FREQUENZEINBRUCH AM 8. JANUAR

M. Großmann / pixelio.de

Der Beinahe-Blackout: Ursache, Wirkung und ein Blick in die Zukunft
von Frank Hennig

Vor einigen Tagen wären im nördlichen Teil Europas beinahe die Lichter ausgegangen. Die Ursache scheint nun gefunden. Sie war klein, aber die Wirkung groß. Entsprechende Meldungen dürften sich demnächst mehren.

TE berichtete als eines der ersten deutschen Medien überhaupt vom Frequenzeinbruch im nördlichen Teil des europäischen Stromnetzes am 8. Januar 2021. Nun gibt es ein erstes Untersuchungsergebnis: Relativ kleine Ursache – große Wirkung.

Der europäische Koordinator des Stromnetzbetriebes, ENTSO-E, veröffentlichte ein erstes Untersuchungsergebnis. Demnach hatte eine Störung an einer 400-Kilovolt-Sammelschienen-Kupplung im Umspannwerk Ernestinovo im Norden Kroatiens das Ereignis verursacht. Dadurch wurden die Stromflüsse über dieses Umspannwerk gestoppt und der Strom über benachbarte Leitungen geführt. Dort kam es dann zu Überlastungen. Die Leitung zwischen den serbischen Städten Subotica und Novi Sad fiel durch eine Überstromauslösung aus, es folgten im Dominoeffekt weitere 13 Leitungen. Die für solche Fälle vorgesehenen Regelungen der ENTSO-E funktionierten wie vorgesehen, so dass keine wirklich gravierenden oder dauerhaften Folgen auftraten.

Die größte mediale Beunruhigung trat im nahen Österreich auf. Der Netzbetreiber Austrian Power Grid (APG) forderte umgehend mehr Flexibilitätsoptionen sowie zusätzliche Netz- und Speicher-Optionen, auch „um die Volatilitäten der Erneuerbaren“ auszugleichen. Diese waren zwar am Ereignis unbeteiligt, deren weiterer Ausbau verschärft jedoch die Schwankungen im Netz.
Der österreichische Krisenexperte Herbert Saurugg rechnet mit einem Blackout innerhalb der nächsten fünf Jahre. Unterdessen soll Polen Deutschland aufgefordert haben, seine Kernkraftwerke (KKW) wieder in Betrieb zu nehmen.

Die Liste der am Ereignistag außer Betrieb befindlichen Kraftwerke ist lang: Beide Blöcke in Fessenheim fehlen (maßgeblich dem deutschen Druck geschuldet), das Kraftwerk Hamburg-Moorburg erkaltet seit dem 18. Dezember, im sächsischen Braunkohlekraftwerk Boxberg wie auch im tschechischen KKW Dukovany waren Blöcke in Reparatur, die KKW Philippsburg und Mühleberg in der Schweiz sind schon seit Ende vorigen Jahres dauerhaft außer Betrieb. Das Steinkohlekraftwerk in Heyden, „Gewinner“ der Ausschreibung zur Stilllegung und am Strommarkt nicht mehr zugelassen, war schon vor dem Ereignis auf Weisung des Netzbetreibers wieder in Betrieb gegangen. In Frankreich standen mehrere Kernkraftwerke in pandemiebedingt länger währenden Revisionen.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Nach deutschen Atom- und Kohleausstiegsgesetzen werden in diesem Jahr noch 4 Gigawatt (GW) KKW- und über 3 GW Kohlekraftwerksleistung dauerhaft vom Netz gehen.

Das Echo in Deutschland zum Ereignis am 8. Januar war sehr gedämpft. In einer Fragestunde im Deutschen Bundestag am 14. Januar äußerte sich Staatssekretärin Winkelmann-Becker dahingehend, dass langfristig Energieimporte nötig seien, also Wasserstoff aus Afrika und Chile, ein smart-Grid sei nötig und wir müssten uns „etwas einfallen lassen“. Beim Thema Wasserstoff müsse man forschen und vorankommen. Wer sich ihre Ausführungen im Original anhören möchte, kann das hier (vor allem von Minute 6:10 bis 10:30) tun.

Aber mit Sprüchen allein läßt sich kein Strom erzeugen.


Quellen:

https://www.entsoe.eu/news/2021/01/26/system-separation-in-the-continental-europe-synchronous-area-on-8-january-2021-2nd-update/

https://futurezone.at/digital-life/kettenreaktion-war-ursache-fuer-beinahe-blackout-in-europa/401169037

https://www.news.at/a/krise-herbert-saurugg-blackout-11551032

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

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11 Kommentare

  1. Tatsache bei diesem Ereignis in Kroatien war die schnelle und problemlose Reaktion der europäischen Netzüberwachung. In wenigen Sekunden wurde das südosteuropäische Netz vom restlichen Netz abgetrennt. Innerhalb weniger Sekunden war das restliche Netz wieder in den zulässigen Toleranzbereich der Netzfrequenz zurückgeführt. Ausschließlich Primärregelleistung war dafür nötig. Trotz einiger abgeschalteten Kraftwerke in Deutschland und Frankreich.Alle Regelmechanismen haben genauso funktioniert wie vorgesehen. Das zeigt deutlich, dass unser Stromnetz sehr sicher ist. Noch, denn nach Ende 2022 wird das nicht mehr so sein. Aber aktuell besteht kein Grund zur Sorge. Trotzdem wird von vielen Seiten, in sozialen Netzwerken und Blogs, leider bisweilen auch bei “EIKE“ Panik bezüglich der aktuellen Sicherheit der Stromversorgung, insbesondere wegen des Frequenzabfalls vom 8. Januar, geschürt. Das hat für mich das gleiche Niveau wie das Panik-Geschrei von Greta Thunberg. Allerdings mit dem einen Unterschied, dass Greta Thunberg überhaupt keine Ahnung von dem hat, worüber sie spricht. Sie verfügt weder über Kenntnisse in Physik, Strömungslehre, Klimawissenschaft noch Meereskunde.  Gegensatz dazu verfügen aber fast alle Panik-Schreihälse in Sachen Beinahe-Blackout über einschlägige Kenntnisse in Physik und Elektrotechnik und argumentieren somit ganz bewusst gegen Fakten, nur um ihrer politischen Agenda wegen. Noch schlimmer sind Politiker*Innen, die jede Abschaltung sicherer Kraftwerkskapazitäten ohne jegliche Alternative laut bejubeln und bei den ersten kleinen Problemen auf Nachfrage antworten: für die Zukunft “müsse man sich etwas einfallen lassen“. Im Klartext: Sie haben keine Ahnung von den Konsequenzen ihres Handels. Sie rechnen vermutlich damit, beim Eintreten größerer Probleme nicht mehr im Amt zu sein und überlassen deshalb ihren Nachfolgern den Scherbenhaufen. Wahrscheinlich sind sie trotz der Verantwortung für eine sichere Stromversorgung noch nicht einmal in der Lage Energie und Leistung zu unterscheiden.Wie geht es Ende 2022 weiter? Wenn gut 9 GW an Kernkraftwerksleistung und gut 10 GW an Kohlekraftwerksleistung abgeschaltet sein werden. Nun, selbst dann wird das Stromnetz mit ziemlicher Sicherheit an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden lang funktionieren. Auch bei Dunkelflaute. Allerdings müssen dann alle verbleibenden, konventionellen Stromerzeuger in Deutschland laufen und unsere europäischen Nachbarn mit wenigen GW Leistung stundenweise aushelfen.Problematisch wird das Ganze erst irgendwann zwischen 2023 und 2026. Dann sollen nochmals fast 20 GW an sicher (Kohle-)Kraftwerksleistung abgeschaltet werden. Ohne nennenswerten Ersatz. Bei der erstbesten Dunkelflaute werden dann die Lichter ausgehen. Da können auch die Nachbarn nicht mehr helfen. Soviel grenzüberschreitende Übertragungskapazitäten gibt es gar nicht. Es wird Tage dauern (natürlich erst nach dem Ende der Dunkelflaute) bis die Stromversorgung wieder hergestellt ist. Bis dahin wird es zu unvorstellbaren Szenen kommen, die Tausende das Leben kosten werden. Ja, ab 2026 ist wirklich Panik angesagt.Die Zeit bis dahin sollte man nutzen Vorräte anzulegen, ein Notstromaggregat zu beschaffen, das im Haus betrieben werden kann und vor allem aus seinem Haus eine einbruch- und überfallsichere “Burg“ zu machen.Was für Aussichten! So etwas passiert, wenn Leute nach Ideologien entscheiden und nicht durch fundiertes Fachwissen.

    • Herr Marinus

      Sie wollen doch wohl nicht behaupten das ein Energiespeicher mit einer Kapazität von 1,2 MWh oder besser 1200 KWh. Einen großen Anteil bei der Lösung dieses Frequenzabfalls geleistet hat.

      • Nur mal zur Information Herr Belling,

        ich habe nicht gesagt das 1,2 MWh die Lösung dieses Frequenzabfalls im Europäischen Verbundnetz sind.

        Meine Aussage ist das Akkuspeicher schneller als ein Konventionelles Kraftwerk auf Leistungsschwankungen reagiert und mit zusätzlicher Leistungsabgabe reagiert.
        Als Beispiel habe das verhalten vom PRL-Stromspeicher der Smart Power GmbH beim Störfall am 8. Januar gebracht.

        https://3pkem226sk6p252wx4117ivb-wpengine.netdna-ssl.com/wp-content/uploads/sites/4/2021/01/PRL-Antwort-Smart-Power.png

         

        grün: Netzfrequenz,

        gelb: kumulierte gelieferte Leistung der Smart Power-Speicher

        Die Leistung vom Stromspeicher ist um ca. 14:05 von -2,5MW innerhalb von nur wenigen Sekunden auf über +24MW angestiegen.

        Herr Belling kein Konventionelles Kraftwerk kann so schnelle die Leistungsabgabe erhöhen.

        Die rotierenden Schwungmassen der Generatoren können praktisch keine zusätzliche Leistung abgeben im GW Bereich.

        Mit X* kleinen und auch größeren Stromspeicher ist das aber möglich.

        • Herr Marius Frank,
          in Ihrem Diagramm wird nicht eine kumulierte gelieferte Leistung der Smart Power-Speicher gezeigt sondern
          der Frequenzverlauf im Nord-West Gebiet (grün) und Süd-Ost Gebiet(gelb) vom 08.01.2020.
          siehe
          https://www.entsoe.eu/news/2021/01/26/system-separation-in-the-continental-europe-synchronous-area-on-8-january-2021-2nd-update/

          Der Frequenzabfall wurde verursacht durch ein Leistungsdefizit von (ca. -6,3 GW) im Nordwestgebiet.
          Aufgrund der geringen Frequenz im Nordwesten kam es zu Lastabwürfen bei Großkunden in Frankreich und Italien von (insgesamt rund 1,7 GW).
          Dazu wurden automatisch 420 MW und 60 MW unterstützende Leistung aus den Synchrongebieten Nordic und Großbritannien aktiviert.
          Dazu kommen Kunden in der Größenordnung von 70 MW im Nordosten die keine elektrische Energie hatten.

        • Herr Marius Frank
          In Ihrem Diagramm wird nicht eine kumulierte gelieferte Leistung der Smart Power-Speicher gezeigt sondern
          der Frequenzverlauf im Nord-West Gebiet (grün) und Süd-Ost Gebiet(gelb) vom 08.01.2020.

          siehe
          https://www.entsoe.eu/news/2021/01/26/system-separation-in-the-continental-europe-synchronous-area-on-8-january-2021-2nd-update/

          Der Frequenzabfall wurde verursacht durch ein Leistungsdefizit von (ca. -6,3 GW) im Nordwestgebiet.
          Aufgrund der geringen Frequenz im Nordwesten kam es zu Lastabwürfen bei Großkunden in Frankreich und Italien von (insgesamt rund 1,7 GW).
          Dazu wurden automatisch 420 MW und 60 MW unterstützende Leistung aus den Synchrongebieten Nordic und Großbritannien aktiviert.
          Dazu kommen Kunden in der Größenordnung von 70 MW im Nordosten die keine elektrische Energie hatten.

    • Mein Angebot an die Schreibstube steht noch.

      Mit dem Kernkraftwerksstromdetektor koennen sie nicht nur sicherstellen, das sie solchen nicht beziehen muessen! Nein, dieser Detektor stellt krisensicher ihren Strom ab sobald kein Gruenstrom mehr im Netz vorhanden ist.

      Damit tragen auch sie zur Netzstabilitaet bei!

      Heute noch hier bei mir anfragen.

    •  
      Sehr geehrter Herr Marius Frank,
      dass von Ihnen verlinkte Bild entspricht leider nicht der Realität.
      Als Beweis habe ich Ihnen einen Screenshot ins Netz gestellt.Da sehen Sie,welche Leistung im europäischen Verbundnetz benötigt wird ,wenn eine Frequenzänderung herbeigeführt wird.https://tinyurl.com/yymbgs7fIm Automatik-Betrieb haben die teilnehmenden Kraftwerke (schwankt zwischen 40 bis 60 Teilnehmern) für die vier deutschen Bilanzkreise eine Gesamt PRL von 1600 MW.Die werden in Portionen von 5 bis 20 MW/sec ins Netz eingespeist,bzw. reduziert.

       

    • Süss, ist das die Frequenzkurve des vorgeschalteten Speichers für die smartpower Kaffemaschinen kombiniert  mit der Angabe der  davor passierenden Strommengen? Sie kleiner Schelm, Sie!

  2. Mal sehen, wenn es denn zu einem größeren Black—Out kommt, wer dafür von den leidtragenden Länder zur Verantwortung gezogen wird! Wenn Polen bereits will, dass BRD seine KKW weiterbetreibt! Womöglich kommen die zuerst mit Regressforderungen?

  3. „etwas einfallen lassen“   Eine zuverlässige Vermeidung von absehbaren zukünftigen Blackouts mit katastrophalen Folgen kann nur erreicht werden, wenn die Bürger sich „andere Politiker einfallen lassen“. Am Besten solche mit Wissen und Können als solche mit Ideologie. 

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