1

Auf seiner „Stimulanz-Jubiläumstour“ umgeht Biden Obamas handverlesenes Projekt grüner Energie, das jetzt vor dem Bankrott steht

Inmitten einer Woche mit großen Schlagzeilen nahmen nur Wenige Notiz vom 7. Jahrestag von Obamas American Recovery and Reinvestment Act [etwa: Amerikanisches Gesetz zu Erholung und Neuinvestition] – welches er mit seiner Unterschrift am 17. Februar 2009 in Kraft setzte. Bekannt unter der allgemeinen Bezeichnung „Stimulanz-Gesetz“ nennt Politico dieses Gesetz „eine der folgenschwersten und unpopulärsten Initiativen der Administration“. Tatsächlich wurde Politico zufolge „das Paket von Steuernachlässen und Regierungsausgaben … so unpopulär, dass der Terminus ,Stimulans‘ aus der Rhetorik der Administration verschwand“.

Trotz der Reputation dieses Gesetzes machte sich Vizepräsident Joe Biden auf zu einer Siegestour durch drei Städte, um das Jubiläum dieses Gesetzes zu feiern, dessen Verwirklichung er überwacht hatte.

Zuerst tourte er nach New Orleans. Dort pries er „eine neue Eisenbahn-Fabrik, finanziert durch das Stimulans 2009“, wie der New Orleans Advocate berichtete. Außerhalb von Memphis „würdigte er den Fortschritt bei der Aufwertung des Intermodal Terminals am Mississippi“, was Politico zufolge „eine überschaubare Anzahl von Funktionären der Regierung und des Unternehmens“ auf die Beine brachte. Obwohl das Publikum „vor-ausgewählt“ war, war die Reaktion auf Bidens Begeisterung für das Programm „politisch unterstützend, aber nicht groß enthusiastisch“. Politico fügt hinzu: „Sie schienen nicht allzu begeistert durch seine Botschaft ,bleibt auf Linie, aber baut noch mehr’“.

Am nächsten Tag, seinem dritten Halt, sprach er vor einer „Menge von 100 ausschließlich eingeladenen Gästen“ am mit Stimulans-Geldern renovierten Union Depot in St. Paul, Minnesota. Dort machte Biden keinerlei Anstalten, sich für den Stimulans zu entschuldigen und sagte: „Wir haben mehr Arbeitsplätze in diesem Land geschaffen, und zwar wegen Projekten wie diesem“. Das Presseorgan Twin Cities Pioneer Press stellt fest: „Der Vizepräsident hat auf die Kritik von Union Depot nicht reagiert, welches im letzten Jahr Einnahmen in Höhe von 1,7 Millionen Dollar erwirtschaftet hat, denen jedoch Ausgabe in Höhe von 7,7 Millionen Dollar gegenüber standen“.

Während seiner Tour schwärmte Biden, dass das Stimulanz „das ambitionierteste Energiegesetz der Geschichte“ sei. Politico erwähnt die 90 Milliarden Dollar, die „in erneuerbare Energie, Biotreibstoffe, Elektrofahrzeuge und anderes grünes Zeug“ gepumpt worden sind. Dies hätte geholfen, „die Windkapazität in den USA zu verdreifachen und die Solarkapazität in den USA um das 20-fache zu steigern“. Und doch, möglicherweise weil er nur die Positiva herausstellen wollte, hat Biden niemals irgendwelche Projekte des „grünen Zeugs“ besucht.

Zur gleichen Zeit, als der Vizepräsident über den Erfolg des Stimulanz‘ frohlockte, hat das spanische Unternehmen, das über 3,67 Milliarden Dollar Steuergelder erhalten hatte – das Meiste davon via Kontakten von hochrangigen Demokraten mittels des Stimulans-Gesetzes – seinen Industriellen Übersichts-Plan [Industrial Viability Plan] veröffentlicht, indem die Pläne für das Überleben des Unternehmens dargestellt worden sind. Die Financial Times berichtet: „Das Unternehmen kämpft darum, den Kollaps zu vermeiden, indem Schulden umstrukturiert werden und um frisches Geld gekämpft wird. Abengoa verlangte im November Gläubigerschutz, und falls es diesen nicht bekommen würde, würde es als der größte Bankrott der spanischen Geschichte gelten“.

Jeder weiß um die kurze Historie von Solyndra, was die Steuerzahler 500 Millionen Dollar gekostet hatte, aber Abengoa hat es fertig gebracht, mit Tricks und illegalen Machenschaften am Leben zu bleiben – bis jetzt.

Ich selbst wurde zum ersten mal auf Abengoa aufmerksam durch eine Reihe von Berichten zu grüner Energie, die ich im Sommer 2012 zusammen mit der Forscherin Christine Lakatos geschrieben hatte – die bekannt ist unter der Bezeichnung Green Corruption Blogger. Nach der Veröffentlichung meines Beitrags mit dem Titel [übersetzt] „Wie Demokraten ,chronische Korruption‘ auf spanisch sagen: Abengoa“ kontaktierte mich ein Whistleblower. Nachdem auch mehrere Andere Kontakt mit mir aufgenommen und dessen Angaben bestätigt hatten, schauten wir beide noch tiefer in das Unternehmen. Im Januar 2013 traf ich mich mit Mitgliedern des House Oversight Committee [etwa: Überwachungs-Komitee], die mit der Untersuchung der Vorgänge bei Abengoa beauftragt waren, und tauschte mit ihnen unsere Erkenntnisse aus. Seit Oktober 2013 lief ein Ermittlungsverfahren gegen Abengoa wegen einer ganzen Reihe von Gesetzeswidrigkeiten, darunter Immigrations-, Beschäftigungs- und Versicherungs-Betrügereien. Zusätzlich zu verschiedenen Kolumnen über die Verfehlungen bei Abengoa schrieb ich einen umfassenden Report über das Unternehmen, welcher im März 2014 im Daily Caller veröffentlicht worden ist.

Jetzt sieht es so aus, als sei der zweitgrößte Empfänger von Dollars der Steuerzahler aus dem Stimulans-Fonds sauberer Energie von Präsident Obama fast bankrott – wobei die US-Regierung der größte Gläubiger ist. Im November, nachdem Abengoa das Insolvenzverfahren eingeleitet hatte, schrieb die Washington Times: „Abengoa ist ein spanisches Unternehmen, das ein weiteres, von Präsident Obama persönlich ausgewähltes Projekt grüner Energie ist. Jetzt steht es am Rande des Bankrotts, welcher die Steuerzahler mit potentiell Multimilliarden Dollar belasten könnte. Außerdem erhält dadurch das Narrativ Auftrieb, die Administration setze wiederholt auf die Verlierer im Energiesektor“.

Abengoa könnte im nächsten Monat bankrott gehen, geben doch spanische Gesetze vier Monate ab dem Beginn des Insolvenzverfahrens vor, die Schulden umstrukturieren zu versuchen. Vor einigen Tagen erklärte die Rating-Agentur Moody, dass Abengoas zugrunde liegender Handlungsspielraum immer noch „lebensfähig“ [viable] sei. Und doch, der Financial Times zufolge verbreitet Moody „negative Aussichten … falls die Verhandlungen zur Umstrukturierung der Schulden nicht erfolgreich verlaufen und das Unternehmen in einem formellen Insolvenz-Prozess landet“.

Während die „Diskussionen“ in Spanien weitergehen, gehen hier in den USA die Schwierigkeiten weiter. Im Dezember schloss Abengoa unter Verweis auf „finanzielle Schwierigkeiten“ sieben Bioenergie-Kraftwerke – einschließlich des Zellulose-Äthanol-Kraftwerkes in Kansas. Man hatte nämlich bis dahin dem Biomass Magazine zufolge lediglich eine einzige kleine Produktladung verkauft [just one railcar of product]. Watchdog berichtet, dass das Kraftwerk in Kansas Kreditbürgschaften in Höhe von 132,4 Millionen Dollar erhalten hatte sowie eine Zuwendung in Höhe von 97 Millionen Dollar. Das Zellulose-Äthanol-Kraftwerk – wo Treibstoff aus Pflanzenabfällen gewonnen werden sollte – ist erst vor etwas über einem Jahr in Betrieb gegangen, mit Größen wie US-Energieminister Ernest Moriz, dem ehemaligen Energieminister Bill Richardson sowie dem ehemaligen Innenminister Ken Salazar, die am „zeremoniellen Startschuss“ teilgenommen hatten. Im Garden City Telegram heißt es dazu: Trotz der Anfangs-Fanfaren erlebte das Kraftwerk niemals seine Zweckerfüllung“. Weiter heißt es: „Bei der Eröffnung wurde das Kraftwerk als das erste kommerzielle Biotreibstoff-Kraftwerk der nächsten Generation“ angepriesen. Watchdog zufolge könnte die Schließung „ein Signal der Probleme sein, die sich noch viel weiter in die Industrie hineinfressen“. Charlie Drevna, renommiertes leitendes Mitglied am Institute for Energy Research, sagt: „dies ist nichts als ein weiteres Beispiel einer nicht gangbaren Technologie, zumindest als eine wettbewerbsfähige kommerzielle Technologie“.

Aber da ist noch mehr. Am 10. Februar hat die California Energy Commission endgültig einen neuen Plan für den Palen-Solarpark abgelehnt, der von Abengoa entwickelt worden war. Die Desert Sun, die das Projekt verfolgt hatte, berichtet: „Das Unternehmen hat ein Ultimatum zur Konstruktion verstreichen lassen“, nachdem es in den Vorbereitungsprozess zum Bankrott eingetreten war. „Obwohl Abengoa bekannt ist für Energieprojekte wie Solarparks und Äthanolkraftwerke, sucht das Projekt einer Wasser-Pipeline, das nahe San Antonio in Texas realisiert werden soll, jetzt nach einem Käufer“.

Dann, an genau dem Tag, an dem Biden seine Stimulans-Erfolge hinaus posaunte, reichte eine Gruppe von Getreide-Verkäufern, die von Albengoa Bioenergy nicht bezahlt worden waren, eine Bankrott-Petition in Kansas ein (hier). Ein weiteres Verfahren war zuvor in Nebraska angestrengt worden. Amerikanischen Unternehmen, deren Lieferungen nicht bezahlt worden waren, werden inzwischen über 10 Millionen Dollar geschuldet. Sie hoffen, dass das Verfahren von den US-Kreditgebern verlangt, bezahlt zu werden, bevor irgendwelche Funds aus irgendwelchen Verkäufen an das Mutterunternehmen in Spanien fließen – was von dem Gericht gerade gewährt worden ist.

Abengoa wurde auch von Anteilseignern verklagt, die sagen, dass das Unternehmen sie in die Irre geführt habe hinsichtlich seiner finanziellen Pläne. Die Aktienkurse sind seit Ende 2015 gesunken und regelrecht abgestürzt nach der Bankrotterklärung im November. Nach einem Höchstwert von 28 Dollar im Jahre 2014 ist die Aktie derzeit gerade noch 81 US-Cent wert (hier).

In Spanien wurden ehemalige Abengoa-Direktoren angeklagt wegen Insiderhandel und Missmanagement. Das Vermögen wurde eingefroren und beschlagnahmt. Am 17. Februar wurde der Pass des ehemaligen Vorsitzenden Felipe Benjumea eingezogen, um ihn am Verlassen des Landes zu hindern.

Drevna stellt im Watchdog die Frage: „Falls die Kraftwerke nicht einmal in einem gelenkten Markt mithalten können, wie können sie dann in einem freien Markt wettbewerbsfähig sein?“

Mit Abengoa in den Nachrichten während der Tour von Biden ist klar, warum er sich auf Infrastruktur-Projekte konzentrierte und die „grünen“ Katastrophen mied, zu denen es gekommen war durch – wie er es nannte – „das ambitionierteste Energiegesetz der Geschichte“. Politico stellt die Vermutung in den Raum, dass fehlende Popularität für seine Projekte „sicher ein Grund“ ist für seine Entscheidung, sich nicht als Präsident zu bewerben.

Während also Biden auf keinem Wahlzettel steht, stehen dort sehr wohl Senator Bernie Sanders und Hillary Clinton. Beide werden kaum auf Obamas grüne Energiepolitik eingehen*, welche zu dem empörenden Abengoa-Debakel führte – und zu vielen anderen.

[*Original: both will double down on Obamas green energy policies. Für die Übersetzung des Terminus‘ double down hat D. Rohrlack in seinem Kommentar Nr. 11 zu diesem Beitrag, den ich für sehr wertvoll halte, folgende Übersetzung vorgeschlagen: „Am einfachsten mit "Doppelt oder nichts". Der Begriff kommt aus dem Casinospiel "Black Jack"; auch unter "17 und 4" in der Familienvariante bekannt.

Sieht der Spieler eine für ihn (vermeintlich) günstige Kartenkonstellation, so darf er seinen Einsatz verdoppeln, darf dann aber nur noch eine Karte kaufen ( und nicht beliebig viele, wie ohne dieses Manöver )“. Anm. d. Übers.]

Unter Verweis auf Abengoa sagte die leitende Redakteurin des Biomass Magazine Anna Simet: „Die Leute haben ein Problem, wenn Geld der Regierung an Projekte wie dieses geht und die dann scheitern. Wir alle wissen das“. Wirklich?

Link: http://oilpro.com/post/22547/biden-stimulus-anniversary-tour-skips-obamas-hand-picked-green-en

Übersetzt von Chris Frey EIKE

Bemerkung des Übersetzers: Ähnlichkeiten mit Deutschland sind natürlich rein zufällig…




Paris COP21 Verpflichtung: Greenpeace und Hendricks wollen Deutschland über das 1,5 ° Ziel so arm wie Bhutan, Gambia oder Äthopien machen

Und nun sind die klimabesorgten Bürger und vor allem die „Klimarettungsfirmen“ natürlich maßlos enttäuscht. Greenpeace ist aber keine Weltrettungs-Firma, die so etwas kalt lässt. Vor allem da es weiß, dass  Deutschland eines der wenigen Länder ist welches kritiklos nach seiner Pfeife tanzt.  Wie es trotzdem gehen soll und es Deutschland umzusetzen hat, lies Greenpeace deshalb in einer Studie ermitteln. 

Anbei dazu eine kleine Rezension.

Eine Greenpeace-Studie zeigt, wie Deutschland das Klimaabkommen von Paris umzusetzen hat[2]

Bisher erlaubte es Greenpeace, dass Deutschland seine vollständige Dekarbonisierung erst bis zum Jahr 2050 umsetzt „Greenpeace fordert die vollständige Dekarbonisierung“. Das galt aber für das 2 Grad Ziel und ist damit hinfällig. Es war klar, dass Frau Hendricks für ihre eigene, neue Zielsetzung irgendwann Maßnahmen nennen müsste. Dazu findet sich aber bei der Bundesregierung nur ein Eintrag „Un Klimaabkommen“ mit einer Darstellung „Neuer Klimaschutzplan 2050“. Dieser zeigt, dass die Administration die Brisanz der neuen Vereinbarungen ihrer Ministerin noch nicht verstanden, geschweige denn umgesetzt hat.      

Greenpeace ließ das nicht ruhen und es beauftragte einen Think-tank mit einer Studie zur Ermittlung der seitens Deutschland erforderlichen Maßnahmen. Ein Greenpeace-Aktivist (Fachkenntnisse lt. Greenpeace: „studiert Philosophie“) stellte das Ergebnis vor[2] „Marathon im Sprinttempo“:

[2] Deutschland wird sehr schnell sehr viel mehr Ökostrom brauchen. Denn nicht nur der bisherige Strombedarf muss möglichst rasch komplett auf Erneuerbare umgestellt werden. Saubere Energie aus Wind- und Solaranlagen muss auch dafür sorgen, dass Sektoren wie Verkehr und Wärme mit E-Autos und Wärmepumpen klimaneutral werden.

… müssen bis zum Jahr 2035 sämtliche Verbrennungsmotoren durch CO2-neutrale Technologien ersetzt werden.

Die Landwirtschaft an ökologischen Prinzipien auszurichten, Wirtschaftsdünger effizient zu nutzen, weniger Milch und Fleisch zu konsumieren – all das sind wichtige Hebel, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.

Die Greenpeace Studie

Was bedeutet das Pariser Abkommen für den Klimaschutz in Deutschland? [3]

Studie, Vorwort

[3] Zweck dieser Kurzanalyse ist es, die im Pariser Abkommen beschlossenen neuen globalen Zielsetzungen für die Klimapolitik in Deutschland zu übersetzen. … Da die Literatur nur unzureichend 1,5 °C kompatible Szenarien für Deutschland abdeckt, werden globale Szenarien und das für  1,5 °C zur Verfügung stehende CO2-Budget zugrunde gelegt.

Anmerkung: Dieses Vorwort ist ein Beleg, dass Frau Hendricks nach Paris gefahren ist, ohne auch nur im Ansatz eine Lösung oder Analyse für ihre Zielsetzung vorbereitet zu haben, denn dann gäbe es dazu Literatur. Leider ein exemplarisches Vorgehen unserer Berliner Politikkaste.

Was bedeutet das 1,5 Grad- Szenario (nach IPCC-Forcing)

Die 1,5 Grad zulässige Temperaturerhöhung gelten ausgehend von der Temperatur der Vorindustrie-Zeit. Diese ist offiziell inzwischen bereits um 0,9 °C angestiegen. Somit verbleiben nur noch 0,6 °C „Temperaturrest“ zum Maximalwert von +1,5 Grad. Das Bild 1 (aus der Studie) veranschaulicht die daraus resultierenden Szenarien für die zulässigen CO2-Emissionen, bzw. erforderlichen Reduktionen..

·       Blaues Band: Temperaturerhöhung bei Einhaltung der bisher beschlossenen Maßnahmen (+ 3.3 … 3,9°C)

·       Rotes Band: Versprochene Maßnahmen (+2,4 … 2,7 °C)

Man sieht, dass das 1,5 Grad Ziel mit den auf dem letzten Klimagipfel „versprochenen“ Maßnahmen bei Weitem nicht erreicht werden kann. Nicht einmal das 2 Grad Ziel ist damit einzuhalten.

 

Bild 1 [3] Zusammenhang CO2-Emissions-Szenarien und Welttemperatur (aus Simulationen)

Wie kann man das 1,5 Grad Ziel retten

Leider gar nicht. In der Studie ist es ausgeführt (Hervorhebung durch den Autor): 

 [3]Da für eine bestimmte Temperaturerhöhung die kumulativen Ereignisse im Laufe des Jahrhunderts ausschlaggebend sind und bereits ein Großteil des für 2°C und 1,5°C verfügbaren Budgets „verbraucht“ ist, nehmen viele Modell-Szenarien an, dass CO2 in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in großem Stil aus der Atmosphäre entfernt wird.

Stützt man sich auf Szenarien, die in großem Maße „negative Emissionen“ annehmen, gleicht das einer Wette auf die Akzeptanz, technische Durchführbarkeit und Finanzierbarkeit dieser Technologien in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. 

Szenarien die unter 1,5 °C bleiben, aber keine negativen Emissionen annehmen existieren derzeit nicht.

Man hat klar erkannt, dass selbst die Null-Reduktion von CO2 das Ziel nicht erreichen lässt und man deshalb eine negative Reduktion (Entnehmen von CO2 aus der Atmosphäre) benötigt.  Dass es für diesen Großmaßstab dafür keine Lösung gibt, ist von den Studienautoren benannt.

Aber es gibt eine letzte Rettung

Man muss eben noch mehr tun. Da die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre den Studienautoren unsicher erscheint, lautet die verbleibende Lösung: 

[3]Um mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit unter 1,5°C globaler Erderwärmung zu bleiben, dürften schon etwa zwischen 2034 global keine CO2 Emissionen aus Energieerzeugung und –nutzung sowie Forstwirtschaft entstehen. Für eine 66 % Chance unter 1,5 °C zu bleiben, müsste der Nullpunkt schon 2026 erreicht sein.

… nur so kann die Temperaturerhöhung „weit unter 2 °C“ in Richtung 1,5°C begrenzt werden. 

In den weiteren Ausführungen wird erklärt, nach welchem Schema die Maßnahmen auf die Lände heruntergebrochen werden und dass das kostenoptimale Verfahren zur CO2-Null-Reduzierung angewendet wird. Es kommt sogar der Satz vor: „… andere sehen einen Ausbau der Kernenergie vor“, doch wird dieser Lösungsansatz leider in der ganzen Studie nicht mehr erwähnt. Stattdessen wird übergangslos nur noch gelistet, was Deutschland ab sofort zu tun hat, um die Klimawelt doch noch zu retten.

Das hat Deutschland umzusetzen, damit das Klima nicht mehr als um 1,5 Grad steigt

Kernaussagen[3]

·       … die globalen CO2-Emissionen aus der Energieerzeugung und –nutzung sowie der Land – und Forstwirtschaft etwa um 2035 null erreichen.

·       Industrieländer wie Deutschland ihre Treibhausgasemissionen früher als im globalen Durchschnitt auf Null senken, die heimischen CO2-Emissionen also vor dem Jahr 2035. Dies ergibt sich aus der historischen Verantwortung der Industrieländer für den Klimawandel …

·       … der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix (Stromerzeugung, Gebäudewärme, Industrie und Transport) in Deutschland vor dem Jahr 2035 100 % erreichen.

·       … der Ausstieg aus der Braun- und Steinkohle zur Stromerzeugung in Deutschland bis etwa 2025 erfolgen. Andere fossile Energieträger für die Stromerzeugung wie Erdgas müssen bis spätestens 2030 ebenso ersetzt werden.

·       … Verkehr vermieden und verlagert werden, sowie der Anteil an PKWs ohne Verbrennungsmotor erhöht werden z.B. durch die Förderung der Elektromobilität über die jetzigen Ziele hinaus. Eine Abnahme des Individualverkehrs zu Gunsten des öffentlichen Verkehrs in der Größenordnung von 10 % pro Dekade ist für 1,5°C nötig.

  • … 5% der Gebäude in Deutschland pro Jahr energetisch saniert werden. Alle Neubauten müssen den Nullenergie-Standard erfüllen.
  • … Emissionen aus der Land- und Forstwirtschaft letztendlich auch fast auf null gesenkt werden, wenn auch eventuell etwas später als die energiebedingten Emissionen.

Wer rund um die Welt hilft Deutschland dabei

In der Studie selbst wird dazu nichts ausgesagt. Allerdings betreibt der Think-tank gemeinsam mit dem PIC und anderen einen Climate Action Tracker [4][5]. Auf dieser Homepage kann man einsehen, welche Länder rund um die Welt welchen Grad an Klimamaßnahmen durchführen:

Länder mit Maßnahmen welche ein Klimaschutzziel besser 2°C erreichen

Countries[5]:

Bhutan, Costa Rica, Ethiopia, Morocco, The Gambia

Anmerkung der Redaktion: In dieser Liste kann man gut erkennen, wie Deutschlands karbonfreien Zukunft einmal aussehen wird. Diese Länder sind ausnahmslos viel, viel ärmer als Deutschland. Daher auch ihre lobende Erwähnung im Climate Action Tracker. Allerdings, als Millionär, wie der Vater der IPCC Chefin Christina Figueres (Bild oben rechts) und ehemaliger Präsident von Costa Rica, lebt man dort deutlich besser als hierzulande. Wenn es nach Greenpeace und Hendricks geht soll sich Deutschland also dahin entwickeln. Schöne Aussichten.

BIP pro Kopf/Jahr 2013

Deutschland

Bhutan

Costa Rica

Äthiopien

Marokko

Gambia

in US $

44.999

2.665

10.433

542

3.199

453

Rang

18

129

68

177

124

181

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Bruttoinlandsprodukt_pro_Kopf

Weitere Länder mit ausreichenden Maßnahmen zum 1,5 Grad-Ziel finden sich dort nicht. Allerdings ist die EU dort nur als Gesamtheit gelistet und nicht weiter aufgeschlüsselt. Es kann also durchaus sein, dass innerhalb der EU weitere Länder zu finden sind. Zum Beispiel solche, die massiv Kernkraft nutzen wie Schweden und Finnland.

Wie begründet die Studie ihre Maßnahmen

Eine Begründung findet sich in der ganzen Studie nicht. Beziehungsweise als solche gelten die vereinbarten Klimaziele. Was Politiker beschließen, stellt auch Greenpeace niemals in Frage – sofern es mit seinen Zielen übereinstimmt -. Allerdings wird in der Studie auch nicht angesprochen, geschweige begründet, warum und wie die Maßnahmen Deutschlands überhaupt Einfluss auf die Welttemperatur hätten. Deshalb dazu eine kleine Ausführung.

Welchen Anteil hat Deutschland an der „Welttemperatur-Erhöhung“

Man kann es nicht oft genug wiederholen. Sollte Deutschland ab sofort kein CO2 mehr emittieren, würde sich die Welttemperatur wie folgt „reduzieren“[6]:

·       Mit dem 3 Grad Forcing des IPCC:      um 0,00094 °C pa

·       Mit dem wesentlich wahrscheinlicheren 1 Grad Forcing: um 0,000282 °C pa

Wenn also Deutschland als weltweiter Vorreiter der Klimaretter gemeinsam mit den Ländern Bhutan, Costa Rica, Äthiopien, Marokko und Gambia sich wie von Greenpeace gefordert frühzeitig vollkommen dekarbonisiert (natürlich ohne dazu Atomkraft zu nutzen) bringt dieser deutsche Einsatz dem Klima  irgendwann maximal 0,000282 °C pa Wirksamkeit.

Um diese „Rettung“ überhaupt erstmals belegen zu können, indem eine sorgfältig geeichte Klimastation des DWD mit  +-0,2 Grad Mess-Genauigkeit eine signifikante Temperaturveränderung anzeigt, müssen dann 710 Jahre vergehen. Gut, nach dem höheren IPCC-Forcing weniger, aber die Größenordnung bleibt auch dann noch demonstrativ.

Wie notwendig ist die Reduzierung auf 1,5 Grad (+0,6 Grad Restdifferenz) Temperaturerhöhung

Kritische Artikel zur (nicht-)Sinnhaftigkeit des vom IPCC propagierten „Klimaschutzes“ durch CO2-Reduktion gibt es praktisch endlos auf EIKE und anderswo. Deshalb nur für „Neulinge“ eine kurze Übersicht.

Bild 2 zeigt aus einer Publizierung der Bayerischen Landesregierung, wo sich das Erdklima aktuell „befindet“. „Wir“ sind demnach gerade der letzten Eiszeit entronnen und könnten uns endlich auf wärmere Temperaturen freuen.

Bild2 [7] Bayerisches Landesamt für Umwelt, Publizierung: Das Klima der Vergangenheit

Bild 3 zeigt die Temperaturen der historischen Zeit. Auch diese Darstellung zeigt, dass wir noch nicht einmal die Wärme erreicht haben, bei denen in der Historie die gesellschaftlichen Hochblüten stattfanden.

Bild3 [7] Bayerisches Landesamt für Umwelt, Publizierung: Das Klima der Vergangenheit Abbildung 3

Bild 4 schließlich zeigt die Auswirkungen der beim letzten Klimagipfel von Frau Umweltministerin Hendricks dem Weltklima zugestandenen Änderung von +0,6 Grad (1,5 Grad – 0,9 Grad bereits erfolgter Temperaturerhöhung) bis zum Jahr 2100.

Man könnte sich beim Betrachten fragen, ob die Welt unsere Klimabemühungen überhaupt bemerken wird.

 

Bild4 Temperaturverlauf Deutschland von 1881 – 2014 nach DWD-Datensatz. Temperaturverläufe vom Autor auf den  Startwert „0“ normiert.

Noch deutlicher wird es mit Bild 5, welches den Verlauf der Tages-Max / Min –Werte von Nürnberg im von  Temperaturextremen verschonten Franken seit 1955 zeigt, ergänzt um Temperaturdifferenzen in Kontinentalklimaten. Bereits bei den üblichen 43  Grad Temperaturschwankungen Nürnbergs verschwinden die dem Klima bis zum Jahr 2100 zugestandenen zusätzlichen +0,6 °C.

Und das gilt für das gemäßigte Deutschland. Auf der Welt sind die Temperaturdifferenzen wesentlich höher. Die Spannen erreichen nach WIKIPEDIA [8]:

Werchojansk (Russland):                      105,1 Kelvin

Mohe (China):                                          91,6 Kelvin

Serhetabat (Turkmenistan):                   81,4 Kelvin

Im Kontinentalklima verschwinden die +0,6 °C vollkommen und man muss sie extra mit der Lupe suchen.

Bild 5 Tagestemperaturverlauf Nürnberg von 1955 … 2015 nach DWD-Datensatz und Maximal-Temperaturdifferenzen weltweit

Wie bewerten Fachleute und Medien die Greenpeace-Studie

Wieder die orientierende Sicht zu Fachstellen  und Medien.

Klimaretter.info meldete

Regierung: Kein Konzept für 1,5 Grad

Deutschland war einer der Hauptantreiber, als das 1,5-Grad-Ziel im Pariser Klimavertrag verankert wurde. Allerdings weiß die Bundesregierung nicht, wie sie selbst ihren Teil dazu erfüllen kann. Klimaanalytiker haben nun berechnet, was dafür nötig wäre: Entweder eine enorme Beschleunigung der Energiewende samt einem Kohleausstieg bis 2025 oder aber eine unterirdische Speicherung von CO2.

Das 1,5 Grad Ziel selbst wird in der Meldung nicht in Frage gestellt. Die homöopathische Wirksamkeit der Deutschen Maßnahme wird nicht angesprochen.

Die Süddeutsche Zeitung

Greenpeace – 1,5 Grad Wende

Beim Kampf um Klimaziele steht die Umweltorganisation Greenpeace naturgemäß in der ersten Reihe. So auch bei der Klimakonferenz von Paris: Wie andere Umweltgruppen auch kämpfte die Organisation für möglichst anspruchsvolle Ziele, etwa jenes, die Erderwärmung nicht auf zwei Grad Celsius, sondern auf 1,5 Grad zu beschränken. Inselstaaten pochen schon lange auf diese Obergrenze, sie ließe ihnen vielleicht auch noch eine Überlebenschance. 

Auch bei der SZ wird das 1,5 Grad Ziel nicht in Frage gestellt, sondern exemplarisch unterstrichen*. Die homöopathische Wirksamkeit der Deutschen Maßnahme wird nicht angesprochen.

*Dass derzeit keine Insel wegen einem anthropogen steigenden Meeresspiegel unterzugehen droht „Gehen die Südseeinseln wirklich wegen des Klimawandels unter“, hat sich bei der SZ noch nicht herumgesprochen.

  

Fazit

Wer fest an den (anthropogenen) Klimawandel glaubt, kann nicht mehr schlafen – denn wie Greenpeace belegt hat, ist der  Weltuntergang unabwendbar.

Wer nicht daran glaubt kann auch nicht mehr (ruhig) schlafen. Denn die Ausgaben Deutschlands  zur CO2-Verhinderung als einsamer Vorreiter des 1,5 Grad Zieles werden noch exorbitantere Größenordnungen annehmen wird als man es in den schlimmsten Träumen bisher geträumt hat. 

Leider –  reicht das Aufwachen aus diesem Traum nicht aus, um ihn zu beenden.

Irgendwann werden die Enkel nicht mehr sagen:

Ihr habt für uns das Klima gerettet, sondern: Wegen eurer Klima-Computerspiele habt ihr die Volksvermögen der Welt nutzlos verschleudert und kein wirkliches Problem mehr lösen können.

Vielleicht wacht aber einmal ein Enkel/-in auf, sieht sich Bild 5 an, nimmt einen Taschenrechner in die Hand und rechnet mittels einfachem Dreisatz anstelle von (selbst von Computern) nicht mehr verstandenen n-dimensionalen, nichtlinearen Differentialgeichungssystemen den homöopathischen Nutzeffekt und die exorbitanten Kosten nach – und hat dazu die Gnade, seine Erkenntnis der Welt vermitteln zu können.

Quellen

[1]

EurActive   11. Dez. 2015, COP21: USA fordern 1,5-Grad-Ziel im Klimaabkommen

http://www.euractiv.de/section/entwicklungspolitik/news/cop21-usa-fordern-1-5-grad-ziel-im-klimaabkommen/

[2]

Greenpeace,  23.02.2016, Niklas Schinerl 23.02.2016: Marathon im Sprinttempo

http://www.greenpeace.de/themen/energiewende/marathon-im-sprinttempo

[3]

NewClimate – Institute for Climate Policy and Global Sustainability GmbH: Kurzstudie von NewClimate Institute im Auftrag von Greenpeace

[4]

WIKIPEDIA Climate Action Tracker: Climate Action Tracker (CAT) ist eine englischsprachige Internetseite auf der betrachtet werden kann, welche Globale Erwärmung zu erwarten ist. Dazu werden die Selbstverpflichtungen einzelner Staaten zu Klimaschutzbemühungen im Rahmen des Copenhagen Accord und der Cancun Agreements wissenschaftlich analysiert und in ein Klimamodell eingespeist, welches dann eine Prognose der Globalen Erwärmung bis zum Jahr 2100 liefert.

Der Climate Action Tracker wird derzeit von Bill Hare, Michiel Schaeffer, Marion Vieweg-Mersmann (alle Climate Analytics), Niklas Höhne (Ecofys) und Claudine Chen (PIK) – alle wissenschaftlich in Klimathemen tätig – und weiteren Personen an den drei Instituten betreut.[

https://de.wikipedia.org/wiki/Climate_Action_Tracker

[5]

Climate Action Tracker

http://climateactiontracker.org/

[6]

EIKE 11.06.2015: Mit CO2-Reduzierung retten wir die Welt – Einige Rechenspiele (nicht nur) für regnerische Nachmittage

http://www.eike-klima-energie.eu/klima-anzeige/mit-co2-reduzierung-retten-wir-die-welt-einige-rechenspiele-nicht-nur-fuer-regnerische-nachmittage/

[7]

Bayerisches Landesamt für Umwelt, Publizierung: UmweltWissen – Klima & Energie  Das Klima der Vergangenheit

[8]

https://de.wikipedia.org/wiki/Temperaturextrema

Related Links

  • Christina Figueras. UNFCC Chefin zum Vergrößern anklicken



Die eingebildete Katastrophe

Im Jahr 2013 pub­li­zier­te UN­SCE­AR, ein Ko­mi­tee der UNO, das sich um die Wirk­un-gen ato­ma­rer Strah­lun­gen küm­mert, ei­nen Be­richt über die Fol­gen des Un­falls von Fu­kus­hi­ma in Ja­pan. Es han­del­te sich um die bis­her um­fas­sends­te Eva­lu­a­ti­on, vor­ge­nom­men von zahl­rei­chen Wis­sen­schaft­lern, die aus Dut­zen­den von Län­dern stamm­ten – und das Ko­mi­tee, das seit 1955 exis­tiert, hat­te auch die Ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl un­ter­sucht. Es gilt als un­ab­hän­gig, er­fah­ren und un­bestech­lich. Was es schreibt, wird ge­mein­hin als ob­jek­tiv an­ge­se­hen.

Fu­kus­hi­ma, einst bloss der Name ei­ner Prä­fek­tur in Ja­pan, steht heu­te wohl zu Recht für ei­nen der schlimms­ten Stör­fäl­le in ei­nem Atom¬kraft­werk, die sich je zu­ge­tra­gen ha­ben: Aus­ge­löst von ei­nem sehr hef­ti­gen Erd­be­ben, das im März 2011 ei­nen töd­li­chen Tsuna­mi über die ja­pa­ni­sche Ost­küs­te kra­chen liess, kam es im Kern­kraft­werk von Fu­kus­hi­ma zu schwe­ren Schä­den – un­ter an­de­rem, was noch nie ge­sche­hen war, er­eig­ne­ten sich in drei der sechs Re­ak­to­ren Kern­schmel­zen. Der­art ver­hee­ren­de Pan­nen wa­ren nicht ein­mal in Tscher­no­byl zu be­obach­ten ge­we­sen, wo 1986 ein ein­zi­ger Re­ak­tor ex­plo­diert war. Wenn es mit an­de­ren Wor­ten je ei­nen Su­per-GAU ge­ge­ben hat, ei­nen «gröss­ten an­zu­neh­men­den Un­fall» also, der jede her­kömm­li­che Vor­stel­lungs­kraft über­traf, dann muss das Fu­kus­hi­ma ge­we­sen sein. Doch wie schwer wo­gen die Fol­gen? Wie vie­le Men­schen star­ben, mit wie vie­len Krebs­op­fern muss ge­rech­net wer­den, wie ver­seucht ist die Re­gi­on auf­ lan­ge Sicht?

Das UN Sci­en­ti­fic Com­mit­tee on the Ef­fects of Atom­ic Ra­di­a­ti­on kam zum Schluss: «Es ist kein ein­zi­ger To­des­fall zu ver­zeich­nen, der auf ra­di­o­ak­ti­ve Strah­lung zu­rück­zu­füh­ren ist – we­der un­ter den be­trof­fe­nen Ar­bei­tern im AKW noch in der all­ge­mei­nen Be­völ­ke­rung. Die Do­sis an Ra­di­o­ak­ti­vi­tät, wel­che die Be­völ­ke­rung in der Kri­sen­re­gi­on zu er­tra­gen hat­te, und zwar wäh­rend des ers­ten Jah­res nach dem Un­fall so­wie auch ge­schätzt auf ihr gan­zes Le­ben be­zo­gen, ist all­ge­mein tief oder sehr tief. Dass die­se Men­schen oder ihre Nach­kom­men je an Be­schwer­den er­kran­ken, die durch er­höh­te Strah­lung nach dem Un­fall ver­ur­sacht wor­den wä­ren, ist sehr un­wahr­schein­lich: kein er­kenn­ba­res er­höh­tes Ge­sund­heits­ri­si­ko ist zu er­war­ten.»

Stun­de der fal­schen Pro­phe­ten

Real war die Ge­fahr ei­ner ra­di­o­ak­ti­ven Ver­seu­chung dem­nach nie, ob­wohl die Me­di­en, be­son­ders in Eu­ro­pa, vor al­lem im deutsch-spra­chi­gen Raum, über kein Ri­si­ko aus­führ­li­cher und sen­sa­ti­o­nel­ler be­rich­te­ten. Die wah­re Kata¬stro­phe da­ge­gen, näm­lich das Erd­be­ben, blieb un­ter­be­leuch­tet. Wo­für es kei­nen plau­sib­len Grund gab. Denn wer in Fu­kus­hi­ma starb – und es star­ben über 18000 Men­schen -, er­lag samt und son­ders den Ver­wüstun­gen, die das Erd¬be­ben und das Hoch­was­ser ver­ur­sacht hat­ten. Wenn et­was die Be­völ­ke­rung aber be­las­te­te, was den Nu­kle­ar­un­fall an­be­lang­te, dann das Re­den über des­sen mög­li­che oder ein­ge­bil­de­te Aus­wir¬kun­gen, wie das UN­SCE­AR in sei­nem Be­richt feststell­te: «Die wich­tigs­ten Fol­gen be­rühr­ten eher das men­ta­le oder so­zi­a­le Wohl­er­ge­hen der Men­schen, was mit dem enor­men Ausr­nass des Erd­be­bens, des Tsuna­mi und des Nu­kle­ar­un­falls zu­sam­men­hing. Angst vor Strah­lung und die Furcht, stig­ma­ti­siert zu wer­den, be­schäf­tig­ten die Men­schen viel mehr, weil sie das Ri­si­ko, ver¬strahlt zu wer­den, hoch ein­schätz­ten. Von Ef­fek¬ten wie De­pres­si­o­nen und post­trau­ma­ti­schen Stress­symp­to­men wur­de be­reits be­rich­tet. Doch liegt es aus­ser­halb der Zu­stän­dig­keit und Kom­pe¬tenz die­ses Ko­mi­tees, die Trag­wei­te und Häu­fig¬keit die­ser psy­chi­schen Ge­sund­heits­fol­gen zu be­ur­tei­len.»

Weil es so gro­tesk wirkt, ja tra­gisch ist, möch­te ich es hier noch ein­mal wie­der­ho­len: Nicht die tat­säch­li­che Ge­fahr ver­sehr­te die Men­schen, son­dern das Re­den und Schrei­ben da­rü­ber in der Mög­lich­keits­form. Die Angst. Oder deut­li­cher aus­ge­drückt: Die Skan­dal­isie­rungs­in­dust­rie und die eng mit ihr ver­bun­de­nen po­li­ti­schen In­te­res-sen­grup­pen, die seit Jah­ren die Atom­kraft dä­mo­ni­sie­ren, hin­ter­lies­sen bei den Men­schen die ein­zi­gen, wirk­li­chen Schä­den – und die­se wa­ren vor­wie­gend psy­chi­scher Na­tur. Fu­kus­hi­ma fand nur in un­se­ren Köp­fen statt.

Nicht die tat­säch­li­che Ge­fahr ver­sehr­te die Men­schen, son­dern das Re­den und Schrei­ben da­rü­ber.

Im glei­chen, drei­hun­dertsei­ti­gen Be­richt hielt das UN­SCE­AR auch fest, dass selbst die Na­tur, ob im Meer oder auf dem Land, ob Pflan­zen oder Tie­re, kaum zu Scha­den ge­kom­men war. Auch hier sind die Kon­se­quen­zen ver­nach­läs­sig­bar. Das Ein­zi­ge, was an Ne­ga­tiv­em ein­zu­räu­men ist: Ein Ge­biet von der Grös­se des Kan­tons Schaff­hau­sen muss­te ge­schlos­sen und dürf­te noch ei­ni­ge Jah­re als Sperr­be­zirk be­trach­tet wer­den. 2013 konn­ten nach wie vor hun­dert­tau­send Men­schen nicht in ihre Hei­mat zu­rück­keh­ren, weil die Strah­len¬be­las­tung die Grenz­wer­te über­schritt. Dass die­se Wer­te aber wieer ab­klin­gen, ist eben­falls bloss eine Fra­ge der Zeit. In ein paar Jah­ren kön­nen die Men­schen wie­der dort woh­nen, wo sie vor­her leb­ten.

Der Son­der­fall

Ge­wiss, am Ende ist das eine Fra­ge der sub­jek­ti­ven Gü­ter­ab­schät­zung: Doch wenn das die Fol­gen der gröss­ten Nu­kle­ar­ka­ta­stro­phe al­ler Zei­ten sind, dann darf man wohl sa­gen, die Ri­si­ken der Kern­kraft sind er­träg­lich – zu­mal jede an­de­re Form der Ener­gie­pro­duk­ti­on auch Ri­si­ken birgt. In Fu­kus­hi­ma ist kein ein­zi­ger Mensch an Ra­di­o­ak­ti­vi­tät gestor­ben. An­ge­sichts die­ser Scha-dens­bi­lanz, die üb­ri­gens 2015 vom UN­SCE­AR und an­de­ren UNO-Gre­mi­en aber­mals be­stä­tigt wur­de, er­schei­nen die Schlüs­se, die ei­ni­ge Po­li­ti­ker da­raus zo­gen, umso gro­tes­ker. Nir­gend­wo ge­schah dies aus­ge­präg­ter als in Deutsch­land und in der Schweiz.

Un­ter dem Ein­druck von Fu­kus­hi­ma hat Do­ris Leuthard eine Ener­gie­wen­de aus­ge­ru­fen, die nicht zu Ende ge­dacht war.

Un­ter dem Ein­druck von Fu­kus­hi­ma hat die schwei­ze­ri­sche Ener­gie­mi­nis­te­rin Do­ris Leuthard (CVP) fast über Nacht eine Ener­gie­wen­de aus­ge­ru­fen und ein­ge­lei­tet, die nicht nur kaum zu Ende ge­dacht war, son­dern in je­der Hin­sicht bi­zar­re Züge trägt. Denn die Be­grün­dun­gen für den gröss­ten plan­wirt­schaft­lie­hen Ein­griff der Schwei­zer Ge­schich­te wech­seln von Tag zu Tag. Man­ches wi­der­spricht sich. Geht es da­rum, die COz-Emis­si­o­nen zu re­du­zie­ren, um dem Kli­ma­wan­del vor­zu­beu­gen? Oder ist es das Ziel, auf mitt­le­re Sicht aus der Kern­kraft aus­zustei­gen? Bei­des zu­gleich macht kei­nen Sinn, bei­des zu­gleich ist un­mög­lich.

Fan­tas­ti­sches Buch

Wer sich über die­ses Di­lem­ma und eine Po­li­tik in­for­mie­ren möch­te, die uns noch lan­ge ne­ga­tiv be­tref­fen dürf­te, dem sei ein klei­nes, fei­nes Buch emp­foh­len, das in die­sen Ta­gen er­schie­nen ist:

Un­ter dem Ti­tel «Der 2000-Watt-Irr­tum» hat sich Mar­kus Hä­ring, ein pro­mo­vier­ter Ge­o­lo­ge, den wich­tigs­ten Fra­gen an­ge­nom­men, die sich in der ak­tu­el­len Ener­gie­po­li­tik stel­len.

Ist es tech­nisch und wirt­schaft­lich re­a­lis­tisch, ist es über­haupt wünschbar, un­se­ren Ener­gie¬ver­brauch auf 2000 Watt pro Kopf zu sen­ken?

Wie ent­schei­dend ist der Bei­trag des Men­schen an die Kli­ma­er­wär­mung, wel­ches sind die bes­ten Ant­wor­ten auf die­se He­raus­for­de­rung? Und was un­ter­schei­det das Elekt­ro­au­to Tes­la von ei­nem ge­müt­li­chen Deux Chevaux? Hä­ring ist ein hervor­ra­gen­des Buch ge­lun­gen. An­ders als die meis¬ten Na­tur­wis­sen­schaft­ler schreibt Hä­ring klar und verständ­lich, den Le­sern der BaZ ist er seit ge­rau¬mer Zeit als Ko­lum­nist ver­traut. Auch über den Be­richt des UN­SCE­AR, aus dem ich hier zi­tiert habe, er­fuhr ich in sei­nem Buch. Ohne ei­nen Jar­gon zu pfle­gen, der den Lai­en über­for­dert, bleibt Hä­ring den­noch prä­zis ge­nug, um auch den Ken­ner zu über­zeu­gen. Eben­so – das zeich­net den Na­tur­wis­sen­schaft­ler oh­ne­hin meis­tens aus – sind sei­ne The­sen em­pi­risch gut be­legt. Dem ei­nen oder an­de­ren Bas­ler dürf­te Hä­ring in schlech­ter Er­in­ne­rung sein: Vor Jah­ren war er der Pro­jekt­lei­ter je­ner Tief­en­boh­run­gen in der Stadt, die man vor­wärts t­rieb in der Hoff­nung, Erdwär­me für die Strom­pro­duk­ti­on nutz­bar ma­chen zu kön­nen. Statt­des­sen lös­te Hä­ring ein klei­nes Erd­be­ben aus – des­sen Schä­den er­neut mehr im Psy­cho­lo­gisch-Po­li­ti­schen als in re­a­len Ris­sen in den Wän­den zu su­chen wa­ren. Ob­wohl Hä­ring alle Vor­schrif­ten ein­ge­hal­ten und im Auf­trag ei­nes staats­ei­ge­nen Be­trie­bes ge­han­delt hat­te, wur­de ihm nach­her der Pro­zess ge­macht – was ihn schwer kränk­te. Im­mer­hin wur­de Hä­ring von sämt­li­chen An­schul­di­gun­gen frei­ge­spro­chen. Nicht zu­letzt aus die­sem Grund dürf­te er in sei­nem Buch wie­der­holt be­tont ha­ben, wie wich­tig es ist, For­schung und Ent­wick­lung zu er­leich­tern statt zu behindern. Freiheit für alle

Na­tür­lich hat er recht. Frei­heit der For­schung und die un­sicht­ba­re Hand des Mark­tes wer­den un­se­re ener­gie­po­li­ti­schen Prob­le­me lö­sen – nicht Ver­bo­te, Ein­grif­fe, Lenkungs­ab­ga­ben oder Sub­ven­ti­o­nen für Ener­gie­for­men, die sich nicht ren­tie­ren, wie sie Leuthards un­sin­ni­ge Ener­gie­wen­de vor­sieht. Nir­gend­wo wird das deut­li­cher als in der Fra­ge der Kern­kraft. Ohne Not ma­chen wir uns arm und be­ge­ben uns des tech­ni­schen Fort­schritts. Längst ist der Schwer­punkt der For­schung und Ent­wick­lung in den Os­ten ge­rückt; in Chi­na be­fin­den sich der­zeit 26 AKW im Bau, un­ter an­de­rem auch ein Pro­to¬typ der vier­ten Ge­ne­ra­ti­on. Statt mit Brenn­stä­ben wer­den die­se so­ge­nann­ten Ku­gel­hau­fen­re­ak­to­ren mit Uran/Tho­ri­um-Ku­geln be­trie­ben, die von Gra­phit um­fasst sind. Soll­te sich die­ses neue AKW be­wäh­ren – es wird 2017 pro­be­wei­se ein­ge­schal¬tet -, sind 19 wei­te­re sol­che An­la­gen ge­plant. Im Jahr 2040 sol­len rund acht Pro­zent des ge­sam­ten Strom­be­darfs Chi­nas aus AKW stam­men, wo­mit das Land zum welt­gröss­ten Be­trei­ber von Kern­kraft­wer­ken wird. Re­ak­to­ren der vier­ten Ge­ne­ra­ti­on sind ef­fi­zi­en­ter und si­che­rer, weil Kern­schmel­zen aus tech­ni­schen Grün­den un­mög¬lich sind. Aus­ser­dem hin­ter­las­sen sie viel, viel we­ni­ger Ab­fall, näm­lich hun­dert Mal we­ni­ger. Schliess­lich klingt de­ren Ra­di­o­ak­ti­vi­tät auch be­deu­tend ra­scher ab: Es dau­ert nicht mehr hun­dert­tau­send Jah­re, bis sie un­schäd­lich sind, son­dern bloss ein paar Hun­dert Jah­re. «Das sind Quan­ten­sprün­ge in der Ener­gie­ge­win­nungs¬tech­nik», schreibt Hä­ring, «wel­che bei Er­folg sämt­li­che bis­he­ri­gen Me­tho­den in den Schat­ten stel­len.»

Kern­kraft, das zeigt Hä­ring ein­drück­lich, ist wohl eine der er­staun­lichs­ten Er­fin­dun­gen der Mensch­heit. Es wäre ein Jam­mer, wenn wir hier in Eu­ro­pa den An­schluss ver­pass­ten – bloss weil es uns schein­bar zu gut geht und wir glau­ben, es uns leis­ten zu kön­nen, mit­tels plan­wirt­schaft­li­cher Me­tho­den un­se­ren Ener­gie­be­darf zu si­chern. Atom­kraft hat Zu­kunft – aber viel­leicht fin­det die­se an­ders­wo statt. Deutsch­land und die Schweiz sind in der gan­zen Welt die ein­zi­gen Län¬der ge­blie­ben, die nach wie vor aus der Kern­kraft aus­stei­gen wol­len – we­gen Fu­kus­hi­ma, wo kein ein­zi­ger Mensch gestor­ben ist. 

Mar­kus O. Hä­ring, Der 2000-Watt-lrrtum. Wie das Droh­sze­na­rio Kli­ma­er­wär­mung die ge­sam­te Ener­gie­po­li­tik fehl­lei­tet, Müns­ter-Ver­lag Ba­sel 2015.

Mit freundlicher Genehmigung der BaslerZeitung, dort eschienen am Samstag, 27. Februar 2016 auf Seite 3 




2015/16 in Deutschland: Die Serie milder Winter hielt an- (k)ein Grund zur Besorgnis?

Bild rechts: Winter 2015/16 bei Weimar- Schöndorf mit etwas Schnee nur für ein paar Tage. Foto: Stefan Kämpfe

Teil 1: Ursachen und Besonderheiten der Winterwitterung 2015/16

Die Wintertemperaturen (Deutschland- Mittel) lassen sich relativ sicher bis 1881/82 und mit leichten Unsicherheiten bis mindestens 1760/61 zurückverfolgen (Quellen: DWD und WIKIPEDIA). Das arithmetische Wintermittel des Zeitraumes 1760/61 bis 2014/15 beträgt minus 0,3°C. Nur bezogen auf dieses „Langzeit- Mittel“, ist der abgelaufene Winter 2015/16 bereits der fünfte zu milde in Folge (der gefühlt kalte Winter 2012/13 war nur einschließlich März zu kalt, wir betrachten aber immer den „meteorologischen“ Winter von Dezember bis Februar). Doch selbst bei dieser überkritischen Betrachtungsweise zeigt sich: Alles schon mal dagewesen! Seit 1760/61 konnten wir insgesamt 18 Perioden mit mindestens drei milden Wintern in Serie ermitteln, davon 14 mit vier in Serie. Wir nennen hier nur die Perioden mit mindestens 5 milden in Folge, das waren acht: 1901/02 bis 1905/06, 1909/10 bis 1915/16, 1934/35 bis 1938/39, 1947/48 bis 1951/52, 1956/57 bis 1961/62, 1970/71 bis 1977/78, 1987/88 bis 1994/95 und 1997/98 bis 2001/02. Die bisher längsten waren mit je acht in Folge die Serien Ende der 1980er/Anfang der 1990er sowie die in den 1970ern, doch die Serie in den 1910ern war mit sieben ebenfalls bemerkenswert, zumal ihr, nur vom etwas zu kalten Winter 1916/17 unterbrochen, sogleich eine neue Serie von vier milden Wintern folgte. Nun ergibt sich die spannende Frage nach den Ursachen, die milde Winter im Einzelnen oder gar in Serie auslösen. CO2 kommt dafür kaum in Betracht, denn die enorme Häufung milder Winter um 1915 fällt in eine Zeit mit noch sehr niedrigen CO2- Konzentrationen, die wegen fehlender, regelmäßiger Messungen nur auf etwa 290 bis 310 ppm geschätzt werden können. Und betrachtet man die Neuzeit, so fehlt schon seit den späten 1980er Jahren jeglicher Zusammenhang zwischen CO2- Konzentration und Wintertemperaturen in Deutschland:

Abbildung 1: Seit 30 Jahren (eine volle Klima- Normalperiode!) stagnieren die Wintertemperaturen in Deutschland (hellblau) bei freilich großer Streuung der Einzelwerte, während die CO2- Konzentration (hellgrün) kräftig anstieg. Die „U-Form“ der quadratischen Regressionskurve verdeutlicht die Häufung milder Winter um 1990 und gegenwärtig; dazwischen lag eine etwas kühlere Phase.

Nun zu den tatsächlichen Einflussfaktoren. Unsere Sonne als Motor des Wettergeschehens strahlt ihre Energie etwas ungleichförmig ab. Die Sonnenaktivität unterliegt kurz-, mittel- und langfristigen Schwankungen. Ein sehr grobes, aber wegen der einfachen Beobachtbarkeit das einzige über langfristige Zeiträume verfügbare Maß der solaren Aktivität ist die Anzahl der Sonnenflecken, dunklere und damit kältere Bereiche auf der Sonnenoberfläche, die auf stärkere Magnetfelder, erhöhte Röntgen- und UV- Strahlung sowie verstärkte Massenauswürfe („Solarwind“), hindeuten. Obwohl hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, deutet sich ein zumindest grober Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und den Häufigkeitsverhältnissen der Großwetterlagen in Mitteleuropa an. Bei hoher Sonnenaktivität (viele Sonnenflecken) treten etwas häufiger Westwetterlagen (zonale Lagen) auf, während meridionale Lagen, deren extremste Form die Troglagen sind, sich eher in Phasen geringerer Sonnenaktivität häufen. Im Winter sind die Häufigkeitsverhältnisse der drei zyklonalen (tiefdruckbeeinflussten) Großwetterlagen West, Nordwest und Südwest, hier unter dem Begriff „Atlantische Tiefs“ zusammengefasst, für Deutschland besonders wichtig, denn sie transportieren die meist milde Atlantikluft am schnellsten und intensivsten ostwärts. In der folgenden Grafik erkennt man eine verzögerte Häufung dieser atlantischen Tiefdrucklagen nach Phasen erhöhter Sonnenaktivität:

Abbildung 2: Sehr grober Zusammenhang zwischen der Sonnenfleckenhäufigkeit (gelb) und der Häufigkeit zweier wichtiger Großwetterlagen- Cluster in Mitteleuropa im Winter (violett: Atlantische Tiefs, Summe aus den Häufigkeiten von WZ, NWZ und SWZ; blau: Summe der Troglagen Trog Mitteleuropa- TRM und Trog Westeuropa- TRW). Die Häufigkeit der Atlantischen Tiefs folgt verzögert der Sonnenfleckenhäufung, die der Troglagen verhält sich invers. Die dargestellten Ergebnisse sind vorläufig; es besteht weiterer Forschungsbedarf!

Mehr oder weniger intensiv mit der Sonnenaktivität verknüpft sind auch die AMO (Atlantische Mehrzehnjährige Oszillation- eine Wassertemperaturschwankung im zentralen Nordatlantik) und die NAO (Nordatlantische Oszillation, ein Maß für das Luftdruckgefälle zwischen den Azoren und Island). Näheres zu diesen Einflussfaktoren unter anderem in unsrem vorjährigen Beitrag „Winter 2014/15 in Deutschland: Erneut zu mild – warum?“ bei EIKE unter http://www.eike-klima-energie.eu/climategate-anzeige/winter-201415-in-deutschland-erneut-zu-mild-warum/ Die folgenden Grafiken umfassen den Zeitraum bis zum Winter 2014/15 (alle Daten des aktuellen Winters lagen zum Redaktionsschluss nicht vor):

Abbildungen 3 und 4: Um 1915 und kurz vor der Jahrtausendwende wiesen NAO und Westlagenhäufigkeit Maxima auf, was die Serienhäufung milder Winter und die insgesamt etwas höheren Wintertemperaturen in diesen Zeiträumen größtenteils erklärt. Die AMO verhielt sich dazu invers, in ihren Maxima (kurz vor 1900, späte 1930er bis 1960er, 2000er Jahre) waren die Winter tendenziell etwas kälter. Auch diese Zusammenhänge sind grob und können nicht alle winterlichen Witterungsabläufe erklären. Unstrittig und mit einem Bestimmtheitsmaß von 45% erstaunlich eng ist hingegen der in der unteren Grafik gezeigte Zusammenhang zwischen der Häufigkeit aller Großwetterlagen mit Westanteil (rotviolett) und den deutschen Wintertemperaturen.

Der enge Zusammenhang zwischen Westwetterlagenhäufigkeit und Wintertemperaturen erklärt auch den mildesten Dezember 2015 seit Beginn regelmäßiger Messungen, denn er wies mit 25 Tagen Westwetter fast zweieinhalbmal so viele auf, wie im Langjährigen Mittel. Zwar gab es in den Dezembern 1900 (27) und 1965 (28) noch etwas mehr Westlagen- Tage, doch im 2015er Dezember fanden die ostwärts ziehenden Tiefs quasi die Ideallinie für die maximale Erwärmung in Deutschland: Sie zogen weit genug nördlich, um tagsüber oft die Sonne scheinen zu lassen, aber nicht so weit nördlich, dass der erwärmende südwestliche Bodenwind über längere Zeit abflauen konnte, was sofortiges nächtliches Auskühlen bedeutet hätte. Die folgende Wetterkarte illustriert einen solch typischen Tag im „Dezemberfrühling“ 2015 mit Wind und Sonne:

Abbildung 5: Westwetterlage am 26.12.2015 mit einem breiten Warmsektor über Europa, in dem milde Subtropikluft aus Südwesten unter leichtem Hochdruckeinfluss heranwehte. Föhneffekte an den Nordostseiten der Gebirge verstärkten die Erwärmung; vereinzelt wurden Werte deutlich über 15 Grad gemessen! Über Skandinavien deutet sich jedoch schon ein massiver Kälteeinbruch an, der Anfang Januar 2016 Nordostdeutschland mit voller Härte traf.

Mit Beginn des Neuen Jahres fand jedoch die überall extrem milde Witterung in der Nordosthälfte Deutschlands ein jähes Ende (Abbildungen 6 und 7):

Abbildungen 6 und 7: Grenzwetterlage am 4. Januar 2016. Milde Südwestluft trifft auf eisige, kontinentale Subpolarluft (cP) aus dem Osten, mit allem, was dazu gehört: Schneefall, Schneeregen, Eisregen, Gefrierender Regen und nur Regen/Sprühregen im frostfreien Südwesten. Untere Abbildung Vorhersagekarte von wetter3.de, Ausschnitt, nachbearbeitet von Stefan Kämpfe.

Die enormen Temperaturkontraste dieser „Grenzwetterlage“ zeigt die folgende Abbildung 8:

Abbildung 8: Temperaturkontrast in der Nacht zum 05.01.2016 von um die 15 Grad über Deutschland mit 5 bis 6 Plusgraden an der West- und bis zu minus 9 Grad an der Ostgrenze. Solche großen Temperaturgegensätze sind selten; noch wesentlich dramatischer waren sie aber mit um 25 Grad zum „Silvester-Blizzard“ 1978/79. Bildquelle wetteronline.de, ergänzt von Stefan Kämpfe

Einer kurzzeitigen Erwärmung folgte Mitte Januar eine Kältewelle aus Nord, die diesmal ganz Deutschland erfasste. Vereinzelt gab es Minima um minus 20, in Kühnhaide (Erzgebirge) sogar um minus 30 Grad, und das bei einer mittleren CO2- Konzentration von über 400 ppm! Näheres dazu bei freiepresse.de unter http://www.freiepresse.de/LOKALES/ERZGEBIRGE/ZSCHOPAU/Klirrende-Winternacht-kalt-kaelter-Kuehnhaide-artikel9415518.php Dabei ließ sich schön beobachten, was den winterlichen Temperaturgang kurzfristig beeinflusst- ebenfalls nicht die CO2- Konzentration, sondern die örtlichen Gegebenheiten im Zusammenspiel mit Sonnenscheindauer, Nebel, Wolken und aufziehenden Wetterfronten. Die Beobachterin CAROLIN HERRMANN meldete uns aus Erfurt am 19. Januar dichten Nebel bei minus 16°C, der im benachbarten Weimar fehlte. Daraufhin sahen wir uns die Temperaturverteilung dieses Januarmorgens in Deutschland an- mit erstaunlichem Ergebnis: Das nur gut 300 Meter hoch liegende Erfurt- Bindersleben, eigentlich kein vom deutschen Durchschnitt wesentlich abweichender Ort, war kälteste DWD- Hauptstation, viel kälter als das von der Lage ganz ähnliche Gera- Leumnitz und sogar etwas kälter als die Zugspitze:

Abbildung 9: Datenquelle DWD, Abbildung wetterzentrale.de, bearbeitet und ergänzt von Stefan Kämpfe: Mit minus 16,2°C war Erfurt um 8 Uhr kälter als Gera (minus 12,4°C) und die Zugspitze (minus 15,7°C).

Ursache dieser relativ seltenen Temperaturverteilung war eine starke nächtliche Ausstrahlung (die CO2 nicht verhindern konnte!) bei zunächst klarem Himmel, wobei sich die kälteste Luft im Thüringer Becken sammelte. Bei Erreichen des Taupunktes setzte dort Nebelbildung ein. Die kalte Nebelluftschicht wuchs bis zur viel höher gelegenen Flugwetterwarte Erfurt, erreichte aber das nahe Weimar nicht. Am 22. Januar war Ähnliches zu beobachten. Die folgenden Vergleiche der Temperaturverläufe dieser beiden Tage zwischen Erfurt und Gera sprechen für sich. Sie zeigen, welch große Temperaturunterschiede auf engstem Raum entstehen können, aber auch, wie diese bei Wetteränderungen (am Tagesende des 19.01. Wolkenaufzug eines Schneetiefs aus Nord, am 22.01. Warmfront-Okklusion aus Westen) wieder verwischt werden:

Abbildungen 10 und 11: In den beiden Nächten bestanden zunächst keine gravierenden Temperaturdifferenzen zwischen Gera und Erfurt. Diese wurden erst mit Bildung des Kaltluftsees im Thüringer Becken gegen Morgen größer. Nebel, Hochnebel und Dunst dämpften die Tageserwärmung in Erfurt; am 22.01. blieb diese dort aus; erst am Abend dieses Tages überholte Erfurt sogar Gera, weil die Warmluft einer Front zuerst in Erfurt ankam.

Während der Winter in Deutschland nur kurze Gastspiele gab, suchte er diesmal ganz ungewöhnliche Gegenden heim. Neben dem angeblichen „Rekord- Blizzard“ mit meterhohem Schnee in den USA (was dort aber gar nicht so selten ist) und den minus 43 Grad in Nordskandinavien schneite es vom südlichen Japan über das südliche China und Taiwan bis hin nach Saudi- Arabien im letzten Januar- Drittel teilweise kräftig. Dorthin floss kontinentale Kaltluft aus Innerasien und verschonte Mitteleuropa. Die folgenden Bilder sprechen für sich:

Abbildungen 12 bis 14: Winter in Saudi- Arabien und im subtropischen Ostasien. Bildquellen: Beide obere Swanky Riyadians, veröffentlicht bei wetteronline.de, unteres unbekannt. Näheres zu diesen Wintereinbrüchen unter anderem bei http://www.n-tv.de/panorama/Extreme-Kaeltewelle-laesst-Asien-bibbern-article16844886.html

Schaut man sich die geografische Breitenlage an, so liegen die betroffenen Regionen teilweise südlicher als Kairo! Ähnliches war unter anderem in den Wintern 1988/89 und 2013/14 zu beobachten, die in Mitteleuropa sehr mild verliefen. Die kontinentale Kaltluft sucht in solchen Situationen offenbar häufiger andere Gebiete heim und verschont Mitteleuropa weitgehend.

Abschließend werfen wir noch einen Blick auf den 30ig- jährigen Trend der Wintertemperaturen an der privaten Wetterstation Amtsberg. Dieser ist leicht gefallen und verhielt sich damit etwas anders, als die in unserer Abbildung 1 gezeigten Deutschland- Werte. Den Grund dafür werden wir im Teil 2 dieser Winter- Rückschau beleuchten:

Abbildung 15: An der privaten Wetterstation Amtsberg am Nordrand des Erzgebirges kühlten sich die Winter seit 1986/87 leicht ab. Allerdings ist dieser Trend aufgrund der sehr großen Streuung der Einzelwerte nicht signifikant. Dennoch ist das bisherige Ausbleiben der viel prophezeiten „Klima- Erwärmung“ bemerkenswert!

Warum nehmen wir Amtsberg? Aus Grafik 1 ist erkenntlich, dass die Winter seit 30 Jahren in Deutschland eine ebene Trendlinie haben, also insgesamt gleich geblieben sind. Deutschland hat sich aber verändert in den letzten 30 Jahren, täglich kommen 110 ha wärmende Bebauung hinzu, eine schleichende Erwärmung, welche die DWD-Stationen je nach Standort mehr oder weniger mitmessen. Mit Amtsberg haben wir einen kleinen Ort im Erzgebirge gefunden, der selbst im weiteren Umkreis seit gut 40 Jahren fast keine Veränderungen erfahren hat. Bei aller Vorsicht gehen wir davon aus, dass auch Deutschland, hätte es kein Wärmeinselwachstum gegeben, eine fallende Trendline hätte. Wir stellen fest: WI-bereinigt sind die Winter in Deutschland seit 30 Jahren leicht kälter geworden. Das ist das Gegenteil der behaupteten C02-Klimaerwärmung.

Fazit zum Teil 1 unserer Winter- Rückschau: Längere Serien milder Winter und einzelne, extrem milde Winter gab es auch bei wesentlich geringeren CO2- Konzentrationen. Großen Einfluss auf unsere Wintertemperaturen haben die Sonnenaktivität, die AMO, die NAO, die Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen sowie WI- Effekte (Teil 2). Bei vielen Westwetterlagen fallen unsere Winter generell milder aus, weil dann atlantische Luftmassen dominieren. Der Winter 2015/16 wies trotz seines sehr milden Charakters auch zwei Kältewellen im Januar auf, bei denen vereinzelt Tiefstwerte um minus 30 Grad gemessen wurden. Dabei traten bemerkenswerte, kleinräumige Temperaturkontraste auf. Nebel und Wolken, die Sonnenscheindauer und markante Luftmassenwechsel bestimmten das Temperaturniveau und den Temperaturverlauf wesentlich. Dieser Mildwinter ist auch deshalb kein eindeutiger Hinweis auf einen „globalen Klimawandel“, weil ausreichend Kaltluft vorhanden war, die aber zum wiederholten Male Deutschland nur kurzzeitig erfasste und dafür andere Regionen der Nordhalbkugel traf.

Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

Josef Kowatsch, unabhängiger Natur- und Klimaforscher