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Indoktrination von Grundschulkindern – ein Erlebnisbericht

Ich bin ehrenamtlich als Hausaufgaben-Betreuer für Grundschulkinder mit Migrationshintergrund tätig, vier mal pro Woche. Dazu gebe ich in bedürftigen Fällen auch privat ehrenamtliche Nachhilfe, auch in höheren Klassen aller drei Schulzweige.

Aber zurück zur Grundschule. Vor einigen Wochen zeigten mir Drittklässler einen Arbeitsbogen zum Thema Energiesparen. Das schadet nun gar nichts, den Kindern klarzumachen, dass Energie nicht einfach so da ist, sondern erzeugt werden muss. Aber auf dem gleichen Arbeitsbogen wurde das CO2 als Giftstoff bezeichnet, dass es auf jeden Fall zu vermeiden gilt – ohne weitere Anmerkungen.

Nun sind die Themen Energie und auch Klima viel zu umfang- und facettenreich, um im Vorübergehen abgehandelt werden zu können. Aber mir ist sofort die Idee gekommen, die gesamte Problematik auf diesen einen Punkt zu konzentrieren. Es ging und geht mir dabei um das Prinzip von Indoktrination. Dabei gehe ich von folgender „Arbeitsdefinition“ aus: „Zu einem (politisch) unerwünschten Thema nur die Nachteile zu nennen, ohne auch die Vorteile zu erwähnen; bzw. zu einem (politisch) erwünschten Thema nur die Vorteile, nicht aber auch die Nachteile zu erwähnen, ist Indoktrination“. Und Kinder, vor allem im Grundschulalter, sind unglücklicherweise für diese Indoktrination sehr anfällig.

Aber genug der Vorrede. Aufgrund des Arbeitsbogens habe ich an den Rektor der Grundschule die folgende E-Mail geschrieben:

Gesendet: Mittwoch, 26. April 2017 09:31
An: XXX-Grundschule
Betreff: Bitte um ein Gespräch mit Herrn Rektor YYY

Sehr geehrter Herr YYY,

mich hat inzwischen ein Dilemma eingeholt, dem zu entkommen ich nach meinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst gehofft hatte. Ein Schüler der dritten Klasse hat mir einen Arbeitsbogen gezeigt, auf dem das CO2 als Giftstoff bezeichnet wird, das zu erzeugen unbedingt vermieden werden muss.

Nun ist es aber so, dass ohne CO2 keinerlei Leben auf der Erde möglich ist. Eine Entfernung des CO2 aus der Luft hätte in kürzester Zeit das Aussterben sämtlichen Lebens auf der Erde zur Folge. Sie würde wüst und kahl werden wie der Mond. Wie kann man dieses für unser aller Leben so wichtige Spurenelement, von dem es erschreckend wenig in der Luft gibt (0,04% oder 4 von 10.000 Teilen) als Giftstoff bezeichnen?

Nur – was soll ich den Kindern nun sagen? Die Indoktrination (Giftstoff) kann und will ich nicht mittragen. Das Faktum jedoch (lebensnotwendig!) kann ich nicht sagen, weil die Kinder dann eventuell Ärger bekommen. Gar nichts sagen ist aber auch keine Lösung, den implizit leiste ich damit der Indoktrination Vorschub.

Darf ich darüber mal mit Ihnen sprechen? Wie kann ich/kann man dieses Dilemma, vor dem ja auch die LehrerInnen stehen, lösen?

Freundliche Grüße

Chris Frey, Hausaufgaben-Betreuer und Lesepate

Weil die Kopie des erwähnten Arbeitsbogens oben nur unvollständig dargestellt werden kann, folgt hier das Bild noch einmal vollständig:

Bild: Auszug aus dem Arbeitsbogen für die 3. Klasse. Dick unterstrichen von mir.

Die Antwort des Rektors ließ etwas auf sich warten, kam aber dann doch, und zwar mit folgendem Wortlaut:

Lieber Herr Frey,

leider bin ich als Schulleitung nicht die Stelle, welche Ihr Problem lösen könnte.

Im Bildungswesen gilt Länderhoheit. Das bedeutet, das Staatsministerium bestimmt die Lehrpläne und genehmigt ebenso die Zulassung der Lehrmittel von den Schulbuchverlagen für den Unterricht. Wie in anderen Bereichen auch, gibt es zu manchen Themen sicher unterschiedliche Ansichten; oft ist sich ja nicht einmal die Wissenschaft einig. Wenn Sie das von Ihnen beschriebene Dilemma als so belastend empfinden, rate ich Ihnen, dies in den Raum zu stellen und ansonsten keine Aussage zu treffen, die Sie in eine unzufriedene Lage bringt.

Von schulischer Seite aus sei gesagt, dass wir dem Lehrplan verpflichtet sind und in der Leistungsmessung Lernziele auch nur lehrplangemäß überprüft und bewertet werden können.

 

Ich hoffe, Ihnen damit weiterhelfen zu können und verbleibe mit freundlichen Grüßen

 

Rektor

YYY

Diese Mail des Rektors lässt sich kurz zusammenfassen: die Schule ist der falsche Ort, diese Problematik zu erörtern. Nun ist das sehr leicht nachvollziehbar, denn er hat ja die Lehrpläne nicht gemacht. Mein Dilemma war dadurch aber nicht gelöst, und die Problematik kommt ja fast jeden Tag in irgendeinem Zusammenhang zur Sprache. So habe ich Folgendes an den Rektor zur Antwort geschrieben:

Sehr geehrter Herr YYY,

damit lassen Sie mich mit meinem Problem allein.

CO2 ist eine der drei tragenden Säulen des Lebens auf unserer Erde, und ich bin erschrocken und entsetzt, dass man den SchülerInnen diese einfache Tatsache, die wir alle auch in der Schule gelernt haben, nicht vermitteln kann, ohne Ärger zu bekommen.

Mir ist schon klar, dass Sie nicht die richtige Stelle sind, und ich werde dem Kultusministerium schreiben. Aber das Ganze erinnert mich an die Art Propaganda, die in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts so furchtbare Folgen nach sich zog.

Ich werde alle Kinder bei der Hausaufgabenbetreuung, die mit entsprechenden Arbeitsblättern/Aufgaben zu mir kommen, an meine KollegInnen verweisen. Ich werde in keiner Weise den Kindern Tatsachen nahebringen, die im Widerspruch zur Doktrin stehen. Diesbezüglich bitte ich Sie um ihr Vertrauen. Wenn diese Kinder später groß werden, dürften sie schon selbst herausfinden, wie es wirklich ist.

Freundliche Grüße Chris Frey

Den Worten habe ich Taten folgen lassen und tatsächlich an das Kultusministerium meines Bundeslandes geschrieben. Da gab es nur ein Kontaktformular, aber keine E-Mail-Adresse. Deshalb kann ich hier nur sinngemäß die einfache Frage wiedergeben, welche ich dem Ministerium gestellt hatte (das Brimborium darum herum lasse ich mal weg):

Sehr geehrte Damen und Herren,

warum wird den Kindern in der Grundschule gesagt, dass CO2 ein Giftstoff ist? Haben wir nicht alle in der Schule gelernt, dass ohne dieses CO2, von dem es auch nur so erschreckend wenig in der Luft gibt, keinerlei Leben auf der Erde möglich ist? Warum darf man den Kindern diese Tatsache (!) nicht sagen, ohne Ärger zu bekommen?

Nun ist mein Vertrauen in die Politik im Allgemeinen und in diesem Falle im besonderen nicht allzu groß. Ich habe auch gar nicht mit einer Antwort gerechnet. Aber zwei Wochen später kam doch eine, und man lese und staune:

Sehr geehrter Herr Frey,

vielen Dank für Ihr Schreiben.
Eine umfassende eigenständige unterrichtliche Behandlung des Themas Kohlenstoffdioxid als chemische Verbindung ist nicht Inhalt des Fachlehrplans Heimat- und Sachunterricht.
Es ist jedoch möglich, dass die unterrichtliche Auseinandersetzung mit verbindlichen Lehrplaninhalten eine didaktisch reduzierte Beleuchtung der Thematik impliziert. So ist im LehrplanPLUS Grundschule beispielsweise verbindlich enthalten, dass die Schülerinnen und Schüler verschiedene Methoden der Stromerzeugung unterscheiden und deren Vor- und Nachteile beschreiben. Im Rahmen dessen könnte u.a. das Kohlekraftwerk als eine Methode der Stromgewinnung thematisiert und die damit verbundenen Kohlenstoffdioxid-Ausstöße kritisch beleuchtet werden.
Die Thematisierung von Kohlenstoffdioxid als chemische Verbindung ist verbindlicher Inhalt der Lehrpläne der weiterführenden Schulen.

Da die Umsetzung der verbindlichen Kompetenzerwartungen und Inhalte in pädagogischer Verantwortung der jeweiligen Lehrkraft erfolgt, bitten wir Sie, sich zur Klärung Ihres Anliegens zunächst vertrauensvoll an die Lehrkraft zu wenden.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

An dieser Antwort ist Einiges bemerkenswert. Zuallererst natürlich die Feststellung, dass man mit keiner Silbe überhaupt auf meine Frage eingegangen ist. Die angesprochenen verschiedenen Formen der Energieerzeugung gab es natürlich, aber immer mit dem Unterton „Wind und Sonne hui, Kohle und Öl pfui!“.

Na schön, auch diese Herrschaften im Ministerium können sich wohl der herrschenden Doktrin nicht entziehen. Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Problematik empfand ich jedoch den letzten Satz als eine Frechheit, heißt es doch, ich solle mich zur Klärung meines Anliegens vertrauensvoll an die Lehrkraft wenden.

Fazit: Ich werde also so vorgehen, wie ich dem Rektor der Schule in meiner ersten Antwortmail versprochen habe. Auch die Ehrenamts-KollegInnen bei der Betreuung, mit denen ich natürlich gesprochen habe, stellen sich hinter diese Auffassung. Die Kinder müssen das wiedergeben, was die Lehrer vorgeben. Zwar dürften sie, wenn sie groß sind, tatsächlich herausfinden, was wirklich ist; vor allem, weil bis dahin das gesamte Lügengebäude eingestürzt sein dürfte. Aber ich mag mir nicht ausmalen, welche Haltung diese Kinder als Erwachsene dann den Autoritäten (dieser Begriff soll hier nicht negativ gemeint sein) gegenüber einnehmen.

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Falls hier ein/e Politiker/in oder gar ein/e politische/r Entscheidungsträger/in mitliest, bitte beachten Sie meinen dringenden Appell:

Beenden Sie diese scheußliche, offiziell als ,Verbrechen gegen die Menschheit‘ gelistete Indoktrination! Sorgen Sie dafür, dass man keinen Ärger bekommt, nur weil man FAKTEN – TATSACHEN benennt! Lassen Sie sich nicht von einer Horde wild gewordener Machtstrategen oder einer willfährigen Pressemeute vor sich her treiben!

Anderenfalls muss ich mit Hinblick auf die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Frage stellen: Ist es wirklich wieder soweit?

© Chris Frey für das EIKE Mai 2017