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Gretas und Luisas offener Brief an die Führer der Welt – sie wollen den „Systemwechsel“

Solche Texte sind interessanterweise immer wieder nur Aufgüsse. Schon vor einigen Monaten hatte diie französische Schauspielerin Juliette Binoche mit einen Klimaprof einen ganz ähnlichen Aufruf in Le Monde, gestartet, wir berichteten.

Und auch dieser Aufruf war recycelt, da er vor zwei Jahren weitgehend ungehört publiziert wurde. Erst als Madonna und Robert den Niro 2020 mitmachten, wurde er sogar in den Tagesthemen von Rainald „Wirrköpfe-Rufer“ Becker erwähnt.

Hier der gesamte übersetzte Text von Gretas und Luisas Aufruf:

Offener Brief und Forderungen an die Führer der Welt und der EU

von Luisa Neubauer, Greta Thunberg, Anuna de Wever van der Heyden, Adélaïde Charlier (belgische Klimaaktivistinnen)

#FaceTheClimateEmergency

Dieses Schreiben wurde am 16. Juli 2020 an alle Staats- und Regierungschefs der EU versandt.

Sie müssen aufhören, so zu tun, als könnten wir die Klima- und Umweltkrise lösen, ohne sie als Krise zu behandeln

Hier sind unsere Forderungen an diesen offenen Brief:

Dies sind einige erste Schritte, die für unsere Chance, eine klimatische und ökologische Katastrophe zu vermeiden, von wesentlicher Bedeutung sind.

  1. Stoppen Sie ab sofort alle Investitionen in die Exploration und Gewinnung fossiler Brennstoffe, beenden Sie sofort alle Subventionen für fossile Brennstoffe und trennen Sie sich sofort und vollständig von fossilen Brennstoffen.

  2. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sich dafür einsetzen, daß der Ökozid vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu einem internationalen Verbrechen wird.

  3. Beziehen Sie die Gesamtemissionen in alle Zahlen und Ziele ein, einschließlich Verbrauchsindex, internationale Luftfahrt [sic! Der ist gut – ob das Luisa selber geschrieben hat?] und Schifffahrt.

  4. Ab heute – erstellen Sie jährliche, verbindliche Kohlenstoffbudgets auf der Grundlage der derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und des IPCC-Budgets, wodurch wir eine 66%ige Chance haben, den globalen Temperaturanstieg auf unter 1,5 ° C zu begrenzen. Sie müssen den globalen Aspekt von Gerechtigkeit, Wendepunkten und Rückkopplungsschleifen berücksichtigen und sollten nicht von Annahmen möglicher zukünftiger Technologien für negative Emissionen abhängen.

  5. Sichern und verteidigen Sie die Demokratie [sic!]

  6. Entwerfen Sie eine Klimapolitik, die die Arbeitnehmer und die am stärksten gefährdeten Personen schützt und alle Formen der Ungleichheit verringert: Wirtschaft, Rasse und Geschlecht.

  7. Behandeln Sie den klimatischen und ökologischen Notfall wie einen Notfall.

Wir verstehen und wissen sehr gut, dass die Welt kompliziert ist [sic! mit Sicherheit nicht] und daß das, was wir verlangen, möglicherweise nicht einfach ist. Die Änderungen, die zum Schutz der Menschheit erforderlich sind, mögen sehr unrealistisch erscheinen. Es ist jedoch viel unrealistischer zu glauben, dass unsere Gesellschaft die globale Erwärmung, auf die wir zusteuern, sowie andere katastrophale ökologische Folgen des heutigen normalen Geschäftslebens überleben kann.

In den letzten Monaten hat die Welt mit Entsetzen beobachtet, wie die COVID-19-Pandemie Menschen auf der ganzen Welt getroffen hat. Während dieser Tragödie sehen wir, wie viele – nicht alle – Führer und Menschen auf der ganzen Welt sich für das Wohl der Gesellschaft eingesetzt haben.

Es ist jetzt klarer denn je [sic! Wieso?] , daß die Klimakrise weder von Politikern noch von Medien, Wirtschaft oder Finanzen als Krise behandelt wurde. Und je länger wir so tun, als wären wir auf einem verlässlichen Weg zur Emissionsreduzierung und die Maßnahmen zur Vermeidung einer Klimakatastrophe sind im heutigen System verfügbar – oder um eine Krise zu lösen, ohne sie wie eine zu behandeln – desto mehr wertvolle Zeit werden wir verlieren.

Eine andere Sache ist klarer denn je: Klima- und Umweltgerechtigkeit kann nicht erreicht werden, solange wir die sozialen und rassistischen Ungerechtigkeiten und Unterdrückungen, die den Grundstein für unsere moderne Welt gelegt haben, weiterhin ignorieren und von ihnen wegschauen [sic! Was hat Black live matters etc mit Klima zu tun?]. Der Kampf für Gerechtigkeit und Gerechtigkeit ist universell. Sei es der Kampf für soziale, rassische, Klima- oder Umweltgerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter, Demokratie, Menschen-, indigene Völker – LGBTQ- und Tierrechte, Meinungs- und Pressefreiheit oder der Kampf für ein ausgeglichenes, Wohlbefinden und ein funktionierendes Leben unterstützendes System. Wenn wir keine Gleichheit haben, haben wir nichts. Wir müssen uns nicht entscheiden und uns darüber aufteilen, welche Krise oder welches Thema wir priorisieren sollen, da alles miteinander verbunden ist.

Als Sie das Pariser Abkommen unterzeichnet haben, haben sich die EU-Staaten verpflichtet, den Weg zu weisen. Die EU hat die wirtschaftliche und politische Möglichkeit dazu, daher liegt es in unserer moralischen Verantwortung. Und jetzt müssen Sie Ihre Versprechen tatsächlich einhalten.

Die Netto-Nullemissionen bis 2050 für die EU sowie für andere finanziell glückliche Teile der Welt sind gleichbedeutend mit Kapitulation. Dieses Ziel basiert auf einem Kohlenstoffbudget, das nur eine 50%ige Chance bietet, die globale Erwärmung unter 1,5°C zu begrenzen. Dies ist nur ein statistischer Münzwurf, der nicht einmal einige der Schlüsselfaktoren wie den globalen Aspekt der Gerechtigkeit, die meisten Wendepunkte und Rückkopplungsschleifen sowie die bereits durch zusätzliche giftige Luftverschmutzung verborgene zusätzliche Erwärmung berücksichtigt. In Wirklichkeit ist es also viel weniger als eine 50%ige Chance.

Und entfernte Emissionsziele werden nichts bedeuten, wenn wir das Kohlenstoffbudget weiterhin ignorieren – was für heute gilt, nicht für eine ferne Zukunft.

Über ein „Next Generation EU“ -Investitionsprogramm zu sprechen und dabei die Klimakrise und das vollständige wissenschaftliche Bild weiterhin zu ignorieren, ist ein Verrat an allen „Next Generations“. Die Wissenschaft sagt uns nicht genau, was wir tun sollen. Aber es liefert uns Informationen, die wir studieren und bewerten können. Es liegt an uns, die Punkte zu verbinden. Nun, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und werden Ihr äußerst verantwortungsloses Spiel nicht akzeptieren. Das unzureichende Budget von 50% bedeutet aufzugeben. Und das ist für uns einfach keine Option.

Natürlich begrüßen wir nachhaltige Investitionen und Maßnahmen, aber Sie dürfen nicht eine Sekunde lang glauben, dass das, was Sie bisher besprochen haben, auch nur annähernd genug sein wird. Wir müssen uns dem Gesamtbild stellen. Wir stehen vor einer existenziellen Krise, und diese Krise können wir nicht kaufen, bauen oder investieren. Das Ziel, ein Wirtschaftssystem „wiederherzustellen“, das die Klimakrise von Natur aus befeuert, um Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren, ist ebenso absurd, wie es sich anhört. Unser derzeitiges System ist nicht „kaputt“ – das System macht genau das, was es soll und soll. Es kann nicht mehr „repariert“ werden. Wir brauchen ein neues System.

Der Wettlauf um die Sicherung der zukünftigen Lebensbedingungen für das Leben auf der Erde, wie wir ihn kennen, muss heute beginnen. Nicht in ein paar Jahren, aber jetzt. Dazu muss ein wissenschaftlich fundierter Weg gehören, der uns die bestmöglichen Chancen bietet, den globalen durchschnittlichen Temperaturanstieg auf unter 1,5°C zu begrenzen. Wir müssen die andauernde Zerstörung, Ausbeutung und Zerstörung unserer lebenserhaltenden Systeme beenden und uns zu einer vollständig dekarbonisierten Wirtschaft bewegen, die sich um das Wohl aller Menschen und der Natur dreht.

Wenn alle Länder die von ihnen gesetzten Emissionsminderungen tatsächlich durchführen würden, würden wir immer noch einen katastrophalen globalen Temperaturanstieg von mindestens 3-4 ° C anstreben. Die Menschen an der Macht haben heute praktisch bereits die Möglichkeit aufgegeben, eine anständige Zukunft für kommende Generationen zu übergeben. Sie haben aufgegeben, ohne es zu versuchen.

Die weltweit geplante Produktion fossiler Brennstoffe bis zum Jahr 2030 macht 120% mehr aus, als mit dem 1,5 ° -Ziel vereinbar wäre. Es passt einfach nicht zusammen.

Wenn Sie den IPCC SR1.5-Bericht und den UNEP Production Gap Report sowie das, was Sie tatsächlich im Pariser Abkommen unterzeichnet haben, lesen, kann selbst ein Kind erkennen, daß die Klima- und Umweltkrise im heutigen System nicht gelöst werden kann.

Dies ist keine Meinung mehr, sondern eine Tatsache, die auf der derzeit besten verfügbaren Wissenschaft basiert. [sic! „Es gibt  nur EINE legitime Einstellung“]

Denn wenn wir eine Klimakatastrophe vermeiden wollen, müssen wir es ermöglichen, Verträge zu zerreißen und bestehende Geschäfte und Vereinbarungen aufzugeben, in einem Ausmaß, das wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Und solche Maßnahmen sind im heutigen System weder politisch noch wirtschaftlich noch rechtlich möglich.

Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sind die kommenden Monate und Jahre entscheidend. Die Uhr tickt. Das Beste zu geben ist nicht mehr gut genug. Sie müssen jetzt das scheinbar Unmögliche tun.

Und obwohl Sie möglicherweise die Möglichkeit haben, die Klimakrise zu ignorieren, ist dies für uns keine Option – für Ihre Kinder. Derzeit gibt es keinen Ort auf der Erde, an dem Kinder in einer sicheren Umgebung eine Zukunft vor sich haben. Dies ist und bleibt für den Rest unseres Lebens Realität. Wir bitten Sie, sich dem Klimanotfall zu stellen.“

Unterzeichner (Auswahl)

  • Malala Yousafzai, Nobelpreis Frieden, Founder Malala Fund
  • Billie Eilish, Sängerin
  • Leonardo DiCaprio
  • Shawn Mendes, berühmter Popstar
  • Michael Mann
  • Coldplay
  • Ben Stiller
  • Mark Ruffalo, Hollywood
  • Greenpeace
  • Hans Joachim Schellnhuber
  • Emma Thompson
  • Naomi Klein, Kapitalismusfeindin und Autorin
  • Margaret Atwood
  • Jake Gyllenhaal, Hollywood
  • Paul Rudd, Hollywood
  • Chris Evans, Hollywood
  • PETA
  • Annie Lennox
  • Russel Crowe, Hollywood
  • Stefan Rahmstorf
  • Joaquin Phoenix, Hollywood
  • Björk
  • Prof. Dr. Maja Göpel
  • Juliette Binoche
  • Maggie Gyllenhaal, Hollywood
  • Susan Sarandon
  • Sabine Gabrysch, Professor für Klimamedizin
  • Peter Kalmus, Data Scientist at NASA’s Jet Propulsion Laboratory
  • Roger Waters, Artist
  • Jane Fonda
  • Stella McCartney
  • Peter Sarsgaard, Hollywood
  • Volker Quaschning
  • Brian Eno
  • Udo Lindenberg
  • Extinction Rebellion
  • Bianca Jagger, Founder, President and Chief Executive, Bianca Jagger Human Rights Foundation
  • Dr. Friederike E. L. Otto, unsere deutsche „Attributionsforscherin“ in Oxford
  • Herbert Grönemeyer

Kommentar in der Wirtschaftswoche dazu:

Braucht Klimaschutz die Diktatur?

 

 




Greta-Kritiker Dieter Nuhr als DFG-Kommentator nach massiver Beschimpfung gelöscht: „Mir gruselt es.“

Wie Sciencefiles und viele andere gerade berichten, hat eine haßerfüllte Meute von Dieter-Nuhr-Gegnern die DFG dazu gezwungen, oder zumindest gedrängt, den Kommentar des Kabarettisten zu löschen. Was hat er so Schlimmes gesagt? Den Holocaust geleugnet? „Gretel Thunfisch“ gesagt? Nein, nur das:

Wissen bedeutet nicht, daß man sich zu 100 Prozent sicher ist, sondern daß man über genügend Fakten verfügt, um eine begründete Meinung zu haben. Weil viele Menschen beleidigt sind, wenn Wissenschaftler ihre Meinung ändern: Nein, nein! Das ist normal! Wissenschaft ist gerade, DASS sich die Meinung ändert, wenn sich die Faktenlage ändert. Wissenschaft ist nämlich keine Heilslehre, keine Religion, die absolute Wahrheiten verkündet. Und wer ständig ruft „Folgt der Wissenschaft!“, der hat das offensichtlich nicht begriffen. Wissenschaft weiß nicht alles, ist aber die einzige vernünftige Wissensbasis, die wir haben. Deshalb ist sie so wichtig.

Oh Gott, was ein rechtes Gehetze!

Dafür wurde Nuhr beschimpft, daß sich die Balken biegen:

Der Chef der grünen Böll-Partei-Stiftung Bayern:

 

Vorrath, die als eine von wenigen mit offenem Visier kämpft, ist Akustik-Technikerin, Doktorandin und  Klimaschützer*in am Alfred-Wegener-Institut. Ob sie an Bord der Polarstern war, als das Schiff wegen der Klimaerwärmung im dichten Packeis feststeckte, ist nicht bekannt.

Die globale Erwärmung „geht ihr auf den Senkel“, daher macht sie gerne Wissenschaftskommunikationvideos:

Dieter Nuhr schreibt auf Facebook zu der Löschung der DFG:

„Die DFG hat sich für den Beitrag zunächst bedankt. Sie schrieb mir:
„Wir danken ganz herzlich für Ihr wunderbares Statement – Ihren pointierten Kommentar über die Relevanz und die Erklärung von Wissenschaft.“
Der Beitrag wurde dann von der DFG veröffentlicht und am 30.7. aufgrund der „starken und sehr kritischen Resonanz“ wieder aus dem Netz genommen, um „die DFG zu schützen“ (Zitate wörtlich).
Ich halte dies für mehr als alarmierend. Dass Kritik aufkommt, wenn ich mich äußere, erstaunt mich nicht weiter. Egal, was ich sage, sobald es im Netz öffentlich wird, gibt es organisierten Haß. Das ist offensichtlich eine im Netzwerk organisierte Kampagne, die mich als an der Meinungsbildung Beteiligten diskreditieren soll. Es ist offensichtlich, dass dies ideologisch begründet ist, da ich mich politisch kritisch gegenüber Linken UND Rechten äußere und mich immer wieder gegen jeden politischen Extremismus wende. Das empört linke wie rechte Fanatiker, und da ich immer wieder auch Religionskritik äußere, wird auch von religiöser Seite aus Kritik an mir geübt. Damit muss man leben als Satiriker.
Neu ist, dass nun eine Organisation wie die Deutsche Forschungsgesellschaft, die eigentlich wie keine andere für freies Denken stehen sollte, den Ideologen im Netz nachgibt. Das ist nicht nur erstaunlich, sondern ängstigt mich, da ich inzwischen eine McCarthyartige Stimmung im Land wahrnehme und im Zuge der Cancel culture auch die Freiheit des Denkens und der Forschung im Allgemeinen in Gefahr sehe.
Von seiten der DFG wurde mir mitgeteilt, man müsse „der Kritik nachgeben“, um „Schaden von der DFG abzuwenden“. Ich fürchte, der größere Schaden ist, wenn die Deutsche Forschungsgesellschaft sich daran beteiligt, kritische und keineswegs extremistische oder verschwörungstheoretische Stimmen mundtot zu machen.
Ich habe noch nie (!!!) wissenschaftsfeindlich argumentiert, bin im Gegenteil immer gegen den Missbrauch der Wissenschaft eingetreten. Ein Beispiel: Ich habe IMMER gesagt, dass ich die Friday-For-Future-Bewegung im Grunde für sympathisch halte, den Satz „Folgt der Wissenschaft“ aber für bedenklich halte, weil er suggeriert, es gäbe die eine, unantastbare Meinung und Lösungsstrategie für den Klimawandel, weil so die Wissenschaft zum Erlösungsnarrativ erklärt wird. Das ist das Gegenteil von Wissenschaft.
Es gibt nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch unter Klimawissenschaftlern unterschiedliche Szenarien und verschiedenste Lösungsstrategien. Es ist sogar Grundbedingung von freier Forschung, dass unterschiedliche Thesen zugelassen sind und diskutiert werden. Das passiert ja auch in der Wissenschaft. In der Öffentlichkeit aber wird Meinungsvielfalt zunehmend aktiv durch Denunziation unterdrückt. Einzelne Gruppen proklamieren unantastbare Wahrheiten, behaupten, die Wissenschaft sei auf ihrer Seite und behandeln dementsprechend kritische Denker als Ketzer, werfen sie in der Folge mit Wahnsinnigen und Verschwörungstheoretikern in einen Topf und versuchen sie so zu diskreditieren. Das ist mittelalterlich und beängstigend.
In diesen Zeiten ersetzt immer häufiger der Shitstorm das Argument.
DIE ZUSTÄNDIGEN BEI DER DFG KÖNNEN UNMÖGLICH SELBST ETWAS „WISSENSCHAFTSFEINDLICHES“ BEI MIR GEFUNDEN HABEN, SCHON WEIL ES DAS NICHT GIBT.
Sie „reagieren auf Kritik“. Mit anderen Worten: Die DFG unterwirft sich den Krawallmachern, die im Internet systematisch an der Unterdrückung kritischer Stimmen arbeiten, die in der Mitte des politischen Spektrums stehen. Niemand kann mich ernsthaft politisch irgendwo an den Rändern verorten.
Die DFG beteiligt sich somit aktiv daran, Kritik als Ketzerei zu verfolgen und Andersdenkende mundtot zu machen. Ich halte das indessen für ein Phänomen, das die demokratische Diskussion ernsthaft gefährdet, schon weil sie indessen den Wissenschaftsbetrieb weltweit erreicht hat. An Universitäten wird indessen überall massiv darauf hingearbeitet, dass Andersdenkende gar nicht mehr hineingelassen werden. Das ist nicht nur empörend, sondern beängstigend. In was für einem Land wollen wir leben? In einem Land, in dem öffentliches Nachdenken zunehmend durch Denunziation und soziale Ausgrenzung bestraft wird? Mir gruselt es.“
Tipp: Lesen Sie sich die Kommentare bei Dieter Nuhr durch!

 




Erste Tote durch Brand eines Elektro-Autos

Die Bild berichtet, daß eine junge Frau, wahrscheinlich nach einem Streit, mit überhöhter Geschwindigkeit durch eine Allee bei Potsdam brauste und gegen einen Baum fuhr. Das Foto zeigt ein Wrack, dessen Knautschzone lehrbuchartig verformt ist und so die kinetische Energie abbaute, um die Fahrgastzelle zu schützen. Allerdings entzündeten sich die Lithium-Akkumulatoren, mutmaßlich unter dem Sitz der Fahrerin,  Feuer, und verbrannten die Frau, weil sie nicht in der Lage war, die Türen zu öffnen.

Brennt der Kraftstoff eines Verbrenners, stirbt man eher an Rauchvergiftung als unmittelbar an der Hitze. Der Tank ist auch hinten im Wagen und explodiert – entgegen den Effekten in Action-Krimis – fast nie, sondern brennt mehr oder minder langsam, mit schwarzem Rauch. Jährlich verbrennen in Deutschland rund 15.000 Fahrzeuge mit Wärmekraftmaschinen; ganz schön viel. Aber sterben die Insassen, oder entkommen sie meist?

Seltsamerweise ließen  sich die Türen des E-Audis in Brandenburg nicht öffnen, so daß herbeieilende Helfer die junge Frau nicht aus dem Wagen bekamen. Noch schlimmer: Das infernalische Akku-Feuer des Wagens hielt sie auf Abstand.

„Wir haben mit Meißel versucht, die Scheibe einzuschlagen und mit Feuerlöscher versucht, noch zu löschen, aber uns kamen die Flammen entgegen“

Unerwartet kommt der Todesfall nicht: Vor einem Jahr bereits wurde die Sicherheit der Audi e-tron vom Hersteller selber angezweifelt:

Audi ruft sein erstes Elektroauto e-Tron in die Werkstätten zurück. Der Grund: mögliche Brandgefahr.(WiWo)

Wir sind nicht die einzigen, die auf die Gefahren des E-Autos hinweisen. Selbst Wikipedia und SpiegelTV thematisieren das „klimafreundliche“ Akku-Auto:

Angesichts dieser Verhältnisse wurde auf Open-petition im Januar eine Unterschriftensammlung gestartet:

Elektroauto – Gefahr auf vier Rädern muss sofort
verboten werden

 




Jenas Klimaschutzkoordinator – koordiniert er oder koordiniert er nicht?

An öffentlichen Stellen sind derzeit Plakate gegen „Kapitalistische Klimazerstörer-Bande“ angebracht. Wir fragten bei der Jenaer Pressestelle: Dies fällt ja nun in den Zuständigkeitsbereich des Klimaschutzkoordinators.

Hat der Klimaschutzkoordinator diese Plakataktion koordiniert oder nicht? Wurden die Kosten für das Drucken und Kleben aus vom Klimaschutzkoordinator akquirierten Geldern oder seinem sonstigen Budget ganz oder teilweise finanziert? Wird die Stadt die Kosten für das Entfernen der Plakate aus den vom Klimaschutzkoordinator akquirierten Geldern bezahlen?

Ist der Stadt und dem Oberbürgermeister etwas darüber bekannt, ob im Stadtrat Personen sitzen, die in die Klimaszene vernetzt sind, und wenn ja, wird erwogen, denen die Kosten für das Beseitigen der Plakate in Rechnung zu stellen?

Der Pressesprecher widmet sich vollumfänglich der Politik der Hauptaufgabe, und die ist, den eigenen Posten zu sichern. Mit denen legt er sich nicht an, also antwortet er gar nicht, denn lieber lässt er sich vorhalten, seine Pressesprecherei zu unterlassen, als zu entscheiden, welche der beiden peinlichen Möglichkeiten zutrifft. Und nebenbei, so will es scheinen, wird der Oberbürgermeister geschrötert, so eine Wahlperiode geht schneller herum als gedacht.


* Das Senioren-Akrützel ist die Jenaer Studentenzeitung für Alte und solche, die es werden wollen. Das Akrützel ohne Vorsilbe, die junge Stud*ierendenzeitung, wurde von Bernd Zeller und Spießgesellen 1990 gegründet. Das heutige Uni-Akrützel hat aber mit der ursprünglichen Wende-geprägten Zeitung nichts mehr zu tun, da dort wieder sozialistische Inhalte wie vor `89 Verbreitung finden. Natürlich in modernisierter, besser: postmoderner Form, da es hauptsächlich um Kampf gegen den menschgemachten Klimawandel, Kampf gegen rechts, Kampf gegen Rassismus und Kampf gegen Sexismus geht. Ein Jubiläums-Artikel (30J.) über den Gründer Bernd Zeller zum Beispiel verglich diesen mit dem falschmeinenden Uwe Tellkamp:

„[Er] arbeitete wie der umstrittene Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp, vielleicht politisch sein sächsisches Äquivalent, vor Beginn des Medizinstudiums vier Jahre als Hilfspfleger.“

Deswegen hat Zeller das reaktionäre Senioren-Akrützel gegründet, in dem der Geist von Gestern, also 1989, wiederbelebt wird. Ob das ursprüngliche Akrützel den Klimaschutz befürwortet hätte, wenn dieser schon bekannt gewesen wäre? Ich glaube nicht: Der gelernte DDR-Bürger hat gelernt, schnell zu merken, wenn Sozialisten ihn hereinlegen wollen.

Bernd Zeller betreibt auch einen Videoblog und gibt die Zellerzeitung heraus – amüsieren Sie sich!




Woher kommt der Strom? Still ruht die See

Nur an einem Tag, am Sonntag, übertraf die Stromerzeugung mittel erneuerbarer Energieträger die 50-Prozent-Marke. Dreimal lag sie unter 50 Prozent, dreimal sogar unter 40 Prozent. An sechs Tagen wurde per Saldo Strom importiert. Nur am Samstag wurden 0,01 TWh per Saldo exportiert. In der Tabelle, erstellt mit Hilfe der Energy-Charts, können Sie die Werte nachlesen und eigene Analysen fahren. Der aus der Tabelle generierte Chart veranschaulicht die Zahlen. Im- und Exportzahlen finden Sie wie immer noch mal grafisch dargestellt für die 29. Woche und das aufgelaufene Jahr 2020. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Polen einen Teil seiner Stromversorgung regelmäßig mit aus Deutschland importiertem Strom sicherstellt.

Pro Tag kauft das Land 0,03 TWh Strom aus Deutschland. Auch in der 29. Woche. Wenn ausnahmsweise und ganz selten mal Strom nach Deutschland exportiert wird, geschieht dies aus spekulativen Gründen im Rahmen von Preisdifferenzgeschäften. Das Gerede vom Kohlestrom aus Polen, den Deutschland angeblich bei Bedarf importiert, ist schlichter Unfug. Dass Polen zwar in geringem Umfang, aber immerhin, auch auf Windkraftanlagen setzt, belegt dieser Bericht.

Wenn Sie die Abbildung anklicken, sehen Sie die 29. Woche in der Übersicht. Die geringe Windstromerzeugung fällt sofort auf. Vor allem auch die sehr schwache Stromerzeugung auf See (dunkelblau unten). Wären da nicht die grundlastfähigen erneuerbaren Energieträger Biomasse und Wasserkraft, sähe es zumindest zu den Zeiten, wenn die Sonne keinen Strom liefert, sehr schlecht aus. So wird zumindest noch am Sonntag ein durchschnittlicher Anteil des mittels erneuerbarer Energieträger erzeugten Stroms die 50-Prozent-Marke überschritten. Im Durchschnitt der Woche bleiben gleichwohl nur 39,4 Prozent, gut 15 Prozent weniger als der bisherige Jahresdurchschnitt (Abbildung 1). Der absolute Tiefpunkt der Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger gesamt war der Donnerstag mit 30,7 Prozent Anteil der Tagesstromerzeugung. Wind- und Sonnenstrom trugen 14,92 Prozent bei. Der Rest war Strom aus Biomasse und Wasserkraft.

Wie groß der Anteil der konventionellen Stromerzeugung in der 29. Woche war, zeigt Abbildung 2. Im Chart der Abbildung 3 ist die konventionelle Stromerzeugung aufgeschlüsselt. Abbildung 4 zeigt die Salden- und Preisentwicklung. Der Strom Im- und Export der einzelnen Länder wird angezeigt. Angebot und Nachfrage werden abgebildet. Der Strompreis schwankt zwischen 14,76 €/MWh und 58,70 €/MWh. Raten Sie mal, wer den niedrigen und den hohen Preis bezahlen muss.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 12.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,33 Prozent, davon Windstrom 12,38 Prozent, Sonnenstrom 25,71 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,24 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Sonntag hat einen Stromerzeugungsanteil erneuerbare Energieträger von 53,33%. Das ist fast der Durchschnitt von 54,9%. Dass am frühen Morgen und nach dem Ende der täglichen Sonnenstromerzeugung Strom hinzugekauft werden muss, ist ein bereits üblicher Sachverhalt. Dass die zu zahlenden Preise dann relativ hoch sind, ist ebenfalls üblich. Dieser Sonntag ist ein Beispiel für die Preisdifferenzgeschäfte, die Polen ab und zu macht. Morgens für über 20 €/MWh Strom verkaufen; in der Mittagsspitze den Strom für unter 20 €/MWh zurückkaufen: Hier klicken. Das relativiert den recht hohen Preis, den Polen am Abend zahlen muss.

Montag, 13.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 45,30 Prozent, davon Windstrom 5,98 Prozent, Sonnenstrom 25,64 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,68 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am Montag steigt der Strombedarf in Deutschland. In der Spitze werden über 71 GW benötigt (Sonntag gut 58 GW). Die geringe Windstromerzeugung wird über Tag durch gute Sonnenstromerzeugung ergänzt. Was in der Mittagsspitze zu Exporten führt. Für den Rest des Tages muss Strom importiert werden. Aus welchen Ländern, zu welchem Preis: Hier klicken.

Dienstag, 14.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 42,62 Prozentdavon Windstrom 9,02 Prozent, Sonnenstrom 19,67 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,93 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung lässt noch mal nach, die Sonnenstromerzeugung ebenfalls. Die konventionellen Kraftwerke erzeugen auf Hochtouren. Dennoch bleiben – gewollte – Lücken am Morgen und am Abend. Die am Morgen wird verhältnismäßig günstig geschlossen. Die am Abend recht teuer. Österreich macht profitable Preisdifferenzgeschäfte.

Mittwoch, 15.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 33,33 Prozent, davon Windstrom 5,41 Prozent, Sonnenstrom 12,61 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,32 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung bleibt weiter schwach. Die Sonnenstromerzeugung lässt nochmals nach. Den ganzen Tag muss per Saldo Strom von unseren Nachbarn gekauft werden, damit der Bedarf Deutschlands gedeckt werden kann. Preise von über 57 €/MWh werden erzielt. Preise, die Deutschland bezahlt.

Donnerstag, 16.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 30,70 Prozent, davon Windstrom 4,39 Prozent, Sonnenstrom 10,53 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,79 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wind- und Sonnenkraftwerke erreichen heute den Tiefpunkt ihrer Stromerzeugung. Wieder wird den ganzen Tag Strom importiert. Dementsprechend ist das Preisniveau. Ich vermute, dass die konventionellen Stromhersteller ihre Erzeugung nicht hochfahren, weil sie in Kürze einen massiven Anstieg der Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger befürchten. Der würde negative Preise nach sich ziehen. Wer profitiert vom Stromexport nach Deutschland? Hier klicken

Freitag, den 17.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 36,13 Prozent, davon Windstrom 4,20 Prozent, Sonnenstrom 16,81 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,13 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

In der Tat, die Wind- und Sonnenstromerzeugung steigt auf niedrigem Niveau. Der Strom muss über Mittag relativ günstig abgegeben werde. Doch das Preisniveau insgesamt fällt. Lag die Preisspitze gestern bei knapp 60 €/MWh, so liegt sie heute bei knapp 45 €/MWh. Die Im- und Exportländer: Hier klicken.

Samstag, 18.7.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 41,12 Prozent, davon Windstrom 2,80 Prozent, Sonnenstrom 22,43 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,89 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wer macht heute feine Preisdifferenzgeschäfte? Österreich, die Schweiz und Dänemark. Die Sonnenstromerzeugung läuft zufriedenstellend, die Windstromerzeugung hat ihren Wochentiefpunkt. Die konventionelle Stromerzeugung am Morgen und am Abend legt Lücken in der Versorgung offen. Nichts Neues also.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen?

Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.

Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de

 




Meine gesammelten Weltuntergänge

Von Adrien Tournachon - Image from page 321 of "The expression of the emotions in man and animals" (1872), No restrictions, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43941518

The eve of destruction – der Vorabend des Weltuntergangs!

Ich war frische 17, als ich die Sturmglocken der Apokalypse vernahm. Ich empfing sie auf der Mittelwelle via Radio Luxemburg, your station of the stars. Dabei war Barry McGuire, als er 1965 den Song seines Lebens einsang (angeblich in nur einer halben Stunde), gerade mal 30 Jahre alt. Und viel gesehen oder gar Welterschütterndes erlebt hatte blonde Folkie mit der niedlichen Strubbelfrisur, der eine Rolle in „Baywatch“ hätte einnehmen können, mitnichten.

Barry war ein ganz normaler Musikus seiner Zeit, ein bisschen politisiert, gewiss, doch keineswegs radikal. Den Text des Songs „Eve Of Destruction“, der sich über fünf Millionen Mal verkaufen sollte und ihn, Barry, langfristig zu einem wohlhabenden, kurzzeitig sogar weltbekannten Mann machte, hatte er nicht selber verfasst. Er mochte das Untergangslied, das er am Ende einer Studiosession müde und ziemlich schludrig röchelte, nicht sonderlich, wie er später zugab.

Autor der düsteren Ballade („If the button is pushed, there’s no running away”) war ein gewisser P.F. Sloan, der sich ansonsten hauptsächlich mit harmlosen Surferliedchen über Wasser hielt, wie sie Mitte der 1960er-Jahre in den USA florierten.

Wovon handelt das Stück überhaupt? Also, da beklagt einer den Zustand der Welt, die ihm untergangsgeweiht vorkommt. Atomwaffen, Krieg und Rassismus, Unterdrückung, Hass und Hetze allerorten. Von „Red China“ (wie man Maos Sklavenstaat zu nennen pflegte) bis „Selma, Alabama“ (wo Polizisten reihenweise Teilnehmer der legendären amerikanischen Bürgerrechtsmärsche zusammenknüppelten).

Diese Kalamitäten will jedoch ein imaginärer Freund des erweckten Sängers, der für die ignorante Mehrheit steht (gewissermaßen der Urtypus des Leugners), einfach nicht wahrhaben: „Ah, you don’t believe we´re on the eve of destruction”.

Da kann man auch gleich von der Klippe hüpfen

Was Barry da zum Besten gab, war kein Protestlied, sondern ein Doom Song. Protestlieder wie Dylans „The Times They Are a-Changin‘“ oder Donovans “Universal Soldier” klagen ebenfalls an, jaunern rum, lesen den Mächtigen die Leviten, enthalten aber letztlich die frohe Botschaft: Mit uns ist die neue Zeit! Doom Songs dagegen verkünden den unvermeidlichen Untergang. Da kann man auch gleich von der Klippe hüpfen.

Überraschenderweise verkaufen Armageddon-Gesänge sich blendend. Der „Vorabend der Zerstörung“ wurde 1965, als sich der Vietnamkrieg ausweitete, zu einem Riesenhit. Obwohl – beziehungsweise weil – ihn zahlreiche Radiostationen in den USA anfangs boykottierten. In Deutschland gab es 20 Jahre später ein paar ähnliche Gruselklopfer, davon später.

Was mich betraf, so war ich mit meinen siebzehn Jahren schon ganz hübsch untergangsgeübt. Ich besaß vage Erinnerungen an Gespräche der Erwachsenen über Beinahe-Katastrophen. Von Korea war öfters die Rede gewesen, auch von Ungarn. Mein ältester Bruder brachte bei Besuchen die linke Zeitschrift „Konkret“ mit, die er redigierte.

Auf den großformatigen Titelseiten waren manchmal die filigranen Zeichnungen des Apokalypse-Künstlers Wolfgang Grässe abgedruckt, etwa in Zusammenhang mit dem Algerienkrieg. Algerien war vor Vietnam das Lieblingssujet der Linken; die dortigen Gräuel galten ihnen als Vorgeschmack auf globale Barbarei. An welcher der Westen die Schuld trug, versteht sich.

Den Mauerbau kriegte ich voll mit, ebenso die Kuba-Krise. 1963 öffnete mir die Mutter eines Freundes, den ich abholen wollte, tränenüberströmt die Haustür. Sie hatte gerade im Rundfunk vom Attentat auf Kennedy gehört. Der junge, so agil wie viril wirkende US-Präsident war der Liebling vieler Deutscher. Frauen schwärmten für ihn. Sein Tod, so fürchtete auch die Mutter meines Freundes, werde die Welt verändern, könnte auch unser kleines, kuscheliges Wirtschaftswunderland in den Abgrund reißen.

Strauß weg und der Atomkrieg auf Eis

Die politische Stimmung war seit den mittleren 1950ern grundiert mit latenter Angst vor dem Atomtod, den die (von der DDR maßgeblich gesteuerte) Ostermarschbewegung unermüdlich an die Wand malte. Als Leibhaftiger war der Verteidigungsminister und Atomwaffenfan Franz Josef Strauß auserkoren, auf den sich die westdeutsche Linke schon lange vor seiner unrühmlichen Rolle in der „Spiegel“-Affäre eingeschossen hatte.

Es war für sie, die Linke, de facto ein herber Verlust, dass Strauß 1962 wegen der Affäre zurücktreten musste. Einen besseren Buhmann – gegen Strauß war Bonds Gegenspieler Blofeld ein Peter Alexander – bekam sie nie wieder.

Strauß weg und der Atomkrieg auf Eis, war damit nun erstmal Ruhe im Panikorchester? Njet! Jetzt ging es erst richtig los mit den Ängsten. Ab 1968 schüttete es aus allen Rohren, von allen Seiten. Vietnam stand weiterhin auf dem Zettel, dazu kam der Kampf gegen die Notstandsgesetze, gegen den Radikalenerlass (von den Linken als „Berufsverbote“ geframt), gegen die angebliche Isolationsfolter an recht kommod im Knast untergebrachten RAF-Terroristen, gegen die Volkszählung. Letztere Kampagne war wahrscheinlich die ulkigste, paranoideste, die in der BE-ERR-DE je stattgefunden hat.

Wirkungsmächtiger waren allerdings zunehmend jene Ängste, die sich auf Gesundheit, Natur und Umwelt bezogen. Angst vor Aids versetzte die halbe Welt in Stockstarre. Einer Generation junger Bundesdeutscher, die mehrheitlich wenig zu befürchten hatte, wurde der Spaß am Sex gründlich vermiest. Und zwar, weil aus durchaus honorigen, sozusagen solidarischen Gründen die Mär verbreitet wurde, die HIV-Seuche könnte „jeden überall treffen.“

Das Waldsterben hielt sich jahrelang an der Spitze der Panikcharts. Derzeit wird es wieder aus der Kiste geholt. Vergänglicher war der Rummel um das Ozonloch. Nach dem international durchgesetzten Verbot von FCKW gab das Loch seinen Geist weitgehend auf.

Die Ozonangst war sowieso entbehrlich, denn die Reaktorschmelze in Tschernobyl nahm nunmehr alle Angstlust in Anspruch, welche Deutsche aufzubringen vermochten. Die kanarische Insel La Gomera, bei den Hippies zur Freude der Einheimischen aus der Mode, war auf einmal wieder voll mit Ökos, die sich aus Verstrahlungsfurcht an den Atlantik flüchteten.

Wie ein zu lange stehen gelassenes Soufflé

„Noch ein Jahr nach der Katastrophe fühlten sich laut einer Allensbach-Umfrage 33 Prozent der deutschen Männer und 40 Prozent der deutschen Frauen ‚sehr bedroht‘“, schrieb der Spiegel, traditionell einer der emsigsten Treiber und Profiteure der deutschen Angstgesellschaft.

Ein imposanter Panik-Event fand 1983 statt, mit den Massenprotesten gegen die sogenannte Nachrüstung. Über eine Million Bundesbürger gingen am 22. Oktober gegen das Vorhaben der Nato auf die Straße, raketenrüstungstechnisch mit der Sowjetunion gleichzuziehen. Die Bewegung hatte auch Ohrwürmer. Nena landete mit „99 Luftballons“ einen Kassenschlager („99 Jahre Krieg, ließen keinen Platz für Krieger. Heute zieh ich meine Runden, seh die Welt in Trümmern liegen“).

Noch doomiger hörte sich ein Sänger namens Hans Hartz an, der mit seiner entfernt an Joe Cocker erinnernden Stimme nölte: „Die weißen Tauben fliegen nicht mehr, ab morgen gibt’s statt Glas nur Scherben. Komm her und schenk uns noch mal ein, Marie, die Welt reißt von der Leine.“

Indes, die Welt blieb hartnäckig auf ihrer Leine hängen. Seltsamer noch: Als die – durch Aufrufe wie den „Krefelder Appell“ stark von westdeutschen Kommunisten gesteuerte – Anti-Nato-Kampagne nicht fruchtete, fiel die von Medien und Prominenten hochgejazzte Bewegung rasch in sich zusammen wie ein zu lange stehen gelassenes Soufflé. Ein paar Jahre später kollabierte auch die Sowjetunion.

Gehen wir jetzt mal in den schnellen Vorlauf. Sonst kommt man nie durch mit all den Ängsten und Weltuntergängen. Über die der schlaue „Diplom-Kulturwissenschaftler“ und „Zeit“-Redakteur Johannes Schneider Bescheid weiß: „Die Menschheit hat sich zu allen Zeiten gern mit ihrem Ende befasst. Deshalb bemerkt sie nicht, dass es jetzt so weit ist.“

Dafür könnte ich den Johannes küssen.

Inmitten allem möglichen Rinderwahn- und Schweinepestgedöns passierte dann – 9/11. Ungezählte Male fiel fortan der Satz: „Danach wird nichts mehr so sein, wie es war.“

Das geschah so nicht ganz. Es kam wegen der Anschläge zu keiner globalen Konfrontation, keinem Börsencrash. Freilich, das Fliegen veränderte sich erheblich, hin zum Ungemütlichen für Passagiere. Dann, 2008, endlich eine schwere Finanzkrise! Und wieder hieß es, ab subito würde die Welt eine andre. Doch der robuste Kapitalismus verkraftete den Brocken. Weil Krisen nun mal zum Kapitalismus gehören, das ist ja seine Geschäftsgrundlage.

Am Pegel Cuxhaven nicht sehr viel zu bemerken

Jahre gingen ins Land. Eisbären oder Robben oder Insekten starben aus, nur um zwei, drei Jahre nach ihrer Todesanzeige zurückzukehren, manchmal in größeren Populationen als zuvor. Dramatisch stiegen die Meeresspiegel, so barmten Medien. Allein, auf der pazifischen Insel Kiribati und am (bei Fachleuten als Referenzpunkt geschätzten) Pegel Cuxhaven war davon nicht sehr viel zu bemerken.

Vor zwei Jahren startete ein gemütskrankes Mädchen aus Schweden eine Panikattacke wider die Vernunft. Die Veranstaltung schien wie ein Wunder aus Lourdes. Eine kleine Heiländin kuriert die moribunde Mutter Erde! Doch dann kam Corona, und der ganze Zirkus kippte zurück auf Wiedervorlage. So schnell vergeht der Ruhm der Umwelt.

Nach Corona wird, Sie ahnen es längst, natürlich nichts mehr so sein wie früher. Das schreiben die Medien. Killt das Virus vielleicht gar den Kapitalismus? Das glaubt und hofft der Philosoph Slavoj Zizek. Was mich an ein Graffito erinnert, das ich einst auf dem Klo des romanischen Seminars der Uni Hamburg las. Es ging so: „Gott ist tot (Nietzsche, 1882)“. „Nietzsche ist tot (Gott, 1900)“. Nicht, dass ich den Kapitalismus mit Gott vergleichen möchte! Und Zizek keinesfalls mit Nietzsche, bewahre.

Ach, es ist ein Elend mit dem Weltuntergang. Bereitet man sich auf einen vor, steht bereits der nächste in der Tür. Was dräut uns künftig? Wie wäre es mal wieder mit einem kleinen Nuklearkrieg? Oder: Hacker legen die Welt lahm? Zombieaufstand in den Metropolen? Trump bleibt Präsident?

In meinem Alter habe ich es gut. Die größte anzunehmende Katastrophe für das Land, in dem ich mehr oder minder gut und gerne lebe, ist bereits eingetreten. 15 Jahre Merkel und ihre Wenden, ärger kann’s nun nicht mehr kommen. Nicht mal dann, wenn der nächste Bundeskanzler Andreas Scheuer hieße.




Schummel-Programme im Diesel – jetzt auch im Elektro-Auto?

Diesel-Käufer erinnern sich an den Skandal von Volkswagen & Co: Halbseidene Vereine wie die Deutsche Umwelthilfe DUH des Vielfliegers Jürgen Resch hatten völlig unrealistische Emissionswerte verlangt, was man in den Konzernen mit Schummelprogrammen statt mit politischem Protest beantwortete. Ergebnis waren heftige Strafzahlungen und Erstattung an die Kunden; zudem ein Riesenärger.

Nun scheinen Tesla&Co. nachzuziehen: Der ADAC stellte mit Messungen fest, daß rund ein Viertel der Energie beim Laden verlorengeht; abhängig vom Modell. An der Anzeige merkt man das aber nicht; die zeigt an, was auch die Ladestation sagt. Analog dazu würde beim Verbrenner von 40 Litern Super zehn Liter danebenlaufen oder schon beim Eintreffen im Motor irgendwie verdampfen. Ob die DUH und andere Nicht-Regierungsorganisationen nun protestieren werden, oder gar Luisa Neubauer-Reemtsma und Großkusine Carla von FFF? Wäre mit Abmahnen nicht genau wieder viel Geld zu verdienen? Jürgen Resch ist ja für seinen aufwändigen (und etwas klimaschädlichen) Lebensstil bekannt.




Wiedergeburt der Solarindustrie in Deutschland?

Der Grünen-Mitgründer Frank Asbeck nutzte den von ihm mitgeschürten technikfeindlichen Zeitgeist, um ein kleines Solarkraft-Imperium aufzubauen, das aber 2018 wegen der chinesischen Konkurrenz pleite ging. Für Asbeck hatte es sich trotzdem gelohnt: Der Grüne kaufte das rheinische Schloß von Thomas Gottschalk und richtete Jagdgesellschaften aus.

Für die Mitarbeiter lief es nicht so gut; der Standort in Freiberg mit 600 Arbeitsplätzen wurde geschlossen.

Nun will die Meyer-Burger Technology AG aus der Schweiz im ehemaligen Solar Valley von Bitterfeld-Wolfen investieren. Der Standort gehört zum Halleschen Chemie-Dreieck und war führend in der Herstellung von Foto-Filmen (Agfa bzw. Original Wolfen/ Orwo).

Was hat sich geändert seit dem Abbau um 2010? Der Chef von Meyer-Burger hofft auf den EU-Green Deal post corona und positive Effekte durch die deutsche Elektroauto-Initiative. Rechnet er also mit üppigen Steuermillionen? Was sonst. Er will Solaranlagen für Hausdächer und kleine „Kraftwerke“ bauen und im Jahr Photovoltaik mit 400 Megawatt Leistung ausstoßen. Bis Juni 2021 will die Firma in Freiberg und Bitterfeld loslegen und langfristig 3.000 Arbeitsplätze schaffen.

So ganz stillgelegt wurde der Standort Bitterfeld-Wolfen übrigens nicht: Eine Firma namens Q-Cells ging zwar bankrott und wurde von Koreanern gekauft, die die Produktion nach Asien verlegten; aber die Forschung vor Ort beließen. Demnächst sollen Solarzellen einer neuen effizienteren Generation entwickelt werden. Es gibt zudem ein weiteres interessantes Geschäftsmodell: Q-Cells pachtet private Hausdächer und baut darauf Photovoltaik-Anlagen, um unter anderem beim Staat als Stromanbieter zu kassieren.

Die Lobby-Organisation der Solarhersteller hält das eigene Produkt zum Erreichen der Klimaziele unserer Regierung für unverzichtbar; 2030 sollen zwei Drittel des deutschen Stroms aus den „Erneuerbaren“ kommen. Was zu flächendeckenden Stromausfällen führen wird, da mindestens 50% der Kraftwerke grundlastfähig sein müssen, wie unser Pressesprecher Horst-Joachim Lüdecke ausführt. Da die im Volke verhaßten Windräder von örtlichen Naturschützern und Anwohnern aber seit 2019 derart heftig beklagt werden, daß kaum ein neues ohne jahrelange Prozessiererei errichtet werden kann, wird man wohl verstärkt auf die Photovoltaik zurückgreifen, die keine metertiefen Betonfundamente benötigt, keinen Krach macht und nicht die Vogel- und Fledermaus-Fauna Deutschlands vom Himmel holt.

Um auf die angepeilten 65% zu kommen, müsse daher die jährliche Neuinstallation von Solarzellen ab 2022 verdreifacht werden, so ein Manager von Q-Cells.

Mal sehen, was die Bürger dazu sagen. Wenn die Firmen hauptsächlich Haus- und Garagendächer bepflastern, und sich das für den privilegierten Hausbesitzer via Steuersubvention auch noch rentiert, wird es wohl leider keine Proteste geben. Die Bewohner von Mietwohnungen, die die gesellschaftliche Umverteilung von unten nach oben finanzieren, werden dagegen so schnell nicht auf die Straße gehen.

 

 

 




Woher kommt der Strom? Paradebeispiel für die Volatilität des Ökostroms

Zurück zur 28. Woche der Stromerzeugung in Deutschland. Am Sonntag, dem Tag mit dem geringsten Strombedarf der Woche, und am Montag war die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger stark. Konventionelle Kraftwerke liefen auf Sparflamme. Dienstag begann eine Schwachwindphase mit Tiefpunkt am Donnerstag 0:00 Uhr mit einer Erzeugung von 1,944 GW On- und 0,542 GW Offshore = 2,486 GW. Bedarf um diese Zeit: 50,099 GW. Am Sonntag sah es noch ganz anders aus. Da lieferte der Wind noch 32,5 GW Strom. Schauen Sie sich unter Abbildung 1 die verschiedenen Charts auf einen Blick an. Sehen Sie, wie der Preis schwankt. Die konventionellen Kraftwerke passen sich, soweit es geht, an. Dennoch. Was an dem einen Tag zu viel und unter dem Strich stark preissenkend ist, reicht an dem anderen Tag nicht aus, um den Bedarf zu decken. Hochpreisiger Importstrom muss her. Zu den Preisen, die aufgerufen werden, mehr in den Tagesanalysen.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart vertiefen die verwendeten Agora-Charts. Hinzu kommen noch die Im- und Exportcharts für die 28. Woche und das aufgelaufene Jahr.

Besonders möchte ich auf Abbildung 2 hinweisen. Dort finden Sie einen aktuellen Bericht des Deutschlandfunks (Dlf) zum Kohleausstieg in NRW. Es kommen auch Menschen zu Wort, die den Hambacher Forst besetzt halten. Die Speerspitze des Klimaschutzes sozusagen.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 5.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 78,57 Prozent, davon Windstrom 50,79 Prozent, Sonnenstrom 15,08 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,7 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ab 3:00 Uhr bis 18:00 Uhr wurde überschüssiger Strom nicht nur verschenkt. Es wurde noch richtig Geld mitgegeben. In der Spitze 64,99 €/MWh. Macht bei exportierten 10,21 GW um 14:00 Uhr lockere 663.547,90 €. Um 12:00, 13:00, 15:00 und 16:00 Uhr fielen ähnliche Summen an. Macht zusammen gut geschätzte 3,2 Millionen €. Es freut die Nachbarn. Diesmal vor allem Österreich. Warum werden konventionellen Kraftwerke nicht weiter heruntergefahren? Es braucht große rotierende Massen, um das Stromnetz stabil zu halten. Wind- und Sonnenkraftwerke allein reichen nicht!

Montag, 6.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 73,97 Prozent, davon Windstrom 46,58 Prozent, Sonnenstrom 15,75 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,64 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Auch der Montag war noch stark in der Wind- und Sonnenstromerzeugung. Allerdings war der Bedarf höher. Das Preisniveau lag in der Mittagsspitze nur geringfügig im negativen Bereich. Österreich sahnte ab. Machte sogar einige Preisdifferenzgeschäfte. Da war es nicht weiter tragisch, dass der Importpreis für Österreich und andere am Vormittag in der Spitze bei 28.27 €/MWh lag.

Dienstag, 7.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,06 Prozentdavon Windstrom 24,24 Prozent, Sonnenstrom 18,94 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,88 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger lässt nach. Die konventionelle Stromerzeugung zieht an. Die ersten Lücken in der eigenen Stromversorgung entstehen trotzdem. Was sich selbstverständlich und direkt einsehbar bei den Preisen, die Deutschland zahlen muss, bemerkbar macht. Wer profitiert? Wer macht gute Preisdifferenzgeschäfte? Hier klicken.

Mittwoch, 8.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 39,83 Prozent, davon Windstrom 11,86 Prozent, Sonnenstrom 13,56 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,41 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Fast den ganzen Tag erzeugt Deutschland nicht genügend Strom, um den Bedarf zu decken. Deutschland importiert. Ab 7:00 Uhr liegt der Preis immer über 40 €/MWh. Ob sich das rechnet? Ich weiß es nicht. Halt, doch, für unsere Nachbarn rechnet es sich in jedem Fall, oder?

Donnerstag, 9.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 42,40 Prozent, davon Windstrom 13,60 Prozent, Sonnenstrom 15,20 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,60 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Donnerstag mit dem Windtiefpunkt bringt den ganzen Tag wenig Strom aus erneuerbaren Energieträgern. Lediglich am Nachmittag wird der Bedarf knapp gedeckt. Unter dem Strich bleiben hohe Importpreise. Wie gehabt. Sogar am frühen Morgen. Auch wenn es anders aussieht im Chart. Clever – wie immer – vor allem die kleine Schweiz. Die nutzt auch recht geringfügige Preisdifferenzen

Freitag, den 10.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,55 Prozent, davon Windstrom 26,28 Prozent, Sonnenstrom 13,87 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,41 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute zieht die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger Richtung Tagesmitte an, so dass ab 8:00 Uhr der Strombedarf Deutschlands nahezu gedeckt ist. Die Preise bewegen sich uneinheitlich zwischen 29 und 43 €/MWh, wobei Deutschland ab und zu auch von hohen Preisen profitiert. Gewinner aber bleiben unter dem Strich unsere Nachbarn.

Samstag, 11.7.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 52,21 Prozent, davon Windstrom 17,70 Prozent, Sonnenstrom 19,47 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,04 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Einstieg ins Wochenende bringt recht wenig Windstrom. Über Tag scheint die Sonne befriedigend auf die Solarmodule. So wird in der Mittagsspitze der Bedarf gedeckt. Überschüssiger Strom wird relativ günstig verkauft. Vor und nach Sonnenuntergang wird Strom importiert. Relativ teuer. Nichts Neues also.

Immer wieder kommt die Frage auf, was unsere Nachbarn mit dem Strom machen, den sie aus Deutschland importieren. Polen z.B. nimmt regelmäßig – praktisch jeden Tag – 0,03 TWh zwecks eigener Stromversorgung ab. Da gibt es wohl auch Verträge, deren Preisgestaltung vom Börsenpreis abweicht, was sich in der Im-/Exportbetrachtung Deutschland bemerkbar machte. Die Alpenländer werden abgenommenen Strom ebenfalls selbst verbrauchen und/oder in Pumpspeicherkraftwerken speichern. Die Niederlande und Dänemark werden den Strom ebenfalls in den Eigenverbrach einkalkulieren oder, wenn Abnahmeboni gezahlt werden, diese einstecken und den womöglich nicht benötigten Strom über Generatoren „verarbeiten“. In Bewegungsenergie und Wärme. Dies sind Annahmen. Wenn ein Leser, gerne auch eine Leserin, ausführliche Infos, und seien es „nur“ solche zu einzelnen Ländern, liefern kann: Bitte an stromwoher@mediagnose.de senden.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen?

Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.

Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de




Klima-Sommerdürre 2019/2020 – Medienfeuer aus allen Rohren

Das klimawissenschaftliche Magazin Spektrum vermeldet gerade, daß nach den „Jahrhundertsommern“ 2018 und 19 (20 ist in Arbeit) den deutschen Böden „145 Gigatonnen“ Wasser fehle (2019). Die Studie dazu stammt vom GeoForschungsZentrum in Potsdam, die auf demselben Campus beheimatet sind wie Schellnhubers Märchenstube – was ein Zufall. Man hat das nicht durch Stich-Grabungen oder die üblichen Regen-Auffangbehälter herausgefunden, sondern durch Satelliten-Messungen des irdischen Gravitationsfeldes (GRACE-FO-Mission). Ob die Erdbeschleunigung g tatsächlich als Mittel zur exakten (!) Bestimmung des Boden-Wassergehaltes taugt, überlasse ich der Expertise unser mitlesenden Physiker. Ich zweifle aber an der Genauigkeit und vermute eine Wissenschaftlichkeit der Methode in der Nähe von Manns Hockeyschläger-Kurve.

Wenn es denn stimmen würde, welche Folgen hätte weniger Wasser im Boden? Nun, die oberen Schichten könnten den Pflanzen weniger Wasser anbieten – und das führt sogleich zum nächsten Thema, der „sanften Revolutionärin“ des Gartenbaus, Bio-Bäuerin Julia Wolf, die im südlichen Burgenland Österreichs alte und neue Sorten gegen die Folgen des „menschgemachten Klimawandels“ testet. Eine Wiener Journalistin porträtiert die Bäuerin im für die linke Tageszeitung „Frankfurter Allgemeine“ und meint eingangs,

Die viel zu heißen, trockenen Sommer, die milden Winter, die heftigen Regenfälle und anschließend verkrusteten Böden, auf denen nichts mehr wachsen will: Wer einen Garten pflegt, merkt deutlicher als andere, wie rasant sich das Klima ändert.

Wovon schreibt die Dame? Von ihrem Vorgarten im Grünwähler*innen-Bezirk? Ich selber, zugegebenermaßen nur Mit-Gärtner in einem Schrebergärtchen, habe im Frühjahr nur ein Problem bemerkt: Es war viel zu kalt für meine Tomaten- und Basilikum-Pflänzchen. Erst als der Sommer sich Anfang Juni endlich halbwegs bemerkbar machte und es ordentlich regnete (sic! Dürre?), sprießten die Pflanzen. Ähnliches hatte bereits die Jenaer Tageszeitung über die Kirschernte in Ost-Thüringen berichtet: Nix Dürre, Kälte hat den Erntezeitpunkt einmalig weit nach hinten verschoben und die Ausbeute ordentlich einbrechen lassen (daher 6 € pro Pfund – schmecken aber gut).

Dazu paßt auch, daß die FAZ bemerkt, Pflanzkalender würden nicht mehr stimmen. Richtig, der natürliche Klimawandel beschert uns jetzt bereits deutlich veränderte Bedingungen. Die alte Regel, empfindliche im Haus gezogene Kulturpflanzen wie Tomaten erst nach den Eisheiligen in den Garten zu stellen, galt schon 2020 nicht mehr. Wir sehen einer neuen durch die Sonnenzyklen verursachten Kühlphase wie in den 1970ern entgegen – mit dem Unterschied, daß sie über 100 Jahre dauern wird und um 2.100 ihr Temperaturminimum erreichen wird.

Wenn man die Weltuntergangs-Rhetorik der Wiener Märchenerzählerin wegläßt, ist die Methodik der Biobäuerin sogar empfehlenswert:

(..) alte Gewohnheiten müssen fallen – und der Garten besonders sorgsam behandelt werden.

<< Das wichtigste ist immer die Behandlung des Bodens: Aufbau von Humus, Versorgung mit Nährstoffen, und die Grünabfälle direkt am Grundstück in Kompost verwandeln.>>

Also das, was Michael Limburg den Journalisten immer sagt: anpassen! Wir Menschen sind Weltmeister darin. Wir sind Affentiere, die es geschafft haben, jeden Kontinent außer Antarktika dauerhaft zu besiedeln; während unsere biologischen Vettern immer noch in der tropischen Zone auf den Bäumen hocken. Übrigens gibt es in den Alpen einen bekannten Züchter, der es tatsächlich hinbekommt, Zitrusfrüchte oben auf dem Berg anzubauen.

Deutlich panischer als der FAZ-Artikel ist, wie zu erwarten, ein Beitrag des ZDF.

Klimawandel und Dürre – Größte Bedrohung für den Wald seit 200 Jahren

Heißt das, das „Waldsterben“ in den 1980er Jahren war nur eine Medien-Ente? Damals gab es die Erzählung vom kapitalistischen Klimakollaps in den Medien noch nicht, so daß der Wald noch an der Schwefelsäure, die in Form von Sulfaten aus Fabrikschloten kommt, verrecken mußte. Heute ist es die Wasserknappheit, die von der CO2-bedingten „Hitze“ verursacht werde. Nebenbei: Auch wenn selbst Ströme, wie der Rhein im Hochmittelalter, sommers trocken fallen können, würde eine Klimaaufheizung eine Region feuchter statt trockener machen, wie unser Referent Stefan Kröpelin, der moderne „englische Patient“, Laszlo Almásy, in seinem Vortrag auf der IKEK-12 in München betonte. Als die Ur-Ägypter in der „Höhle der schwimmenden Menschen“ in der heute besonders trockenen Ost-Sahara die Wände bemalten, war es heißer als heute.

Dennoch zitiert das ZDF auf seiner Internetseite Experten, die behaupten

Wir erleben gerade die schwerwiegendste Waldschaden-Situation (…) seit Beginn der geregelten nachhaltigen Waldbetreuung und Waldbewirtschaftung, das heißt also seit mehr als 200 Jahren.“ (Michael Müller, Waldschutz-Professor, TU Dresden)

Laut Angabe des Landwirtschaftsministeriums hätte Deutschland 160 Millionen Kubikmeter Schadholz auf 245.000 Hektar Fläche. Dazu kann man nur sagen, daß Bauern, Förster und betroffene Forscher gerne jammern oder den Teufel an die Wand malen, um an Subventionen oder weitere Förderung zu kommen. Zusätzlich interessant ist, daß hauptsächlich Fichten bei Trockenheit abstürben. Wie schon unser Leser-Autor Karsten Leibner betonte, ist Wassermangel in der Tat auf menschliche Tätigkeit zurückzuführen, allerdings auf lokale Baufehler, die vor allem Bergkuppen austrocknen. Hinzu kommt die Empfindlichkeit von Monokulturen, die zum Beispiel in Thüringen und Brandenburg nach Kahlschlag für Kriegs-Reparationen angepflanzt wurden. Wenn Sie über etliche Quadratkilometer nur Fichten oder Waldkiefern stehen haben, geht logischerweise gleich der ganze Bestand drauf, wenn zum Beispiel ein wirtspezifischer Parasit einen riesigen gedeckten Tisch vorfindet. Im klüger angelegten Mischwald hingegen fänden Schädlinge kam etwas zu essen und könnten zusätzlich weniger Durchseuchung erzeugen.

Die Monokulturen, die der Dresdner Waldschützer Müller nicht erwähnt, sondern nur auf Dürre, Stürme und Massen von Schadinsekten verweist, müssen rückgebaut werden, was allerdings 50-100 Jahre dauere. Richtig, denn eine deutsche Eiche wächst langsam und erreicht erst nach einem halben Jahrhundert rentable Masse. Eine Waldkiefer hingegen kann man nach 15 Jahren schon ernten. Glück für den Professor Müller, da ist das Problem so langfristig, daß vor allem sein Job und sein Gehalt „nachhaltig“ gesichert ist; zudem die Pfründen der anderen Klimamärchen-Gewinner. In Zahlen: In den nächsten vier Jahren stellen Bund und Länder in summa rund 800 Millionen Euro für Umbau und Aufforstung (und Beratung/Forschung?) zur Verfügung.

Ein Schmankerl zum Schluß: Ein Wald-Lobbyist schlägt vor, fremde Baumarten wie die Libanon-Zeder in Deutschland anzupflanzen. Das ist ein mediterraner Nadelbaum von der Levante. Und der soll im kälter werdenden Mitteleuropa heimisch werden?




Welt ohne Klimakonferenzen – und sie dreht sich weiter

Vor knapp dreißig Jahren legte das Kyoto-Protokoll den Rahmen für die Senkung  der Emission von Treibhausgasen fest. Seither ist der globale CO2-Ausstoß um 50 Prozent gestiegen – kontinuierlich, Jahr für Jahr. Um das zu verhindern, trafen sich die mächtigsten Männer und Frauen der Welt im gleichen Zeitraum insgesamt 25-mal – ganz offensichtlich mit wenig Erfolg.

Das letzte dieser Treffen fand 2019 in Madrid statt. Immerhin kamen damals 27.000 Personen zu der „COP25“ genannten Tagung. Das folgende Meeting wurde für November 2020 in Glasgow anberaumt, es fällt jedoch Covid-19 zum Opfer. Das Kohlendioxid aber lässt sich von alledem nicht beeindrucken.

Was würden Sie sagen, wenn jemand seit 30 Jahren jedes Frühjahr zu einer aufwändigen Fastenkur ins Sanatorium geht und jedes Mal zwei Kilo zunimmt? Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten (A. Einstein). Entweder ist unser Dickerchen also verrückt oder er trifft sich heimlich mit seiner Freundin. Und so müssen die Anstrengungen der Mächtigen zur Rettung der Welt entweder Wahnsinn sein oder aber ein gigantischer Betrug.

Ein Vertrag für einen Gebrauchtwagen

Schauen wir mal hinter die Kulissen solch einer Konferenz, zum Beispiel der COP15, bei der 2009 in der dänischen Hauptstadt 183 Nationen Versprechungen für ihr Wohlverhalten in Sachen CO2 abgaben. Unter den Teilnehmern fanden sich teils bedeutende, teils schillernde Persönlichkeiten wie Jacob Zuma (ZA), Robert Mugabe (ZIM), Lula da Silva (BRA), Barack Obama (USA), Hugo Chavez (VEN), Recep Erdogan (TUR), Angela Merkel (DE), Nicolas Sarkozy (FRA), Shimon Peres (ISR), Ban Ki-moon (UN) und Jose M. Barroso (EU).

Nach zwölf Tagen harter Arbeit verfassten China, Indien, Brasilien, Südafrika und die Vereinigten Staaten eine Vereinbarung, die von Obama als „bedeutungsvolles Abkommen“ beurteilt wurde. In einer Debatte aller Länder wurde das Dokument dann „zur Kenntnis genommen“, aber nicht „angenommen“, und es wurde auch nicht „einstimmig verabschiedet“.

In dem Text wurde anerkannt, dass der Klimawandel eine der größten Herausforderungen der Gegenwart darstellt und dass Maßnahmen ergriffen werden sollten, um Temperaturerhöhungen unter zwei Grad Celsius zu halten. Das Dokument als solches ist aber nicht rechtskräftig, es enthält keine verbindlichen Verpflichtungen.

Wenn Sie schon einmal versucht haben, einen Vertrag für einen Gebrauchtwagen gemeinsam mit dem Käufer zu verfassen, dann wissen Sie, wie schwer so etwas ist. Da darf man sich nicht wundern, dass 183 Nationen Probleme haben, etwas auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Aber das, was in diesem Abkommen stand, das wusste man vielleicht auch schon vor der Konferenz. Es ist ein mageres Resultat angesichts der zwölf Tage harter Arbeit von tausenden Experten.

China ist mörderisch über die Stränge geschlagen

In der Konferenz machten verschiedene Länder unverbindliche Zusagen über die Reduktion des nationalen CO2-Ausstoßes. Man orientierte sich am Niveau vergangener Jahre und gab an, was im Vergleich dazu bis 2020 erreicht sein sollte. Ob das erreicht wurde, dazu können wir heute also etwas sagen.

Zunächst muss man wissen, dass Japan, Russland, Indien, EU, USA gemeinsam ein Drittel des globalen CO2-Ausstoßes produzieren, China alleine fast ebenso viel. Das restliche Drittel teilen sich rund 180 Länder.

Auf besagter COP15 in Kopenhagen versprach die EU, 30 Prozent unter das Niveau von 1990 – 4.500 Millionen Tonnen – zu kommen; heute ist man bei 3.500 Megatonnen. Das ist recht ermutigend.

Die USA versprachen, bis 2020 um 17 Prozent unter den Level von 2005 – 6.000 Mt – zu kommen. Heute sind sie knapp über 5.000 Mt.

Indien versprach, bis 2020 um 20 bis 25 Prozent unter den Level von 2005 – 1,1 Mt – zu kommen. Heute ist man bei 2,8 Mt.

China versprach, dass man 2020 um 1,8 bis 5 Prozent unter dem Ausstoß von 1990 zu liegen käme. 1990 lag China bei 2.500 Mega-t, zum Zeitpunkt der Konferenz im Jahre 2009 bei 8000 Mega-t, und heute wissen wir, dass China jährlich um die 12.000 Mega-t in die Luft pustet.

Der globale CO2-Ausstoß ist seit 2009 von 29.000 auf 34.000 Mt gestiegen, das sind 17 Prozent Zuwachs in zehn Jahren. (Hier für Sie graphisch dargestellt).

Zusammengefasst könnte man sagen, dass „der Westen“ seine Hausaufgaben gemacht hat, dass aber Asien – allen voran China – mörderisch über die Stränge geschlagen hat. Woher kommt das?

Verschiebebahnhof für CO2

Eine Überlegung: Deutschland hat ca. 33.000 Windturbinen installiert, das sind nach Adam Riese rund 100.000 Rotorblätter, von denen jedes ca. zehn Tonnen wiegt. Insgesamt sind das eine Million Tonnen Kohlefaser-Verbundmaterial, die über unseren Köpfen rotieren. Die Herstellung von 1 kg dieses Materials verbraucht ca. 70 kWh Energie. Nehmen wir an, wir würden die in China fertigen lassen, all diese Energie wäre elektrisch und käme aus Kohlekraftwerken, dann würden für jedes Kilogramm Material 70 kg CO2 emittiert.

Bei der Herstellung von einer Million Tonnen Rotorblätter würden also 70 Millionen Tonnen CO2 erzeugt. Das wären 9% der 800 Millionen Tonnen, die Deutschland jährlich produziert.

Die Zahlen hier sind hypothetische Annahmen, und die 100.000 Rotorblätter wurden auch nicht in einem Jahr produziert und nicht alle in China, aber sie machen deutlich, in welchem Umfang die Verlagerung der Produktion von Industriegütern nach China zum Anstieg der dortigen CO2-Emissionen führt – und bei uns zu einem Absinken.

Die jährliche Pro-Kopf-Emission – der „Carbon Footprint“ – ist in China seit dem Jahr 2000 von 3 auf rund 9 Tonnen gestiegen und damit auf deutsches Niveau. Das liegt aber weniger daran, dass die 1,3 Milliarden Chinesen jetzt alle so dicke Autos fahren und drei Klimaanlagen in jedem Haus sind, sondern am Ausbau der Industrie. Und dafür trägt der Rest der Welt eine Mitverantwortung.

Es ist eigentlich erstaunlich, dass diese Verschiebung kein stärkeres Absinken der CO2-Emissionen im Westen bewirkt hat.

CO2-Produktion ausgelagert

1990 begann ich eine Tätigkeit als Berater für wissenschaftliche Entwicklungsprojekte. Die Mehrzahl meiner Kunden waren Pharmafirmen. Man lud mich dort erst einmal zu einem Rundgang durchs Werk ein: durch Labors, wo Mitarbeiter in weißen Kitteln mit Ratten oder Kaninchen experimentierten, dann kamen Produktionshallen, wo Flaschen auf Förderbändern von Robotern befüllt wurden und wo die Etikettendrucker ihren Dienst taten. Schließlich kamen wir ins Lager, wo LKWs mit dem Logo der Firma vor den Toren warteten.

Heute wäre solch eine Tour langweilig: nur Großraumbüros. Wo sind all die Ratten und Kaninchen geblieben, die Förderbänder und die Lastwagen?

Die Arbeit der Labors macht jetzt ein Start-up-Unternehmen in der Tschechischen Republik, die Wirkstoffe werden in Indien hergestellt und von dort gleich an einen Lohnhersteller in China geschickt, der daraus Pillen und Säfte macht.

Was mich damals beeindruckte war eine gigantische Anlage, in der tausende Plastikflaschen mit Infusionslösung, so wie sie an den Krankenbetten hängen, samt Verpackung bei hoher Temperatur sterilisiert wurden. All das lief automatisch. Unmengen an Energie wurden hier verbraucht, die heute in China aus der Steckdose kommen müssen. Heute braucht man in der Mutterfirma nur noch Strom für die Computer auf den Schreibtischen, aber das sind vergleichsweise Peanuts.

Wenn man uns heute also über den Erfolg der Energiewende erzählt, so müssen wir bedenken, dass wir einen Großteil unserer CO2-Produktion ausgelagert haben: nach Asien und insbesondere China.

Produktion braucht Energie

Die Forderung „weniger CO2“ weltweit ist primär die Forderung „weniger CO2 aus China“. Das wäre schon mehr als die halbe Miete. Ist das realistisch? Die Welt hat sich entschieden, in China die Produktionsstätten für den Großteil ihrer Konsum- und Industriegüter aufzuschlagen. Das funktioniert gut, weil so die „economy of scale“ optimal zum Einsatz kommt. Zudem ist die Bevölkerung dort anspruchslos, gebildet und fleißig, und das politische System gibt Unternehmern kapitalistische Anreize. Unter diesen Bedingungen kann man dort die gleiche Qualität billiger produzieren als sonstwo auf der Welt.

Produktion braucht aber Energie. Die deutsche Energiewende hat bewiesen, dass die Sache mit Wind und Solar bestenfalls ein teures Hobby für eine arrivierte Gesellschaft wie die unsere ist, aber keine Lösung für China. Dort ist man dabei, so schnell es geht und mit eigenem Know-how, die Kernkraft ausbauen. Von den insgesamt 2.000 GW installierter Leistung sind derzeit 43 GW nuklear, elf weitere GW sind im Bau. Vorerst wird man also, wohl oder übel, den Löwenanteil seiner Energie durch Verbrennen von Kohle erzeugen.

Sollte man China das verbieten? Das ist einerseits undenkbar und wäre andererseits nicht gewollt. Dann würde die gut eingespielte Beziehung der Welt zu ihrem wichtigsten Lieferanten zusammenbrechen. Und der unmittelbar fühlbare Vorteil billiger Konsumgüter ist machtvoller als die Furcht vor einer Klimaveränderung, die wir gar nicht wahrnähmen, wenn man sie uns nicht ständig einsuggerieren würde.

An dieser Situation hätte auch COP26 im November 2020 in Glasgow nichts ändern können. Gut, vielleicht hätte man dort mit viel Fanfaren ein Projekt verabschiedet, um in Burkina Faso mit deutscher Entwicklungshilfe drei Windgeneratoren aufzustellen, die hier beim „Repowering“ abgebaut worden waren; oder man hätte den mutigen Vorschlag diskutiert, weltweit die Leistung von Staubsaugern auf 600 Watt zu begrenzen. Aber das kann man ja nächstes Jahr machen, wenn die Gefahr für Leib und Leben der 27.000 Teilnehmer hoffentlich überwunden ist und der Planet bis dahin überlebt hat.

Dieser Artikel erschien zuerst bewww.think-again.org, bei der Achse und im Buch „Grün und Dumm“.

 




Studie zu „Extinction Rebellion“: akademisch, links, weiblich, mittelalt, aus derselben Gegend wie „Black lives matter“

von Michael Klein, Sciencefiles

Clare Saunders, University of Exeter, Brian Doherty, Keele University und Graeme Hayes, Aston University, haben heute einen Bericht veröffentlicht, in dem sie ihre Ergebnisse aus Befragungen von Extinction-Rebellen veröffentlichen. Die Forscher waren im April und im Oktober 2019 bei Demonstrationen in London zugegen und haben 124 bzw. 179 persönliche Interviews geführt, sie können zudem auf 232 postalische Interviews zurückgreifen und haben eine Reihe von Informationen für 144 Teilnehmer an Protesten von Extinction Rebellion in Gerichtsverfahren, die gegen die Teilnehmer angestrengt wurden, gesammelt.

Soweit also eine ganz brauchbare Datengrundlage, auf der man einiges über die Extinction-Rebellen sagen kann.

Räumen wir zunächst das meiste aus dem Weg, was die drei Autoren an Ergebnissen ihren Daten entnommen haben:

  • Extinction-Rebellen (XR) sind geübte Demonstranten: rund 75% von ihnen hat vor der jeweiligen Demonstration an bis zu 10 anderen Demonstrationen teilgenommen;
  • Das Durchschnittsalter der Rebellen ist 41,1 Jahre, was zeigt, dass es sich schon um etwas angealterte Rebellen handelt; Die genau Altersverteilung sieht so aus:
  • Die Rebellen, die von der Polizei festgenommen wurden, waren im Durchschnitt noch älter – je oller, je doller…
  • Der Anteil weiblicher Extinction-Rebellen ist mit 64,5% deutlich höher als der männlicher.
  • Die meisten XR-Rebellen verfügen über einen tertiären Bildungsabschluss: 85% haben mindestens einen Hochschulabschluss, mehr als ein Drittel einen Magister oder Doktortitel.
  • Die meisten XR-Rebellen sehen sich als Angehörige der Mittelschicht, der Anteil der Teilzeitkräfte und Studenten ist im Vergleich zur Gesamtgesellschaft überdurchschnittlich hoch.
  • Die XR-Rebellen sind überdurchschnittlich oft Parteimitglied. Raten Sie in welcher Partei? Richtig, den Grünen. Die Green Party ist im Vereinigten Königreich eine Fringe Party, die keinerlei Einfluss auf die Politik hat und mit genau einem Sitz im House of Commons vertreten ist.
  • Neben der Green Party gehört die Labour Party zu den von XR-Rebellen unterstützten Parteien. Die Rebellion kommt also von links.

Damit sind die Ergebnisse, die die drei Autoren präsentieren, zwar nicht erschöpft, es fehlt z.B. noch der Hinweis, dass XR-Rebellen von Frustration, Ärger und Sorgen getrieben sind, wir wollen die Autoren aber dennoch hier verlassen, uns ihrer Ergebnisse bemächtigen und die Interpretation vornehmen, die die Daten aufdrängen, die die drei aber wohl aufgrund politisch korrekter Erwägungen nicht vornehmen können.

Extinction Rebellion ist ein lokal zentriertes Unterfangen von Landpomeranzen, die in ihren eigenen Echozimmern verkehren, in der Gegend um Bristol und Exeter zu finden sind und dort im eigenen Saft ihres Kults schmoren.

Die lokale Klumpung ist schnell belegt, die Autoren selbst berichten, dass die meisten Rebellen aus den West Counties kommen, vor allem aus Bristol, Frome, Stroud und Totnes. Für alle diejenigen, die außer Bristol nur Bahnhof verstehen, Totnes liegt westlich von Exeter, Frome und Stroud in unmittelbarer Nähe zu Bristol, ober- bzw. unterhalb. Es ist also kein Zufall, dass Bristol in den letzten Wochen zu einem Hotspot von Black Lives Matter geworden ist. Die dortige Universität scheint ground zero nicht nur für XR zu sein. Vermutlich ist nicht einmal das Personal von XR und BLM verschieden.

Dass es sich bei den Extinction Rebellen um Landpomeranzen handelt, vornehmlich weibliche Landbevölkerung, die im eigenen Saft brät und wenig Kontakt zur Außenwelt aufnimmt, ist nunmehr im Hinblick auf die regionalen Schwerpunkte gezeigt. Es fehlt noch der Beleg für das Braten im eigenen Saft. Wir finden ihn auf den Seiten 20 und 22 des Berichts von Saunders, Doherty und Hayes:

Was in beiden Tabellen zu sehen ist, ist fast schon der Idealtypus einer Subkultur, eines Zirkels von Leuten, der sich um sich selbst dreht. XR-Rebellen informieren sich vornehmlich untereinander, bei Bekannten und Mitgliedern ihres XR-Kults oder sie suchen Informationen in sozialen Medien, vermutlich in einer geschlossenen Gruppe von XR auf Whatsapp. Ein Blick auf die Organisationen, mit denen “Intersektionalität” für XR-Rebellen besteht, zeigt das linke Syndrom aus Umwelt, Partei, Entwicklungshilfe, Menschenrechte, Frauen und LGBT, also identitätslinke Inhalte. Charity kann im Vereinigten Königreich eine Vielzahl unterschiedlicher Dinge vom National Trust bis zur Royal Society for the Protection of Birds bedeuten. Man kann die Kategorie also nicht ohne Weiteres sinnvoll interpretieren.

Fassen wir zusammen:

  • XR Rebellen sind vornehmlich weiblich;
  • Sie kommen häufig aus dem selben Kaff;
  • Sie haben weitgehend dieselben Interessen;
  • Verfügen über formal betrachtet hohe Bildungsabschlüsse, aber wohl nicht die Gelegenheit, diese Abschlüsse auch so einzusetzen, dass sie weniger ärgerlich, frustriert oder besorgt sind;
  • Eine Hochschule bildet das Hub;
  • Die Bekannten und anderen Mitglieder derselben Organisation sind Informationsquelle;

Eine 1a-Beschreibung für eine Subkultur, eine Art moderne Jugendbande, deren Mitglieder indes biologisch gealtert sind, obschon die Reife wohl auf der Strecke geblieben ist. So erklärt ein Rentner, der XR-Mitglied ist, seine Teilnahme am Doomsday Cult damit, dass er

„Ich habe keinen Grund, mir Sorgen über die Auswirkungen eines möglichen Strafregisters zu machen. Auch weil ich schon da war, bevor der Klimawandel als Problem in Frage gestellt wurde, und mir des Notfalls, den unser Lebensstil mit sich brachte, weitgehend nicht bewußt war. “

Je oller, je doller…


Saunders, Clare, Doherty, Brian & Hayes, Graeme (2020). A New Climate Movement?

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Institut für Weltwirtschaft: „Elektro-Auto für Klimaschutz kontraproduktiv“

EIKE-Leser wissen es schon lange: Zwar sind Elektromotoren die effizientesten bekannten Energiewandler (99%); außerdem sind sie schön kompakt und benötigen kein aufwendiges Getriebe. Nützt aber nichts: Die Energiequelle, der redox-/elektrochemische Akkumulator, macht die Vorteile mit seinen Problemen mehr als wett. Teuer, schwer, brandgefährlich, unsozial und umweltgefährdend. Für die Produktion wird wesentlich mehr CO2 emittiert als für einen Verbrenner. Erst durch die langjährige Nutzung soll sich der Stromer amortisieren, da kein Kohlendioxid mehr anfalle. Was nicht stimmt, da die Akkus überwiegend mit Kohle- oder Gasstrom geladen werden (müssen).

Diese Rechnung bestätigt Ulrich Schmidt vom IWF; ergänzend zu den bereits vorher veröffentlichten Texten vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung und vom Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung. Zitat zu Publikationen, die das E-Auto als „Ökomobil“ darstellen:

„Diese Studien vernachlässigen den erhöhten Stromverbrauch, der aus dem Ausbau der Elektrombilität resultiert.“

Daher seien die Emissionen an CO2 um 73% höher als bei einem modernen Diesel. Konkrete Rechnung: Ohne E-Autos bleibe der Strombedarf Deutschlands konstant; mit steige er erheblich an. Jährlichen legen laut Behörden PKW 630 Milliarden Kilometer auf deutschen Straßen zurück. Benötigt ein Stromer zurückhaltend gerechnet im Schnitt 15kWh* pro 100 Kilometer, ergibt sich ein Gesamt-Jahresbedarf von 94 tWh**; das sind rund 18 Prozent der deutschen Nettoerzeugung per annum (rund 515 tWh).

Daher empfiehlt Schmidt, auf E-Auto-Förderung zu verzichten und stattdessen die „Erneuerbaren Energien“ auszubauen, um die Kohle zu ersetzen. Daß ein Ökonom so etwas ernst meint, darf bezweifelt werden, da ihm bekannt sein dürfte, daß der Zappelstrom von Windkraft- und Solaranlagen nicht regulierbar, speicherbar und somit unbrauchbar ist. Er muß sich halt im Rahmen des von der Politik und vor allem den Medien wie der FAZ konstruierten Meinungskorridors bewegen und Holzschuhe in das Räderwerk des Wahnsinns werfen, wo es noch geht (frz. sabo = Holzschuh; daher „Sabotage“). Wenn das IWF dadurch wenigstens einen Baustein von Merkels ruinöser Energiewende wegnehmen kann und damit unsere lebenswichtige Autoindustrie rettet, soll es uns recht sein.

Allerdings bezweifle ich, daß die Regierung ihr wahnwitziges Industrie-Vernichtungsprogramm noch stoppen wird. Altmaier und Merkel haben ihr Elektromobilitätsprogramm angefahren und neben VW auch die anderen großen Autobauer mit der Förderung von Tesla in Grünheide gezwungen, nachzuziehen. Ansonsten würde Elon Musk, bezahlt mit deutschen Steuern, durch seinen Wettbewerbsvorteil den Verbrenner-Herstellern massiv Marktanteile wegnehmen. VW, BMW und Co. müssen also mitmachen, um einen Teil der Subventionen in ihre Kassen zu leiten und den ausländischen Konzern so in die Markt-Schranken zu weisen. Man merkt: Marktwirtschaft ist das nicht mehr, weil die staatsgetragene E-Mobilität Wohlstand und Substanz vernichtet, statt aufzubauen. Beim deutschen Wähler, versteht sich. Musk und die Manager hingegen verdienen sich eine goldene Nase.

*Kilowatt-Stunden. Leistung mal Zeit = Energiemenge, bezogen auf elektrischen Strom. Wer das in Joule umrechnen kann, bekommt von der EIKE-Redaktion eine Eins!

** Terawatt-Stunden; also Tausend Million Kilowatt-h.

 




Umweltheld Michael Shellenberger in Ungnade gefallen – FORBES distanziert sich

Denn der ehemalige „Umweltheld“ (Time, 2008) rührt an ein extrem erfolgreiches Geschäftsmodell, das mittelmäßigen Akademikern eine Art Priesterstatus verleiht und Finanzprofiteuren reichlich Steuergeld aufs Konto treibt. Letztlich sind quasireligiöse Ideologien mit ihren kontrafaktischen Behauptungen immer nur Geschäftsmodelle – es geht um Geld und Macht, und sonst gar nichts.

Hier der fulminante Text von Robert von Loewenstern und Michael Shellenberger (übersetzt):


Klimaschützer entschuldigt sich für Panikmache

Ein preisgekrönter Umweltschützer bittet um Entschuldigung „für die Klimaangst, die wir in den vergangenen 30 Jahren erzeugt haben“. Die ausführliche Begründung im Wirtschaftsmagazin „Forbes“ wird zurückgezogen, große Medien hierzulande schweigen die Abbitte tot. Weiter unten die Abrechnung mit der Öko-Panikmache in deutscher Übersetzung.

2008 kürte das US-Magazin „Time“ den Umweltschützer und Klimaaktivisten Michael Shellenberger noch zum „Umwelthelden“. Mittlerweile ist Shellenberger in Ungnade gefallen, spätestens seit er sich für Atomkraft als Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz aussprach – unter anderem hier oder hier bei Achgut. Auch sonst setzte sich Shellenberger mehr und mehr von seinen Kollegen ab, kritisierte die deutsche „Energiewende“ und distanzierte sich von den apokalyptischen Voraussagen zahlreicher Umweltjournalisten, Politiker und Interessenvertreter.

Jetzt packte der widerborstige Energieexperte und „Green Book“-Preisträger noch eine Schippe drauf. „Im Namen von Umweltschützern überall auf der Welt“ bittet Shellenberger um Entschuldigung „für die Klimaangst, die wir in den vergangenen 30 Jahren erzeugt haben. Der Klimawandel findet statt. Nur, er ist nicht das Ende der Welt. Er ist nicht einmal unser größtes Umweltproblem.“

Diese Entschuldigung erschien Ende Juni in ausführlicher Form als Artikel im renommierten Wirtschaftsmagazin „Forbes“, für das Shellenberger regelmäßig schreibt (und auch in Zukunft schreiben wird). Wenige Tage später zog „Forbes“ das Stück jedoch wieder zurück. Den ungewöhnlichen Schritt erklärte man mit einem diffusen Verweis auf „redaktionelle Richtlinien“. An anderer Stelle ist der Originaltext noch zu lesen, zum Beispiel hier (eine deutsche Übersetzung des kompletten Textes finden Sie unten).

Die Apokalypse fällt aus

Grundlage für die Shellenberger-Entschuldigung ist sein neues Buch „Apocalypse Never: Why Environmental Alarmism Hurts Us All“ („Apokalypse nie: Warum Öko-Alarmismus uns allen schadet“). Die 400 Seiten starke Abrechnung mit Öko-Panikmache steht bei Amazon seit dem Erscheinen Ende Juni auf Platz eins der Bestsellerliste in der Kategorie „Öko-Politik“.

Fast alle großen deutschen Medien duckten sich weg. Sie ignorierten sowohl das Buch als auch die Shellenberger-Abbitte für sein eigenes Fehlverhalten. Zur Erinnerung: Der Autor ist nicht irgendwer. Noch im Januar 2020 wurde er vor den US-Kongress geladen, um seine Expertise in Energiefragen abzugeben. Außerdem ist er Gutachter des Weltklimarates IPCC für den anstehenden Klimabericht. Sich mit seinen Thesen zu beschäftigen, ist also journalistisches Pflichtprogramm, unabhängig von der Wertung. Aber, wie gesagt, die ganz überwiegende Mehrheit der etablierten Medien zog es vor, den widerborstigen Querkopf totzuschweigen.

Besonders gut hätte eine Auseinandersetzung mit Shellenberger in die „Zeit“ gepasst. Schließlich hatte man erst kurz zuvor einen „Warnruf“ an die Wissenschaft veröffentlicht, der sich ausdrücklich auch an Klimatologen richtete: „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“

„Klerikal auftretende Naturwissenschaft“

In dem lesenswerten Stück landete die Schriftstellerin Thea Dorn ein paar heftige Wirkungstreffer. „In der Klimadebatte haben wir den Wandel von prominenten Wissenschaftlern zu Hohepriestern bereits erlebt“, schreibt Dorn und bescheinigt führenden Klimaforschern eine „klerikal auftretende Naturwissenschaft“ sowie einen „Rückfall in voraufgeklärtes Denken“. Es gehe nicht an, „jeden, der Zweifel an der Zuverlässigkeit von epidemiologischen Modellierungen oder Klimamodellen äußert, gleich als ,Klima-‚ oder ,Corona-Leugner‘ zu diffamieren“.

Drei „Zeit“-Ausgaben später keilte einer der Adressaten zurück. „Der Artikel von Thea Dorn fiel weniger durch Sachkenntnis als durch seine aggressive Rhetorik auf“, giftete Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und unterstellte der Schriftstellerin, sie und andere würden sich „wünschen, die Wissenschaftler würden sich in ihre Labors zurückziehen und den Mund halten“. Damit sah die „Zeit“ offenbar ihren Debattenauftrag zur Rolle der Wissenschaft als erfüllt an und zog es vor, einen unbotmäßigen Abweichler wie Michael Shellenberger totzuschweigen.

Auch die „FAZ“ brachte nichts zu Shellenberger. Wenigstens ließ man vor Kurzem einen anderen Klimaforscher zu Wort kommen, der ebenfalls keinen Anlass zur Panik sieht. Fritz Vahrenholt wies hier bei Achgut auf das Interview hin. Von den Leitmedien griff einzig die „Welt“ das Thema „Apocalypse Never“ auf. Dort widmete Hannes Stein (hinter der Bezahlschranke) Shellenberger eine ausführliche Würdigung und faire Buchbesprechung: „Es ist eine fundierte, von Statistiken unterfütterte Abrechnung mit der Neigung der Ökobewegung, den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang an die Wand zu malen.“

Hier unser YT-Video mit Shellenbergers Rede in Budapest (EIKE-Red.):

 

Der Shellenberger-Text auf Deutsch

Im Namen von Umweltschützern überall auf der Welt möchte ich mich förmlich für die Klimaangst entschuldigen, die wir in den vergangenen 30 Jahren erzeugt haben. Der Klimawandel findet statt. Nur, er ist nicht das Ende der Welt. Er ist nicht einmal unser größtes Umweltproblem. Es mag seltsam erscheinen, dass ausgerechnet ich dies sage. Schließlich bin ich seit 20 Jahren Klimaaktivist und seit 30 Jahren Umweltschützer.

Aber als Energieexperte, der vom US-Kongress als Sachverständiger herangezogen und vom Weltklimarat IPCC als Gutachter des nächsten Klimaberichts eingeladen wurde, fühle ich mich verpflichtet, mich dafür zu entschuldigen, wie sehr wir Umweltschützer die Öffentlichkeit in die Irre geführt haben.

Hier sind einige Fakten, die nur wenige Menschen kennen:

* Der Mensch verursacht kein „sechstes Massenaussterben“.

* Der Amazonas ist nicht „die Lunge der Welt“.

* Der Klimawandel verschlimmert Naturkatastrophen nicht.

* Brände sind seit 2003 weltweit um 25 Prozent zurückgegangen.

* Die Landfläche, die wir für Fleisch verwenden – der größte Flächenverbrauch der Menschheitsgeschichte –, ist um eine Fläche zurückgegangen, die fast so groß ist wie Alaska.

* Nicht der Klimawandel, sondern die Zunahme von Holz als Brennstoff und mehr Häuser in Waldnähe erklären, warum es in Australien und Kalifornien mehr und gefährlichere Brände gibt.

* Kohlenstoffemissionen gehen in den meisten reichen Ländern zurück und sind in Großbritannien, Deutschland und Frankreich seit Mitte der 1970er Jahre rückläufig.

* Die Niederlande wurden reich und nicht arm, während sie sich an ein Leben unterhalb des Meeresspiegels anpassten.

* Wir produzieren 25 Prozent mehr Nahrungsmittel als wir brauchen, und die Nahrungsmittelüberschüsse werden weiter steigen, wenn die Welt wärmer wird.

* Der Verlust von Lebensraum und das direkte Töten von Wildtieren sind eine größere Bedrohung für die Artenvielfalt als der Klimawandel.

* Holz als Brennstoff ist für Menschen und Wildtiere weitaus schlechter als fossile Brennstoffe.

* Die Vermeidung künftiger Pandemien erfordert mehr, nicht weniger „industrielle“ Landwirtschaft.

Ich weiß, dass die oben genannten Fakten für viele Menschen wie „Klima-Leugnung“ klingen. Aber das zeigt nur die Macht des Klima-Alarmismus. Tatsächlich stammen die oben genannten Fakten aus den besten verfügbaren wissenschaftlichen Studien, unter anderem Studien, die vom Weltklimarat IPCC, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur und anderen führenden wissenschaftlichen Gremien durchgeführt oder akzeptiert wurden.

Einige Leser könnten meinen, dass ich ein rechtsgerichteter Anti-Umweltschützer sei. Das bin ich nicht. Mit 17 Jahren lebte ich in Nicaragua, um mich mit der sozialistischen Revolution der Sandinisten zu solidarisieren. Mit 23 sammelte ich Geld für guatemaltekische Frauenkooperativen. Mit Anfang 20 lebte ich im Amazonasgebiet und forschte mit Kleinbauern, die gegen illegale Landnahmen kämpften. Mit 26 half ich mit, die schlechten Bedingungen in den Nike-Fabriken in Asien aufzudecken.

Mit 16 Jahren wurde ich zum Umweltschützer, als ich eine Spendensammlung für das Rainforest Action Network veranstaltete. Mit 27 half ich, die letzten ungeschützten Mammutbäume in Kalifornien zu retten. In meinen 30er-Jahren setzte ich mich für erneuerbare Energien ein und trug erfolgreich dazu bei, die Obama-Regierung davon zu überzeugen, 90 Milliarden US-Dollar in sie zu investieren. Um einen starken Anstieg von Emissionen zu verhindern, arbeitete ich in den vergangenen Jahren dafür, Kernkraftwerke zu erhalten, damit sie nicht durch fossile Brennstoffe ersetzt werden.

Aber bis letztes Jahr habe ich es größtenteils vermieden, mich gegen die Klima-Panik auszusprechen. Das liegt zum Teil daran, dass es mir peinlich war. Immerhin bin ich des Alarmismus genauso schuldig wie andere Umweltschützer. Jahrelang habe ich den Klimawandel als eine „existenzielle“ Bedrohung der menschlichen Zivilisation bezeichnet und ihn eine „Krise“ genannt.

Vor allem hatte ich Angst. Ich schwieg über die Klima-Desinformationskampagne, weil ich Angst hatte, Freunde und Geld zu verlieren. Die wenigen Male, die ich den Mut aufbrachte, die Klimawissenschaft vor denen zu verteidigen, die sie falsch darstellen, hatte ich heftige Konsequenzen zu tragen. Und so stand ich meistens daneben und tat so gut wie nichts, wenn meine Mitstreiter im Umweltschutz die Öffentlichkeit in Angst und Schrecken versetzten.

Ich schwieg sogar, als Leute im Weißen Haus und viele in den Medien versuchten, den Ruf und die Karriere eines herausragenden Wissenschaftlers, Ehrenmannes und Freundes von mir, Roger Pielke jr., eines lebenslang fortschrittlichen Demokraten und Umweltschützers, der sich für die Kohlenstoffregulierung aussprach, zu zerstören. Warum haben sie das getan? Weil seine Forschung beweist, dass Naturkatastrophen nicht schlimmer werden. Aber dann, letztes Jahr, gerieten die Dinge völlig außer Kontrolle. Alexandria Ocasio-Cortez sagte: „Die Welt wird in zwölf Jahren untergehen, wenn wir den Klimawandel nicht bekämpfen.“ Großbritanniens profilierteste Umweltgruppe behauptete: „Der Klimawandel tötet Kinder.“

Der einflussreichste Öko-Journalist der Welt, Bill McKibben, bezeichnete den Klimawandel als die „größte Herausforderung, der sich die Menschen je gestellt haben“ und sagte, er werde „Zivilisationen auslöschen“. Mainstream-Journalisten berichteten wiederholt, dass das Amazonasgebiet „die Lunge der Welt“ sei und dass die Abholzung der Wälder wie eine explodierende Atombombe sei.

Daraufhin gab die Hälfte der im vergangenen Jahr weltweit befragten Menschen an, dass sie glauben, der Klimawandel werde die Menschheit aussterben lassen. Und im Januar erzählte eines von fünf britischen Kindern den Meinungsforschern, dass es Albträume über den Klimawandel habe.

Ob Sie nun Kinder haben oder nicht, Sie müssen erkennen, wie falsch das ist. Ich gebe zu, dass ich vielleicht besonders empfindlich bin, weil ich eine Tochter im Teenageralter habe. Nachdem wir über die Wissenschaft gesprochen hatten, war sie beruhigt. Aber ihre Freunde sind zutiefst fehlinformiert und verständlicherweise verängstigt.

Ich beschloss daher, dass ich meine Meinung offen aussprechen muss. Ich wusste, dass es nicht ausreichen würde, ein paar Artikel zu schreiben. Ich brauchte ein Buch, um alle Beweise richtig darzulegen. Und so kommt meine förmliche Entschuldigung für unsere Panikmache in Form meines neuen Buches „Apocalypse Never: Why Environmental Alarmism Hurts Us All“.

Es basiert auf zwei Jahrzehnten Forschung und drei Jahrzehnten Umweltaktivismus. Auf 400 Seiten, davon 100 mit Endnoten, behandelt „Apocalypse Never“ die Themen Klimawandel, Abholzung, Plastikmüll, Artensterben, Industrialisierung, Fleisch, Kernenergie und erneuerbare Energien.

Einige Highlights aus dem Buch:

* Fabriken und moderne Landwirtschaft sind der Schlüssel zur Befreiung des Menschen und zum ökologischen Fortschritt.

* Das Wichtigste für die Rettung der Umwelt ist die Produktion von mehr Nahrungsmitteln, insbesondere Fleisch, auf weniger Land.

* Das Wichtigste für die Verringerung der Umweltverschmutzung und der Emissionen ist der Wechsel von Holz zu Kohle, zu Benzin, zu Erdgas, zu Uran.

* 100 Prozent erneuerbare Energien würden eine Erhöhung der für Energieerzeugung genutzten Fläche von heute 0,5 Prozent auf 50 Prozent erfordern.

* Wir sollten uns wünschen, dass Städte, Bauernhöfe und Kraftwerke höhere und nicht niedrigere Energiedichten haben.

* Vegetarismus reduziert die eigenen Emissionen um weniger als 4 Prozent.

* Greenpeace hat die Wale nicht gerettet – der Wechsel von Walöl zu Erdöl und Palmöl schon.

* „Freilandrindfleisch“ würde 20 Mal mehr Land benötigen und 300 Prozent mehr Emissionen verursachen.

* Der Dogmatismus von Greenpeace verschlimmerte die Waldfragmentierung im Amazonasgebiet.

* Der kolonialistische Ansatz zur Erhaltung der Gorillas im Kongo führte zu einer Gegenreaktion, die zur Tötung von 250 Elefanten geführt haben könnte.

Warum wurden wir alle so in die Irre geführt? In den letzten drei Kapiteln von „Apocalypse Never“ decke ich die finanziellen, politischen und ideologischen Beweggründe auf. Umweltschutzgruppen haben Hunderte von Millionen Dollar von Interessenvertretungen für fossile Brennstoffe akzeptiert. Von antihumanistischen Überzeugungen motivierte Gruppen zwangen die Weltbank, nicht mehr zu versuchen, die Armut zu beenden, sondern stattdessen die Armut „nachhaltig“ zu machen. Und Statusangst, Depressionen und die Feindseligkeit gegenüber der modernen Zivilisation stecken hinter einem Großteil des Alarmismus.

Wenn man sich einmal bewusst wird, wie übel wir in die Irre geführt wurden, oft von Menschen mit schlichtweg unappetitlichen Motivationen, ist es schwer, sich nicht übertölpelt zu fühlen. Wird „Apocalypse Never“ Wirkung haben? Es gibt sicherlich Gründe, daran zu zweifeln. Die Nachrichtenmedien haben seit Ende der 1980er-Jahre apokalyptische Ankündigungen zum Klimawandel gemacht und scheinen nicht gewillt zu sein, damit aufzuhören. Die Ideologie hinter dem Umweltalarmismus – der Malthusianismus – wird seit 200 Jahren immer wieder entlarvt und ist doch mächtiger denn je.

Es gibt aber auch Gründe für die Annahme, dass der Umweltalarmismus, wenn er schon nicht sein Ende findet, doch zumindest an kultureller Macht verlieren wird.

Die Corona-Pandemie ist eine echte Krise, die die „Klimakrise“ relativiert. Auch wenn man der Meinung ist, dass wir überreagiert haben, hat Covid-19 weltweit fast 500.000 Menschen getötet und Volkswirtschaften zerschlagen.

Wissenschaftliche Organisationen wie WHO und IPCC haben durch die wiederholte Politisierung der Wissenschaft ihre Glaubwürdigkeit untergraben. Ihre künftige Existenz und Relevanz hängt von einer neuen Führung und ernsthaften Reformen ab. Fakten spielen nach wie vor eine Rolle, und die sozialen Medien lassen ein breiteres Spektrum an neuen und unabhängigen Stimmen zu, um alarmistischen Umweltjournalisten bei herkömmlichen Publikationen den Rang abzulaufen.

Die Nationen kehren offen zu Eigeninteressen zurück und entfernen sich vom Malthusianismus und Neoliberalismus – was gut für die Atomkraft und schlecht für erneuerbare Energien ist.

Die Beweise sind überwältigend, dass unsere Hochenergie-Zivilisation besser für Mensch und Natur ist als die Niedrigenergie-Zivilisation, zu der uns die Klimaalarmisten zurückbringen würden.

Die Einladungen des IPCC und des US-Kongresses sind Zeichen einer wachsenden Offenheit für ein neues Denken über den Klimawandel und die Umwelt. Ein weiteres Zeichen ist die Reaktion von Klimawissenschaftlern, Naturschützern und Umweltwissenschaftlern auf mein Buch. „,Apocalypse Never‘ ist ein extrem wichtiges Buch“, schreibt Richard Rhodes, der Pulitzer-Preisträger von „The Making of the Atomic Bomb“. „Dies ist vielleicht das wichtigste Buch über die Umwelt, das je geschrieben wurde“, sagt einer der Väter der modernen Klimawissenschaft, Tom Wigley.

„Wir Umweltschützer verurteilen diejenigen mit abweichenden Ansichten als wissenschaftlich ignorant und anfällig für Voreingenommenheit“, schrieb der ehemalige Leiter von The Nature Conservancy, Steve McCormick. „Aber allzu oft machen wir uns desselben Verhaltens schuldig. Shellenberger fordert eingefahrene Orthodoxien und starre, selbstzerstörerische Denkweisen heraus. ,Apocalypse Never‘ serviert gelegentlich scharfe, aber immer gut ausgearbeitete, evidenzbasierte Standpunkte, die uns helfen werden, den ,mentalen Muskel‘ zu entwickeln, den wir brauchen, um uns nicht nur eine hoffnungsvolle, sondern auch eine realisierbare Zukunft vorzustellen und zu entwerfen.“

Das ist alles, was ich mir beim Schreiben erhofft habe. Wenn Sie es bis hierhin geschafft haben, werden Sie mir hoffentlich zustimmen, dass es vielleicht nicht so seltsam ist, wie es scheint, dass ein lebenslanger Umweltschützer und Progressiver das Bedürfnis verspürte, sich gegen den Alarmismus auszusprechen. Ich hoffe ferner, dass Sie meine Entschuldigung annehmen werden.

 

Den englischen Originaltext finden Sie unter anderem hier.

Kommentierung und Übersetzung: Robert von Loewenstern

Zuerst erschienen auf der Achse des Guten.




Woher kommt der Strom? Stundenrekord

Nur gut 2 GW fehlten an den 100 Prozent. Das scheint nicht sonderlich viel zu sein. Also rechnen wir mal. Die installierte Leistung Windkraft gesamt liegt 2020 aktuell bei 61,67 GW. Die Windkraftwerke an Land und auf See produzierten am 4.7. 2020 um 14:00 Uhr 28,02 GW. Das sind 45,43 Prozent der installierten Leistung. Wie viele Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 3 MW (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und mehr) hätten zusätzlich vorhanden sein müssen, um die 2 GW, und damit die 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen? Bei angenommen 45,43 Prozent erzeugtem Strom aus der Nennleistung sind 2,2 Windkraftanlagen notwendig, um deren Nennleistung 3 MW faktisch zu erzeugen. Es wären bei 2 GW = 2.000 MW benötigtem Strom 2.000 / 3 x 2,2 = 1.467 Windkraftanlagen à 3 MW zusätzlich nötig gewesen, um die 100 Prozent zu erreichen. Da bekommen 2 GW schon ein ganz anderes Gewicht.

Hätte man – rein theoretisch – die an den 100 Prozent fehlenden 2 GW aus gespeichertem Grünen Wasserstoff gewinnen wollen, hätte es ursprünglich überschüssigen Windstrom gebraucht, der mit Hilfe von 10.672 Windkraftanlagen à 3 MW – Stromausbeute im Gesamtdurchschnitt 25 Prozent der Nennleistung – erzeugt worden wäre (Rechenweg: Abbildung 1).

Grundrechenarten und Dreisatz reichen oft aus

Günther Wirst hat im Zusammenhang mit meinen Ausführungen zur Elektromobilität einige Leserbriefe geschrieben, die unter Abbildung 2 zusammengefasst sind. Er belegt damit, dass man nicht unbedingt Experte sein muss, um eine Technologie zumindest überschlägig auf ihren Nutzen bezogen auf ein Ziel, hier die CO2-Ersparnis, zu beurteilen. Grundrechenarten und Dreisatz reichen oft aus, um sich ein Bild zu machen.

Die 27. Woche (Abbildung 3) brachte viel Strom aus erneuerbaren Energieträgern. So viel, dass der Strom zweimal verschenkt und einmal mit Bonus abgegeben werden musste. Unsere Nachbarn freute es. Und es gab selbstverständlich Phasen, in denen der benötigte Strom nach Deutschland importiert werden musste. Das freute unsere Nachbarn ebenfalls. Es wurden verhältnismäßig hohe Preise aufgerufen. Das Preisdifferenzgeschäft blühte.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart ergänzen die Charts der Agora-Energiewende. Die Im-/Exportwerte in und aus den einzelnen Ländern finden Sie für das bisher aufgelaufene Jahr hier, für die 27. Woche hier. Zusätzlich gibt es heute wieder die auf den realen Zahlen 2020 angenommene theoretische Verdoppelung der installierten Leistung Wind- und Sonnenkraft (Abbildung 4). Schauen Sie sich diese Auswertung bitte vor allem unter dem Aspekt der Größenordnungen an. Beachten Sie bitte, dass eine Terawattstunde = 1.000 Gigawattstunden = 1.000.000 Megawattstunden entspricht.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 28.6.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 63,55 Prozent, davon Windstrom 28,97 Prozent, Sonnenstrom 17,76 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,82 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Recht gleichmäßige Stromerzeugung der erneuerbaren Energieträger mit einer starken Mittagsspitze, kombiniert mit wenig Bedarf am Sonntag lässt den Strompreis gegen null fallen. Es muss nur wenig Strom per Saldo importiert werden. Der allerdings kostet. Eine gute Gelegenheit für Preisdifferenzgeschäfte. Frankreich, die Schweiz, aber auch Österreich profitieren. Der bundesdeutsche Stromkunde eher nicht.

Montag, 29.6.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 57,94 Prozent, davon Windstrom 26,19 Prozent, Sonnenstrom 17,46 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,29 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

War gestern der Strompreis am Vormittag noch moderat, bildet er heute dort eine erste Preisspitze für Importstrom. Über Mittag tendiert der Exportpreis gegen 20 €/MWh. Zum Abend die gegenüber dem Morgen etwas niedrigere Preisspitze. Wer importiert, wer exportiert? Hier klicken.

Dienstag, 30.6.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 67,13 Prozentdavon Windstrom 38,46 Prozent, Sonnenstrom 16,08 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,59 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Starke Windstromerzeugung, befriedigende Sonnenstromerzeugung führen dazu, dass der Strom über Mittag verschenkt werden muss. Bis auf den mittlerweile fast obligaten Vorabend/Abend erzeugt Deutschland seinen benötigten Strom selbst. Sonnenstrom fällt Zug-um-Zug weg, der Bedarf steigt etwas, der Wind gleicht es nicht ganz aus, die aufgedrehten Pumpspeicher auch nicht: Der fehlende Strom wird zu Höchstpreisen importiert. Vor allem die kleine Schweiz freut sich: Verkauft doch Strom zu hohen Preisen, den sie über Mittag geschenkt bekommen hat. Natürlich nicht denselben Strom. Das Geschäft funktioniert jedenfalls.

Mittwoch, 1.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,01 Prozent, davon Windstrom 24,09 Prozent, Sonnenstrom 16,79 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,14 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Wind- und Sonnenstromerzeugung lässt etwas nach. Morgens und abends muss Strom netto importiert werden. Nichts Neues also. Auch das Preisgefüge bleibt: Morgens und abends hohe Importpreise. Über Tag relativ niedrige Exportpreise. Heute profitieren mal die Niederlande.

Donnerstag, 2.7.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,80 Prozent, davon Windstrom 14,40 Prozent, Sonnenstrom 16,00 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,40 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wind- und Sonnenstromerzeugung lassen weiter nach. Die deutsche Stromerzeugung liegt über Tag auf Kante. Das Preisgefüge verändert sich kaum. Nur die aufgerufenen Preise verändern sich. Von 0:00 bis 05:00 sind die Strompreise generell niedrig, weil da der Bedarf am geringsten ist. Um 3:00 Uhr werden 27,20 €/MWh aufgerufen. Um 19:00 Uhr mit 52,65 €/MWh fast das Doppelte. Wer profitiert? Hier klicken.

Freitag, den 26.6.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,20 Prozent, davon Windstrom 19,20 Prozent, Sonnenstrom 18,40 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,60 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute wird bereits um 8:00 Uhr der Tageshöchstpreis mit knapp 50 €/MWh aufgerufen. Deutschland importiert vom 0:00 bis 9:00 Uhr per Saldo Strom. Erst ab 10:00 Uhr reicht die eigene Stromerzeugung. Der Preis sinkt. Um 16:00 Uhr bekommt Deutschland nur noch 24,22 €/MWh für den Exportstrom. Ab 18:00 Uhr wird wieder importiert. 27,24 € müssen bezahlt werden. Viel mehr wird es diesen Abend nicht. Bemerkenswert: Hauptlieferanten des Stroms für Deutschland sind heute die Niederlande und Dänemark.

Samstag, 27.6.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 68,49 Prozent, davon Windstrom 41,10 Prozent, Sonnenstrom 15,75 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,64 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute brummt die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger: Um 14:00 ein Stundenrekord. Fast erreichen die Erneuerbaren den Bedarf. Natürlich nur, weil der Bedarf relativ gering ist. Schließlich ist Wochenende. Dennoch. Irgendwann werden die 100% Bedarfsdeckung erreicht werden. Das wird einen Jubel geben. Fakt aber ist auch, dass die Erneuerbaren Energieträger Wind- und Sonnenkraft niemals eine kontinuierliche, sichere und hohe Stromerzeugung hergeben werden. Auch wenn sogenannte Virtuelle Kraftwerke die Koordination der vielen tausend dezentralen Einzelanlagen vornehmen.

Die Stromerzeugung schwankt, sie ist höchst volatil. Und wird es bleiben. Hinzu kommt, dass der Strom, der mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt wurde, die Preise in die Höhe treibt. Dieser Rekordtag ist dafür ein feines Beispiel. Praktisch verschenkt Deutschland den Strom von 9:00 bis 15:00 Uhr. Um 13:00 Uhr muss noch ein kleiner Bonus = 56.544 € mitgegeben werden. Die werden unter unseren hocherfreuten europäischen Nachbarn aufgeteilt.

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Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.

Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de