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Woher kommt der Strom? Requiescat in pace, Philippsburg II!

Die Vorweihnachtswoche.

Auch wenn Sie an den von uns Menschen gemachten Klimawandel glauben: So ist nun mal das Wetter in den gemäßigten Breitengraden. Keine Rede mehr von Dürre. Regen ohne Ende. Und keine Bange. Der nächste kräftige Winter kommt bestimmt. Vielleicht schon 2020. Denn der Winter ist heuer tatsächlich erst 10 Tage alt. Wir werden uns vielleicht noch wundern.

Wie auch immer, die konventionelle Stromerzeugung dieser Woche leistete wackere Nachführarbeit, um die Stromüberschüsse, die sich aus der Sprunghaftigkeit der erneuerbaren Stromerzeugung ergeben, und die sich daraus ergebenden Kosten so gering wie möglich zu halten. Wenn wir bedenken, dass der komplette in Deutschland produzierte Kernkraftstrom bis Ende 2022 wegfallen soll, muss man schon fragen, ob die politisch Verantwortlichen noch ganz bei Verstand sind. Denn der wegfallende Atomstrom wird keinesfalls durch neue Windkraftanlagen ersetzt werden (können). Es wird Kohlestrom und importierter Atomstrom sein. Nicht die 11.000 Windkraftwerke à 3 MW Nennleistung, die als Ersatz bis 2022 gebaut werden müssten. Mit dem Abschalten der Kernkraftwerke wird gewaltiges Vermögen vernichtet. Von irgendwelchen meines Erachtens ohnehin absurden „Klimazielen“ möchte ich erst gar nicht reden. Die rücken in ganz weite Ferne. Jedenfalls dann, wenn korrekt gerechnet wird. Da allerdings haben unsere Weltenretter diverse Probleme. Es geht schließlich um Ideen und Gute Gedanken. Nicht um Fakten.

Fakten sind wie immer in der Detailtabelle der Energy-Charts und dem daraus generierten Chart zu entnehmen.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 15.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 71,05 Prozent

Wenig Bedarf, viel Wind: Die konventionellen Stromerzeuger können die Produktion nicht schnell genug drosseln. Also wird der Strom, der in Deutschland nicht benötigt wird, zum Teil quasi verschenkt. Zum Teil wird auch noch Geld mitgegeben. Wie bereits in der vergangenen Woche. Da waren es 5.000.000 Euro. An einem Tag. Am 8.12.2019 (s.u.).

Montag, 16.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 41,77 Prozent

Die Stromerzeugung durch Wind- und Sonnenkraftwerke – die Stromerzeugung durch Wasserkraft und Biomasse bleibt konstant, deshalb etwa 7 Prozent mehr als die Hälfte von 71,05 Prozent am 15.12.2019 – halbiert sich. Gut, dass die konventionellen Stromerzeuger nicht zu viel Strom weggenommen haben. Denn der Verbrauch steigt. So können ab etwa 7:00 Uhr auskömmliche Preise erzielt werden.

Dienstag, 17.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 44,85 Prozent

Im Verlauf des Tages steigt die Windstromerzeugung an. Mit der Folge, dass die Preise sinken. Ohne konventionelle Stromerzeugung würden die Lichter in Deutschland ausgehen. Auch an einem solchen Tag. Auch an einem Tag wie Sonntag. Nein, an jedem Tag. Das ist Fakt. Und damit keine Missverständnisse aufkommen. Der Prozentsatz Gesamtstromerzeugung meint auch nur genau die Stromerzeugung. An dem gesamten Energiebedarf Deutschlands, dem Primärenergiebedarf, tragen die Erneuerbaren insgesamt 18 Prozent bei. Vor allem Biomasse ist stark. Wind- und Sonnenenergie haben nicht mal einen Anteil von 5 Prozent. Wind 3 Prozent, Sonne 1,5 Prozent.

Mittwoch, 18.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 40,26 Prozent

Am Nachmittag kommt es zu einer nicht vorhergesehenen Winddelle. Um 17:00 Uhr reicht der in Deutschland produzierte Strom tatsächlich insgesamt nicht aus, um den Bedarf zu decken. Es muss Strom importiert werden. Zum Wochenhöchstpreis von 54,19 € pro MWh. Für 881 MWh. Sind dann doch „nur“ 47.741 Euro. Sehen Sie sich den Im-/Exportchart an und achten Sie mal auf die Preise, die Frankreich für selbst importierten und dann an Deutschland exportierten Strom einnimmt.

Donnerstag, 19.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 51,32 Prozent

Wind- und Sonnenstromerzeugung verstetigen sich. Die konventionellen Stromerzeuger sorgen für ein ausgeglichenes Gesamtbild der Stromerzeugung. Der „Überschuss“ besteht praktisch aus bereitgestellter und dann verkaufter Netzausregelungsreserve. Die Preise sind insgesamt zwar nicht auskömmlich. Wenigstens wird der Strom nicht verschenkt.

Freitag, 20.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 58,11 Prozent

Das Vorweihnachtswochenende wird eingeläutet. Der Strombedarf sinkt. Trotz heute nahezu „vorbildlich“ gleichmäßiger Stromerzeugung durch Wind und Sonne bleiben die Preise im Niedrigbereich. Es ist wohl zu viel Strom im Markt.

Samstag, 21.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 52,46 Prozent

Der Markt und der Strom

Über Tag lässt die Windstromerzeugung etwas nach. Sonnenstrom gleicht dieses aber mehr als aus. Zum Sonnenuntergang – keine Sonnenstromerzeugung mehr – kommt es wie so oft in diesem Jahr zu einer Stromverknappung, welche den Strompreis ansteigen lässt. Der Im-/Export-Saldo ist gleichwohl noch positiv, so dass Deutschland unter dem Strich profitiert.

Als Deutschland im Sommer dringend Strom benötigte, um die Versorgung der Nutzer sicher zu stellen, zahlte man schon mal gerne 141.570 Euro pro GWh Importstrom (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es werden alle weiteren Abbildungen geöffnet). Insgesamt legte man vom 7. bis 9.6.2019 knapp 13.500.000 Euro hin, um den zeitweise dringend benötigten Importstrom zu bezahlen und überschüssigen Strom loszuwerden. Nun gut, es wurden auch 1.600.000 Euro eingenommen. Unter dem Strich waren es dann doch knapp 11.900.000 Euro, die der Stromkunde berappen musste. Zusätzlich zu den einheimischen Stromerzeugungskosten.

Am 8.12.2019, ziemlich genau ein halbes Jahr später, war es wieder mal soweit. Knapp 5.000.000 Euro (Abbildung 1) mussten auf den Tisch des Deutschlandhauses gelegt werden, damit der wegen unerwartet hoher Windstromerzeugung überschüssige Strom von unseren europäischen Nachbarn abgenommen wurde.

Fahrlässige Abschaltungen

Ab dem 1.1.2020 liefert das vorletzte Kernkraftwerk in Baden-Württemberg keinen CO2-freien Strom mehr (Abbildung 2). Damit wird die Versorgungssicherheit des Bundeslandes erheblich geschwächt. Lieferte Philippsburg 2 doch immerhin fast ein Viertel des Stroms, der in Baden-Württemberg pro Jahr benötigt wird. Durch erneuerbare Energieträger werden die nunmehr fehlenden 11 Terawattstunden (TWh) Strom ganz sicher nicht ersetzt werden. Ob das Ausland, insbesondere Frankreich genügend Atomstrom als Ersatz liefern kann bzw. wird, ist mehr als zweifelhaft. Also wird über eine extra neu gebaute Trasse Kohlestrom aus dem Rheinischen Braunkohlerevier nach Baden-Württemberg geliefert. Mitte des Jahres 2020 wird voraussichtlich das hochmoderne Kohlekraftwerk Datteln 4 in NRW ans Netz gehen.

Auf der anderen Seite wurde die Rettung der Welt in Deutschland wie nirgendwo sonst auf der Welt hochgeschaukelt. Hier in Deutschland wurden Milliarden und Abermilliarden Euro in eine Energiepolitik gesteckt, deren Ergebnisse höchst ernüchternd sind. Es sollen gleichwohl viele weitere Milliarden Euro in das „Energiewende“ genannte Projekt gesteckt werden. Weil man erkannt hat, dass Industrie, dass Wirtschaft, dass das moderne Leben einer hochentwickelten Gesellschaft viel Energie benötigt, will die gegenwärtige Politik diese Gesellschaft so umbauen, dass kaum noch Energieerzeugung durch Verbrennung = CO2-Ausstoß stattfindet. Energiegewinnung mittels Kernkraft ist bereits abgeschafft.

Jetzt ist die Kohleverstromung dran. Jeder, der eins und eins zusammenzählen kann, erkennt, dass ein Ersatz der dann fehlenden Energie durch erneuerbare Energieträger mittels Wind- und Sonnenkraftwerken auf dem Boden des Deutschland genannten Landes vollkommen unmöglich ist. Kurz und gar nicht gut, Deutschlands Politikeliten sind kräftig dabei, den Wohlstand des Landes zu reduzieren, Deutschland Zug um Zug zu deindustrialisieren. Autoindustrie und Maschinenbau zum Beispiel, die Wohlstandsstützen Deutschlands, erleiden einen massiven Niedergang. Hunderttausende Arbeitsplätze gehen verloren.

Unter dem Strich bedeutet das nichts anderes, als dass der „durchschnittsverdienende plus bis zu 100 Prozent mehr Verdienst-Bürger“ und selbstverständlich auch und besonders die weniger verdienenden Menschen erhebliche Wohlstandsverluste erleiden werden. Das Auto praktisch für jede Familie ist in Zukunft Vergangenheit. Willfährige Medien (Wichtige Ausnahme: Abbildung 3), liefern täglich die notwendige Unterstützung, die Narrative, damit das Projekt „Energiewende zwecks Rettung der Welt“ von der Bevölkerung auch bloß goutiert – und bezahlt – wird. Kämen die Menschen dahinter, mit welcher Unverfrorenheit sie hinter das langsam erlöschende Licht geführt werden, würden sie sich wehren.

Warnungen vor Blackout

Bemerkenswert ist, dass just zum Jahresende die Warnung (Abbildung 4) und, damit verbunden, die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen für den Fall eines Blackouts durch das THW thematisiert werden. Schauen Sie sich den Punkt an. Dort finden Sie auch eine Vorsorgeempfehlung des Bundes (Abbildung 5). Für alle Fälle. Und ein sorgenfreies Jahr 2020.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Mit freundlicher Genehmigung. Zuerst erschienen auf der Achse des Guten.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über drei Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de




Woher kommt der Strom? prozentualer Rekord

Hier und hier.

Insgesamt war die 50. Woche recht windstark. Allerdings fehlte Kontinuität, die Erzeugung der erneuerbaren Energieträger unter dem Strich schwankte stark. Sonnenstrom spielte kaum eine Rolle. Beide Sachverhalte sind im Herbst, im Winter allerdings nicht ungewöhnlich. Deshalb müssen in diesen Zeiten die konventionellen Stromerzeuger Schwerstarbeit leisten, um den Mittelweg zwischen einer massiven Stromübererzeugung und einer möglichen Stromunterdeckung hinzukriegen.

Die Koordination, die Nachführung der konventionellen Stromerzeugung, die Anpassung an den vorrangig eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energieträgern, bezogen auf den Strombedarf, funktionierte vergangene Woche recht gut. Auch diese Woche erfolgte die Anpassung angesichts der komplexen Aufgabe meines Erachtens zufrieden stellend. Maßstab für Erfolg oder Nichterfolg ist sofort nach der Sicherstellung der Bedarfsdeckung am Ende immer der Strompreis, den der Markt bildet.

Die Detail-Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und dem daraus generierten Chart.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 8.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 73,68 Prozent

Da wurden die konventionellen Stromerzeuger kalt erwischt. Relativ geringer Strombedarf zum Sonntag und eine nach einer sich lediglich als Windstromdelle entpuppende wieder unerwartet ansteigende Windstromerzeugung führten zu einer massiven Stromübererzeugung. Dieser Überschuss musste nicht nur verschenkt werden. Es musste auch noch viel, viel Geld mitgegeben werden.

Montag, 9.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 57,83 Prozent

Heute, ab 7:00 Uhr, entspannt sich die Lage etwas. Die Strompreise liegen ab diesem Zeitpunkt zumindest wieder im positiven Bereich. Bis 20:00 Uhr liegen sie knapp unter 40.000 € pro GWh. Um dann wieder abzusinken. um 23:00 Uhr werden nur noch 14.080 € pro GWh erzielt.

Dienstag, 10.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 45,83 Prozent

Der erste Tag der Woche, in dem die Strompreise komplett im positiven Bereich liegen. Unter dem Strich werden die Gestehungskosten für den produzierten Strom dennoch kaum oder vielleicht gerade mal so erzielt.

Mittwoch, 11.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 39,76 Prozent

Heute ab 0:00 Uhr lässt die Windstromerzeugung zunächst langsam, ab 6:00 Uhr dann immer schneller nach. Um 16:00 Uhr wird der Tiefpunkt erreicht. Ab diesem Zeitpunkt werden nur noch gut 7 GWh in der Stunde erzeugt (00:00 Uhr = 31 GWh in der Stunde – jeweils onshore). Je knapper der Strom, bezogen auf den Bedarf, wird, desto höher steigt der Preis.

Donnerstag, 12.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 35,80 Prozent

Erst zum Abend zieht die Windstromerzeugung wieder an. Was zur Folge hat, dass die Strompreise rapide sinken.

Freitag, 13.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 47,43 Prozent

Heute das umgekehrte Bild zum Donnerstag. Ab 8:00 Uhr sinkt die Stromerzeugung durch Erneuerbare Energieträger. Was zu einem (weiteren) Anstieg der Strompreise führt. 

Samstag, 14.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 67,76 Prozent

Es ist wieder viel Strom im Markt. Erneuerbar erzeugter Strom. Die Preise erreichen zu keinem Zeitpunkt die 40-€-Marke pro MWh. Die Konventionellen fahren die Produktion runter. Doch sie können nicht zu viel Stromerzeugung wegnehmen. Man weiß ja nicht, was gleich, was morgen kommt.

Erkennen Sie ein Muster? Immer, wenn die erneuerbaren Energieträger, insbesondere die Windkraft, besonders viel Strom erzeugt, wird der Strom billig. Was aber nicht an der Windkraft, sondern am Überangebot liegt. Je mehr kaum kalkulierbare Stromerzeugung durch Windkraft erfolgt, desto größer wird das Problem. Das Problem, dass in windschwachen Zeiten auch eine Verdoppelung, eine Verfünffachung der installierten Leistung Windkraft nicht ausreicht, um den Strombedarf Deutschlands zu decken. Es muss entsprechend viel installierte Leistung als Backup konventionell in Reserve gehalten werden. Weht der Wind gleichwohl stark, kommt es zu einer massiven Stromüberproduktion, die die Preise verfallen lässt. Am 8.12.2019 wäre es eine Strommenge von 3,4 TWh bei einer Verfünffachung der installierten Leistung Wind gewesen. In der gesamten 50. Woche 13,61 TWh. Dass es „passt“, dass erneuerbare Stromerzeugung und Strombedarf sich annähernd decken, wird relativ selten vorkommen.

Praktisch allein weltweit

Die Festtage – oft verbunden mit Brückentagen – sind da. Anlass, einen Jahresrückblick spezieller Natur anzubieten. Nein, keine Zahlenanalyse. Die kommt, wenn alle Werte relativ verlässlich vorliegen. Leider werden die Werte bei den Energy-Charts nicht zu einem Stichtag festgeschrieben, sondern auch noch sehr lange nach dem Wertedatum korrigiert. Die Zahlenanalyse 2019 wird deshalb frühestens Ende Januar 2020 erfolgen.

Woher kommt der Strom? Das war lange Jahre eine rein technische Frage. Mit der Havarie der Kernkraftwerke in Fukushima 2011 wurde die deutsche Energiewende dynamisiert. Der Ausstieg aus der Kernenergie bis Ende 2022 wurde von Kanzlerin Merkel festgelegt, vom Bundestag abgesegnet. Sieben Kernkraftwerke wurden sofort abgeschaltet. Die verbleibenden werden überprüft. Zum 1.1.2020 wird mit Philippsburg 2 in Baden-Württemberg das erste der im Jahr 2019 noch fünf verbliebenen Kernkraftwerke vom Netz gehen, abgeschaltet. Es werden 11 TWh CO2-freier Strom pro Jahr fehlen.

Das ist eine Strommenge, für deren durchschnittliche Erzeugung per Windkraft 1.666 Windkraftwerke notwendig sind (Abbildungbitte unbedingt anklicken. Sie öffnen alle weiteren Abbildungen und mehr).  In den kommenden 3 Jahren werden die letzten 4 Kernkraftwerke mit insgesamt 65 TWh CO2-freier Stromerzeugung pro Jahr vom Netz genommen. Da wären allein als Ersatz noch mal 9.845 Windkraftanlagen à 3 MW notwendig, nur um den Strom aus den verbliebenen und bis 2022 abgeschalteten Kernkraftwerken zu ersetzen. Man will CO2-freien Strom. Man schaltet CO2-freie Stromerzeuger ab. Praktisch allein, weltweit.

Soviel zum Widersinn einer Energiewende, die ideologisch stark aufgeladen ist. Ginge es tatsächlich um weniger CO2-Ausstoß, würden ein Abschalten der Kernkraftwerke wenigstens so lange hinausgezögert, bis genügend Ersatz für CO2-reiche Kohleverstromung installiert wäre. Kohleverstromung aber soll ebenfalls bereits bis 2022 um 12,5 GW installierte Leistung reduziert werden. Ausbau Windkraft: Fehlanzeige! Es bleibt also eine Verringerung des Stromverbrauchs (Abbildung 1) oder eine Steigerung des Stromimports. Irgendwoher muss der Strom ja kommen, mit dem zusätzlich die Millionen E-Autos betankt werden sollen. Aus erneuerbaren Energieträgern kommt er sicherlich nicht.

Faktisch ist die gesamte Energie- und Klimapolitik in sich widersprüchlich. Was nicht verwundert, denn wo Licht ist, ist immer auch Schatten. Angefangen bei Windrädern, die Landschaften verschandeln, Vögel und Insekten schreddern, Windräder, die Gesundheit von Menschen gefährden. Bis hin zu Batterien für eine E-Mobilität, die nur vordergründige CO2-Freiheit verspricht. Rohstoffabbau und Transport erzeugen nicht nur sehr viel CO2. Auch die Gegenden, wo zum Beispiel Kobalt und Lithium gewonnen werden, verkarsten. Vor allem aber arbeiten in diesen Bereichen Menschen, auch Kinder (Abbildung 3), die extrem geschädigt werden. Weitere Beispiele schildert Stefan Aust ganz aktuell (Abbildung 4).

Die Motivation wird gegen Null tendieren

Der Aufwand, der in den vergangenen 20 Jahren getrieben wurde, der viele Energiewender reich gemacht hat, dieser Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Meinen naive Menschen, durchschnittlich 40, 60 oder mehr Prozent Strom aus erneuerbaren Energieträgern sei ein Fortschritt, belegt ein Blick auf den Anteil von Wind- und Sonnenstrom an der Primärenergie, die Deutschland benötigt, dass dieser Anteil nicht mal fünf Prozent beträgt (Abbildung 5). Sicher, die benötigte Primärenergie würde sinken, wenn die Energieversorgung komplett auf „Erneuerbar“ umgestellt werden könnte. Hohe Wärmeverluste fielen weg. Dennoch ist das bereits mit Milliardenaufwand Erreichte mager. Sehr mager.

All das ist gleichgültig. Es muss weiter gehen. Zumindest in Deutschland. Das Klimapaket 2030 (Abbildung 6) wird nachgebessert und verabschiedet. Damit verabschiedet sich die bundesdeutsche Politik endgültig von einer am Wähler orientierten, dem Bürger Nutzen bringenden Politik. Das von jedem Bürger – heizen muss letztendlich jeder, so stark erwärmt sich das Klima in Deutschland denn doch nicht – abgepresste Geld wird zu vielem führen, nur nicht zu einem Verhalten, dass den CO2-Ausstoß nennenswert senkt. Dafür sind die Alternativen viel zu teuer, wenn es sie denn überhaupt gibt.

Spätestens bei der Abstrafung von Vermietern mittels Mietendeckel und ähnlichem Unfug wird deren Motivation, auch nur irgendetwas an Hausmodernisierung – zum Beispiel effizientere Heizung einbauen – anzugehen, gegen Null tendieren. Unter dem Strich zahlt der kleine Mann. Beim Kraftstoff, beim Heizen, letztendlich bei allem. Denn es gibt kaum etwas, was nicht mit Energieaufwand, sprich mit CO2-Ausstoß und damit klimasteuerpflichtig, hergestellt werden muss.  Da kann noch so viel von „sozial gerecht“ geredet werden. Fakt ist, die ganzen Klimarettungsaktionen benachteiligen die normal- und weniger verdienenden Menschen.

Je mehr ans Licht kommt, dass Unmengen wirtschaftliche Ressourcen für die Schimäre „Rettung der Welt“ zum Fenster hinaus geworfen werden, desto mehr wird sich das Blatt wenden. Hin zu einer Politik mit einem realistischen Blick auf die Dinge. Insbesondere, wenn der Bürger merkt, dass der Nutzen der Dinge, für die er sein mühselig verdientes Geld hergeben muss, schlichter Unfug ist. Einen weltweiten Schwenk eingeläutet hat die COP25. Wirtschaftlich starke Staaten sind nicht mehr bereit, Geld zu bezahlen, weil es in Afrika heiß ist, der Monsun zu Überschwemmungen führt. Das war immer schon so. Auch ohne Klimawandel. Genauso entstanden immer schon neue Inseln in der Südsee. Andere gingen dafür unter. Das war auch schon immer so. Die Zeit der automatischen Melkkuh „Westen“ im Namen des Klimawandels scheint vorbei zu sein. Natürlich haben Klimaschützer andere, weitere Erklärungen (Abbildung 10). Dass der CO2-Ausstoß weltweit sinken wird, davon hat man sich ohnehin verabschiedet. Egal, ob Deutschland atmet oder nicht (Abbildung 11)

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Insgesamt war die 50. Woche recht windstark. Allerdings fehlte Kontinuität, die Erzeugung der erneuerbaren Energieträger unter dem Strich schwankte stark. Sonnenstrom spielte kaum eine Rolle. Beide Sachverhalte sind im Herbst, im Winter allerdings nicht ungewöhnlich. Deshalb müssen in diesen Zeiten die konventionellen Stromerzeuger Schwerstarbeit leisten, um den Mittelweg zwischen einer massiven Stromübererzeugung und einer möglichen Stromunterdeckung hinzukriegen.

Die Koordination, die Nachführung der konventionellen Stromerzeugung, die Anpassung an den vorrangig eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energieträgern, bezogen auf den Strombedarf, funktionierte vergangene Woche recht gut. Auch diese Woche erfolgte die Anpassung angesichts der komplexen Aufgabe meines Erachtens zufrieden stellend. Maßstab für Erfolg oder Nichterfolg ist sofort nach der Sicherstellung der Bedarfsdeckung am Ende immer der Strompreis, den der Markt bildet.

Die Detail-Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und dem daraus generierten Chart.

 

Mit freundlicher Genehmigung. Zuerst erschienen auf der Achse des Guten.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

 

 




Woher kommt der Strom? – Woche 49, weder Fisch noch Fleisch

Da besann sich der Wettergott und meinte, dass Nikolaustag ein Wind-Tag sein sollte. Und nicht nur zu Nikolaus, nein, auch die folgenden Tage waren sehr reich an Wind. Leider bedeutet reich an Wind im Dezember fast immer schlechtes Wetter. Die Sonne trug nicht mal 0,1 TWh pro Tag zum Stromergebnis Erneuerbare bei. Da kommt der Moment, wo sich die Sache mit der Windkraft in den Schwanz beißt. Weil trotz einer nahe an Spitzenwerte (um 1 TWh/Tag) reichenden Windstromerzeugung dieser Strom zusammen mit dem Strom der anderen erneuerbaren Energieträger nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. Wegen des schlechten, nasskalten Wetters steigt der Strombedarf entsprechend an. Die früh einsetzende Dunkelheit tut das ihre dazu. Das Mehr an Windstrom wird durch den Mehrbedarf im Herbst, im Winter nivelliert.

Dieses Mehr an Windstrom am Nikolaustag führte zu einem Preisverfall an der Strombörse. Die konventionellen Kraftwerke konnten zwar runtergefahren werden, dennoch war insgesamt zu viel Strom – konventioneller Strom – im Markt. Am 6.12. waren die Preise, die erzielt werden konnten, noch recht moderat. Am 7.12.2019 musste für ein paar Stunden Strom praktisch verschenkt werden. Zum Teil mit einer Bonuszahlung.

Die Detailzahlen der Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der aus diesen Werten generierte Chart zeigen die Entwicklung von der Woche in Zahl und Grafik.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 1.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 26,19 Prozent

Die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger war heute recht schwach. Nun ist der Sonntag ein bedarfsarmer Wochentag, so dass es zu keiner Stromunterdeckung kam. Unter dem Strich exportierte Deutschland mehr Strom, als es importierte.

Montag, 2.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 33,74 

Wie abgesprochen, steigt passend zum Werktags-Mehrbedarf die Wind- und Sonnenstromerzeugung an. Bemerkenswert ist die Offshore-Stromerzeugung, die bereits am Sonntag angezogen hat. Sie flaut allerdings zur Nacht wieder etwas ab. Mit dem Strom, den Deutschland exportiert, werden zum Teil ordentliche Preise erzielt.

Dienstag, 3.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 29,27 Prozent

Der Tag beginnt mit recht wenig Windstromerzeugung. Im Verlauf des Tages zieht diese an und erreicht um 23:00 Uhr einen ersten Wochenhöhepunkt. Die konventionellen Stromerzeuger tragen dieser Entwicklung geschickt Rechnung. So liegt die Stromerzeugung gesamt immer etwas über Bedarf. Der Strom, der ins benachbarte Ausland verkauft wird, bringt gute bis sehr gute Erträge.

Mittwoch, 4.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 32,32 Prozent

Auch heute gelingt die Anpassung der konventionellen Stromerzeugung an den Bedarf und den vorrangig einzuspeisenden Strom aus Erneuerbaren Energieträgern. Der Tagesverlauf ist ziemlich gleichmäßig. Es gibt keine „Erzeugungssprünge“. Auch auf dem Meer ist die Stromerzeugung heute konstant. Das spiegelt sich wider in guten Stromverkaufspreisen.

Donnerstag, 5.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 38,24 Prozent & Freitag, 6.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 59,89 Prozent

Damit der Anstieg der Windstromerzeugung gut nachvollzogen werden kann, fasse ich diese beiden Tage zusammen. Man erkennt, dass die Stromerzeugung auf dem Meer (Offshore) nahezu gleichförmig verläuft. Onshore, auf dem Land hingegen, nimmt die Windstromerzeugung dynamisch zu. Die ohnehin recht schwache Sonnenstromerzeugung sinkt nochmal um etwa ein Drittel. Das Wetter ist schlecht. Und: Obwohl die konventionellen Stromerzeuger die starke Windstromerzeugung am 6.12. gut abfedern, ist das Zuviel an Strom insgesamt nur billig abzugeben. Immerhin werden am 5.12. noch recht ordentliche Preise erzielt. Hier der Im-/Exportchart für beide Tage.

Samstag, 7.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 66,88 Prozent

Bis um 6:00 Uhr muss der zu viel vorhandene Strom in Deutschland verschenkt, zu einem großen Teil mit Bonus, weitergegeben werden. Um allen Missverständnissen vorzubeugen. Es ist durchaus nicht zu viel erneuerbar hergestellter Strom, der heute zu Preisen abgegeben werden muss, die auch in der Spitze nicht mal die Unkosten decken. Der Mechanismus: Die Windstromerzeugung zieht an. Sie reicht aber durchaus nicht, um den Bedarf zu decken. Die unabdingbar notwendige konventionelle Stromerzeugung kann nicht schnell, nicht weit genug heruntergefahren werden. Deshalb ist ein Stromüberschuss vorhanden. Was am heutigen Tag sehr gut ist, denn die Windstromerzeugung lässt ab 8:00 Uhr etwas nach. Es wird wieder mehr konventioneller Strom benötigt. Der konventionelle Strom muss nicht mehr verschenkt werden und hält die Versorgungssicherheit aufrecht. Billig ist er aber immer noch zu haben.

Die starke Windstromerzeugung hält auch in der nächsten Woche zunächst an. Um dann in eine Art Achterbahn-Auf-und-Ab zu fallen. Dazu mehr am Heiligen Abend.

Wenn ein Professor Märchen erzählt…

Immer wieder gerne wird von der kompetenten Leserschaft darauf hingewiesen, dass Strom in dem Moment erzeugt werden muss, wenn er gebraucht wird. Deshalb seien Durchschnittsrechnungen wenig hilfreich. Zuletzt war dies bei meiner Aussage in Bezug auf die Abschaltungen von Kohlekraftwerken mit einer Minderung auf 30 GW installierte Leistung der Fall. Da im Jahr 2018 im Durchschnitt 23 GW Kohlestromleistung benötigt wurden, so meine Aussage, seien die 30 GW installierte Leistung immer noch mehr als ausreichend.

Aufmerksame Leser meinen, dies stimme so nicht. Es gab Zeiten im Jahr 2018, da seien mehr als 30 GW Leistung Kohlestrom nötig gewesen. Das stimmt (Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es werden alle Abbildungen und Mehr geöffnet). Allerdings werden die 30 GW nur selten überschritten. Trotz des Abschaltens von 12,5 GW installierte Leistung Kohlekraft wird also keine relevante CO2-Ersparnis erreicht. Was ja die tiefere Sinngebung des Abschaltens von Kohlekraftwerken sein soll. Und: Ein Ausgleich des in der Spitze fehlenden Kohlestroms durch Gasstrom ist immer problemlos möglich. Fehlender erneuerbar erzeugter Strom hingegen kann immer nur konventionell ausgeglichen werden

Genau da liegt der Unterschied zu den Erneuerbaren Energieträgern Wind- und Sonnenkraft. Da kann nichts ausgeglichen werden. Jedenfalls nicht mit Erneuerbaren. Zwar sind Bestrebungen im Gange, verstärkt Energie aus Biomasse zu speichern und nicht sofort zur aktuellen Bedarfsdeckung zu verwenden. Die heutigen und künftigen Speichermöglichkeiten im Bereich Biomasse werden jedoch kaum ausreichen, um fehlenden Wind- und Sonnenstrom auch nur annähernd auszugleichen.  Eine Kurzvorstellung diverser weiterer Speicher finden Sie unter Abbildung 1. Diese würden aber allesamt nicht ausreichen, um genügend Strom zur Verfügung zu stellen, um den Tagesbedarf Deutschlands auch nur für einen Tag zu decken. Weder im Sommer und schon gar nicht im Winter. Deshalb ist es erstaunlich, dass ein Mann wie Professor Hanke-Rauschenbach meint, Strom in solchen Mengen speichern zu können, um damit Tage oder gar Wochen kalter Dunkelflaute (Abbildung 2) überstehen zu können (Abbildung 3). Solche Aussagen sind in den Bereich Sagen und Märchen einzuordnen und dienen offensichtlich dazu, dem Hörer/Leser Zuversicht in Sachen Energiewende einzuhauchen. Mit der technisch-physikalischen Realität hat so etwas nichts zu tun.

Gibt es 100 Prozent erneuerbar erzeugten Strom?

Solange Strom zur Deckung des Stromgesamtbedarfs in Deutschland nicht zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energieträgern hergestellt wird, ist folgender Sachverhalt zu beachten. Auch wenn Strom in Teilbereichen zu 100 Prozent, zum Beispiel für die Herstellung von Wasserstoff, verwendet wird, ist es nicht korrekt, zu behaupten, dieser Wasserstoff sei 100 Prozent Wasserstoff aus Erneuerbaren. Ein Beispiel: Die Stadt Düren möchte gerne Vorreiter in Sachen Wasserstofftechnologie sein. Deshalb soll der komplette Strom eines Windparks nahe Düren zur Wasserstoffherstellung verwendet werden. Mit diesem Wasserstoff sollen eine Regionalbahn und mehrere Busse ==> Ziel ÖPNV mit Wasserstoff betrieben werden. Eine prima Idee, sollte man meinen. Wenn man allerdings genauer hinschaut, sieht es so aus: Der Strom, der durch den Windpark erzeugt wird, wird dem allgemeinem Stromnetz vorenthalten. Deshalb muss dort mittels konventioneller Stromerzeugung der entgangene Windstrom ersetzt werden (Abbildung 4)

Hinzu kommt, dass die Umwandlung von Windstrom in Wasserstoff (Elektrolyse/Verflüssigung) und die Rückverwandlung in Strom (Brennstoffzelle) eine Menge Energie kostet (Abbildung 5). Eine Einheit Windstrom bringt nur eine Viertel Einheit Strom aus Wasserstoff. Würde der Windstrom direkt in einem Elektrofahrzeug mittels Batterie verwendet, stünden 90 Prozent des erzeugten Stroms zur Verfügung, um Bewegungsenergie (Bahn, Bus usw.) zu erzeugen. Wobei das zu Beginn meiner Überlegungen angesprochene Problem bleibt. Auch das ist kein komplett grüner Strom. Wenigstens wird er effektiver genutzt.

Bisher ausgeblendet wurde der Sachverhalt, dass Windstromerzeugung an sich schon höchst ineffizient ist. Es sind im Durchschnitt mindestens vier Windkraftanlagen gleicher Bauart notwendig, um die Nennleistung einer dieser Windkraftanlagen tatsächlich zu erzeugen. Eingedenk der Tatsache, dass die guten Windlagen in Deutschland praktisch belegt sind, ist ein weiterer Ausbau praktisch nur auf dem Meer (Offshore) sinnvoll. Zumindest, was den Stromertrag angeht. Kosten, Umweltschäden usw. seien hier nur erwähnt, nicht diskutiert. Ein weiterer Ausbau an Land (Onshore) erscheint wegen der im allgemeinen immer geringer werdenden Windhöffigkeit Richtung Süden der Republik wenig vernünftig. Hinzu kommt zusätzlich der immer größer werdende Widerstand der Bevölkerung, die nicht in hundert Jahren, sondern jetzt ein gutes Leben führen möchte. Ohne Windkraftindustrieanlagen vor der Haustür. Mit allen ihren Nachteilen.

Wasserstofftechnologie ist nichts Neues. Mercedes hat bereits vor Jahrzehnten intensiv in diesem Bereich geforscht. Man ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass sich angesichts des gewaltigen Energiebedarfs, des technischen, vor allem des sicherheitstechnischen Aufwands – Wasserstoff ist hochexplosiv und extrem flüchtig (Abbildung 6) –, dass sich der Aufwand in Sachen Wasserstoff insgesamt kaum rechnet. Entscheidend bleibt aber der wirklich gigantische Energiebedarf. Diese Mengen an „überflüssigem“ = Über-Bedarf vorhandenem, aus erneuerbaren Energieträgern erzeugtem Strom stehen schlicht nicht zur Verfügung. Auch nicht in mittlerer Zukunft. Deshalb „lohnt“ sich auch hier nur etwas, wenn kräftig subventioniert wird. Diese Subventionen räumen die Initiatoren des Dürener Projekts selbstverständlich ab. Überhaupt werden sie ein gutes Geschäft machen. Auch Daimler ist wieder mit dabei. Man will ja nichts verpassen. Dem Klima wird weder mit dem Projekt in Düren noch mit der Forschung beim Daimler geholfen. Wasserstofftechnologie ist heute vor allem gewaltige Energieverschwendung. Aber es hört sich alles gut und fortschrittlich an.

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Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de  Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de.

 




Woher kommt der Strom? Der düstere Montag

(Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle Abbildungen und mehr)

Doch nein, zum Schwarzen Mittwoch kommt nun in der Woche darauf auch noch der düstere Montag am 25.11.2019 (Abbildung). Heimtückisch ließ am Sonntag eine recht ordentliche Wind- und Sonnenstromerzeugung kontinuierlich nach, um am Montag um 12:00 Uhr zusammen nur noch 4,65 GWh in der Stunde auf die „Stromwaage“ zu bringen. Der Bedarf Deutschlands lag bei knapp 78 GWh in dieser Stunde. Biomasse und Wasserkraft steuerten 7,26 GWh in der Stunde von 12:00 bis 13:00 Uhr bei, so dass in dieser Stunde insgesamt 11,91 GWh Strom aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt wurde. 63,67 GWh wurden konventionell erzeugt. Knapp 2,5 GWh mussten im Saldo importiert werden. Sonst wären die Lichter ausgegangen.

Die Niederlande, Österreich, die Schweiz und Frankreich lieferten den dringend benötigten Strom für 58.770 Euro pro GWh. Zu anderen Zeiten dieses Tages zahlten die Schweiz und Frankreich zum Teil unter 40.000 Euro pro GWh. Wenn sie Deutschland Strom abnahmen. Schauen Sie sich den Im-/Exportchart an.

Die 48. Woche ging nach dem Düsteren Montag dann doch noch mit erheblicher Windstromerzeugung weiter. Der Höhepunkt wurde Donnerstag, den 28.11.2019 um 16:00 Uhr, mit 32,69 GWh Windstrom in der Stunde allein an Land erreicht. 6,69 GWh Offshore-Strom kamen noch hinzu. Die Differenz zum Schwarzen Montag ist erheblich. Stellen Sie sich mal vor, es gäbe tatsächlich die von Energiewendern vorgeschlagene und von mir theoretisch angenommene und regelmäßig gecheckte fünffache installierte Leistung Wind-/Sonnenkraft. 2,93 TWh Strom-Überproduktion hätte es allein am 28.11.2019 gegeben.

Die müssten auch erst mal an einem Tag zu Wasserstoff/Methan verarbeitet werden. Das ist eine Strommenge, die etwa zweimal den Tagesbedarf Deutschlands im Durchschnitt decken würde. In der gesamten 48. Woche wären insgesamt knapp 7 TWh Strom über Bedarf produziert worden. An zwei Tagen, am 25.11. und am 26.11.2019, hätte es dennoch nicht gereicht. Da wurde nicht genügend Strom durch die Erneuerbaren (trotz Wind-/Sonnenkraft installierte Leistung x 5) produziert. Ich prognostiziere, dass solch gewaltigen Differenzen innerhalb kürzester Zeit in der Stromerzeugung, wie sie sich in der 48. Woche auftaten, niemals auch nur annähernd in den Griff bekommen würden. Allein der finanzielle Aufwand für die entsprechende Infrastruktur, die Anlagen zwecks Stromumwandlungen usw. wäre so groß, dass der Aufwand in keinem Verhältnis zum angestrebten Nutzen stünde. Von der technischen Machbarkeit – angefangen beim Ausbau der Windkraft – ganz abgesehen.

Hier der Im-/Exportchart der 48. Woche, die Tabelle mit den Detailzahlen der Energy-Charts und der daraus generierte Chart.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 24.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 40,31 Prozent

Sehr schön ist die kontinuierliche Abnahme der Windstromerzeugung zu erkennen. On- wie Offshore. Obwohl sich der Montag als Flaute-Tag abzeichnet, führen die konventionellen Stromerzeuger ihre Produktion nicht nach. Sie nähern sich immer weiter der Verbrauchslinie. Und machen recht gute Geschäfte. Die Nachfrage nach konventionellem Strom steigt.

Montag, 25.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 17,61 Prozent / Wind- und Sonnenstrom 5,63%

Zum Düsteren Montag wurde zu Beginn dieses Artikel bereits das Wesentliche gesagt. Hier der Chart mit dem Sonntag und dem nachfolgen Dienstag, damit anschaulich wird, welche Kapriolen Wind innerhalb eines Tages spielen kann. Flächendeckend.

Dienstag, 26.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 27,10 Prozent

So wie der Wind am Sonntag abgeflaut ist, so nimmt er heute praktisch wieder zu. Die Stromunterdeckung des Montags ist vorbei. Es wird wieder Strom exportiert. Den ganzen Tag. Hier der Im-/Exportchart. Die Geschäfte laufen heute über Tag recht ordentlich. Für die konventionellen Stromerzeuger. Für die Erneuerbaren dank Preisgarantie sowieso.

Mittwoch, 27.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 44,17 Prozent

Die Windstromerzeugung steigt weiter an. Die Strompreise fallen. Die konventionellen Stromerzeuger können sich nicht schnell genug anpassen. Nach unten. Was heute noch einigermaßen erträglich ist. Preislich. Aber morgen, ja morgen:

Donnerstag, 28.11.2019:  Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 60,11 Prozent

Heute Morgen, um 3:00 Uhr, wird der Strom fast verschenkt. Über Tag bewegt sich der Preis wieder um die 35.000 bis 40.000 € pro GWh. Zur Nacht fallen die Preise. Das allerdings ist üblich. Die Nachfrage sinkt.

Freitag, 29.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 50,60 Prozent

Die Windstromerzeugung nimmt wieder ab. Sie ist gleichwohl noch auf hohem Niveau. Der Rückgang des Strombedarfs zum Wochenende wird einen weiteren Rückgang verkraftbar machen. Hier der Im-/Exportchart.

Samstag, 30.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 31,34 Prozent

Tatsächlich. Der Wind flaut weiter ab. Dank geringerer Wochenendnachfrage Strom können die konventionellen Stromerzeuger den Bedarf decken, ohne zu viel Überschuss produzieren zu müssen. Hier der Im-/Exportchart.

Ein bisschen Größen- und Benennungskunde

Ein Wort zu den Benennungen. Die Grundlagen finden Sie in den Erläuterungen zur Kolumne. Was dem ein oder anderen Leser aufstößt, ist die Tatsache, dass ich „GWh in der Stunde“ verwende. Da sich die Kolumne auch und vor allem an den nicht naturwissenschaftlich komplett fitten Leser wendet, um Verwechslungen und Durcheinander zu vermeiden, verwende ich Bezeichnung kW, MW, GW, TW ohne h (= Stunde) immer im Zusammenhang mit „Installierter Leistung“ (Kraftwerke) bzw. „maximaler Leistungsaufnahme“ (40-Watt-Lampe, Auto mit 125 kW usw.). Die Bezeichnung erzeugten Stroms erfolgt in Wh, kWh, MWh, GWh oder TWh. Haushaltsstrom, der mit dem bekannten schwarzen Stromzähler gemessen wird, wird generell in Kilowattstunden (KWh) abgerechnet. Wenn an genau einem Tag 24 kWh Strom gleichmäßig benötigt wurden, dann war das in einer Stunde exakt eine kWh (1 kWh in der Stunde). Nun kann die Stunde gekürzt werden. Bleibt 1 kW Leistung Strom. Das aber korreliert nicht mit meiner Prämisse oben. Deshalb benenne ich die Stromerzeugung, die in einer Stunde stattgefunden hat, XXh in der Stunde, auf die sich die Aussage bezieht. Ich kürze also nicht.

Bedenken Sie bitte immer, dass Strom genau dann erzeugt wird, werden muss, wenn er benötigt wird. Deshalb wird aus dem erzeugten Strom unmittelbar eine Leistung, nämlich die, die der Stromabnehmer benötigt. Beispiel: In einer normalen Haushaltsteckdose sind Kabel und Anschlüsse aus Metall. Nur garantiert kein Strom. Strom, der da irgendwie vor sich her brubbelt und darauf wartet, abgerufen zu werden. Nein, erst in dem Moment, wenn ein Stromabnehmer – das kann eine Lampe, ein Staubsauger oder der Elektroherd sein – hinzukommt, erst dann fließt der Strom direkt aus dem Kraftwerk über die Steckdose an/durch den Abnehmer und erbringt die Leistung, die gewünscht (Lampe – volles Licht oder gedimmt) ist. Genau gesagt, überträgt der Strom die Energie, welche im Kraftwerk aus einem Energieträger umgewandelt wird. Der Strom überträgt die Energie, die der Wind, die Sonne, die Kohle, das Uran usw. zur Verfügung stellt, über die Steckdose zum Stromabnehmer, der diese Energie in die für den Nutzer gewünschte Leistung wandelt. In Licht, Wärme, Bewegung usw. Es ist schon ein kleines Wunder.

Hart aber fair

Die Zeichen mehren sich, dass der sogenannte Klimawandel, die Energie-, Verkehrs- und sonstige Wenden ein willkommenes Vehikel sind, um gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben, welche die Mehrzahl der Bürger allein für sich gesehen weder gutheißen noch sonstwie unterstützen würden.

Am 2.12.2019 kam Extinction-Rebellion-Pressesprecher Tino Pfaff bei Hart-aber-fair ausführlich zu Wort. Weitere Gäste waren Altökoaktivistin Bärbel Höhn, die Schauspielerin Nina Kronjäger sowie Rainer Hank (Journalist FAZ) und Klimaforscher Hans von Storch. Tino Pfaff sagte offen und ehrlich, dass die Organisation, die er vertritt, sich nicht an die demokratisch gesetzten Gepflogenheiten halte, sondern dass deren Mitglieder machen, was sie wollen. Selbstverständlich gewaltfrei. Und selbstverständlich zwecks Rettung der Welt.

Bärbel Höhn findet das gut. Sie habe ja schließlich auch in Brokdorf und Gorleben gegen Atomkraft, aber auch in Bonn anno 1981 gegen den NATO-Doppelbeschluss gekämpft. Was die gute Frau vergisst, ist die Tatsache, dass es zum NATO-Doppelbeschluss kam und dadurch der Fall des Eisernen Vorhangs in die Wege geleitet wurde (Abbildung 3). Wie auch immer. Den Vogel schoss Nina Kronenjäger ab, die zunächst gar nicht zuhörte, dann aber die Karten offen auf den Tisch legte. Von Tino Pfaff noch euphemistisch genannte Bürgerversammlungen benannte Frau Kronenjäger vollkommen korrekt „Räte“, welches – nur als Hinweis – die Übersetzung des russischen Wortes „Sowjets“ ist. Rainer Hank argumentierte politisch, Hans von Storch argumentierte politisch und klimatechnisch dagegen. Selbstverständlich, ohne auch nur den Hauch von nur ganz wenig Einsicht zu erreichen (Abbildung 4).

Mit der Rettung der Welt wollen die Genossen im Geiste am Plasberg-Tisch so etwas wie eine Räterepublik einführen. Natürlich angeblich alles auf dem Boden des Grundgesetzes und gewaltfrei. In der Hart aber fair-Runde konnten die Weltretter erklären, weshalb sie nichts von repräsentativer Demokratie halten. Weshalb sie gegen die grundgesetzlich verfassten Organe sind. Und wie sie sich die neue Welt vorstellen. (Abbildung 5)

Wobei die Aussage, dass die Regierung der Bundesrepublik „nichts täte“ angesichts von 30.000 Windkraftanlagen, von 1.600.000 Solarpaneelen sowie einem in Europa einmaligen, gleichwohl CO2-steigernden Atomaustieg bis Ende 2022, einfach falsch ist. Dass das Ganze wenig bis gar nichts nutzt, mag sein, nein, das ist so. Aber dass die Regierung nichts tue, stimmt nicht.

Diese Leute wollen ein Deutschland, in dem Öko-Räte und Umweltdiktatoren das Sagen haben, wo Energie – Grundlage aller Macht (Abbildung 6) – zugeteilt wird.

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Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Aber bitte immer höflich. Ist klar, nicht wahr?

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.

 




Woher kommt der Strom? – Der schwarze Mittwoch

(Abbildung, bitte unbedingt anklicken, Sie öffnen damit alle Abbildungen)

Ohne die Option konventioneller Stromversorgung zumindest in Form von Gaskraftwerken als Back-up – mindestens 80 GW installierte Leistung inkl. Reserve / aktuell 30 GW – zu den Erneuerbaren kann eine Energiewende auch nur im Bereich Strom – Bedarfsstand heute – nicht gelingen. Ob solch ein Unterfangen angesichts der exorbitanten Kosten, der vielfältigen Schäden, die bei Menschen und Umwelt angerichtet werden, noch im Verhältnis zum erhofften Nutzen steht, ist mehr als fraglich. So wird kein Klima gerettet, so wird der Industriestandort Deutschland sukzessive platt gemacht.

Da sollte die momentan noch verantwortliche Politkaste in Deutschland doch mal darüber nachdenken, ob sie nicht die Möglichkeiten der Stromversorgung mittels CO2-freier Kernenergie wieder in die aktuelle Diskussion einbringt. Wie es das EU-Parlament bereits macht. In der Entschließung vom 28.11.2019 zur UN-Klimakonferenz COP 25 in Madrid heißt es:

Das Europäische Parlament (59.) ist der Ansicht, dass die Kernenergie zur Verwirklichung der Klimaschutzziele beitragen kann, da bei ihrer Erzeugung keine Treibhausgase emittiert werden und dabei auch ein erheblicher Teil der Stromerzeugung in der EU sichergestellt werden kann; vertritt jedoch die Auffassung, dass für diese Energie aufgrund der bei ihrer Erzeugung anfallenden Abfälle eine mittel- und langfristige Strategie erforderlich ist, in der dem technischen Fortschritt (Laser- und Fusionstechnik usw.) Rechnung getragen wird, um die Nachhaltigkeit des gesamten Wirtschaftszweigs zu verbessern; (60.) […] Quelle: Hier klicken.

Die 47. Woche war im Bereich erneuerbare Stromversorgung stark volatil. Neben dem bereits erwähnten 20.11. war der 21.11.2019 ebenfalls sehr arm an Wind- und Sonnenstromerzeugung. Am 19.11. hingegen erzeugten Windkraftwerke on- und offshore um 2:00 Uhr fast 32 GWh in der Stunde. Zum Vergleich: 24 Stunden später war es nicht mal mehr eine GWh in der Stunde!

Hier der Im-/Exportchart, die Tabelle mit den Detailzahlen der Energy-Charts und der daraus generierte Chart.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 17.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 35,77 Prozent

Wenig Bedarf, kaum schwankende Wind- und Sonnenstromerzeugung. Es ist Sonntag. Keine besonderen Vorkommnisse. Alles im grünen Bereich. Klar, die konventionellen Kraftwerke müssen die Differenz Erneuerbarer Strom zum Strombedarf dazu erzeugen. Doch das müssen sie schließlich immer. Also kaum der Erwähnung wert. Hier die Strompreise mit den Im-/Exportdaten

Montag, 18.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 38,13 Prozent und Dienstag, 19.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 35,71 Prozent

Bis 11:00 Uhr fällt die Windstromerzeugung ab, was aber durch die Herbstsonne strommäßig ausgeglichen wird. Ab Mittag steigt die Windstromerzeugung dann kontinuierlich an. Sie erreicht, wie bereits oben erwähnt, in der Nacht um 2:00 Uhr am 19.11. ihren Höhepunkt. Um dann den ganzen Tag über abzufallen. Um 23:00 Uhr am 19.11.2019 beläuft sich die Windstromerzeugung nur noch auf etwas über 2 GWh in der Stunde. Die konventionelle Stromerzeugung passt sich der Lage an. Eine feine Leistung der Ingenieure und Experten in den (vor allem Kohle-)Kraftwerken, bei den Netzbetreibern. Es wird Strom exportiert.

Mittwoch, 20.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 15,75 Prozent (Wind/Sonne = 0,06 TWh / Biomasse Wasserkraft = 0,17 TWh / Gesamtbedarf 1,5 TWh)

Der Schwarze Mittwoch der Wind- und Sonnenstromerzeugung. Die findet heute fast gar nicht statt. Eine Verzehn-, eine Verzwanzigfachung der bestehenden installierten Leistung Sonnen- und Windkraft hätte heute nicht ausgereicht. Es muss ab 13:00 Uhr Strom importiert werden. Die konventionellen Stromerzeuger kommen trotz aller Reserven nicht nach. Dieser Mittwoch ist unter dem Strich ein Desaster für die Machbarkeitswahrscheinlichkeit der Energiewende Strom; ein Desaster für Menschen, die glauben, dabei ohne konventionelle Stromerzeugung auskommen zu können.

Donnerstag, 21.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 21,05 Prozent

Heute ist es zwar nicht ganz so duster wie am gestrigen Mittwoch. Was Sonnen- und Windstrom anbelangt. Dennoch, auch der Donnerstag ist ein eindeutiges Signal an die Freunde der Energiewende Strom: Mann kann glauben, Frau kann hoffen: Wenn der Wind wenig weht, die Sonne kaum scheint, dann ist Schluss mit lustig. Dann muss der Strom woanders herkommen. Oder er wird zugeteilt (siehe unten). Oder die Lichter gehen aus. Hier der Im-/Exportchart.

Freitag, 22.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 30,92 Prozent und Samstag, 23.11.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 56,29 Prozent

Der Wind berappelt sich, die Herbstsonne scheint wieder etwas kräftiger. Was sich am Freitag andeutet, kommt am Samstag zum Tragen. Wind-/Sonnenstromerzeugung ziehen massiv an. Der Bedarf sinkt, und schwupp-di-wupp ist alles wieder in einem Bereich, bei dem unsere Wendefreunde sagen: Über 50% des benötigten Stroms werden von Wind und Sonne produziert. Super! Nein, nicht super. Das sage ich! Der Im-/ Exportchart belegt, dass zu viel Strom im Markt ist, der unter Gestehungskosten abgegeben werden muss. Auf der anderen Seite kann Deutschland froh sin, dass es noch über einen großen konventionellen Kraftwerkspark verfügt, der einigermaßen flexibel auf die massiven Schwankungen in der Stromerzeugung reagiert. Denn noch ist die Stromversorgung Deutschlands am Bedarf orientiert. Was sich, wenn es nach den Vorstellungen rot-grüner Zeitgenossen ginge, jedoch ändern soll.

An den Rand eines Herzkaschperls

Am 25.11.2019 gab es einen bemerkenswerten Talk bei Phoenix. Im Rahmen des Formats „Unter den Linden“ sprachen, diskutierten Ingrid Nestle, ihres Zeichens energiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, und Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Vorab: Für Sinn war es eine Veranstaltung, die ihn an den Rand eines Herzkaschperls (Abbildung 1) gebracht hat. Die Sendung war höchst aufschlussreich, was die Vorstellung der Grünen in Sachen Energiewende, in Sachen „Woher soll der Strom denn kommen?", anbelangt. Deshalb werden die wichtigsten Aspekte und die nicht mehr für die Öffentlichkeit bestimmte Schlussbemerkung von Hans-Werner Sinn Thema dieses Artikels sein.

Am Anfang ist alles noch recht entspannt. Sinn stellt die Kernfrage bei einer Stromversorgung durch stark schwankende Energieträger Wind und Sonne: Woher soll der Strom kommen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint? (Abbildung 2) Es kommt eben doch vor, Wind und Sonne gleichzeitig nur geringe Mengen Strom erzeugen, wie der 20.11.2019 eindrucksvoll beweist. Doch Dr. Ingrid Nestle hat die Antwort, die das Problem löst, parat: Speicher. Eine Antwort, die mittlerweile jeder bringt, der meint, die Energiewende am Stammtisch retten zu müssen. Nun weiß Frau Dr. Nestle selbstverständlich, dass physikalische echte Speicher jetzt und in Zukunft durchaus nicht so viel Strom bevorraten können, um den Strombedarf auch nur eines Tages in Deutschland zu decken. Deshalb bringt sie neue Speicher ins Spiel:

Vorher singt sie allerdings noch ein Loblied auf Pumpspeicherkraftwerke, die ohnehin nie ausgelastet seien, mit denen man praktisch kein Geld mehr verdienen könne. Frau Nestle weiß offensichtlich nicht, dass Pumpspeicher zu den konventionellen Kraftwerken zählen, die immer mit überschüssigem, konventionell erzeugtem Strom gefüllt werden. Wie auch immer: Frau Dr. Nestle nimmt also die „Flexibilitäten“ und benennt diese in „virtuelle Speicher“ um. Weil sie halt nicht Speicher heißen und deshalb in der öffentlichen Debatte vergessen würden, sei eine solche Umbenennung sinnvoll, so Frau Nestle. Als Beispiel nennt sie Trimet in Essen, die schon eine ganze Produktionslinie entsprechend umgestellt habe. Faktisch glaubt Frau Nestle, dass vor allem in der energieintensiven Industrie mögliche Lastverschiebungen Speicher seien. Was Unfug ist. Es sind faktisch Lastabwürfe = Stromabschaltungen, die bereits heute bei Strommangel möglich und (finanziell & gesetzlich) geregelt sind. Das verschweigt Frau Nestle. Sie meint im Gegenteil, dass momentan Kohlekraftwerke zwischen dem Markt und den Speichern stünden wie eine dicke Wand, denn die Kohlekraftwerke seien billiger als der Strom aus den Speichern. Das sei gewollt. Von der Bundesregierung. Meint Frau Nestle.

Wenn denn nun endlich Kohlekraftwerke abgeschaltet würden, dann könnte die Nachfrage nach den Speichern aufgebaut werden. Frau Nestle erwähnt ganz kurz den Begriff „Demand Side Management“:

Als Demand Side Management (DSM), auch Lastmanagement genannt, bezeichnet man die Steuerung der Stromnachfrage vor allem in der Industrie durch das gezielte Ab- und Zuschalten von Lasten aufgrund von Marktsignalen. Dies kann geschehen, indem Prozesse gelenkt werden, für die sich der Stromeinsatz variieren lässt – zum Beispiel in Mühlen, Öfen oder Pumpen. Unternehmen können mithilfe flexibler Prozesse dazu beitragen, Schwankungen der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auszugleichen, indem sie die flexible Leistung vermarkten, unter anderem als Regelleistung. Auch die Preismechanismen an der Strombörse lassen sich für DSM nutzen. Wenn Unternehmen kurz- und mittelfristig auf prognostizierte Preissignale reagieren, können sie so ihre Strombezugskosten senken. (Quelle mit weiteren Erläuterungen: Abbildung 3)

Lastverschiebung ist kein Speichern

Das Ab- und Zuschalten von Lasten ist kein Speichern von Strom, sondern die Anpassung der Nachfrage an das Stromangebot. Ähnliches soll auch mittels der Smart-Meter in Haushalten realisiert werden. Entscheidend in den Bereichen Industrie, Haushalte, Verkehr (Strom tanken, wenn verfügbar), ist, dass ein Paradigmenwechsel weg von der „Stromerzeugung nach Bedarf“, hin zur „Steuerung des Bedarfs je nach Stromverfügbarkeit“ stattfindet, stattfinden soll. Was faktisch die Zuteilung von Strom bedeutet. Es ist ein Schritt Richtung Mangelwirtschaft. Was in der Industrie vielleicht noch in eingeschränkten Rahmen machbar ist, wird beim Abschalten der Wohnungsheizung wegen Strommangels, das Verschieben des Kochens am Abend womöglich auf Brunch am anderen Morgen schon ärgerlicher. Hans-Werner Sinn schaut denn auch während der Ausführungen von Frau Nestle immer unmutiger drein. Die nicht müde wird, viele kleine angebliche „Speichermöglichkeiten“ aufzuzählen, die einen Strommangel aus Erneuerbaren wie am 20.11.2019, 24.1.2019 und an etlichen weiteren Tagen allein im Jahr 2019 nicht nur annähernd ausgleichen können. Auch wenn sie behauptet, dass dies alles „durchgerechnet` sei. Es ist Unfug, zu glauben, dass mit allen diesen Maßnahmen eine bedarfsorientierte Stromversorgung möglich sei. Mangelwirtschaft wird das Ergebnis sein. Und genau diese Mangelwirtschaft wird offenbar gewünscht.

Wenn man Strommangelwirtschaft nicht möchte – ich bin sicher, dass 95 Prozent der Bevölkerung das nicht möchte – ist das notwendig, was Sinn im Talk-Ausschnitt Abbildung 4 erklärt. Frau Dr. Nestle schüttelt permanent den Kopf. Sie will das nicht wahrhaben. Oder sie will eine andere Art der Versorgung der Bevölkerung mit Strom. Die der Zuteilung. Je nachdem, wie der Wind weht, die Sonne scheint.

Im dritten Ausschnitt (Abbildung 5) erläutert Ökonom Sinn die Sinnlosigkeit des deutschen Sonderwegs in Sachen Energiewende. Frau Nestle sieht das – erkennt man am Kopfschütteln zum Schluss – selbstverständlich vollkommen anders. Sie schlägt vor, dass Emissionszertifikate gelöscht, nicht verkauft werden. Warum sollte das der Besitzer dieser Zertifikate das tun? Geld in die Tonne kloppen? Oder entschädigt der Steuerzahler?

Im Zusammenhang mit dem Verkauf oder der Löschung von Emissionszertifikaten ein Einschub: Die Kohlekraftwerke, die hier in Deutschland abgeschaltet wurden/werden, was geschieht mit denen? Verschrotten? Warum? Andere Länder brauchen Strom, haben Kohle, also verkauft man diesen Ländern doch sinnvollerweise die hier nicht mehr benötigten Kraftwerke (Abbildung 6). Das spart zwar überhaupt kein CO2 ein. Doch Deutschland wendet die Energie. Schaltet ab. Baut um. Die Energieversorgung. Von einem der besten, zuverlässigsten und sichersten Energieversorgungssysteme der Welt in ein zukünftiges System der Mangelversorgung mit Strom. Mit weitreichenden Auswirkungen auf das gesamte Wirtschaftssystem der Bundesrepublik. Welches mit diesen Ideen Zug um Zug vernichtet wird. Stattdessen wird es so etwas geben wie anno dazumal in der DDR und anderen sozialistischen Staaten. Mangelwirtschaft. Mittels Energiewende statt Revolution. Das Ergebnis ist das gleiche. Nur dass der Bürger das Ganze ohne Murren über sich ergehen lässt. Und zahlt.

Die Faxen dicke

Hans-Werner Sinn jedenfalls hat zum Schluss des Talks die Faxen echt dicke (Abbildung 7). Hatte er noch während der Sendung eine physische Abwehrhaltung angesichts der „Erklärungen“ von Frau Dr. Nestle, fuchtelt er am Ende im Stil eines verzweifelten Boxers Richtung Nestle. Denn die warf dem Mann „Spaltung“ vor und brachte dann auch noch das Schauerbild von den „Kindern, denen wir eine Müllhalde“ hinterlassen. Dann redet die gute Frau davon, dass Oman jetzt bereits Sonnenstrom exportiert. Damit bringt sie wieder einen Punkt ins Spiel, der mit verantwortungsbewusster Energiepolitik nichts, aber auch gar nichts zu tun hat, weil es einfach nur eine unwahre Geschichte ist (Abbildung 8). Dann kommen noch mal „unsere Kinder“ dran. Prof. Sinn versucht zu erklären, dass eins plus ein gleich zwei seien. Es nutzt nichts. Ganz am Ende – als er bereits glaubt, nicht mehr auf Sendung zu sein – ließ der Professor den Begriff  „primitiv“ fallen, wobei er fest mit der Faust auf den Tisch klopft. (Abbildung 9). Hören Sie mal genau hin. Abbildung 10 bringt den gesamten Talk ohne Unterbrechung in voller Länge.

Sinn glaubte, dass Frau Dr. Nestle eine bedarfsorientierte Stromversorgung nach der Energiewende aufrechterhalten will. In diesem Glauben argumentierte er. Faktisch aber will Frau Nestle den Umstieg in eine angebotsorientierte Stromzuteilung. Wenn Strom vorhanden ist, wird er an die Industrie, das Gewerbe, den Bürger „verteilt“. Wenn nicht, dann eben nicht. Das ist der Grund, weswegen die Diskutanten fast immer aneinander vorbeireden. Hans-Werner Sinn schafft es nicht, von der physikalischen auf die politische Ebene zu schwenken und diesen Paradigmenwechsel – „Stromversorgung nach Bedarf“ in „Stromzuteilung von erzeugtem Strom, wenn vorhanden“ – herauszuarbeiten. Schade.

Eine Korrektur

Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass mir im Artikel vergangener Woche ein Fehler unterlaufen ist: Bis 2023 sollten 30 GW installierte Leistung Kohle wegfallen. Richtig ist, dass der Kohleausstieg mit dem Wegfall von 12,5 GW installierter Leistung bis 2023 eingeläutet werden soll. Aktuell sind 43,87 GW Kohleleistung (Abbildung 11) insgesamt installiert. Ab 2023 stehen dann noch gut 30 GW zur Verfügung. Diese installierte Leistung Kohlekraftwerke allerdings reicht vollkommen aus, um den aktuell produzierten Kohlestrom auch weiterhin herzustellen. 203,82 TWh waren es 2018. Dafür ist eine installierte Leistung von gut 23 GW notwendig. Die angekündigte Abschaltung von 30 GW installierte Leistung im Artikel bis 2023 war nicht korrekt. Es werden 12,5 GW abgeschaltet und gut 30 GW verbleiben. Bis zum endgültigen Kohleausstieg in Deutschland. Ein Ausstieg, der bezogen auf den CO2-Ausstoß der Welt keinen Einfluss haben wird, wie Prof. Sinn erläutert hat.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de.

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.




Woher kommt der Strom? Irreführung, oder was?

von Rüdiger Stobbe

Die komplette Woche produzierte Deutschland genügend Strom, um den eigenen Bedarf zu decken. Wind- und Sonnenkraft trugen dazu bei. Allerdings reichte deren Stromproduktion auch nicht nur annähernd, um den Strombedarf Deutschlands alleine zu decken. Es war konventioneller Strom, der in relativ großem Umfang exportiert wurde. Der Strompreis schwankte zwischen gerundeten 67.000 und 25.000 Euro pro Gigawattstunde (GWh).

Werfen wir einen Blick auf die Zusammensetzung des konventionell erzeugten Stroms nach Energieträgern. Braunkohlestrom und Strom aus Kernenergie bilden das Fundament der Stromerzeugung in dieser Woche, praktisch des ganzen bisherigen Jahres.

Der Strom aus Kernenergie ist praktisch CO2-frei. Da müssen sich Verantwortliche in der Regierung in den Parlamenten schon fragen lassen, ob sie es wirklich ernst meinen, mit der Rettung des Klimas mittels Dekarbonisierung und der gleichzeitigen Sicherstellung der Stromversorgung. Oder ob es 2011 nicht nur eine Macht konservierende Schnapsidee zunächst einer Einzelperson war, den Atomausstieg Deutschlands zu beschließen. Und ob es nicht einfach dusselige Sturheit, gepaart mit ideologischer Verbrämung, ist, diesen Atomausstieg weiter voranzutreiben. Und bis 2022 mit dem Abschalten von 30 Gigawatt installierter Leistung zusätzlich noch den Kohleausstieg zu beginnen. Energiepolitik darf kein Wunschkonzert sein.

Die Tabelle zur 46. Woche mit Detailzahlen der Energy-Charts und der daraus generierte Chart.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 10.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 28,91 Prozent

Der bedarfsarme Sonntag offenbart eine Besonderheit im Zusammenhang mit der mehr als bedarfsdeckenden Stromproduktion Deutschlands. Offensichtlich verlassen sich unsere Nachbarn mittlerweile auf Stromüberproduktion und den sich daraus ergebenden Stromexporten Deutschlands. Just in dem Moment (13:00 Uhr), wo die Überproduktion sinkt, steigen die Strompreise. Um erst ab 20:00 Uhr wieder zu sinken.

Montag, 11.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 39,35 Prozent

Die Stromerzeugung mittels Windkraft steigt an diesem Montag kontinuierlich an. Die Sonne scheint nur schwach auf die Solarpaneele. Nicht mal ein Drittel des im Sommer erzeugten Stroms/Stunde wird erzeugt. Die Konventionellen passen sich der Entwicklung der Erneuerbaren gut an. Hier noch der Im-/Exportchart.

Dienstag, 12.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 44,58 Prozent

Die Stromerzeugung der Erneuerbaren bleibt heute bis 12:00 Uhr auf hohem Niveau, um dann etwas zurückzugehen. Was durch konventionelle Stromerzeugung problemlos ausgeglichen wird. Auch heute wieder das Phänomen, dass der Preis steigt, wenn der Export etwas nachlässt.

Mittwoch, 13.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 35,19 Prozent

Die Stromerzeugung verläuft nahezu konstant. Etwas weniger Windstrom über Tag wird heute durch schwachen Sonnenstrom ausgeglichen. Die Mittags- und die Abendspitze werden durch die Konventionellen ausgeglichen. So liegt die Stromerzeugung immer etwas über dem Bedarf. Das ist der Netzausregelungsreserve geschuldet. Hier noch der Im-/Exportchart.

Donnerstag, 14.11.2019:  Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 34,94 Prozent

Der Donnerstag dieser Woche zeichnet sich durch ein Auf und Ab aus, welches durch die Konventionellen gut austariert wird. Lediglich zum Abend wird mehr Strom erzeugt, als kalkuliert notwendig war. Was zum Preisabsturz ab 17:00 Uhr führt. Dieser ist dem Anstieg der Windstromerzeugung ab 16:00 Uhr geschuldet und dem Verbleiben auf recht hohem Niveau.

Freitag, 15.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 43,21 Prozent

Dank 26,66 GWh Stromerzeugung Wind onshore in der Zeit von 6:00 bis 7:00 Uhr erreichten die Erneuerbaren mit fast 40 GWh in dieser Woche die höchste Stromerzeugung innert einer Stunde. 40 von gut 69 benötigten GWh in dieser Stunde. Auch heute haben die Konventionellen den Ausgleich zwischen Stromerzeugung, Erneuerbare und Bedarf wieder recht ordentlich hinbekommen. Es gab keine Unterdeckungen. Es musste nur wenig Strom verschleudert werden. „Verschleudert“ ist nicht der richtige Ausdruck. „Unter 30.000 € pro Gigawattstunde verkauft“, wäre besser.

Samstag, 16.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 37,32 Prozent

Wochenende. Zum Glück. Es kommt in der Nacht von Freitag auf Samstag zu einem massiven Einbruch der Windstromerzeugung. Es ist eine kurze Dunkelflaute. Nicht mal 25 Prozent des in der Nacht geringen Strombedarfs von zwischen 2:00 und 3:00 Uhr benötigten 50 GWh bringen die Erneuerbaren. Zum Sonnenaufgang steigt auch die Windstromerzeugung wieder an, um mit dem Sonnenstrom ab 12:00 Uhr den Rest des Tages in etwa auf gleichem Niveau zu bleiben. Zur Nacht wird es weniger. Was aber wegen des sinkenden Bedarfs nicht weiter schlimm ist. Die Konventionellen gleichen etwas mehr aus als nötig. Es bleibt aber alles im grünen Bereich.

Keine Idee bei den Entscheidungsträgern

Was planen unsere Energiewender eigentlich, wenn die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet sind und 30 GW installierte Leistung Braunkohle vom Netz genommen wurden? Mit diesen 30 GW ist mehr Stromerzeugung in einer Stunde möglich, als auf dem Land per Windkraft am 15.11.2019 mit dem Spitzenwert 26,66 GWh dieser Woche erreicht wurde. Ich befürchte, es gibt keine Idee bei den Entscheidungsträgern, wie das Problem gelöst werden kann. Ich empfehle, zumindest Philippsburg 2 am Netz zu belassen und das moderne Kohlekraftwerk Datteln 4 in Betrieb zu nehmen.

Darüber hinaus sollten die restlichen Kernkraftwerke am Netz bleiben. Genau wie die Braunkohlekraftwerke. Das entstehende CO2 sollte gespeichert werden (CCS). Auf kurze und mittlere Sicht sollten die Entwicklung und der Bau modernster Kernkraftwerke neuester Bauart in Angriff genommen werden. Damit der Budenzauber mit der Windkraft und mit der Photovoltaik endlich ein Ende hat.

Es ist mal wieder so weit. Die Preiserhöhungsrunde „Strom“ steht an (Abbildung 1, bitte unbedingt anklicken, alle weiteren Abbildungen & mehr werden geöffnet). Um es mal einfach und ausdrücklich zu sagen. Mich persönlich trifft die Erhöhung nicht sonderlich. Nicht weil ich wohlhabend oder gleichgültig wäre. Mein Stromverbrauch liegt weit unter dem Durchschnitt. Außerdem suche ich regelmäßig jedes Jahr den für mich günstigsten Stromversorger heraus und wechsele gegebenenfalls.

Für mich ist wichtig, dass der Strom sicher geliefert wird. Egal, ob mit oder ohne Erneuerbare Energieträger, ob mit oder ohne Energiewende. Was ich aber absolut nicht leiden kann, ist, wenn ich verschaukelt werde. Wenn – wie vor 2 Wochen an dieser Stelle analysiert – teuer honorierte sogenannte Forscher erklären, wie Transformationspfade zur 95-prozentigen CO2-Ersparnis im Jahr 2050 geschaffen und begangen werden können. Dabei aber mit Energieimporten und sagenhaften Energieeinsparungen kalkulieren. Das ist weder seriös noch irgendwo realistisch.

Kritik ist erwünscht, Kritik führt weiter

Gleichwohl – und das ist gut so, können Unklarheiten beseitigt werden – gibt es Kritik an meiner Analyse. So kommentiert Leser Rudi Tarantik auf der Webseite des Europäischen Instituts für Klima & Energie (EIKE), welches meinen Artikel vom 12.11.2019 am 18.11.2019 übernommen hat:

„Davon werden durch Wind- und Sonnenkraft bereits knapp 5 Prozent realisiert.“ „Es fallen 6 Prozent Kernenergiestrom bis 2022 weg“. Kernenergie produzierte in 2018 ca. 72 TWh Strom, Wind und Sonne ca. 156 TWh. Daraus folgt, dass obige Prozentzahlen eindeutig falsch sein müssen. Vermutlich entstehen solche Fehler durch das Vermischen von Endenergieverbrauch, Stromerzeugung und Primärenergieverbrauch. Das aber ist grundsätzlich falsch, denn bei der Stromerzeugung aus Fossilen und Kernenergie werden beim Primärenergieverbrauch immer die ca. 70% sinnlose Verlustwärme durch Kühltürme miteingerechnet. Sonne und Wind müssen diese Verlustwärme aber nicht ersetzen. Sollte das der Autor wissen, kann man von einer bewussten Irreführung des Lesers ausgehen. Ebenso fehlerhaft ist auch immer der Vergleich von Endverbraucherpreisen mit Stromgestehungskosten. Ebenso fehlerhaft ist auch immer der Vergleich von Stromgestehungskosten der alten abgeschriebenen Kraftwerke mit neuen Kraftwerken.

Zunächst ist zu sagen, dass Energie benötigt und genutzt – nicht verbraucht – wird. Die Energieformen sind je nach Anwendungsbereich unterschiedlich. Selbstverständlich hat Herr Tarantik vollkommen recht, wenn er darauf hinweist, dass bei der Gewinnung von Energie für diverse Anwendungszwecke (z.B. Mobilität, Wärme, Strombedarf usw.) Energie im Sinne „Nutzbar für den Menschen“ zum Beispiel und meistens in Form von Wärme „verloren“ geht. Dass diese nicht nutzbare Energie von anderen Energieträgern, zum Beispiel Wind und Sonne, nicht erzeugt werden muss, leuchtet ein.

Entscheidend ist, dass die erneuerbaren Energieträger die Energie in Form von Strom liefern, die nötig ist, um den gewünschten Zweck zu erfüllen. Dabei ist zu bedenken, dass Windkraft im Durchschnitt etwa 25 Prozent, Sonnenkraft sogar nur 12,5 Prozent Wirkungsgrad haben. Um die Nennleistung eines Windrades zu erzielen, sind deshalb vier dieser Windräder (Konkretes Beispiel: Berg/Oberbayern) nötig. Bei Solarpaneelen sind es 8 dieser Teile (Abbildung 2). Was eine unverhältnismäßig hohe installierte Leistung = viele, viele Windräder, riesige geschlossene Flächen mit Solaranlagen erfordert, wenn die gewaltigen Energiemengen, die heute mittels Kernenergie und fossiler Verbrennung erzeugt werden, ersetzt werden sollen.

Hinzu kommt, dass Strom – vor allem wenn er transportiert wird – ebenfalls durch Wärmeentwicklung weniger wird. Entscheidend aber ist, dass überall da, wo der Strom nicht direkt verwendet werden kann, Umwandlungsprozesse stattfinden müssen, die ein Mehrfaches an Energie benötigen, um eine Einheit Energie verfügbar zu gewinnen. Ein schönes Beispiel ist der Wasserstoff, der von vielen Menschen als die eierlegende Wollmilchsau der Energiewende gehalten wird. Diese Menschen wissen eben nicht, dass der Wasserstoff erstens ein hochexplosives Gas ist, das aufwändig so aufbereitet werden muss, dass es verfüllt und transportiert werden kann. Und dass zusätzlich die Herstellung von Wasserstoff mittels Strom (Elektrolyse) und die Rückverwandlung in Strom mittels Brennstoffzelle – und damit die Nutzung in wasserstoffbasierten E-Autos, Flugzeugen oder Schiffen – einen vierfachen Energie- sprich Stromaufwand notwendig macht (Abbildung 3).

Um also eine Einheit Stromenergie aus Wasserstoff herzustellen, sind vier Einheiten Stromenergie aus Erneuerbaren notwendig. Um diese vier Einheiten zu gewinnen, sind 4 x 4 = 16 Windkraftanlagen nötig, wenn man davon ausgeht, dass unsere Einheit Stromenergie aus Wasserstoff gleich der Nennleistung, sprich der theoretisch möglichen Stromerzeugung eines Windrades, entsprechen soll. Bei den neudeutsch E-Fuels genannten synthetischen Kraftstoffen sieht es noch schlechter aus. 13 Prozent ist da der Wirkungsgrad der eingesetzten Stromenergie (Abbildung 4). Das könnte sich in Zukunft zwar verbessern. Dennoch wird der Strombedarf erheblich und immer höher, als bei der Strom-zu/aus-Wasserstoff-Herstellung bleiben. Etwas besser sieht es bei der Power-to-Gas, der Methanisierung aus. 33 bis 40 Prozent ist dort der Wirkungsgrad des eingesetzten Stroms (Abbildung 5).

Wie auch immer, wenn bei Kernkraftwerken und fossiler Verbrennung Energie durch Wärmeverluste nicht nutzbar ist, so wird auch bei den erneuerbaren Energieträgern Wind und Sonne unter dem Strich erneuerbarer Strom in vielfacher Menge benötigt, um die erneuerbar gewonnene Energie für die diversen Anwendungen eines mobilen und hochtechnisierten Industrielandes verfügbar zu machen. Das dürfte sich unter dem Strich ausgleichen.

Im Bereich des absolut Unmöglichen

Ein Wort zu den von Herrn Tarantik  monierten sechs Prozent Kernenergieerzeugung, die 2022 zumindest nach Gesetzeslage komplett weg fallen werden. Den Wert habe ich der offiziellen UBA-Grafik (Abbildung 6) zur Primärenergie entnommen. Bis 2022 fallen laut UBA 230 Terawattstunden weg, wovon in der Tat nur 76 TWh auf die Stromversorgung entfallen. Immerhin ist das weitgehend CO2-freie Energie. Woher das UBA/Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen diesen Wert hat, habe ich nachgefragt (Abbildung 7). Unter dem Strich ist es aber vollkommen gleich. 76 TWh sind weg. Im Jahr 2022. Sollten diese 76 TWh Kernenergiestrom zumindest durchschnittlich durch Windkraftstrom ersetzt werden, sind allein dafür 6.946 Windkraftanlagen à fünf MW Nennleistung bis 2022 zusätzlich nötig. Was aktuell im Bereich des absolut Unmöglichen liegt.

Armin Laschet, seines Zeichens Ministerpräsident NRW, sieht die Inbetriebnahme von Datteln 4, einem hochmodernen Kohlekraftwerk positiv (Abbildung 8). Er weiß genau: Ohne Kohlestrom geht es nicht. Der Industriestandort NRW wäre energieversorgungstechnisch am Ende. Da nutzen auch keine Entschädigungen nach Abschaltungen von Braunkohlekraftwerken. Außerdem muss Strom nach Belgien und nach Baden-Württemberg geliefert werden. Zum 1.1.2020 wird dort das Kernkraftwerk Philippsburg 2 vom Netz genommen. 11 TWh CO2-freier Strom wird dann durch Kohlestrom ersetzt werden müssen. Oder importiert man Atomstrom aus Frankreich? Es wird eine Mischung aus beidem sein. Eine Mischung, bei welcher der Betrachter aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskommt. Denn die gut 1.000 Windkraftanlagen à 5 MW, welche die 11 TWh Strom zumindest im Durchschnitt ersetzen könnten, die gibt es am 1.1.2020 nicht.

Von einer bewussten Irreführung, wie Herr Tarantik meint, kann keine Rede sein. Besonders eingedenk der Schönrederei der Energiewende im Allgemeinen (Abbildung 9), und im Besonderen der erwähnten Studie des Forschungszentrums Jülich. Ich habe das Forschungszentrum Jülich, sprich die Macher der Studie, vor Veröffentlichung des Artikels angeschrieben und auf die Analyse aufmerksam gemacht. Bis jetzt habe ich keinerlei Rückmeldung erhalten. Ich gehe davon aus, dass meine Einwände und Berechnungen korrekt sind. So korrekt, wie man es im Rahmen eines journalistischen Artikels, wo die Beherrschung der Grundrechenarten und des Dreisatzes zum Verständnis ausreichen sollen, erwarten darf.

Bleiben noch die angeblich unzulässigen Vergleiche, die mein zitierter Kritiker anführt. Ich habe solche Vergleiche niemals angestellt. Ich nehme die Zahlen des Agorameters (Abbildung 10), ziehe daraus meine Schlüsse und schreibe diese mit Quellenangaben in meine Artikel. Wenn Fehleinschätzungen oder auch Rechenfehler meinerseits vorliegen: Ich freue mich auf Hinweise. Diese werden von mir und befreundeten Experten analysiert, dann wird gegebenenfalls korrigiert, und ich antworte dem Hinweisgeber.

Die echten Stromgestehungskosten der Erneuerbaren

Noch ein Wort zu den Stromgestehungskosten der Erneuerbaren. Diese sind immer schöngerechnet. Hinter den Windkraftwerken, hinter den Photovoltaikanlagen müssen Gaskraftwerke als Backup stehen. Auch dann, wenn die installierte Leistung der Erneuerbaren – was wahrscheinlich nicht mehr geschehen wird – vervielfacht werden sollte, ist diese konventionelle Reserve mit allen Kosten, mit allem Drum und Dran (Größenordnung genau so groß, als müsste Deutschland damit alleine mit Gasstrom versorgt werden) auszubauen und bereit zu halten. Erzeugen die Erneuerbaren – aus welchen Gründen auch immer – nicht genügend Strom, um den Bedarf zu decken, muss Deutschland zur Not eben mit diesem Gasstrom ganz oder teilweise versorgt werden. Die Kosten für Gas, das in der Reserve nicht benötigt wird, diese Kosten fallen nicht an. Alle anderen Kosten müssen zu den Gestehungskosten der Erneuerbaren hinzugerechnet werden.

Die Energiewende war bisher nicht nur sehr teuer, sie wird noch viel, viel teurer. Wobei die Sicherheit der Stromversorgung Deutschlands immer geringer wird. Ganz sicher. Mein Tipp: Lassen Sie sich nicht einlullen. Kontrollieren Sie Ihren Stromanbieter und wechseln Sie zu einem, der für Sie günstiger ist. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass die Macht des Faktischen die Energiewende scheitern lässt. Eine Deindustrialisierung wird die Bevölkerung nicht mitmachen.

Allein schon der gewünschte massenhafte Umstieg auf E-Autos wird nicht erfolgen. Reichweitenangst, mangelnde Lade-Infrastruktur, hoher Anschaffungspreis trotz hoher Subventionen, wachsende Erkenntnis der Umweltschädlichkeit (rollender Sondermüll) von E-Mobilität und nicht zuletzt der schlechte Wiederverkaufswert, welcher mit dem Batterieverschleiß zusammenhängt, der die monatlichen Unterhaltskosten in die Höhe treibt (Abbildung 11).

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Sehen Sie, wie viel CO2 der Tschad, China, Kanada oder die USA ausstoßen. Pro Kopf, als Land. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de.

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über drei Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.




Woher kommt der Strom? Vom Schönrechnen

von Rüdiger Stobbe

Die 44. Woche war zu Beginn und zum Ende windstark. Dazwischen gab es knapp 4 Tage Flaute. An zwei dieser Tage erzeugten die Kraftwerke der Erneuerbaren so wenig Strom, dass nicht mal eine Verfünffachung der installierten Leistung Wind- und Sonnenkraftwerke rechnerisch ausgereicht hätte, um den Bedarf Deutschlands zu decken. Am 29.10.2019 hätten trotz dieser exorbitanten theoretischen Mehrleistung 0,29 TWh Strom gefehlt. Da hätte sogar nicht mal eine volle Speicherfüllung des angedachten Großspeichers „Hambacher Loch“ ausgereicht, um die Lücke auszufüllen. Am 30.10.2019 fehlten 0,22 TWh. Da hätte der Großspeicher zumindest rechnerisch gereicht. Der war aber nun mal leer. Wegen des Vortags. Dieses Beispiel aus dem echten Leben zeigt, was starke Schwankungen, was hohe Volatilität im Bereich erneuerbar erzeugter Strom bedeutet. Zu den Im-/Exportwerten mehr in den Tagesanalysen. Wie immer hier die Tabelle mit den Detailzahlen der Energy-Charts und der daraus generierte Chart.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 27.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 62,41 Prozent

Der Sonntag ist windstark. Der Abschwung ist allerdings bereits erkennbar. Wohl auch für die konventionellen Stromerzeuger. Die fahren zum Montag die Stromerzeugung hoch. Heute wird der überschüssige – konventionelle – Strom nahezu komplett exportiert. Um 1:00 Uhr wird richtig Geld mitgegeben.

Montag, 28.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 35,06 Prozent

Bereits um 10:00 Uhr beträgt die Windstromerzeugung nur noch 5,89 GW. 24 Stunden vorher war es fast der vierfache Wert. Gut 3 Tage wird die Flaute andauern. Weil die konventionellen Stromerzeuger den Rückgang der Windstromerzeugung gut ausgleichen, wird weiter Strom exportiert. Zu meist auskömmlichen Preisen.

Dienstag, 29.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 25,17 Prozent

Zur Tagesmitte nimmt die Windstromerzeugung nochmals ab. Nur noch gut 3 GW werden um 12:00 Uhr erzeugt. Zu Glück gleicht Sonnenstrom das Manko etwas aus. Dennoch: Wind-/Sonnenstrom mal 5 plus Strom aus Biomasse/Wasserkraft würden nicht ausreichen, um den Bedarf Deutschlands an diesem Dienstag zu decken. Es fehlen über den Tag unter dem Strich 0,29 TWh erneuerbar erzeugter Strom. Aber: Die konventionellen Stromerzeuger sind gut vorbereitet. Exporte zu auskömmlichen Preisen sind auch heute wieder möglich.

Mittwoch, 30.10.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 26,17 Prozent

Die einzige Versorgungslücke dieser Woche gab es heute von 16:00 bis 18:00 Uhr. Der Bedarf stieg verstärkt an. Grund: Früherer Feierabend und Vorbereitung auf den bevorstehenden Fußballabend? Ich weiß es nicht. Knapp 3 GWh Strom mussten importiert werden. Ansonsten alles im grünen Bereich.

Donnerstag, 31.10.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 31,97 Prozent

Am Nachmittag zieht die Windstromerzeugung an. Heute ist ein guter Tag für den bundesdeutschen Stromkunden. Die konventionellen Stromerzeuger haben die Lage im Griff. Heute werden Gewinne eingefahren. Jedenfalls interpretiere ich den Im-/Exportchart so. Sollte es jemand anders sehen, bitte ich um Rückmeldung.

Freitag, 1.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 47,01 Prozent

Die Windstromerzeugung steigt weiter recht kontinuierlich an. Die konventionellen Stromerzeuger schaffen es, das Gleichgewicht zwischen Erneuerbaren, Bedarf und eigener Stromerzeugung zu wahren. Wäre jeder Energiewendetag so wie heute … Der Im-, Exportchart ist recht volatil. Es ist Bewegung im Markt. Die Preise für den Exportstrom sind nicht mehr so hoch wie an den Vortagen. Die Stromversorgung Deutschlands aber ist gesichert.

Samstag, 2.11.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 61,19 Prozent

Das Wochenende beginnt. Die Windstromerzeugung liegt auf dem Niveau Wochenanfang. Es ist, obwohl konventionelle Stromerzeugung heruntergefahren bzw. auf Reserve gestellt wurde, zu viel Strom im Markt. Es werden nicht einmal 40 € pro MWh erzielt.

Der Vorteil von Strom

Eines der Hauptprobleme für das Verständnis, ob eine Energiewende in Richtung nahezu CO2-freier Energiegewinnung (2030 = 65 Prozent, 2050 = 95 Prozent weniger CO2-Ausstoß als 1990. Aber Prozent wovon?) gelingen kann oder nicht, liegt in den ungeheuren Mengen Energie und deren zahlenmäßige Erfassung. Die allermeisten Menschen haben nicht mal eine annähernde Vorstellung davon, wie viel Energie eine, hundert oder gar tausend Terawattstunden Strom bedeuten. Wobei Strom ein sogenannter sekundärer Energieträger ist. Er wird aus Primärenergieträgern (aus Kohle, Kernkraft, Windkraft, Biomasse usw.) gewonnen.

Strom hat den Vorteil, dass er im Moment der Nutzung – von etwas Wärme- und leichter Geräuschentwicklung abgesehen – praktisch emissionsfrei ist. Nahezu CO2-frei insgesamt ist er jedoch nur, wenn er von erneuerbaren Energieträgern (Wind, Sonne, Wasserkraft, Biomasse) erzeugt wurde. Wobei insbesondere bei Wind- und Sonnenkraftanlagen der CO2-Ausstoß unterschlagen wird, der für die Herstellung, die Installation, die Wartung der Anlagen und schließlich für den Rückbau, das Recyceln anfällt.

Wenn sich da das Verhältnis im Ergebnis so darstellt wie der CO2-Ausstoß eines modernen Dieselfahrzeugs zu einem reinem E-Mobil vergleichbarer Größenordnung, stünde der zu bewerkstelligende Gesamtaufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gewinn, sprich zur CO2-Ersparnis. Abbildung 1 belegt (Bitte unbedingt anklicken, es erscheinen wie immer alle weiteren Abbildungen zum Beitrag), dass die CO2-Ersparnis eines E-Autos erst spät (nach 100.000 Kilometern Laufleistung) anfängt und sich dann auch noch insgesamt sehr in Grenzen hält (17 Prozent gegenüber einem modernen Diesel-PKW.

Wissenschaftler nicht vor Fehleinschätzungen gefeit

Dass bei den Größenordnungen auch Wissenschaftler nicht vor Fehleinschätzungen gefeit sind, belegt eine Studie des Forschungszentrum Jülich (Zusammenfassung der Studie siehe Abbildung 2), die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Transformationspfade aufzuzeigen, berechenbar zu machen, die für eine 80- beziehungsweise 95-prozentige  CO2-Freiheit bis 2050 bei der Energienutzung nötig sowie technisch/ökonomisch mach- und brauchbar wären. Die Energiewendeforscher des Forschungszentrums (FZ) Jülich: Im SZENARIO 95 erreicht der Nettostromverbrauch in 2050 einen Wert von 1008 TWh, was einem Anstieg von über 80% gegenüber dem heutigen Stromverbrauch entspricht. Haupttreiber für diese Entwicklung sind vor allem der massive Einsatz von Wärmepumpen zur Raumwärmeerzeugung und der zunehmende Stromverbrauch in der Industrie. Ein weiterer Grund ist der zunehmende Stromeinsatz für die Elektrolyse, dessen Anteil am gesamten Stromverbrauch im SZENARIO 95 im Jahr 2050 ca. 26% beträgt (Seite 25 der Zusammenfassung)

Reichen 1.008 Terawattstunden Strom im Jahr 2050? Um es kurz zu machen: Das reicht vorne und hinten nicht. Der Nettostrombedarf (öffentlicher Strom „aus der Steckdose“)  lag 2018 bei 540 TWh (Abbildung 3), der Bruttostrombedarf (Nettostrombedarf plus Kraftwerkseigenbedarf plus Industrieeigenerzeugung) bei 649 TWh (Abbildung 4). Der gesamte Primärenergiebedarf lag 2018 bei 3.583 TWh (Abbildung 5). Laut Studie oben soll der Anteil der Biomasse/Biogas/Wasserkraft am Primärenergiebedarf von heute insgesamt etwa 10 Prozent auf sehr ambitionierte 25 Prozent steigen. Und das angeblich ohne eine Teller-Tank-Problematik. Was meint, dass keine potenziellen Lebensmittel (z.B. Weizen, Mais oder Raps) zur Herstellung von Kraftstoff usw. verwendet werden.

Nehmen wir aber mal an, das gelänge so. Es bleiben noch 75 Prozent Primärenergie, die vor allem mit Windkraftwerken (Zusammenfassend ist festzustellen, dass in beiden Reduktionsszenarien die Stromerzeugung aus Windkraftwerken das Rückgrat der zukünftigen Stromversorgung ist. Zusammenfassung Studie, Seite 26) erzeugt werden müssten. Gehen wir davon aus, dass bis 2050 optimistische Energieeinsparungen durch Energieeffizienzmaßnahmen sowie weniger Bedarf in Höhe von 25 Prozent realisiert werden könnten, wären 50 Prozent des heutigen Primärenergiebedarfs erneuerbar zu ersetzen. Es fallen 6 Prozent Kernenergiestrom bis 2022 weg. Also müssen 56 Prozent Primärenergiebedarf zu 95 Prozent erneuerbar dargestellt werden. Davon werden durch Wind- und Sonnenkraft bereits knapp 5 Prozent realisiert (Abbildung 6). Bleiben 51 Prozent von 3.583 TWh gleich 1.827 TWh. Davon 95 Prozent macht 1.736 TWh.

Wie man da mit einer Steigerung der Stromerzeugung von 649 TWh brutto auf 1.008 TWh bis 2050 hinkommen will, bleibt das Geheimnis der Forscher. Der Strommehrbedarf der Industrie ist ausdrücklich in den Wert 1.008 TWh eingeschlossen. Genau dieser Wert wird denn auch z.B. von der Deutschen Presseagentur medial kommuniziert (Abbildung 7). Dabei sind die 1.008 Terawattstunden Strom, die komplett erneuerbar erzeugt werden müssten, nicht geeignet, um das 95 Prozent-Ziel auch nur annähernd zu erreichen. Da wird zwar von Energieimporten und von Wasserstoff (-importen) sowie von Power to X (PtX) und als letztes Regulativ von Einsparungen gesprochen.

Dennoch, allein um Wasserstoff erneuerbar herzustellen, ist Strom für die Elektrolyse vonnöten. Etwa die 4-fache Menge erneuerbar erzeugten Stroms wird benötigt, um eine Einheit Strom, z.B. für Brennstoffzellenautos, aus Wasserstoff zu gewinnen (Abbildung 8). Beispiel: Es soll Wasserstoff mit einer nutzbaren Energie von einer Terawattstunde (TWh) erzeugt werden. Dafür werden 4 TWh Strom benötigt. 914 Windkraftanlagen (siehe unten) werden zur durchschnittlichen Erzeugung von 10 TWh Strom gebraucht. Macht für 4 TWh exakt 366 Anlagen à 5 MW Nennleistung (Abbildung 9) mit erheblichem Auf- und später Abbauaufwand (Abbildung 10).

Die Hälfte Strom wird unterschlagen

In der Übersichtsgrafik der Studie (Abbildung 11) wird nur die Hälfte an Strom, nämlich die Hälfte zur Herstellung von Wasserstoff, gebraucht. Dabei wird eben nicht berücksichtigt, dass der hochexplosive Wasserstoff so aufbereitet werden muss, dass er sicher transportiert und verfüllt werden kann, und dass er anschließend mittels Brennstoffzelle wieder in Strom gewandelt werden muss. Was den Wirkungsgrad eben nochmals halbiert, wie das Video in Abbildung 8 belegt. Was zur Folge hat, dass zusätzlich zu den 1.008 TWh noch alleine zwecks eigener Erzeugung von Strom aus Wasserstoff 8.235 Windräder à 5 MW Nennleistung zu den weiter unten kalkulierten Windkraftanlagen für die 1.008 TWh hinzukämen. Selbstverständlich müsste der Strom, mit welchem der Wasserstoff im Ausland hergestellt wird, ebenfalls erneuerbar sein. Was weitere … jetzt wird es spekulativ, denn da wird auch mit Wasser- und Kernkraft gearbeitet. Deshalb hier von mir keine Berechnung.

Nehmen wir mal an, die 1.008 Terawattstunden Strom wären für das 95 Prozent CO2-Ziel im Jahr 2050 tatsächlich ausreichend. Alleine die Steigerung auf diese Menge Strom mit komplett erneuerbar erzeugtem Strom wäre bereits eine Mammutaufgabe. Wobei praktisch nur die Windkraft bleibt. Biomasse haben wir bereits oben abgezogen. Photovoltaik hat einen noch geringeren Wirkungsgrad – die Hälfte – als Windkraft. 2018 wurden 222 TWh Strom (ohne biogenen Hausmüll) erneuerbar erzeugt. Es gab etwas Zuwachs. Also sagen wir, 2019 werden großzügige 235 TWh Strom erneuerbar erzeugt. Bis 2050 müssten demnach 773 TWh zusätzlich erneuerbar – vor allem durch Windkraft – erzeugt werden.

Über 100.000 Windkraftwerke bis 2050

Wie bereits hier gezeigt, sind 914 5-MW-Windkraftanlagen notwendig, um Jahres-durchschnittlich 10 TWh Strom zu erzeugen. Allein um die 1.008 TWh zu erreichen, müssten bis 2050 77,3 x 914 gleich 70.653 stattliche 5 MW-Anlagen (3 MW WKA = 117.753) zusätzlich zu den bestehenden 30.000 Stück hergestellt (Stahl/Karbonfaser), installiert (Beton/Stahl), gewartet (Inspektionsanfahrten usw.) und etwa 20 Jahre später wieder zurückgebaut, recycelt und erneuert werden. Jedes Jahr ab 2020 inklusive wären es 2.310 Windkraftanlagen, wobei die 2020 aufgestellten Windkraftanlagen im Jahr 2040 wieder abgebaut und ersetzt werden müssten. Selbstverständlich und ab sofort müssen die aktuell „abgeschriebenen“ Anlagen aus den Jahren 1999 und später ersetzt und recycelt werden. Was wohl enorme Probleme mit sich bringt, wenn man dem Umweltbundesamt (Abbildung 12) glauben darf.

Falsch bleibt falsch

Zur Studie lässt sich abschließend sagen: Da kann – auch mit der fehlerhaften Grundannahme: 1008 TWh mehr Strom reichen aus –  rumgerechnet werden, da können Transformationspfade aufgezeigt, da kann empfohlen werden (Abbildung 13). Das wird nichts. Das kann nichts werden. Weil die Grundannahme, dass 1.008 Terawattstunden Strom aus Erneuerbaren im Jahr 2050 ausreichen würden, um 95 Prozent weniger CO2 als 1990 in Deutschland auszustoßen, schlicht falsch ist. Schließlich wird Strom auch für die Erzeugung weiterer Energieträger – siehe Beispiel Wasserstoff oben – in großen Umfang benötigt. Wobei es vollkommen gleich ist, ob in Deutschland oder anderswo.  Es ist meines Erachtens einfach nur billig, wenn Wissenschaftler überall da, wo es nicht passt, „Einsparungen“ (siehe Grafik Abbildung 11 unten) ansetzen. Oder mit Strom-, Wasserstoffimporten kalkulieren, deren Verfügbarkeit mehr als zweifelhaft ist (Abbildung 14). Mit solch einer Methodik kann ich alles und jedes beweisen.

Die Rechnung geht nicht auf, es sei denn …

Es sei denn, man – Politik, Medien, Zivilgesellschaft – nähme eine weitgehende Deindustrialisierung und Verarmung Deutschlands in Kauf. Es gibt etliche Länder mit sehr geringem CO2-Ausstoß. Beispielhaft seien der Tschad, Mali, Kenia und der Sudan zu nennen. Die interaktive CO2-Karte der KfW ist sehr aussagekräftig und kann weiter unter aufgerufen werden. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass die FfF-Kinder und Jugendlichen, die XR-Panikmacher und andere Klima-/Weltenretter das Leben in diesen Ländern meinen, wenn sie von einer Rettung der Welt vor der Klimakatastrophe sprechen. Für diese Länder ist die Welt noch nicht mal aufgegangen. Zumindest nicht wirtschaftlich. In diesen Ländern leben große Teile der über 800.000.000 Menschen auf der Erde, die massiv und täglich Hunger haben. Diese Menschen interessiert kein Klimawandel, die kämpfen um Trinkwasser, um das tägliche Brot, sprich den Maisbrei oder ähnliches. Diese Menschen kämpfen um das Überleben. Ihr eigenes und das ihrer Kinder.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Sehen Sie, wie viel CO2 der Tschad, Mali, Kenia oder der Sudan ausstoßen. Pro Kopf, als Land. Sind z.B. diese Staaten Vorbild für CO2-freies Leben? Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken.

Zum Schluss noch einige weitere interessante Hinweise. So möchte ich auf ein Video verweisen, welches unter Abbildung Nachklapp aufgerufen werden kann. Sie sehen den Ausschnitt (6:55 Minuten) einer eineinhalb Stunden dauernden, sehr empfehlenswerten Naturdokumentation über den Schwarzwald, welche Harold Woetzel für den SWR erstellt hat. Behandelt werden in diesem Ausschnitt die Probleme, die sich aus den Windparkanlagen im Südschwarzwald ergeben. Auf der Achse wurde vergangene Woche darüber berichtet.

Abbildung 15 enthält brandaktuelle Informationen zur Machbarkeit und Ausbaulage von E-Mobil-Ladesäulen. Gutgedankliche Zivilgesellschaft und die – noch – zahlungskräftige Politik können schnell etwas beschließen. Ob das dann technisch so ohne Weiteres auch umsetzbar ist, wird nicht geprüft. Abbildung 16 befasst sich mit dem Quasi-Zusammenbruch der Windkraftwerksindustrie. Das Thema ist bereits im Mainstream angekommen. Es kann nicht mehr verschwiegen werden, dass diese Industrie – bald womöglich auch die Autoindustrie? – ohne Subventionen nicht überlebensfähig ist.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

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Rüdiger Stobbe betreibt seit über drei Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten, mit freundlicher Genehmigung.




Woher kommt der Strom? Der Energiewende-Betrug

Ab Montag werden nur noch maximal knapp 18 GWh (Samstag) erreicht. In der Nacht zum Montag nimmt die regenerative Stromerzeugung ab, um bis zum Donnerstag auf niedrigem Niveau zu verharren. Ab Donnerstagmittag zieht die Windstromerzeugung massiv an, um am Montag der 40. Woche abrupt einzubrechen. Dass der am Samstag überschüssige Strom zum Teil mit einem kleinen Bonus verschenkt werden muss, wundert den regelmäßigen Leser dieser Kolumne nicht.

Dieser bis zum 1.10.2019 erweiterte Chart veranschaulicht die Sprunghaftigkeit der regenerativen Stromerzeugung und damit die Probleme, mit welchen Stromerzeuger und Netzbetreiber zu kämpfen haben, damit die Versorgung Deutschlands mit Strom sicher bleibt. Weder zu viel noch zu wenig Strom sind hilfreich. Die Stromerzeugung sollte immer ziemlich genau dem jeweiligen Bedarf entsprechen. Zum Ausgleich geringer Abweichungen dient die Netzausregelungsreserve.

Das, was nicht nur in dieser Woche in Sachen Strom abging, hat mit seriöser Versorgung des Industriestandorts Deutschland nicht mehr viel zu tun. Es ist und bleibt ein Tanz auf der Rasierklinge. Wirtschaftlich betrachtet, ist die deutsche Stromerzeugungspolitik ohnehin ein Desaster. Die mit Dänemark höchsten Strompreise sprechen eine deutliche Sprache. Wenn man die erneuerbaren Energieträger Wind und Sonne nun noch in den Gesamtenergiebedarf Deutschlands einordnet, wird deutlich, dass die Bürger in nicht vermutetem Ausmaß hinter’s Licht geführt, sprich betrogen werden. 160 Milliarden Euro (Bundesrechnungshof Stand 2017) wurden bisher für die sogenannte Energiewende ausgegeben. Das Ergebnis ist, wie nach den Tagesanalysen belegt wird, sehr ernüchternd.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 22.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 47,46 Prozent

Ein schönes Wochenende. Die Sonne verabschiedet sich kräftig am letzten Sommertag. Tagsüber zurückgehende Windstromerzeugung wird ausgeglichen. Es ist ein Tag, wie er in Sachen Strom immer sein sollte. Es ist genügend Strom vorhanden. Es gibt eine Netzausregelungsreserve. Zwar wird der nicht benötigte Strom günstig = billig exportiert. Doch die Versorgungssicherheit ist heute gewährleistet.

Montag, 23.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 32,84 Prozent

Herbstanfang. Was gestern noch funktionierte, zerplatzt wie eine Seifenblase. Zum einen steigt der Bedarf an, zum anderen bricht die Windstromerzeugung ein. Auf einmal fehlt ab 7:00 Uhr Strom. Bis 22:00 Uhr. Zum Glück halten sich die Importpreise in Grenzen. Es ist wohl genügend Strom im Markt. Ab 16:00 bis 20:00 Uhr werden allerdings dann doch Preise über 50.000 Euro pro GWh aufgerufen.

Dienstag, 24.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 30,66 Prozent

Die Windstromerzeugung bleibt auch heute auf extrem niedrigem Niveau, fällt tagsüber sogar noch weiter ab. Dafür steigt die Sonnenstromerzeugung etwas mehr an. Im Vergleich zum Vortag. Bis auf wenige Stunden zur Mittagsspitze muss Strom importiert werden. Dass dieser zum Teil wieder über 60.000 Euro pro GWh kostet, verwundert nicht. Wobei heute die Schweiz wieder feine Geschäfte macht. So nimmt sie z.B. um 3:00 Uhr Strom aus Deutschland für gut 35.000 Euro/GWh ab. Um dann um 8:00 Uhr Strom an Deutschland für gut 65.000 Euro/GWh zu verkaufen. Das geht so fast den ganzen Tag.

Mittwoch, 25.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 30,50 Prozent

Auch heute ist es wieder ein guter Tag für die Schweiz. Günstig Strom einkaufen und diesen später mit sattem Aufschlag verkaufen. So gehen Geschäfte. Die eigene Stromversorgung reicht in Deutschland nicht aus, um zu den bedarfsstarken Zeiten vor Sonnenauf- und nach Sonnenuntergang genügend Strom zur Verfügung zu stellen. Noch weht der Wind schwach; auch die Sonne bringt nicht genügend Strom. Halt: Über die Mittagsspitze reicht es aus. Es fällt aber durchaus nicht so viel Exportstrom an, dass die Preise einbrechen. Glück gehabt!

Donnerstag, 26.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 36,62 Prozent

Bereits in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag deutet es sich an: Über Tag steigt die Windstromerzeugung an. Mit der Folge, dass der Strom ab 10:00 Uhr annähernd ausreicht, um Deutschlands Bedarf zu decken. Lediglich die Netzausregelungsreserve muss über weite Teile des Tages im-/exportiert werden.

Freitag, 27.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 44,37 Prozent

Die Windstromerzeugung hat tagsüber eine kleine Delle. Die wird durch den Sonnenstrom ausgeglichen. Sogar der Abend-Übergang ist fast gedeckt. Zum späteren Abend, zur Nacht steigt Windstromkraft stetig weiter an. Bis auf die Zeit von 18:00 bis 19:00 Uhr wird den ganzen Tag Strom exportiert. Um 8:00 Uhr wird sogar ein Preis von über 50.000 €/GWh erzielt.

Samstag, 28.9.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 70,37 Prozent

Heute „knallt“ es in Sachen Windstromerzeugung. Die Erneuerbaren bringen fast 1 TWh der benötigten 1,19 TWh auf die Waage. Mit der Folge, dass um 13:00 und 14:00 Uhr fast 23 GWh Strom verschenkt werden müssen. Nein, es muss auch noch Geld mitgegeben werden, damit er abgenommen wird. Nächste Woche geht es weiter. Der Höhepunkt des Windkraftanstiegs wird Montag erreicht. Dann erfolgt ein rapider Rückgang. Mit diesen Folgen …

Einordnung der Stromerzeugung in den Gesamtenergiebedarf

Der Strom, der in Deutschland benötigt wird, ist sogenannte Sekundärenergie. Er wird aus Primärenergieträgern (Abbildung 1: Bitte unbedingt anklicken und so alle weiteren Abbildungen, sowie Mehr aufmachen!), zum Beispiel Kohle, Gas, Wind- oder Wasserkraft, Kernenergie gewonnen. Aus dem Primärenergieträger Erdöl werden zum Beispiel die Sekundärenergieträger Benzin, Heizöl/Dieselkraftstoff gewonnen. Die Gesamtstrommenge, die in Deutschland 2018 (Bruttostromerzeugung, Abbildung 2) hergestellt wurde, lag bei 648,9 TWh. Die erneuerbaren Energieträger hatten daran 228,7 TWh Anteil. Das entspricht 35,2 Prozent der Bruttostromerzeugung.

In dieser Kolumne wird ausschließlich – das liegt vor allem an den Daten von Energy-Charts & Agorameter, die mir zur Verfügung stehen – die Nettostromerzeugung (Abbildung 3) betrachtet. Das ist der Strom, der in das öffentliche Stromnetz der vier Netzbetreiber in Deutschland eingespeist wird. Es ist sozusagen der Strom aus der Steckdose.

Strom, der von der Industrie für den Eigenbedarf, aber auch zum Beispiel der Fahrstrom, der von bahneigenen Kraftwerken erzeugt wird, fällt nicht unter die Nettostromerzeugung. Diese betrug 2018 mit 542,5 TWh Stromgut 100 TWh weniger als die Bruttostromerzeugung. Der Anteil der Erneuerbaren lag hier bei 40,56 Prozent (Berechnungsgrundlage Abbildung 7). Das ist der Wert, der medial kommuniziert wird. Der Wert, der besser klingt, als der tatsächliche: die 35,2 Prozent der Bruttostromerzeugung.

Aus Primärenergieträgern wird nicht nur der Sekundärenergieträger Strom hergestellt. Die Bruttostromerzeugung 2018 machte lediglich 18,1 Prozent der gesamten zur Verfügung stehenden und benötigten Energie aus Primärenergieträgern aus. Es wurden 2018 knapp 12.900 Petajoule = 3.583 TWh Energie (Abbildung 4) insgesamt zur Verfügung gestellt und genutzt. Das war der gesamte Energiebedarf Deutschlands im Jahr 2018. Wenn also bisher vor allem im Strombereich die Energie gewendet wurde, und dort lediglich gut ein Drittel auf erneuerbare Energieträger umgestellt wurde, dann bedeutet dies, dass mittels eben dieser Energiewende bisher lediglich ein Mini-Bruchteil der Gesamtenergie, die Deutschland benötigt, erneuerbar hergestellt wurde. Konkret sind es 6,2 Prozent Erneuerbare (Wind/Sonne/Biomasse/Wasserkraft) gesamt über die Stromerzeugung. Hinzu kommen 7,81 Prozent, die aus der Biogaswärme- und Biodieselerzeugung mittels erneuerbarem Energieträger Biomasse (Abbildung 5) resultieren.

Aus diesem Sachverhalt resultiert auch der verhältnismäßig große (grüne) Anteil der Biomasse im Chart (Abbildung 6), welches die Heidelberger Physiker zitieren. Dieser Anteil ist, ebenso wie die Stromerzeugung, durch Wasserkraft in Deutschland faktisch nicht mehr erweiterbar. Will man Energieerzeugung weiter in Richtung Erneuerbare Energieträger wenden, bleiben nur Solarenergie und Windkraft. Vor allem die Windkraft, weil diese wenigstens einen Nutzungsgrad von um die 25 Prozent, statt lediglich um die 12 Prozent der Solarpaneelen (Abbildung 7) aufweist. Der geringe Nutzungsgrad Photovoltaik ist der Tatsache geschuldet, dass die Sonne in Deutschland nicht nur verhältnismäßig wenig und vor allem wenig kräftig scheint, sondern auch – wie überall auf der Welt – im Durchschnitt nur 12 Stunden am Tag. Der Chart der Heidelberger belegt anschaulich, wie gering der Wind- und Sonnenkraft-Anteil (4,45 Prozent) am Gesamtmix der Primärenergieträger ist, die das Industrieland Deutschland mit der benötigten Energie insgesamt versorgen. Klicken Sie hier – weil nicht im Abbildungsnachweis enthalten – und sehen Sie sich die Berechnungen nebst Datengrundlage des UBA und des Statistischen Bundesamtes an.

Die schöne Geschichte – Selektiver Präsentation sei dank

Die deutsche Bevölkerung wird in Sachen Energiewende nicht nur ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Die deutsche Bevölkerung wird, bezogen auf die Wirkung, den Nutzen der hunderte Milliarden von Euro, die bisher und in Zukunft in die sogenannte Energiewende investiert wurden und werden, massiv und absichtlich hinters Licht geführt. Wäre jedem Bürger bewusst, dass die seit dem Beginn des Windkraftanlagenausbaus 1990 verwirklichten „Verbesserungen“ in Sachen Klimaschutz so mickrig-minimalistisch (4,45 Prozent Wind- und Sonnenanteil am Gesamtenergiebedarf) sind, würde er den Befürwortern der Energiewende aufs Dach steigen. Und diese nicht auch noch wählen. Nur dank vielfältiger indirekter Manipulation und einer selektiven Präsentation der Zahlen sowie entsprechender medialer Unterstützung ist ein solch gigantischer Betrug am Steuerzahler und Stromkunden, am Bürger möglich. Der glaubt, die Energiewende sei auf einem guten Weg: Über 40 Prozent werde bereits durch Erneuerbare Energieträger dargestellt. Und jetzt wird endlich auch noch der gefährliche Atomstrom durch Erneuerbare ersetzt. Unsere Gesundheit und das Klima werden geschützt. Merkel, Grüne und Zivilgesellschaft sei dank! Das ist die schöne Geschichte.

Wenn bis 2022 die restlichen Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden, fehlen insgesamt pro Jahr 76 TWh Atomstrom. Um diesen Strom zumindest im Durchschnitt durch Windkraftwerke der 5-MW-Klasse (Abbildung 8) zu ersetzen, sind fast 7.000 dieser Anlagen (Ersatz von im Schnitt fehlenden 10 TWh Strom = 914 Windkraftwerke à 5 MW Nennleistung) notwendig. Das wird dem Bürger verschwiegen. Der glaubt immer noch, alles sei ganz easy. Faktisch aber gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird der fehlende Strom aus dem benachbarten Ausland hochpreisig importiert. Oder der fehlende Strom wird mittels fossiler Energieträger in Deutschland hergestellt. Wahrscheinlich wird es eine Mischung aus beiden Komponenten.

Der Neubau von weit  über fast 7.000 Windkraftanlagen innerhalb der nächsten drei Jahren findet garantiert nicht statt. Die Erneuerung der Anlagen, die älter als 20 Jahre werden und deshalb aus der Subventionierung herausfallen, das könnte zumindest teilweise gemacht werden. Wesentlich mehr ganz sicher nicht. Es wird auch keine Erweiterung der erneuerbaren Stromerzeugung 40 Prozent auf 65 Prozent im Durchschnitt geben. Nach heutigem Stand (540 TWh Nettobedarf pro Jahr) der Dinge wären allein dafür über 12.000 neue Windkraftanlagen à 5 MW notwendig. Stromversorgung ist halt keine eierlegende Wollmilchsau. Sollen fossile Energieträger (Auto, Heizen) ersetzt werden, kommt es zu einem – wenn es denn wirklich so käme – massiven Anstieg des Strombedarfs, welcher weitere Windkraft- und Solaranlagen nötig macht. Sonst bringt der ganze Akt nichts. Solange der benötigte Strom fossil erzeugt wird, wird für das Klima nichts getan, selbst wenn man den herrschenden Thesen zum menschengemachten Klimawandel Glauben schenkt.

Die Radikallösung

Es gibt selbstverständlich auch noch die Radikallösung von der Fraktion – oder ist es gar die etablierte Politik insgesamt? –, die Energiewende sagt, aber Deindustrialisierung Deutschlands meint: Der fehlende Strom wird einfach eingespart (Abbildung 9). Der Strom, der dann noch erzeugt werden kann, wird mittels Smartmetern zugeteilt. Stromintensive Industrien ziehen ins Ausland. Deutschland bewegt sich Richtung Agrarstaat. Die ersten Massenentlassungen sind bereits angekündigt oder finden statt. Die Autoindustrie Deutschlands nebst Zulieferindustrie steht am Rand des Abgrunds. Da werden auch E-Autos nichts nützen. Es fehlen nicht nur Ladesäulen (Mehr). Es fehlt auch der regenerativ erzeugte Strom für die Ladesäulen. Es werden vor allem aber die Käufer dieser Autos fehlen. Wer keine oder nur schlecht bezahlte Arbeit hat, kauft kein Auto. Wofür auch. Zur Arbeit fahren braucht man nicht mehr, und nur so zum Spaß fahren, ist klimaschädlich und seit neuestem „rechts“.

Die Politik lässt sich von Kindern und Jugendlichen treiben, die gerade den Windeln entwachsen sind und null Ahnung haben. Weder vom wirklichen Leben in einem hochentwickelten Industrieland noch von kritischer Wissenschaft. Kinder, die von der Radikallösungsfraktion manipuliert werden. Diese Politik legt ein Klimaprogramm 2030 (Mehr 1) vor, welches die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (außer teilweise für die Energiewirtschaft) in Deutschland weiter verschlechtert und zusätzlich zu allen schon vorhandenen Subventionen 54 Milliarden Euro praktisch zum Fenster hinauswirft. Im Irrglauben, das würde dem Klima nutzen.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken

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Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

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Mit freundlicher Genehmigung. Zuerst erschienen auf der Achse des Guten.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

 




Neue grüne Energiewelt: Rationierung aus Mangel war mal Stromsperre ist jetzt Spitzenglättung

Die Netzfrequenz von 50 Hertz ist die Regelgröße, die unter allen Bedingungen eingehalten werden muss, um einen Kollaps zu vermeiden. Dazu braucht es das Gleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch. Da der volatile, unplanbare Anteil an der Erzeugung stetig zunimmt, die Anzahl der regelbaren Kraftwerke aber ab, müssen sich Verbraucher mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen künftig an der Systemregelung beteiligen. Sie können sich auch dagegen entscheiden, zahlen dann aber mehr.

Spitzenglättung wie bei Struwelpeter, Bild Strom R. Schuster, Scherenmann: Struwelpeter, Komposition EIKE Redaktion

Kurz vor Weihnachten und medial fast unbeachtet wurde das „Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG)“ in die Abstimmungsrunden gegeben, der zustimmende Beschluss ist absehbar. Es soll die Gleichzeitigkeit des Strombezugs bei denjenigen Stromverbrauchern beeinflussen, die steuerbar sind wie die Betreiber von Wärmepumpen, Elektroheizungen, Wallboxen oder auch die Prosumer, die nicht nur Verbraucher, sondern auch Erzeuger sind. Durch zeitweise, variable und wechselseitige Abschaltungen sollen örtliche Überlastungen wie auch ein Teil des aufwändigen Netzausbaus vermieden werden. Es ist eine Form des geregelten Brownouts, die den Blackout verhindern soll. In jedem Fall muss dieses System flächendeckend zur Anwendung kommen, denn absehbar werden Zeiten kommen, in denen unsere Nachbarländer mit der Aushilfe im deutschen Netz überfordert sein werden. Selbst in der verbrauchsarmen Weihnachtszeit schwankten Export und Import kräftig. Schoben wir am 28. Dezember 2020 noch mehr als 12 Gigawatt über die Grenzen, brauchten wir einen Tag später fast 5 Gigawatt retour. Der deutsche Außenhandelssaldo  weist beim Strom noch einen Überschuss von mehr als 19 Terawattstunden auf, geht aber seit 2017 (52 Terawattstunden) kontinuierlich zurück. Die Importmenge erhöhte sich seit 2016 von 14 auf 33 Terawattstunden. Bei diesem Strom von außen herrscht betretenes Schweigen zu seiner Herkunft. Während heimischer Atom- und Kohlestrom verteufelt wird, ist der graue Importstrom grundsätzlich positiv.

So sieht es in der Praxis aus, wenn „Wind, Sonne und Co. die Oberhand über fossile Kraftwerke erlangen“, wie strom-report.de begeistert berichtet, weil 2020 mehr als 50 Prozent des Stroms von „Erneuerbaren“ geliefert wurde. 47 Versorger erhöhen 2021 die Preise, trotz staatlicher Deckelung der EEG-Umlage. Grund sind steigende Netzentgelte.

Ein anderes Windraftvorreiterland, Dänemark, ist Vizemeister beim Strompreis und hat ähnlich starke Schwankungen des Stromsaldos zu verzeichnen. Am 29. Dezember importierte das Land ein Drittel seines gesamten Strombedarfs. Bei fünfeinhalb Millionen Einwohnern und wenig Großindustrie ist das machbar, zumal mit Norwegen und Schweden sichere Lieferanten zur Verfügung stehen.

Die Macht der Paragrafen

Der Entwurf des SteuVerG enthält 5 Artikel, die Änderungen in anderen Regularien wie zum Beispiel dem Energiewirtschaftsgesetz bewirken. Insgesamt 61 Seiten sind nötig, dies zu formulieren und erklären. Es sind dann – nach meiner Zählung und ohne Gewähr – 26 nationale Gesetze zum Energiesystem in Kraft, hinzu kommen mindestens 33 Verordnungen und 26 EU-Strategien, -Verordnungen, -Richtlinien und -Leitlinien. Noch vor zwanzig Jahren kam das Energierecht mit 200 Einzelnormen aus, heute sind es etwa 13.750. 

„Kein Staat kann ohne Recht, kein Recht ohne Staat bestehen“, wusste der alte Römer Aurelius. Tacitus. Ein anderer alter Römer und später lebend, formulierte dann wohl Erfahrungen mit dem Rechtssystem: „Der verdorbenste Staat hat die meisten Gesetze.“

Dieses Wachstum der Regularien ist allerdings folgerichtig. Die Energiewende als staatsplanerisch angelegtes Projekt zwingt zu immer weiteren Detailregelungen mit zunehmender Regelungstiefe, weil marktliche Selbstregelung nicht mehr stattfindet. Jede neue Regelung schafft Umgehungstatbestände, denen dann wiederum begegnet werden muss. Die Kreativität der Erneuerbaren-Investoren geht nicht mehr in den technischen Fortschritt (die Anlagen sind weitgehend ausentwickelt), sondern in das Anzapfen möglichst vieler Fördertöpfe und Subventionen. Dabei schützt die Politik vor eventuellen Belastungen. Selbst die in der EEG-Novelle festgelegte Vergütung, die Windkraftinvestoren an betroffene Kommunen zahlen müssen, wird über die Netzentgelte, also durch alle Stromverbraucher, finanziert.

Technisch ist es natürlich möglich, die Verbraucherseite zu regeln, die Idee des demand site managements (DSM) gibt es schon lange. Absehbar ist aber, dass man dieses Instrument nur bis zu einem gewissen Umfang ausbauen kann. Zum einen entstehen den Netzbetreibern wie den Kunden Kosten, zum anderen muss man die teilnehmenden Kunden belohnen für ihren Beitrag. Das geht realistisch nur über den Strompreis. Wer für seine regelbare Verbrauchsstelle durchgängig Strom haben möchte, wird künftig kräftig draufzahlen. Wer sich abschalten lässt zahlt weniger. Je länger, öfter und flexibler er sich abschalten lässt, umso billiger der Strom. Auch dadurch wird sich die soziale Spaltung des Landes verstärken. Wer wenig Geld hat und sparen muss, bekommt seltener Strom. Der normale Haushaltsstrom soll davon ausgenommen sein. Wie lange noch? Regelungen zu planmäßigen Lastabwürfen der Haushalte (load-shedding) sind international durchaus üblich, zum Beispiel in Südafrika.

Da seit Jahrzehnten keinerlei Aktivitäten erfolgen, die „Erneuerbaren“ grundlast- und regelfähig zu machen, wird auch das DSM an Grenzen stoßen. Wir wollen zwar mit aller Kraft dekarbonisieren, aber es gibt kein Zielbild für das künftige Energiesystem. Welcher Strommix soll es sein? Im Netz wird es zunehmend spannender, zeitweise wird es eben auch spannungslos sein.

Die Regelung und die Speicherung des Stroms verschiebt man auf das Wunderelement Wasserstoff. Für die Kohle- und Kernkraftwerke gibt es in Gesetzen fixierte Abschalttermine beziehungsweise Ausschreibungen zu solchen Terminen. Wann wir Wasserstoff aus marokkanischer oder australischer Sonnen- und Windkraft bekommen werden oder aus einem im Kongo noch zu bauenden Wasserkraftwerk samt Staudamm, wie von deutschen Politikern ins Auge gefasst, ist zeitlich offen und auf der Kostenseite nicht kalkulierbar. Aber der Glaube daran ist fest.

Das Gesetz wird problemlos den Bundestag passieren. Die praktische Umsetzung dürfte sich über viele Jahre hinziehen und die Unterdeckung im deutschen Netz wird zunehmen. Spitzenglättung in absehbaren Zeiten des Mangels bedeutet nichts anderes als Rationierung. Es klingt aber besser.

Ergänzung der Redaktion

Der Artikel erschien unter einer anderen Überschrift zuerst bei TE hier

Leser R.J. Machte dazu folgenden Vorschlag

Sehr geehrter Herr Hennig, vielen Dank für diese Analyse. Gleichwohl würde ich mich vor Pessimismus und Spott hüten wollen. Sie erwähnen den Wasserstoff. Das ist der Stoff, aus dem Wasser ist, darum heißt er ja so. Wasser kreist in der Attmossfähre wie Strom. Folglich kreist auch Stoff. Stoff ist für alle da. Doch dies nur am Rande. Alles ist mit kulturell sensibler, diskriminierungsfreier 1-2-3-viele-Mathematik genau ausgerechnet. Sie können es schon der genialen Doktorarbeit von Dr. Merkel entnehmen (die nicht ohne Grund gesperrt ist, na sehen Sie). Mit dem Kongoo ist das so. Der Staudamm hat einen Wasserstoffabscheider. Wenn das Wasser über denselben flutet, wird an ökologisch einwandfreien Nanorechen (Patent Dr. Habeck, aus natürlich gefallenem Hanf hergestellt) ganz ohne Zusatzstoffe der Wasserstoff abgestreift. Sauerstoff zum Atmen bleibt übrig. Sie fragen sich, woher die erforderliche Energie kommt. Nun, hier konnten die Physiker*innen Dr. Roth & Dr. Künast die Heisenbergsche Unschärferelation erweitern. Nach dieser kann man ja Energie borgen, wenn man sie eine Zeit später zurückgibt. Die numerischen Beträge hängen vom Planckschen Wirkungsquantum ab. Wenn man das passend vergrößert (Parteitagsbeschluss), geht das Borgen über Jahrhunderte. So schlägt man den Physikern der AfD ein Schnippchen. Ein weiterer Trick ist dabei. Im Vakuum, besonders im geistigen, entstehen laufend virtuelle Teilchen und Antiteilchen, die sich sodann annihilieren. Diese Annihilationsenergie kann man nutzen, wenn man auf beschriebene Weise die Zeitskalen streckt. Ich hörte diese geniale Idee von Prof. Altmaier und Prof. Dr. Dr. Dr. Prof. Dr. Dr. Dr. Prof. Lauterbach-Lauterbach. Es klingt wie ein Perpetuum mobile, ist aber etwas ganz anderes: ein Perpetuum merkile. In diesem Sinne: ad multos annos.

 




Kein Strom aus Sonne und Wind

In 400 Tagen müssen wir leider, leider auf Morgenkaffee und Rührei verzichten, wenn wieder typische herbstliche Hochdruckwetterlagen wie heute auftreten sollten. Straßenbahnen und Züge dürften nicht fahren, für stromverbrauchende Industrieanlagen bietet sich ein Lockdown an. Der Grund: In genau 400 Tagen werden die letzten Kernkraftwerke Deutschlands abgeschaltet, wie Horst Arlt von der Bürgerinitiative »Keine Windkraft im Emmerthal« hinweist. Ohne diese Stromerzeuger und ohne konventionelle Kohlekraftwerke hätten wir Freitag früh, 27. November, kaum mehr Strom gehabt.

Kein Wind, wenig Sonne – nix! Typische herbstliche Wetterlage mit Flaute und verbreiteter Wolkendecke. Um 7:00 Uhr morgens können die Windräder und Fotovoltaikanlagen ganze 774 MW liefern. Damit produzieren die rund 30.000 Windräder und Millionen an Fotovoltaikanlagen in Deutschland nicht einmal mehr die Strommenge eines mittleren Kohlekraftwerks. Doch zu diesem Zeitpunkt wurden 72,613 GW Strom verbraucht. Eine gigantische Lücke also klafft zwischen den minimalen Strommengen von Wind und Sonne und dem Stromverbrauch – hier mit der roten Linie dargestellt:

Erst mit den erheblichen Leistungen von konventionellen Kohlekraftwerken und Kernkraftwerken konnte die Lücke geschlossen werden.

Tagsüber kommt ein wenig die Sonne hervor –  erkennbar an der kleinen gelben Blase. Die Fotovoltaikanlagen können erst um die Mittagszeit magere 8,38 GW liefern. Die Sonne steht im Winter bekanntlich über der Südhalbkugel und kann bei uns im Norden nur eine sehr geringe Strahlungsleistung liefern. Zudem ist der Einstrahlwinkel für die meisten Fotovoltaikanlagen deutlich kleiner als im Sommer, was sich ebenfalls in drastisch gesunkener Leistung bemerkbar macht.

Dieses Bild zeigt auch den erheblichen Anteil von Stein- und Braunkohlekraftwerken. Die sollen abgeschaltet werden.

Der Strompreis erreicht schwindelnde Höhen. Er schoss um 8:00 Uhr kurzfristig bereits auf über 91,54 Euro je Megawattstunde, wurde um 17:00 Uhr noch übertroffen von sagenhaften 106,35 Euro pro MWh. 

Zufall, dass 400 Tage, bevor die Merkel-Regierung die letzten Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C abgeschalten will, aufgrund der Wetterlage drastisch vor Augen geführt wird, wohin die Reise geht.

Da nutzt auch die Forderung von begeisterten Energiewendlern wie Claudia Kemfert und Genossen nichts, es müssten nur noch mehr Windräder aufgestellt werden. Auch hunderttausend mal Null ist Null.

In zwei Jahren müssen wir bei solchen Wetterlagen also auf den morgendlichen Kaffee und das erhitzte Ei verzichten. Es gibt keinen Strom mehr. Allein auf Stromhilfen aus dem benachbarten Ausland verlassen ist für ein noch Industrieland reichlich unsicher. In allen Ländern hat im Zweifel die nationale Stromversorgung Vorrang vor Stromhilfen für ein dunkles Deutschland. 

Im Süden Deutschlands wird bereits Strom aus Frankreich importiert, seitdem im Dezember vor einem Jahr das Kernkraftwerk Philippsburg II abgeschaltet und in diesem Frühjahr von der grün-schwarzen Regierung Kretschmann in Baden-Württemberg in die Luft gesprengt wurde. Früher lieferte sogar Deutschland im Winter Strom nach Frankreich; dort wird zur kalten Jahreszeit viel benötigt, weil die Franzosen häufig mit Strom heizen.

TE hat die Energiewendeministerien von Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Umweltministerin Schulze darum gebeten, darzulegen, woher in solchen Fällen der Strom kommen soll. Die Antwort werden wir veröffentlichen, sobald sie da ist.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier




Strompreis verdoppelt, Zukunft verbaut

Für die Energiewende gilt heute etwas Ähnliches, nämlich „Aussteigen ohne einzusteigen“. Die Energiewender schalten auf Teufel komm raus grundlastfähige Kraftwerke ab, ohne eine belastbare Ahnung davon zu haben, wie diese ersetzt werden sollen. Die MINT-Abwähler der Medien jubeln den Lesern eine Wunderwaffe nach der anderen zur Rettung der Energiewende unter, je skurriler, desto enthusiastischer. Ob Wasserstoffwirtschaft oder Batteriespeicher, ob Solarschusterkugeln oder Raschelfassaden, nichts von dem Angepriesenen funktioniert wirtschaftlich – Schilda lässt grüßen.

Trotzdem wird munter weiter ausgestiegen, aus Kernenergie und Fossilenergie gleichzeitig. Wie sagte Altmaier doch sehr richtig? Wir machen eine doppelte Wende.

Im Jahre 2022 werden die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen. Wir haben jetzt gemeinsam beschlossen, dass wir bis spätestens 2038, vielleicht schon bis 2035, ebenfalls aus der Kohleverstromung aussteigen. Auch das macht kein anderes vergleichbares Industrieland“.

Stimmt. Altmaier hat auf sämtlichen Fahrspuren gewendet. Nun kommen hunderte Geisterfahrer entgegen.

Der Faden ist nicht nur gerissen

Wer ist der größte Nutznießer der verhunzten Energiewende? Sie werden es nicht glauben – es sind Putin und der russische Konzern Gazprom. Da es bis 2038 keine bezahlbaren großtechnischen Energiespeicher geben wird, setzt die deutsche Regierung darauf, die abgeschalteten Kern- und Kohlekraftwerke sukzessive durch staatlich gebaute Gaskraftwerke zu ersetzen. Und woher kommt das Gas für die Gaskraftwerke? Wer ist der Eigentümer der größten Gasspeicher in Deutschland? Bingo. Dass sich Angela Merkel mit der Gasleitung Nordstream von Putin abhängig macht, den sie gleichzeitig mit Wirtschaftssanktionen behängt, gehört zu den vielen Rätseln der Merkelschen Logik.

Da drängt sich doch die Frage auf, ob Deutschland nicht wieder in die Kernenergie einsteigen könnte? Mehren sich solche Stimmen gar im internationalen grünen Lager. Nicht im Land der Vorreiter und der Guten. Beim Kernenergieausstieg setzt die deutsche Politik umgehend alles daran, den „Fadenriss“ in der Kernenergie herbeizuführen. Ich muss gestehen, dies ist komplett gelungen. Der Faden ist nicht nur gerissen, er ist rückwärts aufgewickelt.

Deutschland, das einst die besten Kernkraftwerke der Welt konstruierte, baute und betrieb, kann heute noch nicht mal mehr die erforderlichen Komponenten bauen, geschweige denn einen Reaktor. Schon vor 2022 hat sich Deutschland für einen längeren Zeitraum von der Kernenergie verabschiedet und sich den Technologien des Mittelalters Wind und Sonne zugewendet.

Deutschland bietet heute noch nicht einmal mehr die Grundvoraussetzungen, um Kernkraftwerke sicher zu betreiben. Um nämlich Kernkraft sicher betreiben zu können, wird vor allem eines benötigt: Stabilität. Damit meine ich: politische, ökonomische und soziale Stabilität.

Politische Stabilität gibt es schon lange nicht mehr. Die Schieflage fing mit dem politisch motivierten Missbrauch der behördlichen Genehmigungsverfahren an, ich erinnere nur an das Totgenehmigen von Kalkar, ein Vorgang, der als „Kalkarisierung“ in den Sprachgebrauch einging und das Verhindern politisch ungeliebter Projekte durch immer größere bürokratische Hürden meint. Für die Kernenergie war es mit der politischen Stabilität endgültig vorbei, als die Kanzlerin die verfassungswidrige Enteignung von acht Kernkraftwerken im Jahre 2011 verfügte.

Keine Studienrichtungen mehr, keine Lehrstühle und Professoren

Ökonomische Stabilität ist für die Kernenergie im EEG Subventionsgestrüpp nicht mehr gegeben. Die Stromerzeugung aus Kernenergie als Lückenbüßer von Wind und Sonne lohnt sich kaum noch. Die EVUs gehen finanziell am Stock, ein Sparprogramm jagt das andere. Die Versorgeraktienkurse – einst eine sichere Bank – sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Die soziale Stabilität leidet unter dem katastrophalen Image der Kernenergie in der veröffentlichten Meinung. Ein Kollege musste seinen Zweitklässler in eine andere Schule umschulen – ein Lehrer hatte mitbekommen, dass der Vater für die Kernenergie arbeitete und mobbte den Kleinen. Die Mitarbeiter der Kernkraftwerke trauen sich kaum mehr zu erzählen, wo sie arbeiten. In den Chefetagen der Stromwirtschaft hat sich Duckmäusertum breitgemacht. Die Konzernchefs der Energieversorger klingen heutzutage manchmal eher wie Greenpeace-Direktoren.

Und selbst wenn durch ein Wunder der große Meinungswechsel käme, gäbe es für Deutschland keinen kurzen Weg zurück in die Kernenergie. Der Faden ist gerissen und aufgewickelt.

Es gibt keine Studienrichtungen für Kernenergetiker mehr, keine Lehrstühle und Professoren. Die einstigen Fachleute sind in Rente oder haben das Land verlassen. Viele deutsche Fachleute arbeiten heute in der Schweiz oder in Barakah. Selbst in schwedischen Kernkraftwerken trifft man auf Fachleute aus Deutschland.

In Deutschland geht in eineinhalb Jahren das letzte Kernkraftwerk vom Netz. Mache sich keiner die Illusion, dass die noch laufenden KKW einfach weiter betrieben werden könnten. Ihre Stilllegung ist geplant und schon weit vorbereitet, was nicht so ohne Weiteres rückgängig gemacht werden kann.

Der Strompreis hat sich verdoppelt

Zerstören ist viel einfacher, als aufzubauen. Das alles, was von Ideologen in 10 Jahren eingerissen wurde, wieder aufzubauen, würde 20 Jahre und mehr dauern. Welcher junge Mensch wäre heute in Deutschland so verrückt, sich eine berufliche Zukunft in der Kernenergie aufbauen zu wollen und dafür im Ausland zu studieren? Welcher Konzernchef wäre so verrückt, die Produktion von Groß-Komponenten für eventuelle Kernkraftwerke zu puschen? Welcher Investor würde in Kraftwerke investieren, die morgen vielleicht schon auf irgendeiner grünen Abschussliste stehen? In den nächsten 20 Jahren wird wohl in Deutschland kein Kernkraftwerk in Betrieb gehen. Vielleicht übernehmen das ja die netten Nachbarn für uns.

Als noch die vielgescholtenen „Strom-Monopolisten“ die Stromkunden „ausplünderten“, betrug der Strompreis 15 Cent/kWh. Heute hat sich der Preis verdoppelt, nämlich auf 30 Cent/kWh – Tendenz steigend. Das ist so, seit die Politik in die Stromversorgung eingegriffen hat. Und am 10. September 2020 hat man folgerichtig eine andere Seite der Energiewende erprobt, die immer fragiler werdende Versorgungssicherheit.

Am „Bundeswarntag“ sollten eigentlich die Sirenen heulen. Die unterschwellige Botschaft: „Bürger, bereitet Euch auf die verheerende Katastrophe eines großflächigen Blackouts besser vor“. Nur waren offenbar leider viele Sirenen auf „vibrieren“ geschaltet, und die App funktionierte nicht richtig. Und so wurde, passend zur Energiewende, auch der Bundeswarntag ein veritabler Flop.

Herkömmliche Sirenen haben im Blackout-Fall eher keine Notstromversorgung. Und was würde es auch nützen, wenn der Strom ausfällt, die gesamte Infrastruktur zusammenbricht und irgendwo heult eine Sirene los.

 

Manfred Haferburg ist der Autor des autobiografischen Romans „Wohn-Haft“. Als Schichtleiter im Kernkraftwerk kämpft er gegen Macht und Dummheit der Bonzen. Es macht ihn verdächtig, weil er sich der Einheitsbreipartei verweigert. Hexenprobe der Stasi ist eine erfolglose Anwerbung als Spitzel. Bald steht er auf allen schwarzen Listen seines Heimatlandes. Eine Flucht misslingt und eine Odyssee durch die Gefängnisse des „sozialistischen Lagers“ beginnt. Der Mauerfall rettet ihm das Leben und ein neues Leben in Paris wird aufgebaut, während sich in Deutschland die Spitzel im Bundestag breitmachen und die ehemaligen Genossen sich gegenseitig ums SED-Erbe den Schädel einschlagen. Ein Buch, das den Leser schier atemlos umblättern lässt. (103 Kundenbewertungen, 4,8 von 5 Sternen)

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier




Energiewende am Himmel: Wann kommt das E – Flugzeug?

Dennoch bleibt es nicht aus, dass man nun auch im Himmel, so wie auf Erden, den E-Antrieb fordert. Politiker und brave Journalisten lassen sich mit E-Planes ablichten und künden ein neues Zeitalter für den Luftverkehr an.

Zuhauf finden wir Überschriften wie diese:

Why the age of electric flight is finally upon us

By Tim Bowler

BBC News, Le Bourget, Paris, 3.7.2019

Ich schlage vor, wir schauen uns das mal an.

Der Preis des Auftriebs

Wenn Sie als Kind den Arm aus dem Autofenster gestreckt haben, dann spürten Sie den Druck des Fahrtwinds. Das funktioniert übrigens auch bei Erwachsenen, die jung geblieben sind. Je nachdem wie die Hand gedreht wird wirkt da eine Kraft nach oben oder nach unten, auf jeden Fall aber nach hinten.  Die nach oben, auch „Lift“ genannt, ist nützlich für die Fliegerei, damit können wir Maschinen fliegen lassen, die schwerer sind als Luft. Die Kraft nach hinten stört uns, weil sie das Flugzeug abbremst. Sie heißt „Drag“.

Die Tragflächen an einem Flieger will man nun so gestalten, dass sie möglichst viel Lift bei wenig Drag produzieren, mit anderen Worten man will das Verhältnis Lift / Drag (L:D) so groß wie möglich machen. Darüber haben die Ingenieure viel nachgedacht und herausgefunden,  dass dieses L:D umso besser wird, je länger man den Flügel macht und je kürzer das Maß von Vorder- zur Hinterkante der Tragfläche ist, genannt „Sehne“.

Bei Segelflugzeugen finden wir extrem lange Tragflächen mit ganz kurzen Sehnen. Das gibt ein optimales L:D, bis zu Zahlen von 40 oder 50. So ein Segelflieger sinkt bei ruhiger Luft gerade mal einen Meter und kommt dabei 50m voran. Aus guten Gründen haben Motorflugzeuge nicht so schlanke Flügel, aber man kommt dennoch auf ein L:D zwischen 10 und 20. Dabei wird der Drag natürlich nicht nur von den Tragflächen geliefert, sondern auch von Rumpf und Zubehör. Letzteres kann durch glatte, aerodynamische Formen stark gemindert werden, so wie bei Ihrem Sportwagen.

Ein Helikopter, dessen Tragflächen sich nicht geradeaus bewegen sondern im Kreis, hat ein L:D von 4-5; in dieser Kategorie liegen auch die Drohnen. Und der König der Lüfte und Schrecken der Fische, der Albatros, bringt es bei einer Spannweite von 3,5m auf ein rekordverdächtiges L:D von 20.

Egal wie der Flieger angetrieben wird, durch Muskelkraft, elektrischen Strom oder Benzin, und egal wie wir ihn „streamlinen“, der Drag der Tragflächen wird immer bleiben. Das ist der Preis, den wir für den Lift bezahlen müssen. Das ist der große Unterschied zum Auto – das braucht keinen Auftrieb. Deswegen ist Leichtbau beim Flugzeug oberstes Gebot. Deswegen sind Flieger aus Aluminium und Autos aus Stahl.

Unterwegs in der Boeing 737

Eine volle Boeing 737 wiegt 70 Tonnen und hat ein L:D von 14. Der Luftwiderstand in Flugrichtung entspricht also 70:14 Tonnen = 5 Tonnen. Das sind, als Kraft ausgedrückt, 50.000 Newton. (Die Zahlen die Sie hier lesen – außer die 737 – sind übrigens nicht auf das Hundertstel genau, aber das tut der ganzen Betrachtung keinen Abbruch. Denken Sie sich vor jeder Zahl immer ein gedrucktes „etwa“. Lieber ungenau und richtig als genau und falsch.)

Jetzt kommt noch etwas mehr Physik: um einen Gegenstand mit bestimmter Kraft und Geschwindigkeit zu bewegen brauchen wir eine bestimmte Leistung = Kraft x Geschwindigkeit. Die Kraft bei unserer B737 wissen wir schon, das sind die 50.000 Newton. Ihre Geschwindigkeit ist 250 m/sec. Multipliziert ergibt das eine Leistung von 12.500 Kilowatt  (Das gilt im Reiseflug. Die Triebwerke der B737 müssen bei Bedarf wesentlich mehr leisten, als die oben geforderten 50.000 Newton, etwa bei Start und Steigflug.)

Dafür wollen die Triebwerke gefüttert werden. Auf einen Flug von sechs Stunden nimmt man, einschließlich Reserve, Treibstoff für acht Stunden mit. Dann berechnet sich der an Bord notwendige Energievorrat– sei es Kerosin oder elektrischer Strom – folgendermaßen: 12.500 Kilowatt mal acht Stunden, das sind genau 100.000 Kilowattstunden. (Tatsächlich braucht man mehr, weil die eingespeiste Energie nicht zu 100% in Antrieb umgesetzt wird, aber so genau wollen wir das jetzt nicht wissen.)

Batterien

Normalerweise ist das Futter für die Motoren in Form von Kerosin an Bord, aber wir wollen ja jetzt elektrisch fliegen. Bauen wir also Elektromotoren an den Flieger und packen Batterien an Bord. Wie viele?

Eine typische Autobatterie hat 12 Volt Spannung und die Kapazität von 80 Amperestunden. Damit hat sie ziemlich genau eine Kilowattstunde gespeichert. Davon bräuchten wir jetzt nur 100.000 in den Flieger zu stellen und los geht’s. Als verantwortungsvolle Piloten checken wir vor Abflug gerade noch das Gewicht, das wir uns da einladen. Eine Batterie hat so etwa 20 kg, wir packen uns also 100.000 x 20 kg = 2000 Tonnen Batterien ein. Das passt mit den 70 Tonnen Maximalgewicht unserer 737 nicht so recht zusammen!

Zurecht weisen Sie mich jetzt darauf hin, dass diese schweren Bleibatterien von vorgestern seien, und  dass Elon Musk für seinen Tesla eine wesentlich leichtere Lösung gefunden hat. Einverstanden, die bringen aber immer noch 6 Kg pro kWh auf die Waage, also 600 Tonnen für den Betrieb unserer Boeing. Und auch die bringen wir in besagten 70 Tonnen nicht unter.

Sie wenden ein, dass es in der Vergangenheit schon immer unerwartete technische Durchbrüche gab, welche die geheiligten Thesen von gestern Lügen straften. Mag sein, aber hier wäre es nicht unerwartet, sondern herbeigesehnt. Und da kann man sich die Wartezeit nur damit vertreiben, dass man an inkrementellem Fortschritt arbeitet. Wir müssten aber eine Gewichtsminderung der Batterien um den Faktor 20 erreichen, um mit Kerosin gleichzuziehen. Das hört sich verdammt schwierig an und ist auch so.

Erinnern Sie sich an Boeings Schwierigkeiten mit dem nagelneuen B787 Dreamliner vor sieben Jahren? Da gab es “elektrische Feuer“ an Bord, verursacht durch die Batterien des Flugzeugs.

In unserem Auto startet die Batterie bekanntlich den Motor und versorgt das Radio, wenn wir auf jemanden warten müssen. Ähnlich ist es im Airliner; der hat zwei davon. Eine dient zum Anlassen der APU (Auxiliary Power Unit), eines Hilfsaggregats, welches dann seinerseits die großen Triebwerke startet. Die andere betreibt Funk und Elektronik, wenn alle Motoren noch schlafen.

Typischerweise sind das Nickel-Cadmium-Batterien und nicht viel größer als die im Auto. Um ein paar Kilo abzuspecken wurde im Dreamliner nun die modernere Lithium-Ionen-Variante eingesetzt. Und da gab es dann häßliche Überraschungen, die zum Grounding der 787 führten. Das war eine sehr teure Innovation, nur um das Gewicht von ein paar Touristenkoffern einzusparen. Und jetzt wollen wir den ganzen Flieger mit Lithium vollpacken?

In diesem Sinne ist kaum anzunehmen, dass unsere lieb gewonnenen Dinosaurier, die Kerosin verbrennen und Kondensstreifen hinterlassen, in den nächsten Jahrzehnten aussterben werden.

Ein elektrischer Biber

Jetzt aber halten Sie mir den ultimativen Trumpf vor die Nase, einen Zeitungsausschnitt von The Guardian vom Januar 2020. Da steht es schwarz auf weiß:

… Das E-Flugzeug – ein 62 Jahre alte DHC-2 de Havilland Beaver mit sechs Passagieren, die mit einem 750 PS starken Elektromotor nachgerüstet war – wurde von Greg McDougall, Gründer und Geschäftsführer von Harbour Air, pilotiert. „Für mich war dieser Flug wie das Fliegen einer Beaver, aber es war eine Beaver voller elektrischer Steroids. Ich musste tatsächlich die Leistung zurückdrehen “, sagte er nach der Landung. McDougall hatte das Flugzeug kurz nach Sonnenaufgang auf eine kurze Reise entlang des Fraser River in der Nähe des internationalen Flughafens von Vancouver genommen, vor rund 100 Zuschauern. Laut AFP-Journalisten vor Ort dauerte der Flug weniger als 15 Minuten.

Ein interessanter Artikel. Aber haben Sie auch den letzten Satz gelesen?

Wie funktioniert das? Der Motor leistet 750PS, das sind ca. 560 kW. Die brauchte er aber nur zum Start, dann wurde Leistung zurückgenommen – hat er selber gesagt – auf 60%. Dann hat er also eine viertel Stunde lang 60% von 560 kW = 336 kW verbraten, macht ca. 84 kWh. Und dann ist er gelandet.

Woher hat er die 84 kWh gehabt? Vielleicht von Freund Musk. Eine Standard Tesla-Batterie wiegt 540 kg und lieferte 85 kWh – dann ist sie leer. Eine halbe Tonne Sprit für 15 Minuten Flug! Hatten wir nicht gesagt, dass Flieger leicht sein müssen?

Reality Check

War das ein guter „Reality Check“ in Sachen E-Flugzeug?

Ich selbst bin zwar nie eine Beaver geflogen, dafür die Beech Bonanza. Sie ist etwas schlanker und hübscher als die Beaver, und schneller. Die sechssitzige A36 hat einen 220 kW 6-Zylinder Boxermotor, den man auf Strecke mit 60% Leistung fliegt und dabei pro Stunde 50 Liter Flugbenzin verbrennt. Das sind 0,3 Kilogramm Sprit pro Kilowattstunde im Vergleich zu 6kg bei der Tesla Batterie.  Anders ausgedrückt, mit den 540kg der Tesla-Batterie als Sprit an Bord  könnte man über 10 Stunden unterwegs sein, im Vergleich zu 15 Minuten im E-Beaver – am Fraser River entlang.

Und noch etwas: mit jeder Stunde Flug wird der Tank der Bonanza um 40 kg leichter. Die Batterien aber bleiben immer so saumäßig schwer, auch wenn sie ganz leer sind.

Elektrisches Fliegen ist ein attraktives Thema für Start-Ups, die mit guter PR Investoren ausfindig machen. Das ist eine realistische Zielsetzung. Die Physik aber lässt sich auch von bester PR nicht beeindrucken. „You cannot fool nature“.

Dieser Artikel erschien zuerst bei www.think-again.org und im Buch Grün und Dumm




Blick auf die Stromversorgung: Der Herbst und der „sichere“ Strom

Alle Räder stehen still – zumindest die Wind brauchen. Wenn nicht Kohle und Kernkraft Strom lieferten, sähe es derzeit ganz schlecht aus für die Versorgung in Deutschland. Doch die sollen ja bald wegfallen. Also französischer Atomstrom?

Sehen wir uns wieder einmal an, was jene 30 000 Windräder derzeit tun: nichts. Sie verschandeln die Landschaft, kosten ein Heidengeld und tun – nichts. Sie sollen eigentlich Deutschland mit vermeintlich umweltfreundlichem Strom versorgen. Ausschließlich Windkraft und Photovoltaik. Das ist die Idee.

Ein Blick in den Himmel zeigt: Flaute. Schon tagelang. Eine typische Wettersituation in Herbst und Winter. Hochdrucklage, kaum Luftdruckgegensätze, kaum Wind, Folge: kein Strom von Windrädern. Auch wenn es 60 000 sind. Dagegen viel Nebel, der auch die Solarzellen kaum Strom erzeugen läßt. Lediglich um die Mittagszeit liefern sie Strom, wenn der Hochnebel weg ist. Nachts liefern sie sowie nichts.

Ein Blick auf den Verlauf von Stromerzeugung und Verbrauch zeigt: Ohne Kohle und Kernkraft ginge nichts. Die Wasserkraft spielt mit etwa vier Prozent Anteil kaum eine Rolle. Die unter horrenden Kosten in Nord- und Ostsee eingepflanzten Windkraftparks lieferten fast keinen Strom. Kunststück, auch dort weht kaum Wind. Die in gelb hervorgehobenen Solaranlagen produzieren um die mittags- und Nachmittagszeit ein wenig Strom. Den Löwenanteil pumpen die konventionellen Kraftwerke in die Netze.

Das Bild belegt eindringlich: Ohne Kohle- und Kernkraftwerke sähe es bereits jetzt dunkel aus in Deutschland. Kernkraftwerke laufen derzeit rund um die Uhr. Doch im Industrieland Baden-Württemberg wird der letzte Block des Kernkraftwerkes Philippsburg am Ende des Jahres abgeschaltet. Das lieferte im ersten Halbjahr gemeinsam mit dem zweiten verbliebenen KKW Neckarwestheim noch die Hälfte des Stromes für Baden-Württemberg, wird aber bereits langsam heruntergefahren. Auf dem Gelände des Kraftwerkes ist bereits eine Baustelle entstanden mit Hallen und Maschinen, die für den Abbau der Blöcke gebraucht werden.

Abrißbagger führen aus, was die Politik will: Die Axt an das Industrieland Baden-Württemberg legen. Wenn die in Philippsburg fertig sind, können sie möglicherweise gleich nach Sindelfingen und Stuttgart rollen. Dort könnten dann die Daimler-Werke reif für die Abrißbirne sein.

Das letzte KKW in Deutschland soll in drei Jahren abgeschaltet werden und keinen Strom mehr liefern. Woher der dann kommt, weiss niemand. Auch noch so viele Windräder und Photovoltaikanlagen können prinzipiell keine permanente und sichere Stromversorgung aufrechterhalten. Wenn wie auf der Karte zu sehen ist, weitgehend Flaute herrscht und Wolken den Himmel bedecken, gibt es eben auch keinen Strom. Speicher in den benötigen Mengen gibt es ebenfalls nicht.Stromimporte aus dem Ausland werden einen Teil des Defizits decken. Doch die sind teuer und zeitlich begrenzt, denn das Ausland ist nicht in der Lage, eine Grundversorgung für Deutschland mit zu übernehmen.

Frankreich hat wohl mit Blick auf deutschen Irrsinn den Bau von fünf oder sechs neuen Kernkraftwerken angekündigt. Doch das ist erst eine Ankündigung, bis die Strom liefern könnten, gehen viele Jahre ins Land.

Da passt die Entscheidung aus Berlin gut, das Klimagesetzpaket zu verabschieden, eine CO2-Steuer zu erheben, die Kohlekraftwerke abzuschalten und private Ölheizungen abzuschaffen. Damit wird übrigens auch großenteils die Fernwärmeversorgung gekappt. Frieren für die Klimawende.

Das Gute an der Flaute: Der Rotmilan kann sich derzeit freuen. Er wird eher nicht von Windradflügeln erschlagen




Schweden: Unternehmen ohne Strom

Vielleicht könnte ein Blick nach Schweden helfen. Dort machen Unternehmen seltsame Erfahrungen und Investoren fliehen bereits aus der Provinz Skåne (Schonen) in Südschweden. Die Region hat bereits Investitionen in Milliardenhöhe verloren.

Der Grund: Stromknappheit. Nein, nicht in Kuba oder Venezuela, sondern im Industrieland Schweden. Wie Per Tryding, stellvertretender Geschäftsführer der Handelskammer Sydsvenska schreibt, stehen hinter dieser misslichen Lage eine Reihe von politischen Misserfolgen, die »für den Rest Schwedens eine Warnung sein sollten«.

Tryding erinnert: »Die Tatsache, dass sich Unternehmen auf stabile Lieferungen zu wettbewerbsfähigen Preisen verlassen können, war eine der Geheimwaffen der Exportindustrie.« Er verweist darauf, dass Unternehmen eine stabile Stromversorgung benötigen, um produzieren zu können. Das wäre früher als alberner Allgemeinplatz kritisiert worden. Doch Tryding erwähnt ausdrücklich, dass »gerade Industrien mit hohem Stromverbrauch wie die Holzpapier Stahl und Autoindustrie … eine stabile Stromversorgung (benötigen), um produzieren zu können.«

Doch heute bekommt eine Reihe von Unternehmen einfach keinen Strom mehr.

Zwei Dinge haben nach seiner Auffassung zu der Situation geführt. Einmal wächst die Metropolregion Skåne, schafft viele neue Arbeitsplätze und damit auch einen großen Zustrom von Unternehmen und Mitarbeitern. »Das bedeutet, dass die Energieversorgung dringend hochgefahrener werden muss.«

Doch gleichzeitig wurde die Energieversorgung der Region mit einem mittlerweile gescheiterten Experiment geprüft. Das begann mit der Abschaltung des Kernkraftwerkes Barsebäck in der Region. Schweden versprach zwar, durch den Bau großer Übertragungsleitungen aus dem Norden Strom in den Südwesten zu liefern. Doch noch immer steht diese Verbindung nicht, und Experten fürchten, dass es auch noch viele weitere Jahre dauern wird, bis die Leitung steht.

Folge: Die Energieversorgung ist zusehends angespannt. Außerdem erhöhte der Staat Energiesteuern. Weitere Folge: Die beiden einzigen großen KWK-Anlagen der Region wurden abgeschaltet, da sie unrentabel wurden.

Der Geschäftsführer der südschwedischen Handelskammer beschwert sich noch über einen weiteren Faktor: »Südschweden ist ein separater Elektrizitätssektor, den der Staat mit Unterproduktion und damit mit höheren Preisen als das übrige Schweden belegt hat. Somit besteht in der Region bereits ein fester Preisnachteil.« Nach dem sozialistischen Motto: Dort steckt das Geld, holen wir es.

Schweden wäre für deutsche Unternehmen eine Reise wert. Wie fühlt sich Strommangel an? Da will eine Industrie in einem scheinbar so fortschrittlichen Industrieland produzieren – und erhält keinen Strom mehr. Tryding: »Was jetzt in Skåne passiert, verdient keine der fortschrittlichsten Volkswirtschaften der Welt. Und es besteht Grund zur Befürchtung, dass sich die Situation nach Norden ausbreitet.«

Einer solchen Bildungsreise könnten sich deutsche Politiker anschliessen, zum Beispiel aus Baden-Württemberg. 

Dort, in der Landeshauptstadt Stuttgart bekommen sie in der Regierung schon weiche Knie angesichts des Desasters, dass sich in der Energieversorgung zum Jahreswechsel abzeichnet. Nur noch zwei Kernkraftwerke sorgen für genügend Strom im (noch) Industrieland Baden-Württemberg. Kernkraftwerk Philippsburg zwei wird bereits heruntergefahren und soll am Ende des Jahres vollkommen abgeschaltet werden. Bislang liefert dieses Kraftwerk 30 Prozent der elektrischen Energie für Baden-Württemberg. Woher die gewaltige Menge im nächsten Jahr kommen soll, ist völlig offen. Kein Mensch im Kabinett Kretschmann hat eine genaue Vorstellung davon. Das Nachbarland Frankreich hat auch teilweise mit Engpässen in der Elektrizitätserzeugung zu kämpfen.

Der baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller wird zitiert, dass er intern geäußert habe, sich Laufzeitverlängerungen der beiden Kernkraftwerke vorstellen zu können. 

Jetzt legt Landwirtschaftsminister Peter Hauck (CDU) mit dem Spruch nach, die Kernkraftwerke Neckarwestheim und Philippsburg zehn Jahre länger am Netz zu lassen als bisher geplant. Ihn treibt allerdings weniger die Sorge um eine funktionierende Stromversorgung um als vielmehr um einen noch schnelleren Ausstieg aus den Kohlekraftwerken. Hauck zitierte die Werteunion, jene konservative Gruppierung von CDU und CSU: »Man sollte zumindest darüber diskutieren, ob wir zehn Jahre früher aus der Kohle aussteigen und die ‚Braunkohleschleudern‘ abschalten«. 

Die Elektrizitätserzeuger allerdings lehnten bereits entsprechende Überlegungen der Werteunion ab. Die EnBW betreibt Neckarwestheim zwei und Philippsburg zwei. Ob der Energiekonzern sich auf eine Abkehr der Vereinbarung mit der Politik »Ausstieg aus der Kernkraftwerk gegen Ruhe an der Entsorgungsfront« einlassen würde, dürfte sehr zweifelhaft sein.

Zumal Hauck alles andere als glaubwürdig erscheint; er trieb als glühender Anhänger Merkels die Vergrünung der baden-württembergischen CDU voran. Gern will er vermutlich auch die Werteunion vorführen. Er beruft sich außerdem auf die aktuelle Klimahysterie und führt den Unsinn CO2-Minderung an und wirft diese Ökoideologie nicht über den Haufen.

Wie beschreibt der schwedische Handelskammermann Tryding die Reaktion der Betriebe auf die Stromknappheit? »Daher ist das Gefühl der Unwirklichkeit groß, wenn schwedischen Unternehmen bei Investitionen der Anschluss an das Stromnetz verweigert wird.«

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Massen-Stromausfälle in Deutschland: Welche Folgen werden sie haben?

Von Edgar Timm.

Hunderttausende haben den Thriller „Blackout“ von M. Elsberg gelesen.

Fast unbekannt ist dagegen die 136 Seiten starke „Drucksache des Bundestages Nr. 17/5672 vom 27.04.2011 (Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel eines großräumigen und langandauernden Ausfalls der Stromversorgung)„.

Dieses Ergebnis einer großangelegten wissenschaftlichen Studie ist viel erschreckender. Sie entstand im Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag unter Mitwirkung zahlreicher Wissenschaftler und wurde im Mai 2011 im zuständige Ausschuss (nicht jedoch im Parlament) diskutiert. Vielen Volksvertretern dürften daher die möglichen Folgen eines überhasteten Ausstiegs aus der konventionellen Elektrizitätsversorgung nicht bekannt sein. Das nachfolgende Szenario beschreibt die Auswirkungen eines landesweiten Blackouts auf unser tägliches Leben – auf unsere Zivilisation. Zur Einstimmung das Fazit der Studie:

„Die Folgenanalysen haben gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit (lebens)notwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht „beherrschbar“, allenfalls zu mildern …“ (S. 16 der o.g. Drucksache)

Zunächst ein paar Fakten. Fakt ist, dass die Sonne in den Wintermonaten in Europa ungefähr zwischen 15 Uhr (Warschau) und 18 Uhr (Cadiz) untergeht. Fakt ist ebenfalls, dass die Sonne in Deutschland im Juni auf ca. 60° steht, im Dezember jedoch nur auf ca. 10° – Solarstrom steht uns deshalb gerade dann nicht zur Verfügung, wenn der Stromverbrauch am größten ist.

Eine Studie der Energy Brainpool GmbH & Co. KG im Auftrag der Greenpeace Energy eG. aus dem Jahre 2017 fasst zusammen:

„Bei der Analyse der Wetterjahre 2006 bis 2016 zeigte sich in jedem zweiten Jahr mindestens eine zweiwöchige Phase mit einer ähnlich angespannten Situation wie in den 14 Tagen vom 23. Januar bis 6. Februar 2006, der als Extremfall einer kalten Dunkelflaute gilt.“

Seinerzeit traten zahlreiche Frost- und Eistage auf. Im Bergland lag oberhalb von 500 Metern an 28 Tagen Schnee. In Ostbayern und im nördlichen Mittelgebirgsraum hat es an mindestens 20 Tagen gefroren. In Oberstdorf im Allgäu lagen die Tiefstwerte um den 12. Februar zwischen minus 20 und minus 22 Grad.

Im Januar 2017 mussten rund 26.000 Windkraftanlagen und mehr als 1,2 Millionen Solaranlagen wegen einer „Dunkelflaute“ ihre Arbeit für lange Zeit einstellen.

 „Ein für diese Jahreszeit typisches Hochdruckgebiet sorgte für zehntägige Windstille und Nebel – während zugleich der Strombedarf in Deutschland stark anstieg, weil es ziemlich kalt war.“ (Welt, 06.02.2017).

Am 24. Januar 2017 deckten die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke mehr als 90 Prozent des deutschen Strombedarfs – und an fast allen anderen Tagen zwischen dem 16. und dem 26. Januar war es sehr ähnlich. Biomasse- und Wasserkraftwerke lieferten etwa zehn Prozent des Bedarfs.

Ein kalter Winter macht nicht an einer deutschen Grenze halt

Das Defizit wurde durch „Atomstrom“ aus Frankreich, „Kohlestrom“ aus Polen und weiteren Quellen anderer europäischer Anbieter gedeckt. Der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. bemerkt dazu:

„Die Zeiten, in denen sehr viel Strom nachgefragt werde, sind in Mitteleuropa nahezu deckungsgleich. Ist die Stromnachfrage in Deutschland hoch, sei dies in der Regel auch in den angrenzenden Staaten der Fall. Ein besonders kalter Winter mache nicht an einer deutschen Grenze halt. Und die stromintensiven Werktage seien in Europa auch identisch“.

Ausländische Reservekraftwerke werden jedoch auch deshalb zukünftig nicht mehr im gewohnten Umfang zur Verfügung stehen, weil in vielen Nachbarländern wegen der günstigen Strompreise elektrisch geheizt und neuerdings auch die E-Mobilität gefördert wird. Doch das Konzept „Strom 2030“ der Bundesregierung setzt unverdrossen auf Stromimporte, die die Versorgungssicherheit absichern sollen. Immerhin wird konzidiert, „dass bei einem zusätzlich angenommenen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung die berücksichtigten Zubauten an Grenzkuppelkapazitäten nicht ausreichen, um die Versorgungssicherheit während der kalten Dunkelflaute zu gewährleisten.“

Im Jahr 2018 ist laut Agora Energiewende „zwar keine längere kalte Dunkelflaute aufgetreten, allerdings hat es von Mitte Februar bis Anfang März eine Periode mit Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius gegeben, in die auch eine sechstägige (17. bis 23. Februar) Phase gefallen ist, in der nur in geringem Umfang Strom aus Erneuerbaren Energien in das Netz eingespeist worden konnte …“

Und „im ersten Quartal 2019 war das Wetter teilweise sehr schön. Schönes Wetter aber ist der Feind der Windstromerzeugung. Zwar scheint verstärkt die Sonne. Die aber ist im Winter schwach und kann den fehlenden Windstrom nicht ausgleichen. Am 10.1.2019 fiel die Netzfrequenz unter die benötigten 50 Hertz. In der Folge mussten große Stromverbraucher, zum Beispiel Aluhütten, vom Netz genommen werden, damit der bevorstehende Blackout in Europa verhindert werden konnte.“ (Rüdiger Stobbe am 09.04.2019: Woher kommt der Strom? 13. Woche und ein Beinahe-Blackout).

Wir sehen also, dass eine „kalte Dunkelflaute“ nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist – das sollte auch den Mitgliedern des Deutschen Bundestages bekannt sein, denn die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages berichten am 31. Januar 2019 zum Thema „Sicherstellung der Stromversorgung bei Dunkelflauten“.

Innovative Speicher, die eine Flaute von mindestens zwei Wochen überbrücken könnten, stehen nicht zur Verfügung – sie müssen noch entwickelt, geplant, getestet, genehmigt, gebaut und bezahlt (!) werden. Das wird noch Jahrzehnte dauern. Der Greenpeace-Traum, bereits im Jahr 2040 eine zu 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung auch während der kalten Dunkelflaute zu gewährleisten, indem Gaskraftwerke als für die Versorgungssicherheit notwendige flexible Erzeugungskapazität ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnenes Gas verbrennen, erscheint anspruchsvoll, denn 20 Prozent der eingebrachten Energie gehen bei der Umwandlung in Wasserstoff durch Abwärme verloren. Die Herstellung von synthetischem Methan kostet ein weiteres Fünftel. Verstromt man das synthetische Gas wieder, bleiben nur 40 Prozent der ursprünglichen Energiemenge übrig.

In den frühen Abendstunden eines Werktages im Dezember…

Wie wirkt sich das alles auf unser tägliches Leben aus – und was hat das mit Europa zu tun? Natürlich kann der genaue Zeitpunkt für einen umfassenden Stromausfall nicht prognostiziert werden. Aufgrund der oben genannten Fakten ist es jedoch wahrscheinlich, dass wir dieses Phänomen in den frühen Abendstunden eines Werktages im Dezember, Januar oder Februar erleben werden. Wenn wir Glück haben, steht zu dieser Zeit ein Vollmond am unbewölkten Himmel – ansonsten ist es „zappenduster“ – wie zum Beispiel am 15.12.2020, wenn nur 0,1 Prozent der sichtbaren Mondoberfläche das Sonnenlicht reflektieren werden. Leider wird sich dieses Ereignis nicht darauf beschränken, dass kein Strom mehr aus unseren Steckdosen kommt, Fernseher und PC streiken, Föhn und Kaffeemaschine ihren Dienst verweigern und wir beim Candle-Light-Dinner Schmalzstullen verzehren müssen. Einschneidender werden andere Folgen sein:

Fernzüge und U-Bahnen werden in Tunneln und Fahrstühle zwischen zwei Stockwerken steckenbleiben. Büros und Einkaufszentren werden statt hell erleuchtet in Finsternis gehüllt sein. Auch die Straßenbeleuchtung und Verkehrsampeln fallen aus. Auf den Straßen herrscht Chaos – nicht nur private PKW, sondern auch Busse und Taxis stecken fest, und der schnellste Weg nach Hause dürfte häufig der Fußmarsch sein. Allerdings: Das einzige Licht liefern die Scheinwerfer von Fahrzeugen – das heißt, entweder man huscht zwischen zwei Autos über die Straße oder man stolpert durch die Dunkelheit und landet gelegentlich in der Horizontalen. Radfahrer erkennen trotz moderner LED-Scheinwerfer vor ihnen befindliche Hindernisse nicht rechtzeitig und stürzen. Eltern können ihre Kinder nicht von der Kita abholen – der Versuch, dort anzurufen, scheitert, weil der Router der Kita mangels Strom auch die „Voice-over-IP“-Festnetzgespräche nicht mehr annehmen kann.

Zu Hause angekommen, können wir noch genau einmal das WC benutzen, denn die Pumpen in den Wasserwerken werden elektrisch angetrieben. Ohne Notstromaggregate verweigern auch sie den Dienst – und ohne Druck in den Leitungen kann in den Wasserkasten nichts nachlaufen.

Am nächsten Morgen stellen wir fest, das noch immer kein Strom da ist. Die Wohnung ist dunkel, das Radio bleibt stumm, WC und Dusche funktionieren noch immer nicht und es ist merklich kühler als sonst um diese Tageszeit, denn die Heizung ist ebenfalls ausgefallen. Die Straßen sind noch immer dunkel und die Fahrspuren durch E-Mobile blockiert, in denen die Fahrer mit laufender Heizung die Nacht verbracht haben.

Der Versuch, zur Arbeit, in die Schule oder zur Universität zu gelangen, schlägt fehl. Elektrisch betriebene Bahnen fahren nicht, und auch der Busverkehr ruht, da die Benzinpumpen in den Depots ihren Dienst verweigern. Natürlich können wir niemanden per Mail oder Telefon über unser Fernbleiben benachrichtigen.

Die Tage nach dem großen Stromausfall. In den Supermärkten funzelt die Notbeleuchtung. Die ersten Hamster sind unterwegs. Palettenweise sammeln sie hastig Wasserflaschen, Brot und weitere lebensnotwendige Dinge, um sie nach Hause zu bringen. An den Kassen bilden sich lange Schlangen, denn weder Barcodescanner noch Kartenleser funktionieren. Bargeld (in kleinen Scheinen) lacht – allerdings sind auch die Geldautomaten der Banken und Sparkassen seit gestern in den Streik getreten. Am besten gehen wir wieder ins Bett – mit Socken und Pullover. Bevor der Inhalt von Kühlschrank und Frostfach vergammeln, gönnen wir uns ein Restemenü im Kerzenschein.

Nach drei Tagen ist nicht nur der Kühlschrank leer – auch der Supermarkt an der Ecke. Wahrscheinlich wurde er von Plünderern geräumt. Überhaupt bricht die Zivilisation langsam zusammen. Auf den Straßen gilt das Recht des Stärkeren, denn die Ordnungs- und Rettungskräfte sind machtlos. Kaum noch jemand wagt sich auf die Straße. Die Regierung erwägt, den Notstand auszurufen. Langfristige Freundschaften und sogar Familienbande zerreißen, weil Menschen, die für diesen Fall vorgesorgt haben, ihre Vorräte nicht teilen wollen mit Leuten, die sich vor kurzem noch darüber lustig gemacht haben.

Das körperliche Wohlbefinden nähert sich dem Nullpunkt – Katzenwäsche mit kostbarem Selterswasser statt Dusche und Katzenklo anstelle des WC. Nach mehreren Tagen ohne Heizung sinkt die Temperatur in vielen Wohnungen unter den Gefrierpunkt. Um nicht zu erfrieren, werden Menschen ihren Holzkohlegrill im Wohnzimmer anfeuern und im Kohlenmonoxidrausch ins Nirvana hinüberdämmern. Feuerwehr und Rettungsdienste kommen nicht mehr – selbst wenn man sie rufen könnte. Wer nicht rechtzeitig das Wasser aus den Leitungen abgelassen und die Rohre belüftet hat, riskiert Rohrbrüche. Wenn die Wasserwerke wieder liefern, läuft das Wasser nicht aus dem Hahn, sondern direkt aus der Wand. Auf jeden Fall müssen die Rohrleitungen vor der Inbetriebnahme entkeimt und gut gespült werden, sonst drohen lebensgefährliche Krankheiten wie die bekannte Legionellose.

Wer glaubt, er sei nicht betroffen, weil er auf dem Land oder in einer Concierge-bewachten Stadtvilla wohnt, wird sich wundern. Wenn Frau und Kinder hungern, werden selbst kreuzbrave Familienväter zu Raubtieren – und Männergruppen, die gestern noch friedlich in der Fußgängerzone verweilten, werden marodierend durch die Vorstädte ziehen. Ungehindert, denn Polizei und Bundeswehr sind für diese Situation weder materiell noch psychisch gerüstet. Es wird einen Kampf „Jeder gegen Jeden“ geben, den die Stärksten und Rücksichtslosesten gewinnen.

Wer kein Auto hat, besorgt sich eins

Die Flughäfen sind weitgehend gesperrt, da der Regelbetrieb mit Notstromaggregaten nicht gewährleistet werden kann. Insbesondere die Gepäcksortieranlagen funktionieren nicht mehr. Wer Glück hat, kann vielleicht mit einem Stück Handgepäck in eine europäische Metropole flüchten. Ob man dort bei der Einreise einige Tausend Euro in bar nachweisen muss oder die MasterCard genügt?

Wer dem Chaos mit dem Auto entfliehen will und genügend Sprit im Tank hat, wird das nächste Nachbarland ansteuern. Wer kein Auto hat, besorgt sich eins. Carjacking macht die einen mobil und läßt die anderen ratlos am Straßenrand stehen. Wer nicht Opfer einer Gewalttat werden will, wird Gas geben, wenn eine vermeintlich hilflose Person am Straßenrand liegt.

Wie geht es weiter? – Direkte und indirekte Kosten eines mehrwöchigen Blackouts. Die Technikfolgenabschätzung (Drucksache des Bundestages Nr. 17/5672 vom 27.4.2011) fasst auf S. 31 ff die zu erwartenden Schäden wie folgt zusammen:

„Vor dem Hintergrund der Erfahrung mit bisherigen nationalen wie internationalen Stromausfällen lässt sich sagen, dass ein langandauernder Stromausfall erhebliche Kosten verursachen wird: durch primäre Personen- und Sachschäden sowie weitere betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Folgeschäden aufgrund von Verzögerungen und Ausfällen bei Dienstleistungen und produzierendem Gewerbe. Diese werden weit über das eigentliche Schadensereignis hinausreichen … Es darf vermutet werden, dass für ein mehrwöchiges Stromausfallszenario mit einer Vielzahl von Nebenfolgen sowie Auswirkungen auf andere kritische Infrastrukturen weitere unmittelbare Kosten zu erwarten sind, wobei diese wahrscheinlich nach kurzer Zeit exponentiell ansteigen. Ferner müssen die späteren Kosten für die Beseitigung von Schäden und die sukzessive Wiederinbetriebnahme aller Abläufe in Wirtschaft und Gesellschaft in Rechnung gestellt werden … Über die ökonomische Perspektive hinaus sollten aber auch die gesellschaftlichen Kosten eines in seinen Folgen katastrophalen Stromausfalls bedacht werden.“

Menschen haben ihr Leben verloren, Nutztiere sind verendet und Lebensmittel im Wert von Milliarden Euro vernichtet. Die logistischen Ketten sind zerbrochen – das bedeutet u.a., dass Apotheken weiterhin keine lebensnotwendigen Medikamente ausliefern können. Billiges Fleisch aus der Massentierhaltung gibt es nicht mehr – was nicht nur Tierschützer begeistert, wird zum Bumerang: Um nicht zu verhungern, werden die Menschen auf andere Kost ausweichen – die dadurch für BAFöG- und Hartz4-Empfänger unbezahlbar wird. Auch die „Tafeln“ können nicht helfen, da sie keine Lebensmittel mehr erhalten, deren Mindesthaltbarkeitsdatums abgelaufen ist.

Viele Fabriken haben nur noch Schrottwert

Krankenhäuser, Schulen und zahlreiche andere Gebäude müssen wieder zum Gebrauch hergerichtet werden. Viele Fabriken haben nur noch Schrottwert, private und öffentliche Immobilien sind durch Vandalismus zerstört. Viele Häuser sind unbewohnbar – um den Menschen kurzfristig ein Dach über dem Kopf zu sichern, kommt es zur Wohnraumbewirtschaftung, das heißt zu Zwangseinweisungen in solche Immobilien, deren Bewohner mehr als zum Beispiel 20 Quadratmeter/Kopf zur Verfügung haben.

Vermögen im Wert von Billionen Euro sind ausgelöscht. Sparguthaben und Wertpapiere werden durch einen „Lastenausgleich“ oder im Rahmen einer Währungsreform abgewertet – in der Folge können Lebensversicherungen und Versorgungswerke ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen. Und weil die Steuern nur noch spärlich fließen, wird auch der öffentliche Dienst nicht ungeschoren davon kommen. Gehälter und Pensionen müssen gekürzt werden, überflüssige Aufgaben fallen weg. In den Universitäten werden ganze Lehrstühle aufgelöst, Subventionen nicht nur für Kulturschaffende werden gestrichen. Erst mit wochenlanger Verspätung beginnt das große Aufräumen wenn die Tage wieder länger werden.

Wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Mögliche Probleme beurteilt man hinsichtlich ihrer Tragweite und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit. Werden für ein zukünftig eventuell eintretendes Ereignis beide Parameter als bedeutend eingestuft, muss dieses Problem gelöst werden: Tragweite und Eintrittswahrscheinlichkeit des möglichen Ereignisses müssen, soweit vertretbar, minimiert werden.

Allgemein anerkannt wird, dass ein auch nur regionaler Stromausfall über mehrere Tage für die Betroffenen zumindest lästig ist, sie aber zeitnah mit Hilfe aus anderen Regionen rechnen können. Wegen der hohen und zunehmenden Abhängigkeit von elektrischer Energie sowie der wachsenden Komplexität der Informationsflüsse stellt ein großräumiger und langandauernder Ausfall der Stromversorgung jedoch hinsichtlich der Tragweite eine Katastrophe dar – deren Eintreten sich die meisten Menschen allerdings bislang nicht vorstellen können (siehe S. 14 der BT-Drucksache). Durch die angepeilte „Energiewende“ ist die Eintrittswahrscheinlichkeit einer solchen Katastrophe jedoch drastisch gestiegen.

Zweimal am Tag je eine Stunde lang Strom

Wie eingangs beschrieben, stellten im Januar 2017 die Windkraft- und Solaranlagen genau zehn Tage lang kaum Leistungen zur Verfügung – regenerative Energien konnten nur zehn Prozent des Strombedarfs decken. Die seinerzeitige Wetterlage kann sich jederzeit wiederholen – und zwar mehrfach innerhalb eines Jahres, und dann können es fünf, zehn oder auch mehr Tage sein. Doch schon in naher Zukunft haben wir weder ausreichend Kern- noch Kohlekraftwerke, die uns versorgen – das KKW Philippsburg 2 soll zum Beispiel am 1.1.2020 vom Netz gehen. Selbst wenn der Wind wieder kräftig weht, wird kein Strom erzeugt, denn Windkraftwerke sind nicht „schwarzstartfähig“. Tausende Windräder müssen zunächst mit elektrischer Kraft, die vermutlich aus Erdgas gewonnen wird, in Position und in Schwung gebracht werden. Aber Gaskraftwerke soll es ja bald auch nicht mehr geben.

Vielleicht werden die Stromversorger und die Bundesnetzagentur bei einem drohenden Blackout aber gut vorbereitet sein: Smartmeter könnten so programmiert werden, dass pro Haushalt maximal noch 200 Watt zur Verfügung stehen – damit kann man entweder seine Brennwerttherme betreiben oder die LED-Beleuchtung einschalten. Alle großen Haushaltsgeräte, aber auch Kaffeemaschine und Fön, bleiben außer Betrieb.

Oder die Elektrizitätsunternehmen sorgen rechtzeitig für lokale beziehungsweise regionale Stromabschaltungen. Wenn nur zehn Prozent der üblichen Strommenge zur Verfügung stehen, bekommt jeder Verbraucher eben nur zweimal am Tag je eine Stunde lang Strom. Gleiches gilt für Supermärkte und Tankstellen. Nur jeder zehnte Intercity und Regionalzug dürfte dann noch fahren – gleiches gilt für den ÖPNV. Wenn Krankenhäuser, Versorgungseinrichtungen u.ä. keinen Einschränkungen unterliegen sollen, muss der private Verbrauch noch weiter reduziert werden. Alles, was Spaß macht, wird ohnehin abgesagt – es gibt keine Kino-, Konzert-, Sport- und Theaterveranstaltungen mehr; Einkaufszentren, Kaufhäuser und Kneipen werden geschlossen. Kurzum: Bei Flaute verödet das gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Leben.

Wir wissen, dass es Menschen gibt, die sich freuen würden, wenn Deutschland durch einen Blackout und die daraus folgende Deindustrialisierung seinen Anteil am globalen CO2-Ausstoß in kurzer Zeit von zwei auf ein Prozent halbieren könnte – auch wenn es innerhalb weniger Tage auf den Stand von 1945 zurückfällt.

Wer kann, wird Deutschland jedoch nach einem solchen Ereignis verlassen – Ärzte, Ingenieure und qualifizierte Handwerker können sich anderswo eine neue Existenz aufbauen.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Zuerst erschienen bei der Achse des Guten.