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Umwelt : Es geht nicht ohne Zwang?

Der Machbarkeitswahn hat ein neues ­Motto – dank den Grünen, die seit einem halben Jahrhundert gegen den Machbarkeitswahn kämpfen: «Es geht.» Kein Problem, den Ressourcenverbrauch der Schweizer bis ins Jahr 2050 auf ein Drittel einzuschränken, wie es die Initiative für eine «grüne Wirtschaft» fordert, über die das Volk am 25. September ­abstimmt. Kein Zwang also, kein Verbot von Fliegen oder Fleischessen, denn: «Es geht.»

Wie es geht, erklärte der grüne Nationalrat Bastien Girod im Gespräch mit der Weltwoche: «Allein mit den Massnahmen, die das Klimaabkommen von Paris vorsieht, liesse sich der ökologische Fussabdruck auf eine Erde verringern.»

Im letzten Dezember versammelten sich die Oberhäupter aller Staaten in Paris und erklärten nach zwei Wochen Wortklauberei die Welt für gerettet:

Sie verpflichten sich, den CO2-Ausstoss ihrer Länder so einzuschränken, dass die Erderwärmung – so sie sich denn an die Modellrechnungen hält – «deutlich unter zwei Grad» bleibt.

Das Abkommen tritt in Kraft, wenn es 55 Staaten mit insgesamt 55 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses ratifizieren. Das haben bisher 23 Staaten getan; sie stossen allerdings zusammen nur ein Prozent des CO2 aus.

Da­gegen kämpft die EU um eine gerechte Verteilung der Lasten: Sie will insgesamt ihren Ausstoss bis 2030 um 40 Prozent senken, keines der Länder geht aber darüber hinaus – und Grossbritannien mit seiner strengen Klima­politik fällt weg. Immerhin wollen US-Prä­sident Obama und Chinas Staatspräsident Xi die Ratifikation bekanntgeben, bevor sie sich am 4. und 5. September zum G-20-Gipfel im chinesischen Hangzhou treffen.

Nur: Obama braucht für Verträge eigentlich eine Zweidrittelmehrheit im (republikanischen) Senat, und Xi schränkt sein Land als grössten Emittenten gar nicht ein: Die Schwellenländer, mit insgesamt zwei Dritteln des CO2-Ausstosses, können weitermachen wie bisher.

Was das heisst, sagte US-Aussenminister John Kerry vor Paris noch offen:

«Auch wenn die ­Industrienationen ihre Emissionen auf null zurückfahren, genügt dies nicht.»

Für die Schweiz versprach Bundesrätin Doris Leuthard, den Ausstoss bis 2030 zu halbieren – ­dieses Ziel liesse sich nur mit schmerzlichen ­Einschränkungen erreichen. Und selbst wenn alle reichen Staaten dem Vorbild der Schweiz folgen würden, gälte die Einsicht von John Kerry:

Die Welt retten? Es geht (so) nicht!

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Die Weltwoche, Ausgabe 35/2016 | Donnerstag, 1. September 2016

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Allein im Gegenwind

«Jetzt müssen wir zuerst einmal abwarten», riet Christoph Blocher im Gespräch mit dem Newsnetz. «Während Katastrophen darf man keine langfristigen Entscheide treffen, die nicht nötig sind», wusste der Luftschutz­oberst ausser Dienst. Das Interview erschien am 17. März 2011. Sechs Tage zuvor hatte ein Tsunami die Küste von Japan verwüstet und im Reaktor von Fukushima eine Kernschmelze ausgelöst, drei Tage später hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel das ­Abstellen von sieben Kernkraftwerken angeordnet: die Energiewende.

Auch in der Schweiz trafen die Politiker – entgegen dem Rat von Blocher – innert kürzester Zeit einen langfristigen Entscheid: 
Sie forderten den Totalumbau der Schweizer Energieversorgung bis 2050, dabei schrieben sie die Erzeugung und den Verbrauch von Strom für drei Jahrzehnte auf die Megawattstunde genau fest. Das Umsetzen des Jahr­hundertprojekts dauert etwas länger: In der laufenden Frühlingssession, zum fünften ­Jahrestag der Katastrophe von Fukushima, soll das Parlament die Feinarbeit an der Energiestrategie 2050 so vorantreiben, dass es sie im Sommer verabschieden kann. Zeit für eine Zwischenbilanz: für eine Geschichte von ­Opportunisten und Profiteuren.

Die Wendehälse – Wer als Zeithistoriker untersucht, weshalb eigentlich ein Seebeben vor Japan die Deutschen und die Schweizer (und nur sie!) erschütterte, der erlebt eine Über­raschung. «FDP vollzieht die Energiewende», staunten die Medien schon am 17. März 2011: Die Nationalräte Filippo Leutenegger und ­Fulvio Pelli sprachen sich in einem «freisinnigen Rückwärtssalto» (St. Galler Tagblatt) für ­eine Zukunft ohne Kernkraftwerke aus – denn sie fürchteten sich vor Verlusten wegen der neu antretenden Grünliberalen bei den Zürcher Kantonsratswahlen vom 3. April. Und für die Energiewende warb auch der Basler Nationalrat und Gewerbefunktionär Peter Malama († 2012): Sie bringe dem Gewerbe reichen ­Segen, so etwa den Installateuren von Sonnenkollektoren.

Noch wendiger zeigte sich nur BDP-Präsident Hans Grunder. Der Berner kämpfte noch bei der kantonalen Volksabstimmung vom 13. Februar für ein neues Werk in Mühleberg – im Verwaltungsrat der Eigentümerin BKW sitzen schliesslich der Ex-Finanzdirektor und die Finanzdirektorin aus seiner Partei. Einen Monat später warf er sich in Pose als erster Bürgerlicher, der den Atomausstieg forderte.

Aber CVP-Präsident Christophe Darbellay liess sich beim Slalom nicht abhängen. Seine Bundesrätin, Energieministerin Doris Leuthard, machte ihrer Partei noch am 26. März «sachlich kühl, fast im Stil einer Vorlesung» (NZZ) klar, dass die Schweiz den Atomstrom weiter brauche. Aber auch sie fügte sich – mit wie viel Überzeugung, wird erst in ihren Memoiren nachzulesen sein – der Parteiräson: Nur auf der Welle aus Japan surfend, konnten die Mitteparteien vermeintlich Verluste bei den Nationalratswahlen im Oktober abwenden.

«Wir können verhindern, dass sich die Parteien im Wahlkampf in der Energiefrage gegen­seitig blockieren», jubelte deshalb am 17. April in der Sonntagszeitung, dem Publikationsorgan der Wendehälse, der FDP-Nationalrat Otto In­eichen († 2012): «Wir machen den Weg frei für die Energiewende.» Eine Allianz von «energiepolitischen Schwergewichten», von den Nationalräten Bastien Girod (GP) und Beat Jans (SP) bis zu SVP-Ständerat This Jenny († 2014), legte eine «Roadmap» mit einem Dreizehn-
Punkte-Programm vor – samt einem milliardenschweren Fonds «Energieumbau Schweiz», einer Stromlenkungsabgabe und Subventionen à discrétion dank unbeschränkter kostendeckender Einspeisevergütung.

Von den Medien vorangetrieben, forderte das Parlament in der Sommersession die eilig gebastelte Energiestrategie 2050. Bei den Nationalratswahlen verlor dennoch die FDP fünf und die CVP drei Sitze, während die Grünliberalen den Gewinn von neun Mandaten feierten. Aber Hauptsache, die Energiewende-Koalition von SP bis CVP hielt den Bundesratssitz von Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) und sorgte so in der letzten Legislatur für die Mitte-links-
Mehrheiten im Bundesrat.

Aus der Sackgasse – Fünf Jahre danach sieht die Energielandschaft anders aus – völlig anders, als es die Heerscharen von Beamten und Beratern des Bundesamtes für Energie in ­ihren Szenarien für die nächsten vierzig Jahre planten. Schuld daran sind gerade die Deutschen, die ihre Energiewende durchzogen, also die Kernkraftwerke abstellten. Wozu das führte, zeigte der deutsche Spitzenpolitiker Peter Ramsauer (CSU), der in der entscheidenden Zeit als Verkehrsminister am Kabinettstisch sass, im Dezember einer Runde von Schweizer Energiepolitikern auf.

«Umweltfreundlich, sicher, bezahlbar» wollten die Deutschen ihre Energiewende gestalten. Das Fazit nach fünf Jahren Atomausstieg: Umweltfreundlich(er) ist die Strom-
produk­tion nicht. Von 2011 bis 2014 sank zwar der ­Anteil der Kernenergie von 17,6 auf 15,5 Prozent, während jener der erneuerbaren Energiequellen von 20,2 auf 25,5 Prozent stieg. Aber auch der Anteil von Braun- und Steinkohle nahm von 42,8 auf 43,8 Prozent zu, Deutschland stösst deshalb immer noch gleich viel CO2 aus wie 2011. Sicher ist die Versorgung nur, weil für jede Solar- oder Windanlage ein konventionelles Kraftwerk anspringt, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst. Und bezahlen lässt sich der Strom für viele kaum mehr: Die Industriemacht Deutschland hat die fünfthöchsten Strompreise Europas für Firmen und gar die zweithöchsten für Haushalte. So unangenehme Wahrheiten mochte Walter Steinmann, der Direktor des Bundesamtes für Energie, beim Referat von Peter Ramsauer nicht gelten lassen: Er wollte die Aussagen des Ex-Ministers, der bei der Energiewende mitbestimmt hatte, richtigstellen.

«Es ist wie im Sozialismus: Unterdrückung von Kritik macht ein System blind und dumm», sagt Alexander Wendt, Autor des ­Buches «Der grüne Blackout». Der Experte bei Focus weist darauf hin, dass die deutschen Stromkunden wegen der steigenden Öko-Umlagen jährlich 25 Milliarden Euro für Strom aufwenden, den die Börse für knapp 2 Milliarden handelt. Oder dass sie 2014 über 100 Millionen Euro für Strom bezahlten, den die Windparks nicht erzeugten, weil sie sonst die Netze überlastet hätten. Und er verrät, dass ihm ein führender Politiker im Vertrauen sagte: «Bei der Energiewende ist es so wie bei einem Fuhrwerk, das in die Sackgasse fährt: Es muss dort wieder herauskommen, wo es hineingefahren ist. Man braucht also nicht hinterherzulaufen. Von Unterhaltungswert ist allein das Wendemanöver.»

Der Bund der Planwirtschaftler – Die Deutschen denken an die Kehrtwende, Bundeskanzlerin Angela Merkel steht auch in der Energiepolitik unter massivstem Druck. Die Schweizer dagegen fahren weiter in die Sackgasse, dabei ist hier ebenfalls alles anders als zuvor. Die Grünliberalen steckten mit ihrer Initiative für eine Energiesteuer vor einem Jahr eine vernichtende Niederlage ein. Die Energiewende-Koalition verlor bei den Nationalratswahlen die Mehrheit (wenn man Grünfreisinnige wie Ruedi Noser oder Christa Markwalder nicht mitrechnet) und darauf auch ihre Bundesrätin, Eveline Widmer-
Schlumpf. Und Nick Beglinger, der sich mit Swisscleantech als die Stimme der Wirtschaft aufspielte, gibt angesichts seines fortlaufenden Erfolges auf. ­Dazu kommt der traurige Zufall, dass alle vier Parlamentarier, die während der letzten Legislatur starben (neben ­Otto Ineichen, Peter ­Malama und This Jenny auch der Glarner Ständerat und Axpo-Verwaltungsrat Pankraz Freitag), sich als führende Energiepolitiker fühlten.

In der Energiepolitik kann niemand mehr «Marktwirtschaft» buchstabieren. Und weil es wegen der Dutzenden Milliarden an Subventionen in Deutschland keinen Markt mehr gibt, schüttet die Schweizer Politik umso mehr Subventionen aus. Sie will die kostendeckende Einspeisevergütung weiter ausbauen, dabei bieten Solar- und Windkraftanlagen auf un­absehbare Zeit hinaus keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Sie will die (verfassungswidrig eingeführten) Subventionen für Gebäudesanierungen noch aufstocken – obwohl die Schweizer Klimapolitik keinen Beitrag zur globalen Klimapolitik leistet, die selbst gemäss Berechnungen des Weltklimarates IPCC nichts gegen den Klimawandel bringt. Und sie will jetzt auch noch grosse Wasserkraftwerke subventionieren, weil der Stolz der Schweiz im 20. Jahrhundert nicht mehr rentiert.

Dagegen wehrt sich kaum mehr jemand, die Betreiber der Kernkraftwerke zuletzt. Ihre Produktionskosten liegen, wie die Sonntagszeitung vorrechnete, zwischen 4,5 und 5,5 Rappen pro Kilowattstunde – auf dem Markt gibt es dafür noch 3 Rappen. Deshalb kämpfen die Strom­versorger nicht gegen die Atomausstiegs-In­itiative der Grünen, als deren Gegenvorschlag die Energiestrategie 2050 gilt. Im Gegenteil: Bei ­einem Ja könnten sie ihre Werke abstellen, ­dafür Entschädigungen einsacken und der ­Öffentlichkeit die Kosten für das Abwracken aufbürden. So hätten die Wendehälse um Hans Grunder & Co., die im Frühling 2011 innert weniger Tage die Schweizer Energielandschaft umpflügten, ihr Ziel erreicht.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Allein im Gegenwind | Die Weltwoche, Ausgabe 9/2016 | Mittwoch, 2. März 2016

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Freuden des Untergangs

Infografik: TNT – Graphics AG

«Die Lüge ist legitim, wenn sie etwas Gutes ­bewirkt», glaubt Moritz Leuenberger. Der Altbundesrat sprach im Mai in Ermatingen am Untersee zur Frage: «Muss in der Politik ge­logen werden?» Und er kam aufgrund seiner eigenen Erfahrung zu einem Ja. Die Klimakonferenz von Kopenhagen im klirrend kalten Dezember 2009, als die Staatschefs die Welt vor der Apokalypse retten wollten, habe «desaströs» geendet, gestand der damalige Umweltminister. Das, meinte er, durfte er dem Volk jedoch nicht verraten, denn es standen wichtige Abstimmungen an: Das Parlament machte ab 2010 das schärfste Klimagesetz der Welt – als indirekten Gegenvorschlag zur ­Initiative der Jungen Grünen, die die Off­roader verbieten wollte. Bastien Girod, inzwischen in den Nationalrat gewählt, zog darauf die beim Volk chancenlose Initiative zurück, er hatte ja alle Ziele erreicht. Und Moritz Leuenberger meint, wenn er über das Regieren in der direkten Demokratie sinniert, kein Mensch halte auf Dauer die ganze Wahrheit aus.

Sechs Jahre nachdem die Weltgemeinschaft in Kopenhagen die angeblich letzte Chance verpasste, das Klima zu retten, kommen die Staatschefs wieder zusammen, diesmal in ­Paris. Vom 30. November bis zum 11. Dezember sollen sie eine Übereinkunft schliessen, damit die Welt am Untergang vorbeischrammt. Darauf drängen alle Gutwilligen, von Nationalrat Bastien Girod bis zu US-Präsident Barack ­Obama und von Coop über die ETH bis hin zum Papst – die Internationale der Menschen, die gerne allen anderen Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Weil es um das ­ultimative Gute geht, dürfen sie dabei auch ­lügen. Und zu einigen Wahrheiten schweigen:

1 — Die Weltgemeinschaft 
schliesst keinen Vertrag.

Als letzte Chance, die Welt zu retten, sieht der Gastgeber die Konferenz. Da zeige sich, «ob die Menschheit fähig ist, das Leben auf diesem Planeten zu bewahren», beschwor der franzö­sische Präsident François Hollande vor zwei Monaten die Uno-Generalversammlung. «Nach­her ist es zu spät.» Denn 2020 läuft das Kioto-Protokoll endgültig aus. 1997 einigten sich die Industrie­länder darauf, ihren Ausstoss an CO2 zurückzufahren, weil er zu einer gefährlichen Erd­erwärmung führe. Die Amerikaner schrieben aber ihre Verpflichtung nie fest, die Japaner und die Kanadier machten in den letzten Jahren nicht mehr beim Abkommen mit. Und am meisten CO2 stossen mittlerweile die Chinesen aus – vor zwanzig Jahren als Entwicklungsland nicht einmal eingebunden.

An das ­Kioto-Protokoll halten sich nur mehr die EU, Norwegen und die Schweiz, sie tragen zusammen die Verantwortung für noch 11 Prozent der globalen CO2-Emissionen.

Deshalb ringt die Uno seit acht Jahren um ­einen Vertrag, der alle Staaten verpflichtet. Für die Konferenz, die sich die Franzosen 170 Millionen Euro kosten lassen, fallen dafür in Paris 40 000 Delegierte aus insgesamt 194 Staaten ein, in den letzten Tagen zudem die Staats­chefs. Sie sollen innert zweier Wochen einen Entwurf von mehr als fünfzig Seiten, der bereits bei den Vorbereitungstreffen zu heftigem Streit führte, zu einem für alle annehmbaren Abkommen kneten. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: ­Dazu wird es nicht kommen. Die Uno setzt deshalb darauf, dass sich die Staaten mit ihren sogenannten Intended Nationally Determi­ned Contributions (INDC) selber in die Pflicht nehmen – und an ihre Versprechen halten. Selbst dann genügen die Anstrengungen gemäss dem Uno-Klimarat IPCC nicht, um die Menschheit zu retten. Auch wenn es nach Paris zu spät ist, treffen sich deshalb die Heer­scharen der Warner zur nächsten Klimakonferenz in einem Jahr in Marrakesch.

2  Die Amerikaner halten
 sich nicht an ihre Versprechen.

«Ich bin optimistisch, dass wir alle auf das ­Ergebnis stolz sein können», schwärmt US-­Präsident Barack Obama auf Vorrat. Er braucht ­einen Erfolg – und strebt doch keinen Vertrag an. Der Präsident schwört die Amerikaner auf den Kampf gegen den Klimawandel ein und führt deshalb höchstpersönlich die Diffamierungskampagne gegen skeptische Experten, Politiker und Publizisten an. Wegen der Erd­erwärmung, behauptet er, leide seine Tochter Malia an Asthma. Die Kritiker lachten ihn ­allerdings aus, als Raucher trage er viel mehr Schuld daran. (Nicht zu reden davon, dass sich die Erde in der Lebenszeit seiner siebzehnjährigen Tochter nicht erwärmt hat.)

Vor einem Vertrag scheut Obama zurück, weil er dafür im Senat eine Zweidrittelmehrheit brauchte. Und dafür sieht er – wie schon Bill Clinton beim Kioto-Protokoll – keine Chance.

Darum herrscht der Präsident beim Klima ­ohne den Kongress. Sein Umwelt­amt EPA erklärte das CO2 zum Umweltgift; deshalb befiehlt es den Gliedstaaten, die Produktion der Kohlekraftwerke zurückzufahren.

Und sein Natio­nales Klimadaten-Zentrum NOAA schraubte so lange an den Daten herum, bis es 2014 und vorzeitig auch 2015 als «heisseste Jahre der Geschichte» ausrufen konnte (siehe Seite 39).

Aber der republi­kanisch beherrschte Kongress und vor allem ein republikanischer Nachfolger im Weissen Haus werden Mittel finden, diese diktatorische Politik zu stoppen: George W. Bush ­legte als Vorgänger von Obama das Umweltamt still, indem er ihm kein Budget zugestand.

3  Den armen Ländern 
geht es nur ums Geld.

Sogar die Chinesen, jubeln die Warner vor dem Weltuntergang, machten jetzt beim Kampf ­gegen den Klimawandel mit. Sie versprechen allerdings bloss, dass ihr CO2-Ausstoss – ein Viertel der weltweiten Emissionen – nur noch bis 2030 steige, danach sinkt das Wachstum ohnehin aufgrund der Demografie. Die Inder dagegen müssen auf Jahrzehnte hinaus noch mehr Menschen aus der Armut holen. Sie wehren sich deshalb gegen jegliche Verpflichtungen.

«Wir können keinem Abkommen zustimmen», sagte ein indischer Delegierter dem Indian Express, «das unsere Möglichkeiten einschränkt, Energie mit Kohle zu erzeugen.»

Vor allem führen China und Indien die grosse Mehrheit der armen Länder an, die sich als Opfer des Klimawandels sehen: Schliesslich reden ihnen die Forscher seit einem Vierteljahrhundert ein, alle Übel wie Dürren und Stürme, Überflutungen, Missernten oder ­Seuchen kämen von der menschengemachten, ­also der von den Industrieländern verschuldeten Erderwärmung. Dafür fordern diese Staaten Entschädigungen – daran scheiterte die Konferenz von Kopenhagen, und daran scheitert wohl auch die Konferenz von Paris. Nach dem Debakel von Kopenhagen verhiessen die ­Industrieländer, ab 2020 den Green Climate Fund mit jährlich 100 Milliarden Dollar zu ­äufnen – davon ist derzeit ein Zehntel zugesagt, noch weniger tatsächlich einbezahlt. Von der Anschubfinanzierung, zu der die Schweiz 100 Millionen beisteuerte, flossen bisher 168 Millionen in acht Projekte. Die Forderung nach Kompensationszahlungen für Klimaschäden lehnt sogar der Bundesrat ab.

4  Die Übereinkunft von Paris
 bringt für das Klima nichts.

Höchstens zwei Grad darf sich die Erde gegenüber der Zeit vor der Industrialisierung erwärmen: Was deutsche Aktivisten vor fünf Jahren dekretierten, gilt jetzt als Dogma für Wissenschaft, Medien und Politik. Die Forscher, die nicht daran glauben, weisen zwar nach: In der Römerzeit vor 2000 Jahren und im Hoch­mittelalter vor 1000 Jahren gab es mindestens so günstige Temperaturen wie in der Gegenwart. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ­Industrialisierung sich im Westen durch­setzte, endete eine kleine Eiszeit, unter der die Menschen vor allem im 17. Jahrhundert schwer litten; die Erwärmung lässt sich also natürlich erklären. Und im 20. Jahrhundert stiegen die Temperaturen nicht stetig an: In den vierziger Jahren herrschte oft Hitze,

in den siebziger Jahren fürchteten führende Forscher ebenfalls die Apokalypse – ­wegen einer Eiszeit.
Vor ­allem aber lagen die Wissenschaftler, gerade auch jene der ETH, die im letzten Viertel­jahrhundert mit ihren Computermodellen die Klimaentwicklung voraussagen wollten, ­allesamt kläglich falsch

(siehe Grafik Seite 39). Das hindert sie nicht daran, der Welt auf die Tonne genau vorzuschreiben, wie viel CO2 sie noch ausstossen darf, wenn sie das Zwei-Grad-Ziel einhalten will.

Dumm nur: Gerade wer an die hyperprä­zisen Kalkulationen des Weltklimarates IPCC glaubt, sieht in einem Klimavertrag, wenn er denn ­zustande käme, keine Rettung. Einerseits ist es längst zu spät. Sprachrohre des IPCC wie der Berner Professor Thomas Stocker warnen seit Jahren, wenn die Welt nicht um­gehend auf das Verbrennen von Kohle und Öl verzichte, lasse sich die Katastrophe nicht mehr abwenden. Und auch Fatih Birol, der Chef der Internationalen Energieagentur, hält das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels für «praktisch ausgeschlossen». Anderseits hätten die Versprechen von Paris, selbst wenn sich die Staaten daran halten, kaum eine Wirkung. So wollen die USA ihren CO2-Ausstoss bis 2025 um bis zu 28 Prozent senken. Wie die Atmosphärenphysikerin Judith Curry bei ­einer ­Anhörung im Kongress sagte, würde dieser billionenteure Kraftakt gemäss IPCC-­Modellen die Erderwärmung bis zum Jahrhundertende um 0,03 Grad vermindern.

Der dänische Statistiker Bjørn Lomborg, der mit seinem Copenhagen Consensus Center erforscht, wie die Welt ihre Ressourcen am besten einsetzt, rechnet noch strenger. «Die Wirkung der Versprechen von Paris ist winzig», schreibt er in einer aktuellen Studie. «Alle nationalen Verpflichtungen zusammen führen dazu, dass die Temperatur bis 2100 um 0,048 Grad weniger steigt.» Die Kosten dafür schätzt er allein für die nächsten 25 Jahre auf 2,5 Billionen ­Dollar. Das Klimasekre­tariat der Uno hofft, dass die Staatengemeinschaft ihren CO2-Ausstoss um insgesamt 33 Gigatonnen zurückfährt. Wie Lomborg nachweist, brauchte es aber eine ­Reduktion um 3000 Gigatonnen, nur um den Tempe­raturanstieg auf 2,7 Grad zu beschränken. «Paris wird als Konferenz angepriesen, wo wir ‹den Planeten heilen› oder ‹die Welt ­retten› können», spottet er deshalb. «It is no such thing

5  Die Schweiz spielte 
bisher das Vorbild.

«Es geht doch nur darum, dem Staat zusätz­liche Mittel zu verschaffen», schimpfte ­Roland Borer (SVP), als der Nationalrat 1998 das CO2-Gesetz beschloss – «in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der übrigen Welt», wie der Kritiker höhnte. Die Weltklimakonferenz im japanischen Kioto einigte sich am 11. Dezember 1997 auf ein Protokoll, das den Industriestaaten vorschrieb, ihren CO2-Ausstoss bis 2012 um durchschnittlich fünf Prozent zu ­senken. Und die Schweiz, für ein Promille der globalen Emissionen verantwortlich, setzte ihre Verpflichtung als erster Staat umgehend in ein strenges Gesetz um. Dabei blieb das ­Kioto-Protokoll – weil die Amerikaner nicht mitmachten und weil die Chinesen, die Inder und die Brasilianer zu den grössten CO2-Verursachern aufstiegen – immer ein Papiertiger.

Bei der Konferenz von Kopenhagen 2009 scheiterte der Versuch, die ganze Welt zum Kampf gegen den Klimawandel zu verpflichten. Trotzdem schraubte der Bundesrat weiter am CO2-Gesetz herum: Er kann jetzt mit dem Segen des Parlaments per Verordnung Zwischenziele befehlen und Strafen verhängen, wenn die Schweizer sich nicht genug einschränken. So kam es, wie es kommen musste: Die Schweiz erfüllte zwar ihre ­Verpflichtungen ­gemäss Kioto-Protokoll bis 2012, sie verfehlte aber 2013 ein (selbstgesetztes) Zwischenziel für die weitere Reduktion bis 2020 – um 0,5 Prozent. Deshalb stieg die Lenkungsabgabe auf Brennstoffe von 36 Franken pro Tonne CO2 auf 60 Franken. Die Erdöl-Vereinigung klagte deswegen beim Bundesverwaltungsgericht und blitzte Ende Oktober ab: Wenn das Bundesamt für Umwelt mit undurchsichtigen statistischen ­Methoden den CO2-Ausstoss der Schweiz schätzt (auf ein halbes Prozent genau!), geht ­alles mit rechten Dingen zu.

6  Die Schweiz spielt weiterhin
 das Vorbild, und niemand folgt.

Die Schweizer drängen weiter als Muster­knaben vor. Bundesrätin Doris Leuthard, von den Klimabewegten als St. Doris angerufen, kündete schon Ende Februar – vor allen anderen Ländern, auch lange vor der EU – die Versprechen der Schweiz für Paris an: Das Land soll bis 2050 den CO2-Ausstoss gegenüber dem Wert von 1990 auf die Hälfte senken. Mindestens dreissig Prozent Sparen fordert diese Verpflichtung im Inland; dabei räumt sogar Doris Leuthard ein, die Schweizer Wirtschaft arbeite bereits so effizient, dass sich ihr Energie­verbrauch nur noch zu hohen Kosten senken lasse. Die Umweltkommission des Nationalrats schätzt den Preis für das Vermeiden einer Tonne CO2 im Inland auf 160 Franken, im Ausland auf weniger als einen Franken. Aber wenn die Schweizer Gelder dort helfen, wo sie wirklich etwas nützen, fliessen die Subventionen für einheimische Alternativenergie nicht mehr so üppig.

Was geschieht in Bern, wenn in Paris nichts geschieht? Der Bundesrat will Mitte 2016 ­seine Vorschläge in die Vernehmlassung ­schicken, um das schärfste CO2-Gesetz der Welt weiter zu verschärfen – ganz egal, dass dies dem Klima nichts bringt, den anderen Ländern nicht als Vorbild dient und der Schweizer Wirtschaft schadet. Aber weil es noch mehr Subventionen zu verteilen gibt, vor ­allem für Handwerker bei Haus­sanierungen, regt sich bisher kaum Widerstand. Nur die welsche Arbeitgeberorganisation Centre ­Patronal ärgert sich da­rüber, dass die Schweiz in Paris einmal mehr auf Kosten der Unternehmen den Klassenbesten spiele: «Noch ­bevor die Konferenz stattgefunden hat – und alles deutet darauf hin, dass sie einmal mehr zu keinem ernsthaften Ergebnis führen wird –, sind dem Bundesrat die Hände ­gebunden.» Nicht richtig ist daran nur: Der Bundesrat band sich die Hände selber, denn es geht ihm, wie Borer schon vor siebzehn Jahren sah, nur um mehr Geld.

7  – Das Klima krankt (angeblich),
 die Bürokratie lebt.

Das Fazit: Die Konferenz von Paris führt kaum zu einem verpflichtenden Vertrag.

Denn die Amerikaner wehren sich gegen die Versprechen von Präsident Obama. Die ­Chinesen sagen nur darin zu, was sie ohnehin für ihre Wirtschaftsentwicklung vorsehen. Die Inder sperren sich gegen jegliche Verpflichtung. Und auch in der EU regt sich Widerstand, vor allem von den ­Polen, die ihre Kohle brauchen. Selbst wenn alle zu hohen Kosten ihre Wirtschaft und damit ­ihren Wohlstand einschränken – wenn also die Schweiz ihren Anteil von einem Promille am immer noch ­rasant wachsenden CO2-Ausstoss der Welt auf die Hälfte zurückzwingt –, nützt dies dem Klima aber nichts.

Warum dann diese Konferenz?

Die einfachste Wahrheit kommt vom führenden Klima-­Ökonomen Richard Tol, der sich vor zwei ­Jahren weigerte, den jüngsten IPCC-­Bericht mitzutragen, weil er ihn zu alarmistisch fand.

«Wer daran glaubt, dass internationale Klimaverhandlungen dazu dienen, den Ausstoss von Treibhausgasen zu vermindern, ­erlebt Paris als eine Übung in Sinnlosigkeit», spottet der niederländische Professor. «Wer dagegen darauf hofft, dass die Klimaverhandlungen zum Ausbau der Bürokratien führen, der erfährt Paris als rauschenden Erfolg.»

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Freuden des Untergangs | Die Weltwoche, Ausgabe 48/2015 | Mittwoch, 25. November 2015

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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PDF zum Download unten

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Übersicht über WELTWOCHE-Artikel zur "Klima-Skepsis" 2002-2010 :http://vademecum.brandenberger.eu/themen/klima-1/presse.php#weltwoche

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Der Letzte*

«Nicht der beste Mann auf dem Posten», schimpfte Andreas Fischlin gemäss seinem Sprachrohr beim Tages-Anzeiger. Der Weltklimarat IPCC wählte letzte Woche einen neuen Vorsitzenden nach dem Rücktritt des Inders Rajendra Pachauri wegen Übergriffen auf Frauen in seiner Privatfirma – die von der Schweizer Entwicklungshilfe über Jahre namhafte Summen absahnte. Das Gremium bestimmte den blassen bisherigen Vizepräsidenten, den südkoreanischen Ökonomen Hoesung Lee, der am Anfang seiner Karriere dem Ölgiganten Exxon diente. Und es verschmähte den Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker. Dabei brauche der IPCC «eine starke Figur», sagte der enttäuschte Berner Professor, um in die immer politischer werdende Debatte um den Klimawandel «starke wissenschaftliche Argumente» einzubringen.

Die Schweizer, auch beim Kampf um die drei Stellvertreter unterlegen, bekamen schliesslich einen Trostpreis: Andreas Fischlin ergatterte das Vizepräsidium in einer der drei Arbeitsgruppen – mit je zwei Vorsitzenden, die alle Aufgaben und Auftritte wahrnehmen. «Diese Wahl ist auch zustande gekommen, weil die Schweiz in der Klimaforschung Weltruf hat», jubelte der ETH-Titularprofessor im Ruhestand. Er liegt falsch, seine Wahl zeigt vielmehr, dass der IPCC auf das letzte Aufgebot zurückgreifen muss. Die Person von Andreas Fischlin wirft Fragen auf: zu seinen Leistungen als ­Forscher, zu seiner Arbeit für den IPCC, vor ­allem zu seinem Charakter.

Trostpreis Titularprofessur

Mit der Arbeit von Thomas Stocker, zuletzt als Vorsitzender der Arbeitsgruppe I für den jüngsten IPCC-Report, setzte sich die Weltwoche kritisch auseinander. Aber sie würdigte auch seine wissenschaftliche Leistung: Mit seinen Stu­dien, vor allem an jahrtausendealten Eisbohrkernen aus der Arktis und der Antarktis (die sich nicht immer mit seinem Glauben an die Schuld der Menschen am Klimawandel vertrugen), schaffte er es häufig in führende Publikationen wie Nature oder Science, sogar aufs Cover. Die Zahl der Arbeiten von Andreas Fischlin in massgeblichen Zeitschriften beträgt dagegen: null.

Der Biologe, der bei einer Vorläuferband von Krokus mitrockte, schrieb 1982 seine Disserta­tion über den Grauen Lärchenwickler im Arvenwald. Sie brachte ihm an der ETH eine Silbermedaille ein, die akademische Karriere dümpelte gleichwohl vor sich hin. Der Postdoc wechselte nach Kanada, lehrte darauf an der ETH die modische Systemanalyse und spielte schliesslich, zumindest gemäss Curriculum ­Vitae, «eine führende Rolle» beim Aufbau des Studiengangs Umweltnaturwissenschaften. Da (angeblich) immer noch der Wald starb, bastelte Andreas Fischlin an Computermodellen, um die Entwicklung von Wäldern über die Jahrhunderte zu simulieren. Dank dieser Arbeit durfte er 1995 – ohne weitere akademische ­Meriten – als «hauptverantwortlicher führender Autor» beim Kapitel «Climate Change Impacts on Forests» des zweiten IPCC-Berichts mitwerkeln. «Er ist an der ETH Zürich zum Professor ernannt worden», vermerkt schliesslich das CV: Die Hochschule beförderte den langjährigen Oberassistenten 2009 zu seinem sechzigsten Geburtstag wenigstens zum Titularprofessor – auch ein Trostpreis.

Der Forscher kann behaupten, was er will

Was Andreas Fischlin mit seinem IPCC-Team 1995 zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder zusammentrug, bestätigt jede Kritik an der Arbeit der Klimaforscher. Das ­Kapitel stützt sich selbstverständlich auf Fischlins eigenen Versuch, die Entwicklung eines Schweizer Waldes über 1800 Jahre am Computer zu ­simulieren. Was bei zweihundert Rechenläufen herauskam, lässt sich zwangsläufig nicht mit historischen Daten unterfüttern (weil es sie nicht gibt) und schon gar nicht von einem heute lebenden Menschen überprüfen. Der Forscher kann behaupten, was er will – er läuft keine Gefahr, dass ihn jemand als Modellbastler nach dem Gigo-Prinzip entlarvt: «Garbage in, garbage out» (Müll rein, Müll raus).

Die Modelle krankten noch an Defiziten, ­räumen die Forscher zwar ein: «Sie lassen sich nicht als Voraussagen interpretieren.» (Genau dazu sollten sie dienen!) Und sie stellen auch ratlos fest: «Weil das CO2 in der Atmosphäre seit vorindustriellen Zeiten von rund 280 auf gegen 360 ppmv (Teilchen pro Million) zugenommen hat, sollte unter natürlichen Bedingungen bei Pflanzen ein verstärktes Wachstum zu beobachten sein. Der Nachweis aufgrund der Jahresringchronologie ist allerdings unklar, das lässt keine Generalisierungen zu.» Trotzdem steht für die Wissenschaftler fest, was sie schon immer glaubten: «Die gesamte Waldfläche wandelt sich wahrscheinlich stark, wenn die Entwicklung ­gemäss einem der drei Modelle verläuft.»

«Die Klimapolitik bringt die Wissenschaft an ihre Grenzen», gestand Andreas Fischlin aber noch im November 2000 in einem Artikel für die NZZ. Die Forschung zeige, dass die Wälder in den Industriestaaten als «biologische Kohlenstoff-Senken» mehr CO2 aufnehmen könnten, als diese Länder gemäss dem Kioto-Protokoll einsparen müssten. «Damit entsteht politischer Zündstoff», erkannte der Autor, «da Senken an die Stelle der Reduktion des Verbrauchs fossiler Brennstoffe treten könnten.» Angesichts der «Fülle ungelöster wissenschaftlicher Fragen und Probleme» verwarf er aber diese allzu einfache Lösung: Die Wissenschaft brauche noch Zeit und Geld – «und es besteht die Gefahr, dass der politische Wille zum Handeln [nicht im Sinn des Forschers] die Wissenschaft überrumpelt».

Damit qualifizierte sich der ewige Oberassistent mit mediokrem wissenschaftlichem ­Œuvre endgültig für höchste Aufgaben beim IPCC, für den angeblich nur die besten Forscher denken. Beim vierten Bericht von 2007 trug er Mitverantwortung für den ganzen Teil zur Entwicklung der Ökosysteme weltweit und fühlte sich deshalb als würdiger Träger des Friedensnobelpreises, den der IPCC in diesem Jahr bekam. Das Nobelpreis-Komitee stellte seither mehrfach unmissverständlich klar, dass die Auszeichnung nur an die Institution ging. Andreas Fischlin liess sich aber in Interviews oder bei Referaten als Nobelpreisträger rühmen. Und er ziert sein CV noch heute mit einem der Zertifikate als «Beiträger zum Nobelpreis», die IPCC-Chef Pachauri an Tausende von Wissenschaftlern verteilte.

Andreas Fischlin trug allerdings auch Mitverantwortung für den peinlichsten Skandal des IPCC und stritt sie ab. Anfang 2010, als der Weltklimarat in die Kritik geriet, stellte sich heraus, dass der Bericht von 2007 behauptete, die Himalaja-Gletscher würden bis 2035 vollständig abschmelzen, mit katastrophalen Folgen für halb Asien – dies gestützt auf eine WWF-Publikation, obwohl der IPCC versichert, er werte nur Studien mit Peer-Review aus. Und dieser peinliche Unsinn stand im Teil, für den Andreas Fischlin stolz als «hauptverantwortlicher ­führender Autor» zeichnete.

Fragwürdige Kompetenz

Die Panne wäre nicht passiert, wenn die externen Gutachter besser aufgepasst hätten, schimpfte der blamierte Forscher im Interview mit seinem Sprachrohr beim Tages-Anzeiger. Die Gutachten, für alle Welt einsehbar, zeigen: Andreas Fischlin lügt. Die Experten forderten Beweise, zweifelten die Aussage an und wiesen auf Studien hin, dass einzelne Himalaja-Gletscher sogar wüchsen – die Autoren wischten ­alle Einwände weg. Schliesslich verstieg sich Andreas Fischlin zur Aussage: «Ich glaube, mir wäre dieser Fehler aufgefallen.» Er gab damit zu, dass er den Teil, für den er mit seinem Namen stand, gar nicht sorgfältig gelesen hatte.

Das Fazit:

Ein Wissenschaftler mit fragwürdiger Kompetenz und zweifelhaftem Charakter soll hauptverantwortlich am sechsten 
IPCC-Bericht mitarbeiten, bei dem umstritten bleibt, ob ihn die Welt überhaupt braucht.

Mit grösserer Sicherheit als bei jeder IPCC-Kata­strophenwarnung lässt sich also sagen: Es wird der letzte sein.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Der Letzte | Die Weltwoche, Ausgabe 42/2015 | Donnerstag, 15. Oktober 2015

http://www.weltwoche.ch

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Übersicht über WELTWOCHE – Artikel zur "Klima-Skepsis" 2002-2010 :

http://vademecum.brandenberger.eu/themen/klima-1/presse.php#weltwoche

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Hitzewallungen

Die technischen Daten vorweg: Ich schreibe diesen Kommentar im Berner Marzili, die Temperatur der Luft beträgt 33 Grad, jene des Wassers im Bassin 25 Grad und in der Aare 22 Grad. Die Präzision drängt sich auf. Denn wenn es um das Klima geht, schert sich sonst niemand darum – ob Medienleute, Politiker oder auch Wissenschaftler.

Nach der üblen Schafskälte im Juni reichten drei Tropentage, dass die Alarmisten heissliefen. «Hitzewelle: Bundesrat muss handeln», japste die NZZ am Sonntag auf der Frontseite. «Der Klimawandel führt zu immer neuen Temperaturrekorden», warnte sie; die Hitzewellen zählten zu den «drei grössten Risiken für die Bevölkerung». Deshalb fordere das beratende Organ des Bundesrates für Fragen des Klimawandels (OcCC) «grosse und langfristige Anstrengungen», um unser Leben völlig zu ändern. «Klimaforscher prophezeien: Solche Hitzewellen gibt es künftig immer öfter», jaulte der Sonntagsblick im «Glutofen». Und im Interview mit 20 Minuten heizte der ETH-Professor Reto Knutti weiter ein. Es gebe weltweit, «aber auch in der Schweiz» immer mehr Ex­tremereignisse, so etwa längere Hitzeperioden, die zu immensen Kosten führten, wie im Sommer 2003: «In der Schweiz gab es Milliardenschäden in der Landwirtschaft.»

Kein Trend seit mehr als achtzehn Jahren

Gegen Hitzewallungen hilft ein Faktencheck. Zu den Temperaturrekorden: Auf der Wetterseite der NZZ am Sonntag finden sich jeweils die historischen Höchstwerte vom Vortag – jene für den 4. Juli stammten aus dem Jahr 1952. Und auch am heissen Sonntag, 5. Juli, suchte SRF mit geringem Erfolg nach Rekorden. Nur Davos gab mit 29,3 Grad einen her; allerdings räumte Meteorologe Felix Blumer kleinlaut ein: «Gemäss Statistik soll dieser Wert am 23. Juli 1876 [!] schon einmal vorgekommen sein.»

Und zu den Extremereignissen: «Jedes halbe Grad, um welches sich die Erde erwärmt, wirkt sich immer stärker auf das extreme Wetter aus», glaubt Reto Knutti; schliesslich spucken es seine Computermodelle aus. In der Schweiz hat sich das Klima allerdings seit dem 19. Jahrhundert um 1,5 Grad erwärmt – und nichts ist passiert: Es gibt keinen Trend, weder bei Hitzewellen oder Starkregen noch bei Unwetterschäden allgemein. In den letzten Jahren fielen national wie global ausgesprochen geringe Kosten aufgrund von Umweltkata­strophen an. Die Rückversicherung Swiss Re, deren Direktor David Bresch als Interessenvertreter im Beratergremium OcCC die Politiker zum Handeln drängt, machte deshalb glänzende Geschäfte. Und bei den «Milliardenschäden in der Landwirtschaft» haut ETH-Professor Knutti mit wissenschaftlicher Präzision daneben: Mit Gemüse, Getreide und Futterpflanzen erwirtschaften die Schweizer Bauern insgesamt drei Milliarden – die nationale Plattform Naturgefahren, auf die sich ­Reto Knutti im Interview selber berief, schätzt die Schäden im Hitzesommer 2003 (hoch) auf 500 Millionen Franken ein.

Weltweit könnte sich 2015 tatsächlich zum wärmsten Jahr seit Beginn der Messungen entwickeln, zumal die Meteorologen eifrig ihre Messdaten hochschrauben. Ein Rekord (um ein Zehntelgrad höher!) ändert aber nichts ­daran, dass die Temperaturentwicklung seit mehr als achtzehn Jahren keinen Trend zeigt und dass die gemessenen Werte unter allem liegen, was die Klimaforscher mit ihren Modellen voraussagten – also daran, dass diese Modelle nicht stimmen.

Wenn Sie dies lesen, sind die Temperaturen schon wieder zehn Grad tiefer, eher kühl für die Jahreszeit. Und selbst falls sie nochmals steigen: Lassen Sie sich von den irrenden ­Katastrophenwarnern nicht beirren. Genies­sen Sie den schönen Sommer!

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Anmerkung der EIKE-Redaktion http://www.eike-klima-energie.eu/  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Wetter: Hitzewallungen | Die Weltwoche, Ausgabe 28/2015 | Montag, 13. Juli 2015

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Klima: Glaubenssache

Irgendwo kichert Galileo Galilei. Der geniale Gelehrte, der die Erde um die Sonne kreisen liess statt die Sonne um die ­Erde, rettete sich 1632 vor dem Scheiterhaufen, indem er schwor, er wolle mit Gottes Hilfe ­alles glauben, «was die katholische und apostolische Kirche für wahr hält, lehrt und predigt». Der Vatikan entschuldigte sich 1992 für den Prozess, aber er verbreitet weiter, was er für wahr hält, auch in der Wissenschaft. Papst Franziskus schickt jetzt seinen Bischöfen die Enzy­klika «Laudato Si», die sich liest wie das Amen zu den Reporten des Weltklimarates IPCC und den Traktaten von Kapitalismuskritikern wie Naomi Klein. In der Wissenschaft herrsche Konsens, predigt der Papst, dass sich das Klima wegen des Ausstosses an Treibhaus­gasen gefährlich erwärme, so dass der Meeresspiegel ansteige und die Wetterextreme zunähmen, «obwohl wir nicht jedem Phänomen wissenschaftlich eine Ursache zuschreiben können». Deshalb müsse die Menschheit «ihren Lebensstil, ihre Produktion und ihren Konsum ändern», zumindest in den reichen Ländern – in den armen komme die Entwicklung zuerst.

Die Klimakirche in der Akademie, der Politik und den Medien jubelt über den Ukas aus dem Vatikan: Die «explosive Intervention» (The Guardian) könne die Klimakonferenz von Paris im Dezember entscheidend beeinflussen, meint die Agentur Reuters.

Der Jubel lässt sich erklären, denn in der Wissenschaft bröckelt der Konsens:

Die Temperaturen steigen seit bald zwanzig Jahren nicht mehr und liegen deshalb unter allen Prognosen des IPCC. Die Klimaforscher boten bisher mit wachsender Verzweiflung mehr als fünfzig Erklärungen dafür an, statt ihre offensichtlich widerlegten Thesen und Modelle zu opfern.

Und sie feierten vor zwei Wochen eine Studie der US-Regierungsbehörde NOAA:

Sie beweist wie bestellt, dass es die «Klimapause» gar nicht gebe, dies dank einer «Korrektur» von Messdaten, also einer tatsächlich menschen-gemachten Er­wärmung.

Die eifrigsten Aktivisten um die Harvard-Historikerin Naomi Oreskes, die alle Skeptiker als von der Ölindustrie gekauft verschreit, beschwören die Wissenschaftler denn auch in einem Aufsatz, sich in ihrem Glauben von den Zweifeln in der Öffentlichkeit nicht beirren zu lassen.

Die Klimaforscher übertönen die immer heftigeren Debatten mit um so lauterem Alarm – aber davon lassen sich die aufstrebenden Staaten nicht beeindrucken.

Sowohl das Treffen der G-7 als auch eine Tagung in Bonn zum Vorbereiten eines bindenden Klimavertrages zeigten in den letzten Wochen, dass die Pariser Konferenz nur dann nicht im Debakel endet, wenn niemand etwas davon erwartet.

Unbelehrbare Chinesen und Inder

Zum Herunterfahren ihres CO2-Ausstosses verpflichten sich nur die EU samt der Schweiz als Musterschülerin sowie die USA, zumindest ihr Präsident:

Das ehrgeizige Programm, das Barack Obama am Kongress vorbeimogeln will, würde gemäss IPCC-Modellen die Klimaerwärmung bis zum Jahrhundertende um 0,03 Grad absenken.

Und selbst dies will die republikanische Mehrheit nicht zulassen, der Papst soll deshalb im September in Washington ihrem katholischen Chef John Boehner gut zureden.

Der Heilige Vater kann ihn allerdings kaum belehren, schon gar nicht die Chinesen und vor allem nicht die Inder:

Sie holen ihre Menschen, wie es die Enzyklika fordert, zuerst aus der Armut – dafür brauchen sie günstige Energie, vor allem solche aus Kohle.

Und irgendwo grinst Galileo Galilei: Der gläubige Katholik wollte eigentlich seine Kirche nur vor einem Irrtum bewahren.

Jetzt ist die Wissenschaft vom Klimawandel endgültig Glaubenssache.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion http://www.eike-klima-energie.eu/  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Klima: Glaubenssache | Die Weltwoche, Ausgabe 25/2015 | Donnerstag, 18. Juni 2015

http://www.weltwoche.ch/index.php  /  http://www.weltwoche.ch/index.php?id=554292

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Wir machen eine Erwärmung



Abb.:   «Temperaturzunahme nur halb so groß»: Ursprüngliche und bearbeitete Werte für Sion und Zürich.

 «Wir erleben 2014 das wärmste Jahr seit den Aufzeichnungen», freute sich der Klimaforscher Thomas Stocker im letzten Dezember in der Schweiz am Sonntag. Er jubelte also schon über den angeblichen Temperaturrekord, bevor die Meteorologen alle Daten des Jahres gesammelt und vor allem lange bevor sie ihre Meßreihen ausgewertet hatten. Die Experten streiten sich denn auch immer noch, ob 2014 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert war. Die Mehrheit meint: eher nicht. Vor allem aber befremdete, daß der Berner Professor frohlockte, weil die Klima­erwärmung scheinbar weitergeht – immerhin droht deshalb, meint zumindest der Weltklimarat IPCC, den Stocker in den letzten Jahren führte, der Menschheit die Katastrophe.

IPCC-Forscher sehen die Pause auch

Die Erklärung gab Thomas Stocker im gleichen Satz: Er eiferte so, 2014 als wärmstes Jahr ausrufen zu können, weil «gewiefte Lobbyisten jahrelang mit der sogenannten Erwärmungspause Zweifel am menschengemachten Klimawandel verbreitet haben».

Diese Aussage ist gleich mehrfach eines Wissenschaftlers nicht würdig.

Erstens:

Die Erwärmungspause ist keine «sogenannte»; die Messreihen zeigen, daß das glo­bale Klima seit mehr als achtzehn Jahren nicht mehr wärmer wird.

Zweitens:

Diese Erkenntnis wurde nicht von «gewieften Lobbyisten» verbreitet, sondern von führenden Experten wie John Christy, Professor an der University of ­Alabama, der das Satelliten-Meßsystem für die globale Temperatur aufgebaut hat.

Drittens:

Die Forscher des IPCC sehen die Pause auch, sie finden einfach keine Erklärung dafür, beziehungsweise sie hausieren mit inzwischen über fünfzig Vermutungen, die sich zumeist umgehend widerlegen lassen.

Das ist ihnen so peinlich – zumal sie an der Klimakonferenz von ­Paris im Dezember die Welt retten wollen –, daß Kollegen von Thomas Stocker schon jetzt jubeln, 2015 entwickle sich zum wärmsten Jahr, dies trotz Rekordkälte in Nordamerika.

Die Freude der Klimaforscher fällt auf sie ­zurück. Denn die Wissenschaft und auch die Öffentlichkeit fragen sich, wie eigentlich die Meßreihen der Meteorologen zustande kommen. Und sie sehen kein schönes Bild.

Die Zeitung The Australian deckte letztes Jahr auf, daß die staatlichen Meteorologen eine achtzigjährige Datenreihe zu den Temperaturen Australiens so «angepaßt» hatten, dass statt einer ­Abkühlung von 1 Grad pro Jahrhundert eine ­Erwärmung von 2,3 Grad herauskam.

Der britische Wissenschaftsjournalist Christopher Booker, der das Manipulieren der Temperatur­daten für «the biggest science scandal ever» hält, wies unter anderem nach, dass die Rekordwerte für 2014 auch zustande kamen, weil das zuständige Nasa-Institut den Trend der Daten von abgelegenen Meßstationen in Brasilien oder Paraguay gedreht hatte.

Und die amerikanischen Meteorologen Joseph D’Aleo und Anthony Watts werfen in ihrer Studie «Surface Temperature Records: Policy-Driven Deception?» zu Daten von Rußland bis Nordamerika unangenehme Fragen auf.

Propagandatrick statt Trendaussage

Wie steht es denn mit den Meßreihen von ­METEO Schweiz?

Auch damit lässt sich Propaganda machen, das zeigte zuletzt der Thurgauer Regierungsrat mit der Antwort auf eine Interpellation, wie sich der Klimawandel auf den Kanton auswirke. «Für den Kanton Thurgau sind nur wenige lange Zeitreihen verfügbar», schreibt die Regierung. «Insgesamt bewegt sich die Erwärmung in der Ostschweiz innerhalb des schweizweiten Mittels. Die am nächsten gelegenen Stationen Zürich und St. Gallen weisen über die Jahre 1961 bis 2010 eine Temperatur­zunahme von 0,38 0C beziehungsweise 0,40 0C pro Dekade aus.» Diese Aussage soll die Politiker aufschrecken: Eine solche Temperatur­zunahme würde bis 2100 zu einer Klimaerwärmung um bis zu vier Grad führen – was selbst der ­IPCC nur in seinen extremsten Szenarien befürchtet.

Die Aussage entbehrt jeder Wissenschaftlichkeit. Was sich als Trendaussage ausgibt, erweist sich beim Konsultieren der Daten (siehe Grafik) als Propagandatrick: Vom außergewöhnlich kalten Jahr 1961 bis zum außergewöhnlich warmen Jahr 2010 schnellte die Temperatur in Zürich zwar um 2,5 Grad hoch, vom Beginn der Messungen 1864 bis 2009 stieg sie aber nur um gut 2 Grad, was eine Zunahme von 0,14 Grad pro Dekade ergibt. Vor allem springt jedem ins Auge, der die Grafiken von METEO Schweiz anschaut: Auch die Schweizer Meteorologen schrauben an ihren Meßreihen herum; bei den originalen Daten für Zürich stieg die Temperatur seit 1864 nur um 0,7 Grad. Ein solcher Anstieg wäre aber völlig natürlich; schließlich herrschte bis ins 19. Jahrhundert eine «kleine Eiszeit», unter der die Menschen vor allem im 17. Jahrhundert mit seinen Hungersnöten, Seuchenzügen und Hexenverfolgungen (das heisst Jagd auf Sündenböcke) schwer litten.

Die Schweiz verfügt dank den seit 1864 aufgebauten Wetterstationen über einige der längsten Meßreihen. Aber auch auf diese Daten können sich die Forscher nicht blind verlassen. Die Stationen kamen teils an andere Standorte. Die Meteorologen wechselten die Instrumente aus. Und vor allem: Die Umgebung der Wetterstationen änderte sich.

So stehen beispielsweise in China, aber auch in den USA Stationen, die vor dreißig Jahren noch auf dem Land lagen, jetzt neben Flugpisten oder mitten in Stadtzentren, wo sich die Wärme staut. Auf diesen Effekt der urban heat islands führen einige Forscher einen großen Teil des gemessenen globalen Temperaturanstiegs zurück. Es ist deshalb korrekt, daß die Meteorologen ihre Daten homogenisieren, also äußere Einflüsse herausrechnen. Dabei stellt sich nur die Frage: Wie, mit welcher Absicht, machen sie das?

Wie die Forscher von METEO Schweiz ihre Daten massierten, legten sie 2003 in einem Bericht offen: «Homogenisierung von Klima-Meßreihen der Schweiz». Darin fällt eine Grafik auf: Die Kurve sinkt von 1864 bis 1890 ab, steigt dann fast stetig an und springt um 1980 hoch. Was wirkt wie der Verlauf der Temperatur­kurve, zeigt aber nur die «verrechneten Homogenisierungs-Beiträge». Das heißt: Die Meteorologen senkten die überlieferten Meßdaten aus dem 19. Jahrhundert kräftig ab und hoben sie um 1980 stark an. Der Effekt läßt sich auf der Grafik besichtigen: «Die aus den 12 homogenen Reihen ermittelte Zunahme der Temperaturen im 20. Jahrhundert um ca. 1,2 Grad würde bei der Verwendung von Originalwerten im Mittel nur etwa halb so gross ausfallen.»

Weshalb dann die kräftige Korrektur nach oben um 1980? Diese «systematischen Shifts» ergaben sich gemäß der Studie «vor allem durch die Umstellung von der konventionellen zur automatischen Messung». Nur: Der deutsche Meteorologe Klaus Hager stellte kürzlich nach einem Langzeitvergleich von ­alten und neuen Instrumenten fest, daß die neuen elektronischen Meßsysteme durchschnittlich um 0,93 Grad höhere Temperaturen anzeigten – die Daten hätten also nach unten korrigiert werden müssen statt nach oben. Mit der Einführung der neuen Systeme seit 1985 ließe sich die ganze vermeintliche Klimaerwärmung in Deutschland erklären.

Die Forscher von METEO Schweiz widersprechen dem Verdacht, sie hätten den Temperaturanstieg, den sie beobachten, mit ihren Daten-Korrekturen selbst erzeugt. Ein Vergleich habe gezeigt, daß die Thermometer im neuen Automatennetz gegenüber jenen in den schlecht durchlüfteten Wetterhütten «leicht tiefere Meßwerte» anzeigten – die Korrekturen fielen allerdings so massiv aus, daß sie die Hälfte des gesamten Temperaturanstiegs ausmachen. Dieser lasse sich aber nicht auf die Homogenisierung zurückführen: «Nicht betroffene Meßreihen ohne Korrekturen zeigen die gleiche Temperaturzunahme wie die korrigierten Reihen.» Die interessanten Resultate von Klaus Hager, mit dem sich Meteo Schweiz austausche, müssten «genauer untersucht werden».

Winter wieder kälter

Dabei müssen die Temperaturen gar nicht steigen, um Ängste vor einer Klima-Katastrophe zu schüren. Im Wissensmagazin «Einstein» des Schweizer Fernsehens zeigte Stephan Bader von Meteo Schweiz, daß die Winter in den ­Alpen in den letzten Jahren wieder deutlich ­kälter geworden sind. Aber er führte auch das auf die Klimaerwärmung zurück: Die Forscher des deutschen Alfred-Wegener-Instituts «vermuten», die Kälteeinbrüche kämen vom Abschmelzen des Arktis-Eises (das gestoppt ist). Ob es also kälter oder wärmer wird – schuld ist ­immer die Klimaerwärmung. Und «Einstein» nennt sich jetzt Vermutensmagazin.

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Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Wir machen eine Erwärmung | DIE WELTWOCHE, Ausgabe 18/2015 | Mittwoch, 29. April 2015  http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Die Hilfshypothese

«Zudiener von Politikern» : Thomas Stocker.

Wie ein Prediger droht er mit der Apokalypse. Der weltbekannte Klimaforscher kündet von verheerenden Dürren und zerstörerischen Unwettern, vom Aussterben der Arten und vom Abschmelzen allen Eises in Grönland, was dazu führe, dass die wichtigsten Städte der Welt im anschwellenden Meer versänken.

Thomas Stocker, Professor für Klimaphysik an der Uni Bern, tritt am Donnerstag, 4. September, zwischen 13.30 und 14.40 Uhr am Swiss Energy and Climate Summit auf: Gemeinsam mit zwei Kollegen präsentiert er gemäss Programmheft «erstmals Auszüge aus dem im Oktober zu erwartenden Synthese­bericht [des Uno-Klimarates IPCC, Anm. der Red.]». Den Entwurf zu diesem Bericht kann derzeit nur ein kleiner Kreis von Experten einsehen, das Referat lag der Weltwoche nicht vor. Doch sein Inhalt und auch seine Tonlage lassen sich risikolos voraussagen.

Die Synthese fasst eigentlich nur die drei Berichte zusammen, die der Klimarat veröffentlicht hat, seit Thomas Stocker als Vorsitzender im September 2013 in Stockholm den ersten Teil zu den physikalischen Grundlagen des Klimawandels vorstellte. Die wissenschaft­lichen Erkenntnisse liegen alle vor, sorgfältig nach Unsicherheiten untersucht, auf Widersprüche abgeklopft und nach Bedeutung gewichtet, aber auf Drängen von Stocker auch bereits zu simplen Alarmbotschaften zugespitzt – obwohl viele Fragen offener sind denn je.

So glaubt das IPCC: Der Klimawandel seit 1950 ist mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 95 Prozent, und nicht wie bisher nur von 90 Prozent, menschengemacht.

Schon bei den drei Teilberichten rüttelten vereinfachende Zusammenfassungen die Politiker auf. Trotzdem braucht es nochmals eine Synthese. Vom 1. bis zum 12. Dezember findet in ­Lima die nächste grosse Klimakonferenz statt, eine entscheidende: Die Delegationen samt Regierungschefs müssen die Konferenz von Paris im nächsten Jahr vorbereiten, an der alle Staaten ein Abkommen schliessen sollen, das sie zur Begrenzung ihres CO2-Ausstosses verpflichtet – die Chance, dass es zustande kommt, strebt aber gegen null. Der Entwurf des Synthese­berichts liegt derzeit zur Begutachtung bei den Regierungen. Ende Oktober feilschen die Spitzen des IPCC in Kopenhagen darum, Anfang Dezember stellen sie ihn in Lima den Politikern vor. Da sind dramatische Botschaften gefragt, um die Weltöffentlichkeit zu erwecken.

Gezielte Indiskretionen

Zur PR-Strategie gehören auch gezielte Indiskretionen. So verfügt die New York Times, stets verlässlich, wenn es um Klima-Alarmismus geht, bereits über den vertraulichen Entwurf.

«In schonungsloserer und eindrücklicherer Sprache als die Berichte, auf denen die Synthese beruht, betont der Entwurf die Dringlichkeit der Risiken, zu denen der anhaltende Ausstoss von Treibhausgasen führt», schreibt das Weltblatt. So warne der Bericht, die globale Temperatur nähere sich bereits dem Punkt, da sich der Verlust des gewaltigen Eisschildes über Grönland nicht mehr verhindern lasse: «Das Abschmelzen würde zwar Jahrhunderte dauern, aber es liesse sich nicht mehr aufhalten und könnte, zusammen mit anderem Schmelzwasser, zu einem Anstieg des Meeresspiegels um sieben Meter führen, also zur Überschwemmung der wichtigsten Weltstädte.»

Die Autoren der Synthese, zu denen wie immer auch Umweltaktivisten gehören, müssen mit einer Apokalypse drohen, die kein Zeitgenosse erleben wird. Denn sie haben ein Pro­blem: Ohne den Alarm der Forscher käme niemand auf die Idee, dass sich das Klima gefährlich wandelt. Die Erde heizt sich seit bald zwei Jahrzehnten kaum mehr auf, und diese «Erwärmungspause» könnte gemäss neusten Studien dreissig Jahre dauern.

Die gemessenen Temperaturen liegen deshalb seit geraumer Zeit unter allen, die das IPCC in den letzten zwanzig Jahren voraussagte;
zahllose Forscher mit millionenteuren Modellen haben sich blamiert.

Schon bisher zeigten die Chinesen, die Inder oder die Brasilianer keinerlei Willen, die Warnungen des Klimarates ernst zu nehmen, also ihren CO2-Ausstoss einzuschränken. Jetzt wehren sich auch die Australier, die Kanadier oder die Japaner gegen Massnahmen, und selbst in der vorbildlichen EU warnen immer lautere Stimmen vor deren wirtschaftlich verheerenden Folgen.

In den USA muss Präsident Barack Obama gar in Diktatorenmanier den Kongress ausschalten – der das weniger weit gehende ­Kioto-Protokoll von 1997 nicht einmal behandeln wollte –, um ein Abkommen durchzu­drücken. Alle bockenden Politiker soll der Synthesebericht des IPCC gemäss New York Times in der Hinsicht aufschrecken, «dass das Risiko von abrupten und irreversiblen Klimaänderungen steigt».

Das Problem haben gerade auch die Schweizer Forscher, die weltweit zu den lautesten und rührigsten zählen:

Einerseits müssen sie Studien verteidigen, die eigentlich gemäss den Grundregeln der Wissenschaft als falsifiziert in den Papierkorb gehörten.

Anderseits müssen sie Resultate von eigenen Forschungsarbeiten herunterspielen, die ihren Dogmen widersprechen.

Rechtfertigen muss sich vor allem Reto Knutti, einst Doktorand von Stocker, jetzt Professor an einem eigens für ihn geschaffenen ETH-Institut: Der weltweit führende Spezialist für Klimamodelle arbeitete als Sekundant seines Doktorvaters massgeblich am neuen ­IPCC-Bericht mit – dabei lag er mit seinen Prophezeiungen von stark ansteigenden Temperaturen so falsch wie alle anderen Experten. Mit einer vor zwei Wochen veröffentlichten Studie will er deshalb erklären, «warum die Klimaerwärmung Pause macht».

Erstmals, verkündete die ETH, habe Reto Knutti «alle gängigen Hypothesen gemeinsam und systematisch untersucht»,

weshalb sich die Erde seit 1998 kaum mehr erwärmt – was die tonangebenden Forscher übrigens bis letztes Jahr bestritten.

Als Ursache finde er ­einerseits die Meeresströmungen El Niño ­(erwärmend) und La Niña (abkühlend) im Pazifik, andererseits Schwankungen in der Sonnenaktivität. Wenn man die Modelldaten um diese Naturphänomene nach unten und die Messdaten, die angeblich zu tief sind, nach oben korrigiere, «stimmen Modell und Beobachtung ausgesprochen gut überein» – nach dem bewährten Grundsatz der Klimaforscher:

Was nicht passt, wird passend gemacht.

Trotz Erwärmungs­pause gebe es deshalb keinen ­Anlass, «an den neusten Klimamodellen zu zweifeln».

Das bescherte dem unfehlbaren Propheten allerdings weltweit mehr Hohn als Lob. ­«Offensichtlich dämmerte den Autoren nicht, dass sie mit wirklich soliden Modellen ihre Vorhersagen nicht aufgrund neuer Beobachtungen anpassen müssten», spottete der amerikanische Think-Tank Science & Environmental Policy Project. «Ungewollt beweist die Studie gerade einmal mehr, dass das IPCC falschlag, als es seine Behauptungen mit 95-prozentiger Sicherheit verkündete.» Vor allem wiesen auch andere Experten darauf hin, dass die Erwärmung oder die Abkühlung der Ozeanströmungen und die Schwankungen der Sonnenaktivität in regelmässigen Zyklen auftreten und sich deshalb über Jahrhunderte beobachten lassen

der Klimarat weigert sich aber erbittert, diesen Naturphänomenen einen nennenswerten Einfluss auf das Klima zuzugestehen.

Sonne als Klimafaktor

Dabei deuten gerade jüngste Studien von Schweizer Forschern darauf hin, wie stark dieser Einfluss sein könnte. Fortunat Joos, Professor an der Uni Bern, zeigte mit einem internationalen Forscherteam in einer umfassenden Studie, dass die Sonne zwischen 1950 und 2009, also in der Phase mit einer angeblich einzigartig schnellen Erderwärmung, so stark schien wie nie in den letzten 3000 Jahren (Weltwoche Nr. 33/14). Jürg Beer, Professor am ETH-Forschungsinstitut Eawag, machte bei einem Projekt mit, das die Sonnenakti­vität anhand von Eis aus Grönland bis mehr als 20 000 Jahre zurück untersuchte und herausfand, dass die Sonne das Klima stark beeinflusste. Und Thomas Stocker legte schon letztes Jahr mit Berner Kollegen eine auf­sehenerregende Studie vor, die den Einbruch der kleinen Eiszeit im 15. Jahrhundert mit Sonnenaktivität, Vulkanausbrüchen und Ozeanströmungen erklärte. Sowohl die mittelalterliche Warmphase wie die Kleine Eiszeit leugnete das IPCC übrigens bis vor zehn Jahren – der Verantwortliche, der amerikanische Forscher Michael Mann, zerrt derzeit seine Kritiker vor Gericht.

Die Wissenschaftler stellen Hypothesen auf, überprüfen sie und verwerfen sie, wenn sie sich mit den Beobachtungen nicht bestätigen lassen:

Als (vorläufige) Wahrheit gilt nur, was alle Widerlegungsversuche übersteht. Die Klimaforscher dagegen arbeiten seit einem Vierteljahrhundert daran, mit allen Mitteln ihre ­Theorie zu beweisen. Wenn sie dabei scheitern, denken sie sich – wie Reto Knutti – flugs eine neue Hilfshypothese aus. Denn dass ihre ­Theorie nicht stimmen könnte, darf nicht sein und kann deshalb nicht sein.

«Hätte das Holz gar nicht finden dürfen»

Umso gereizter geben sich die Klimaforscher, wenn einer aus ihrer Gemeinschaft die Glaubenssätze in Frage stellt. So führte der Bund im Juni ein Gespräch mit dem Berner Geologen Christian Schlüchter, der mit Holzfunden nachwies,

dass vor Jahrtausenden in den Alpen Wälder wuchsen, wo es heute noch Gletscher gibt.

«Ich hätte das Holz gar nicht finden dürfen», sagt der emeritierte Professor; die Kollegen ächteten ihn wegen seiner Zweifel an ihrer Theorie. Umso lauter äussert sie Christian Schlüchter jetzt:

«Viele Naturwissenschaftler sind heute Zudiener von Politikern, aber nicht mehr Naturwissenschaftler, denen es um ­neues Wissen und um Daten geht.»

Und er spottete über die Warnungen des Klimarates: «Die Erfindung des Teufels war die grandioseste Erfindung, die die Menschheit je gemacht hat. Man kann viel Geld machen, wenn man ihn an die Wand malt.»

Die Getroffenen heulten auf. «Es gibt eine einfache quantitative Erklärung für den weltweit dokumentierten Gletscherschwund», hämmerte Thomas Stocker dem Gletscherfachmann in einer Entgegnung ein: «den vom Menschen verursachten Klimawandel, also den Anstieg der CO2-Konzentrationen, die zur Erwärmung führen.» Christian Schlüchter verschweige, dass der menschengemachte Klimawandel mehrere Jahrhunderte dauere und zu irreversiblen Änderungen führe. «Das leistet der Verharmlosung des globalen Klimawandels und seiner regionalen Auswirkungen Vorschub. Gerade von Wissenschaftlern erwartet die Öffentlichkeit fundierte und verlässliche Informationen, inklusive der dazugehörigen Unsicherheiten

Daran wird sich Thomas Stocker bei seinem Auftritt am Swiss Energy and Climate Summit in Bern selbstverständlich halten.

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Anmerkung EIKE-Redaktion :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

| Die Weltwoche, Ausgabe   36/2014 | 4. September 2014 ; http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Flecken im Auge

Die Klimaerwärmung solle endlich kommen, frotzelt derzeit manch ein Witzbold. Wer hierzulande unter dem kühlen, nassen Sommer litt, konnte nur müde über die von Schweizer Medien beflissen verbreiteten Meldungen der US-Wetterbehörde NOAA lächeln, die den Juni und den Juli als weltweit heisseste Monate seit Beginn der Messungen ausrief. Die Staatsmeteo­rologen stiessen denn auch auf die Kritik, dass sie mit frisierten Daten nur die Klimaoffensive von US-Präsident Barack Obama unterstützen sollten.

Denn es gibt keinen Grund für Klimaalarm. Die offiziellen Temperaturdaten zeigen seit bald achtzehn Jahren keine Erwärmung mehr an.

Das Eis in der Arktis schmolz in diesem Sommer deutlich weniger stark als in den vergangenen Jahren, und das Eis in der Antarktis dehnt sich gar so weit aus wie noch nie. Anfang August mass die gesamte Eisfläche auf den Weltmeeren deshalb 25,2 Millionen Quadrat­kilometer, ein gutes Prozent mehr als im Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010.

Inzwischen gibt es denn auch Studien, die nicht auf eine Erwärmung, sondern auf eine Abkühlung des globalen Klimas hindeuten,

unter anderen pikanterweise auch solche von Berner Wissenschaftlern, die eifrig die Warnungen des Weltklimarates IPCC predigen: Sie weisen darauf hin, dass die Sonne in den kommenden Jahrzehnten schwächer scheinen könnte.

«Natürliche Effekte»

«Die kalte Sonne» nannten der Chemieprofessor Fritz Vahrenholt und der Geologe Sebastian Lüning schon ihr Buch, in dem sie Anfang 2012 erklärten, weshalb die Klimakatastrophe nicht stattfinde. «Es steht ausser Frage, dass CO2, ­Methan und andere Klimagase einen begrenzten erwärmenden Effekt auf unser Klima ausüben», stellten die deutschen Wissenschaftler fest. «Es besteht aber auch kein Zweifel, dass ein grosser Teil der bisher festgestellten Erwärmung auf natürliche Effekte zurückgeführt werden kann. Den stärksten Einfluss hat die Sonne.» Das Gestirn, ohne das es auf der Erde kein Leben gäbe, schwächele jedoch:

«Die Sonne wechselt derzeit in eine langanhaltende Phase schwächerer Aktivität, die uns eine jahrzehntelange Abkühlungsperiode bescheren wird.»

Die Sonne scheint nicht immer gleich stark, sondern durchläuft elfjährige Zyklen: Das lässt sich aufgrund der Sonnenflecken beobachten, was die Menschen seit dem 17. Jahrhundert tun. Sonnenflecken sind dunklere, also kühlere Gebiete, darum herum strahlt die Sonne aber umso mehr. Eine grosse Zahl von Sonnen­flecken deutet auf eine stärkere Aktivität hin.

Im aktuellen Zyklus 24, der seit Dezember 2008 läuft, sollte seit dreissig Monaten das Maximum erreicht sein. Die Beobachter zählten aber über lange Zeit kaum die Hälfte der zu ­erwartenden Sonnenflecken, am 17. Juli keinen einzigen.

Weltweit setzt sich unter den Astrophysikern der Konsens durch, dass ein weiterer Rückgang der Sonnenaktivität bevorstehe, ähnlich wie im Dalton-Minimum (1790–1830) oder sogar wie im Maunder-Minimum (1645–1715): Damals litten die Menschen unter der Kleinen Eiszeit, die Hungersnöte und Seuchenzüge brachte.

Ein Team der angesehenen chinesischen Akademie der Wissenschaften zieht in einer aktuellen Studie den naheliegenden Schluss: Es stellt fest, die stärkere Sonnenaktivität, die sich bisher ein Jahrhundert lang beobachten liess, entspreche exakt dem wärmeren Weltklima: «Dies zeigt, dass die Sonnenaktivität die Temperaturveränderungen auf der Erde über die Jahrhunderte nicht vernachlässigbar beeinflusst.»

Noch weitergehende Schlüsse lassen sich aus einer breitangelegten Studie ziehen, die ein Team um Ilya Usoskin aus dem finnischen Oulu letzte Woche veröffentlichte. Daran beteiligten sich auch der Berner Professor Fortunat Joos und sein Doktorand Raphael Roth, die letztes Jahr mit ihren Modellen einen abnehmenden Trend der Sonnenaktivität voraussagten. Die aktuelle Studie, die erstmals über 3000 Jahre die Sonnenfleckenzahl rekonstruiert, geht weiter: Sie erklärt die auffallend starke Sonnen­aktivität zwischen 1950 und 2009 zum «seltenen oder sogar einzigartigen Ereignis».

Das wirft die Frage auf: Was hat die (angeblich) aussergewöhnliche Erderwärmung seit 1950 mit der aussergewöhnlichen Sonnenaktivität seit 1950 zu tun? Die Berner Forscher, die massgeblich beim IPCC mitarbeiten, verbieten sie sich. Raphael Roth betont in seiner Dissertation, gemäss Klimarat sei der menschliche Einfluss der wichtigste Grund für die Erderwärmung. Und Fortunat Joos beteuert auf Anfrage der Weltwoche, die Änderungen der Sonnen­einstrahlung spielten nur eine untergeordnete Rolle: «Wie im neusten IPCC-Bericht festge­halten, sind die Fakten klar, und menschliche Aktivitäten, allen voran die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, sind für die rasante heutige Kli­ma­erwärmung verantwortlich.»

Ein Rückgang der Sonnenaktivität wie im Maunder-Minimum würde nur einen «kleinen kühlenden Einfluss» bedeuten, glaubt der Berner Professor. Wer über das Sommerwetter schimpft, kann also immer noch auf die Klimaerwärmung hoffen.

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Anmerkung EIKE-Redaktion :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

| Die Weltwoche, Ausgabe 33/2014 | Donnerstag, 14. August 2014  ; http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Das Schweigen der Klimaforscher

Seit siebzehn Jahren erwärmt sich weltweit das Klima nicht mehr. Das mögen die Schweizer nach einem milden Nichtwinter zwar kaum glauben. In Kairo aber fiel seit einem Jahrhundert erstmals wieder Schnee. In Amerika herrschte eine Rekordkälte. Und in der Antarktis hat sich das Eis so weit wie selten ausgedehnt. Vor allem zeigen die Messungen der ­Meteorologen: Seit 1997 ist die Durchschnittstemperatur kaum noch gestiegen – ­bei den Prognosemodellen der Klimaforscher kann also etwas nicht stimmen.

Mit diesem Problem kämpften auch die ­Wissenschaftler des Uno-Weltklimarates (IPCC). Unter dem Vorsitz des Berner Professors Thomas Stocker tagten sie im September 2013 eine Woche lang in Stockholm, um eine Zusammenfassung ihres umfangreichen Berichtes zum Klimawandel zuhanden der Politik abzusegnen. Bei allen Problemen und ­allem Disput fassten sie ihre Erkenntnisse aber in wenigen einfachen Merksätzen zusammen. Der wichtigste, der es weltweit in die Schlagzeilen brachte: Der Klimawandel sei unbestritten – und er sei mit 95-prozentiger (statt wie bisher nur mit 9o-prozentiger) Sicherheit von den Menschen verursacht.

«Eine relativ triviale Erkenntnis», höhnen jetzt der britische Klimaforscher Nicholas ­Lewis und der niederländische Wissenschaftsjournalist Marcel Crok. Das CO2 wirkt zweifelsfrei als Treibhausgas, weil es verhindert, dass die Erde alle Sonnenwärme wieder abstrahlt. Da die Menschen seit der industriellen Revolution viel Kohle, Öl und Gas verbrannt haben, stieg der CO2-Anteil in der Atmosphäre – von 280 auf 400 Teilchen pro Million. Das wirkt unbestritten erwärmend, umstritten aber bleibt: wie stark? Und wie gefährlich?

Um diese entscheidenden Fragen drückten sich die Klimaforscher in Stockholm, be­haupten Lewis und Crok in einem umfang­reichen Report, letzte Woche veröffentlicht vom britischen Think-Tank Global Warming Policy Foundation, dem namhafte Politiker und ­Wissenschaftler angehören. Ja, der Titel erhebt ­sogar einen schweren Vorwurf: «How the ­IPCC Buried Evidence Showing Good News About Global Warming». Das heisst: Die ­Wissenschaftler, die eigentlich nur den Forschungsstand beurteilen sollen, verschwiegen wichtige Erkenntnisse, weil diese ihren Katastrophenwarnungen widersprachen.

Die beiden Kritiker lassen sich nicht als «Klimaleugner» abtun. Nicholas Lewis arbeitete als freier Physiker und Mathematiker mit leitenden IPCC-Leuten zusammen an wegweisenden Studien. Und Marcel Crok überprüfte den aktuellen IPCC-Bericht im Auftrag der niederländischen Regierung. Das Vorwort stammt zudem von Professorin Judith Curry, einer führenden Atmosphärenphysikerin, die als Kritikerin der Klimaforscher in den letzten Wochen auch den US-Kongress beriet. Der ­Report erregte deshalb weltweit grosses Aufsehen, wenn auch nicht in den Medien, die ­immer noch mit Vorliebe vor Katastrophen warnen.

Weit geringere Temperaturwerte

Es geht um die zentrale Frage der Klimaforschung: Wie stark erwärmt sich das Klima, wenn sich der CO2-Anteil in der Atmosphäre verdoppelt? Die IPCC-Forscher nahmen bisher den wahrscheinlichsten Wert von 3 Grad Celsius an, ihr vierter Bericht von 2007 sprach von einer Bandbreite zwischen 2 und 4,5 Grad. In den letzten Jahren, betonen Lewis und Crok, seien aber mehrere Studien herausgekommen, die auf weit geringere Werte zwischen 1,5 und 2 Grad Celsius deuten. Mit den wahrscheinlichsten Annahmen, stellen die Autoren fest, «läge die Erwärmung selbst beim zweithöchsten Emissionsszenario des IPCC im Jahr 2100 noch beim internationalen Ziel von 2 Grad» – es gäbe also keinen Grund für Katastrophenwarnungen.

Diese gute Nachricht mochte das IPCC aber nicht vermelden, weil sie seine Szenarien in Frage stelle, behaupten die Kritiker. Die IPCC-Leute verschwiegen deshalb in ihrer Zusammenfassung für die Politiker die aktuellen Studien, verzichteten auf das Angeben des wahrscheinlichsten Werts und verbreiteten stattdessen die Botschaft, ­ihre Sicherheit sei trotz aller zunehmenden Unsicherheiten grösser denn je. Aufgrund der vorliegenden Studien hätte das IPCC den wahrscheinlichsten Wert auf 1,75 Grad senken müssen, schreiben Lewis und Crok: «Das wäre von den Weltmedien als eine der wichtigsten Erkenntnisse verbreitet worden, wenn nicht gar als die wichtigste – und dies zu Recht.»

«Papier ist geduldig», spottet Professor Thomas Stocker, von der Weltwoche um eine Stellungnahme gebeten. Er kritisiert, die ­Autoren hätten ihnen genehme Studien als Rosinen gepickt und ihren Report nicht im Peer-Review begutachten lassen: «Als politischer Entscheidungsträger möchte ich mich bei komplexen Fragen nicht auf einen von zwei Personen verfassten, nicht begutachteten Kurzbericht stützen müssen, der von einem Think-Tank publiziert wurde.»

Das ist allerdings nicht der Punkt. Denn ­Lewis und Crok machten nur, was eigentlich das IPCC tun müsste: die massgeblichen Studien sichten und die naheliegenden Schlüsse daraus ziehen. Die Lektüre ihres Reports sei Thomas Stocker empfohlen.

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Anmerkung EIKE-Redaktion:

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in: Die WELTWOCHE Zürich, online-Ausgabe 11/2014 | Donnerstag, 13. März 2014 / http://www.weltwoche.ch

EIKE dankt dem Autor Markus Schär und der Redaktion der WELTWOCHE für die Genehmigung zum ungekürzten Nachdruck.