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Wohin treibt die AfD in der Energiewende-Politik?

Die Wahl zum EU-Parlament ist gelaufen, die AfD mit sieben Abgeordneten drin, der Wahlkampf vorbei und damit die Zeit gekommen für intensive Arbeit am Parteiprogramm. Das ist wichtig auch für die drei in Deutschland bevorstehenden Landtagswahlen (Sachsen, Thüringen, Brandenburg). Dabei sind vor allem jene Teile der Politik ins Visier zu nehmen, die die Deutschen finanziell besonders belasten. Das ist nach wie vor die unsägliche Banken-Staaten-Euro-Rettungspolitik, das ist aber ebenso die ruinöse deutsche Energiewende-Politik. Beide erreichen in ihren Auswirkungen die gleiche wirtschaftliche Dimension mit drohenden Belastungen von rund je 1 Billion Euro und darüber. Aber anders als in der Euro-Rettungspolitik hat die Alternative für Deutschland in der Energiewende-Politik noch keine widerspruchsfreie Position bezogen, keine rundum überzeugende Alternative gefunden. Schon gar nicht in ihrem Bundesvorstand. Hier stehen sich zwei konträre Positionen gegenüber. Das färbt ab auf die Programmatik. Wie sieht die aus, wie sollte sie aussehen?

Die beiden Bestandteile der deutschen Energiewende-Politik

Die Energiewende-Politik der deutschen Altparteien besteht bekanntlich aus zwei extremen Bestandteilen: erstens die Stromerzeugung aus Kernkraft und fossilen Brennstoffen abschaffen und zweitens den Strom möglichst nur noch mit Windkraft, Solarzellen und Pflanzenmasse (Faulgas) erzeugen, fälschlich und schönfärberisch „erneuerbare“ Energien genannt; richtig müssen sie „neue instabile Energien“ heißen. Das Abschaffen der Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen wird begründet erstens mit deren Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), dieses menschenverursachte (anthropogene) Gas erwärme das Erdklima, und zweitens mit der Behauptung, die fossilen Energieträger gingen bald zur Neige. Das eine ist unbewiesen und bestreitbar, wie auch von mir hier vielfach dargelegt, das andere falsch. Auf diese Lage muss sich also auch das AfD-Programm zur Energiepolitik beziehen, wobei Energiepolitik konkreter Stromerzeugungspolitik zu nennen wäre. Wie hat sich die Partei dazu bisher artikuliert?

Ein deutlicher Gegensatz zu den Altparteien

Geschehen ist das in ihrem Programm zur EU-Wahl, beschlossen auf ihrem Bundesparteitag am 22.März 2014. Dort ist unter „IV. 9 Energieversorgung und Umweltschutz“ zu lesen: „Die europäische Umwelt- und Energiepolitik muss an den Zielen Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet werden. Alle Entscheidungen sind künftig auf der Grundlage rationaler Faktenanalysen statt ideologischen Wunschdenkens zu treffen.“ Der erste Satz versteht sich als Binsenweisheit von selbst, aber wichtig ist vor allem dieser letzte Satz, denn zur gegenwärtigen Stromerzeugungspolitik der Altparteien steht er in deutlichem Gegensatz. Die nämlich beruht allein auf Ideologie (Öko-Ersatzreligion und Fanatismus) und Wunschdenken sowie irrationaler Faktenverweigerung.

Womit sich die AfD ebenfalls sehen lassen kann

Vernünftig ist im AfD-Programm auch dies: „Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet. Zudem kann ein globales Problem nur durch ein koordiniertes Vorgehen aller großen Wirtschaftsnationen gelöst werden. Deshalb lehnt die AfD nationale und europäische Alleingänge ab.“ Das bedeutet: Weil die deutsche Energiewende ein nationaler Alleingang ist, lehnt die AfD diese Wende ab. Damit kann sie sich sehen lassen.

Aber konsequent müsste es heißen: Finger weg von CO2-Zertfikaten

Doch kommt anschließend diese Einschränkung: „Um dem Vorsichtsprinzip Rechnung zu tragen, kann aber im Rahmen internationaler Abkommen eine graduelle Reduktion von CO2-Emissionen vereinbart werden. Diese sollte ausschließlich durch marktwirtschaftliche, technologieneutrale Instrumente wie z. B. CO2-Zertifikate erfolgen. Da die Auswirkungen menschenverursachter CO2-Emissionen auch nicht annähernd genau bestimmt werden können, muss sich ein Zertifikatesystem daran orientieren, was für Haushalte und Unternehmen finanziell tragbar ist.“  Obwohl also der Zusammenhang zwischen Klimaentwicklung und anthropogenen CO2-Emissionen „unsicherheitsbehaftet“ ist, tritt die AfD in diesem Programm für „eine graduelle Reduktion von CO2-Emissionen“ ein. Das ist inkonsequent und ein Herumeiern: Wer wirklich vorsichtig verfahren will, tut überhaupt nichts und wartet einfach ab. Dann darf es folgerichtig auch keinerlei CO2-Zertfikate geben, zumal doch die CO2-Auswirkungen „auch nicht annähernd genau bestimmt werden können“. Das ist wahrlich ziemlich schwachsinnig: Etwas tun, obwohl man nicht weiß, ob es richtig oder falsch ist. Heißen müsste es: Finger weg von CO2-Zertfikaten.

Ziemlich eindeutig ist die Haltung zum EEG

Dagegen äußert sich das AfD-Programm zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ziemlich eindeutig: „Das EEG muss komplett abgeschafft werden. Ansprüche von Altanlagen-Besitzern sind rechtskonform abzufinden. Alle Energiemarkt-Eingriffe durch Subventionen wie z. B. staatlich garantierte Vergütungen oder Vorrangeinspeisung für bestimmte Stromerzeugungsanlagen, sind sofort einzustellen. Sie führen zu einer noch stärkeren Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im EU-Binnenmarkt und weltweit, denn sie verteuern den Strom in Deutschland auf unverantwortliche Weise und schädigen die bisher hohe Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland.“

Aber es reicht nicht aus, nur das EEG zu Fall zu bringen

Allerdings noch eindeutiger wäre, das EEG „ersatzlos“ abzuschaffen. Denn „komplett“ abschaffen klingt zwar schön, lässt aber die Möglichkeit offen, anstelle des EEG eine Ersatzregelung für das Vorantreiben von Strom mit Wind, Sonne, und Pflanzenmasse zu installieren. Längst nämlich haben die Energiewende-Politiker neues Regelwerk parat, um auch ohne EEG die neuen instabilen Energien zu bevorzugen und den Bürgern aufzuzwingen. Es handelt sich um das sogenannte Quotenmodell (zuweilen auch Ausschreibungsmodell genannt) und darum, die CO2-Zertfikate zu verknappen. Damit würden die Stromkosten nur weiter hochgetrieben. Es reicht also nicht aus, nur das EEG zu Fall zu bringen, um den Anstieg der Stromkosten zu begrenzen. Ist es weg, darf es also durch keine weiteren Zwangsmaßnahmen ersetzt werden.

Wo sich die AfD im Programm selbst widerspricht

Schön klingt auch, wenn man im Programm liest: „Neue Zielvorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz nach 2020 lehnt die AfD als ein schädliches Wettbewerbshemmnis ab, solange andere hochindustrialisierte Länder nicht gleichartige Maßnahmen ergreifen.“ Aber warum lehnt sie nur „neue“ Zielvorgaben ab, nicht auch die alten, die bisherigen? Einerseits will sie das EEG „komplett abschaffen“ und „Ansprüche von Altanlagen-Besitzern rechtskonform abfinden“, andererseits aber an den bisherigen „Zielvorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energien“ festhalten? Hier widerspricht sie sich selbst und provoziert die Frage, was von beidem sie denn nun wirklich will: weg mit dem EEG oder weiterhin immer mehr Strom aus den neuen instabilen Energien?

Der physikalische Nachteil des „Ökostroms“, der nicht wegzubringen ist

Eben deshalb ist auch der folgende Programmsatz nicht astrein: „Die AfD unterstützt die Erforschung von Technologien, die der Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen dienen, und die Erforschung von Speichertechnologien, die diese wertvollen Energiequellen verlässlich nutzbar machen können.“ Gewiss, man kann dies als ein taktisches Entgegenkommen an Energiewende-Bewegte innerhalb und außerhalb der Partei verstehen. Auch ist nichts dagegen zu sagen, neue Techniken zu erforschen, selbst wenn sie dazu dienen, „Ökostrom“ zu erzeugen und zu speichern. Aber den gewaltigen, physikalisch bedingten Nachteil der zu geringen Energie- und Leistungsdichte dieser Art von Stromerzeugung wird auch diese weitere Erforschung nicht aus der Welt schaffen. Und wieso sind diese Energiequellen dann „wertvoll“? Derzeit ist der Strom, den sie liefern, weil nur subventioniert und per Gesetz durchsetzbar, gar nichts wert. Denn ohne diese massive Unterstützung würde ihn niemand kaufen.

Der volkswirtschaftliche Wert des „Ökostroms“ liegt sogar unter Null

Es ist sogar noch schlimmer, nämlich dann, wenn man die volkswirtschaftlichen Kosten des EEG-Stroms berechnet. Die Stromverbraucher-Schutzvereinigung NAEB, der auch ich angehöre, hat das versucht und kommt auf einen volkswirtschaftlichen Wert des EEG-Stroms („Ökostroms“) von minus 1,6 Cent je erzeugter Kilowattstunde. Dieser Strom hat also einen „Wert“ von sogar unter Null und belastet unsere Volkswirtschaft, statt ihr zu nützen. Mit jeder neuen Anlage nimmt die Belastung zu. Oder anders formuliert: Jede Kilowattstunde dieses Stroms, die nicht erzeugt wird, verbessert das deutsche Bruttosozialprodukts um 1,6 Cent. Dabei sind dieser Berechnung Annahmen zugrunde gelegt, die für den EEG-Strom im Ergebnis sogar noch günstig ausfallen; sonst wäre der Minusbetrag noch größer, zum Beispiel dann
– wenn Arbeitnehmer aus einer zusammenbrechenden EEG-Branche keinen neuen Arbeitsplatz bekommen, sondern den Etat mit Arbeitslosengeld belasten;
– wenn als Opportunitätskosten die preisgünstige Stromerzeugung mit Kernkraft und Braunkohle angesetzt werden;
– wenn die bereits heute vorhandenen verdeckten Kosten der Produktion von EEG-Strom, die sich an anderen Stellen des Verbraucherstrompreises wiederfinden, mit berücksichtigt werden, z.B. erhöhte Transportverluste im Netz.

Warum die fossilen Energieträger ablösen?

Etwas auszusetzen ist am Programmteil der AfD zur Energiepolitik auch dies: „Forschung und Entwicklung von innovativen Technologien und neuen Verfahren, die langfristig die fossilen Energieträger ablösen können, sollen gefördert werden. Langfristig soll Deutschland seine Abhängigkeit von importierten Energieträgern reduzieren. Die dauerhafte Subventionierung jeglicher Art der Energieerzeugung lehnt die AfD ab.“ Warum sollen die fossilen Energieträger abgelöst werden, wenn sie überhaupt nicht knapp sind und eine Verknappung auf hunderte von Jahren gar nicht droht? Warum ablösen, wenn die AfD nicht doch insgeheim dem Glauben anhängt und zu wissen vorgibt, anthropogenes CO2 erwärme das globale Klima? Das stünde dann im Widerspruch zu ihrem Programmsatz „Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet“? Auch hier muss gelten: Davon, was unsicher ist, lässt man die Finger.

Was es bedeutet, den Import von Energieträgern zu verringern

Und warum soll Deutschland seine Abhängigkeit von importierten Energieträgern reduzieren? Erstens widerspricht das den guten Gründen, warum freier Handel im Prinzip sinnvoll ist und allen nützt, sowie auch dem, dass sich die AfD implizit und prinzipiell zum Freihandel bekennt. Traut sie ihm etwa doch nicht? Zweitens: Angesichts der in Deutschland zu wenig eigenen Energierohstoffe läuft das Reduzieren darauf hinaus, verstärkt jene Energieträger zu nutzen, die in Deutschland zur Verfügung stehen. Das sind Sonne und Wind. Die „Abhängigkeit reduzieren“ bedeutet also noch mehr Strom mittels Wind, Sonne und Pflanzenmasse. Das geht aber nur mit staatlichem Zwang oder staatlichen Anreizen (Subventionen), weil sonst keiner diesen Strom kaufen würde. Eben solche Interventionen aber will die AfD doch gerade verhindern, denn: „Alle Energiemarkt-Eingriffe sind sofort einzustellen.“

Die Energiepolitik in den „Politischen Leitlinien“ der AfD

Im Mai 2014 hat die AfD in ziemlicher Eile „Politische Leitlinien“ zusammengestellt. Auch in ihnen steht etwas zur Energiepolitik (sprich: Stromerzeugungspolitik): „Ebenso wenig können wir billigen, dass eine Energiewende planwirtschaftlich durchgesetzt wird, deren immense Kosten von allen Haushalten – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation – gleichermaßen zu tragen sind. Aus unserem Bekenntnis zur sozialen Verantwortung in der Marktwirtschaft lehnt die AfD jede Subvention der Energiegewinnung – außer Anschubfinanzierungen für neue zukunftsträchtige Technologien – ab. Das EEG als System der Dauersubvention ist abzulehnen. Die Energieproduktion hat sich am Markt zu bewähren, muss Versorgungssicherheit gewährleisten, umweltverträglich und bezahlbar sein und darf die ökonomische Entwicklung Deutschlands nicht behindern.“

Der Unterschied zwischen den „Leitlinien“ und dem Programm

An dieser Aussage fällt auf, dass sie „weicher“ formuliert ist als im Programm. So entschiedene Sätze wie „Alle Entscheidungen sind künftig auf der Grundlage rationaler Faktenanalysen statt ideologischen Wunschdenkens zu treffen“ fehlen. Ebenso „Das EEG muss komplett abgeschafft werden“. Oder: „Staatlich garantierte Vergütungen oder Vorrangeinspeisung für bestimmte Stromerzeugungsanlagen, sind sofort einzustellen“. Allerdings hatte AfD-Bundessprecher Bernd Lucke, als er den Leitlinien-Entwurf des Parteivorstandes den Parteimitgliedern am 25. März 2014 für „inhaltliche Anregungen oder Korrektur- und Ergänzungsvorschläge“ zuschickte, dazu angemerkt: „In den Leitlinien soll unser politischer Grundkonsens ausgedrückt werden. Es geht nicht darum, kontroverse Positionen zu entscheiden. Schlagen Sie deshalb nur Änderungen vor, die Ihrer Auffassung nach innerparteilich auf sehr breite Zustimmung stoßen werden. Es geht nicht um Detailarbeit.“

Der ursprüngliche Vorschlag des Parteivorstandes

Zur Energiepolitik stand im Vorstandsentwurf ursprünglich daher auch nur dies drin: „Ebenso wenig können wir billigen, dass eine Energiewende planwirtschaftlich durchgesetzt wird und die immensen Kosten von allen Haushalten gleichermaßen zu tragen sind – unabhängig von ihrem persönlichen Einkommen.“ Ich selbst als eines von vielen Parteimitgliedern habe vorgeschlagen, dies so zu formulieren: „Ebenso wenig können wir billigen, dass eine ohnehin sehr fragwürdige Energiewende staatlich interventionistisch durchgesetzt wird.“ Die weitaus längere Endfassung geht also auf Mitgliederwünsche zurück.

Den Mitgliederwillen unzulässig verfälscht

Festzuhalten ist jedoch, welcher Formulierung 85 Prozent der 2772 Mitglieder, die an der Befragung teilnahmen, zugestimmt hatten. Sie lautete: „Ebenso wenig können wir billigen, dass eine Energiewende planwirtschaftlich durchgesetzt wird, deren immense Kosten von allen Haushalten – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation – gleichermaßen zu tragen sind. Aus unserem Bekenntnis zur sozialen Verantwortung in der Marktwirtschaft lehnt die AfD jede Subvention der Energiegewinnung ab, außer Anschubfinanzierungen für neue zukunftsträchtige Technologien. Das EEG ist zu streichen. Die Energieproduktion hat sich am Markt zu bewähren, muss Versorgungssicherheit gewährleisten, umweltverträglich und bezahlbar sein und darf die ökonomische Entwicklung Deutschlands nicht behindern.“ Was beide Texte unterscheidet, ist nur ein Satz. Die weit überwiegende Mehrheit sprach sich für den Satz aus „Das EEG ist zu streichen“. Das Redaktionsteam des Parteivorstandes hat daraus gemacht „Das EEG als System der Dauersubvention ist abzulehnen“ und damit den Mitgliederwillen unzulässig verfälscht. Doch ist diese Verfälschung den Mitgliedern in der abschließenden Abstimmung über die gesamten „Leitlinien“ wohl nicht aufgefallen und ging daher so durch. Daran beteiligt haben sich 3.297 Mitglieder. Sie stimmten zu mit 92,6 Prozent.

Der vollständige „Mut zur Wahrheit“ ist auch in der Energiepolitik nötig

An alldem ist also zu sehen: Die AfD hat in ihrem Programm zur Stromerzeugungspolitik gute, vernünftige Ansätze, aber sie verwickelt sich dabei auch in Widersprüche. Diese sind, wie in Parteien üblich, das Ergebnis vom Bemühen, zwischen unterschiedlichen Meinungen auszugleichen. Sie können gleichwohl die Frage provozieren, ob das AfD-Programm die Wähler und vielleicht auch viele Mitglieder benebeln soll. Wohin also treibt die AfD in der Energiewende-Politik wirklich? Und die nächste Frage muss dann lauten: Wo bleibt da der „Mut zur Wahrheit“, den die AfD in ihren bisherigen Wahlkämpfen (Bundestag, EU-Parlament) versprochen hat und doch sicher auch weiterhin bekunden will? In der Energiepolitik ist er ebenfalls nötig. Zu viele AfD-Mitglieder aber bringen ihn offenbar doch nicht auf, sei es, dass sie fehlinformiert sind, also CO2 als Schadstoff sehen und vor Kernkraft Todesangst haben, sei es, dass sie nicht zu überzeugende Energiewende-Gläubige sind und Tatsachen nicht wahrhaben wollen, sei es, dass sie zu den Profiteuren der Energiewende gehören. Angehörige der beiden letzten Gruppen mögen sich in die AfD eingeschleust haben, um dort ein Programm „die Wende der Wende“ zu verhindern oder aufzuweichen.

Was zuversichtlich und was nachdenklich stimmt

Festzuhalten ist aber auch, was die die Mitgliederbefragung zum EU-Wahlprogramm ergeben hat: Von den damals rund 17.500 AfD Mitgliedern (heute weit über 18.000) haben sich an der Programm-Umfrage 5.154 beteiligt. 60 Prozent von ihnen halten es für sehr wichtig und 35 % für wichtig, das EEG komplett abzuschaffen, zusammen also 95 Prozent. Und solange die Unsicherheit über die CO2-Wirkungen auf das Klima (Erwärmung) nicht überzeugend ausgeräumt ist, halten es 48 Prozent für sehr wichtig und 39 Prozent für wichtig, „jegliches Hantieren mit CO2-Emissionen, Emissionszielen und Zertifikaten“ abzulehnen – zusammen also 87 Prozent. Das stimmt zuversichtlich. Nachdenklich stimmt, dass sich nur 29 Prozent an der Befragung beteiligt haben. Das zeugt nicht gerade von einer besonders breiten Entschlossenheit unter den Mitgliedern, sich auch programmatisch für das Ziel ihrer Partei zu engagieren, nämlich zu neuen politischen Ufern aufzubrechen bzw. zu altbewährten zurückzukehren. Oder haben derart viele AfD-Mitglieder (71 Prozent) keinen PC? Denn die Mitgliederbefragung fand elektronisch über das Internet statt.

Der Beitrag erschien zuerst in K.P. Krauses Blog hier




FDP Energiepapier – Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben

Das FDP-Papier zur Energiewende – Diagnose ziemlich zutreffend, Therapie falsch

Ich entkleide das Energiepapier des FDP-Präsidiums mal von miserablem Bürokraten-Deutsch und sprachlichen Ballast und zitiere daher den wesentlichen Inhalt in indirekter Rede. Der Wortlaut des FDP-Papiers hier.

Der deutsche Strompreis ein echtes Wettbewerbshemmnis

Was in dem Papier stimmt, ist dies: Die deutschen Bürger und Betriebe kämen mehr und mehr an ihre Belastungsgrenze. Der Strompreis in Deutschland sei ein echtes Wettbewerbshemmnis geworden. Es sei jetzt an der Zeit, die an staatlich-zentraler Planwirtschaft ausgerichteten Subventionsinstrumente abzulösen und stattdessen den gesamten Energiemarkt wieder auf Wettbewerb auszurichten. Die Stromwirtschaft leide unter den Auswüchsen einer übermäßigen staatlichen Mikrosteuerung aus anlassbezogenen Korrekturen, Ausnahmen und Gegenausnahmen. Die für die Versorgungssicherheit unerlässlichen fossilen Kraftwerke seien vielfach nicht mehr rentabel. Das liege im Wesentlichen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Gedacht sei es nur, um neue Techniken in den Markt einzuführen. Diese Phase jedoch hätten die „Erneuerbaren Energien“ (EE) mit ihrem Marktanteil von rund 25 Prozent längst hinter sich gelassen.

Fehlgesteuert und sozial unausgewogen

Ebenfalls zu recht beklagt das FDP-Präsidium, das EEG belaste die deutschen Stromverbraucher (nach der Prognose für das Jahr 2014) mit Kosten für die Erzeugung von Strom in Höhe von rund 21 Milliarden Euro, aber der Marktwert dieses Stroms betrage nur rund 2,1 Milliarden. Die Ursache seien falsche Anreize. Sie gingen aus von der garantierten Einspeisevergütung. Es werde nicht sichergestellt, dass sich die kostengünstigsten Techniken und Standorte durchsetzten. Das bestehende System sei fehlgesteuert und sozial unausgewogen: Einkommens- und vermögensstarke Haushalte könnten von der garantierten Subventionierung eigener EE-Anlagen profitieren, während alle, auch einkommensschwache Haushalte mit der EEG-Umlage belastet würden.

Das EEG vernichtet volkswirtschaftliche Werte

Und auch dieses stimmt: Von den europaweit sinkenden Preisen für Industriestrom könne Deutschland weiterhin nicht profitieren. Im ersten Halbjahr 2013 seien die heimischen Preise um weitere sieben Prozent gestiegen. Sie lägen damit rund 19 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Die Verbraucherpreise für Strom überträfen den europäischen Durchschnitt inzwischen um 48 Prozent. Das EEG vernichte volkswirtschaftliche Werte und gefährde in Deutschland, zusammen mit den stetig steigenden Netzentgelten, die industrielle Basis, die eng geknüpften Wertschöpfungsketten und damit Arbeitsplätze. Für Privathaushalte und Wirtschaft sei der ungebremste Ausbau der erneuerbaren Energien zu einer Belastung geworden.

Wildwuchsartiger, wirtschaftlich absurder Ausbau

Schließlich trifft auch dieses zu: Das EEG entwickele sich immer mehr zu einem Problem wirtschaftsverfassungsrechtlicher Dimension: Es hebe die Steuerungsmechanismen der Sozialen Marktwirtschaft aus den Angeln. Politisch festgelegte Preise nebst Absatzgarantie hätten Investoren attraktive Garantiedividenden eröffnet, ohne dass sich diese an den Interessen und Bedürfnissen der Kunden einschließlich der Verbraucher orientieren müssten. Die Steuerungs- und Koordinationsfunktion der Energiepreise sei aufgehoben worden. Das habe zu einem wildwuchsartigen und wirtschaftlich absurden Ausbau geführt. Dadurch sei zusammen mit dem Abschalten systemrelevanter Kraftwerke die Stabilität der Stromversorgung gefährdet. Der Betrieb von Gas- und Kohlekraftwerken gerate zum Verlustgeschäft. Um Stromausfälle („Blackouts“) zu verhindern, zwinge die Bundesnetzagentur die Kraftwerksbetreiber, gegen ihren Willen auch solche Kraftwerke am Netz zu halten, deren Betrieb sich nicht rechne. Auch hier droht der noch tiefere Weg in die Kommandowirtschaft.

Die FDP-Vorschläge auf unseriösem, brüchigem Fundament

Wie wahr das alles doch ist und als Bestandsaufnahme weitgehend gelungen. Umso erschreckender dagegen sind die Therapievorschläge. Der Satz „Ziel ist Wettbewerb um die besten Lösungen für den Klimaschutz und die Umsetzung der Energiewende“, sagt aber ebenfalls alles. Die Vorschläge kranken von vornherein daran, dass auch das FDP-Präsidium als zutreffend und unstreitig unterstellt, das anthropogene CO2 bewirke eine übermäßige globale Erwärmung und daher müsse dieses Kohlendioxid verringert werden, um das Klima zu schützen. Aber weil diese bislang unbewiesene Unterstellung nicht zutrifft, sondern auf entschiedenen Widerstand stößt und die Widerständler das Gegenteil wissenschaftlich sogar belegen, stehen die Vorschläge für den Neustart auf einem Fundament, das offenkundig unseriös, brüchig und damit unverantwortlich ist. Folglich auch taugen die Vorschläge nichts.

Spott und Freude über Deutschlands „Energiewende“ im Ausland

Ebenso hält das FDP-Präsidium die „Energiewende“, ohne zu zweifeln, im Grundsatz für richtig, sie werde nur falsch angepackt. Schlimmer noch: Die Energiewende müsse endlich als europäisches Projekt konzipiert werden. Ach ja? Die anderen EU-Mitgliedstaaten werden begeistert sein (Vorsicht: Ironie). Sie halten wohlweislich an der Kernkraft fest und denken nicht daran, den verrückten Deutschen nachzulaufen. Im Ausland wird, wie man so hört, über die „Energiewende“ der Deutschen gespottet – und sich gefreut, dass Deutschland seine Wettbewerbskraft aus freien Stücken schwächt. Das Wort „Energiewende“ hat gute Aussichten, ebenfalls zum Sprachgebrauch im Englischen zu werden wie der deutsche „Kindergarten“ und der „Blitzkrieg“.

Mit den neuen instabilen Energien immer weiter und weiter

Auch will die FDP in Gestalt ihres Präsidiums die neuen instabilen Energien (Wind und Sonne, die nur Zufallsstrom ermöglichen, also Strom, der mal aufflackert und dann wieder erlischt) weiter ausgebaut sehen, nur solle das „dringend entschleunigt“ geschehen, auf dass, so der Sinn, Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz zunächst nicht völlig aus dem Ruder laufen. Aber das Verlangen nach einer “Entschleunigung” bedeutet, es geht mit dem Ausbau weiter und weiter, das Ausbautempo wird nur verlangsamt. Auch der Netzausbau soll weitergehen, weil sonst der dezentral erzeugte Zufallsstrom nicht wegzubringen ist. Der treibt die Kosten zusätzlich hoch. Ohne die neuen instabilen Energien wäre er überhaupt nicht nötig.

Das sind Rattenfängermethoden

Aber wie wird der Netzausbau schmackhaft gemacht? Wir lesen: „Es ist offensichtlich: Unser Land kann seinen Wohlstand mehren, wenn der Ökostrom dort produziert wird, wo es am günstigsten ist. Solarstrom aus Südeuropa, Wasserkraft aus Skandinavien und Windenergie von der deutschen Küste würde den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger schonen und über bezahlbare Strompreise die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und damit auch unsere Arbeitsplätze sichern.“ Das sind Rattenfängermethoden. Ohnehin würde der bürgerliche Geldbeutel alles andere als geschont, er würde noch mehr strapaziert.

Was im FDP-Papier „Systemwechsel“ heißt, ist Systemfortsetzung

„Von den ursprünglichen Zielen der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 scheint Deutschland mittlerweile Lichtjahre entfernt zu sein“, liest man in dem Papier. Doch das FDP-Präsidium wirkt mit seinem Vorschlag, die „vielfältigen instrumentellen Ansätze der Energiewende und des Klimaschutzes“ in einem ‚Energie-Marktgesetz’ zu bündeln, nun selbst daran mit, dass die Entfernung noch größer wird, denn jedem neuen Gesetz folgen weitere Regulierungen. Außerdem verlangt das Präsidium ein „europäisch verankertes Quotenmodell“. Dieses gebe den Energieversorgungsunternehmen eine Quote vor, wie hoch der Anteil ihres verkauften Ökostroms mindestens sein müsse. Die Ökostromquote könne auf dem Markt auch durch handelbare Ökostromzertifikate abgedeckt werden. Regulierung, Regulierung, nix da von Liberalisierung, auch von der FDP nicht. Und alles segelt bei ihr schönfärberisch unter mehr Wettbewerb. Das FDP-Präsidium verkauft das als „einen grundlegenden Systemwechsel“. Aber das ist kein Systemwechsel, das ist eine Systemfortsetzung und Systemvertiefung mit einigen anderen und zusätzlichen Mitteln. Ein wirklicher Systemwechsel wäre die Rückkehr zur bewährten, kostengünstigen und sicheren Stromversorgung, wie sie Deutschland vor dieser „Energiewende“ besaß.

Den Mut, der der FDP abhanden kam, muss jetzt die AfD zeigen

Mit so einer Politik kommt die FDP nicht wieder auf die Beine. Dabei wird auch sie im Bundestag als Opposition gebraucht. Mit dieser Partei ist kein Staat mehr zu machen. Mit den anderen Altparteien allerdings ebenfalls nicht. Diese Lücke will und kann die neue Partei Alternative für Deutschland (AfD) füllen. Wäre sie auf der politischen Bühne nicht erschienen (erst vor einem Jahr!), hätte sich das FDP-Präsidium wohl noch nicht einmal aufgerafft, ein solches Papier zur Energiewende überhaupt vorzulegen. Nun aber ist die AfD am Zug und muss beweisen, dass sie es besser kann und auch in der Energiepolitik eine wirkliche Alternative bietet und – so ihr Wahlspruch – den „Mut zur Wahrheit“ auch hier beweist. Diesen Mut, der der FDP schon lange abhanden gekommen ist, könnte sie jetzt zeigen: auf ihrem Programmn-Parteitag in Erfurt diese Woche am 22. März zum Wahlkampf für den Einzug in das EU-Parlament. Aber sicher ist das noch keineswegs. Dabei ist die Energiewendepolitik für Deutschland noch kostspieliger und ruinöser als die Euro-Rettungspolitik der Europäischen Union.