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Die SZ im EEG-Rausch oder wie viel Zumutung verträgt der Leser

Vorspann

Eine karrikaturreife Darstellung zur Energiewende war die Tatsache, dass in der gleichen SZ-Ausgabe[1]  sowohl eine halbseitige Anzeige des Niedersächsischen Ministeriums erschien:

„Auch bayerische Unternehmen brauchen Strom! Ziehen Sie direkt an die Quelle, ins Land mit Energie: nach Niedersachsen.“

wie auch der im Folgenden beschriebene Artikel über die Energiewende in Bayern:

„Die Lichter brennen weiter“

Den dritten Artikel in der gleichen Zeitungsausgabe[3], das Interview mit Herrn Edenhofer vom PIK über die Papst-Enzyklika, die nötige Transformation und erforderliche Zwangsverwaltung der Atmosphäre, kann man nur jedem empfehlen, der dabei sein will, wie die Entwicklung zu einer (Öko-) Diktatur offen ausgesprochen, im Vorfeld vorbereitet und von staatsergebenen Medien positiv bewertet wird. Geschichte wiederholt sich eben. Zu spät geborene brauchen nur Geduld, dann versäumen sie nichts.

Zuerst einmal das Einfache, die Anzeige aus Niedersachsen

Im Blog-Artikel[2]   Elektro-Energiespeicherung, Notwendigkeit, Status und Kosten ist dargestellt wie eine vom Niedersächsischen Ministerium beauftragte Energiestudie belegt, dass Niedersachsen seine Stromspeicherproblematik bei weitem nicht gelöst hat. Die Anzeige kann deshalb nur bedeuten, dass das dortige Ministerium – wie leider üblich – ihre eigene Studie nicht liest, oder bewusst ignoriert. Denn dass die Ökostromquellen regelmäßig versiegen, bleibt auch in Niedersachsen der Normalfall. Wer also deswegen dorthin ziehen würde, käme nur von einer Mangelverwaltung in eine andere.

„Die Lichter brennen weiter“

Im SZ-Artikel „Die Lichter brennen weiter“, sind nicht Grablichter gemeint. So eine Darstellung der Energiewende käme der SZ niemals in den Sinn. Nein, der Bayern-Grüne Ludwig Hartmann (Fachausbildung: Studium Kommunikationsdesign) durfte als von der SZ ernannter Energiefachmann ausführlichst erklären, warum das Abschalten des KkW Grafenrheinfeld  nur Vorteile mit sich bringt.

Dank Ideologie und ausreichendem (nicht-)Wissen versetzen wir Berge

Lassen wir alle Nachteile und technisch Unmögliches weg – bleibt nur Positives übrig. Entsprechend sind die Aussagen zu werten:

[1] Dass Grafenrheinfeld nun umstandslos verzichtbar ist, liegt vor allem daran, dass Deutschland Strom im Überfluss produziert. Die Branche bricht einen Exportrekord nach dem anderen. 2012 flossen 23,1 Milliarden Kilowattstunden Strom in die Nachbarländer, hauptsächlich nach Österreich, in die Schweiz und die Niederlande. 2013 waren es 33,8 Milliarden, vergangenes Jahr 35,5 Milliarden.

Einmal produziert Deutschland Strom im Überfluss. Die Ursache ist der Erfolg der Windkraft und Photovoltaik. .. Einige Experten rechnen sogar damit, dass Deutschland seine bisherigen Exportrekorde bald erneut bricht. Die Ursache ist der Erfolg der Windkraft und der Photovoltaik. 

Nun betrug der Bruttostrom-Ökoenergieanteil in 2014 ca. 26 % (Quelle: Statista) und teilweise Bild1[6].

Bild1 Stromerzeugung im 1.Quartal 2014

Im Bild ist trotz geringer Stromnachfrage von Überfluss durch Ökostrom wirklich gar nichts zu spüren. Eher sind die gravierenden Probleme deutlich erkennbar. Allerdings gibt es einen Überfluss – für wenige Stunden und oft, wenn er nicht gebraucht wird -. Dann muss er verschenkt -oder noch schlimmer- gegen Zuzahlung (euphemistisch "negativer" Preis genannt) weggedrückt werden. Auch das umgekehrte Problem – aufgrund der katastrophalen Ökostrom Einspeise-Ganglinien mit Strom-Unterdeckung keinen zu haben – gibt es. Aber die dadurch immer notwendigere und unlösbare Energie-Zwischenspeicherung hält dieser „Experte“ für nicht einmal erwähnenswert.

Und was hat der zu feiernde Stromexport dem deutschen Verbraucher (an Verlust) gebracht?

Bei einem Erlös von 1.750 Mio EUR in 2014[7] und einem Exportvolumen von 35,5 Milliarden kWh bezahlt das Ausland für das deutsche Export- Strom- Wunderprodukt im Mittel 4,03 ct / kWh. Das ist ungefähr der Preis für konventionell erzeugtem Strom, eben der wahre Marktwert.

Der deutsche Stromkunde bezahlte diesen Ökostrom-Überfluss von 2014 aber durch eine EEG-Einspeisevergütung mit jeweils über 13 ct / kWh ([8] Teil2). Es wurden dem Ausland auf seine Kosten also alleine im Jahr 2014 lumpige 2,865 Milliarden EUR geschenkt.

Exporterfolge stellt sich ein Bürger sicher anders vor. Um das toll zu finden, muss man wohl Grüner oder SZ-Redakteur sein. Aber dass eine Erhöhung dieses Strom-Verschenkens samt Draufzahlens auf Kosten der deutschen Verbraucher noch mehr Fortschritt bedeuten soll, ist einfach dreist.

Und weiter gehts

[1]Und die Bundesnetzagentur hat wegen der Abschaltung Reservekraftwerke mit 550 Megawatt Gesamtleistung geordert. Sollte einmal – warum auch immer – nicht genug Strom von Norddeutschland in den Freistaat fließen, springen sie sofort an.

Diese Reservekraftwerke werden nur bis Mitte 2016 benötigt. Dann geht die Thüringer Strombrücke in Betrieb. Sie schließt die letzte, 30 Kilometer kurze Lücke einer Starkstromleitung von Sachsen-Anhalt nach Grafenrheinfeld. Durch sie können Unmengen Windstrom aus Ostdeutschland nach Bayern fließen, die bisher nicht oder nur über Umwege hierher gelangen.

Mit Zahlen nimmt es der „Experte“ nicht so genau. Die Bundesnetzagentur schätzte den Bedarf alleine für den Winter 2015/2016 wie folgt:

[4] Die Bundesnetzagentur identifiziert einen Reservebedarf in Höhe von 4.800 MW.“

Und ganz aktuell in [5] auf 6.700 MW.  

Aber der zehnfache Bedarf Ist doch nur ein klitzekleiner Unterschied.

 Warum sich daran nach 2016 irgend etwas ändern soll, bleibt mehr als ein Rätsel des „Experten“. Ach ja, da wird eine Stromtrasse erschlossen, über die Windstrom aus den Ostländern nach Bayern fließt. Nur würde dieser Ökostrom nichts am Reservebedarf ändern, denn dieser gilt ja gerade für die dadurch fehlende Grundlast. Sicher wird dieser zusätzliche Zappelstrom aber im Bayerischen Stromnetz zu massiven Netzproblemen führen. Die Industrie wartet schon gierig darauf, diese lösen zu dürfen. Lukrative Geschäfte macht man dann, wenn Not am Mann ist und deshalb Kosten keine Rolle spielen.

Und weiter gehts

 [8]Bleibt die Frage nach dem Strompreis. Auch da geben Experten Entwarnung. Der Strompreis an der Leipziger Strombörse ist seit dem Start der Energiewende um die Hälfte gefallen. Zuletzt lag er zwischen drei und dreieinhalb Cent je Kilowattstunde. Für die Zeit nach Grafenrheinfeld wird die Kilowattstunde in Leipzig derzeit mit etwa 3,2 Cent gehandelt. Nichts deutet darauf hin, dass sich daran etwas ändert.

Das Thema Strompreis hatten wir schon. In [8] kann man nachlesen, dass 2015 die mittlere EEG-Vergütung 13 ct/kWh betragen wird und schlichtweg gar nichts mit dem Spotpreis zu tun hat. 

Auch die omnipräsente Klima- und Energieexpertin C. Kemfert weist immer auf den Spotpreis als Erfolgsmaßstab hin. Wird er negativ (was immer häufiger vorkommt), bekomme man fürs Strom-Verbrauchen sogar etwas bezahlt. Zu welchen Auswüchsen das führt, hat der EIKE Blogartikel „Schlaraffenland im EEG-Paradies“ aufgezeigt.

Fakt ist jedoch: Je niedriger der Spotpreis, umso mehr Geld muss der deutsche Stromkunde dazulegen. Denn die Differenz zwischen EEG-Einspeisevergütung und erzieltem Spotpreis bleibt allein an ihm hängen. Natürlich freut sich auch jemand darüber: das Ausland, Großverbraucher welche am Spotmarkt kaufen können – und eben die Grünen.

Bild2 Spotmarktpreise 2014. Anm.: 40 EUR/MWh = 4 ct/kWh

Zum Glück endet damit der Artikel. Leider war es kein Alptraum, sondern raue Wirklichkeit. 

Fundstellen

[1]

SZ139. Süddeutsche Zeitung Nr. 139. Artikel: „Die Lichter brennen weiter“, bzw. „Was das Aus für Grafenrheinfeld bedeutet“.Hier der Link

 [2]

EIKE Stromspeicher2015. EIKE Blogartikel, 18.06.2015: Elektro-Energiespeicherung, Notwendigkeit, Status und Kosten.

[3]

SZ 19. Juni 2015: "Natürlich ist das utopisch". Ottmar Edenhofer erklärt die päpstliche Umweltenzyklika: Warum die Besitzer fossiler Brennstoffe eine revolutionäre Pflicht trifft.

Interview von Michael Bauchmüller und Christopher Schrader (hier)

[4]

Bundesnetzagentur Publizierung: Feststellung des Reservekraftwerksbedarfs für den Winter 2015/2016 

[5]

05.05.2015. Bundesnetzagentur bestätigt Strom-Reservebedarf für den Winter; Wie die Netzbehörde mitteilte, liegt der Winterbedarf in diesem Jahr bei mindestens 6.700 Megawatt und damit mehr als doppelt so hoch wie noch im vergangenen Winter. hier

 

[6]

AGORA Energiewende 7.Januar 2015. Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2014 hier

 

[7]

Phasenprüfer Der Blog für Energiepolitik 20.April 2015: Deutschlands Stromexport stellt neue Rekorde auf

http://phasenpruefer.info/deutschlands-stromexporte-bricht-rekorde/