Schweizer Volksabstimmung zur Energiestrategie: Ein teurer Pyrrhussieg

Mit langem Atem gegen die Energiestrategie 2050
von Fred F. Mueller

Die Schweiz hat am vergangen Sonntag in einer Volksabstimmung über ihre künftige Energiepolitik entschieden. Nach jahrelanger Intensivberieselung der Bevölkerung mit Angstparolen – Angst vor „dem Atom“, Angst vor der „Klimakatastrophe“ – hat es eine Koalition aus Politik, profitorientierten Verbänden, „Umwelt“-verbänden sowie den ihnen hörigen Medien geschafft, das Volk zu einem sehr eindeutigen „Ja“ zu überreden. Doch Grund zum Jubeln haben weder das Volk noch die Verantwortlichen, denn letztere sind jetzt in der Pflicht, Dinge zu liefern, über deren Machbarkeit und Kosten sie sich eigentlich ebensowenig im Klaren sind wie die Bürger. Die Konsequenzen werden sich in den nächsten Jahren herausstellen und für die verantwortlichen Parteien schon bald als Fluch erweisen.

Windenergie in Schweizer Wäldern…

Was beschlossen wurde, ist nämlich nur Stückwerk ohne klare Ziele. Man hat sich in der für „grüne“ Politik typischen Art zur Vernichtung bestehender Lösungen entschieden, ohne eine zuverlässige, verfügbare und bezahlbare Technologie in der Hand zu haben, mit der man das Vorhandene ersetzen kann. Ab sofort gleicht die Schweiz bezüglich ihrer Energiepolitik einer Swissair-Maschine, die abgehoben hat, ohne zu wissen, ob es am Ziel überhaupt einen Flughafen geben wird. So hat man den Bau neuer Kernkraftwerke verboten, ohne klare Ziele zu haben, wie man die bestehenden KKW nach ihrem technischen Aus ersetzen könnte. Immerhin haben diese bisher knapp 40 % des Schweizer Stroms geliefert, während fast 60 % auf die Wasserkraft entfielen. Allerdings sind die Wasserkraftpotenziale der Schweiz damit auch schon weitgehend ausgereizt. Wesentliche Steigerungen liessen sich nur durch Raubbau an der Natur erzielen. Da die Wasserkraft zudem im Winter wegen des Einfrierens der Zuflüsse im Gebirge Kapazitätseinbussen hinnehmen muss, zeichnen sich vor allem für die Wintermonate Engpässe ab. Wie man diese überbrücken soll, ohne die CO2-Bilanz durch fossil befeuerte Kraftwerk zu verschlechtern, ist unklar.

Aus für die Kernkraft

Der Volksentscheid bedeutet das definitive Aus für die Schweizer Kernkraft. Der Bau neuer KKW wird verboten. Zwar sollen die aktuell noch fünf vorhandenen KKW zeitlich unbegrenzt weiterlaufen dürfen, solange ihr Betrieb als sicher eingestuft wird, doch ist bereits jetzt eines davon zur Stilllegung im Jahr 2019 vorgesehen. Da ihr Strom zudem nach dem Willen des Nationalrats zugunsten von Strom aus Wasserkraft von der Grundversorgung ausgeschlossen werden soll, könnte der Kernkraft schon verfrüht das wirtschaftliche Aus drohen. Wie man die Leistung dieser zuverlässig verfügbaren Stromproduzenten mit unzuverlässigem Strom aus Wind und Sonne ersetzen will, ist nicht geklärt.

Die als Alternative angepriesen Solar- und Windkraftwerke werden die landschaftliche Attraktivität der Schweiz unweigerlich zerstören. Es darf bezweifelt werden, ob sich dies positiv auf den bereits seit Jahren schwächelnden Tourismus auswirken wird. Der zur Förderung „erneuerbarer Energien“ erhobene Zuschlag auf jede Kilowattstunde wird zudem von 1,5 auf 2,3 Rappen pro kWh erhöht, was etwa 11-12 % entspricht.

Kosten?

Bezüglich der Kosten wurden die Argumente der Gegner der Energiestrategie (Kosten von CHF 200,- Mrd.) mit Hohn und Spott übergossen. Die Befürworter sprachen stattdessen von CHF 40,- pro Familie und Jahr. So etwas kennt man beispielsweise aus Deutschland, wo der Grüne Minister Trittin behauptete, das dortige EEG werde die Bevölkerung nicht mehr kosten als eine Kugel Eis im Monat. Heute zahlt der deutsche Michel bekanntlich dafür im Jahr 27 Mrd. €, und die Tendenz geht immer weiter nach oben.

Verschwiegen wird von den Befürwortern, dass der Verband Schweizer Elektrizitätsunternehmen bereits vor rund 6 Jahren die Kosten für eine Schweizer „Energiewende“ mit bis zu CHF 150 Mrd. bezifferte. Die heute von den Gegnern genannten CHF 200 Mrd. sind demnach realistisch. Allerdings ist es der Politik gelungen, den Verband mit Versprechungen und politischem Druck zu spalten, so dass er sich inzwischen zum Befürworter gewandelt hat. An der Korrektheit der damals von seinen Fachleuten ermittelten Zahlen ändert dies jedoch nichts. Rechnet man die 200 Mrd. auf 8,5 Mio. Einwohner um, so wird jeder Schweizer Bürger mit CHF 23.000,- zur Kasse gebeten, was pro Jahr CHF 713,- ergibt. Für eine vierköpfige Familie summiert sich dies auf total CHF 94.000,- bzw. auf jährlich CHF 2.852,- gut das 71fache der „amtlichen“ CHF 40,-.

Energieeinsparung?

Eine weitere Sollbruchstelle der Energiestrategie 2050 sind die Erwartungen bezüglich Minderung des Stromverbrauchs. Nur mit dieser angenommenen Verringerung lässt sich die Abschaffung der Kernkraft überhaupt rechtfertigen. Als Richtwerte gelten derzeit ein gegenüber dem Jahr 2000 um 16 % verringerter Energiebedarf bis zum Jahr 2020, bis 2035 sollen 43 % erreicht werden. Beim Strom liegen diese Zahlen bei -3 % resp. -13 %. Wie dies mit dem gegenläufigen Trend in anderen Industrienationen sowie mit der erwarteten Erhöhung des Anteils an stromfressender Elektromobilität im Verkehr zur Deckung zu bringen sein wird, dürfte sich noch als spannend erweisen. Vermutlich werden – ähnlich wie auch im grossen Vorbild Deutschland – die energieintensivsten Industrien in andere Länder abwandern. Man mag bezweifeln, dass sich dies positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken wird.

Naturschutz ade

Ein gerade in der Schweiz sensibler Punkt der Energiestrategie 2050 ist die Aufweichung des Naturschutzes zugunsten der „erneuerbaren Energien“. Deren Gewinnung ist künftig ein nationales Interesse, was die Errichtung in Naturschutzgebieten erleichtern wird. Zudem werden Klagemöglichkeiten dagegen deutlich eingeschränkt. Es wird spannend sein zu sehen, mit welchen Spagatübungen die angeblichen „Naturschützer“ und zugleich Befürworter der Energiestrategie 2050 wie WWF oder Greenpeace zu diesem Punkt demnächst aufwarten werden.

 

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Auch wenn diese Wahlrunde für die Gegner der Energiestrategie 2050 mit einer krachenden Niederlage ausgegangen ist, sollte man den Mut nicht sinken lassen. Das war angesichts der seit Jahren betriebenen Desinformationskampagne – z.B. durch die COOP-Zeitung an alle Haushalte, in der Schülern erklärt wurde, CO2 sei „giftig“ – kaum zu vermeiden. Doch jetzt müssen die Befürworter dieser Politik beginnen zu liefern, sie haben keine Ausreden mehr. Und 2020 ist nicht mehr gar so weit entfernt. Jetzt ist es an der Zeit, alles zu dokumentieren, was dem Volk so erzählt wurde, jeden Namen und jeden Spruch aufzuzeichnen und diese Leute und Organisationen in den nächsten Jahren damit ständig zu konfrontieren, wenn es mal wieder darum geht, dem Bürger wegen angeblich „unvorhersehbarer“ Kostensteigerungen in den Geldsäckel zu greifen. Es ist zu hoffen, dass sich dies in einigen Jahren nicht mehr besonders positiv auf politische Karrieren auswirken wird. Dafür gibt es ein historisches Vorbild: Schon in der Antike musste der Feldherr Pyrrhus die Erfahrung machen, dass manche Siege so teuer kommen, dass sie den Auftakt für künftige Niederlagen bilden.

Fred F. Mueller

 

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6 Kommentare

  1. Die Stimmbeteiligung war nur 42%. Der ganze Gesetzestext umfasst 48 (!) Seiten. http://tinyurl.com/l6dv56d
    Nicht überraschend, dass kaum jemand den ganzen Text gründlich gelesen hat. Lesenswert ist der Kommentar der NZZ, die dem Gesetz ablehnend gegenüber stand: http://tinyurl.com/nzz-energiegesetz
    Sollte das Gesetz mit den Subventions-Millionen wirklich greifen, dann werden sich die Zahler, d. h. die Konsumenten und Mieter sehr wundern.
    Danke und Gruss an Herr Mueller

  2. Die Achilisferse der Schweizer Stromerzeugung sind die 60% Wasserkraft…wenn die Jahre jetzt wieder Kälter werden und damit auch die Winter wieder frostiger und länger anhalten werden….woher kommt dann noch der Strom…aus Deutschland…wohl kaum…aus Italien…die sind selber auf Stromlieferung von Frankreich und der Schweiz angewiesen…somit wird mehr und mehr auf den Schultern der Französischen Kernkraft aufgeladen…..Dänemark, Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien….wir bekommen in den nächsten Jahren einen kompletten Kahlschlag in der Mitte Europas…einen Energie-Strom Kahlschlag….

    • Lieber Hr. Hofmann,

      es ist sogar noch schlimmer, denn das Klima in der Schweiz ist durch langjährig zurückgehende Niederschläge geprägt. Erkennbar ist dies u.a. an den immer lauteren Klagen der Schweizer Wintersportorte über rückläufige Schneehöhen. Dass dies zugleich zwangsläufig zu einem Gletscherschwund führt, scheint den Klimakatastrophenpropheten bisher noch gar nicht aufgefallen zu sein, da wird immer nur auf Erwärmung geschaut wie das Kaninchen auf die Schlange. Die Erwärmung gibt es zwar auch, weil weniger Wolken nun einmal mit mehr Sonnenscheindauer einhergehen, aber Schellnhuber und Konsorten sind dermassen auf „globale Temperaturerhöhung“ fixiert, dass denen solche „Kleinigkeiten“ gar nicht mehr auffallen. Weniger Niederschlag heisst aber eben auch weniger Wasser und damit weniger Strom.
      Ausserdem will Macron in Frankreich ja rund ein Drittel seiner Kernenergieerzeugung stilllegen und diese durch „EE“-Strom ersetzen. Vielleicht sollte man bei britischen Buchmachern mal nach den Wettquoten für die Schweizer Stromzukunft anfragen…

      Mfg

      • @Fred F. Müller
        Auch wenn Macron nicht ein Drittel der Kernkraftwerke in Frankreich still legen kann, wird es in Frankreich doch einen verringerten Stromausstoß in den nächsten Jahren geben…die EdF will nämlich ihre, in die Jahre gekommene Kernkraftflotte, überholen lassen. Heißt im Klartext…so oder so wird es einen Eingriff im französischen Stromerzeugungsmarkt in den nächsten Jahren geben, der dazu führt, dass eben nicht mehr sondern weniger Strom auf dem Markt verfügbar sein wird.
        Die Niederlande und Belgien haben schon mal vorsichtshalber ihre Kernkraftflotte aufgerüstet um für die Zukunft „Sturmfest“ gewappnet zu sein. Auch Tschechien, die Slowakei und Polen, Ungarn haben sich für die Zukunft wetterfest gemacht.

    • Auf die französische Kernkraft wird sich die Schweiz demnächst aber auch nicht mehr verlassen können , denn „die Energiewende will Macron mit weiteren 15 Milliarden Euro vorantreiben und die Fokussierung Frankreichs auf die Kernkraft verringern. Davon würde der Wirtschaftszweig der erneuerbaren Energien erheblich profitieren. “ http://tinyurl.com/n8w9bzq

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