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Kaltwasserinsel im östlichen Nordatlantik, Schnee bei uns bis 500 m hinab – bedeutet das einen kalten Winter?

Im Internet kursieren bereits Gerüchte, dass dies Ursache für einen sehr kalten Winter in Mitteleuropa sein könnte (ja, es kommen wieder Konjunktive!). Mit diesem Beitrag möchte ich klarstellen, was Fakten sind und was Spekulation ist.

Fakt ist, dass die häufigen Südwestlagen über Mitteleuropa, die hier einen recht warmen und trockenen Sommer gebracht haben, weite Teile Nord- und Westeuropa auf der kalten Seite dieses Jets belassen haben. Im Zusammenhang mit der erwähnten Kaltwasserinsel führte dies zu einem der kältesten Sommer 2015 (!) in weiten Teilen der Britischen Inseln und Nordskandinavien. Dabei kam es Mitte August auf den Bergen Nordschwedens sogar zu starken Schneefällen, wenn man diesem Link Glauben schenken darf. Dass in direkter Nachbarschaft eines solchen Kaltwassergebietes die Temperaturen niedrig liegen, ist jedenfalls einleuchtend.

Dagegen ist die Verknüpfung einer solchen Kaltwasserinsel mit dem Winter bei uns gleichbedeutend mit den Spekulationen über die Simulationen getürkter Klimamodelle des IPCC. Winterkälte kommt bei uns nun mal von Norden und Osten – der Atlantik liegt aber westlich von uns. Oder Klartext: eine solche direkte Verknüpfung ist blanker Unsinn!

Allerdings ändert dies natürlich nichts an der Tatsache, dass diese Kaltwasserinsel nun einmal da ist. Und sie hat für mich als Synoptiker tatsächlich auch ziemliche Bedeutung. Dies bedarf jedoch einer Erläuterung.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es sich bei der Graphik rechts oben um eine Anomalieverteilung handelt. M. a. W. es wird mit einem Bezugszeitraum verglichen. Dummerweise wird der Bezugszeitraum aber nicht angegeben, oder er ist so gut versteckt, dass ich ihn als Computerzwerg nicht gefunden habe.

Tatsächlich spielt dies aber für die folgenden Ausführungen auch keine große Rolle. Halten wir einfach fest, dass die Wassertemperatur dort erniedrigt ist, zu welchem Bezugszeitraum auch immer. Nördlich und auch südlich davon wird aber eine Warm-Anomalie gezeigt. Was bedeutet das?

Nun, es liegt auf der Hand: wenn die Wassertemperatur in einem Gebiet mit niedrigen absoluten Wassertemperaturen erhöht ist, weiter südlich aber in einem Gebiet erniedrigt ist, heißt das, dass der Temperaturgradient zwischen dem subarktischen Nordatlantik und dem auf unseren Breiten schwächer ist. Südlich davon, also im subtropischen Atlantik ist er dagegen stärker. Oder allgemeiner: Der Hauptgegensatz der absoluten Wassertemperatur im Nordatlantik liegt deutlich weiter südlich als sonst.

Und jetzt kommen die Konjunktive. Natürlich steht die Atmosphäre über dem Ozean mit diesem in Wechselwirkung, und der südlicher liegende Hauptgegensatz der Wassertemperatur könnte sich auf den Polarjet dahingehend auswirken, dass auch dieser weiter südlich liegt als beispielsweise in den Herbstmonaten der letzten beiden Jahre. Das heißt, der Jet würde eher auf das Mittelmeer gerichtet sein als nach Mitteleuropa. Daraus ergibt sich eine verstärkte Neigung zur Bildung von Hochdruckgebieten über Nord- und Nordwesteuropa.

Und tatsächlich ist aktuell diese Tendenz seit Anfang September zunehmend zu beobachten! Ohne jedes „Cherry Picking“ zeigt dies auch die rein zufällig herausgegriffene aktuelle Wetterlage:

Abbildung: Wetterlage im atlantisch europäischen Bereich vom 12.10.2015, 12 UTC [14 Uhr MESZ]. Links: Gepotential im 500-hPa-Niveau (bunt) und Isobaren des Bodenluftdrucks (weiße Linien). Rechts: Geopotential im 850-hPa-Niveau (weiße Linien) und Temperatur dort (bunt). Quelle: GFS via wetterzentrale.de.

Ich denke, dass nicht näher ausgeführt werden muss, was eine derartige Wetterlage im Winter für uns bedeutet.

Nun kann man natürlich nach Präzedenzfällen aus früheren Jahren suchen. Hierbei gilt aber der Grundsatz: ähnliche Wetterlagen sind nicht gleich. Ein paar allgemeine Aussagen lassen sich aber machen, wobei mir meine Erinnerung an frühere Jahre zupass kommt.

Als Erstes fällt einem da der sehr kalte Oktober des Jahres 1974 ein. Er war gekennzeichnet durch die größte monatliche Oktober-Regenmenge in Deutschland des gesamten vorigen Jahrhunderts. Auf der Zuspitze türmte sich der Schnee zum Monatsende schon über 300 cm hoch, und zur Monatsmitte gab es Schnee auch schon deutlich unter 1000 Meter.

Schnee im Oktober ist etwas Seltenes und für einen Wetterfreak daher immer erinnerlich. Schnee bis mindestens 500 m hinab gibt es bei uns aber auch in diesem Jahr, nachdem der vorige Oktober mehr als 3 K zu warm ausgefallen war. Nach dem kalten und überaus regenreichen Oktober 1974 gab es einen der mildesten Winter 1974/1975 des vorigen Jahrhunderts – an keinem einzigen Tag aller drei meteorologischen Wintermonate konnte sich im Flachland eine vernünftige Schneedecke ausbilden. Kann das auch diesmal so sein?

Höchstwahrscheinlich nicht. Denn wenn man über den Tellerrand hinaus nach Osteuropa schaut, findet man dort in jenem Jahr eine mächtige Warmluftströmung bis weit nach Norden. In Moskau war der Oktober 1974 dem Vernehmen nach der wärmste Oktober aller Zeiten (kann ich nicht überprüfen). Jeder kann sich aber bei wetterzentrale.de im Kartenarchiv von der kräftigen Südströmung überzeugen, in deren Bereich auch Moskau lag.

Und in diesem Jahr? Wie man aus obiger Abbildung erkennt, ist der Winter in Osteuropa in diesem Jahr außerordentlich früh eingezogen. Beide Jahre sind also absolut unvergleichbar.

Man muss also weiter zurückgehen, und es liegt auf der Hand, dass die Erinnerung des Autors mit zunehmender Zeit immer mehr verblasst. Aber o. g. Kartenarchiv reicht bis zum Anfang des vorigen Jahrhunderts, und da kam die Idee, mal im Herbst 1962 nachzuschauen. 1962/63 war bekanntlich ein extrem kalter Winter in Mitteleuropa aufgetreten.

Und da zeigen sich wieder gewisse Ähnlichkeiten. Über Nordwesteuropa lag ein starkes Hochdruckgebiet, um das herum Kaltluft aus nördlichen Breiten bis zu den Alpen vorstieß. Im November bis Anfang Dezember stellte sich dann aber nochmals mildes Wetter ein, bevor ab Dezember mehrere Kaltluftkörper aus Sibirien hintereinander zu extremen Frostperioden führten.

Ob es damals auch eine Kaltwasserinsel im Nordatlantik gab, lässt sich nicht feststellen. Sicher ist aber, dass die Neigung zur Bildung von Hochdruckgebieten über nördlichen Breiten bis weit in das Frühjahr hinein rechte, und auch noch der folgende Sommer 1963 war ein sehr kühler und nasser Sommer.

Kommen wir also zum Fazit meiner Ausführungen. Sollte sich die Neigung zur Bildung von Hochdruckgebieten über Nord- und Nordwesteuropa fortsetzen, kann jeder nachvollziehen, welche Witterung daraus bei uns vorherrscht. Aus einigen Präzedenzfällen ergibt sich aus statistischer Sicht eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen kalten als für einen milden Winter. Aber:

Wichtig: Das ist keine Vorhersage!! Jedem, der dies für eine solche nimmt, unterstelle ich böse Absicht. Es sind auch keine Simulationen oder gar Projektionen. Es sind statistische Hinweise, nicht mehr und nicht weniger! Und ich kann noch nicht einmal eine Fehlerbandbreite oder Streuung angeben.

Eine Analogie möchte ich aber noch erwähnen: das gesamte Zirkulationsmuster auf der gesamten Nordhemisphäre, vor allem aber im atlantisch-europäischen Bereich ist in diesem Herbst ein grundsätzlich Anderes als während der letzten beiden Jahre. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach einer so grundlegend anderen Ausgangslage sich im kommenden Winter genau die gleichen Südwestlagen einstellen wie in den vorigen beiden Wintern, ist wohl recht gering.

Und eine Bemerkung noch zu guter Letzt: Findet nicht Anfang Dezember ein großer Klima-Politzirkus statt? Und kommt es dabei vielleicht zum sog. „Al Gore-Effekt“? Die Ausgangslage würde jedenfalls dazu passen…

© Hans-Dieter Schmidt Oktober 2015




Weitere Stürme auf dem Atlantik!

Aktualisierung: Sturmwirbel auf dem Atlantik

Bei Redaktionsschluss meines o. g. Beitrags habe ich auf den jüngsten Sturmwirbel bei Irland hingewiesen. Wer aber nun dachte, das sei der letzte gewesen, sah sich getäuscht. Vorgestern gab es wieder auf dem Atlantik eine Entwicklung, die ich für die Jahreszeit als extrem eingestuft hätte, die aber in diesem Sommer offenbar normal* ist, was immer das heißt. Auf dem Atlantik im Seegebiet zwischen Grönland und Island hat sich ein Wirbel mit einem Kerndruck unter 975 hPa gebildet (siehe Bild rechts).

(*Zum Begriff normal hat sich Chris Frey auf seinem Blog ein paar interessante Gedanken gemacht; siehe hier)

Bild rechts: Wetterkarte vom 13. August 2015, 00 UTC (02 Uhr MESZ). Quelle: Berliner Wetterkarte e. V.

Die in dem Beitrag beschriebene Problematik (sowie deren aktuelle Fortsetzung!) hat offenbar einen Mr. Dahlquist beeindruckt, der in seinem Kommentar Nr. 21 unter jenem Beitrag auf Englisch geschrieben hat. Auslöser seines Kommentars war ein solcher von mir auf dem Blog von Pierre Gosselin zu diesem Beitrag, und zwar dieser hier: http://tinyurl.com/p2qu3yq.

Aber zurück zum Kommentar Nr. 21 unter jenem Beitrag. Dahlquist spricht mich darin zunächst direkt an und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass ich nichts dagegen hätte, wenn er meinen Kommentar an WUWT weitergegeben hat.

Soweit es mich betrifft, verzichte ich hier auf eine Übersetzung. Es folgen hier die von Dahlquist übermittelten Erwiderungen auf meinen Kommentar bei NoTricksZone, die man durchaus auch als Kommentare zu meinem Beitrag hier verstehen kann.

Hans Dieter Schmidt
Erwiderungen
DD More, 13. August 2015
Hans-Dieter, Ihre Bemerkung „Falls es eine ganze Reihe [solcher Wirbel] wie in diesem Sommer gibt, bleibt nur eine Schlussfolgerung: Es muss in diesem Sommer in der Arktis außerordentlich kalt sein! Dies muss sich nicht sofort in der Meereis-Ausdehnung spiegeln, aber wer weiß, wie es während der nächsten Jahre aussieht“. Diese Bemerkung passt sehr gut zu den Temperaturen in Island:

Die ersten 13 Wochen des Sommers in diesem Jahr waren in Reykjavik die kältesten seit über zwanzig Jahren. Dies zeigt der isländische Meteorologe Trausti Jónsson.

Die im Norden der Insel gelegene Stadt Akureyri war sogar noch schlimmer dran – man muss etwa dreißig Jahre zurückgehen, um einen noch kälteren Sommer zu finden.

Der Sommer in Reykjavik war seit 1992 nicht mehr so kalt, obwohl der Sommer des Jahres 1979 bei Weitem der kälteste war. Der wärmste Sommer der letzten 67 Jahre war in Reykjavik im Jahre 2010 aufgetreten.

In Akureyri war der Sommer seit 1983 nicht mehr so kalt gewesen. Weiteres gibt es hier.

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Mark W, 13. August 2015

Sind es nicht die Wassertemperaturen im Nordatlantik, die ziemlich stark die Lufttemperaturen in Island beeinflussen? So viel zu der Behauptung, dass die Ozeane immer wärmer werden.

Einschub hierzu von Hans-Dieter Schmidt:

Hier meint der Kommentator offenbar das riesige Gebiet mit Wassertemperaturen niedriger als im Mittel (siehe Abbildung). Diese Kaltwasserinsel ist dort schon seit vielen Monaten vorhanden. Der auf Irland lebende Kommentator Herr Uhlemann (Kommentare Nr. 5 und Nr. 16) kann offenbar auch ein Lied davon singen.

Abbildung: Anomalie der Wassertemperaturen am 15. August 2015 (heute – kein „Cherry Picking“!) Quelle: http://weather.unisys.com/surface/sst_anom.gif

Ende Einschub

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Gary Pearse, 13. August 2015

Hans-Dieter, dieser kalte Sommer war auch im östlichen Kanada zu spüren, wo der Schnee des Winters mit einem Monat Verspätung verschwunden ist. Die Monate Mai und Juni waren etwa 5°C kälter als normal, und auch jetzt noch geht die Temperatur nachts im Juli und August auf 11 bis 14°C zurück. Ich bemerke auch, dass sich während der vorigen Woche in der Beaufort-See neues Eis gebildet hat. Nur das Danish Meteorological Institute DMI [den Link, den ich auch in meinem Beitrag genannt hatte; H.-D. S] zeigt derzeit eine fast normale Eisausdehnung, während NSIDC und Cryosphere Today (beide USA) einen rapiden Eisschwund zeigen. Ich traue den Skandinaviern hinsichtlich der Arktis mehr als der anderen politisierten Bande. Es ist ein sakrosanktes Gebiet für sie.

Alles wird inszeniert für das Klimatreffen in Paris. Die Narren halten es im Dezember ab. Mit dem kalten Wasser rund um die Nordhälfte Europas prophezeie ich eine kalte Weiße Weihnacht für Paris. Kanada und die USA (vielleicht mit Ausnahme der Gebiete ganz im Westen) werden in einer ganzen Reihe kalter Winter einen Weiteren erleben.

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goldminor, 13. August 2015
Vor drei Wochen erfolgte in Grönland eine rapide Zunahme der Eismasse, die sich seitdem über dem vieljährigen Mittel befindet. Zu jener Zeit zeigte die grönländische Küste rote Gebiete = Eisverlust. Vor drei Wochen war es auch, als die Temperatur der Arktis wie von DMI dokumentiert einen moderaten Abfall unter das vieljährige Mittel zeigte. Dort verharrte sie auch in der Zwischenzeit. Dann vor etwa 10 Tagen begann der grönländische Eisschild blaue Gebiete zeigen = Zunahme der Eismasse. Ich würde denken, dass dies mit dem Temperaturrückgang in der Arktis 3 Wochen zuvor zusammenhängt. Das Südende von Grönland zeigt den größten Zuwachs an Eismasse, was merkwürdig scheint.

Etwas anderes hat aber kürzlich meine Aufmerksamkeit erregt, nämlich der Blick auf die täglichen Temperaturen rund um die Welt. Mir ist aufgefallen, dass in weit über der Hälfte aller weltweiten Messpunkte die Minimum-Temperaturen nicht mehr über dem Mittelwert liegen. Eine Temperaturbeobachtung über 14 Tage zeigt zumeist mittlere Werte der Minima. Außerdem zeigt ein moderater Prozentanteil von Messpunkten Höchstwerte, die unter den mittleren Höchstwerten liegen während eines Zeitraumes von 14 Tagen. Dies ist eine merkliche Änderung im Vergleich zu dem 9-monatigen Zeitraum von September 2014 bis Mai in diesem Jahr. Hier im Norden Kaliforniens, wo ich wohne, fühle ich diesen Unterschied. Dies ist der schönste Sommer der letzten 4 Jahre mit Temperaturen meistens beim Mittelwert [d. h. er ist längst nicht so heiß wie während der letzten Jahre. Anders als bei uns werden eher kühle Sommer dort als angenehm empfunden. H.-D. S.]. Es gab ein paarmal Regen im Sommer, die Nachttemperaturen bewegten sich während des Sommers fast durchweg unter 60°F [ca. 15°C]. Gerade während der letzten Woche hat es sich bis 50°F [~10°C] abgekühlt. Es kühlt sich ab, und dies wird während der nächsten Jahre immer deutlicher zu merken sein.

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Schlussbemerkungen des Autors: Alles hier Gesagte ist natürlich ausschließlich Wetter und hat nichts mit Klima zu tun. Auch in meinem Beitrag geht es ja um Wetter und um nichts Anderes. Und dass sich Wetter wiederholt, auch in unterschiedlichen Zeitmaßstäben, ist jedem vertraut, der bzgl. des Wetters mit dem Begriff ,Persistenz‘ etwas anfangen kann.

Ich nehme die Kommentare oben als Beleg, dass ich nicht der Einzige bin, dem die Wetterphänomene dieses Jahres auffallen. Auch der von mir vermutete Grund für die atlantische Tiefdrucktätigkeit dieses Jahres wird damit bestätigt. Die Kälte in Grönland und das Kaltwassergebiet im Ostatlantik müssen während der nächsten Monate im Auge behalten werden. Und da der große Trog auch heute noch über dem Atlantik liegt, besteht bei uns auch weiterhin die sehr reale Möglichkeit einer weiteren Hitzewelle.

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Ich bedanke mich bei Chris Frey für seine Hilfe bei den Übersetzungen.

© Hans-Dieter Schmidt, 15. August 2015




Bemerkungen zu den Hitzewellen 2015 in Mitteleuropa

Natürlich hatte es nie zuvor Waldbrände in Kalifornien gegeben (obwohl dort der Begriff ,Fire Season‘ ein genauso gängiger Begriff ist wie bei uns ,Hochsommer‘). Und natürlich hat es noch nie zuvor Hitzewellen bei uns gegeben (obwohl in England und Frankreich ,The Draught of ’76‘ noch in sehr unguter Erinnerung ist und Deutschland damals lediglich ein wenig ,Glück‘ gehabt hat. Außerdem hat es am Freitag, dem 7.8.2015 auch wieder einen vermeintlichen Hitzerekord gegeben – um atemberaubende 0,1°C. Hierzu ist aber kürzlich schon ein Beitrag des EIKE (hier) erschienen.

Abgesehen davon, dass die Alarmisten ein erschreckendes Menschenbild vermitteln, wenn sie sich über Katastrophen freuen, sollte man sich hier nicht in billiger Propaganda ergehen, und zwar unter keinem Vorzeichen. Darum möchte ich hier aus fachlicher Sicht etwas dazu schreiben – und vor allem einen Aspekt beleuchten, der natürlich nirgendwo auch nur ansatzweise Erwähnung findet.

Nun also, wie in einem Beitrag, den ich vor einigen Wochen für die Website des EIKE geschrieben habe, möchte ich auch hier wieder auf die Arbeiten von Kowatsch und Kämpfe verweisen, deren Arbeiten mir immer wertvoller erscheinen. Sie hatten bekanntlich schon lange darauf hingewiesen, dass eine Meridionalisierung der allgemeinen Strömung ein Anzeichen für den Übergang zu einem kälteren Klima ist. Diese Meridionalisierung ist auch in diesem Sommer wieder zu beobachten, jedoch mit ein paar Aspekten, die der besonderen Erwähnung wert sind.

In meinem damaligen Beitrag hatte ich auf die Konstanz einer Wetterlage hingewiesen, wie wir sie auch in diesem Sommer zum dritten Mal nacheinander erleben. Sie ist gekennzeichnet durch eine massive Austrogung auf dem Atlantik mit der Folge einer Südwest- oder Südströmung über Mitteleuropa. Der erste erwähnenswerte Aspekt in diesem Jahr ist der Umstand, dass dieser Trog außerordentlich weit nach Süden ausgreift – bis in Meeresgebiete (Azoren), die sonst um diese Jahreszeit dem Subtropenhoch vorbehalten sind. Man betrachte dazu die folgende Abbildung.Um mich nicht dem Vorwurf des „Cherry Picking“ auszusetzen, habe ich den ersten besten Tag genommen, und zwar den, an dem ich diesen Beitrag entworfen habe.

Abbildung 1: willkürlich herausgegriffene Wetterlage im atlantisch-europäischen Bereich vom 6. August 2015. Links: Geopotentialfeld (bunt) im 500 hPa-Niveau und Bodendruckfeld (weiße Linien). Rechts: Temperaturfeld im 850-hPa-Niveau (bunt) und Geopotential im 850-hPa-Niveau (weiße Linien). Quelle: Wetterzentrale.de

In einem Kommentar zu meinem o. g. Beitrag hat mich ein Kommentator der Lüge bezichtigt, als ich schrieb, dass Kaltluftvorstöße im Sommer zu uns unmöglich sind wegen des Subtropenhochs. Schon im Sommer vorigen Jahres, noch mehr aber in diesem Jahr zeigt sich nun aber, dass der Kaltluftvorstoß bis zu den Azoren und dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel reicht.

Vorderseitig dieses Troges finden sich wie üblich Gebiete mit dynamischer Hebung, was zu zahlreichen Gewittern führt – ebenfalls in Gebieten, in denen es im Sommer normalerweise nicht regnet. Über dem gesamten westlichen Mittelmeer, ja sogar in Nordafrika bis ins zentrale Tunesien bilden sich immer wieder Gewitter. Abbildung 2 zeigt das Satellitenbild vom gleichen Datum wie oben die Wetterkarte:

Abbildung 2: Satellitenbild vom 6. August 2015 nachmittags MESZ: Die Gewittercluster sind deutlich erkennbar. Aber auch eine kleine und völlig isolierte Gewitterzelle bei Stuttgart zeichnet sich ab (Jargon unter ,Bench Forecastern‘, wie sie im Angelsächsischen sehr treffend bezeichnet werden: Das Gewitter dort ist wohl ,aus Versehen‘ entstanden).

In früheren Jahren hätte ich dieses weite Ausgreifen nach Süden als sehr ungewöhnlich empfunden, aber wie gesagt war es während der letzten Jahre im Sommer ebenfalls dazu gekommen. So gab es auf der Insel Sizilien (auch im Bereich des Subtropenhochs!) im Juli vorigen Jahres im Zuge eines Höhentiefs, das sich aus einem solchen Trog abgelöst hatte, eine Niederschlagsmenge von etwa 3000% (dreitausend!).

Damit zurück zu Mitteleuropa. Es liegt auf der Hand, dass je weiter ein Kaltluftvorstoß (= ein 500-hPa-Trog) nach Süden vorstößt die Gegenströmung aus Süd bis Südwest auf der Vorderseite dieses Troges seinen Ursprung ebenfalls sehr weit im Süden hat. Da wir in dieser Strömung liegen, bedeutet das, dass die heißen Luftmassen bei uns nicht aus dem Mittelmeer, sondern direkt aus der Sahara zu uns wehen. Aber ist das nun wirklich etwas noch nie da gewesenes?

Übrigens sind die Waldbrände und die Dürre in Kalifornien auf das gleiche Muster der hemisphärischen Wellen zurückzuführen: auch dort liegt man auf der Vorderseite eines großen, weit nach Süden ausgreifenden Troges über dem Ostpazifik. Wer es nicht glaubt, kann ja googeln.

Wenn schon Persistenz, dann aber überall – und nicht nur bei uns. Auch die große russische Hitzewelle vor ein paar Jahren ist einer solchen meridionalen Strömungskonfiguration geschuldet, nur waren die hemisphärischen Wellen damals etwas anders gruppiert.

Sturmwirbel im Sommer

Nun aber zu einem Aspekt, den ich als wirklich ungewöhnlich empfinde, weil er auch während der beiden Vorjahre nicht in dieser ausgeprägten Form zu beobachten war. Es kam nämlich im Bereich dieses Troges wiederholt zur Bildung außerordentlich starker Tiefdruckwirbel (Sturmwirbel) über dem Ostatlantik, wobei wiederholt ein Kerndruck unter 980 hPa aufgetreten war. Diese Vorgänge treten normalerweise erst im Herbst auf. Dieses Phänomen bedarf einer Erklärung.

Als Orkanwirbel ist nun immer noch ,Kyrill‘ in Erinnerung. Damals hieß es, dass im Zuge der Klimaerwärmung solche Stürme immer häufiger und stärker auftreten. Da die Stärke dieser Stürme jedoch – grob gesagt – mit der Stärke des Temperaturgegensatzes zwischen niedrigen und hohen Breiten proportional sind, müsste derartige großräumige Sturmwirbel im Sommer viel eher auf treten als im Winter, ist doch die Atmosphäre meiner Ansicht nach im Sommer immer wärmer als im Winter. Wie allgemein bekannt, gibt es große Orkanwirbel aber nur im Winter in der kälteren Atmosphäre (ich hatte seinerzeit mal nachgefragt, wie dieser Widerspruch zwischen der Behauptung und der alljährlich zu beobachtenden Praxis zu erklären ist. Man hatte mir jedoch aufgrund dieser Frage nur bescheinigt, dass sie „von mangelndem objektiven Fachwissen“ zeugt. Seitdem bin ich Klimarealist).

Aber ich schweife ab. Zurück zu den Sturmwirbeln. Wenn es sie in diesem Jahr auch im Sommer gibt (natürlich nicht von der Stärke im Hochwinter), müsste eigentlich der Temperaturgegensatz in diesem Sommer zwischen Süd und Nord größer sein als in anderen Jahren. Aber wie kann man das belegen?

Nun ist es ja generell so, dass Klimaschwankungen in polaren Gebieten, egal in welchem Zeitmaßstab, hier also in der Arktis, viel ausgeprägter sind als in den Tropen und Subtropen. Und da kommt nun ein Umstand ins Spiel, der den Alarmisten überhaupt nicht gefällt, so wenig, dass sie diesen Umstand rundweg leugnen: nämlich die Entwicklung der arktischen Meereisausdehnung. Abbildung 3 zeigt diese Ausdehnung und den Vergleich mit den Vorjahren ganz aktuell (7. August 2015):

Abbildung 3: Ausdehnung des arktischen Meereises. Quelle: http://ocean.dmi.dk/arctic/icecover.uk.php.

Man erkennt, dass die Eisausdehnung in diesem und den letzten beiden Jahren größer war als in den Jahren zuvor. Zwar ist der Mittelwert der Jahre 1979 bis 2000 noch nicht erreicht, doch ändert das nichts an der Tatsache, dass von einem beschleunigten weiteren Schrumpfen des arktischen Meereises ganz und gar keine Rede sein kann. Ein Indiz hierfür ist ebenfalls in der rechten Karte der Abbildung 1 erkennbar, nämlich die Kälte über Grönland.

Das ist zwar kein grundlegender Beleg, aber doch ein Indiz für den Umstand, dass der Temperaturgegensatz zwischen Nord und Süd tatsächlich zunimmt. Übrigens haben war das hier in Deutschland Mitte Juli auch zu spüren bekommen. Es ist üblich, dass ein Gebilde wie ein Langwellentrog immer ein wenig hin und her „eiert“. Mitte Juli hatte er sich ziemlich weit nach Osten ausgebreitet, so dass einer der Sturmwirbel, die sich in seinem Bereich in diesem Jahr immer wieder gebildet haben, auch in Deutschland unabhängig von Gewittern zu Wettererscheinungen (Orkanböen) geführt hatte, die es sonst ebenfalls eigentlich nur im Winter gibt. Natürlich ist der Sturmwirbel ,Niklas‘ gemeint.

Der (vorerst?) letzte Wirbel dieser Serie erreichte am Montag, dem 3. August 2015, vor der irischen Küste mit einem Kerndruck deutlich unter 980 hPa seinen Höhepunkt.

Und noch etwas: Die gegenwärtige Wetterlage hat sich ja etwa Anfang Juli eingestellt, also ziemlich genau zum Zeitpunkt des ,meteorologischen Siebenschläfers‘. Demnach wäre rein statistisch etwa zwischen dem 15. und 20. August eine grundlegende Änderung dieser Wetterlage zu erwarten. Kaum ist es zu glauben, aber auch dies würde einer Vorhersage von Kowatsch und Kämpfe vor längerer Zeit entsprechen. Aber bis zum 20. August ist es noch zu lange hin, um hierzu aus der Numerik schon etwas sagen zu können. Und dass man Wetter für 50 oder 100 Jahre (!!) im Voraus genau vorhersagen kann, behaupten sowieso nur Politiker und Medien.

Fazit: Die von Kowatsch und Kämpfe beschriebene Meridionalisierung des hemisphärischen Strömungsmusters ist in vollem Gange. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Austrogung nicht grundsätzlich über dem Atlantik erfolgt, sondern durchaus auch über Mittel- und Osteuropa.

Aber sollen dann die Realisten Hurra schreien, wenn einen ganzen Sommer lang von Norden und Nordwesten her Meeresluftmassen arktischen Ursprungs nach Deutschland strömen? Kurzzeitig konnte man ja Mitte Juli vor allem in Nordwestdeutschland eine Ahnung davon bekommen. Aus meiner über 40-jährigen Erfahrung im Bereich Synoptik wage ich mal die Prophezeiung, dass eine Wetterlage wie in diesem Jahr nicht mehr als dreimal hintereinander auftritt. Also schauen wir mal, wie es im Sommer des nächsten Jahres aussieht. Davor gab es irgendeinen Klimazirkus in Paris.

© Hans-Dieter Schmidt, August 2015




Neue Hitzerekorde – Bemerkungen dazu aus statistisch-synoptischer Sicht

Der bisherige Rekord steht bei 40,2°C im August 2003. Das war ja bekanntlich der große Hitzesommer. Jetzt schlägt laut DWD der Hitzerekord mit 40,3°C (in Kitzingen/Main) zu Buche. Ich bezweifle, dass dieser „Rekord“ irgendeine Aussagekraft hat, und zwar aus folgenden Gründen:

Erstens ist der Rekord diesmal Anfang Juli aufgetreten. Die bisherigen Regordwerte von 40,2°C datieren vom 27 Juli 1983 in Gärmersheim östlich von Nürnberg. Im August 2003 wurde dieser Rekord in Karlsruhe und Freiburg ebenfalls genau erreicht, doch zeichnet sich vor allem Karlsruhe durch eine beachtliche Wärmeinsel aus. Nun liegt die vieljährige Mitteltemperatur Ende Juli/Anfang August schon wieder niedriger als Anfang Juli. Das heißt, hätte sich die Wetterlage, die im August zu dem bisherigen Rekord geführt hatte, bereits Anfang Juli eingestellt, wäre es ziemlich sicher noch deutlich heißer gewesen.

(Aus diesem Grunde möchte ich den diesjährigen „Rekord“ immer in Anführungszeichen gesetzt sehen. Lediglich der Einfachheit halber lasse ich diese aber im Folgenden weg).

Zweitens erfährt man ja nichts darüber, wo und wie das Thermometer relativ zur Umgebung aufgestellt ist. Kowatsch & Kämpfe haben immer wieder die Bedeutung des Wärmeinsel-Effektes beschrieben – muss man den hier abziehen? Muss man den auch von dem Rekordwert 2003 abziehen?

Übrigens hat sich unser Übersetzer Chris Frey auf seinem Blog ein paar Gedanken zu der Frage gemacht „Was ist normal?“, und zwar hier.

Bemerkungen aus synoptischer Sicht

Wie in früheren Beiträgen schon einmal genauer beschrieben, wird der Temperaturgang maßgeblich von Luftmassen bestimmt, die aus allen Himmelsrichtungen zu uns advehiert werden. Dabei sind drei Faktoren ausschlaggebend: Erstens, aus welchem Ursprungsgebiet stammt die Luftmasse, zweitens, auf welchem Weg ist sie zu uns geströmt und drittens wie lange hat sie dafür gebraucht. Eine Luftmasse aus (im Vergleich zu unserem Klima) extrem temperierten Ursprungsgebieten wird durch den Untergrund modifiziert, und zwar je stärker, umso länger der Weg ist (räumlich UND zeitlich).

Nun haben Kowatsch & Kämpfe belegt, dass im Juli immer noch ein gewisser positiver Trend der Temperaturen zu verzeichnen ist, während der Trend in allen anderen Monaten das umgekehrte Vorzeichen aufweist. Dies kann mehrere Ursachen haben.

Einmal könnte es in den Juli-Monaten der letzten Jahre häufiger Vorstöße von Luftmassen subtropischen/tropischen Ursprungs gegeben haben als früher. Oder die Anzahl dieser Vorstöße ist in etwa gleich geblieben und die Temperaturen in den Ursprungsgebieten liegen höher als früher.

Für Letzteres gibt es jedoch den Satelliten-Beobachtungen (und nur diese halte ich überhaupt für relevant) zufolge keinerlei Anzeichen. Bleibt also nur Ersteres übrig, aber wie immer erhebt sich gleich eine Folgefrage: was könnte der Grund dafür sein?

Gleich vorweg: da gibt es keine eindeutige Antwort, und der Spekulation ist Tür und Tor geöffnet. Ein paar Dinge lassen sich aber aus synoptischer Sicht festhalten: Für den Vorstoß extrem temperierter Luftmassen (egal ob nun warm oder kalt) ist grundsätzlich ein meridionales Strömungsmuster Voraussetzung. In einer mehr zonalen Westströmung wird es niemals zu irgendwelchen Temperaturrekorden kommen, egal mit welchem Vorzeichen.

Und tatsächlich sind während der letzten Jahre vor allem im Sommer gehäuft meridional orientierte Wetterlagen aufgetreten. Der Autor dieses Beitrags beobachtet seit mindestens zehn Jahren (ohne dass er dies explizit mit Zahlen belegen kann) eine Erhaltensneigung meridional ausgerichteter Wetterlagen, die länger ist als beispielsweise während der siebziger und achtziger Jahre. Markant erscheinen vor allem die seit mehreren Sommern hintereinander auftretenden Südwestlagen mit kurzen Hitzeschüben und den entsprechenden schweren Unwettern. Auch in diesem Jahr im Juni war das der Fall. Dabei waren die Temperaturschwankungen enorm: In der ersten Monatshälfte erfolgte bereits ein Vorstoß extrem warmer Luft, jedoch so schnell (24 Stunden), dass nicht einmal die Junisonne in der Lage war, diese Luftmasse durchzuheizen. Man erinnere sich, dass schon damals ein paar Tage vorher von zu erwartenden „Hitzerekorden“ die rede war, die dann nie eingetroffen sind.

Und in der zweiten Monatshälfte gab es dann einen nachhaltigen Kaltlufeinbruch von Nordwesten her, wobei die Schneefallgrenze um den 20. Juni in den Alpen bis 2000 Metern sank!

Und jetzt also wieder die Hitze, die aber nun zu Ende ist, den Modellrechnungen zufolge (die als Trend MAXIMAL mit hinreichender Genauigkeit etwa eine Woche (und nicht 50 oder 100 Jahre!) in die Zukunft schauen können stellt sich bei uns jetzt tatsächlich eine mehr oder weniger ausgeprägte Westlage ein.

Haben nun die extremen Temperaturschwankungen bei uns zugenommen? Die Frage muss aber vor dem o. g. Hintergrund anders gestellt werden: haben meridionale Wetterlagen in letzter Zeit zugenommen?

Der Autor tendiert dazu, diese Frage zu bejahen, und zwar hauptsächlich aufgrund von Erfahrungen, dass auch während des Sommerhalbjahres immer wieder Höhenwirbel im 500-hPa-Niveau bis weit nach Süden geführt werden, im Juli vorigen Jahres sogar bis nach Sizilien (!), was dort mitten in der üblichen sommerlichen Trockenzeit zu extrem ergiebigen Niederschlägen geführt hat, und zwar den ganzen Monat über und auch noch mit abnehmender Tendenz in den Nachbarmonaten.

Dennoch, eine eindeutige Antwort hat der Autor zu dieser Frage nicht. Aber ein anderer und sehr wesentlicher Aspekt scheint hier eine tragende Rolle zu spielen: in anderen Beiträgen von Kowatsch & Kämpfe haben diese schon vor Jahren nachgewiesen, dass in einem sich abkühlenden Klima viel öfter Extremwetterlagen und extreme Temperaturschwankungen auftreten können als in einem konstant warmen Klima.

Bislang sind diese Ereignisse bzgl. rascher Wechsel vor allem im Sommer aufgetreten. Bleibt die spannende Frage, wie das im kommenden Winter wird, nachdem die voran gegangenen beiden Winter von zonalen Westlagen geprägt waren mit der entsprechen überwiegend milden Witterung bei uns.

Hans-Dieter Schmidt




„Eisheilige“ und andere Singularitäten – Betrachtungen aus synoptischer Sicht

Bild rechts: Eisheiligen-Wetterlage vom 12. Mai 1978. Links: Temperatur im 850-hPa-Niveau, rechts: Geopotential 500 hPa (bunt) und Bodendruck (Linien). Nähere Erläuterung weiter unten im Beitrag. Quelle: Wetterzentrale.de

Für das Temperaturniveau in unseren Breiten ist es nicht nur zu den „Eisheiligen“, sondern immer von zentraler Bedeutung, welche Luftmasse bei uns gerade vorherrschend ist. Es ist eine Binsenweisheit, dass es bei uns kalte und warme Luftmassen gibt. Ist es bei uns „zu warm“ oder „zu kalt“, in welchem Zeitraum auch immer, heißt das nichts weiter, als dass überwiegend warme bzw. kalte Luftmassen während dieses Zeitraumes wetterbestimmend waren. Es gab Mai-Monate, die insgesamt zu kalt ausgefallen waren, obwohl gerade zu den kalendarischen Eisheiligen warme oder sehr warme Luftmassen bestimmend waren, und umgekehrt. Tritt eine solche Temperaturanomalie sogar in vieljährigen Mittelwerten hervor, spricht man von einer Singularität. Übrigens ist das sog. „Weihnachtstauwetter“ ebenfalls eine solche Singularität, noch dazu viel ausgeprägter als die Eisheiligen weil häufig viel „pünktlicher“. Die Mitteltemperatur am 24. Dezember gemittelt über den Zeitraum 1908 bis 2013 liegt 1 bis 2 K höher als die Mitteltemperatur am 15. Dezember.

Wenn ein Vorgang zu bestimmten Zeiten in 10 von zehn Fällen auftritt (Streuung Null), heißt das nicht, dass dieser gleiche Vorgang auch beim 11. Mal wieder auftritt, sondern nur, dass es eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür gibt. Ein solches häufiges Auftreten zu einem bestimmten Zeitpunkt liegt deutlich jenseits der statistischen Streuung, so dass es einen Zusammenhang geben muss. Für die (statistische) Vorhersage spielt jedoch die Natur dieses Zusammenhangs keine Rolle! Es ist eine rein akademische Frage.

(Nebenbemerkung: Jeder erfahrene Synoptiker greift teils unbewusst auf solche Zusammenhänge bei der Vorhersage zurück, und Erfahrung ist ja auch nichts weiter als reine Statistik).

Aber ich schweife ab. Zurück zu den Eisheiligen. Anknüpfend an die obige Aussage bzgl. Luftmassen kann man also präzisieren, dass gerade zu den Eisheiligen besonders häufig kalte Luftmassen wetterbestimmend sind, warum auch immer. Natürlich gibt es Kaltlufteinbrüche zu jeder Zeit des Jahres, auch wenn mir irgendwelche ideologischen Betonköpfe weismachen wollen, dass es diese wegen der Nordverschiebung des Subtropenhochs im Sommer gar nicht gibt. (Komisch! Warum hat dann ein Höhentief über Sizilien [!] im Juli vorigen Jahres dort ein Regenüberschuss von 3000% gebracht, mitten im Subtropenhoch?).

Bekannt in diesem Zusammenhang ist die sog. „Schafskälte“, also Kaltlufteinbrüche Anfang Juni, nachdem die Schafe das erste Mal geschoren worden waren. Außer an extrem ungünstigen Lagen (wie z. B. dem Tegeler Fließ im Norden Berlins oder auch an der Station Hof, wo es selbst im Juli schon mal geringen Frost gegeben hatte) gibt es dabei jedoch keinen Frost mehr. Im Übrigen müssen gerade zu den Eisheiligen mehrere Dinge zusammentreffen; ein einfacher Vorstoß von Meereskaltluft arktischen Ursprungs reicht nicht aus, wenn dieser mit vielen Wolken einher geht.

Interessant ist die Eisheiligen-Wetterlage im Jahr 1978 (siehe Bild oben rechts). Im Zuge der Kaltzeit der siebziger Jahre gab es in Nordeuropa einen sehr kalten und außerordentlich langen Winter. Aus dem dort Anfang Mai immer noch vorhandenen Kaltluftpool löste sich ein Höhentief und zog direkt nach Süden. In der Nacht vom 11. auf den 12. Mai wurde von der Radiosondenstation Lindenberg bei Berlin im 850-hPa-Niveau eine Temperatur von -13°C ermittelt. Zu dieser Zeit war jedoch der Bereich mit einer Temperatur unter -10°C in diesem Niveau bereits so klein, dass er im synoptischen Scale der Darstellung nicht mehr zu erkennen ist.

Es gab tagsüber heftige Schneeschauer, nachts klarte es auf, stellenweise bildete sich sogar Nebel. Am Morgen des 13. Mai wurde im Norden Berlins dadurch Rauhreif beobachtet – im Mai sicher keine alltägliche Erscheinung. Über Schäden in der Landwirtschaft ist mir leider nichts bekannt, bei Temperaturwerten bis -8°C (Station Gardelegen) müssen diese aber erheblich gewesen sein.

Da dieser extreme Kaltlufteinbruch nun wirklich pünktlich zu den Eisheiligen erfolgte, müsste er in den Graphiken von Kämpfe & Kowatsch eigentlich hervortreten. Und siehe da, tatsächlich ist das der Fall. Die folgende Graphik stammt aus dem Beitrag von Kämpfe & Kowatsch:

Man erkennt, dass es nur zu Beginn der vierziger Jahre eine ähnliche Kaltspitze wie 1978 gegeben hatte. Man erkennt aber auch, dass die Kaltspitzen unabhängig dieser Einzeljahre etwa nach 1980 insgesamt niedriger lagen als davor, was natürlich die Aussage der beiden Autoren bestätigt.

Fazit: Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens extremer Kaltlufteinbrüche im Mai dürfte während der nächsten Jahre also zunehmen – egal ob diese nun gerade pünktlich zu den kalendarischen Eisheiligen auftreten oder etwas früher bzw. später.

© Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt, Anfang Juni 2015




Folgen der Dürre in Kalifornien – vom Menschen verursacht?

Keine Frage, dass hierzulande sofort AGW dafür verantwortlich gemacht wird. Das ist aber blanker Unsinn. Im Großraum Los Angeles herrscht das klassische Mittelmeerklima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern, wobei die winterliche Niederschlagsmenge dort im Mittel geringer ist als im Mittelmeer. Je weiter man vom Pazifik landeinwärts kommt, umso trockener wird es.

Das Gebiet ist von Natur aus Wüste oder zumindest Halbwüste, weil die Winterniederschläge sehr unregelmäßig auftreten. Außerhalb der Ortschaften sah es auch fast überall so aus wie auf dem Bild oben rechts. Aber in den Städten…

Ich hatte Gelegenheit, im Jahre 2004, genauer im Februar, also dem kalifornischen Winter, bei einem Bekannten drei Wochen Urlaub zu machen. Dabei war nur zu auffällig, wie grün die Städte waren, soweit das Auge reichte. Frisches Grün, viele Parks und Bäume, riesige Golfplätze mit sattgrünem Rasen. An den Straßenrändern gab es Bewässerungseinrichtungen; Rohre, aus denen durch Löcher Wasser gesprüht wurde – selbst an den Rändern der Hauptstraße. Swimmingpools aller Orten. Die gesamte riesige Stadt Los Angeles war grüner als eine Stadt bei uns.

Die Wasserverschwendung war wirklich schmerzhaft zu sehen. Aber Wassersparen war dort, auch bei meinem Bekannten, ein Fremdwort. Dabei gab es schon damals in Zeitungen und im Fernsehen die Warnung vor dem Raubbau am Wasser, unterlegt mit Bildern des schon damals nur noch halbvollen Stausees. Wohlgemerkt, es war ausschließlich vom Raubbau die Rede – kein Wort von AGW oder Ähnlichem. Schon damals gab es sehr dringliche Warnungen, dass bei einer Fortsetzung des Wasserverbrauchs wie bisher L. A. auf dem Trockenen sitzen würde (nicht könnte!).

Dies ist inzwischen wohl auch drängend geworden, denn niemand hat sich um diese Warnungen geschert. Tatsächlich hat es während der letzten Jahre durchweg sehr wenig geregnet, aber das ist keineswegs ungewöhnlich. In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es eine viel schlimmere Dürre. Nichts könnte also normaler sein als eine gewisse Regenarmut in dem gesamten Gebiet.

Aber ich wollte es genauer wissen und habe meinen Bekannten dort per E-Mail Folgendes gefragt:

Glaubst du, dass die Dürre bei euch vom Menschen verursacht ist, durch Raubbau oder gar AGW?

Oder könnte es sein, dass die Dürre in Wirklichkeit natürlichen Ursprungs und ein zyklisches Ereignis ist?

Seine Antwort ist in jeder Hinsicht bemerkenswert, wie ich finde, und deshalb folgt hier die deutsche Übersetzung dieser Antwort (ich bedanke mich beim Übersetzer Chris Frey, meinem Freund, der mir dabei geholfen hat):

Der Großraum Los Angeles (allgemeiner, ganz Südkalifornien) erhält sein Wasser aus drei großen Quellen; dem Colorado-River [Lake Powell, der Stausee, der hier in den derzeitigen Nachrichten immer gezeigt wird], dem Delta in Nordkalifornien und dem Schnee auf der östlichen Sierra Nevada. Natürlich gibt es auch ein paar lokale Wasserressourcen, aber die sind entweder relativ klein und daher nicht von Bedeutung, oder sie werden aus den drei großen Quellen gespeist.

Meine Meinung ist, dass die Dürre ein Phänomen der Natur ist. Ich bin kein Fachmann in dieser Hinsicht, denke aber, dass deine Vermutung einer Beziehung zu solaren Zyklen korrekt ist. Ich denke nicht, dass die Dürre menschlichen Aktivitäten geschuldet ist, aber die Tatsache, dass es die Dürre nun einmal gibt, dass die Menschen riesige Mengen Wasser brauchen und verbrauchen, dass Südkalifornien den größten Teil des Wasserbedarfs importieren muss, bringt die Folgen der Dürre direkt zur Bevölkerung. Menschen sind nicht die Ursache der Dürre. Aber sie sind die Ursache das Wasserbedarfs in einem Gebiet, dass seine Bevölkerung inzwischen nicht mehr ausreichend aus lokalen Quellen versorgen kann.

Ich glaube, es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass etwa 80% des in Südkalifornien verbrauchten Wassers in der Landwirtschaft verwendet wird, und dass Kalifornien Nahrungsmittel für die USA und Völker in aller Welt produziert. Während die hier lebenden Menschen die Auswirkungen der Dürre spüren, ist es mehr eine Unbequemlichkeit als irgendetwas anderes. Das wirkliche Thema ist die Fähigkeit, Ernten zu erzeugen.

(Hervorhebung von mir)

Soweit mein Bekannter. Auch ihm ist bis heute nicht bewusst, was dort wirklich Sache ist. Aber Zufällig ist auf der EIKE-Website hier eine Übersetzung von Chris Frey eines Briefes von Bob Tisdale an ein paar Senatoren erschienen, in dem Tisdale sagt: „Die Dürre und die hohen Temperaturen in Kalifornien sind Wetterereignisse … beständige zwar, aber nichtsdestotrotz Wetterereignisse“.

Da hat er völlig recht. Schauen wir uns doch mal die Wetterlage an einem beliebigen Tag im Februar dieses Jahres an, genauer dem 19. Februar.

Abbildung: Wetterlage über den USA am 19. Februar 2015. Bunt: Geopotential im 500 hPa-Niveau. Linien: Auf NN reduzierter Bodenluftdruck

Man erkennt deutlich den hohen Luftdruck über dem Westteil der USA und dem angrenzenden Pazifik sowie den für die extreme Kälte verantwortlichen tiefen Luftdruck über dem Ostteil. Diese Konstellation war sehr beständig und so ähnlich auch während der vergangenen Jahre aufgetreten. Auch bei uns gab es im vergangenen Winter wieder eine Häufung von Südwestlagen, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie im Winter 2013/2014. Das ist Wetter, sonst nichts.

FAZIT: Die Folgen der „Dürre“ in Kalifornien sind keineswegs irgendwelchen Klimaänderungen geschuldet. „Dürre“ in Anführungszeichen, weil es im Vergleich zu früheren Perioden eigentlich gar keine echte Dürre ist. Raubbau ist die alleinige Ursache der Wasserprobleme, die durch eine zufällige und durchaus nicht ungewöhnliche Wetterkonstellation verstärkt wird. Aber natürlich passt das nicht in die gängige Propaganda, auch jenseits des Atlantiks nicht. Und da haben wir die Parallele zur deutschen „Energiewende“: Es muss erst passieren, bevor die Leute es kapieren!

Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt




Bemerkungen zum Winter 2014/15 Europa-Atlantik-Ostteil Nordamerika

Schon bei der Proklamation des Jahres 2014 als “das wärmste jemals” seitens der NASA und anderer politischer oder von politischen Zuwendungen abhängiger Organisationen hatten ja nicht nur die Autoren des o. g. Beitrags auf die Unregelmäßigkeiten dieser Behauptung hingewiesen. Es war eine ungewöhnlich hohe Zahl von Tagen mit einer Südwest-Wetterlage, die das Jahr 2014 in Deutschland in der Tat zu einem der wärmsten Jahre gemacht haben, aber ebenso wie weltweit nicht zum wärmsten jemals, wie inzwischen auch die NASA mit zusammen gebissenen Zähnen einräumen musste.

Im krassen Gegensatz zum Medienecho dieser Behauptungen vor allem hierzulande steht ein anderes Ereignis in einem anderen Teil der Welt, und zwar mit weit gravierenderen Folgen als die milde Witterung bei uns. Der gesamte östliche und zentrale Teil der USA bis hinunter zum Golf von Mexiko erlebte zum zweiten Mal hintereinander einen katastrophalen Eiswinter mit schweren Ernteschäden und wirtschaftlichen Folgen. Besonders der vergangene Februar war in vielen Gebieten im Osten der USA wirklich der kälteste jemals, also seit Beginn von Aufzeichnungen in Reihen, die 50 bis 100 Jahre lang sind. Eine gute Zusammenfassung der Verhältnisse in den USA findet sich hier. Aus diesem Artikel stammt auch die folgende Tabelle, die hier beispielhaft gezeigt werden soll:

Zu dieser Tabelle: Zu beachten ist, dass alle Angaben in Grad Fahrenheit gegeben sind. Man muss die Zahlen durch 1,8 dividieren, um auf Celsius-Grade zu kommen. Aber das ist nicht der wesentliche Punkt. In der Spalte ganz rechts steht die Differenz des neuen Rekordwertes im Vergleich zum bisherigen Rekord. Die Größe dieser Differenz ist wirklich erschreckend, aus einem Grunde, den ich am Ende anspreche.

Und was vernahm man nun in den Medien hierzulande? Dröhnendes Schweigen – was sonst? Wie soll man das nennen? Ist das nun Zensur oder nicht? Lediglich als der Bürgermeister der Stadt New York, aber auch andere Brüder im Geiste aus der Politik, einen gewaltigen Blizzard verkündeten, gab es hierzulande mediales Getöse. Als dieser Sturm aber wie von meinen US-Kollegen erwartet, was sie aber nicht laut sagen durften (!!) deutlich schwächer ausgefallen war, gab es in unseren Medien wieder Schweigen. Merkwürdige Zeiten, die unselige Erinnerungen wecken.

Zusammenhänge der Winterwitterung auf der Nordhemisphäre

Betrachtet man die Anomaliegebiete im großräumigen Maßstab, fallen wie erwähnt der milde Winter in Mitteleuropa bis weit nach Osteuropa hinein sowie die extreme Kälte in der Osthälfte der USA auf. Im Westen der USA, namentlich in Kalifornien, schlossen sich große Gebiete an, die unter einer schon seit Längerem andauernden Dürre leiden. Die Niederschlagsarmut dürfte sich auch weit auf den Pazifik hinaus erstreckt haben, aber über Ozeanen von einer „Dürre“ zu sprechen ist wohl doch fehl am Platze.

In Ostasien und dem Ostteil Sibiriens schlossen sich dann wieder weite Gebiete mit extremer Kälte an. Extrem auch für diese Gebiete, allerdings ist es dort natürlich immer sehr kalt, und ich weiß nicht, ob es ins Gewicht fällt, ob die Temperatur -50°C oder -60°C beträgt.

Wie auch immer, es zeigt sich eine klare Wellenzahl drei: drei große Tröge (kalt) und drei große Hochkeile (warm) rund um den Nordpol. Am Besten spiegelt sich so etwas im 300-hPa-Niveau. Bekanntlich ist ja der mäandrierende Jet Stream die Summe mehrerer Wellenzahlen, die alle eine unterschiedliche Amplitude und Varianz (= Anteil der Einzelwelle am Gesamt-Wellenspektrum) haben.

Eine solche Wellenzahl drei war also ganz offensichtlich im Winter 2014/15 auf der Nordhemisphäre vorherrschend. Der Theorie nach ROSSBY zufolge haben diese sog. Langen Wellen klimatologisch eine statistisch bevorzugte Position, die der Orographie der Nordhemisphäre folgt. So liegt der Hochkeil der Wellenzahl drei im klimatologischen Mittel vor der Westküste Amerikas über dem Pazifik. Der nächste Hochkeil befindet sich dann 130 Längengrade weiter östlich, also über Mitteleuropa und dem östlichen Mitteleuropa. Dazwischen liegt jeweils ein langwelliger Trog. Auf diese Weise lässt sich ziemlich einfach die Witterungs-(!)Verteilung auf der Nordhemisphäre beschreiben.

Diese sog. Klimatologischen langen Wellen (im Winter bis zur Wellenzahl vier, im Sommer fünf) ändern sich immer mal wieder, wie ja alles im ständigen Wandel begriffen ist (Wetter, Witterung und Klima). Lange Wellen verlagern sich auch nicht, sondern bleiben immer mehr oder weniger stationär – es sei denn, die Wellenzahl ändert sich. Das alles sind grob vereinfachte Ableitungen aus der ROSSBY-Theorie. Näheres dazu gibt es hier.

Aus dieser Quelle stammt auch die folgende Abbildung:

Sie zeigt die langen Wellen mit der Wellenzahl drei in ihrer mittleren klimatologischen Position. Im vergangenen Winter war diese Konfiguration um einige Längengrade nach Osten verschoben.

Interessanterweise ist nun die Änderung eines Langwellen-Regimes nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt, sondern es gibt hierbei statistisch bevorzugte Zeiten. Die größte Signifikanz weist der Zeitraum Anfang Juli („Siebenschläfer-Regel“) und Anfang Dezember auf, wobei ein Wellenregime, das sich bis spätestens zum 10. Dezember eingestellt hat, in der Regel bis weit in das meteorologische Frühjahr hinein gehalten wird (mein Freund Chris Frey hat das mal so ausgedrückt: „Anfang Dezember wird der Winter gebacken“).

Die milde Witterung bei uns, die Dürre in Kalifornien und die extreme Kälte im Ostteil der USA sind also dem Wellenregiment dieses Winters geschuldet, das wie zu erwarten war den ganzen Winter über gehalten wurde mit kleineren Schwankungen. Daran ist weder etwas Aufregendes, noch hat das irgendwas mit dem Klimawandel zu tun.

Noch einmal zurück zur Arbeit von Kämpfe und Kowatsch (2015): Am Ende des Beitrags findet sich eine Tabelle, in der die Langfristvorhersagen des Winters bewertet werden, die im Herbst vorigen Jahres abgegeben worden waren. M. E. hat sich Kämpfe dabei zu schlecht beurteilt, denn im Gegensatz zum Autor dieses Beitrags hat er den eher milden Winter erwartet. Warum habe ich diesen Winter kälter erwartet?

Nun, das Wellenregiment dieses Winters hat sich sehr spät eingestellt. An sich ist eine starke und milde Westlage Anfang Dezember fast ein Garant für einen milden Winter bei uns, aber Anfang Dezember 2014 gab es diese Westlage noch nicht. Als sich dann aber in der Ersten Dezemberdekade die ersten Mega-Orkanwirbel auf dem Atlantik bildeten (was im Vorjahr 2013 bereits im September angefangen hatte!) war dies ein Hinweis, dass sich bei uns dauerhaft kalte Witterung wohl nicht einstellen würde. Das allein ist aber noch kein Hinweis, denn am 15 Dezember 1986 hat sich im Seegebiet zwischen Island und Grönland der stärkste, im vorigen Jahrhundert bekannte Orkanwirbel jemals entwickelt mit einem Kerndruck unter 920 hPa! Dennoch gab es bekanntlich 1986/87 in Mitteleuropa einen sehr kalten Winter. Irgendetwas war also damals anders, und zwar etwas sehr Augenfälliges. Ich bekenne, dass ich dies zu Beginn des vergangenen Winters übersehen hatte.

Kalte oder sehr kalte Witterung kann sich bei uns nur bei Ost- oder Nordostlagen einstellen. Dazu ist aber außerdem noch das Vorhandensein eines Kaltluftkörpers über Nordosteuropa erforderlich. Im Dezember 1986 war dieser ausgeprägt vorhanden, während er im Dezember 2014 vollständig fehlte und sich auch bis heute nie eingestellt hatte. Das sollen die folgenden Abbildungen zeigen:

Das Datum stimmt zwar nicht ganz auf den Tag genau, aber in beiden Fällen findet sich auf dem Atlantik ein Orkanwirbel. Man erkennt sehr gut den Kaltluftkörper im Dezember 1986 über Nordosteuropa, der sogar deutlich stärker ausgeprägt war als sein Pendant im Osten Amerikas. Bodennah waren damals dort Temperaturwerte zwischen -20°C und -40°C vorherrschend.

Ganz anders im Dezember 2014: Ein Kaltluftkörper über Nordosteuropa ist nicht einmal rudimentär vorhanden. Dagegen weist die Wetterlage über dem Atlantik Ähnlichkeiten auf.

Fazit bis hier: Aus statistisch-synoptischer Sicht war aufgrund der Strömungsverhältnisse Anfang/Mitte Dezember 2014 kein kalter Winter zu erwarten. Dies gilt auch generell: Sollte sich bis spätestens Mitte Dezember über Nordosteuropa kein ausgeprägter Kaltluftkörper gebildet haben, ist dies statistisch gesehen den ganzen Winter über nicht zu erwarten. Es gibt natürlich Ausreißer dergestalt, dass sich im Januar doch noch ein solcher bildet, aber dieser Fall tritt so selten auf, dass die Aussage signifikant ist. Mit etwas größerer Streuung gilt das auch umgekehrt: Ist ein solcher Kaltluftkörper über Nordosteuropa vorhanden und auch stärker ausgeprägt als sein Pendant am Westatlantik, sind im Winter zumindest einige längere handfeste Kältewellen zu erwarten.

Wobei wir bei einem Punkt sind, der mir als einzigem zu denken gibt: Kältewellen im Osten der USA gibt es immer wieder. Auch ich habe in den siebziger Jahren im US-Bundesstaat Pennsylvania solche Winter erlebt. Aber: Es ist die Intensität der diesmaligen Kältewelle dort, die mich beunruhigt! Sollte sich das nächste Mal wieder ein Kaltmuster für Mitteleuropa einstellen (und das wird mit Sicherheit in naher Zukunft wie üblich wieder der Fall sein, zumal eine die Wellenzahl drei begünstigende Warmphase der NAO in die Kaltphase wechseln dürfte), so dürften auch bei uns die Kälterekorde purzeln – mit allen gravierenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft – also für uns alle!

Und wer weiß? Vielleicht schon im nächsten Jahr im Zuge des (zugegebenermaßen unwissenschaftlichen) Al-Gore-Effektes? Schließlich findet Anfang Dezember das nächste große Klima-Konferenz-Spektakel in Paris statt…

Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt

Nachwort: In den USA ist das Zufrieren der Großen Seen ebenfalls ein großes Thema. Die Eisbedeckung und -dicke ist noch stärker als vor einem Jahr; auch die Niagara-Fälle sind weitgehend eingefroren. Das ist aber keine Folge noch extremerer Kälte, sondern dem Umstand geschuldet, dass die sommerliche Erwärmung der Seen im Jahre 2014 erst mit großer Verzögerung erfolgen konnte, weil erst im Juni (!) das letzte Eis des Vorwinters verschwunden war. Die Wassertemperatur der Seen lag also eingangs des Winters 2014 deutlich niedriger als eingangs des Vorwinters.




Kleine Eiszeit – immer und überall nur kalt?

Bild rechts: Wetterlage vom 15.1.1987 als Beispiel einer typischen Blockierung. Man erkennt die von Osten nach Deutschland wehende kontinentale Kaltluft mit Temperaturwerten zwischen -15°C und unter -20°C. Man erkennt auch, wie schnell diese Luftmasse sich beim Überströmen der Nordsee erwärmt und in UK beispielsweise mit Temperaturwerten ankommt, die die Themse bestimmt nicht zufrieren lassen. Aber wir befinden uns ja auch (noch?) nicht in einer Kleinen Eiszeit. Ebenso ist die milde Westströmung südlich der Polarfront über Südskandinavien erkennbar. Die Temperatur liegt dort durchweg über dem Gefrierpunkt. Im Januar 1988 hat eine solche Wetterlage sogar am Nordural über eine Woche lang leichtes Tauwetter gebracht. Bildquelle: © Berliner Wetterkarte e. V.

Wie sich die Kleine Eiszeit in der Statistik abbildet, zeigt eine Graphik von J. Kowatsch:

 

Der o. g. Satz lautet: „Während die Moore im kontinentalen Nordwesteuropa nasser wurden, wurden sie in Feuerland (Südamerika) trockener“. Mir geht es hier um die Aussage, dass die „Moore im kontinentalen Nordwesteuropa nasser“ wurden. Gemeint ist natürlich Nordskandinavien und der nordwestliche Zipfel Russlands.

Ganz unabhängig von dieser Studie habe ich schon lange darüber nachgedacht, welche aktuellen Wetterlagen während der Kleinen Eiszeit (nennen wir sie ab hier mal LIA) die große Kälte in Mittel- und Westeuropa gebracht haben könnten. Die Kälte muss von Norden oder/und Osten gekommen sein, denn auch zu den kältesten Eiszeit-Zeiten gab es im Ostatlantik nur offenes Wasser. Von dort KANN keine Kälte kommen, selbst wenn die Wassertemperatur – sagen wir mal – um 5 K niedriger gelegen hätte.

Es muss also stabile Ostwindwetterlagen gegeben haben. Diese setzen aber unabdingbar eine große blockierende Antizyklone über Nordeuropa voraus, am besten noch mit einem Keil bis nach Island. Der polare Jetstream wird – zumindest heutzutage – dabei aufgespalten in einen Zweig, der über das nördlichen Nordeuropa hinweg verläuft und über Russland nach Südosten und Süden umbiegt. Der andere Zweig ist zum Mittelmeer gerichtet. Heutzutage kommt eine solche Wetterlage zwar auch immer wieder vor, doch muss es eine solche während der LIA wiederholt, lang anhaltend und sehr ausgeprägt gegeben haben. Die nach Norden abgelenkten Tiefdruckgebiete haben dann in Nordskandinavien für deutlich erhöhte Niederschlagsmengen gesorgt, was durch die Erwähnung der „nasseren Moore“ bestätigt wird.

Die grundsätzliche Frage lautet hier also:

Warum gab es während der Kleinen Eiszeit immer wieder und offenbar lang anhaltend große blockierende Hochdruckgebiete über Nordeuropa?

Es wird wohl nicht in jedem Winter der Fall gewesen sein. Und auch durchweg sehr milde Winter wird es vermutlich gegeben haben, nur eben viel seltener als heute. Oder anders: Bei andauernden West- und Südwestlagen hätte man in Mitteleuropa von der LIA vermutlich gar nichts bemerkt. Es muss also während der LIA zu großen Anomalien der allgemeinen Zirkulation gekommen sein, vermutlich auf beiden Hemisphären, was ja auch in der Studie vermutet wird. Wobei Anomalien natürlich immer mit Bezug auf heute zu sehen ist. Die heutigen häufigen Westwindwetterlagen mit ihren wiederholt milden Wintern wären vielleicht während der LIA die Anomalie gewesen. Wie auch immer, dieser Ansatz birgt Unsicherheiten, was mir zeigt, dass die genauen Wetterbläufe während Eiszeiten allgemein immer noch nicht verstanden sind. Einige dieser Unsicherheiten möchte ich hier ansprechen.

Interessanterweise sagen ja die Alarmisten seit Neuestem, dass die seit der Jahrtausendwende wieder kälteren Winter bei uns der globalen Erwärmung geschuldet seien, weil diese das Zirkulationsmuster verändere. Abgesehen davon, dass diese Erklärung erst aus der Not heraus nach mehreren sehr kalten Wintern nachgeschoben wurde, kann man aus dieser Aussage eine Binsenweisheit ableiten: Unterschiedliche Klimate im globalen Maßstab haben immer auch unterschiedliche mittlere Zirkulationsmuster zur Folge.

So weit, so gut. Ich habe in früheren Beiträgen schon darauf hingewiesen, dass man für Wetter, Witterung und Klima in Mitteleuropa nicht einfach sagen kann, es wird „wärmer“ oder „kälter“. Es hängt immer von den beteiligten Luftmassen ab. Kontinentale Kaltluftmassen werden auch während Warmzeiten immer kalt gewesen sein. Die berüchtigte Aussage von einem Herrn Mojib Latif im Jahre 2000, der zufolge es bei uns „keine kalten Winter mehr geben würde“, kann man also transformieren in die Aussage „Es wird bei uns im Winter nie mehr Nordostwind-Wetterlagen geben“. Dabei tritt der Unsinn einer solchen Aussage noch viel deutlicher zutage (wie kann man eigentlich mit einer solchen Haltung Diplom-Prüfungen bestehen?).

Aber ich schweife ab. Es gibt, wie gesagt, Unsicherheiten, die ich selbst mir auch nicht so ohne Weiteres erklären kann: Erstens, ein häufigerer Durchzug atlantischer Tiefdruckgebiete muss in Nordskandinavien milderes Wetter, vor allem mildere Winter als heute zur Folge gehabt haben. Davon habe ich aber noch nie etwas gehört. Die „nasseren Moore“ deuten ja zunächst nur auf erhöhtes Niederschlagsaufkommen hin. Vermutlich wurde dieser Effekt durch die sicherlich erheblich größere Ausdehnung des arktischen Meereises kompensiert. Außerdem trugen die verstärkten Schneefälle und das viel geringere Abtauen im Sommer dazu bei, dass die milden Luftmassen eben längst nicht so mild waren wie heute.

Es war also überall kalt. Eine Frage möchte ich aber abschließend doch zur Diskussion stellen, weil ich sie nicht beantworten kann. Blockierende Hochdruckgebiete bilden sich in der Regel nur bei einem schwachen zonalen Grundstrom (heutzutage jedenfalls). Zu Kaltzeiten müsste dieser zonale Grundstrom aber viel stärker ausgeprägt sein, richtet sich dieser doch nach der Druck- und Temperaturdifferenz zwischen Äquator und Polen. Nun wird es zur LIA am Nordpol mehr kälter als heute gewesen sein als am Äquator. Die Temperaturdifferenz war also erhöht. Aber vielleicht, und damit schlage ich den Bogen zurück zu der Studie, in der genau das vermutet worden ist, lag der polare Jetstream so weit südlich, dass er regelmäßig über das Mittelmeer hinweg verlaufen war, während der nördliche Zweig deutlich abgeschwächt war. Dann müsste die LIA eine Zeit deutlich verstärkter Niederschläge in Südeuropa und Nordafrika gewesen sein. Außerdem müsste dann die atlantische Tiefdrucktätigkeit in Nordeuropa deutlich schwächer ausgeprägt gewesen sein als bei vergleichbaren Wetterlagen heute, was sich natürlich ebenfalls abkühlend auf die milden atlantischen Luftmassen in hohen Breiten ausgewirkt haben dürfte.

Fazit: Blockierende Hochdruckgebiete im Winter über Nordeuropa scheinen während der LIA die Regel gewesen zu sein, während sie heutzutage nur ausnahmsweise auftreten. Schauen wir mal, was die vermutliche globale Abkühlung während der kommenden Jahre in dieser Beziehung bringt. Interessanterweise deutet sich ja ganz aktuell für diesen Winter eine Tendenz zu Blockierungen über Nordeuropa an. Aber genauso wie ein regional besonders warmes Jahr noch keine Erwärmungs-Katastrophe ist, ist eine einzelne Blockierung keine Eiszeit.

Hans-Dieter Schmidt




Der milde Winter in Mitteleuropa – Klimawandel?

Wenn man die Wintertemperaturen bei uns vergleicht, schaut man gemeiniglich immer darauf, ob der Winter zu kalt oder zu mild war („normale“ Winter scheint es überhaupt nicht zu geben). Aber im Grunde vergleicht man dabei immer Äpfel oder Birnen mit Fruchtbrei. Ist es im Winter mild, liegen wir im Zustrom milder Luftmassen, meist von Südwesten her (na sowas!). Kälte dagegen kommt von Norden oder Osten. Mal überwiegt die eine Luftströmung, mal die andere, und manchmal wechseln sich beide ab. Die Aussage „Der Winter war zu kalt/zu mild“ bedeutet also im Klartext immer nur, dass wir überwiegend im Zustrom kalter/warmer Luftmassen lagen. Die Frage hier lautet: Kann man warme und kalte Luftmassen einfach so miteinander vergleichen?

Formuliert man es so, liegt die Antwort auf der Hand: natürlich nicht! Was man vergleichen kann, sind jedoch warme/kalte Luftmassen untereinander. Hierbei ist etwas auffällig, dass mir bedeutsam vorkommt.

Dieser ganze Winter ist nämlich seit praktisch Anfang Dezember durch immer die gleiche Wetterlage gekennzeichnet, nämlich einer außerordentlich starken atlantischen Frontalzone mit hohem zonalen Grundstrom. Üblicherweise ändert sich eine bestimmte Verteilung langer Rossby-Wellen von Zeit zu Zeit, meist im Abstand von einigen Wochen. In diesem Winter jedoch war das Rossby-Wellenregiment jedoch außerordentlich stabil, und im Grunde war bei der Abfassung dieses Beitrags immer noch keine grundlegende Änderung abzusehen. Ein Langwellentrog der Wellenzahl 3 befand sich über dem Atlantik, auf dessen Vorderseite milde Luft nach Norden und Nordosten geführt wurde, während auf seiner anderen Seite über den USA und Kanada arktische Luft weit nach Süden wehte, ohne einen Ozean dazwischen, der die Kälte hätte abmildern können. Man weiß jenseits des Atlantiks ja ein Lied davon zu singen.

Kurzwellentröge durchlaufen nun diesen Langwellentrog. Sie verstärken sich jeweils erheblich auf der zentralen Trogposition der langen Welle (die Folge ist jedes Mal die Bildung intensiver Tiefdruckwirbel) und schwächen sich wieder ab, wenn sie aus dieser heraus laufen. Zum Glück für uns lag die Position des Troges so weit westlich von uns, dass uns alle diese Entwicklungen nur gestreift haben, jedenfalls wenn man es mit den Britischen Inseln vergleicht. Denn das ist natürlich eine weitere Folge konstanter Strömungsverhältnisse: auch die aktiven Wettervorgänge finden immer im gleichen Gebiet statt. Der Durchzug starker Tiefdruckwirbel führt auf den Britischen Inseln immer zu Sturm und ergiebigem Niederschlag – Pech nur, dass das in diesem Winter immer wieder passiert.

Eine vergleichbare Lage gab es in Deutschland übrigens im Oktober 1974, als gleich vier Vb-Tiefdruckgebiete hintereinander Deutschland betrafen. In Berlin gab es im Oktober 1974 310% der normalen Niederschlagsmenge – aber nur, weil das letzte Tief in dieser Reihe am 1. November durchgezogen war.

Noch einmal: Die Bildung intensiver Orkanwirbel ist im Winter gang und gäbe, nicht jedoch die immer gleiche Lage über mehrere Monate hinweg. Eine solche Lage muss in vielen Gebieten zu Extremwetter führen, aber nicht durch einzelne Extravorgänge (wie z. B. Hurrikane), sondern einfach durch die stetige Wiederholung ganz „normalen“ Wetters immer an der gleichen Stelle. Aber ich schweife ab. Interessant ist nämlich ein anderer Aspekt.

Wie schon erwähnt, lag Mitteleuropa immer wieder im Zustrom sehr milder Luftmassen von Südwesten her. Es bot sich also Gelegenheit, diese milden Luftmassen einmal untereinander zu vergleichen, sowohl insgesamt in diesem Winter als auch mit Warmluftvorstößen in anderen Wintern.

Hierbei muss zunächst berücksichtigt werden, dass sich die milden Luftmassen vor allem bei windschwachem Wetter nicht bis in das Tiefland durchsetzen können. Man darf also für einen solchen Vergleich nicht einfach das Temperaturniveau am Boden heranziehen. Vergleichen muss man das Temperaturniveau im 850-hPa-Niveau (also in etwa 1500 m Höhe). Aber auch die Föhnluftmassen an den Alpen lassen sich vergleichen.

Hierbei ist auffällig, dass die milden Luftmassen in diesem Winter durchweg längst nicht so mild sind, wie sie es in früheren Winter schon waren. Zwar gab es im Alpenvorland Temperaturwerte über 10 Grad in diesem Niveau, aber das war ausschließlich dem Absinken im Lee der Alpen geschuldet. Advektiv, also im horizontalen Transport, waren solche Luftmassen nie im Spiel. Auch über dem Mittelmeer, wo in milden Luftmassen im 850-hPa-Niveau häufig Temperaturwerte bis 15 Grad anzutreffen sind, war es längst nicht so mild.

Oder im Klartext: bei einer so stark vorherrschenden südlichen oder südwestlichen Luftströmung hätte der Winter eigentlich noch deutlich milder ausfallen müssen. Warum die milde Luft diesmal auch nicht mehr das ist, was sie mal war, darüber kann jetzt spekuliert werden.

Im Übrigen halte ich das Aufleben des zonalen Grundstromes auf ein Ausmaß wie in diesem Winter nach vielen Jahren, in denen er immer schwächer wurde, eher für einen Ausreißer. Die EIKE-Autoren Kowatsch, Kämpfe und Leistenschneider (2013) haben in verschiedenen Beiträgen hier beim EIKE darauf hingewiesen, dass so gravierende Änderungen typisch sind für den Übergang in eine Kaltzeit. Der Zeitscale solcher Ausschläge nach beiden Seiten passt in dieses Bild.

Wollen wir hoffen, dass es nicht im nächsten Winter mit der gleichen Konstanz zu Nord- oder Nordostlagen kommt. Im Gegensatz zu den Alarmisten sehe ich so etwas nämlich als Gefahr an, nicht die milde Witterung. Ich glaube kaum, dass man in den USA jubelt, weil es so kalt ist und die Wärme sich nicht so schädlich auswirken kann, wie es Präsident Obama immer wieder behauptet.

Ach so, auch diese Kälte soll ja der Erderwärmung* geschuldet sein…

* Bild fragt

Wieso spielt das Weltwetter verrückt?

Ist der Klimawandel schuld? Dieser Theorie gingen US-Forscher beim Jahrestreffen des weltgrößten Wissenschaftsverbands American Association for the Advancement of Science (AAAS) in Chicago nach.

„Es stimmt überein mit dem Muster, das wir auf Basis unserer Daten erwarten”, sagte die Klimaforscherin Jennifer Francis von der Rutgers Universität im US-Bundesstaat New Jersey am Samstag.




Hitzewelle nach wochenlanger Kälte, dann genauso abrupt wieder Kälte – spielt das Wetter wirklich verrückt?

Aber natürlich funktioniert Klima nicht so. Dennoch bleibt die Frage, ob es schon die Klimakatastrophe ist, wenn eine sommerliche Hitzewelle gleich so extrem ausfällt wie dieser Tage. Und nach vier Tagen ist dieser Hitzespuk schon wieder vorbei. Ist das noch normal? Ja, natürlich! Unter bestimmten Bedingungen. Dazu einige Anmerkungen aus meteorologisch-synoptischer Sicht.

Zunächst einmal: Der abrupte Wechsel zwischen längeren kühlen Perioden einerseits und kurzen, aber intensiven Hitzewellen andererseits im Sommer ist eine eindrucksvolle Bestätigung der hier beim EIKE veröffentlichten Arbeiten von Leistenschneider et al. zu diesem Thema. Diesmal war dieser Wechsel erst in die eine, dann in die andere Richtung sogar sehr gut ausgeprägt.  In ihrem letzten diesbezüglichen Beitrag haben Leistenschneider et al. diese Erkenntnis noch einmal untermauert.  Die ersten Vorhersagen dieser Art seitens der Autoren gab es jedoch schon vor Jahren. Ihnen zufolge sind solche abrupten Wechsel von kalt nach heiß und umgekehrt typisch für den Übergang in eine Kaltzeit.

Nun ist eine aktuelle Wetterlage natürlich nicht Klima. Aber solche starken Schwankungen gab es auch schon während der letzten Jahre. Der Autor möchte diese starken Schwankungen hier einmal aus synoptischer Perspektive beleuchten. Sie haben nämlich alle eines gemeinsam.

In diesem Jahr kommt aber noch ein zweites hinzu. Dem Autor war schon seit Beginn dieses Jahres etwas aufgefallen, das aus der folgenden Abbildung hervorgeht:

Hier ist die Temperaturverteilung im 850 hPa-Niveau jeweils vom 12. Juni 2012 und 2013 dargestellt – ein völlig willkürlich gewählter Termin zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Aufsatzes – und kein ausgewählter Parade-Termin. Es gibt augenfällige Unterschiede, und der Deutlichkeit halber sei hier betont, dass damit nicht die gänzlich andere Wetterlage über Mitteleuropa gemeint ist, obwohl in beiden Fällen kühle Witterung herrschte.

Sondern: Im Jahr 2012 erkennt man die 15°C-Isotherme, die über Osteuropa weit nach Norden reicht. Gleichzeitig ist über dem Nordmeer ein großer Bereich erkennbar, in dem die Temperatur in dieser Höhe unter -5°C liegt. Diese Verteilung ist Mitte Juni zu erwarten.

Anders dagegen in diesem Jahr: Die 15°C-Isotherme ist rudimentär ganz weit im Osten am Kartenrand zu finden, und nur die 10°C-Isotherme reicht weit nach Norden. Gleichzeitig findet sich über dem Nordatlantik lediglich eine größere Zone mit Temperaturwerten unter dem Gefrierpunkt. Die -5°C-Isotherme ist lediglich über Nordskandinavien erkennbar.

Nebenbemerkung: Solche Schwankungen am Nordzipfel Europas von Jahr zu Jahr sind nicht ungewöhnlich. Die größere Kälte im Norden spiegelt sich jedoch in der im Vergleich zum vorigen Jahr deutlich geringeren jahreszeitlichen Abschmelzrate der nordpolaren Eiskappe (hier).

Aber zurück zum Thema. Im atlantisch-europäischen Raum zeigt sich also in diesem Frühsommer ein signifikant geringerer Temperaturgegensatz zwischen warm und kalt als im Frühsommer des vorigen Jahres. Dies hat auch eine Abschwächung des zonalen Grundstromes zur Folge, d. h. vereinfacht ausgedrückt, der Westwindimpuls ist herabgesetzt.

Ähnlich starke Schwankungen zwischen mild und sehr kalt gab es auch schon im vergangenen Winter. Einer in Osteuropa tödlichen Extrem-Kältewelle im Dezember 2012, die gerade noch bis in den Nordosten unseres Landes reichte, folgte um Weihnachten ein ausgeprägtes „Weihnachtstauwetter“. Nicht nur, dass es in Deutschland Heiligabend ungewöhnlich mildes Wetter gab, sondern milde atlantische Luftmassen setzten sich innerhalb weniger Tage bis zum Ural durch. Auch in Moskau war es daher nach der wochenlangen extremen Kälte zu einem Weihnachtstauwetter gekommen.

Worin besteht nun die Gemeinsamkeit? Wie kann es zu so abrupten Wetter- und Temperaturänderungen kommen?

Antwort: Die Höhenströmung – oder der Jet-Stream – ist stark meridional orientiert. Die Luftmassen werden also nicht im Bereich einer vom Atlantik kommenden Westwindzone nach beiden Richtungen abgemildert, sondern strömen direkt von Norden bzw. von Süden nach Mitteleuropa. Dies ist typisch für eine schwache NAO, worauf Leistenschneider et al. ebenfalls schon hingewiesen haben. Eine stark meridionalisierte Strömungskonfiguration kommt natürlich immer wieder vor und muss vom Zeitscale her unter dem Begriff „Witterung“ eingeordnet werden. Unter Witterung versteht der Fachmann eine längere Periode ähnlichen Wetter- und Temperaturverlaufs, also beispielsweise warm/trocken, kühl/nass, im Winter stürmisch/mild, usw. Der Zeitscale für Witterung beträgt etwa drei bis sechs Wochen mit ziemlich großer Streuung.

Bleibt jedoch ein solches Strömungsmuster mehrere Monate bis zu über einem Jahr erhalten, ist das nicht mehr Witterung, aber natürlich auch immer noch nicht Klima. Der Begriff dafür lautet „Zirkulationsanomalie“.

Eine Zirkulationsanomalie liegt vor, wenn der Jet Stream mehrere Monate lang nicht in seiner klimatologisch normalen Position verläuft, sondern deutlich weiter südlich, und/oder wenn der deutlich schwächer als üblich ist. Musterbeispiel für eine Zirkulationsanomalie ist beispielsweise ein die Westströmung blockierendes Hochdruckgebiet über Nord- und Mitteleuropa. Ist ein solches mehrere Monate lang mit höchstens kurzen Unterbrechungen vorhanden, kann man das schon als Anomalie bezeichnen.

Eine solche Anomalie bewirkt auch die Verschiebung der Wetteraktivitäten. Wetterereignisse, die für ein Gebiet typisch sind, finden jetzt ganz woanders statt und sind dort sehr untypisch, das heißt extrem. Der Sommer 2003 war ein klassisches Beispiel dafür.

Bei einer Zirkulationsanomalie kann Mitteleuropa also Monate lang auf der warmen (Sommer 2003), aber auch auf der kalten Seite liegen. Eine ausgesprochen langlebige Anomalie dieser Art gab es zuletzt 1962/63, als auf einen ungewöhnlich kühlen Sommer einer der kältesten Winter des vorigen Jahrhunderts folgte. Es war auch das letzte Mal, dass der Bodensee so zugefroren war, dass man mit dem Auto über das Eis von Lindau nach Konstanz fahren konnte.

Und was soll das Ganze hier?

Nun, nach Einschätzung des Autors liegt derzeit eine solche Zirkulationsanomalie vor. Durch den stark verringerten Temperaturgegensatz im europäisch-atlantischen Raum ist auch der Jet-Stream schwächer ausgeprägt. Dann aber erreicht die meridionale Komponente eine deutlich größere Varianz im Zirkulationsmuster. Die Luftmassen werden also nicht beim Transport über den Atlantik erwärmt bzw. abgekühlt, sondern erreichen uns hier in Mitteleuropa mehr oder weniger direkt von Norden bzw. Süden. Insofern ist die drastische Erwärmung innerhalb weniger Tage und auch die vier Tage später erfolgte, genauso drastische Abkühlung leicht zu erklären. Leistenschneider zufolge lag während der sonnenbasierten Erwärmungsphase der Polarfrontjet in höheren Breiten, und daher war Deutschland in den Genuss vergleichbarer langer und warmer Sommerperioden kam, die sonst typisch für europäische Südländer sind.

Es kommt aber noch etwas hinzu. Der verringerte Temperaturgegensatz zwischen kalt und warm (der noch dazu offenbar zu Lasten der Wärme geht), führt zu einer Verlagerung des subpolaren Jet Streams nach Süden. Man vergleiche diesen mit der Wand einer Schüssel mit flachem Boden. Wird der Boden angehoben, verschiebt sich der geneigte Rand nach außen. Die warme Luft auf der warmen Seite des Jet Streams ist damit weiter südlich als sonst. Die kurze Unterbrechung derzeit ändert an diesem Bild nichts, denn die Warmluft ist nicht nur aus Deutschland ostwärts abgedrängt worden, sondern vollständig aus dem Wetterkartenbild verschwunden.

Wir haben es also in diesem Jahr offenbar mit zwei Phänomenen zu tun, die in die gleiche Richtung gehen: Einmal überwiegt die meridionale Komponente, zum anderen ist der zonale Grundstrom abgeschwächt, und der Jet Stream verläuft weiter südlich. Nach Beobachtungen des Autors liegt eine derartige Anomalie seit etwa Mitte Januar dieses Jahres vor. Das Fehlen jeglicher Warmluft in ganz Europa deutet jedenfalls darauf hin.

Und damit kommen wir allmählich zu dem Punkt, der mir etwas Sorgen macht. Sollte sich die Anomalie – wodurch auch immer gekennzeichnet – in diesem Sommer fortsetzen und vor allem im Juli längere Zeit eher kühles und regenreiches Wetter bringen (muss ja nicht immer gleich Hochwasser bedeuten), ist die Chance groß, dass die Anomalie auch im kommenden Winter noch andauert. Die Parallelen zu 1962/63 sind nämlich im Großen und Ganzen recht deutlich. Dann (aber nur dann!) dürften wir vor einem extrem kalten Winter stehen mit lange andauernden Ostwind-Wetterlagen. Leistenschneider, dem ich u. A. diese Arbeit zur Begutachtung vorgelegt habe, merkt dazu noch an: Dies dürfte noch dadurch verstärkt werden, da sich der derzeitige 24. Solare Zyklus zu seinem 2. Maxima aufmacht – das er im Juni oder Juli erreicht – und die solare Aktivität wird dann im Winter auf low sein, wie nach jedem solaren Maximum im Schwabe-Zyklus . Im Frühjahr dieses Jahres gab es solche Lagen ja schon, nur war die Jahreszeit damals schon so weit fortgeschritten (März/April), dass es wohl zu starken Frösten reichte, nicht aber mehr zu Superkälte.

Fazit: Es besteht in dieser Hinsicht unabhängig von allen Klima-Überlegungen die Gefahr eines kommenden Extrem-Kaltwinters. An sich ist das natürlich nichts Anomales, denn Anomalien sind durchaus normal und treten immer wieder auf. Anomal wäre es höchstens, wenn es solche Anomalien gar nicht mehr gäbe. Und was den Winter betrifft, wäre das natürlich kein Beweis für eine Klima-Abkühlung. Man sollte ihn aber, so er wirklich auftritt, als Fingerzeig sehen, wohin der Klimazug aller Wahrscheinlichkeit nach bei uns rollt.

Was aber Sorgen bereitet: Wenn es im kommenden Winter wirklich wochenlang extrem kaltes Wetter gibt und man dies vor dem Hintergrund der Stromlücke in Deutschland sieht…

Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt

Leistenschneider fügt aus seiner 750 Seiten starken Abhandlung noch folgende Abbildung hinzu und macht dazu folgende Bemerkungen:

 

Die Abbildung links zeigt im Vergleich Juli 2004 mit August 2003, wie der Jetstream  das Wettergeschehen einstellt, Quelle: http://myweb.tiscali.co.uk/g0sd/Weather.htm. Die Abbildung rechts zeigt den Jetstreamverlauf über ganz Europa, Quelle: ZDF. Der beispielhaft gezeigte Verlauf war typisch für den Sommer 2008 und zeigt wandernde Tiefdruckgebiete über Mittel- und Nordeuropa, die Deutschland die niedrigen Temperaturen und das nasse Wetter bescherten. Aufgrund der Druckunterschiede können die Hochs den Jetstream nicht überwinden und verbleiben südlich seines Wellenverlaufs.

Anmerkung:

2003 war bekanntlich der Hitzesommer in Europa, als der Hauptsonnenzyklus (208-jährige de Vries/Suess-Zyklus, einige Quellen geben das Jahr 2002 an, könnte auch stimmen, da z.B. ein El Nino immer!!!! 11 Monate nach seinem solaren Ereignis ausgelöst wird und es durchaus sein kann, dass die Sonne dieselbe Zeitverzögerung auf die anderen großen irdischen Wettersysteme hat) sein Maximum hatte und besonders über die Hadleyzellen die Sonne ihre erhöhte Energie auf das irdische Wettersystem einbrachte. Diese Energieeinfuhr führt zu einer höheren Temperatur- und Druckkomponente, wodurch die Jet´s weiter nach Norden wandern. Wie ich zeigen konnte, löst die Sonne über die Hadleyzellen (deutliche Änderung der Luftmassenströmung) einen El Nino aus und zwar kann man die Uhr danach stellen. Über den Drehimpulserhaltungssatz hat ein El Nino weiter globale Auswirkungen, auch auf Ferrel- und Polarzelle (meine These erklärt z.B. die Untersuchungen von Brönnimann, ETH, zu El Ninos). Auf EIKE hatte ich dies gezeigt.

Folgend die solare Aktivität im 24. Sonnenzyklus (Stand 03. Juni 2013). Sie sehen, dass wir derzeit auf ein 2. Maximum zugehen. Ich rechne noch bis einschließlich Juli (maximal August) mit einer Zunahme, dann wird die Aktivität wieder fallen. Vergleichen Sie dazu das 1. Maximum und dessen Rückgang. Leider kann ich (außer bei El Ninos) nicht belegen und erklären, wie schnell die Sonne ihre Aktivitätsschwankungen auf die irdischen Wettersysteme einprägt und wie sie dies macht (habe mich auch schon seit geraumer Zeit nicht mehr wirklich damit beschäftigt). Sie sollten jedoch Recht behalten, dass wir wieder einen kalten Winter bekommen. Alles, was wir kennen, spricht dafür.

Schlusswort des Autors: Ich danke Herrn Leistenschneider für die fachliche Begutachtung dieses Aufsatzes.

Und ich bedanke mich bei  meinem Freund, dem Schriftsteller Chris Frey, der diesen Aufsatz stilistisch überarbeitet hat.

H.-D. S.