Deutschland brütet ein Windei aus

Wachtel-Windei, Bild Hühner-info

„..Die intuitive Erwartung einer deutlichen Glättung der Gesamtleistung in einem Maße, das einen Verzicht auf Backup-Kraftwerksleistung ermöglichen würde, tritt allerdings nicht ein. Das Gegenteil ist der Fall, nicht nur für ein einzelnes Land, sondern auch für die große Leistungsspitzen und -minima zeigende Summenzeitreihe der Windstromproduktion 18 europäischer Länder…
Auszug aus der Studie von VGB Powertech

von Manfred Haferburg

Eigentlich sollte es jedes Kind aus dem Physikunterricht wissen: Energie lässt sich nicht wenden. Aber der Physikunterricht ist wohl auch nicht mehr das, was er mal war. Meinungsumfragen zur Energiewende vermeidet die Politik ungefähr mit der gleichen Ängstlichkeit, wie solche zur Massenimmigration. Nur so lässt sich der Eindruck aufrechterhalten, dass die Mehrheit der Deutschen der Energiewende positiv aufgeschlossen gegenübersteht. Ob das wirklich so ist, weiß keiner. Fakt ist aber, dass die Bürger per Gesetz gezwungen werden, die von der Regierung gewollte Energiewende zu bezahlen. Bis zum Jahr 2025 müssen geschätzt rund 520 Milliarden Euro aufgewendet werden. Eine vierköpfige Familie zahlt somit direkt und indirekt über 25.000 Euro für die Energiewende.

Die „Energiewende“ ist in Wahrheit eine „Stromwende“, denn die Politik hat noch gar nicht richtig damit angefangen, auch die Transportenergie (Elektromobilität) und Heizungsenergie (Wärmedämmung) zu wenden. Das Ziel der Regierung bei der Stromwende ist derweil die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf 35 Prozent bis 2020, auf 50 Prozent bis 2030, auf 65 Prozent bis 2040 und auf 80 Prozent bis 2050. Dieses Ziel kann allerdings mit der gegenwärtigen Physik und Meteorologie nicht erreicht werden.

Beim Ausbau der Windenergie wird geklotzt und nicht gekleckert. Die installierte Nennleistung sämtlicher Windenergieanlagen in Deutschland hat sich in den letzten 16 Jahren, von Anfang 2001 bis Ende 2016, auf 50.000 Megawatt (MW) verachtfacht. In den 18 betrachteten europäischen Ländern, die Windenergie heute nutzen, erhöhte sich die Nennleistung im gleichen Zeitraum um das Zwölffache auf mehr als 150.000 MW.

Die Ingenieure Thomas Linnemann und Guido S. Vallana vom VGB-Powertech haben jetzt eine Studie erstellt und dafür fünf Millionen Datensätze über die europaweite Windstromproduktion der letzten Jahre ausgewertet: Thomas Linnemann, Guido S. Vallana: Windenergie in Deutschland und Europa Status quo, Potenziale und Herausforderungen in der Grundversorgung mit Elektrizität Teil 1: Entwicklungen in Deutschland seit 2010

Die ganze Studie inklusive der detaillierten Präsentationsfolien finden Sie hier:

Das Ergebnis dieser Studie ist ernüchternd und zeigt, dass eine der wesentlichsten Grundannahmen von der die Energiewender beim Ausbau der Windenergie ausgehen, schlicht falsch ist.

Grundannahme: Irgendwo ist immer Wind und daher wird die Leistung bei weiterem Ausbau immer stabiler, so dass am Ende keine Energiespeicher gebraucht werden. Man muss nur genügend Windräder aufstellen.

Richtig ist: der Wind weht nicht überall zur gleichen Zeit gleich stark. Das heißt, das das hundert Kilometer weite lokale Wetter darüber entscheidet, wieviel Strom die in diesem Bereich aufgestellten Windräder produzieren. Allerdings ist Europa viel grösser und demzufolge schwankt auch die Windstromproduktion nahezu chaotisch mit dem regionalen Wind – mal viel zu viel, mal eben fast nichts. Und es gibt so etwas wie „Großwetterlagen“.

Das Argument: „Irgendwo weht der Wind immer“ und die daraus abgeleitete Erwartung einer deutlichen Glättung der Gesamtleistung in einem Maße, das einen Verzicht auf Backup-Kraftwerksleistung ermöglichen würde, ist allerdings an Hand der realen Daten niemals eingetreten. Das gilt auch für die vielgepriesenen Offshore Windräder. Das Gegenteil ist der Fall, nicht nur für ein einzelnes Land, sondern für ganz Europa. Für das Jahr 2016 weist die entsprechende Zeitreihe (Stundenwerte) einen Mittelwert der Windstromproduktion von 33.000 MW und ein Minimum von weniger als 6.500 MW auf. Man bedenke: bei Windstille werden europaweit gerade mal 6.500 Megawatt von installierten 150.000 Megawatt Wind erzeugt. Dies entspricht trotz der europaweit verteilten Windparkstandorte gerade einmal 4 % der insgesamt installierten Nennleistung. Oder anders gesagt: von den 150 „Wind-Großkraftwerken von je 1000MW“ produzieren europaweit gerad mal noch sechs. Der Rest steht nur so rum und wartet auf Wind.

Die schlechte Nachricht ist: Windenergie trägt praktisch nicht zur Versorgungssicherheit bei und erfordert 100 % planbare konventionelle Backup-Kraftwerke.

Das heißt zu gut deutsch: wir werden auch bei noch viel umfangreicherem Windausbau den kompletten alten Kraftwerkspark brauchen und bezahlen müssen, da sonst die Lichter bei „Dunkelflaute“ ausgehen. Von der Dunkelflaute sind nämlich oft große Teile Europas gleichzeitig betroffen.

Für eine der nicht seltenen zweiwöchigen Dunkelflauten würde man zur Stromversorgung Deutschlands 21 Terawatt Stunden Speicherkapazität benötigen. Es existieren aber nur Speicherkapazitäten (Pumpspeicherwerke, alle anderen Speicher tragen gar nicht messbar bei) in einer Größe von 0,04 Terawatt Stunden. Um also diese zweiwöchige Dunkelflaute zu beherrschen benötigt man zusätzlich 17.500 Pumpspeicherwerke von je 200 MW, oder aber den kompletten konventionellen Kraftwerkspark von Kohle und Gas.

Und sollte wieder das Argument kommen: dann speichern wir eben überschüssige Windenergie als Gas, das dann die Versorgung bei Flaute übernimmt. Die Studie hat auch darauf eine Antwort. Die Kilowattstunde kostet bei diesem Verfahren auf Grund des grottenschlechten Wirkungsgrades mindestens 45 Eurocent, ohne Kosten wie Gewinn des Bertreibers, Netzentgelt und Steuern gerechnet, die locker diesen Preis nochmal verdoppeln. Wir reden also von einem Euro pro Kilowattstunde „Windstrom zu Gas“. Liebe deutsche Steuerzahler und Stromkunden – das gibt eine gigantische Eiskugelparty!

Link zum Fachtext der Studie: https://www.vgb.org/studie_windenergie_deutschland_europa_teil1.html?dfid=84459

Link zu den Präsentationsfolien (alle Fakten in grafischer Form) der Studie:

https://www.vgb.org/studie_windenergie_deutschland_europa_teil1.html?dfid=84458

Manfred Haferburg ist Autor des Romans „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.Anmerkung der Redaktion:

Auf diesen unleugbaren Umstand hat EIKE schon vielfach hingewiesen z.B. hier, hier oder hier

 

 

 

 

 

Manfred Haferburg ist Autor des Romans „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

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14 Kommentare

  1. Man kann nur hoffen, dass die politisch Verantwortlichen endlich mal solche Studien lesen, anstatt sich vom faktenbefreiten Gequatsche einer Claudia Kemfert einlullen zu lassen. Noch was zu den CO2-Emissionen: Hätten wir nicht unfreiwillig die äußerst energieintensive Produktion von PV-Modulen nach China “ausgelagert”, wäre die Energiebilanz der Energiewende noch katastrophaler!

  2. Wer hätte das gedacht, eine Glättung tritt nicht ein, wenn man positiv korrelierte Zufallsvariablen aufsummiert?!
    Die Energiewende basiert nun mal auf Lügen.

    • Richtig, es ist ein „optimistischer“ Wert, denn die tatsächlichen Kosten der Windstromerzeugung zum Wegschmeißen bei der Umwandlung in Wasserstoff und zurück sind letztendlich nicht berechenbar, weil die Auswirkungen von jeweils einer 5 MW Windmühle (Nennleistung, aber nicht die effektive) auf jeden Quadratkilometer in Deutschland nicht berechenbar ist. Jedes dieser Ungetüme braucht einen eigenen Kabelanschluß, Straßenanschluß, Wartung, Verschrottung und Elektrolyseeinrichtung. Aber das habe ich ja bereits schon alles mal ausgerechnet. Insofern ist der Wert von 1€ pro kWh nicht schlecht.

      • Um den Stromverbrauch in Deutschland von ca. 650 TWh pro Jahr mit Wind oder Sonne und Power to Gas to Power Speicherung sicher bereitzustellen bräuchte man:

        371 GWh installierte Windstromleistung (derzeit 46 GWh),
        oder 742 GWh Sonnenstromleistung (derzeit 43 GWh), oder einen Mix davon.

        Ein Übertragungsnetz, das 371-742 GWh Strom übertragen kann (derzeit ca. 90 GWh).

        Gigantische Anlagen zur Wasserelektrolyse mit nachgeschalteter Methanisierung, die pro Stunde bis zu 300-670 GW Überschussstrom verarbeiten können (derzeit nicht vorhanden).

        Gaskraftwerke mit einer Leistung von 85 GWh (derzeit 30 GWh) zur Versorgung bei Dunkelflaute.

        Das alles ist natürlich wirtschaftlicher Selbstmord mit Ansage und nicht zum Preis einer Kugel Eis zu bekommen. Merke, Grüne Utopien machen uns alle arm!

      • PS: 1 Euro oder was auch immer pro kWh sind dann die Produktionskosten, die man mit den Produktionskosten bei konventioneller Erzeugung von 1,5 Cent (Atomstrom) bis 5 Cent (Gas) vergleichen muss! Das ganze Staatsgedöns (Steuern, Abgaben, Umlagen), zusammen derzeit 52 % des Strompreises und die Netzentgelte, kommen da noch obendrauf.

  3. Eigentlich trivial (die Autoren mögen mir bitte verzeihen), denn ein kurzer Blick auf die europäische Wetterkarte ergibt das gleiche Ergebnis. Wird das Ganze um die Erkenntnis erweitert, das die Uhrzeit in Westeuropa fast auch überall gleich ist, so gilt das Ergebnis auch für die PV.
    BEIDE Stromerzeugungsarten sind nicht und werden niemals grundlastfähig – aber wem sage ich das?

  4. VGB PowerTech e.V. ist der internationale Fachverband für die Erzeugung und Speicherung von Strom und Wärme. Vereinssitz ist Essen/Deutschland.
    …..
    Erfreulich dass sich ein Fachverband gegen die „Energiewende“ ausspricht. Ihre Kollegen vom VDE, DKE und VDI glänzen ja durch Komplitzenschaft….

    • Sie irren, leider. Der Fachverband VGB war nie zu einer politischen Bewertung der Energiewende bereit Trotz „Murrens“ der Kraftwerksbetreiber über die ständigen Lastwechsel wegen Einspeisevorrangs des volatilen Wind- und PV-Stroms, trotz einer Vielzahl von Fachvorträgen und enstprechender Diskussionen in den Foren. Von der Verbandsführung wurde stets darauf verwiesen, daß eine politische Stellungnahme dem VDI vorbehalten bleibe, der aus Rücksicht auf die ihm zugehörigen Betriebe der Wind- und PV-Industrie sich kein Meinungsbild erlauben könne.

  5. Die Stromversorgung ist ein „Just in time“ Geschäft…

    Just in time deswegen, weil es

    1. die Funktion (Aufrechterhaltung) des Stromnetz erzwingt.
    2. der Verbraucher immer Strom braucht (rum um die Uhr).
    3. eine industriebasierende Wohlstandsgesellschaft zwingend darauf angewiesen ist

    Weder Wind noch Sonne noch Speicher können diesen „Just in time“ gerecht werden. Dies kann nur ein ausgeklügelter von Ingenieure erarbeiteter Stromgewinnungs- und Verteilungsplan. Also ein Plan der auf einer sicheren und zuverlässigen wie auch bezahlbaren Basis sich bewegt….dieser Plan ist ein Kraftwerksplan mit mehreren Kraftwerken über das ganze Land verteilt…so angeordnet, dass man die Kraftwerke nahe bei den großen Verbrauchern baut. Und um das ganze abzurunden und abzusichern baut man nicht nur einen Kraftwerkstyp sondern mehrere, die auch verschiedene Energieträger zur Umwandlung der Energie in Strom verwenden können…Kohle, Gas, Uran, Müll, Wasser.

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