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Presseerklärung: Experten am Heartland Institute kommen­tieren die Genehmi­gung einer Anti-Kohlen­stoffsteuer-Resolution seitens des Kongresses

Das US-Repräsentantenhaus hat heute mit 229 zu 180 Stimmen eine von Senator Steve Scalise (Republikaner) eingebrachte Resolution gebilligt. Darin ist festgeschrieben, dass „der Meinung des Kongresses nach eine Kohlenstoffsteuer der US-Ökonomie diametral zuwider laufen würde“.

Die folgenden Kommentare von Energiepolitik-Experten am Heartland Institute – einer Denkfabrik des freien Marktes – untermauern diese Resolution.

Eine Steuer auf Kohlendioxid ist eine furchtbare Idee. Sie wäre ein Vernichter von Arbeitsplätzen. Sie basiert auf fehlerhafter Fake-Wissenschaft, betrieben durch Al Gore. Und sie würde das enorme Wachstum und den Wohlstand, den die Energiepolitik von Präsident Trump mit sich gebracht hat, zerstören.

Es ist jedoch nützlich, alle paar Jahre über die Einführung einer solchen Steuer abzustimmen. Dann kann das amerikanische Volk leichter jene in Washington ausmachen, sowohl im Kongress als auch anderswo, welche eine solche massive Steuererhöhung unterstützen“.

Tim Huelskamp, Ph.D.
President
The Heartland Institute
Dr. Huelskamp represented Kansas’ 1st District in the House of Representatives from 2011 to 2017.

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„Eine der größten Errungenschaften von Präsident Trump war es, den Krieg seines Vorgängers gegen fossile Treibstoffe zu beenden. Warum sollten dann die Republikaner im Kongress danach trachten, diese Errungenschaft rückgängig zu machen, indem sie einer unnötigen und ökonomisch verheerenden Kohlenstoffsteuer zustimmen? Allein schon der Gedanke ist absurd.

Einige Ökonomen akzeptieren närrischerweise unhaltbare Behauptungen, dass die Wissenschaft hinsichtlich Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels ,settled‘ ist. Dann verleihen sie ihre Namen und die Glaubwürdigkeit ihrer Karriere an Vorschläge wie die Kohlenstoffsteuer, welche dazu dienen soll, die ,Kohlenstoff-Verschmutzung‘ effektiv zu reduzieren. Die Wissenschaft ist nicht settled, und was noch wichtiger ist, selbst die effizienteste Art und Weise, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, ist um ein Vielfaches teurer als der Wert irgendwelcher Vorteile, welche sich aus einem geringfügig kühleren Planeten im Jahre 2100 ergeben würden.

Der Zeitpunkt, sich eine Kohlenstoffsteuer zu überlegen, war das Jahr 2009, als die Demokraten das Weiße Haus und beide Kammern des Kongresses beherrschten. Dieser Zeitpunkt ist vorüber. Die Agenda von heute ist es, die Arbeit zu vollenden, die Präsident Trump begonnen hat mit seiner Propagierung einer ,America First‘-Energiepolitik“.

Joseph Bast
Director and Senior Fellow
The Heartland Institute
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„Jedwede Steuer auf Kohlendioxid würde die Energiepreise unnötig steigen lassen. Bezahlbare Energie ist der Lebenssaft unserer Ökonomie, und der Kampf gegen bezahlbare Energie wäre eine ökonomische Geisterfahrt.

Die amerikanische Öffentlichkeit erkennt, dass die globale Erwärmung keine ernste oder unmittelbar bevorstehende Bedrohung ist. Darum auch rangiert das Thema globale Erwärmung in Umfragen unter der Bevölkerung ganz weit unten. Selbst für Menschen, die deswegen Bedenken haben, reduzieren die USA bereits Kohlendioxid-Emissionen schneller als jede andere Nation auf der Welt. Wir tun das ohne eine Kohlenstoffsteuer oder andere schädliche Programme von Big Government, welche von den Umwelt-Linken so lautstark gefordert werden.

James Taylor
Senior Fellow for Environmental Policy
The Heartland Institute
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„Die Zustimmung zur Anti-Kohlenstoffsteuer-Resolution von Steve Scalise ist eine gute Nachricht für die amerikanische Wirtschaft und das amerikanische Volk. Eine Steuer auf Kohlendioxid-Emissionen ist nichts weiter als eine sehr regressive Steuer auf Energie. Sie würde die US-Industrie nicht mehr konkurrenzfähig machen, und sie würde die Stromrechnungen für Hausbesitzer und Verbraucher teurer machen, während sie gleichzeitig keinerlei Auswirkungen ggf. auf die Verhinderung des Klimawandels hat – was auch unmöglich ist.

Das Verhalten des Kongresses ruft der Welt zu, dass die USA nicht anderen Ländern folgen werden auf dem abwärts führenden Weg schädlicher Energie-Restriktionen. Es ruft außerdem den US-Staaten zu, dass deren eigene Restriktionen bzgl. des Verbrauchs fossiler Treibstoffe nicht dazu führen werden, dass die [US-]Bundesregierung ihnen bei zunehmenden Problemen wie steigenden Energiepreisen helfen würden – kommen diese Restriktionen nun durch Steuern auf Kohlendioxid-Emissionen oder Vorschriften bzgl. des Verbrauchs fossiler Treibstoffe wie cap-and-trade“.

H. Sterling Burnett, Ph.D.
Senior Fellow, Environment & Energy Policy
The Heartland Institute
Managing Editor, Environment & Climate News
Link: https://www.heartland.org/news-opinion/news/press-release-heartland-institute-experts-comment-on-passage-of-anti-carbon-tax-resolution-in-us-house




Juli 2018 in Deutschland- kein neuer Rekordmonat

Dieser Juli war speziell im letzten Monatsdrittel von Hitzewellen geprägt, weil es Ableger des Azorenhochs immer wieder schafften, sich nach Mittel- und Nordeuropa auszubreiten; zeitweise entwickelten sich daraus kräftige Skandinavien-Hochs. Dieser Umstand erklärt auch, warum es in diesem Monat, trotz meist positiver NAO- Werte, kaum feucht-kühles „Westwetter“ gab:

Abbildung 1: Bodenwetterkarte vom 2. Juli 2018, 1 Uhr. Von einem kräftigen Hoch bei den Azoren reicht eine Hochdruckbrücke über Schottland und das nördliche Mitteleuropa zu einem weiteren Hoch über Nordosteuropa und versperrt der feucht-kühlen Atlantikluft den Weg nach Deutschland. Tiefer Luftdruck über Grönland, dem Nordwestatlantik und Südwesteuropa. Quelle: UKMO/Metoffice

Einen weiteren Grund für die Juli- Wärme 2018 zeigt die folgende Grafik – die Sonne schien an mehr als 300 Stunden und heizte kräftig:

Abbildung. 2: Enge „Verzahnung“ von Sonnenscheindauer und Temperatur. Sonnige Juli- Monate sind stets warm; die Sonnenscheindauer vermag mehr als 70% der Temperaturvariabilität seit 1951 zu erklären; in keinem anderen Monat besteht ein derart enger Zusammenhang. Die 2018er Werte können sich noch um ein bis zwei Zehntelgrad und um wenige Sonnenstunden ändern – an der Gesamtaussage ändert das nichts. In der Grafik wurden die Original-Werte in Index- Werte umgerechnet, um sie besser in einer Abbildung darstellen zu können.

Leider liegen Sonnenscheindaten erst seit 1951 für ganz Deutschland vor; aber aus Potsdam immerhin ab 1893:

Abbildung 3: Langfristige Zunahme der Juli- Sonnenscheindauer im Gleichklang mit der Lufttemperatur; das erklärt hier stattliche 70% der Juli- Temperaturvariabilität. Auch die AMO beeinflusst das Temperaturverhalten; in AMO- Warmphasen ist der Juli tendenziell wärmer. Werte bis 2017 verfügbar; Darstellungsweise wie in Abb. 2.

Eine andere Tatsache erklärt auch die langfristige Juli- Erwärmung in Deutschland- nämlich eine Häufigkeitszunahme erwärmend wirkender Großwetterlagen:

Abbildung 4: Langfristige Häufigkeitszunahme der warmen Großwettertypen Zentralhoch, Süd und Ost. Deren Häufigkeit vermag etwa 36% der Temperaturvariabilität des Juli in Deutschland zu erklären.

Zusammenfassung: Der 2018er Juli war dank einer hohen Sonnenscheindauer und vieler Hochdruckwetterlagen sehr warm, ohne es unter die drei wärmsten Juli- Monate in Deutschland seit Aufzeichnungsbeginn zu schaffen. Auch langfristig lässt sich nahezu die gesamte Juli- Erwärmung in Deutschland mit geänderten Großwetterlagenhäufigkeiten und einer längeren Sonnenscheindauer erklären; hinzu kommen wachsende Wärmeinseleffekte, auf welche hier nicht näher eingegangen wird.

Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher




„…trägt zum Klima­wandel bei“: einfach nur bedeutungs­lose Worte

In seiner Rede an der Georgetown University im Juni 2013 stellte Präsident Obama fest: „…der Planet erwärmt sich, und menschliche Aktivitäten tragen dazu bei“. Im Jahre 2011 sagte Chris Christie: „…der Klimawandel ist im Gange und die Menschen spielen dabei eine dazu beitragende Rolle“. Bei Anhörungen vor dem Kongress beteuerte Energieminister Rick Perry, dass menschliche Aktivitäten zum Klimawandel beitragen.

Tatsache ist, dass jedwede menschliche Aktivität zum Klimawandel beiträgt. Falls man eine Katze als Haustier hat, „trägt diese zum Klimawandel bei“. Wenn wir Zucker in unserem Körper verbrennen, erzeugen wir Kohlendioxid (CO2). Mit jedem Ausatmen setzen wir einhundert mal die Konzentration des in der Atmosphäre enthaltenden CO2 frei. Die wirkliche Frage lautet: „Wie groß ist der menschliche Beitrag im Vergleich zu natürlichen Faktoren?“

Das Klima der Erde ist erstaunlich komplex. Es wird gesteuert durch Gravitationskräfte unseres Sonnensystems, durch Strahlung von der Sonne sowie kosmischen Strahlen aus den Tiefen des Weltalls. Das Klima ist ein chaotisches, unabhängiges System der Atmosphäre, Biosphäre, Ozeane und Tiefsee. Das Klima durchlief Zyklen von Erwärmung und Abkühlung, von tropischen, gemäßigten und eisigen Zeitaltern während der gesamten Erdgeschichte. Der Klimawandel ist nicht nur real, er ist ewig.

Sonnenenergie steuert das gesamte Wetter auf der Erde. Sonnenlicht fällt direkt am Äquator und tropischen Regionen ein, wo viel Energie absorbiert wird. Sonnenlicht fällt indirekt auf die Polargebiete. Das Wetter der Erde – Sturmfronten, Hurrikane, der Strahlstrom und sogar Meeresströme – sorgt dafür, dass Energie aus den Tropen bis zu den Polen umverteilt wird.

Die Ozeane üben auf das Erdklima einen gewaltigen Einfluss aus. Der Golfstrom im Atlantik dominiert Wetter und Temperaturen in Europa. Der El Niño-Zyklus im Pazifik beeinflusst das Wetter weltweit. Die Ozeane enthalten 250 mal die Masse der Atmosphäre und können über 1000 mal mehr Wärme als dieselbe enthalten.

Aerosole sind ein bedeutender Faktor hinsichtlich des Erdklimas. Staub von Vulkanen, Wüstenstaub und Pollen gelangen in die Atmosphäre und beeinflussen das Klima. Und doch sind die heutigen Klimawissenschaftler besessen bzgl. des Niveaus atmosphärischen Kohlendioxids, obwohl dieses nur ein sehr geringer Teil des Gesamtbildes ist.

Kohlendioxid ist ein Spurengas. Nur vier von 10.000 Molekülen in unserer Atmosphäre sind CO2-Moleküle, und die Menge, welche die menschliche Industrie über die gesamte Erdgeschichte der Atmosphäre hinzugefügt haben, macht nur einen Bruchteil von einem der vier Moleküle aus.

Der Treibhauseffekt der Erde, also das Zurückhalten von Infrarotstrahlung durch Treibhausgase in der Atmosphäre, so heißt es, wird verstärkt durch Emissionen der Industrie, welche für eine vom Menschen verursachte globale Erwärmung verantwortlich gemacht werden. Aber selbst der Treibhauseffekt wird durch natürliche Faktoren gesteuert. Das dominante Treibhausgas der Erde ist weder Kohlendioxid noch Methan, sondern Wasserdampf. 70 bis 90% des Treibhauseffektes gehen auf Wasserdampf und Wolken zurück (hier).

Sogar der weitaus größte Teil des in der Atmosphäre enthaltenen Kohlendioxids ist natürlichen Ursprungs. Die Ozeane enthalten 50 mal die Menge Kohlendioxid wie in der Atmosphäre. Sie setzen unentwegt CO2 frei und absorbieren CO2. Wenn Pflanzen sterben, setzen sie CO2 frei, und absorbieren es, wenn sie wachsen. Vulkane über der Meeresoberfläche und etwa 10 mal so viele darunter emittieren kontinuierlich CO2 und andere Gase in die Umwelt.

Jeden Tag bläst die Natur etwa 20 mal so viel CO2 in die Atmosphäre wie die menschliche Industrie insgesamt und entfernt auch wieder in etwa die gleiche Menge daraus. Falls wir alle CO2-Emissionen zum Halten bringen könnten, würden wir vermutlich keine Änderung der globalen Temperaturen messen können.

Politische Führer und Nachrichten-Redaktionen verstehen, dass die Phrase „…trägt zum Klimawandel bei“ bedeutungslos ist. Also sollten sie doch gefälligst etwas Intelligenteres von sich geben!

Steve Goreham is a speaker on the environment, business and public policy and author of the book “Outside the Green Box: Rethinking Sustainable Development.”

Link: https://mobile.wnd.com/2018/07/contributing-to-climate-change-meaningless-words/

Übersetzt von Chris Frey EIKE




„Klimaschutzpionier“ Deutschland will Marschtempo erhöhen

Michael Limburg, EIKE,sprach mit dem Frankfurter Energieexperten Fritz Schreiner über den Neuaufguss des alten Plans.  

Limburg: Was sagt der Koalitionsvertrag zu Klimaschutz und Energiewende aus?

Schreiner:Die neue Regierungskoalition bleibt im Klimaschutz beim alten Endziel für 2050.Die von Menschen verursachten Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan, Lachgas und sog. F-gase) sollen bis dahin praktisch verschwinden (Treibhausgasneutralität) – gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Kohle, Erdöl, Erdgas (Dekarbonisierung). Ein kaum realisierbarer, sehr teurer und riskanter Plan.

Zwischenzeitlich will die neue Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) den bis 2020 nicht mehr zu vermeidenden Rückstand  bei der Reduzierung von Treibhausgasen wieder wettmachen.  Deshalb setzt sie die Zwischenziele für 2030 ein gutes Stück höher an als bisher. Sie will zusätzlich in den Sektoren Stromerzeugung, Verkehr, Industrie und Haushalte durch gesetzlichen Druck mehr Engagement durchsetzen. Nach ihrer Meinung muss ein Klimaschutz-Schrittmacher ein „erhöhtes Ambitionsniveau“ an den Tag legen.

Limburg: Wie soll das gehen? Können sie Beispiele nennen?

Schreiner:Hier drei Beispiele aus dem Sektor Energie. Aus jedem Beispiel kann man erkennen, dass die Risiken größerwerden, wenn man ein höheres Tempogehen will.

  • Beispiel 1: Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Braun- und Steinkohlekraftwerken

„Schnell weg mit den dreckigen CO2-Schleudern (Kohlekraftwerken)“, heißt die Losung im Jargon der Klimaaktivisten.  Ein Endtermin für den Kohle-Ausstieg soll von einer Planungs-Kommission mit dem klangvollen Titel „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (WSB)“ ausgearbeitet werden.

An der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Versorgung  waren 2017 Braunkohle-KW mit Anteilen von 24,3 %  und Steinkohle-KW mit 14,8 % beteiligt. Auf diese 39 % Kohlestrom soll Deutschland möglichst schnell verzichten – wie auch auf die 13 % treibhausgasfreien Atomstrom bis 2022. Als Folge gehört auch der Ausstieg aus dem Abbau der heimischen Braunkohle im Rheinland, in Mitteldeutschland und in der Lausitz dazu. Nach Branchenangaben sind bis zu 80.000 von der Kohle abhängige Arbeitsplätze betroffen. Für die betroffenen Regionen soll ein Fonds in Höhe von 1,5 Milliarden Euro eingerichtet werden „zur Bewältigung der sozialen Dimension dieses Wandels“. Die drei betroffenen Regionen sind sehr unterschiedlich strukturiert, so dass jeweils passende Schließungspläne entwickelt werden müssen. Gemessen an den Erfahrungen aus dem historischen Ausstieg aus der Steinkohle im Ruhrgebiet erscheint der Fonds zu knapp bemessen zu sein. Während China und Indien Hunderte von neuen Kohlekraftwerken bauen, geht die deutsche Politik mit einem schnellen Kohleausstieg hohe technische, soziale und beschäftigungspolitische Risiken ein.

  • Beispiel 2: Anteil des Ökostroms bis 2030 auf 65 % hochschrauben

210 TWh (Terawattstunden) Ökostrom wurden 2017 erzeugt. Das war ein Anteil von 38 % an der Nettostromerzeugung für die öffentliche Versorgung, die knapp 570 TWh betragen hat. Gleichzeitig  nahmen die Verbraucher 134 TWh aus Braunkohle und 82 TWh aus (importierter) Steinkohle ab. Dabei fielen CO2-Emissionen von insgesamt 240Mio t an, die baldmöglichst (?) vermieden werden sollen.

Wenn man bis 2030den gewünschten Öko-Anteil auf 65 % hochschrauben will, benötigt man +150 TWh Ökostrom mehr als 2017. Das ist etwa so viel, wie die heutigen rund 30.000 Windenergieanlagen mit ihren Netzanschlüssen  auf den von ihnen belegten Nutzungsflächen  erzeugen. Bei dieser Abschätzung wird unterstellt, dass durch die Elektrifizierung in den Sektoren Verkehr und Haustechnik und durch eine zu erwartende wachsende Bevölkerung der Gesamt-Strombedarf konstant bleibt. Rechnerisch würde man dann 165 Mio t CO2-Emissionen vermeiden.

Die noch verbleibende Lücke von 35 % oder 190 TWh müsste durch einen Mix von mehr Gaskraftwerken (heute 50 TWh), Kohlekraftwerken und importiertem Strom ausgefüllt werden. Ein Mix, dessen Zusammensetzung sich durch die Anforderungen an die Versorgungssicherheit ergibt.  Da es bis 2030 keine großen Langzeit-Stromspeicher geben wird, verbietet sich ein radikales „Aus“ für Kohlekraftwerke, da ihre für Dunkelflauten benötigte Back-up-Funktion dann fehlen würde und das Risiko eines Netzzusammenbruchs deutlich ansteigt.

  • Beispiel 3: Netzausbau und Netzstabilität

Die Erzeugung und Übertragung von Strom muss jederzeit synchron an den Bedarf der Verbraucher (die Last) angepasst sein. Das Netz kann keine Energie speichern. Eine alte Weisheit. Wenn zum Beispiel Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke im Süden Deutschlands abgeschaltet werden, muss Strom aus den Windanlagen in Norddeutschland zu den süddeutschen Verbrauchern transportiert werden – vorausgesetzt, dass im Norden ausreichend Wind weht und die „Nord-Süd-Stromautobahn“ endlich fertigestellt ist. In 2017 sind 1,3 Milliarden Euro für das Aufrechterhalten der Netzstabilität angefallen. Mit mehr Ökostromerzeugern an neuen Standorten in einer veränderten regionalen Zusammensetzung werden die Maßnahmen zum Anpassen, Verändern und Stabilisieren des Netzes umfangreicher, schwieriger und teurer.  Für ein stabiles Netz fehlen immer noch die bereits erwähnten großvolumigen Langzeit-Stromspeicher. Welche Speicher-Technologie in der Zukunft auch immer zum Einsatz kommen wird, sie wird erst nach 2030 verfügbar sein. Das Versorgungsriko nimmt zu, wenn die Netzanpassung  dem beschleunigten Zubau von Ökostrom-Erzeugungsanlagen bei gleichzeitigem Ausstieg aus konventionellen Kraftwerken hinterher hinkt. Ein Blackout in Deutschland hätte Auswirkungen in ganz Europa zur Folge.

Limburg: Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?

Schreiner:Der deutsche Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen beträgt 2,2 %. China führt die Rangliste der Emittenten mit einem Anteil von 28,2 % an, gefolgt von den USA mit 16 %. Während die USA im vergangenen Jahr weniger (!) Treibhausgase emittiert haben, ist dies zum Beispiel China und Indien nicht gelungen. Trotz oft gehörter gegenteiliger Bekundungen ist wirtschaftliches Wachstum nicht von den Treibhausgasemissionen zu entkoppeln. Wer wächst, der emittiert auch mehr.

Ein Exportweltmeister Deutschland kann sich keine Treibhausgasneutralität leisten. Würden die exportierten Waren im Ausland produziert, dann würden dort die Emissionen anfallen – wahrscheinlich höhere. Das deutsche BIP wäre dann aber kleiner. Wer kann sich denn so etwas wünschen?

Limburg: Was erwarten sie von der WSB-Kommission zum Jahresende?

Schreiner: Die WSB-Kommission ist mit 42 Mitgliedern, davon 24 Experten mit sehr unterschiedlichen Interessen, umfangreich besetzt – vielleicht zu umfangreich. Nach dem ökologisch-ökonomischen Profil der Experten könnte ein ideologisch geprägtes Konzept eher herauskommen als ein an verfügbaren technischen Voraussetzungen, Wirtschaftlichkeit und überschaubarem Risikoinhalt orientierter ausgewogener Plan, der Fehler der Vergangenheit korrigiert und sich mehr an der EU ausrichtet. Man wird sehen.

Deutschland will sich bei der nächsten Weltklimakonferenz im Dezember 2018 in Kattowitz mit seinem neuen Umweltschutzplan als „Welt-Klimaschutz-Pionier“ profilieren. Neben der Zusage geringerer Treibhausgas-Emissionen muss sich Deutschland auch über die Höhe der den „armen“ Ländern versprochenen Finanzmittel für die Adaptation an Klimaveränderungen äußern.

Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, bläst zum Sturm: „Der Prozess ist auf dem richtigen Weg, er muss aber noch deutlich an Geschwindigkeit zunehmen, damit wir in  Kattowitz zu einem Abschluss (?) kommen.“ Hoffentlich prescht Svenja Schulze in Kattowitz nicht mit Zusagen vor und überlässt es anschließend der WSB-Kommission, die von ihr dort abgegebenen Statements nachträglich zu bestätigen. Ein Beispiel, wie so etwas geht, kennt man vom Atomenergie-Ausstiegsplan, der von der Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ nachträglich gutgeheißen wurde.„Klimakanzlerin“ Angela Merkel hat der neu eingesetzten Planungskommission mit auf den Weg gegeben, dass sie höhere Anstrengungen im Klimaschutz als eine „Jahrhundertaufgabe“ betrachte. Damit hat sie eine steile Vorlage gegeben.

 

Limburg:Vielen Dank Herr Schreiner für ihre Einschätzungen. Warten wir ab, was die WSB-Kommission im Dezember abliefert.

 

Über Fritz Schreiner

Dipl.-Ing. Fritz Schreiner gehört zu den renommierten unabhängigen Energie-Experten in Deutschland. Der gebürtige Frankfurter hat an der TH Darmstadt sein Studium der Elektrotechnik absolviert. Viele Jahre arbeitete er als Vorstandsmitglied in Diensten des börsennotierten Frankfurter Messtechnik-Spezialisten Hartmann & Braun. Als Technik-Direktor war er danach für den Mannesmann-Konzern für die Planung und Kontrolle der F&E-Projekte und der Sachanlageinvestitionen tätig. Er berät Unternehmen der Mess-, Automatisierungs- und Elektrotechnik.