ADELE: Druckluft im Großspeicher und heiße Luft in der Politik. Beides ist nicht zukunftsfähig.

RWE adele – ein speicher für grünen strom; Bild RWE

von Frank Hennig
Mit ADELE bezeichnete RWE das Projekt eines „adiabaten unterirdischen Druckluftspeichers“. Fachleute sprechen vom CAES (Compressed Air Energy Storage), aber „Adele“ merkt sich besser, klingt klassisch und seriös und passt in die Reihe der schönen neudeutsch konstruierten und meist euphemistisch angelegten Projektnamen (RWE neo, Global Exellence und Dolores – hier alles Sparprogramme – lassen grüßen).

 

Generell ist die Druckluft ein sehr hilfreiches und vielseitig einsetzbares Medium. Sie wird hauptsächlich als Förder-, Arbeits- und Steuerluft verwendet und hat so einige Vorteile. Sie ist relativ leicht zu erzeugen, betriebssicher, brandsicher, überlastsicher, stufenlos regelbar, unempfindlich gegen Kälte und gut speicherbar. Große Dieselmotoren als Antriebe oder in Notstromaggregaten werden durch gespeicherte komprimierte Luft gestartet und dieses Prinzip ist seit vielen Jahrzehnten bewährt. Warum wird sie nicht auch für die Stromspeicherung genutzt?

RWE Video zu ADELE

Wüstensturm und Blizzard

Hier führen Druckluftspeicher ein wenig beachtetes Nischendasein. Obwohl großtechnische Anlagen existieren, werden sie kaum gebaut und wenig genutzt. Die Wirkungsweise ist überschaubar: Elektrisch betriebene Kompressoren pressen Luft in große unterirdische Kavernen, zum Beispiel ehemalige Salzstöcke. Die in der Masse komprimierter Luft gespeicherte Energie kann bei Bedarf wieder in Elektroenergie zurückverwandelt werden, indem sie über Luftturbinen oder Luft-Gasturbinen-Kombinationen entspannt wird. Was so simpel klingt, ist in der Praxis leider mit einem schlechten Wirkungsgrad verbunden (um die 50 Prozent), weil die thermodynamischen Gesetze nicht umgangen werden können. Bei der Verdichtung der Luft erhitzt sich diese erheblich und gibt die Wärme an die Speicherumgebung ab. Wird die Luft später entspannt, kommt es zu drastischer Abkühlung und um die Vereisung der Turbine zu verhindern, muss die Luft per Gasbrenner erwärmt werden. In einer so genannten adiabaten Anlage – wie ADELE – würde die Wärme in keramischen oder Flüssigsalzspeichern geparkt und beim Entspannen wieder genutzt werden, was den Wirkungsgrad auf 70 Prozent treiben könnte.

Im niedersächsischen Huntorf errichtete man bereits 1978 eine Anlage mit 320 Megawatt Leistung und 640 Megawattstunden Kapazität. Drei Kompressoren für Nieder-, Mittel- und Hochdruck sorgen für die Einlagerung, eine Luft-Gasturbinenkombination verhindert die Vereisung beim Ausspeichern. Konkurrenzfähig ist die Anlage nicht, vor allem unter den gegenwärtigen Bedingungen am Strommarkt und im Vergleich zu den bewährten Pumpspeicherwerken. Die Anlage in Huntorf hat etwa ein Drittel der Kapazität und ein Zehntel der Leistung des größten deutschen Pumpspeicherwerks in Goldisthal (Thüringen), vor allem aber einen um etwa 30 Prozent schlechteren Wirkungsgrad. Wirtschaftlich ist das nicht darstellbar. Auch andere bestehende Anlagen in Alabama und Ohio sind bisher nicht weiter entwickelt oder nachgebaut worden.

Zurück zum ADELE: Im Jahr 2010 eröffnete RWE unter großer medialer Beachtung in der Nähe von Staßfurt (Sachsen-Anhalt) dieses Projekt. Die Politprominenz feierte den Start als Meilenstein für die Energiewende. Im Februar 2014 wurde das Projekt auf Eis gelegt, nur ein Spaten zur Aufstellung des Baustellenschildes war in die Erde gestochen worden. Die in den vier Jahren durchgeführten Aktivitäten bezogen sich ausschließlich auf Machbarkeitsstudien und vor allem auf die Ermittlung des Kostenaufwandes im Vergleich zu erwartenden Ergebnissen. Dann ging medial völlig unbeachtet der Daumen nach unten und aus der Hoffnung auf einen möglichen großtechnischen Einsatz von Druckluftspeichern in Deutschland ist die Luft erst mal raus.

Bisher gelingt es, auf die zunehmenden Schwankungen der ungeregelten tageszeit- und wetterabhängigen Einspeisung regenerativer Energieanlagen mit technischen Maßnahmen zur besseren Regelfähigkeit der konventionellen Kraftwerke zu reagieren. Waren früher 60 Prozent der Nennleistung als Minimum möglich, klappt die Lasteinsenkung heute teilweise auf 20 Prozent. Aber auch diese Flexibilisierung ist endlich, wenn fluktuierende Einspeisung ohne Rücksicht auf das Gesamtsystem Netz zugebaut wird. Wo die Grenzen liegen, ist unklar. Agora-Energiewende tritt dafür ein, zunächst andere Flexibilitätsoptionen zu nutzen, also „steuerbare Kraftwerke“ (als ob es diese nicht schon gäbe), besseres Lastmanagement (dasselbe unter Einbeziehung der Verbraucherseite) und Stromhandel (gibt es auch schon und die Handelspartner haben eigene Wünsche). Die Denkfabrik meint, dass deshalb für die nächsten 20 Jahre noch keine Speicher nötig seien. Andere favorisieren stärkeren Netzausbau und damit bessere Verteilung anstelle der Stromspeicherung. Dem widerspricht wiederum das DIW, das den Netzentwicklungsplan Strom schlicht für überzogen hält und in den Zwangsabschaltungen regenerativer Erzeuger und negativen Strompreisen offenbar kein Problem sieht.

Im Grunde bringen Stromspeicher keinen Mehrwert, sie werden nötiger durch die in Strom eingefangenen Launen der Natur. Sie sind wie ein Parkplatz, mit der Besonderheit, dass regelmäßig mindestens ein Drittel der dort abgestellten Fahrzeuge durch den schlechten Wirkungsgrad geklaut wird. Die Frage, wer das bezahlen soll, formulieren die solaren und windigen Freunde der Energiewende wolkig weg.

 

trial and error

DIW-Chef Fratzscher nennt die Energiewende ein Experiment. Experimenten ist eigen, dass ihr Ausgang schwer vorhersagbar und damit offen ist, sie dem Erkenntnisgewinn dienen und Scheitern möglich ist. Dies ist der Unterschied zu planvollem Vorgehen, wo – normalerweise – am Ende der Erfolg steht. An dieser Stelle bitte keine Flughafenwitze. In jedem Fall werden künftige Entscheidungen, ob und wie dieses Experiment angepasst oder abgebrochen wird, von außerordentlicher Bedeutung für unser Land sein.

Nachdem also aus der Zukunftshoffnung Druckluftspeicher die Luft raus ist, sah sich Kanzlerin Merkel kürzlich veranlasst, auf einem aus Monologen bestehenden CDU/CSU-Energiedialog den Forschern Druck zu machen. Sie rief diese auf: „Ran an den Speck und machen!“ Das erinnert an die genervte Lehrerin, die den unwilligen Kindern zum wiederholten Mal eine Aufgabe gibt, die diese nicht erfüllen wollen. Dabei ist diese schon als Rüge zu verstehende Aufforderung obsolet, denn geforscht wird ausreichend und vor allem parallel. Zahlreiche Unis, Hochschulen und Institute, Firmen und Forschungsverbünde forschen zum selben Thema, erhalten Bundes-, Landes- und andere Fördermittel und erreichen im Gleichschritt neue Erkenntnisse. Jeder hofft, wirklich Neues zu erfinden oder d i e Entdeckung zu machen, die die Energiewende über die Klippen hebt, wissenschaftliche Reputation bringt und natürlich Geld.

Paladin Kauder assistierte auf derselben Veranstaltung mit der Aussage „Wir hätten manches Problem nicht, wenn es uns gelänge, Strom zu speichern“. Eine Feststellung von außerordentlichem Neuigkeitswert. Sie wäre Anfang der 2000er in Form einer sich heute als treffend herausstellender Prognose neu gewesen.

Nach Angaben des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.) sind derzeit 1.832 Megawatt gesicherte, also konventionelle Kraftwerksleistung im Bau. Bis 2022 werden aber 26.038 Megawatt altersbedingt oder politisch veranlasst abgeschalten. Termine für die Inbetriebnahmen auch nur irgendeines Stromgroßspeichers irgendeiner Art gibt es nicht. Einige Forscher sehen dafür die Zeit ab 2030 als realistisch an.

Die Lageeinschätzung der Kanzlerin lässt einen nachdenklich werden. „Nicht jeder Generation ist es gegeben, solche technischen Umbrüche zu erleben und dabei zu sein, ist schön!“ Inwiefern es schön ist, ein bestehendes und noch sehr sicheres Energiesystem zu zerschlagen und durch ein Experiment zu ersetzen, führte sie nicht näher aus. Fragen zu Realitätswahrnehmung und ihrer physikalischen Ausbildung bleiben offen.

Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich der Ausgang des Experiments zeigt. Tief Luft holen, die Spannung steigt.

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15 Kommentare

  1. Wie bekloppt die CO2 Klimakirche agiert sieht man an folgendem Beispiel:

    Solar power for Essakane gold mine in Burkina Faso


    Eine vernüftige Ausschreibung für die benötigten Solarkabel konnte der Betreiber gar nicht bewerkstelligen! Wir liefern jetzt erst einmal für den konventionellen Energieteil, der Rest ist auf später vertagt. Neben einer Goldmine ein PV-Feld errichten, was für ein Schildbürgerstreich, und auch schon die Antwort wer an dem CO2 Hype verdient – die PV-Industrie die nicht weiß wohin mit ihrem PV-Schrott pflastert jetzt Afrika damit voll! Und die grünen Schlümpfe applaudieren, ein Irrenhaus, ein Öko-Irrenhaus….

  2. „Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich der Ausgang des Experiments zeigt. Tief Luft holen, die Spannung steigt.“

    Wieso? Der Ausgang steht doch bereits seit Beginn fest: Nicht machbar! Kann man mit dem simplen Dreisatz ohne höhere Mathematik berechnen.

  3. Das Zauberwort, auf den die Betreiber von konventionellen Kraftwerken warten, heißt „Kapazitätsmarkt“ und wird immer wieder gefordert. Diese Markt bezahlt die zur Verfügung gestellte Kraftwerksleistung die Inbereitschaft stehen, um fehlende Leistung zu ersetzen. Diesen Kapatätsmarkt gibt es z.b. in England. Ähnlich wie bei der Feuerwehr, die ja auch bezahlt wird wenn sie gerade keinen Einsatz fährt. Oder wie ein Fußballspieler auf der Ersatzbank. Auch er bekommt Geld und steht für den Einsatz zur Verfügung.

    Huntorf oder auch die von der RWE angestrebte Anlage „Adele“ stehen richtig wirtschaftlich gut da, wenn es diesen Kapazitätsmarkt gibt. Aber erst dann !

    Ich kann allerdings EIKE nicht ganz folgen. Uniper würde sich bei diesen wirtschaftlichen schwierigen Zeiten von Huntorf trennen. Sowie es momentan mit dem Gaskraftwerk Irrsching der Fall ist. Schließlich ist Uniper kein Wohlfahrtsunternehmen, sondern will Gewinne erzielen. Und gerade wo Minuspreise an manchen Tagen den Markt beherrschen, verdient Uniper daran 65 MW über den Generator an den Kompressor abzuführen, der die zwei Kavernen von 350.000 m³ auf ca. 65 bar mit Druckluft füllt. Für jedes MW verbrauchte MW gibt es dann richtig Geld.

  4. Dass immer wieder „olle Kamellen“ in neuem Gewand von unseren Co2/Klima-Abzockern vorgestellt werden, zeigt eigentlich von deren Hilflosigkeit.

    Das einzige was stimmt, der mit der Zipfelmütze bezahlt immer. Genau dieses ist der eigentliche und wahre Erfolg des Märchens, anthropogener Klimawandel, für dumme Erwachsene. Es ist wie bei der Zauberei, alle fallen immer wieder auf den gleichen Trick herein. Immer wieder, immer wieder ……….
    Der Rot-, Grün-, Gelb-, Schwarz‑Wähler (Einparteien System) schadet sich selbst und ist überzeugt, das wäre sein Gewinn.

    Da machst du nix, da staunst du nur.

    • Napoleon hat es auf den Punkt gebracht : „Die Deutschen sind das leichtgläubigste Volk ,sie glauben jede Lüge ,ist sie auch noch so grob gestrickt …. „

  5. Kauders Spruch „Wir hätten manches Problem nicht, wenn es uns gelänge, Strom zu speichern“. in leicht abgewandelter Form: „Wir hätten manches Problem nicht, wenn sich die Politiker vor wichtigen Beschlüssen über das Thema informieren würden.“

  6. Welch ein Glück bliebs nur beim Spatenstich? und der doch wohl nur theoretischen Ausarbeitung der Machbarkeit.
    Wie so man dazu allerdings vier Jahre braucht erschließt sich mir nicht.
    Mir hat ein Studium des Maschinenbau mit 1 Semester Vorlesung Thermodynamik gereicht um letzlich nichteinmal den Spatenstich: Für was? zu brauchen, nochdazu wenn es dazu ein bereits bestehendes Speicherkraftwerk gibt.
    Adele(eine hübsche Form der Absage zu einem Projekt zu halt nicht auf wiedersehen)
    Neulen, Holger
    … also gut getauft von RWE

  7. Danke sehr Herr Frank Hennig!

    Die Denkfabrik meint, dass deshalb für die nächsten 20 Jahre noch keine Speicher nötig seien.

    Ach ja, noch so’n Dinges was nicht geht? Also verlautbaren wir dass es nicht gebraucht wird, alles paletti, weiter machen mit den zwei Sprüngen über den Abgrund.

  8. Druckluft ist bekanntlich die teuerste Hilfsenergie in der Industrie. Und das hat Gründe. Ein schlechter Wirkungsgrad macht nichts? Falsch, dann schlagen die Dienstleistungskosten stärker ein.
    Man könnte in jeden Windmühlenmast einen Druckspeicher einbauen, oben aufpumpen, unten ablassen. Damit wäre eine MWh zu speichern, aber der Wirkungsgrad wird schlechter.

    Carsten

    Demagogie schlägt Demokratie

    • Generell korrekt.
      Druckluft ist nicht relativ leicht zu erzeugen, sondern vielmehr eine sehr aufwendig zu erzeugende und vorzuhaltende Hilfsenergie, die zweifelsfrei seine Vorteile hat, weswegen der Aufwand betrieben hat, allerdings eben auch entsprechend hohe Kosten verursacht.

      U.a. natürlich ein Grund, warum Druckluft im Bereich einer Stromversorgung für ein Industrieland, sofern diese kostengünstig erfolgen soll, irrelevant ist.
      Das ist jedem Techniker bekanntes Grundlagenwissen und das nicht seit gestern.
      Überhaupt auf derartige Ideen wie ADELE zu kommen, kann nur damit begründet sein, entsprechende Fördertöpfe zu aktivieren.
      Schade um die verlorenen Gelder für sinnlose Forschung.
      Es gäbe noch das eine oder andere sinnvollere Projekt, das allerdings leider nicht der nicht mehr der gängigen Konsenspolitik entspricht.

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