacht?
Henrik Paulitz: Man hat sich in Deutschland zu lange darauf verlassen, dass die seit Jahrzehnten angekündigten Langzeitspeicher nicht nur versprochen, sondern auch geliefert werden. Heute sehen wir, dass das nicht der Fall ist und dass sich das auf absehbare Zeit technisch wie auch ökonomisch als äußerst schwierig darstellt.
Die Konzeption der Energiewende, wie sie in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren propagiert wurde, ist daher nicht realisierbar. Die Energiepolitik bedarf dringend der Korrektur, und zwar sehr kurzfristig, weil sich zeigt, dass ein Verlust des konventionellen Kraftwerksparks nicht zu verantworten wäre.
Marcus Klöckner: Rechnen Sie mit einer Korrektur der Energiepolitik?
Henrik Paulitz: Das ist schwer zu beurteilen. Die Probleme bestehen darin, dass sich viele Akteure ideologisch sehr festgelegt haben, dass eine kritische Rationalität bei der Beurteilung von technischen und ökonomischen Fragen mehr und mehr blinden Glaubensbekenntnissen gewichen ist und dass jährlich auch sehr viele Milliarden in diesem Bereich fließen, was Strukturen zementiert, so dass ein Umsteuern schwierig werden dürfte.
Andererseits nimmt der Realitätsdruck mit den anstehenden Kraftwerks-Stilllegungen ganz drastisch zu. Das Problem ist einfach nicht mehr wegzudiskutieren. Die Versorgungssicherheit wird daher vermutlich bald schon zu einem, wenn nicht zu dem beherrschenden Thema der Politik.
Marcus Klöckner: Was müsste aus Ihrer Sicht nun getan werden?
Henrik Paulitz: Bei nüchterner Betrachtung gibt es praktisch keine ernsthaft vertretbaren Handlungs-Alternativen mehr, da selbst die Erneuerbare-Energien-Branche sich in den vergangenen Jahren nicht für den Erhalt bzw. für die Gestaltung eines Backup-Kraftwerksparks eingesetzt hat, den sie aber doch so dringend benötigt, sondern stets nur meinte, mit immer mehr Wind- und Solarenergieanlagen alles lösen zu können.
So wurden zuletzt auch die Empfehlungen der so genannten Kohlekommission sträflich missachtet, wonach bei einem Atom- und Kohleausstieg – als einzig mögliche Lösung – sehr schnell Gaskraftwerke in großer Zahl hätten gebaut werden müssen. Die bittere Realität ist nun, wenn man zunächst nur die kommenden Monate und Jahre in den Blick nimmt: Entweder lässt man bestehende Kraftwerke weiter am Netz oder dieses Land versinkt im Chaos einer „StromMangelWirtschaft“.



Deutschlands wacklige Stromversorgung

Dieser Trend setzt sich dramatisch fort – augenfällig in der kalten Jahreszeit.

Jedes Jahr im Winter ein ähnliches Bild: Ohne Strom aus Kohle- oder Kernkraftwerken säßen wir im Dunkeln. Die Energiemengen, die Windräder und Photovoltaikanlagen liefern, reichen bei weitem nicht aus, sie gehen sogar an vielen Tagen gegen null. Beispiel 9. Januar, 18:00 Uhr. Deutschland verbrauchte knapp 65 Gigawatt (GW), dazu trug der Wind gerade einmal 1,6 GW an Leistung bei. Nicht verwunderlich, daß die Photovoltaikanlagen vollends dunkel blieben.

Stromerzeugung und -verbrauch vom 6. bis zum 13. Januar Grafik: Agora Energiewende

Und das war kein Einzelfall: In den vergangenen Wochen sah das Bild nicht viel besser aus. Ohne die gewaltigen Stromlieferungen von Kohle und Kernkraft wäre es im Dezember mit der knusprig gebratenen Weihnachtsgans im Backofen nichts geworden. Die Sonne lieferte erwartbar wenig, an den dünnen gelben Flächen auf der Grafik nicht zu übersehen. Die blauen darunter repräsentieren die Energiemengen aus Wasserkraft – sie reichen bei weitem nicht; ganz zu schweigen von der geringen Leistung der Kraftwerke, die mit Biomasse betrieben werden, wie man an dem dunkelgrünen Streifen am unteren Rand erkennen kann. Erschreckend dünn, vergleicht man das Resultat mit den gewaltigen Flächen, auf denen Mais für Biogasanlagen angebaut werden.

Stromerzeugung und -verbrauch von November bis Januar Grafik: Agora Energiewende

„Erneuerbare“ Energien sind privilegiert die Kosten hoch

Gerade veröffentlichte die Bundesnetzagentur die Bilanz von Stromerzeugung und Stromhandel des vergangenen Jahres. Die dramatischen wirtschaftlichen Folgen aufgrund der „Lockdowns“ schlugen sich auch im reduzierten Stromverbrauch nieder. Der sank um 3,2 Prozent auf 474,9 Terawattstunden (TWh). Der sogenannte regenerativ erzeugte Strom lieferte mit 49,3 Prozent fast die Hälfte der Netzlast, im Vorjahr waren es 46,1 Prozent.

Wenn insgesamt weniger Strom erzeugt wird, steigt der Anteil des Stroms der sogenannten „Erneuerbaren“. Die sind aufgrund des EEG-Gesetzes privilegiert, deren Strom muß zuerst abgenommen werden, im Zweifel müssen Kohle- und Kernkraftwerke heruntergefahren werden.

Das ist vor allem eins: extrem teuer, weil große Kraftwerke unproduktiv in der Landschaft stehen. Gegen ein vollständiges Abschalten sträubt sich die Bundesnetzagentur. Dort sitzen noch einige Experten, die wissen: Ohne Kohle und Kernkraft geht es nicht, sie erklären diese Kraftwerke für systemrelevant. Deren Stillstand wird vom Stromverbraucher bezahlt.

Der Stromverbrauch steigt mit zunehmender Technisierung

Bis vor zehn Jahren noch – in Zeiten eines gedeihenden Industrielandes Deutschland – lag der Stromverbrauch mit bis zu 541 TWh deutlich höher. Doch bekanntlich hatte sich die Bundesregierung im Energiekonzept aus dem Jahre 2010 das Ziel gesetzt, den Energieverbrauch zu senken. Die Folgen für ein Industrieland kann sich jeder leicht selbst ausmalen, wenn man weiß, daß mit steigender Zivilisation immer auch der Energieverbrauch ansteigt.

„Der tägliche Energiebedarf eines Erwachsenen hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte laufend erhöht. Er betrug um die 8 kWh bei Jägern und Sammlern der Steinzeit, 30 kWh im Mittelalter und ist auf über 300 kWh in modernen Industriegesellschaften angestiegen.“ So beschreibt diese Entwicklung Physiker Horst-Joachim Lüdecke in seinem Buch „Energie und Klima« die Zusammenhänge“.

Wenn man Grünen-Fraktionschef ist und Anton Hofreiter heißt, kann man vom Erfolg der Energiewende und vom Stromexportland Deutschland reden. Oder man redet von einem Exportüberschuß in Höhe von 60 Milliarden kWh wie ein Felix Matthes, Energieexperte beim Öko-Institut in Berlin, das vor drei Jahren getan hat: „Wir erreichen in diesem Jahr einen Exportüberschuss von 60 Milliarden Kilowattstunden, das ist die Jahresproduktion von 20 Kraftwerksblöcken.“

Wenn man realistisch ist, fragt man, wann Strom exportiert und wann importiert wird. Ein Blick auf die technischen Hintergründe verschafft Klarheit: Strom ist ein besonderer Saft. Er kann nicht wie Zement, Mehl oder Benzin gelagert werden, sondern muß in sekundengenau dem Augenblick erzeugt werden, in dem er gebraucht wird. Umgekehrt muß die Produktion sofort reduziert werden, wenn die Nachfrage sinkt. Gewaltige Energiemengen werden dazu in Sekundenbruchteilen durch europäische Netze verschoben, äußerst empfindliche Regelvorgänge finden dazu im Hintergrund statt.

Photovoltaikanlagen können nicht gleichmäßig Strom liefern

Es hat genau 130 Jahre findiger Ingenieursarbeit gebraucht von der ersten Fernübertragung von Drehstrom aus einem Flußkraftwerk in Lauffen am Neckar nach Frankfurt zur Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung 1891 bis zum heutigen noch sehr gut funktionierenden komplizierten Netzbetrieb, der sehr zuverlässig preiswerten Strom zur Verfügung stellt. Es sind nur wenige Jahre „Energiewende“ notwendig, um mal eben milliardenteure Kraftwerke abzuschalten, das System zu zerschlagen und die Energieversorgung wackligem und teurem Strom aus Windrädern und Photovoltaikanlagen zu überlassen.

Die können nicht gleichmäßig dann Strom liefern, wenn er benötigt wird. Stahlwerke, Eisenbahnen und Lebensmittelherstellung sollen sich nach dem Windangebot richten – wie früher, als die Windmüller das angelieferte Getreide nicht mahlen konnten, wenn kein Wind wehte. Aluhütten wird der Strom kurzzeitig abgeschaltet, wenn zu wenig vorhanden ist. Nach drei Stunden ist die Schmelze erkaltet, das Aluwerk Schrott.

Windräder und Photovoltaikanlagen liefern häufig dann viel Strom, wenn er nicht in den Mengen gebraucht wird. Dann muß er „entsorgt“, also europaweit angeboten werden – in genau jenen Augenblicken, in denen Windräder liefern. Wenn kein Nachbarland gerade den Strom gebrauchen und abnehmen kann, geraten die Übertragungsnetzbetreiber ins Schwitzen. Eine gehörige Mitgift erleichtert das „Geschäft“, damit zum Beispiel Österreich oder die Schweiz die hierzulande überflüssigen Strommengen annehmen und mit ihnen Wasser in ihre Pumpspeicher in den Alpen hinaufpumpen. Das lassen sie sich je nach Marktsituation gut bezahlen.

Der ökonomische Wert dieses Stromes ist gering, ihn benötigt zu dem Augenblick niemand. Er sinkt sogar noch weiter, je mehr Windräder die Landschaft zerstören. Nicht umsonst müssen die Verbraucher immer mehr für Strom bezahlen.

Kauft Kerzen

Es ist wie beim Bäcker, von dem morgens früh alle Brötchen kaufen wollen, nachmittags aber niemand mehr, und er dennoch munter weiter produziert, weil eben gerade der Ofen noch so schön warm ist. Wäre er Energiewender, würde er ins Rathaus marschieren und verlangen, daß ihm seine überflüssigen Nachmittagsbrötchen bezahlt werden. Man hätte sie ja abnehmen können.

Genügend Grund, sich freudig auf die Schenkel zu schlagen, haben allerdings Österreicher und Schweizer dann, wenn Wind und Sonne mal wieder nichts liefern, aber in Deutschland plötzlich Strommengen benötigt werden. Dann drehen sie die Schieber in den Alpen auf, lassen Wassermassen wieder herab, die Turbinen erzeugen Strom, den sie gern für teures Geld an die Piefkes im Nachbarland verkaufen. Dieser Spaß wird lediglich getrübt, wenn die Stauseen in den Alpen ziemlich leer sind.

Speicher in Batterieform für größere Mengen elektrischer Energie gibt es nicht; sie sind auch nicht am fernen Horizont in Sicht. Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland sind rar, sie wären nach ein paar Stunden unter Volllast leergelaufen. Nicht umsonst liegt der beste Energiespeicher in chemischer Form als Kohle, Erdöl oder Gas vor.

Das neue knuffige Zauberwort der Stromversorger heißt „Spitzenglättung“. Auf deutsch: Strom abschalten. Die Stromversorger wollen ein Gesetz, nach dem sie den Strom einfach abschalten können, wenn keiner mehr da ist. Daher drängen sie auf die „Spitzenglättung“. Helfen sollen dabei digitale Smartmeter, die in alle Wohnungen eingebaut von Ferne auf Mausklick Strom ein- und ausschalten können. Rationierung des Stroms als letztes Mittel, die Energiewende zu retten.

Nicht umsonst empfiehlt die Bundesregierung: Kauft Kerzen!

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Zum Schluss noch ein gefälliges Video (leider mit einiger Werbung) was erklärt was am 8.1.21 geschehen ist und auch ahnen lässt, dass das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht ist.



Europa ist vorgestern wohl gerade an einem Blackout vorbeigeschrammt

Das europäische Stromnetz ist ein meist verlässliches, aber auch fragiles System. Es bringt sich diesbezüglich hin und wieder in Erinnerung.

Freitag, 8. Januar 2021, 13:04:55 Uhr (MEZ)

Zu diesem Zeitpunkt kam es im europäischen Höchstspannungsnetz (ENTSO-E) zu einem deutlichen Frequenzeinbruch. Innerhalb von 14 Sekunden erfolgte ein Frequenzabfall von 50,027 auf 49,742 Hertz.

Damit wurde der Regelbereich mit einer Untergrenze von 49,8 Hertz verlassen, eine ernsthafte Gefahr bestand noch nicht. Die in diesem Fall vorgesehenen Maßnahmen – Einsatz positiver Regelenergie, Stopp des eventuellen Pumpbetriebes in Pumpspeicherwerken – reichten aus, nach wenigen Sekunden die Frequenz wieder über die 49,8 Hertz nach oben zu bringen. In folgendem Bild wurde der oben gelb angegebene Bereich nur kurzzeitig nach links überschritten, dennoch war es der stärkste Frequenzeinbruch seit November 2006 (der damals zu einem großflächigen Blackout in Westeuropa führte):

Zunächst gab es Unklarheit zur örtlichen Herkunft der Störung, die sich aber bald dem Versorgungsgebiet der Transelectrica im Nordwesten Rumäniens, auf Transsilvanien und Siebenbürgen, zuordnen ließ. Zu den Ursachen gibt es noch keine Erkenntnisse, eher offene Fragen: Ein Kraftwerksausfall, selbst mehrerer Blöcke, hätte einen solchen Einbruch kaum verursachen können. Missverständnisse im Handelsgeschehen können auch ausgeschlossen werden, denn der Zeitpunkt lag deutlich nach der vollen Stunde. Eine großflächige Abschaltung des regionalen Netzes in Rumänien wiederum hätte die Frequenz nach oben und nicht nach unten abweichen lassen. Gesicherte Informationen muss man abwarten.

Bei deutschen Netz- und Kraftwerksbetreibern liefen entsprechende Meldungen aus der Leittechnik auf. In Frankreich, das zu diesem Zeitpunkt viel Strom importierte, wurden Verbraucher aufgefordert, ihren Bezug zu verringern.

Gridradar.net äußerte sich zu begünstigenden Faktoren. Zum einen ist derzeit die Last pandemiebedingt geringer, was zur Folge hat, dass weniger konventionelle Kraftwerke am Netz sind. Dadurch sinkt der Effekt der rotierenden Massen, die im Netzverbund die Mikroschwankungen wegbügeln und die in einem solchen Störfall die erste Verteidigungslinie bilden. Ein 500-Megawatt-Braunkohleblock bringt zum Beispiel mit seinem Turbosatz 170 Tonnen Schwungmasse – vom Turbinen-Hochdruckteil bis zum Generator-Induktor – auf die Waage. Diese Masse an Stahl und Kupfer und einer Drehzahl von 3.000 Umdrehungen pro Minute stellt eine erhebliche Schwungmasse dar. Gekoppelt über das Netz sind also mehrere tausend Tonnen Massenträgheit mit dem entsprechenden Drehmoment wirksam.Mit der sinkenden Zahl in Betrieb befindlicher Turbo-Generator-Sätze geht nicht nur die Massenträgheit, sondern auch die Menge der verfügbaren Primär- und Sekundärregeleistung zurück, die nur von konventionellen Kraft- und Pumpspeicherwerken bereit gestellt werden kann. Die innerhalb weniger Sekunden erforderliche Primärregelleistung könnte auch durch Großbatterien erbracht werden, dies jedoch zu erheblichen Kosten und gegenwärtig sind sie nicht in nennenswerter Zahl verfügbar.

Was leisteten die massenhaft installierten Wind- und Solaranlagen in Deutschland im fraglichen Zeitraum? Bei einer Netzlast von 66,26 Gigawatt (GW) um 13 Uhr lieferten sie gemäß Einspeisevorrang des EEG alles, was sie konnten: 4,34 GW Windstrom (6,5 Prozent des Bedarfs) und 2,12 GW Solarstrom (3,2 Prozent)1. Da sie in keiner Form an der Netzregelung und Netzdienstleistungen beteiligt sind, waren sie bezüglich der Störung weder betroffen noch beteiligt. Sie waren, um eine populäre Kanzlerinnenformulierung zu gebrauchen, „nicht hilfreich“. Eine frequenzstabilisierende Wirkung durch die Massenträgheit der Rotoren der Windkraftanlagen gibt es nicht, da die Netzkopplung elektrisch über Umrichter erfolgt. Der erzeugte Gleichstrom wird in eine digitalisierte Sinuskurve überführt und als Drehstrom abgeführt, bei zu starker Abweichung von der Netzfrequenz schalten sich die Anlagen ab.

Nun soll ausgerechnet der massenhafte Ausbau dieser Technologien das künftige Stromversorgungssystem dominieren. Die Fragen der rotierenden Massen, der Frequenzhaltung und der Spannungsregelung wird im Zusammenhang mit dem fortschreitenden Zubau volatiler Einspeiser schon lange in der Branche diskutiert. Nur im politischen Raum mit der ausschließlich CO2-zentrierten Sicht auf die Energieversorgung nicht. Schon längst hätte man den „Erneuerbaren“ Systemverantwortung übertragen müssen.

Unterdessen steigt die Anfälligkeit des Systems durch immer höhere Komplexität, durch die erhöhte Einspeisung von Strom in die unteren Spannungsebenen (dezentrale Erzeugung, vor allem regenerativ), durch verstärkten Handel, durch stärkere Erzeugungsschwankungen und Verringerung der gesicherten Einspeisung.
Einige Störungen aus jüngerer Vergangenheit zeigen verschiedene Ursachen. Bedenklich dabei ist, dass einige Ereignisse nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden konnten:

14. Dezember 2018: Abschaltungen von Teilen der deutschen Aluminiumindustrie („Prognosefehler bei den erneuerbaren Energien aufgrund einer komplexen Wetterlage“).

10. Januar 2019: Frequenzabfall auf 49,8 Hz – zwei gestörte Kraftwerke in Frankreich, in Verbindung mit einer defekten Messstelle im Netz. Dennoch hätte es diesen Einbruch nicht geben dürfen

24. Januar 2019: Überfrequenz von fast 50,2 Hz, Ursache unbekannt, evtl. hat sich das Netz „aufgeschaukelt“.

3. April 2019: Frequenzabfall 49,84 Hz – Ursache unklar

20. Mai 2019 „Alarmstufe rot“ bei Swissgrid

6., 12. und 25. Juni 2019: bis zu 7 GW Unterdeckung im deutschen Netz – Auswirkung des „Mischpreisverfahrens“ – Spotmarktpreis höher als Regelenergiepreis, Bilanzkreisverantwortliche haben gepokert. Inzwischen sind die Regularien geändert.

7. Juni 2019 Datenpanne bei der europäischen Strombörse EPEX, dadurch Entkopplung des europäischen Marktes. Ursache war vermutlich ein „korruptes“ Datenpaket.

8. Januar 2021 Unterfrequenz 49,742 Hz ?

(Aufzählung nicht vollständig)

Wie man sieht, können die Störungsursachen vielfältig sein und unglückliche Kombinationen verschiedener Ursachen unabsehbare Folgen haben. Dass die richtunggebende Politik dies wahrgenommen hat, ist nicht zu erkennen.

Daten aus: https://energy-charts.info/

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Die Verschlimmbesserung der Stromversorgung

 In der Corona-Krise wird halt bis zur letzten Minute durchregiert. In einem 60-Seitigen Machwerk wird der Abstimmmaschine – ja was eigentlich? – vorgesetzt: Entwurf eines Gesetzes zur zügigen und sicheren Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen in die Verteilernetze und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften. Der Parlamentarier, der immer noch nicht genug hat, kann noch den ersten Absatz lesen, damit er glaubt er wüßte um was geht und anschließend beruhigt der Empfehlung seines Fraktionsvorsitzenden zur Abstimmung folgen.

Langsam dämmert es auch dem härtesten Energiewender, daß der Zug mit immer höherer Geschwindigkeit dem Abgrund entgegen rast. Plötzlich erkennt man, daß in der schönen, neuen Welt der Elektroautos die elektrische Energie auch noch von den Windmühlen zu den Autobatterien gelangen muß – zum Teufel, daß hätte man nun wirklich auch im Politunterricht erzählt bekommen müssen. Dafür sollen Kabel, Transformatoren und all so’n technisches Zeug nötig sein, damit der Strom aus der Steckdose kommt und die kann man nicht einmal weghüpfen. Man könnte auch sagen, jetzt kommt Klaudia, nachdem Annalena den Strom im Netz gespeichert hat und die Kobolde aus der Batterie vertrieben hat, „digitalisiert“ sie das Netz und macht es so „smart“, daß die „große Transformation“ noch gelingen mag. Betrachtet man diesen Gesetzesentwurf, sieht es allerdings eher danach aus, daß sich die Planwirtschaft wie immer, immer weiter in Details verliert. Es entsteht ein undurchdringliches, widersprüchliches Gestrüpp, in dem sich die Giftschlangen immer öfter in den eigenen Schwanz beißen.

Der notwendige Netzausbau

Langsam, ganz langsam spricht es sich rum: Wenn man alle fossilen Energieträger durch elektrische Energie ersetzen will, muß man alle Tanker, Pipelines, Züge und LKW die Kohle, Öl und Gas verteilt haben, durch Kabel ersetzen. Das ist viel mehr, als die fixe Idee, Windmühlen in die Nordsee zu stellen und damit München usw. (nur) mit Strom zu versorgen. Schon diese relativ kleine Aufgabe des Ausbaues des Hochspannungs-Übertragungsnetzes scheint für das „Land in dem wir (noch) gut und gerne leben“ eine unlösbare Aufgabe zu sein. Wenn wir aber die Elektromobilität – die Betonung liegt hier auf Mobilität – wollen, brauchen wir praktisch vor jedem Haus eine Ladestation. Wer will schon einen Kilometer von und nach einer Ladestation laufen, bevor er fahren kann? Oder ist der Einstieg in die Elektromobilität wirklich nur der Anfang von kein Auto mehr? Wenn wir gleichzeitig auch noch elektrisch heizen müssen (Wärmepumpen etc.), wird das erforderliche Kabel noch dicker. Wohl gemerkt, wir reden hier nicht über drei, vier Hochspannungstrassen in ganz Deutschland, sondern wirklich über jede Straße, die aufgegraben werden muß. Aber unsere Gesetze-Schaffenden glauben für jedes Problem eine Lösung zu besitzen. In diesem Fall heißt der Zauberstab „Digitalisierung“: Man will die Mangelwirtschaft durch Lebensmittelkarten stützen. Was zu wenig ist, wird vielen genommen um es wenigen zu teilen zu können. Im Neusprech: „Energieeffizienz“.

Das Niederspannungsnetz

All unsere Gebäude sind an das Niederspannungsnetz (400V) angeschlossen. Lediglich Großverbraucher (Krankenhäuser, Fabriken usw.) sind direkt mit dem Mittel- oder gar Hochspannungsnetz verbunden. Sie formen mit eigenen Transformatoren die Spannung auf die von ihnen benutzten Spannungsebenen um. Damit nun nicht jedes Haus einen eigenen Trafo braucht, sind die Gebäude wie Perlen auf einer Kette an jeweils ein Kabel des Niederspannungsnetzes angeschlossen. So benötigt man für jeden Ring nur eine Trafo-Station. Es war nun schon immer mit viel Erfahrung verbunden, wie dick das Kabel sein muß. Aus Erfahrung weiß man, daß nie alle in einem Haushalt vorhandenen Elektrogeräte gleichzeitig in Betrieb sind. Es ergibt sich dadurch für jedes Kabel eine „stille Reserve“, die man nun über dieses Gesetz glaubt heben zu können. Der Gedanke ist simpel: Wenn man stets den Verbrauch überwacht, kann man das Kabel bis an seine Grenzen belasten. Nähert man sich der Grenzen, werden einzelne Verbraucher zwangsweise abgeschaltet. Damit nicht einige ganz hinten runter fallen, wird von Zeit zu Zeit gewechselt. Ein Verfahren, das in jedem Entwicklungsland angewendet wird. Man nennt das wechselnde und zeitlich begrenzte Abschalten auch „Brownout“, im Gegensatz zum „Blackout“, dem totalen Ausfall. Nach dem Bekunden der Gesetze-Schaffenden will man damit Zeit gewinnen, bis ein Ausbau erfolgen kann. Will man wirklich nur das oder führt man ganz anderes im Schilde?

Produktion und Verteilung

Auch „Smarte Netze“ ändern nichts an dem Grundproblem des Sozialismus: Was (gütig und gerecht) verteilt werden soll, muß vorher produziert sein. In diesem Gesetzentwurf steht, daß die „Leistungsreduzierung“ nicht mehr als zwei Stunden pro Tag dauern darf. Sie wird euphemistisch als „Spitzenglättung“ verklärt. Ändert dieses Wort irgendetwas an einer tagelangen Dunkelflaute? Natürlich nicht, es ist nur ein Taschenspielertrick. Bei jeder Flaute müssen ausgewählte Verbraucher für die gesamte Dauer abgeschaltet werden, um wenigstens eine eingeschränkte Notversorgung aufrechterhalten zu können. Das ist nun in der Tat „alternativlos“. Die Natur läßt sich durch kein Politbüro täuschen. In dem typischen Volksverdummungsdeutsch unserer Politschranzen wird dies zu: Erst die in dieser Novellierung des §14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) enthaltene Regelungsarchitektur mit der Verbesserung der Netzzustandsüberwachung in den Niederspannungsnetzen und der Schaffung der notwendigen Marktkommunikationsprozesse sowie der wirtschaftlichen, rechtlichen, technischen und der organisatorischen Voraussetzungen machen netz- und marktorientierte Flexibilitätsansätze möglich. Alles klar, ihr Ingenieure und Elektroinstallateure? Ihr müßt halt nur eure Werkzeugkästen um die „Mao-Bibel“ verstärken, dann klappt das auch mit der Stromversorgung bei euren Kunden.

Die Überwachung

Man kann ja Mangel verwalten. Das ging schon mit Bezugsscheinen in der Kriegswirtschaft. Man hat auch schon früher den Einsatz von Kraftwerken durch Rundsteueranlagen (z. B. Nachtspeicherheizungen, Wärmepumpen) optimiert. Dies wird ausdrücklich im Text mehrfach erwähnt. Wahrscheinlich notwendig, weil schon mal elektrische Nachtspeicher und Wärmepumpen ganz oben auf der rot/grünen Verbotsliste standen. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere Genosse noch an diese Kampagnen? Jetzt also die Wende: Plötzlich ist das „Einsparen von Primärenergie“ nicht mehr aktuell, sondern nur noch die gewinnbringende Vernichtung der Überproduktion der (befreundeten) Windmüller und Sonnenbarone.

Wie gesagt, wenn es nur um die Begrenzung von Spitzenlasten gehen würde, reichen Rundsteueranlagen völlig aus. Der Netzbetreiber sendet Signale über die Stromkabel aus, die von den Empfängern in den einschlägigen Anlagen empfangen werden. Jeder Empfänger entscheidet nun, ob ihn die Nachrichten betreffen und was er abschalten bzw. drosseln soll. In diesem Gesetzesentwurf geht es jedoch um die totale Überwachung: Der aktuelle Verbrauch jedes „Smart-Meter“ – umgangssprachlich Stromzähler – soll permanent an den Netzbetreiber übertragen werden. Selbstverständlich nur für Zwecke des Netzbetriebs und streng „datengeschützt“. Wir kennen solche Versprechungen schon von der Einführung der Mobiltelefone. Vielleicht sollte man „Smart-Meter“ zukünftig verständlicher mit „Stasi-Zähler“ übersetzen. Denn es gibt einen qualitativen Unterschied zum „Smart-Phone“: Auf die Nutzung von Mobiltelefonen kann man verzichten oder sie zumindest stark einschränken. Auf einen Strom-Hausanschluss nicht. Der Rückkanal (praktisch Internet) ist zudem ein sicherheitstechnischer Albtraum. Der als Heizungsmonteur oder Elektroinstallateur getarnte Hacker oder Verfassungsschützer kann jederzeit Schad- und Überwachungssoftware einspielen. Wer das für übertrieben hält, sollte sich mal näher mit Stuxnet beschäftigen. Die militärischen Anlagen im Iran waren sicherlich besser gesichert, als die Heizungskeller und Garagen unserer Häuser. Wie gesagt, auf ein Smartphone läßt sich durchaus verzichten, ein Computer vom Netz trennen, aber die gesamte Wohnung vom Stromnetz abhängen?

Leistung und Energie

Die Leistung (kW) steht für die Investitionen – nicht nur ins Netz – und die verbrauchte elektrische Energie (kWh) für die variablen Kosten (Brennstoffe, Verschleiß etc.). Daher war die Aufteilung in bezogene Leistung und verbrauchte Energie in einem Abrechnungszeitraum bei Großabnehmern schon immer üblich. Betriebsintern ergab sich aus den Kosten für die Leistung üblicherweise eine Spitzenlastoptimierung. Aus dem Verbrauch (kWh) und der Spitzenlast (kW) in einem Abrechnungszeitraum konnte durch einfache Division ein Maßstab für die Gleichmäßigkeit gebildet werden. Mit anderen Worten: Verbrauchte der Kunde vornehmlich billige Kernkraft oder Braunkohle oder teuren Spitzenstrom, spürte er das unmittelbar auf seiner Stromrechnung. Insofern nichts neues.

Bei Kleinverbrauchern (Haushalt und Gewerbe) war es günstiger, auf solche Berechnungen zu verzichten. Aus gutem Grund. Durch die große Stückzahl half die Statistik bei der Vorhersage des Verbrauchs. Einzelne Sonderereignisse (z. B. Fußballübertragung) und außergewöhnliche Wetterereignisse (Gewitter etc.) waren ausreichend im Voraus bekannt. Andererseits hat der Kunde kaum eine sinnvolle Einflussmöglichkeit. Der Braten muß zu gegebener Zeit auf den Tisch (Weihnachtsspitze). Kopfgeburten, wie das Wäsche waschen in der Nacht, sind nicht praktikabel und werden sich deshalb nie durchsetzen. Ist das bei Elektromobilen so viel anders? Auch dort wird man Nachladen, wenn das absehbar nötig wird. Die Vorstellung, tags fahren und nachts aufladen ist schlichtweg weltfremd. Sind doch die Reichweiten (besonders im Winter) im Gegensatz zu Verbrennern viel kleiner und die „Tankzeiten“ unvergleichlich größer, um überhaupt eine Wahlmöglichkeit zu bieten. Wird jetzt durch unvorhergesehene Drosselungen die Ladezeit völlig unkalkulierbar, dürfte das ein weiteres Argument gegen den Kauf eines Elektromobils werden.

Kosten

Jede staatlich erzwungene Investition – egal ob auf der Seite des Netzes oder im eigenen Haus – muß letztendlich von uns bezahlt werden. Hinzu kommen noch die laufenden Wartungs- und Betriebskosten. Erinnert sei nur an die gesetzlich vorgeschriebene Heizkostenabrechnung bei Mietern. Kaum einem Mieter ist bekannt, daß die Kosten für die Abrechnung meist mehr als zehn Prozent der eigentlichen Heizkosten betragen. Auch diese Lizenz zum Geldschein drucken für einschlägige „Serviceunternehmen“ wurde vor Jahrzehnten zum Zwecke der Energieeinsparung und „gerechten“ Aufteilung eingeführt. Durch die flächendeckende Einführung moderner Heizsysteme und Regelungen ist die Einsparung kaum noch möglich – es sei denn, um den Preis eines deutlichen Komfortverzichts. Insofern ist das hier abgegebene Versprechen: Die Kosten für die Herstellung der Steuerbarkeit von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen werden durch Einsparungen in den Netzentgelten und der verbesserten marktlichen Strombeschaffung mehr als kompensiert. (Seite 23) Noch viel unverschämter als die Aussage von dem Genossen Trittin über die oft zitierte Eiskugel. Es soll hier gar nicht über die erforderlichen Investitionen spekuliert werden, fragen sie einfach den Installateur ihres Vertrauens. Ansonsten wird in dem Entwurf nur so mit Milliarden Einsparungen um sich geschmissen. Wieder ein neues Perpetuum Mobile der Energiewende wird geboren.

Besonders feinsinnig wird die Verteilung der entstehenden Kosten behandelt. Es wird im Gesetzentwurf akribisch zwischen Netzanschluss und Marktlokationen unterschieden: Netzanschluss ist das Kabel von der Straße ins Haus und die wunderbare Neusprechschöpfung Marktlokationen sind die Zähler für die Wohnungen etc. Damit ist auch klar, aus welcher Ecke dieser Entwurf kommt. Es ist charakteristisch für die Grünen, möglichst oft das Wort „Markt“ in den unmöglichsten Kombinationen zu verwenden, um von ihrer Planwirtschaft abzulenken. Besonders praktisch ist es darüberhinaus, wenn ihre „Ideen“ mal wieder völlig schief gehen, vom „Marktversagen“ faseln zu können. Hier geht es eindeutig überhaupt nicht um Marktwirtschaft: Marktwirtschaft war z. B. die Einführung des Smartphone. Ein bunter Bildschirm beim Telefon war den Menschen soviel Geld wert, daß sich Schlangen vor den Geschäften bildeten. Ein Stromzähler, der nur die eigene Überwachung als Zusatznutzen bietet, wäre unverkäuflich. Jetzt sehen wir uns mal ein typischen Wohngebäude an: Den geringsten Aufwand hat der meist kommunale Betreiber des Niederspannungsnetzes mit dem Umbau des Hausanschlusses. Der Hausbesitzer kommt für die notwendigen Baumaßnahmen im Gebäude auf. Anschließend läßt sich wieder trefflich über Mieterhöhungen jammern und den Löwenanteil zahlt wieder einmal der dumme Stromverbraucher. Das Elektroauto wird damit noch unverkäuflicher – trotz gigantischer Zuschüsse der Steuerzahler – als bisher. Deshalb muß nach dem Erfolgsrezept der staatlich gewollten Unterhaltung und des betreuten Denkens (GEZ-Rundfunk) ganz schnell ein Gesetz her, welches über eine weitere Wohnungssteuer den Bürger schröpft. Wehe, wenn Michel eines Tages die Demokratie versteht und alle Mittäter einfach abwählt.

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Will man während eines Stromausfalls nicht im Dunkeln sitzen, sollte man daheim immer einen Grundvorrat an Kerzen und Teelichtern haben! – Frohmutsphrasen zum Blackout

Wenn es nach der Presse geht, sollen die Deutschen gefälligst vor den richtigen Dingen Angst haben. Corona-Angst ist richtig, bitte zittern und kuschen, nur nicht demonstrieren. Der Klima-Tod ist nah, bitte zittern und zahlen, auch für die Luft zum Ausatmen. Der Atomtod durch den GAU kommt gewiss, bitte zittern und stromlos frieren, passt ja auch gut zusammen. Der Feinstaub bringt 400.000 EU-Bürger um, bitte zittern und zu Fuß gehen, neues Diesel-Auto verschrotten, Nitrat wird uns alle vergiften, bitte zittern und Grenzwerte auf unmöglich erreichbar setzen. Die Liste ist beliebig verlängerbar. Angst ist seit Jahren das Mittel der Wahl, wenn es um Politik geht.

Dann aber gibt es reale Gefahren, da wird entwarnt und verharmlost, was das Zeug hält. Die Energiewende in ihrem Lauf, halten weder Corona noch die Wirtschaftskrise auf, schon gar kein Blackout.

Im weiteren Lauf der Energiewende ist die Stromversorgung ohne Blackout ungefähr genauso sicher, wie es beim seligen Norbert Blüm die Rente war und beim unseligen Peter Altmaier die Arbeitsplätze nach Corona-Lockdowns sind. Und vielleicht genau so glaubwürdig, wie Angela Merkels: „Niemand wird gezwungen werden, sich impfen zu lassen“. Es hatte ja auch niemand die Absicht, eine Mauer zu bauen, schon gar nicht Walter Ulbricht.

Von DPA inspiriert, titelt n-tv: „Keine Angst vorm Blackout – gut gerüstet für den Stromausfall“. Ein Bild mit einer Familie, gemütlich beim Kerzenschein mit Hund und Kind sitzend, illustriert die Verharmlosung der Blackout-Gefahr perfekt. Dann wird eine Statistik bemüht: „Statistisch gesehen ist bei uns jeder Stromkunde jährlich nur 14 Minuten vom Stromnetz getrennt.“ Tja, liebe NTV-Journalisten, statistisch gesehen können die Erneuerbaren Energien schon bald den Strombedarf decken. Wozu brauchen wir dann eigentlich noch die ganzen blöden Kraftwerke? Und relativiert der Autor die eigene Verharmlosung: „Längere Stromausfälle sind in Deutschland zwar sehr selten, aber nicht völlig ausgeschlossen. Mit etwas Vorbereitung ist man für diesen Ernstfall gerüstet.

Wie sieht diese Vorbereitung nach der Vorstellung des n-tv-Schreibers aus? Der „Experte“ rät bei einem Stromausfall vor allem: „Ruhe bewahren! Man sollte unbedingt Taschenlampen, Kerzen und Feuerzeuge in der Wohnung haben, ebenso ein batteriebetriebenes Radio und genügend Ersatzbatterien. Und man muss wissen, wo diese Dinge im Ernstfall griffbereit sind. Auch ein Smartphone und eine aufgeladene Powerbank sind wichtig“. Na, wenn’s weiter nichts ist. Tun es vielleicht Streichhölzer statt des Feuerzeugs?

Der sogenannte Blackout

Doch dann treibt den Autor die Sorge um den Inhalt des Gefrierschrankes um. Daher wird bei n-tv aus dem Blackout schnell mal ein „sogenannter Blackout“, so wie einst aus der DDR eine „sogenannte DDR“ wurde.

„Die Inhalte von Kühlschränken und Gefriertruhen scheinen besonders anfällig für die Folgen eines sogenannten Blackouts zu sein. Bei modernen Geräten müssen die Auswirkungen eines Netzausfalls kurzfristig aber keine größeren Schäden verursachen, beruhigt Ellen Großhans vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): „Je nach Energie-Effizienzklasse verfügen Kühl- und Gefriergeräte über eine eingebaute Kältedämmung, die beim Ausfall der Energieversorgung den Temperaturanstieg im Inneren verlangsamt.“ Wenn dann Türen und Deckel möglichst geschlossen bleiben, überstehen selbst empfindliche Lebensmittel mehrere Stunden ohne Strom unbeschadet“. 

Und wenn es dann doch ein bisschen länger dauert mit dem Blackout, hat man immer noch die „Katastrophenschutz-Expertin Julia Höller vom Bundesamt für Katastrophenschutz“ vorrätig, die eine längere Störung der Energieversorgung „grundsätzlich für plausibel“ hält:

In diesem Fall würden in Häusern und Wohnungen alle elektrisch betriebenen Geräte wie Lampen, Heizung, Kühlschrank und Kommunikationsgeräte dauerhaft ausfallen. Ampeln und Straßenbahnen funktionieren dann nicht, auch wird man nicht wie gewohnt einkaufen können.“ 

Soso, die Straßenbahn fährt nicht mehr? Man kann nicht einkaufen?

Kein Wort vom kompletten Zusammenbruch der gesamten Gesellschaft, vom Zusammenbruch der Verkehrs- und Handelsstrukturen, von Bränden, die nicht mehr gelöscht werden können, vom Kommunikationsnetz, das zusammenbricht, kein Wort vom Zusammenbruch des Gesundheitswesens. Kein Wort vom Zusammenbruch der inneren Ordnung und von marodierenden Banden.

Alles paletti, wenn „Haushalte darauf vorbereitet sind, bis zu zehn Tage lang ohne fremde Hilfe auszukommen“, sagt Höller. Das BBK empfiehlt einen ausreichend großen Vorrat an haltbaren Lebensmitteln, Getränken sowie Hygiene- und Gebrauchsgegenständen, ebenso genügend Bargeld. Je nach Lebenssituation sollten auch genug Babynahrung, dringend benötigte Medikamente und Futter für die Haustiere sicher gelagert sein. Gerade im Winter dürfen auch warme Kleidung und ausreichend Decken nicht fehlen, da mit dem Strom auch die Heizung ausfällt.

Die Krux mit dem „bis zu…“

Immer wenn jemand einen Satz mit „bis zu…“ sagt, werde ich misstrauisch. Das jüdische Sprichwort sagt: Alles vor dem „aber“ ist eine Lüge. Ich sage: Alles nach dem „bis zu“ ist eine Lüge.

Die Kosmetikfirma meint, dass ihre Gesichtscreme Falten bis zu 87 Prozent beseitigt? Der Autoverkäufer meint, das sein Elektroauto eine Reichweite von bis zu 500 km hat? Spahn sagt, dass „bis zu 40 Prozent der Deutschen zur Corona Risikogruppe gehören“?  Die Grünen sagen, „dass eine Vollversorgung des Strombedarfs bis zum Jahre 2030 möglich ist“? Alles nach dem „bis zu“ ist eine freche Lüge.

Beim Blackout braucht die Familie nur ein paar Vorräte, um „bis zu“ 10 Tagen ohne fremde Hilfe auszukommen? Bis zu 10 Tagen, wenn nicht geheizt werden kann, wenn das Klo nicht mehr funktioniert, kein Wasser mehr läuft, die Oma nicht zur Dialyse fahren kann und das Fläschchen fürs Baby nicht mehr warm gemacht werden kann? Und wo lagert die Familie dauerhaft Vorräte für „bis zu“ 10 Tage? Und wie schafft sie die Logistik des ständigen Umwälzens der Vorräte?

Ich versuche mir gerade vorzustellen, was bei einem „sogenannten“ Blackout in Corona-Zeiten passieren würde. Aber leider ist die Flasche Pastis leer, also lasse ich es lieber. Vielleicht ein anderes Mal.

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MILCHMÄDCHENRECHNUNGEN Grünes Kalifornien: Sonne weg – Strom weg

Unbekannt ist, ob in Kalifornien alle Teslas gleichzeitig tanken wollten. In jedem Fall gab es abends keinen Strom mehr. Da war die Sonne weg – und Millionen Kalifornier waren geschockt.Die Sonne ging um 19.30 Uhr unter – so, wie sie das abends immer zu tun pflegt. Doch die Kalifornier dachten nicht daran, und schalteten ihre Klimaanlagen, Herde und Lampen nicht aus. Folge: Der Strom musste am vergangenen Wochenende für etwa zwei Millionen Kalifornier abgeschaltet werden. Die Bewohner der Bay Area bis nach Südkalifornien reagierten geschockt und verärgert.

Denn die vielen Solaranlagen mit mehreren tausend Megawatt Leistung lieferten keine Energie mehr, wie sie das eben tun, wenn die Sonne untergeht. Die Netzbetreiber prognostizierten am Spätnachmittag, dass die Energiereserven nicht mehr ausreichten und lösten »Lastunterbrechung« aus. Jeff Smith, ein Sprecher des größten Versorgers PG&E Corp: »Leider waren wir aufgrund des Notfallcharakters nicht in der Lage, die Kunden im Voraus zu benachrichtigen.«

Hierzulande tritt ebenfalls eine Kaskade in Kraft, bei der zuerst stromhungrige Industriebetriebe wie Aluminiumhütten für eine kurze Zeit vom Netz genommen werden, danach auch große stromverbrauchende Städte. »Lastabwurf« heißt der Blackout so schön.

PLANUNG FÜR DEN BLACKOUT
Energiewende: »Kaskade« lässt Städte erzittern

Kalifornien rechnet laut Nachrichtenagentur Bloomberg mit weiteren Stromausfällen. Brian Bartholomew, ein Analyst bei Bloomberg NEF: »Wir erleben eine Hitzewelle, wie sie einmal in einem Jahrzehnt auftritt.« Was am Freitag geschah, »könnte eine Vorschau auf die Maßnahmen sein, die der staatliche Netzbetreiber in den kommenden Tagen möglicherweise ergreifen muss«. Es soll weiter heiß bleiben.
Dann dürften die Kalifornier noch mit einer weiteren unangenehmen Eigenschaft der Photovoltaikanlagen Bekanntschaft machen: Je heißer es wird, desto weniger Strom liefern sie. Der Wirkungsgrad der Zellen sinkt mit steigenden Temperaturen. Sie verlieren je nach Typ um die zehn Prozent Leistung.

Zusätzlich fiel am vergangenen Freitag noch ein konventionelles Kraftwerk mit 500 MW Leistung aus, und eine weitere 750 MW Einheit konnte offenbar nicht schnell genug hochgefahren werden. Die Netzbetreiber mussten daraufhin zwei Millionen Haushalte vom Netz nehmen.

Bei der sommerlichen Hitzewelle im vergangenen Jahr übrigens schalteten regionale Versorger in Kalifornien den Strom vorsorglich ab, damit die unter der Last heiß gewordenen und durchhängenden Stromleitungen bei starkem Wind keine Waldbrände entfachen konnten.

Dabei gilt Kalifornien als Vorbild für Solarbewegte. Kalifornien will sich als Sonnenstaat besonders schön einrichten und plant, bis 2030 Strom zur Hälfte aus Solarenergie zu erzeugen. Es hat bereits alle Hausbauer verpflichtet, ab diesem Jahr Photovoltaik-Anlagen aufs Dach zu montieren. Rund 100.000 neue Solardächer sollen so bei Neubauten und bei renovierten Häusern dazu kommen. Kalifornien will den Energieverbrauch der Haushalte drastisch senken, der vor allem in den heißen Sommermonaten durch die Klimaanlagen stark in die Höhe steigt. Also Strom sparen und schwitzen.Die Energy Commission rechnet vor, dass durch die Zusatzdächer Kosten von 40 Dollar pro Monat entstehen würden, die aber durch Einsparungen von 80 Dollar pro Monat ausgeglichen würden. Nicht deutlich wird, ob diese Commission genauso gut rechnen kann wie der deutsche Wirtschaftsminister Altmaier und seine Energiewendetruppen mitsamt Kohlekommission in Berlin, nach deren Rechnungen die Strompreise immer weiter in astronomische Höhen steigen.

Der sogenannten »Clean Energy« soll damit endlich zum Durchbruch verholfen werden ebenso wie Elon Musk, der seine Solar-Dachziegel auf den Markt gebracht hat. Musk hatte in die Welt gesetzt, dass es bald keinen Grund mehr geben werde, ein normales Dach zu bauen; noch immer kostet ein solches Dach etwa 50.000 Dollar. Dazu wird eine »Powerwall« geliefert, in der ein wenig Storm gespeichert werden kann. Für den Truthahn im Herbst dürfte das allerdings nicht ausreichen.
Unangekündigt und überraschend kommt die kalifornische Stromkatastrophe nicht.

Schon im vergangenen Herbst warnten Fachleute davor, dass während der nächsten großen Hitzewelle mit Stromausfällen zu rechnen sei. Grund: Die grüne Energiepolitik, die sicher Strom liefernde Kohle- und Gaskraftwerke abschaltet und nur noch Wind- und Sonnenstrom dulden will. Das mache die Energieversorgung unzuverlässig, und das Stromnetz sei mit den sehr stark schwankenden Einspeisungen schwieriger zu beherrschen – eine nicht nur für Krankenhäuser gefährliche Verwundbarkeit, stellen die Fachleute fest. Fast überflüssig zu erwähnen, dass PG&E das Kernkraftwerk Diablo Canyon im San Luis Obispo County zwischen Los Angeles und San Francisco bis 2025 schließen wird. Die erhebliche Menge von 2.250 Megawatt Energie fällt ersatzlos weg.Auch der Wirtschaftsprofessor der Stanford University, Frank Wolak, warnt: »Wir haben jetzt eine viel riskantere Energieversorgung, weil die Sonne nicht immer scheint, wenn wir wollen, und der Wind nicht immer weht, wenn wir wollen.«
Bereits vor fast einem Jahr, am 18. September, hielt Mark Rothleder, Vizepräsident des kalifornischen Stromnetzbetreibers, einen Vortrag über die kommende Krise. Bereits 33 Prozent der Elektrizität des Bundesstaates kämen aus erneuerbaren Quellen, so wie es die Vorschriften vorsähen.

Da jedoch große Solarparks einen zunehmenden Anteil an der kalifornischen Stromerzeugung ausmachten, führte er aus, komme die Krise am späten Nachmittag, insbesondere an heißen Tagen. Die Menschen schalten Klimaanlagen und andere Geräte gegen 17.00 Uhr ein, wenn die Hitze ihren Höhepunkt erreicht und sie von der Arbeit nach Hause kommen. Die Stromnachfrage steigt an, wenn die Sonne untergeht und die Sonnenenergie versiegt. Dann käme Strom aus den Nachbarländern, die aber im Zweifel ebenfalls nicht mehr über genügend Elektrizität verfügen dürften, um die Lücken im eigenen Netz zu schliessen.

Diese Konstellation kennen deutsche Übertragungsnetzbetreiber nur zu gut. Ohne Strom aus den Nachbarländern wäre es schon mehrfach finster geworden in Deutschland. Zudem sind die Durchlasskapazitäten an den Übergabestellen der Netze begrenzt.

In Kalifornien unterzeichnete Gouverneur Jerry Brown vor zwei Jahren ein Gesetz, nach dem bis 2045 die gesamte Energie Kaliforniens aus kohlenstofffreien oder erneuerbaren Quellen stammen muss.

Wetterabhängige Wind- und Sonnenenergie kann ein modernes Industrieland nicht ausreichend mit elektrischer Energie versorgen. Eine Lektion in Physik, die Deutschland noch vor sich hat.

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