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Die Energiewende – ein Laienspiel für Ahnungslose: 3. Energiepolitischer Dialog der CDU/CSU-Fraktion am 26.9.2011

Beim ersten Anblick der havarierten Kernkraftwerke Fukushima musste jeder halbwegs Sachkundige fassungslos darüber sein, dass man in Japan Kernkraftwerke praktisch am Strand baut. Und das auf der Pazifik-Seite, die besonders heftigen Erdbeben und Tsunami ausgesetzt sind, denn dort verlaufen tektonische Hauptstörungs- d.h. Verschiebungszonen. Man mag über lange Zeiträume Erfahrungen mit der Stärke von Erdeben und Tsunami gesammelt und danach Bemessungswerte für die Bauwerke mit dem üblichen Sicherheitsanspruch festgelegt haben. In einem erdbeben-erfahrenen Land wäre aber zu berücksichtigen, dass in größeren Zeitintervallen noch erheblich stärkere Beben auftreten. Dies ist nicht voraussagbar, und deshalb sind solche Standorte grundsätzlich zu meiden – oder es müssen höhere Bemessungswerte zu Grunde gelegt werden. Mit diesem Standort hat man einen schwerwiegenden Fehler gemacht. Und das scheint nicht nur für Fukushima zu gelten, sondern auch für andere Standorte, denn eine im Spiegel publizierte Karte zeigt, dass Standorte am Strand bevorzugt wurden. Die Ursache der Katastrophe war die falsche Standortwahl, nicht der Betrieb.

Wenn nun aber in einem Hochtechnologie-Land wie Japan Kernkraftwerke nicht sicher seien, so die offizielle Begründung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Minister Dr. Norbert Röttgen, gelte das auch für Deutschland und folglich wäre aus der Kerntechnik auszusteigen. Das wurde in wenigen Monaten durchgesetzt und vom Parlament beschlossen. Der für eine solch fundamentale Energiewende notwendige gesellschaftliche Meinungsbildungsprozess hat nicht stattgefunden und die Zweifel der Fachwelt blieben unberücksichtigt. Um einen gesellschaftlichen Konsens hat man sich nicht bemüht.

Die von Merkel und Röttgen abgegebene Begründung ist nicht glaubhaft, denn die Unterschiede zwischen den japanischen und den deutschen Gegebenheiten bezüglich der Eignung der Standorte und der geologisch bedingten Gefahrenpotentiale sind allgemein bekannt. Sie sind so grundsätzlich und schwerwiegend, dass man nicht annehmen darf, sie seien ihnen nicht bekannt gewesen. Man muss deshalb folgern, dass beide ihre jeweils eigenen Motive für ihren abrupten Meinungswechsel hatten. Mit dem Zustand und der Betriebserfahrung der deutschen Kernkraftwerke lässt sich der Ausstiegsbeschluss sachlich nicht begründen. Hinzu kommt, dass diese Kraftwerke für die Abdeckung des Grundlastbedarfes entscheidend sind, dass der Anteil der sogenannten Erneuerbaren Energien bisher nur einen kleinen Teil des Bedarfes ausmacht, dass ihr Betrieb und ihr weiterer Ausbau mit enormen Kosten verbunden ist, die der Verbraucher zu tragen hat, dass die Versorgung mangels ausreichender Speichermöglichkeiten technisch nicht funktionieren kann, dass sich die Sicherheit für Deutschland keineswegs verbessert, denn die uns umgebenden Länder betreiben ihre Kernkraftwerke weiter, dass wir deren Strom jetzt kostenintensiv importieren müssen, dass die Erneuerbaren Energien entgegen der weitverbreiteten Meinung ökologisch schädlich sind, denn Pflanzen und Tiere werden nicht geschützt ist, wie es der Aufgabe der ‚Oecologie’ definitionsgemäß entspricht (Ernst Heckel, 1866), und dass das EEG den ÖKO-Imperialismus geschaffen hat: Agrarflächen werden in zunehmendem Maße für die Herstellung von Bio-Energie zweckentfremdet, verringern also das Nahrungsangebot und bewirken Hungerkatastrophen und Volksaufstände – das mexikanische Chiapas lässt grüßen!  Das deutsche ÖKO ist das Gegenteil von wirklicher Ökologie.

Die Energiewende in Deutschland preist die Nutzung der Erneuerbaren Energien als modern und beispielhaft. Tatsächlich ist die Windenergie eine Rückkehr in das vortechnische Zeitalter der Windmühlen und auch die Verbesserung ihres Wirkungsgrades mittels moderner Maschinentechnik kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nur eine vergleichsweise sehr geringe Energiedichte hat, die zudem bestenfalls nur stundenweise verfügbar ist – der Ausnutzungsgrad der Deutschen Windräder liegt deutlich unter 20 %!! Es genügt daher nicht, nur abstrakte Leistungskennzahlen zu vergleichen, wie es uns tagtäglich von Medien und Politik vorgemacht wird. Denn um die installierte Leistung eines Kernkraftwerkes von 1000 MW mit 90 % Nutzungsgrad zu kompensieren, werden 1000 x 4,5 Windräder á 1 MW, also 4.500 Stück benötigt, weil sie  nicht dauernd Strom liefern, sondern im Mittel weniger als  5 Stunden am Tag. Und selbst diese Rechnung geht nicht auf – besonders im Winter, wenn viel Strom gebraucht wird – , weil dann nämlich oftmals in ganz Deutschland tagelang Windstille herrscht und überhaupt kein Windstrom geliefert wird.

Die Propagierung der Nutzung der Erneuerbaren Energien in Deutschland lässt unberücksichtigt, dass sie sich schon bald als Übergangstechnologie erweisen wird, denn die Stromversorgung wird zukünftig von Kernkraftwerken betrieben. Die Menschen haben immer nach dem Schema „Erfinden und Weiterentwickeln“ ge­handelt, so dass ständig Verbesse­rungen erreicht oder Fehlentwicklungen ausgemustert wurden. Die Ge­schichte der Technik lehrt, dass diese Regel erfolgreich ist – kein techni­sches Produkt gleicht nach einiger Zeit noch seinem An­fangssta­dium. Die in Deutschland in den früheren Jahrzehnten durchge­führten For­schungsar­beiten hatten be­reits be­deutende Fort­schritte erzielt, die heute vor allem in China weiterentwickelt werden. Die künftigen Kernkraftwerke werden keine Kernschmelze mehr kennen und nur noch kurzzeitig strahlenden Abfall produzieren. 

Soviel als Hintergrundinformation zur folgenden Kommentierung des Beitrages von Minister Röttgen. In seiner Rede zeichneten sich zwei Komplexe ab: 1) Was alles entwickelt und erreicht werden muss, um diese Energiewende gelingen zu lassen, ohne dass Deutschland seine globale Konkurrenzfähigkeit verliert bzw. als Wirtschaftsstandort Schaden nimmt,  und 2) wie eine europäische Versorgungsgemeinschaft erreicht werden kann, die für seine Bürger gleiche Bedingungen bereit stellen kann.

Zum ersten Komplex wurde ein umfangreicher Aufgabenkatalog vorgestellt. Nun ist es eine Sache, Aufgaben zu erkennen und zu benennen, und eine andere, sie erfolgreich zu erfüllen.  Aufgaben müssen erfüllbar sein, sonst machen sie keinen Sinn. Um sie definieren zu können, muss man ihre technische Realisierbarkeit beurteilen können, was sehr spezielle Fachkenntnisse erfordert.  Sie können von Fachfremden nicht erwartet werden. An zwei Beispielen, die zur Sprache kamen, soll illustriert werden, dass dem Juristen Röttgen solche Kenntnisse verständlicherweise nicht geläufig sind: der Stromspeicherung und der CO2-Verpressung (CCS-Verpressung):

  • Für die Stromspeicherung sind Pumpspeicherkraftwerke (PSW) immer noch am effektivsten; andere Technologien sind denkbar, aber ob sie wirklich geeignet sind und wann sie einsatzfähig sind, ist noch völlig unbekannt. Alle Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland haben eine installierte Leistung von 6.674 MW, ihre Gesamtkapazität beträgt 37.400 MWh, womit für 8% des Bedarfes Strom für 6 Stunden verfügbar ist. Wie viel hundert PSW gebaut werden müssten, hängt davon ab, was zukünftig an anderen Speichermöglichkeiten verfügbar sein könnte. Die weitere Diskussion hierzu ist allerdings zwecklos, denn abgesehen davon, dass der Bau eines PSW, wenn alles gut geht, mindestens um die 15 Jahre erfordert und um die 600 Mio. € kostet, gibt es in Deutschland dafür nur noch wenig geeignete Standorte. Wenn bis 2050 einige realisiert werden könnten, wäre es ein Erfolg. Mit der Bereitstellung der benötigten Speichermöglichkeiten ist daher nicht zu rechnen.
  • „Wenn man die CCS-Verpressung nicht ausprobiert hat, kann man nicht erfahren, ob es geht“. Dieses Minister-Zitat hört sich überzeugend an, ist aber sachlich falsch: der Erfolg ist nicht daran zu erkennen, dass man CO2 in den Untergrund verpressen kann – das ist fast immer und überall in großer Menge möglich, sondern ob es auch unten bleibt und nicht irgendwann wieder hoch kommt – und wenn, wann und wo? Sollte es nämlich in eine abflusslose Mulde gelangen, sind Erstickungsunfälle wahrscheinlich, denn das 1,6 mal schwerere CO2  verdrängt die Atemluft. Hinreichend Beispiele sind bekannt. Nur wenige geologische Gegebenheiten sind geeignet, viele nicht, und es lässt sich probeweise nicht mit Sicherheit feststellen, welcher Fall vorliegt. Testverpressungen erlauben dazu keine Aussage.
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Das Zustandekommen einer europäischen Versorgungsgemeinschaft ist wohl für elektrischen Strom kaum zu erwarten, denn warum sollten unsere Nachbarn freiwillig einem Versorgungssystem beitreten, dass wegen seiner Energiewende höhere Strompreise hat? Wir sind ja die Bittsteller, die wir durch die Energiewende ohne Not von außen geworden sind. Außerdem dürften deutsche Sonderwege und das Anstreben der von Herrn Röttgen beanspruchten und propagierten Vorreiterrolle im Ausland kaum mit Sympathie betrachtet werden. Wer Deutschlands jüngere Geschichte kennt – und das sollte man von deutschen Politikern eigentlich erwarten dürfen –  muss erschrocken sein, mit welcher Sorglosigkeit und Selbstgerechtigkeit schon wieder geglaubt wird, wir seien Vorreiter und wüssten es besser als der Rest der Welt – und dass für eine Windmühlen-Technologie. Wer die Stromgewinnung aus den ‚Erneuerbaren Energien’ für effizienter hält als aus der 106-mal so energie-haltigen Kernkraft der nächsten Generation wird außerhalb Deutschlands wohl kaum ernst genommen.

Herr Röttgen hat zwar mit Euphorie vorgetragen aber stellenweise klang es doch so als wollte er sich selbst Mut machen. Kein Wunder, bei der Menge und der Schwierigkeit der Aufgaben. Vielleicht wird ihm manchmal bewusst, dass sie nach Lage der Dinge und vor allem wegen technischer Probleme nicht erfüllbar sind. Aber für die Folgen des Abenteuers, ohne Not und wirklichen Grund unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft plötzlich eine Energiewende zu zumuten, die aller Wahrscheinlichkeit nach und in Kenntnis der vielen technischen Probleme nicht gelingen kann, dafür sind zuvorderst Bundeskanzlerin Merkel und Minister Röttgen verantwortlich. Die Energiewende wird unserem Wirtschaftsleben und uns Bürgern schweren Schaden zufügen, und hinterher wird uns die Politik erklären, warum man das vorher nicht wissen konnte.

Prof. Dr. F.K. Ewert EIKE

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Klimapolitik außer Kontrolle!

Klimaforscher und Umweltpolitiker glauben, das Klima kontrollieren zu können und vergessen derweil, dass sie nicht einmal mehr in der Lage sind, die Auswüchse der Klimapolitik zu kontrollieren. So musste man vergangene Woche in der New York Times lesen, dass ein Forstunternehmen bei der Erschließung von Land für die gewinnträchtige Anpflanzung von Wäldern für den Handel mit Treibhausgaszertifikaten die Siedlungen von Menschen brandschatzen ließ. Was offiziell als "friedliche" und "freiwillige" Räumung deklariert wurde, muss nach Schilderungen der Betroffenen eine Orgie der Gewalt gewesen sein. Nach Angaben des angesehenen amerikanischen Nachrichtenmagazins handelte es sich bei diesem Vorfall nicht um einen Einzelfall. Schon früher fielen die Siedlungen von rechtlosen Einheimischen der industriell organisierten Landnahme internationaler Konzerne zum Opfer.

Doch nicht nur in diesen Fällen gelingt es der Politik nicht mehr, der Auswüchse ihrer Klimapolitik Herr zu werden. Nicht immer ist dabei kriminelle Energie im Spiel. Vielmehr liegt es in der Natur der Sache, dass eine künstliche Verknappung von Ressourcen im Dienste des Weltklimas unbeabsichtigte Folgen nach sich zieht. Ob es der fatale Einfluss der Förderung von Biokraftstoffen auf die Lebensmittelpreise ist, die preistreibende Wirkung knapper Emissionsrechte in der europäischen Energiewirtschaft oder das zu befürchtende Anziehen der Mieten infolge der der Immobilienwirtschaft aufgezwungenen, ineffizienten Energiesparinvestitionen. Und stets trifft es diejenigen, die dem Treiben der Politik aufgrund geringer Einkommen und schwacher politischer Interessenvertretung am meisten ausgeliefert sind: Unzureichend ernährte Familien in armen Ländern, die den überwiegenden Teil ihres geringen Einkommens für Lebensmittel ausgeben, und einkommensschwache Haushalte in den Industrieländern, die monatlich hohe Anteile ihrer Ausgaben für Miete und Energie einplanen müssen. Einer unsicheren Entlastung in der Zukunft, wie es die Protagonisten der Klimapolitik erwarten, stehen handfeste Belastungen in der Gegenwart gegenüber. Viele Mitmenschen bringen diese Opfer ganz umsonst, weil sie die Folgen der Klimapolitik durch Unterernährung und Krankheit nicht überleben. Nicht erst der Klimawandel ist ein mutmaßliches Verteilungsproblem, bereits die Klimapolitik, die eigentlich angetreten ist, seine Folgen abzumildern, greift dem schon heute vor.  

Völlig außer Kontrolle geraten ist aber auch der Kampf um die Pfründe der Klimapolitik. Ob es die Förderung der Nutzung erneuerbarer Energieträger unter der Fahne der Klimapolitik ist oder die Verteilung der Renten des europäischen Treibhausgashandels, stets bedarf es eines besonderen Drahtes zu den Schaltzentralen der Macht, um am Ende nicht nur als leuchtendes Vorbild des umwelttechnischen Fortschritts zu gelten, sondern auch stattliche Renditen einzufahren. Seit zwei Jahrzehnten fließen Jahr für Jahr Summen in Milliardenhöhe in die Energiewirtschaft für Klimaschutz von zweifelhaftem Wert. Auch mit den gratis verteilten Emissionsrechten ist seit einigen Jahren ein stetiger Geldstrom von den Energieverbrauchern zu den Energieversorgern verbunden, was dort neben einer prächtigen Ertragslage Investitionen in eine teure und anfällige Energieversorgungsstruktur auslöst; wertvolle Ressourcen, mit denen schon heute hunderttausende Menschen vor den Folgen des Klimawandels durch Anpassung bewahrt werden könnten. Für diese Gewinne lohnt sich in vielen Fällen neben dem Kokettieren mit den Mächtigen auch Korruption und kriminelles Handeln. Ob das Klima irgendwann außer Kontrolle gerät, ist bis heute trotz des Alarmismus aus Wissenschaft, Medien und Politik nicht abzusehen. Dass die Klimapolitik schon nicht mehr kontrollierbar ist, kann man dagegen jeden Tag in der Zeitung lesen.

Steffen Hentrich, Liberales Institut

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Ökowatch.