Im Würgegriff des hohen Luftdrucks – warum der Winter im Januar 2020 ausblieb
Fast ständig zu hoher Luftdruck – aber an der falschen Stelle
Während im Sommer Hochdruckwetter meist sonnig-warmes Wetter garantiert, bringt es im Winter trockene Kälte. Aber diese Regel gilt nur eingeschränkt. Denn sobald das Hoch dicht südwestlich, westlich oder nordwestlich von Deutschland liegt, strömt im Winter milde, im Sommer kühle, wolkenreiche Atlantik- oder Nordseeluft ein. Zwar jagte im Januar 2020 ein Winter-Hoch das nächste, aber sie befanden sich alle in der ungünstigen Position. Außerdem sorgten auch kurze Unterbrechungen durch West-, Südwest- und Nordwestlagen immer wieder für windige Phasen; da konnte sich die Luft nicht wirklich abkühlen. Ein weiterer Umstand muss noch erwähnt werden, denn im Winter gibt es zwei Arten von Hochdruckgebieten. Die dynamischen, hochreichend warmen hatten wir in diesem Januar; sie entstehen durch massive Warmluft-Advektion in höheren Luftschichten und können lediglich unterhalb einer mehr oder weniger kräftigen Inversion etwas Frost in bodennahen Luftschichten durch Ausstrahlung bringen. Die Kälte-Hochs, welche sich durch Ansammlung sehr kalter Luft in den unteren Luftschichten bilden, fehlten in diesem Januar, weil sich die troposphärischen Kältepole stets über Nordostkanada und in Nordasien befanden – viel zu weit entfernt von Mitteleuropa. Die folgenden Wetterkarten-Beispiele zeigen vier typische Wetterlagen-Situationen des Januars 2020:
Es hätte auch anders kommen können
Im Januar 2017 dominierte ebenfalls hoher Luftdruck unser Wettergeschehen, doch mit zwei entscheidenden Unterschieden. Erstens wurden damals die Hochdruckphasen durch kurze Einbrüche arktischer Kaltluft unterbrochen, und zumindest zeitweise lag das Hochzentrum nur 300 bis 500 Kilometer weiter nördlich, so dass sich die Kaltluft, welche bevorzugt Süddeutschland traf, länger halten konnte; der Einfluss von Atlantik und Nordsee war unterbrochen:
Man erkennt aus diesem Vergleich der Januare 2017 und 2020, wie schon geringe Abweichungen in der Lage der Druckgebiete zu großen Temperaturunterschieden führen können – ein wesentlicher Grund, weshalb Langfrist- und Klimaprognosen oftmals scheitern.
Sehr milder Januar 2020 – doch nicht überall
Wer in diesem Januar die Wettermeldungen verfolgte, bemerkte ein deutliches Temperaturgefälle zwischen dem extrem milden Nordosten und einem besonders nachts oft frostigen Südwesten Deutschlands. Denn während vor allem nordöstlich der Mittelgebirge fast stets wolkenreiche Nordsee- oder Atlantikluft einströmte und selbst während der Hochdruckphasen auch ein gewisser Wind die Abkühlung bremste, sorgten im Süden und Südwesten, stets näher am Hochzentrum gelegen, oft klarer Himmel und Windstille für ideale Ausstrahlungsbedingungen – hier zeigte sich eindrucksvoll, dass die hohe CO2-Konzentration die winterliche Ausstrahlung nicht bremsen kann. In den süddeutschen Flussniederungen entwickelte sich mitunter Nebel und Hochnebel, der dort auch tagsüber stellenweise für Dauerfrost sorgte, während auf den Bergen mildes, klares, sonniges Wetter herrschte.
Der milde Januar 2020 – eine Folge der Klima-Erwärmung?
Wer sich ernsthaft mit Meteorologie befasst, wird den merklichen Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte in Deutschland nicht leugnen; doch ist er eine Folge der steigenden CO2-Konzentrationen? Das muss man bezweifeln, denn in den Wintern fand praktisch die gesamte Erwärmung bis zum Ende der 1980er Jahre statt; danach erwärmten sich Dank längerer Sonnenscheindauer und häufigerer Süd- und Südwestlagen besonders die Sommerhalbjahre stark, während im Januar, wie auch im Winter insgesamt, keine Erwärmung mehr zu beobachten war:
Betrachtet man die deutschen Januartemperaturen seit dem regelmäßigen, flächendeckenden Aufzeichnungsbeginn (1881), so gab es sehr milde Monate gehäuft vor etwa 100 Jahren und in der Gegenwart:
Abbildung 5: Die Phasen gehäuft milder Januare wurden durch eine kältere Phase in der Mitte des 20. Jahrhunderts unterbrochen.
Und wer nun denkt, die gegenwärtige Nicht-Erwärmung im Januar sei auf Deutschland beschränkt, der irrt – auch in Zentralengland zeigt sich eine ähnliche Entwicklung, welche die spannende Frage aufwirft, ob die winterliche Klimaerwärmung seit gut 3 Jahrzehnten ausgereizt ist:
Weitere Aussichten: Warmjahr 2020?
Die Bauern-Regel „Januar milde, führt warmes Frühjahr und heißen Sommer im Schilde“ darf man nicht sprichwörtlich nehmen; dennoch hat sie einen wahren Kern. Dieser Januar wird auch eine überdurchschnittliche Höhenlage der 500-hPa-Fläche über Deutschland aufweisen, was in der Vergangenheit tendenziell, freilich bei großer Streuung, einen zu warmen Jahresrest (Mittel aus Februar bis Dezember) zur Folge hatte:
Und auch für den letzten Wintermonat, den Februar, sieht es, anders als 2018, momentan nicht nach tiefstem Winter aus; ein paar kältere Abschnitte sind freilich im Februar/März nicht völlig ausgeschlossen; doch zumindest für die erste Monatsdekade sehen die Mittelfrist-Modelle kaum Winter im Tiefland, und die Langfristmodelle sagen bei großer Unsicherheit einen merklich zu milden Februar vorher: