Immer mehr Aprilsonne über Deutschland – Fakten und Hintergründe
Zeitweise kalter Wind und eisige Nächte – die Schönheitsfehler im sonnigen April 2020
Trotz des vielen, wärmenden Sonnenscheins und des hohen Luftdrucks wird der April 2020 im Deutschland-Mittel bei weitem nicht so warm ausfallen, wie die Rekordmonate 2018, 2009 und 2007; so um die 10,3°C sind zu erwarten. Der Mittelwert kaschiert die in der oft klaren, trockenen, meist wolkenlosen Luft bitterkalten Nächte, und bei den häufigen, unter Hochdruckeinfluss erfolgenden Einbrüchen von Polar- oder Arktikluft aus Nord bis Nordost waren auch manche Tage trotz voller Sonne noch empfindlich kühl. Wieder einmal blieb die von der grünen Propaganda kolportierte Erwärmungswirkung des Kohlendioxids (CO2) aus. Den Verlauf der Nachttemperaturen an der DWD-Station Erfurt/Weimar zeigt folgende Grafik:
Ein Wetterkartenbeispiel verdeutlicht, warum dieser April teils empfindlich kühl, dürr und sonnenscheinreich verlief:
Ob auch die weitgehende Einstellung des Flugverkehrs im Zuge der „Corona-Krise“ diesen sonnigen, nachtkalten April begünstigt hat? Seit Mitte März, dem Beginn der Corona-Krise, sind viel weniger Cirrus-Wolken über Mitteleuropa zu beobachten. Das könnte, muss aber nicht zwangsläufig zur Nachtkälte beigetragen und die ein oder andere Sonnenstunde mehr gebracht haben, bedarf aber noch weiterer Untersuchungen und ist gewiss nicht die Hauptursache der hohen Temperaturschwankungen und des Sonnenscheinreichtums.
Die langfristige Entwicklung der April-Sonnenscheindauer
Im Gegensatz zu Lufttemperaturen und Niederschlägen, welche im Deutschland-Mittel (DWD) ab mindestens 1881 vorliegen, ist dies bei der Sonnenscheindauer erst seit 1951 der Fall. Aber schon dieser Datensatz zeigt die merkliche Zunahme der April-Sonnenstunden:
Bis immerhin 1893 zurück reicht der Datensatz aus Potsdam, welcher im Folgenden schwerpunktmäßig analysiert wird:
Sonnenscheindauer und Globalstrahlung
Zwar ist die Globalstrahlung, gemessen in J/cm², ein etwas genauerer Indikator für das Strahlungsklima eines Ortes oder einer Region, doch sind Daten hierfür noch viel rarer. In Potsdam liegt sie ab 1937 vor; anhand der engen Korrelation beider Messgrößen lässt sich die Brauchbarkeit der Sonnenscheindauer für weitere Untersuchungen nachweisen:
Die Entwicklung der Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen und die Zunahme der Sonnenscheindauer
In diesem Beitrag wurde schon ausführlich darüber berichtet, welche Telekonnektionen (Fernwirkungen) die Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen in Mitteleuropa und damit die dürre, fast stets zu sonnige Frühjahrswitterung begünstigt haben könnten; darauf soll hier nur am Rande eingegangen werden. In der Abbildung 5 ist die AMO zu sehen; hinzu kommen die stark nachlassende Sonnenaktivität, die NAO, die Ausdehnung des arktischen Meereises und die Temperatur- und Strömungsverhältnisse in der Stratosphäre sowie das ENSO-Phänomen. Bei allen Klagen über das momentane Extremwetter muss auf die schon immer vorhandene starke Neigung der Frühlingsmonate April und Mai zu Extremwetter im Jahresverlauf hingewiesen werden. Die Dominanz der Großwetterlagen mit nördlichem und östlichem Strömungsanteil im April 2020 erscheint vor diesem Hintergrund weitaus weniger dramatisch:
Doch welche Großwetterlagen begünstigen einen sonnigen April? Es sind alle so genannten antizyklonalen, also diejenigen, bei welchen Hochdruckeinfluss dominiert. Das DWD-Aprilmittel der Sonnenscheindauer wird hochsignifikant von der Häufigkeit dieser Wetterlagen beeinflusst:
Diese „Hochdruckwetterlagen“ herrschten auch im von Polarluft dominierten April 2020 vor. Doch anders als noch im letzten Märzdrittel mit teils noch strengen Nachtfrösten und kalten Tagen erwärmte die Aprilsonne die Luft tagsüber stark. Am Beispiel von Potsdam lässt sich der wärmende Einfluss der Aprilsonne langfristig belegen:
Anhand der Potsdam-Daten lässt sich sehr schön der langfristige Gleichklang zwischen der Häufigkeit der antizyklonalen Großwetterlagen, der Sonnenscheindauer und der relativen Luftfeuchtigkeit im April veranschaulichen; auf die Luftfeuchte werden wir später in anderem Zusammenhang nochmals zu sprechen kommen:
Es bietet sich geradezu an, neben den Großwetterlagen den Luftdruckmittelwert des Aprils zu betrachten:
Die Diskrepanz zwischen ausbleibender Häufung von Hochdruckwetterlagen, aber merklich steigendem Luftdruck und höherer Sonnenscheindauer in den etwa letzten drei Jahrzehnten illustriert die nächste Grafik:
Ob vielleicht der massive Ausbau der Windenergie in den letzten drei Jahrzehnten (er begann 1988) zum steigenden Luftdruck über Mitteleuropa und damit auch in Potsdam beitrug? Es zeigt sich folgender Zusammenhang:
Die Vorläufigkeit dieser Untersuchungsergebnisse muss betont werden; auch sind die gefundenen Korrelationen zwischen Anzahl der Windenergieanlagen (WEA) und dem Luftdruck in Potsdam mit 0,27 sowie der WEA-Anzahl und der Sonnenscheindauer (0,39) nur grenzwertig signifikant – Korrelationen können ohnehin kausale Zusammenhänge nur andeuten. Aber ähnliche, in diesem Falle negative Relationen zeigen sich auch zur Windgeschwindigkeit; diese nahm im April ab. Ob vielleicht mehr Staudruck durch die zahlreichen WEA und weitere Baumaßnahmen den steigenden Luftdruck mit verursacht hat? Zu den klimatischen Wetterlagen-Indikatoren, welche einen dürren, sonnenscheinreicheren April in letzter Zeit begünstigt hatten, gehören auch das abnehmende Zonalwindmittel und die ansteigende Höhenlage der 500-hPa-Fläche über Deutschland; leider liegen Daten dafür erst seit 1948 vor; doch der April 2020 wird die gefundenen Trends weiter verstärken:
Austrocknung der Landschaft durch Besiedlung und Nutzungsänderung – mehr Aprilsonnenschein
In zahlreichen Beiträgen zum Wärmeinseleffekt haben KOWATSCH/KÄMPFE/LEISTENSCHNEIDER die klimatischen Auswirkungen der zunehmenden Nutzungsänderungen in Deutschland beschrieben. Wohnungs-, Gewerbe- und Verkehrsanlagenbau, die Errichtung von Wind- und Solarparks, Meliorations- und Intensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft, aber auch Flussbegradigungen und weitere Veränderungen führten zu einem starken Rückgang intakter, für Wasser aufnahmefähiger Böden und Vegetationsflächen. Halbwegs brauchbare Daten für Deutschland zum Flächenverbrauch liegen erst seit den frühen 1990er Jahren in Form der so genannten „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ vor. Sie darf keinesfalls mit der absolut versiegelten Fläche verwechselt werden, für die es leider keine verlässlichen Daten gibt; sie zeigt aber doch den Trend zur massiven Landschaftsveränderung an. Die folgende Grafik kann daher lediglich andeuten, dass der massive Flächenverbrauch in Deutschland wesentlich mit zu trockenerer Luft und mehr Sonnenschein im April beigetragen hat:
Luftreinhaltung und Sonnenscheindauer
Die sehr medienwirksamen Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen die Feinstaubbelastung in deutschen Städten täuschen über die wahre Entwicklung hinweg – diese zeigt seit drei Jahrzehnten massive Rückgänge bei Emissionen und Immissionen aller Luftschadstoffe. Wie schon bei den Nutzungsänderungen, liegen verwertbare Daten zur Luftbelastung erst seit 1990 vor; bei den Immissionen gar erst seit 1995. Sowohl Emissions- als auch Immissionswerte sanken in den letzten drei Jahrzehnten also stark – unsere Luft wurde klarer, die Fernsicht größer, der Himmel blauer. Möglicherweise atmen wir heuer die sauberste Luft seit Beginn der Industrialisierung vor gut 150 Jahren. Die Summe der Emissionen von Staub, SO2 und NO2 betrug 2019 nur noch etwa 17% der 1990er Werte! Dabei verschwand der einst so dominante Luftschadstoff Schwefeldioxid (SO2) fast völlig aus unserer Luft. Aber der fehlende „Industriedunst“ hatte auch eine intensivere und längere Besonnung zur Folge, weil es erstens weniger Kondensationskeime für Wolken- und Nebelbildung gibt; und zweitens kann nun auch die tief stehende Morgen- und Abendsonne unverschleiert scheinen: